Hohes Haus! In der letzten Zeit hatten wir
ununterbrochen Ursache, schwere Anklagen gegen das System,
das sich in der Èechoslovakischen Republik eingerichtet
hat, zu erheben, ein System, das auf das unerhörteste die
Freiheit der Presse bedroht, das mit dem Zensurstift des Staatsanwaltes
glaubt, Ideen und Bewegungen niederknüppeln
zu können, ein System, das sich an Schikanierungen unserer
Bewegung geradezu Meisterstücke leistet. Das geht so weit,
daß nicht einmal mehr jene, selbst im Motivenbericht der
Schutzgesetze gestattete Behandlung von Fragen möglich ist,
daß die Forderung nach der Selbstverwaltung mit dem Zensurstift
bedroht wird, wie dies erst jüngst bei einer Rede des Koll.
Abg. Simm der Fall war.
Aber, meine Verehrten, wenn wir Klage führen
über die Zensur, wenn wir Klage führen über die
Schikanen unserer Bewegung, dann muß ich heute über
mehrere Fälle geradezu unerhörter Brutalität und
politischer Dummheit (Souhlas na levici.) Beschwerde führen,
politischer Dummheit, die zum Himmel raucht. Unsere Jugend hält
zur Erziehung ihrer Führung alljährlich Schulungswochen
ab, die sie mit Körpererziehung verbindet und die sie mit
Sommerlager bezeichnet. Was sind diese Sommerlager? Diese Sommerlager
sind Schulungen, in denen die Seelen der jugendlichen Arbeiter
für die Volksidee gewonnen werden, die Jugend für die
Sendung des Aufbaues einer neuen deutschen Kultur herangebildet
werden soll. Die Ziele unserer Sommerlager sind, wie es selbst
in der Ankündigungsschrift ausdrücklich lautet, im Sinne
des großen Engländers Carlyle mit folgenden Worten
umrissen: "Ehrwürdig ist mir die karge verkrümmte
rauhe Hand, worin nichtsdestoweniger eine unauslöschlich
kollegiale Majestät ruht, denn sie führt das Szepter
des Planeten. Ehrwürdig ist auch das rauhe beschmutzte Antlitz
mit seiner schlichten Intelligenz, es ist das Gesicht eines Menschen,
der lebt, wie ein Mensch leben muß, ja um so ehrwürdiger
bist du mir wegen deiner Rauheit und eben weil wir dich so wohl
bemitleiden als auch lieben müssen, schwer beladener Bruder
der Arbeit!"
Unter diesem Motto haben wir unsere Sommerlager
abgehalten. Und was sind sie, was lehren sie, was sollen sie bedeuten?
Vor mir liegt der Arbeitsplan unseres heurigen Sommerlagers, er
erstreckt sich auf eine ganze Woche: Früh morgens gymnastische
Übungen, Lockerungsübungen, Entspannungsübungen,
rythmische Gymnastik, Körperkultur, Leibesgymnastik, Konzentrationsübungen.
