Wenn man das als Entgegenkommen betrachtet,
so haben wir das schon früher gehabt, bevor der Mayr-Harting
und Spina Minister waren. Sonst aber sehen Sie sich
doch die Aufschriften an! Hat irgendjemand von den Èechen
ein Interesse daran, dieses eine Drittel Deutsche, die hier sind,
zu berücksichtigen? Absolut nicht! Fällt ihnen gar nicht
ein! Hier ist man eben im èechischen Staat, in den sind
wir hineingekommen, da müssen wir uns fügen, die Mehrheit
entscheidet, Schluß! Ja, sollte es denn nicht möglich
sein, wenn die Èechen guten Willens wären sie sind
doch zwischen Berlin und Wien eingelagert mit
ihrer Hauptstadt Prag - sollte es denn nicht möglich sein,
im Verkehrswesen, Telephonwesen, Eisenbahnwesen, bei Ausstellungen
usw. zu berücksichtigen, daß das èechische Volk
hier einen Keil hereinschiebt in das deutsche Gebiet und daß
es sich mit seinen an drei Seiten gelegenen
deutschen Nachbarn eben einmal abfinden muß, daß es
mit diesen in Frieden und Freundschaft leben muß, wenn es
nicht Gefahr laufen will, bei der nächsten Weltkatastrophe
vernichtet und zerdrückt zu werden? Dieser Gedanke kommt
den Èechen scheinbar gar nicht, sie glauben. mit
dem Jahre 1918 ist die Weltgeschichte abgeschlossen, nun hört
alles auf, sich zu entwickeln, alles bleibt petrifiziert und versteinert
bis - sagen wir - zum Jahre 3000 nach Christi. Das wird nicht
sein, das wird nicht so bleiben und
klug wäre es von den Èechen - wenn wir einmal aktivistisch
reden wollen - diese Tatsachen zu berücksichtigen, darauf
einzugehen, daß man endlich einmal von diesem französischen
Fimmel loskommen muß und einmal deutsch redet, was man doch
besser kann als französisch und englisch. Aber der Einfluß
der Deutschen, der mit so gewaltigen Worten in die Welt posaunt
wird, dieser Einfluß existiert eben nicht.
Kulturell - es ist darüber schon zum Überdruß
geredet worden - sind wir die Parias: was man uns gutwillig
läßt, dürfen wir behalten, was man uns nehmen
will, nimmt man uns. Ich will bei dieser Gelegenheit auf eine
Sache zu sprechen kommen, die ganz modern ist, auf das Radio.
Das Radio untersteht dem Radiojournal, um mit èechischem
Akzent zu sprechen, dem Radiožurnal
und ist natürlich der Regierung ganz und gar gefügig
und untergeben. Wir haben vielleicht ein Drittel oder noch mehr
deutsche Hörer. Anfangs hatte man ja überhaupt die größte
Lust gehabt, das Radio zu verbieten, hat Schwierigkeiten
unendlicher Art gemacht, weil man fürchtete, daß die
elektrischen Wellen die èechoslovakischen Staatsgrenzen
nicht respektieren werden und daß Deutschland vielleicht
- Ungarn macht es ja, Deutschland hat man aber mehr gefürchtet
- seine Radiostationen dazu benützen
wird, um sudetendeutsche Vorträge usw. in die Welt zu setzen,
und daß die Deutschböhmen, die Deutschmährer und
die Schlesier mit ihren Apparaten etwas hören werden, was
die èechische Regierung nicht kontrollieren kann und was
sie nicht zensurieren kann. Denn die Zensur
erstreckt sich ja auch auf dieses Haus und ich sage es mit voller
Überzeugung, ich bin ein gewissenhafter Mensch: Das Haus
ist durch die Praxis, wie sie jetzt geübt wird und schon
früher einmal unter dem Präsidenten Tomášek
geübt wurde, der ganze Seiten aus dem stenographischen Protokoll
einer Rede ich glaube eines jetzigen kommunistischen Abgeordneten
- herausgenommen hatte, worauf die Stinkbombenwerferei des Koll.