Vormittags Vorträge über das Evangelium der Arbeit,
ein Morgenspruch, eine Jugendweihe über ein Thema: "Körper
und Seele als Schönheitsideale", die feierliche Aufnahme
in den Bund, ein Vortrag über deutschen Glauben, ein Vortrag
über die Grundlagen der Volkswirtschaft, über die Entwicklung
des Kapitalismus bis zur Herrschaft der Weltfinanz, ein Vortrag
über unsere Handwerker, Arbeiterbünde, Zünfte,
Genossenschaft und Gewerkschaften, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Forderungen, die sozialpolitische Gesetzgebung, ein Querschnitt
durch bedeutende Epochen der Geschichte und geistige Anschauungen
und Führer dieser Geschichte. So ist in Wirklichkeit das
Programm beschaffen. Und wer trägt vor? Da trägt vor
der Universitätsprofessor dr. Otmar Spann, eine Kapazität
auf dem Gebiete der Volkswirtschaft, der Assistent der deutschen
technischen Hochschule in Prag Ing. Heider, da tragen vor der
Gewerkschaftsführer der DHV W. Wenzel, da tragen Fachlehrer,
Professoren, Gewerkschaftsführer, Männer aus der Praxis
und Theorie einer neuen Jugend neue Erkenntnisse und Grundsätze
vor. Wir haben es also mit ernster sachlicher Arbeit, mit Lehrgängen,
wie sie auf den Volkshochschulen, in den Bauernhochschulen, in
den Funktionärkursen der verschiedenen Verbände und
Gewerkschaften abgehalten werden, zu tun. Die junge Arbeiterschaft,
die sich hier versammelt, bringt gewaltige persönliche und
finanzielle Opfer, an Reisespesen und Verpflegskosten, die sich
die jungen Arbeiter selbst bezahlen müssen. Während
andere Kurse und andere Parteien zum Staate betteln gehen und
ihre Kurse subventionieren lassen und auch reichlich bedacht werden,
schickt man uns die Gendarmerie und droht mit Waffengewalt unsere
Kurse aufzuheben. (Rùzné výkøiky.)
Der Chef der politischen Verwaltung von Leitmeritz
(Výkøiky posl. inž. Junga.),
der wohl voller Angst vor einem etwaigen Kommunistenputsch, den
man ihm in Prag eingeredet hat, den Kopf verloren hat, verbietet
uns das Lager, obzwar wir am 14. Juni das Gesuch überreicht
haben und am 30. Juni am Abend vor Beginn schickt er das Verbot
nach Troppau ab, obwohl wir in Nordböhmen das Lager abhalten.
(Posl. inž. Jung: Am 30. früh bei der Abreise
hat niemand etwas von dem Verbot gewußt!) Jawohl,
und wie verbietet er es uns? Er entblödet sich nicht uns
dieses Sommerlager, diesen Hochschulkurs unserer Arbeiterjugend
wegen Gefährdung der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung
zu verbieten und er erfrecht sich noch hinzuzufügen, daß
eine Intervention für eine etwaige Abänderung dieser
Anordnung in Leitmeritz unstatthaft ist. (Rùzné
výkøiky.) Was stellt sich
denn dieser Herr eigentlich vor? Er nimmt sich nicht einmal die
Mühe nachzuforschen, ob wir die gesetzlichen Voraussetzungen
erfüllen, er schickt uns einfach die Gendarmen mit aufgepflanztem
Bajonett ins Haus und versucht auf diese Art und Weise, unsere
Lehrgänge zu unterdrücken. (Posl. Knirsch: Das sind
die Vorboten der Verwaltungsreform!) Jawohl, das sind die
Vorboten dieser Verwaltungsreform, die uns das Blut in das Gehirn
getrieben hat. Wen haben wir gestört? Abseits vom Verkehr
liegt unser Zirkowitz. Wir wählten diesen Ort, weil er so
ruhig gelegen ist, in einer wunderschönen deutschen Landschaft,
mitten im rein deutschen Sprachgebiet, doch abseits vom Verkehr,
um die Schule der Jugend möglich zu machen. Wir haben in
vergangenen Jahren in vollster Ruhe und Ordnung unser Sommerlager
abgehalten, der Herr Gemeindevorsteher hat uns die Anerkennung
und für die musterhafte Ordnung und Disziplin den Dank ausgesprochen.
Ich bemerke, daß in diesem Ort kein einziger Èeche
wohnt, daß es ein rein deutscher
Ort ist, so daß nicht einmal gesagt werden kann, daß
irgend ein Èeche da bei einem solchen Kurs gestört
werden könnte. Dieser Ort ist ein typisches Beispiel dafür,
wie das deutsche Sprachgebiet ist, kein Gendarmerieposten, keine
Eisenbahnstation und kein Postamt, es ist ein
rein deutsches Gebiet und so schaut auch das Gebiet aus, von dem
sich die "Národní Politika" in ihrer vollen
Dummheit vergangene Woche erklären konnte, es gäbe kein
sudetendeutsches Gebiet. (Výkøiky posl.
inž. Junga.) Niemand
wurde also etwa gestört. Das unerhörte Vorgehen des
Chefs der politischen Verwaltung hat erst die Ruhe gestört.