Baeran folgte, dieses Haus ist geschändet worden,
denn das Parlament hat für uns gar keinen anderen Zweck als
der letzte Zufluchtsort zu sein für das freie Wort; das Parlament
hat für uns gar keine andere Bedeutung, weil ohne uns und
gegen uns entschieden wird, ob wir hier sind oder nicht. Also:
Man fürchtete damals das Radio, konnte es aber nicht
vollständig unterdrücken und bequemte sich den modernen
Verhältnissen an, schuf Sendestationen, übergab sie
dem Radiojournal und machte alles èechisch. Wer es nicht
versteht, den geht es nichts an; der Sender spricht, die ganze
Welt kann horchen. Der Staat ist èechisch, folglich wird
èechisch gesprochen. Die Deutschen zahlen, das geht sie
aber nichts an, dafür sind sie in der Èechoslovakei.
Nach langen, langen Verhandlungen kam es endlich dazu, daß
einige Minuten täglich einer deutschen
Sendung gewidmet werden. Das war schon ein riesiges Entgegenkommen,
ein Entgegenkommen ähnlich dem. daß die Deutschen in
Prag ein Kino haben dürfen, wo deutsche Texte gezeigt werden
dürfen, was wiederum ein Entgegenkommen dafür war, daß
die Èechen im Jahre 1920 das Ständetheater
gestohlen und bis heute noch nicht herausgegeben haben, obgleich
wir in einem Rechtsstaate leben (Rùzné
výkøiky.), in einem
westeuropäischen Rechtsstaate leben. Noch immer wird dort
èechisch gespielt, obwohl das Theater nicht
auf dem Wege eines staatlichen Aktes gestohlen wurde, sondern
einfach durch den Pöbel besetzt worden ist. Aber keine Regierung
traut sich; der jetzige Justizminister hätte es eigentlich
in der Hand, einmal in alle die Affären hineinzusteigen (Výkøiky:
Er wird sich hüten!), natürlich
wird er sich hüten, weil ein - in seinem Jargon gesprochen
ein ganzer Rosenkranz von Korruptionsaffären durch seine
Hand gleiten würde. Und dann schaut ja bei der ganzen Justizpflege
scheinbar nicht viel heraus, das haben wir beim Fall Dubický
erlebt, der Geld genommen hat, aber für die Partei, infolgedessen
ist er ein Ehrenmann; er hat zwar Restgüter verhandelt, aber,
bitte, nicht zu seinen Gunsten, das konnte nicht bewiesen werden,
sondern zugunsten der Agrarpartei. Aber auch die anderen Parteien
haben ja alle aus Spiritusaffären, Kinolizenzen usw. Butter
auf dem Kopf, auch die jetzt in Opposition stehenden Parteien
haben alle ihre Butter noch von der Opposition oft auch sehr mäßig.
Und keine Krähe wird der anderen die Augen aushacken.
Also, dieses Radio gibt einige Minuten eine deutsche Sendung.
Seine Ansagen sind èechisch, auch wenn deutsch gesendet
wird. Nun haben die Verbände der Radiohörer Eingaben
an das Radiojournal gemacht und gebeten, entsprechend der Zahl
der deutschen Hörer, die wenigstens ein Drittel aller Rundfunkteilnehmer
ausmachen und die eine entsprechend große Summe von über
8 Mill. Kè einzahlen, eine größere Zeitspanne
für deutsche Sendungen zu bewilligen. Erst hat sich das Radiojournal
überhaupt nicht gerührt, dann hat
es auf Umwegen eine ausweichende Antwort gegeben und gemeint:
Was die Ansage der Vorträge anlangt, machen wir aufmerksam,
daß bei allen für das Ausland bestimmten Konzerten
in vier Sprachen angesagt wird, wahrscheinlich ist auch das Deutsche
darunter. Eine Erweiterung einer solchen Praxis auf das gesamte
Programm sei bei der kurz bemessenen Sendezeit nicht möglich.
Wer hat denn verlangt, daß man englisch und französisch
ansage! Immerhin würden Börsennachrichten und ein Teil
der Ankündigungen des Preßbureaus auch deutsch gesendet.
Die Verlängerung der Sendezeit für deutsche Sendungen
literarischen und künstlerischen Charakters sei aber bei
den jetzigen Verhältnissen undurchführbar. Man hatte
weiter gewünscht, daß auch von auswärts gesprochen
werden könne, daß z. B. auch von Reichenberg Vorträge
auf den Sender in Prag durch Kabel übertragen werden und
daß man also deutsche Kräfte mit beanspruchen könnte,
die nicht gerade in Prag ihren Sitz haben. Auch das ist unmöglich,
weil durch die Ferngespräche diese Leitungen alle
überlastet seien. Nun sieht man, daß sie nicht wollen,
sie wollen am liebsten gar keine deutschen Sendungen und wenn
schon solche erfolgen, da lauert schon mindestens ein paar Minuten
vor Ablauf der Sendezeit der Èeche, um sogleich zu
rufen: "Halo, radiožurnál Praha konèí
své vysílání....."
Die Sendung ist zu Ende. Wenn die deutschen Minister und die deutschen
Regierungsparteien auch nur den geringsten Einfluß hätten,
so müßten sie ihn doch in irgend einer Weise ausüben
können. Es hat mich besonders empört, daß,
als eine Übertragung von Wien nach Prag stattfand, oder umgekehrt
und ich mit meinem Apparat zu verschiedenen Zeiten beide Wellen
abstimmte, ich merken mußte, daß in Prag einfach das
Wien in ein Vídeò umgewandelt worden war und
daß ich erst aus der Sendung von Wien erfuhr, daß
das eine Übertragung von Wien auf Prag ist. Also, das ist
schon die Höhe. Wenn man schon die Wiener Kräfte benützt
und durch Funkenwellen auf den Prager Sender überträgt,
und wenn schon aus Courteoisie wieder die Prager Sendung
auf Wien übertragen wird und man die internationalen Vereinbarungen
den 3 bis 4 Millionen Deutschen gegenüber nicht einhält,
so muß das jeden Staatsbürger empören und auch
ein Èeche, der irgendwie Gerechtigkeitsgefühl in sich
hat, müßte sagen, daß
das nicht recht ist. Freilich, bei der Handhabung, wie wir sie
auf den Eisenbahnen sehen, wo man nichts anderes als "kuøáci"
und "nekuøáci" liest, wenn man auf den
Stationen von Eger bis Reichenberg durch lauter deutsche Stationen
fährt, oder die Aufschriften "Školáci"
oder weiß ich was für Školaken noch liest, ist
das nicht anders möglich. Wäre es nicht denkbar, daß
endlich einmal ein deutscher Sender errichtet wird, eine deutsche
Station in einer deutschen Stadt? Die ganze Verwaltung müßte
in deutsche Hände kommen und das Programm könnte
wohl von der Behörde zensuriert werden, müßte
aber von einer deutschen Gesellschaft zusammengestellt sein. Was
kann ein Èeche von deutscher Kultur verstehen? Wir maßen
uns auch nicht an, die Höhe der èechischen
Kultur zu bestimmen. Wäre es da nicht recht, daß die
deutschen Regierungsparteien endlich verlangen, daß ein
solcher Sender, sagen wir in Reichenberg, errichtet wird, mag
er auch 4 bis 5 Millionen kosten. Für andere Zwecke hat man
ja sonst Geld genug übrig. Hier in Prag wird aus den
deutschen Sendungen so wie so nicht viel, denn das ganze Bildungswesen
hat man einem Nichtvolksgenossen übertragen, der sich erstens
einmal hütet, wegen seiner Nationalität, der dritten
Nationalität in Böhmen, sich mit den Èechen
zu verfeinden, und außerdem hat er als Nichtvolksgenosse
auch nicht das Verständnis dafür, was den Deutschen
nottut und was die deutsche Kultur verlangt. Wir lehnen es ab,
von Prag weiter mit solchem Futter versorgt zu werden, sondern
verlangen einen eigenen Sender auf Staatskosten mit Einflußnahme
durch die Deutschen.
Im Anschluß daran möchte ich noch
einige Wünsche, die das Postministerium angehen, vorbringen.
Wir haben Telephonzustände, wie sie vor dem Kriege im alten
Österreich bestanden. Gerade so wie bei der Bahn, haben wir
auch hier keine andere Änderung als in sprachlicher Beziehung
sehen können, nämlich in der Weise, daß die Aufschriften,
die Drucksorten usw. jetzt in der Staatssprache verfaßt
werden und daß das Personal sich geändert hat,
indem die deutschen Beamten auf geheimnisvolle Weise verschwunden
sind und Èechen an ihre Stelle traten. Aber was die technische
Vervollkommnung anbelangt, stehen wir, wie bereits gesagt, auf
der Höhe, wie vor dem Kriege. Nun hat
die èechoslovakische Republik seinerzeit Zwangsanleihen
aufgelegt, darunter die sogenannte Verkehrsanleihe. Wir haben
sie alle gezahlt, weil wir zahlen mußten, da man uns sonst
unsere Telephonstellen einfach gesperrt hätte. Haben wir
nun nicht ein Recht darauf, daß in unseren
industriereichen Gebieten Nordböhmens endlich einmal eine
technische Verbesserung des Telephonwesens durchgeführt wird?