Er schickt uns den Gendarmerieführer Fischer aus Sebusein
mit bewaffneter Assistenz hinein, der mit der schärfsten
Waffengewalt sofort gedroht hat, bevor noch irgendwer mit ihm
eigentlich gesprochen hat.
Glauben Sie denn, daß man mit derartigen
Mitteln Ruhe und Ordnung herbeiführen kann? Aus einer Schulungswoche
in Zirkowitz, die dem volksbürgerlichen Unterricht dienen
sollte, ist ein Anschauungsunterricht für alle diese 108
jungen Deutschen geworden, die dort zukamen und gesehen haben,
wie die Freiheit in diesem Staate in Wirklichkeit aussieht. Man
könnte sagen: Ein Übergriff, ein untergeordnetes Organ!
Mit nichten, mit nichten. Das ist ein ausgebildetes System, das
jede Bewegung hindern will, die eine freiheitliche Entwicklung
in diesem Lande anstrebt. Das ist kein Zufall, das ist kein Übergriff.
Wir haben es vorgestern auf unserem großen
"völkischen Tag" zu Brüx erlebt. Zehn- bis
zwölftausend Teilnehmer - nach den Mitteilungen aller Zeitungen
- waren in Brüx zusammengekommen und wie geht dort die Gendarmerie
vor? Sie veranstaltet Hetzjagden nach unseren Fahnen, sie verhaftet
ihre Träger, sie bestraft sie kurzer Hand, wenn ihnen ein
Wort der Erregung über die Lippen kommt. Und zu gleicher
Zeit findet im Nachbarort Preschen ein èechisches Schützenfest
statt und dort steigen in die Eisenbahnwaggons bewaffnete Schützen
mit Karabinern und lnfanteriegewehren ein und niemand rührt
sich (Rùznì výkøiky.),
in Brüx werden Abzeichen beschlagnahmt, und dort geht bewaffnetes
Militär mit Militärgewehren herum, ausgerüstet
für den Bürgerkrieg. So schaut es aus! Wundern Sie sich
nicht, daß da eine Atmosphäre entsteht, die von dieser
Hetze geradezu in Erregung zittert, eine Hetze, die ihre Giftquelle
in diesen "Národní Listy" und dieser "Národní
Politika" hat, in diesen Organen, die sich vor Wut gegen
das Deutschtum auch heute noch nicht fassen können.
Vor ein paar Tagen ein typisches Beispiel.
In Wien beschließt eine Bezirksvertretung einen Straßenzug
"Sudetendeutsche Straße" zu nennen. Das
geht Prag gar nichts an. Das ist eine innerpolitische Angelegenheit
Österreichs. Niemand in Deutschland, niemand in Österreich
hat sich darüber aufgeregt, daß die Èechen in
Prag eine Lužická ulice, eine Lausitzer Gasse
haben. Niemand regt sich darüber auf. Sie aber empören
sich, wenn es eine "Sudetendeutsche Straße" in
Wien gibt. (Rùzné výkøiky.)
Ich sage Ihnen: Es wird der Tag kommen,
wo es in jeder deutschen Stadt eine "Sudetendeutsche Straße"
geben wird. Wir sagen: Glauben Sie nicht, daß wir uns durch
diese Dinge provozieren lassen werden. Ruhig und zielbewußt
werden wir unseren Weg gehen, weil wir wissen, daß er zu
unserem Ziele führt. Wir zeigen nur auf, wie es ausschaut
in diesem Lande der "Gleichen unter Gleichen". National-terroristisch,
sozial-reaktionär bis in die Knochen. Dieses Land hat jetzt
eine Regierung, wie es so schön der Herr Sen. Køepek
gesagt hat, daß sich die Regierung
des Besitzes aufgetan hat. Sie sind nicht die Regierung der Gleichen
unter Gleichen, Sie sind die Regierung der Reichen unter Reichen,
die Regierung, die Völker und Arme gleichermaßen unterdrückt
und beherrscht. Sie sind die Regierung des Hasses gegen alles,
was sozial, gegen alles, was wirklich nationaldeutsch ist. Sonst
dürften Sie es nicht dulden, daß Ihre Organe derart
gegen Kultureinrichtungen und Unterrichtskurse, wie die unseren
vorgehen.