Man setzt uns z. B. Damen hin, die des Deutschen
wohl mächtig, aber nicht hörkundig sind. Die vielen
Fehlverbindungen sind seit dem Personalwechsel an der Tagesordnung.
Anfangs hat man sich darüber geärgert, jetzt spricht
man aber nicht mehr viel davon. Man hat damals die Damen beschimpft,
sich auch bei der Aufsichtsbehörde beschwert, man sagt sich
aber jetzt, es liege nicht böser Wille dieser Damen vor,
sie kommen ja nicht gerne in deutsche Gegenden, man hat sie aber
einfach dorthin gesetzt. Man kann sie daher nicht für schuldig
halten, aber man muß verlangen, daß die Telephone
in den nordböhmischen Industriestädten automatisiert
werden, daß wir moderne Behelfe bekommen, damit man mit
dem Apparat zufrieden sein kann. Was die Eisenbahnverhältnisse
anlangt, möchte ich den Herrn Eisenbahnminister Najman
ein laden, endlich einmal zu uns zu kommen, namentlich auf die
Strecke Reichenberg-Gablonz-Tannwald, um sich zu überzeugen,
wie die Verhältnisse in solchen Städten mit 30.000 bis
40.000 Einwohnern, mit einem Industrieverkehr, der den Weltmarkt
versorgt, aussehen. Wenn er da nicht schon aus Prestigegründen
für den Staat die notwendigen Verbesserungen für dringend
hält, dann muß er den Staat sehr gering einschätzen.
(Posl. dr Koberg: Schon aus strategischen Gründen sollte
er es tun!) Strategisch ist die Grenze gesichert.
Ich sagte schon, diese Komödie, die wir
heute aufführen, indem wir über ein Gesetz von einem
Paragraphen eine derart lange Debatte mit Duldung des Präsidiums
und der Mehrheit - ich möchte fast sagen mit gewollter Duldung
- abführen, legt uns den Gedanken nahe, ob es nicht an der
Zeit wäre, uns einmal die Frage vorzulegen, ob nicht
die ganze Wahlordnung und alles, was damit zusammenhängt,
geändert werden sollte. Ich will wieder einmal aktiv reden.
Denn was ginge es uns schließlich an, ob der èechische
Staat die paar Jahre, die er noch lebt, gut oder schlecht regiert
wird? Das könnte uns wohl gleichgültig sein, aber nachdem
wir einmal hier leben und uns auf den Boden der realen Tatsachen
stellen, so wollen wir doch auch die Frage erörtern, ob es
nicht, wie bereits erwähnt, an der Zeit wäre, mit diesem
Phantasma des sogenannten proportionellen Wahlrechtes, des Verhältniswahlrechtes,
endlich einmal zu brechen. Kein Mensch ist damit zufrieden. Mit
dem alten Wahlrecht im alten Österreich, wo die Wahl bezirksweise
erfolgte, wo eben nur ein Kandidat gewählt werden mußte
und wenn mehrere da waren, eine Stichwahl stattfand, bis sich
für einen Kandidaten eine absolute Mehrheit herausstellte,
waren die meisten Wähler zufriedener als mit dem heutigen
Wahlrecht. Ja, wir können sagen, daß durch dieses Verhältniswahlrecht
die Parteien petrifiziert werden. Wenn eine Partei in einem Wahlkreis
noch so fest sitzt, daß sie die nötige Wahlzahl aufbringt,
dann ist sie überhaupt nicht aus der Welt zu schaffen.
Es ist auch keine Flüssigkeit im politischen
Leben möglich, es ist nicht möglich, daß sich
wie z. B. in Frankreich Mehrheiten und Minderheiten von heute
auf die nächsten 4 Wochen ändern, daß eine Regierung,
die dem Volke nicht mehr paßt, gestürzt wird und eine
neue an ihre Stelle tritt. Das alles ist bei diesem Verhältniswahlrecht
nicht möglich, weil alles parteipolitisch gebunden ist, weil
die Parteidisziplin unter allen Umständen aufrechterhalten
werden muß und weil man ja, wenn einmal die Wahlen vorüber
sind, ganz ruhig den Bleistift nehmen und sich ausrechnen kann,
wieviel Stimmen zu der Mehrheit nötig sind, mit welchen Parteihäuptlingen
zu verhandeln ist; und wenn dann der Kuhhandel fertig ist, kann
man sich ruhig auf so und soviel Jahre einrichten, denn die Wahlen
sind in weiter Ferne und wenn sie dann näher rücken,
kann man ja vielleicht die Taktik etwas ändern. Wenn
diese Wahlordnung, wie es von Èechen und Deutschen gleichmäßig
gewünscht wird, einmal geändert würde, dann wäre
es möglich, daß von den Deutschen endlich die Forderung
nach wirklicher Autonomie mit Rücksicht auf die
Bedeutung des deutschen Bevölkerungsanteils erhoben wird.
Wenn die regierungsdeutschen Parteien heute behaupten, diese Verwaltungsreform
beinhalte eine Sicherung des Deutschtums, so meinen sie damit,
daß wir in Böhmen eine Minderheit von einem Drittel
sind, die in jeder Frage vollkommen überstimmt wird und daß
in Mähren-Schlesien dasselbe der Fall ist, (Posl. dr Koberg:
Ein Viertel!) also ein Viertel, noch schlimmer. Wäre
es aber den Èechen um Gerechtigkeit zu tun, so müßten
sie einsehen, daß Böhmen 104 èechische und 38
deutsche Bezirke besitzt, daß also in den deutschen Bezirken
deutsch gewählt und deutsch verwaltet, in den 104 èechischen
Bezirken èechisch gewählt und verwaltet werden müßte,
und ebenso müßte es in Mähren und Schlesien sein.
Und kann man nicht aus den deutschen
Bezirken einen eigenen Landtag machen? Dann hätten die Èechen
wenigstens bewiesen, daß es ihnen ernst ist mit der Konsolidierung
ihres Staates, daß sie nicht in die Fehler des alten Magyarenreiches
verfallen wollen, das alles einfach mit
der Knute niederknüppelte, bis die Leute mürbe und müde
waren und den Zustand ertrugen. So auch hier. Nicht die Èechen
haben sich geändert, wenn jetzt nicht mehr solche Brandreden
gehalten werden, sondern wir Deutsche haben uns geändert,
wir haben gelernt, die Prügel ruhig zu
ertragen, weil der größte Teil unserer Volksgenossen
von Jugend her nicht gewöhnt ist, über kurze Zeiträume
hinwegzudenken. Diejenigen aber, die weiter sehen, sind zwar eine
Minderheit, aber sie sind die Führer der künftigen Massenbewegung.
Das mögen die Èechen nie vergessen. Sie dürfen
nicht etwa glauben, daß wenn sich die Deutschen heute willig
fügen, sie damit alles hinnehmen, daß wir Deutschen
in dieser Erniedrigung ewig verharren wollen. Glauben Sie das
ja nicht, meine sehr verehrten Landesbrüder!
Wenn die Zeit einmal kommen wird, wo die Weltkonstellation anders
ist, dann haben Sie ein so hohes und großes Maß von
Haß und Erbitterung in die Herzen auch unserer Jugend hineingepflanzt,
daß es Ihnen nicht möglich sein wird, sie hier zu behalten.
Nun etwas über die historischen Länder. Man macht in
der Èechoslovakischen Republik einen Unterschied zwischen
den anderen Ländern, nämlich Slovakei und Karpathorußland,
und den historischen Ländern. Mit der Bezeichnung "historisch"
wird ja überhaupt ein großer Unfug
getrieben. Je kleiner eine Nation ist, desto "historischer"
ist sie. Die Magyaren verstehen unter der Historie das 1000jährige
Magyarenreich, das bis an die Karpathen rund herum ging; das macht
sich das auf der Landkarte sehr schön aus und Lord
Rothermere arbeitet ja auch mit diesem Mittel der sogenannten
Raumpolitik. Die Èechen scheinen sich da etwas ähnliches
vorzustellen. Die historischen Länder, das ist für sie
etwas, was gar nicht zu trennen ist, und Herr Spina,
der Minister, glaubt das auch, entgegen der Meinung Bismarcks,
der es für das richtigste hielt, daß die Sprachgrenzen
mit den Staatsgrenzen identisch seien, Minister Spina
hält dies für undenkbar. Nun, man hat von Österreich
Teile abgetrennt und hat sie zur Èechei gegeben, man hat
vom Deutschen Reich Hultschin abgetrennt und es der Èechoslovakei
zugesprochen, warum sollte denn nicht die Sprachgrenze auch die
Staatsgrenze sein können, wenn nur rechts und links Leute
nebeneinander wohnen, die sich verstehen und die miteinander
leben wollen? Es wäre viel besser so, als daß man sie
zusammensperrt und sie sich ewig zanken. Aber man spricht eben
von den historischen Ländern als von etwas Untrennbarem und
Unteilbarem. Und besonders die Kramáø-Leute
sind ja darauf förmlich eingeschworen, wie auf ein Heiligtum,
auf das unteilbare Königreich Böhmen, nur daß
sie den König nicht mehr haben. Ungarn hat man dasselbe verübelt.