Wir lassen nicht ab von unserem Kampfe um unser
Recht. Wir zeigen diese Dinge unserem Volke in aller Öffentlichkeit
auf und erklären: Wir werden dafür sorgen, daß
die Kraft und Macht unserer Bewegung so wachsen wird, daß
Sie einst in unserer deutschen Heimat die deutsche Jugend nicht
mehr mit Bajonetten davonjagen werden (Souhlas a potlesk na
levici.), daß in unserer Heimat das Recht unserer nationalen
Selbstverwaltung uns in die Hände gelegt werde, daß
wir darüber bestimmen werden, ob wir Kurse für unsere
Jugend oder nicht, ob wir Schulen oder nicht haben wollen, ob
wir für unser Volk Einrichtungen treffen können oder
nicht treffen können. (Souhlas a potlesk na levici.) Es
lebe die sudetendeutsche Selbstverwaltung! (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)
Hohes Haus! Wir beschäftigen uns mit dem
Handelsvertrag mit Kanada. Es freut uns immer, wenn ein Handelsvertrag
mit einem Staat zustandekommt, wenn Freundschaften erweitert werden.
Unsere Handelsbeziehungen mit Kanada sind aber nicht von so hervorragender
Bedeutung, wir haben andere Länder, die für uns wichtiger
sind, mit denen wir ebenfalls in Vertragsverhandlungen stehen,
es sind unsere wichtigsten Nachbarländer wie Deutschland
und die Staaten der Kleinen Entente, Jugoslavien und Rumänien.
Wir haben in der letzten Zeit gehört, daß zwei Verträge
abgeschlossen worden sind mit Frankreich und das Zusatzabkommen
mit Polen, deren Inhalt wir noch nicht kennen. Handelsverträge
sollen den Verkehr mit Waren regeln, sollen den Staatsangehörigen
der Vertragsländer Niederlassungsfreiheit und das Recht zum
Gewerbebetriebe unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen
Untertanen geben, sie sollen zollpolitische Vereinbarungen bilden,
die überhaupt das Schwergewicht der modernen Handelsverträge
geworden sind. Früher waren Handelsverträge meist langfristig,
es hat auch sogenannte ewige Handelsverträge gegeben, die
eine stabile Entwicklung sicherten und die für beide Teile
vorteilhaft waren. Heute sind die Handelsverträge meist mit
kurzen Kündigungsfristen versehen, um der Autonomie freien
Spielraum zu lassen. Die Handelsverträge basieren ja zum
größten Teil auf dem System der Meistbegünstigung
und sind Tarifverträge. Letzteres ist freilich eine
ziemlich zweischneidige Sache. In der Èechoslovakei wird
jeder Handelsvertrag von zweierlei Interessen beeinflußt.
Unsere Industrie muß exportieren, die Landwirtschaft aber
will jeden Import durch Schutzzölle erschweren. Es gibt zwar
auch industrielle Schutzzölle, deren Wirkung
den Abschluß von Handelsverträgen oft sehr schwierig
gestaltet, entscheidend bleiben aber immer die Agrarzölle.
Welche Schwierigkeiten haben sich nicht dem Abschluß der
Verträge mit Frankreich und Polen entgegengestellt? Seit
wir die Getreidezölle haben, ist jeder Abschluß von
Handelsverträgen desto schwieriger geworden.
Nun melden die "Lidové Noviny",
daß die Agrarier selbst eine Herabsetzung der Getreidezölle
erwägen, die Entwicklung habe nicht den Weg genommen, wie
man sich vorgestellt habe und deshalb beschäftigen
sich die Agrarier heute schon mit der Frage, ob nicht eine Herabsetzung
der Getreidezölle erfolgen solle. Ein bürgerliches Urteil
über die Agrarzölle wird in der "Hospodáøská
Politika" vom volkswirtschaftlichen Redakteur
der "Národní Listy" gegeben. Er schreibt:
"Bald werden es zwei Jahre seit Einführung der Agrarzölle
sein, da ist es schon möglich, die Zollpositionen genau zu
übersehen und ihren Einfluß abzuschätzen. Viele
von ihnen schädigen schließlich die landwirtschaftliche
Produktion selbst, wie z. B. die Zölle auf Futtermittel,
die keinen Sinn in einem Staate haben, wo die Rentabilität
der Viehzucht bedroht ist, wo deshalb hauptsächlich die Kleinlandwirte
ein eminentes Interesse an der Billigkeit der Futtermittel haben.
Langsam werden ja die Stimmen gegen den Hochschutzzoll, wie wir
ihn betreiben, doch laut und vernehmlich, gerade deswegen, weil
die Schwierigkeiten des Abschlusses von Handelsverträgen
immer größer und größer werden."
So sagt die "Hospodáøská Politika"
an einer anderen Stelle: "Jugoslavien verlangt reales Entgegenkommen
in den agrarischen Positionen, bei denen bisher nicht die geringste
Bereitwilligkeit oder Möglichkeit zu Konzessionen von Seite
unserer Unterhändler war. Wollen wir die Verhandlungen zu
einem günstigen Ende führen, bleibt uns nichts anderes
übrig, als Jugoslavien entgegenzukommen."
Wir sehen also aus allem die Schwierigkeiten
heraus. Deutschland hat wieder andere Schmerzen. Deutschland bringt
eine ganze Reihe von Beschwerden in den verschiedensten Fragen
vor, die zum Teil politischer und zum Teil wirtschaftlicher Natur
sind. Die Verhandlungen, die schon seit Jahren geführt werden,
kommen nicht vom Fleck, sie müssen immer und immer wieder
vertagt werden, und man hofft ja jetzt, doch endlich einmal zu
einem Ziel zu kommen. Aber die Schwierigkeiten sind noch lange
nicht beseitigt, es wird noch vieler Mühe bedürfen,
um diese Schwierigkeiten zu beheben. Mit Österreich haben
wir ja den Handelsvertrag seit dem Sommer v. J., aber wenn wir
unseren Verkehr mit diesem Staate ansehen, müssen wir uns
schon sagen, daß wir vieles versäumt haben. Wir haben
im Jahre 1927 von Deutschland um 3.7
Milliarden eingeführt und für 4.8
Milliarden ausgeführt, wir sind also im Handel mit Deutschland
mit 1.1 Milliarden aktiv. Bei Österreich ist die Sache noch
günstiger. Wir haben 1 1/4
Milliarden Einfuhr und über 3 Milliarden Ausfuhr, so daß
unsere Handelsbilanz mit Österreich mit 1 3/4
Milliarden aktiv ist. Auch mit Ungarn haben wir ein sehr günstiges
Resultat, wir haben dort eine Einfuhr von 962 Millionen und eine
Ausfuhr von 1.6
Milliarden, wir haben da einen Überschuß von 659 Millionen.
Von Polen, mit dem wir ja gerade bezüglich unserer Handelsbeziehungen
fortwährend im Konflikt sind, weil der unerhörte Protektionismus,
der dort geübt wird, fortwährende Störungen hervorruft,
führen wir Waren um 1 Milliarde ein und führen für
660 Millionen aus, wir sind gegenüber Polen mit 361 Millionen
passiv. Auch der Handelsverkehr mit Frankreich ist stark passiv.
Wir haben eine Einfuhr von 780 Millionen und eine Ausfuhr von
nur 239 Millionen, also ein Passivum von 541 Millionen. Wenn wir
die 4 Monate des heurigen Jahres nachprüfen, so ergibt sich
nahezu dasselbe Resultat, wir kommen annähernd zu denselben
Ziffern.