Das Millenium-Denkmal in Preßburg hat man in der Luft gesprengt
und wenn die Ungarn heute davon reden, das sie auf ihr historisches
Reich Anspruch erheben, dann macht Beneš ein sehr
ernstes und böses Gesicht und beschuldigt sie, daß
sie den Frieden Europas gefährden. Wenn aber wir Deutschen
davon sprechen, daß wir ohne unseren Willen und gegen unseren
Willen in diesen Staat gekommen sind, ja, dann hält man uns
die Historie entgegen und sagt: Das ist ja Böhmen, unser
Böhmen, Ihr seid mit da, Ihr dürft mit da bleiben, weil
Ihr schon einmal da seid, am liebsten hätten wir Euch draußen,
aber eine Teilung gibts da nicht. Nun, gehen wir einmal
der Geschichte auf den Grund. Wie ist denn die Historie Böhmens
eigentlich? Die Èechen haben von Hanka bis Palacký
und Masaryk und Hanuš Kuffner
Böhmen als ein èechisches Land betrachtet. Notwendig
aber ist nicht zu sagen, was Sie hören
wollen, notwendig ist zu sagen, was wahr ist. Wo sollen wir mit
der Historie beginnen? Sollen wir vor Christi beginnen oder um
Christi Geburt oder um das Jahr 800, oder sollen wir mit der Zeit
anfangen, wo die puritanischen Pilgerväter aus England nach
U. S. A. hinüber gewandert sind und dort anfingen Wälder
auszuroden und den Grund für die heutige nordamerikanische
Republik zu schaffen? Wenn wir die Historie betrachten, so müssen
wir unseren Volksgenossen draußen immer wieder vor Augen
führen, daß die Zeit, wo die geschichtlichen Quellen
zu fließen begannen, die Zeit vor Christi Geburt gewesen
ist. Um diese Zeit aber war Böhmen ganz in germanischen Händen.
Wer früher da gelebt hat, ob es Bojen waren oder andere,
sicher ist, daß um die Zeit, wo die geschichtlichen Quellen
zu fließen beginnen, Germanen, Deutsche hier gesessen sind,
und es ist keine Zeit historisch belegt, wo Deutsche nicht hier
gewesen sind. Man kann nicht beweisen, daß Deutsche immer
da gewesen sind. man kann aber auch das Gegenteil nicht beweisen.
Wohl aber können wir beweisen, daß dann als von den
Èechen niemals die Rede war, als schon Deutsche in Böhmen
ansässig waren, Ackerbauer, Krieger und Herrschende waren.
Bis ins 8. Jahrhundert hinein hören wir nichts von den Èechen,
nur von den Markomannen und ihren Nachkommen.
Erst um diese Zeit hören wir von den Slaven, die wohl aus
dem Osten hereink amen, und zwar in Gesellschaft der Avaren, Verwandter
der jetzigen Magyaren. Wir wissen, daß das Großmährische
Reich von ihnen niedergerannt wurde, wir wissen, daß sie
befreit wurden von Samo, einem Franken, wir wissen, daß
hier der erste Vorläufer des jetzigen Erzbischofs Kordaè
der Sachse Thietmar als Bischof von Prag gewesen ist, wir wissen,
daß um das Jahrtausend herum die Èechen nahe daran
gewesen sind, von den Polen verschluckt zu
werden und daß es nur dem deutschen Kaiser Heinrich II zu
verdanken ist, daß sie aus der Polenherrschaft befreit wurden,
so daß sie heute überhaupt ein Eigenleben als Sondernation
besitzen. Wir wissen, daß dann durch anderthalb Jahrhunderte
die inneren Streitigkeiten zwischen den Pøemysliden von
den deutschen Kaisern immer und immer wieder geschlichtet werden
mußten, daß Böhmen seit der Zeit, wo es in den
Bannkreis des Deutschen Reiches geraten ist, ein integrierender
Bestandteil des Deutschen Reiches war, wenn
es sich auch eine gewisse selbstständige Existenz behauptete.
Zur jener Zeit, wo Böhmen am meisten blühte, war der
Einfluß der Deutschen am größten. Nicht mit Gewalt,
nicht mit dem Schwert, mit dem Pfluge in der Hand haben wir unsere
Arbeit hier geleistet. Die größten Herrscher, die Sie
Ihr Eigen nennen, Ottokar I, Ottokar II, waren Freunde der Deutschen
und haben die deutsche Kultur begünstigt. Die Glanzzeit unter
den Luxenburgern war die Glanzzeit des deutschen Kulturlebens
in diesem Lande und als dann Ihre Heldenzeit heranbrach, die èechische
Heldenzeit der Hussiten - es hat nicht lange gedauert, von 1415
bis 1429 - da war aus dem blühenden Lande Böhmen eine
Wüste geworden, so daß die Hussiten selbst nichts mehr
zu essen hatten und in die Grenzlande
Raubzüge unternehmen mußten, um überhaupt zu leben.
Es hat hundert Jahre bedurft, ehe, wieder größtenteils
durch deutschen Fleiß, aus der Wüste ein halbwegs kultiviertes
Land geworden war. Wenn also die Èechen sich das
überlegen, so müssen sie sagen: Wenn sie ihren Staat
behaupten wollen - seien wir wieder aktivistisch - so hätten
sie das größte Interesse daran, die deutsche Kultur
und den deutschen Kultur einfluß zu sichern und sich zu
erhalten und mit den Deutschen in Freundschaft und gegenseitiger
Achtung zu leben. Nicht aber sich wie jetzt als die Herren, die
Herrscher und Alleinherrscher aufzuspielen, die anderen als Unterdrückte
und Sklaven zu betrachten, die sie knechten dürfen, weil
heute kein Stärkerer ist, der sie daran hindert. Ich
will die Geschichte nicht weiter ausführen, nur auf eines
muß ich zurückkommen, das ist die Fabel von der Unterdrückung
der Èechen nach der Schlacht am Weissen Berge. Die Schlacht
am Weissen Berge und alles, was ihr vorausging und nachfolgte,
war eine Religionssache, ein Kampf der Stände gegen das absolute
Regiment der Habsburger und ein Kampf der Protestanten gegen die
katholische Vormacht. Unter dieser Unterdrückung nach 1620
litten die Deutschen geradeso wie die Èechen. Die Gegenreformation
war es und was hatte den Anlaß zum Fenstersturz in Prag
gegeben? Zwei deutsche Orte, Klostergrab und Braunau. Dort wurden
Kirchen gesperrt, vom Abt in Braunau und in Klostergrab vom Erzbischof
von Prag. Das war der erste Anlaß zum Fenstersturz und
zum Beginn des 30jährigen Krieges. Die Gegenreformation lastete
auf uns und auf den Èechen in gleicher Weise. Wir haben
gleichermaßen gelitten und gleichermaßen geduldet.