Die wichtigsten Staaten für unseren Export
sind also vor allem Deutschland, Österreich und Ungarn. Wie
stehen wir mit Österreich? Vor einigen Tagen waren die Minister
des Auswärtigen der Kleinen Entente in Bukarest versammelt
und haben sich dort mit einer Reihe von politischen und wirtschaftlich
en Fragen beschäftigt. Unter Punkt 5 haben sie die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit Österreichs berührt. Es handelt
sich hier um Einrichtungen, durch die der Anschlußgedanke
aus der Welt geschaffen werden soll. Es ist aber nicht beabsichtigt,
über diese Frage eine gemeinsame Erklärung abzugeben.
Unser Außenminister Beneš, der von Journalisten
interviewt wurde, antwortete auf die Frage, wie es mit dem Anschluß
stehe, ganz kurz, daß diese Frage nicht bestehe. Auf die
Frage der Journalisten, was geschieht, wenn Komplikationen eintreten,
antwortete Beneš, daß diese nicht eintreten
können, denn in der Politik kann man nicht phantasieren,
gerade so könnten sie fragen, was auf der Sonne geschehen
könnte. Die Antwort ist ja sehr diplomatisch, aber
Marinkoviè, der jugoslavische Außenminister, hat
über diese Frage dann etwas eingehender gesprochen. Er sagt:
"Die Kleine Entente muß Österreich als zu dem
von ihr ausgehenden wirtschaftlichen System gehörig betrachten
und ihm alle Möglichkeit bieten, die ihm
durch die schutzzöllnerischen Methoden der Nachfolgestaaten
zum Teile genommen worden sind. Die Bestrebungen der Kleinen Entente
auf Einbeziehung Österreichs in ein zentraleuropäisches
Wirtschaftssystem könne aber niemand der Kleinen Entente
zum Vorwurfe machen. Nachdem wiederholt behauptet worden sei,
durch die Zertrümmerung der Donaumonarchie sei ein natürlich
gegebenes wirtschaftliches Gebilde zerstört worden, so könne
der Kleinen Entente aus einer Rückkehr zu einer Art wirtschaftlichen
Rekonstruierung kein Vorwurf gemacht werden." Die Österreicher
haben diese Worte nicht mit einem allzugroßen Vergnügen
aufgenommen und wer die Verhandlungen der österreichischen
Nationalversammlung in der vorigen Woche verfolgt, der hört
zum Teil eine sehr kräftige Antwort darauf, zum Teil eine
diplomatische, jedenfalls aber eine ablehnende Antwort. Und Österreich
hat auch allen Grund dazu. Denn gehen Sie nur eine Zeitlang zurück
und beobachten Sie, wie Sie Österreich seinerzeit bei der
Schaffung des Staates behandelt haben, wie Sie seinerzeit alles
getan haben, um die Handelsbeziehungen, die bestanden haben, zu
zerstören, die Fäden zu zerreißen und Österreich
zu zwingen, einen selbständigen Weg zu gehen. Einer der bedeutenderen
Volkswirtschaftler Österreichs sagt: "Es steht heute
so, daß wir nach dem Ausbau der siebenten Zuckerfabrik keinen
Zucker mehr aus dem Auslande beziehen werden. Die böhmische
Braunkohle wird den letzten Rest ihres Absatzes verlieren, sobald
ausreichende Anlagen zur Trocknung der heimischen Kohle
vorhanden sein werden. Hätte uns die Èechoslovakei
nach dem Umsturze nicht so schlecht behandelt, hätten wir
nicht wegen jeden Waggons Kohle und jeden Waggons Zucker Bittgänge
unternehmen und jede Einfuhr lebensnotwendiger Artikel mit Kompensationsverträgen
erkaufen müssen, so wären die Wasserkräfte nicht
in so raschem Tempo ausgebaut worden und wir hätten es auch
unterlassen, Bodenprodukte und Fertigware im Inlande zu erzeugen,
die in der Nachbarschaft in so reichem Masse vorhanden sind."
(Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Stivín.)
Das sagt ein Österreicher in seiner trockenen
Art und heute können wir erwägen, welch ungeheueren
Schaden diese schlechte Orientierung unsererseits damals verursacht
hat. Wir suchen zwar das Gebiet zurückzuerobern, wir wissen,
als Exportstaat brauchen wir die Abnahme unserer Waren, aber wir
finden taube Ohren, taube Ohren in Österreich, wir finden,
daß wir in Ungarn, wo die Industrie aufgezogen und aufgepäppelt
wird, auch einen schwierigen Stand haben. Wir begegnen überall
den großen Konkurrenzen. In Frankreich entwickelt sich die
Textilindustrie ungeheuer, während wir in dieser Industrie
schon wieder langsam einer Krise zugehen. Deutschland hat im Jahre
1926 nach Frankreich 6827 Zentner Garne ausgeführt, im Jahre
1927 149.358 Zentner, hat sich also dort ein ungeheueres Absatzgebiet
erobert. An Geweben wurden im Jahre 1926 von Frankreich nach Deutschland
11.785 Zentner ausgeführt, im Jahre 1927 29.166. Zentner,
also eine ungeheuere Entwicklung, ein ungeheuerer Absatz, den
diese Industrie dort gefunden hat. Nun kommt bei uns eine andere
Frage, die sogenannte Zuckerfrage. England hat den Zoll für
Rohware herabgesetzt, es ist das nicht ein Spezialfall, sondern
ein System der Hoch schutzzollpolitik Europas. Die "Lidové
Noviny" sagen: "Wir kämpfen heute auf allen
Fronten um die wirtschaftliche Existenz. Es ist ja ganz klar,
neben Polen und Spanien hat die Èechoslovakei die höchsten
Zollsätze. Die Èechoslovakei kann als ausgesprochener
Exportstaat auf die Dauer nur eine Handelspolitik
verfolgen, welche ihre Hauptaufgabe in der möglichsten Förderung
der Freiheit des internationalen Handels erblickt." Wie steht
es nun mit dem Zucker? wie soll diese Frage gelöst werden?
Wir haben uns erlaubt, einen Antrag einzubringen, welcher das
Problem in seiner vollen Größe aufrollt und versucht
einen Weg zu finden, um diese Industrie zu erhalten.
Die Regierung findet einen viel einfacheren
Weg. Wir haben heute eine Vorlage auf dem Tisch des Hauses gefunden,
ein Ermächtigungsgesetz, durch das die Rückstellung
der Umsatz-, Luxus- und Transportsteuer an Exportindustrien bewilligt
werden soll. Meine Herren, das ist Dumping, das ist eine nackte
Exportprämie, die da für die Zuckerindustrie geschaffen
werden soll. Es ist eine Umgehung der seinerzeitigen Brüsseler
Konvention, welche ausdrücklich die Gewährung von Exportprämien
beim Verkehr mit Zucker verboten hat. Glauben Sie, daß die
anderen Staaten, die das angeht, das ruhig hinnehmen werden, daß
sie nicht mit Gegenmaßregeln gegen uns kommen werden, daß
sie nicht unseren Handel und Export an den empfindlichsten Stellen
treffen werden? Es ist ja ganz klar, eine solche Handelspolitik
führt und muß dazu führen, daß Gegenmaßnahmen
getroffen werden. Wir haben im Vorjahre die Weltwirtschaftskonferenz
in Genf gehabt. Von uns war eine Delegation dort, unsere Delegation
hat für die Resolutionen gestimmt. Sie war einverstanden
damit, daß internationale Maßnahmen getroffen werden,
um den Warenverkehr zu erleichtern, um den übergroßen
Protektionismus der Nachfolgestaaten, der auch im übrigen
Europa üblich ist, zu brechen. Vor wenigen Tagen war eine
Kommission dieser Weltwirtschaftskonferenz beisammen, es ist schon
ein größerer Körper gewesen, es waren ca. 60 Leute,
prominente Persönlichkeiten aus der Industrie, der Landwirtschaft
und dem Handel und die haben sich dort wieder mit dem Problem
beschäftigt. Die Schweiz hat dort einen Vorschlag gemacht,
der sympathische Aufnahme gefunden hat. Es sollen die Produktionsgruppen
abgegrenzt werden, u. zw. durch einen internationalen einheitlichen
Zolltarif. Das ist ein Weg, der uns aus den Schwierigkeiten herausführen
könnte, das ist ein Weg, der die Möglichkeit gäbe,
daß unsere Handelsbeziehungen erweitert und erleichtert
werden, daß überhaupt im Warenverkehr Erleichterungen
eintreten. Die Schweiz schlägt vor, es sollen Gruppen geschaffen
werden und der Abbau der Zölle für diese Gruppen soll
sich sukzessive vollziehen. Sie sagt: "Erstens ein Tarif
für den Verkehr mit lebenden Tieren in ganz Europa; die zweite
Gruppe soll die tierischen Nahrungsmittel umfassen, die dritte
Gruppe Fische, Krustentiere und Mollusken, die vierte Gruppe Milch,
Eier und Honig, die fünfte eßbare Fette tierischen
Ursprungs." Auf diesem Wege glaubt man in der Schweiz so
weit zu kommen, daß die heute bestehenden Schwierigkeiten
beseitigt werden. Aber als Antwort kommt bei uns sofort das Echo:
Vorige Woche in der Schweiz diese Einigung, die von allen als
ein Fortschritt aufgenommen wurde, bei uns am Sonntag eine Verordnung,
durch welche die Schweinezölle um 12 Kronen erhöht werden.
Das ist die Antwort, die wir darauf geben, wenn wir eine internationale
Regelung der Schwierigkeiten im Handelsverkehr wollen. Schauen
wir aber einmal auch in unsere Industrie, ob nicht auch sie unter
denselben Schwierigkeiten leidet. Die Textilindustrie zahlt nach
einer Berechnung, die ein Nationalökonom gemacht hat,
in der Èechoslovakei bei 48stündiger Arbeitszeit Löhne
von 24 bis 25 Schillingen, in Italien 27, in Frankreich 28, in
Deutschland 40, in der Schweiz 42, in Holland 50 Schillinge. Es
gibt also Länder, wo für die 48stündige Arbeitszeit
mehr als das Doppelte an Lohn bezahlt
wird. Wenn wir dann draußen in der Welt hören, die
Èechoslovakei exportiere nicht Waren, sondern Löhne,
so steckt darin ein großes Stück positiver Wahrheit.
Ja wir können nur exportieren und sind nur exportfähig
infolge der niedrigen Löhne, weil unsere
Industrie nicht auf der Höhe steht. Bei der Zuckerindustrie
wird die Kalkulation nicht so gemacht, daß ein hervorragend
technisch eingerichteter Betrieb bestimmend für den Preis
ist, sondern die letzte am elendsten eingerichtete Fabrik dient
als Kalkulationsgrundlage. Auf dieser Grundlage werden die Gestehungskosten
errechnet und nach diesen Gestehungskosten werden dann die Preise
festgesetzt. Ob wir da in der Welt mitkommen können, ist
eine andere Frage, und gerade die jetzige Zeit zwingt uns dazu,
wo die Zuckerfrage eine eminent wichtige Frage geworden ist, ihr
eine viel größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Da wäre
es schon der Mühe wert, daß sich auch die Regierung
einmal mit dieser Frage beschäftige, nicht so soll sie gelöst
werden, daß man der Zuckerindustrie Unterstützungen
aus Steuergeldern, daß man ihr Staatsgelder bewilligt, man
müßte vielmehr einen Weg finden, um die Zuckerindustrie
auf ihrer heutigen Höhe zu erhalten und sie zu befähigen,
ihre Erzeugung auf der jetzigen Höhe zu halten.