Vor einigen Tagen ist erst in meinem Geburtsort Zinnwald, und
zwar im sächsischen Teile, eine Feier
vor sich gegangen, u. zw. die Feier des 200jährigen Bestandes
der Exulantengemeinde. Zinnwald auf böhmischer Seite stand
unter den Lobkowitzen. Es war besiedelt von deutschen protestantischen
Bergleuten und weil man die Bergleute nicht durch ixbeliebige
Arbeiter ersetzen konnte der Bergbau war noch nicht technisch
so fortgeschritten, daß man einfach ungelernte Arbeiter
in den Schacht schicken konnte - darum wurden die deutschen Bergleute
in Zinnwald geduldet. Es wurden ihnen Jesuiten auf den Hals gesetzt,
zwei Missionen dort unterhalten, eine Kirche gebaut, sie wurden
wiederholt unter Drohungen aufgefordert, die katholische Religion
anzunehmen. Sie haben das abgelehnt und es hat über 100 Jahre
gedauert, ehe sie dann doch durchgesetzt wurde, daß die
letzten Protestanten die böhmischen Länder verlassen
mußten. Nur der Freigiebigkeit der sächsischen Brüder
und der dortigen Fürsten ist es zu verdanken, daß sie
überhaupt eine Heimstätte fanden. Diese Tatsache, daß
100 Jahre nach der Schlacht am Weissen Berge noch in Scharen aus
dem böhmischen Zinnwald protestantische deutsche Leute auswandern
mußten mit Hinterlassung von Hab und Gut ins benachbarte
Sachsenland, das muß Ihnen doch den Beweis erbringen, daß
es sich bei der Unterdrückung durch die Habsburger
und die katholische Kirche nicht um eine Unterdrückung seitens
der Deutschen gegenüber den Èechen gehandelt hat,
sondern daß das eine religiöse Frage war, die hauptsächlich
mit auf den Deutschen lastete. Denn in Zinnwald gab es keine Èechen,
so wie es auch heute nur einen èechischen
Postmeister und einen èechischen Gendarmen dort gibt und
hie und da einmal kommt ein èechischer Geistlicher hin;
jetzt ist es aber auch schon Not daran, jetzt sind schon mehr
deutsche Geistliche (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Zierhut.) Wenn
sich auch Masaryk in seiner Beweisführung immer
darauf beruft, daß die Èechen seit 300 Jahren unterdrückt
worden waren, daß damals ein Raub am èechischen Boden
begangen wurde und daß man wieder gutmachen müsse,
daß man wieder Vergeltung üben müsse, und wenn
man daraus das Recht herleitet, so gegen die Deutschen vorzugehen,
der eine in milderer, humanerer Form, der anderer in etwas brutalerer
Form, so sind die Èechen in ihrem Denken ganz und gar abwegig.
Es ist keine Wiedervergeltung, sondern
es ist ein ganz gemeines ordinäres Unrecht, das Sie an uns
begehen. Was gehen uns die damaligen Zeiten an? Sind wir Nachkommen
derjenigen, die die Güter bekommen haben, die man den deutschen
und èechischen Adeligen wegnahm, weil sie Protestanten
und Empörer waren. oder sind wir Nachkommen von irgendwelchen
Jesuiten, die damals Èechen und Deutsche in gleicher Weise
kujonierten? Das sind wir nicht, wir hatten das gleiche Los gehabt.
Wenn die èechische Sprache zurückging und ihre Bedeutung
immer geringer wurde, so war das eine geschichtliche
Tatsache, die nicht mit einer Unterdrückung durch die Deutschen
zusammenhing. Es ist also ungerecht und es ist ein schwerer Fehler,
wenn die Gründer dieses Staates sich auf solche Zeiten berufen,
auf Zeiten der Barbarei, die dem Mittelalter sehr nahe stehen,
um für ihre Regierungshandlungen, für ihr Vorgehen,
für ihre Korruptionsaffären und was damit zusammenhängt,
für diese stinkigen Geschichten, die wir nicht aufrühren
wollen, eine Rechtfertigung zu suchen.
Der Präsident Masaryk, der hier
irgendwo in diesem Saale ein Blatt Papier in der Hand hält
- ich weiß nicht, was es bedeutet, ob er es zerreißt
oder faltet - ist gewiß eine große Nummer für
den Staat. Er ist gewiß derjenige Mann, der Ihnen am meisten
genützt hat, er ist gewiß jener Mann, der Ihnen
auch heute noch am meisten nützt, weil sein Ruf, den er sich
in der Zeit vor dem Kriege erworben hatte, ein wohlbegründeter
war. Aber seit er in nationaler Befangenheit sich ganz dem èechischnationalen
Gedankengang anpaßt, seit er das
Wort ausgesprochen hat: "Unser Staat wird ein èechischer
Staat sein und die Deutschen haben das Recht von Kolonisten und
Gästen", seit der Zeit ist er nicht mehr der alte Masaryk,
der von der ganzen Welt hochgeachtet wurde, seit der Zeit
ist er einfach ein èechischer Präsident, nicht unser
Präsident, er ist der Präsident der Èechen. Wir
haben ihn nicht mitgewählt und wenn er jetzt von den Regierungsdeutschen
mitgewählt wurde, so sind das eben Leute, die sich nach seinen
eigenen Worten ich werde sie zitieren, man
muß sehr vorsichtig sein, sonst konfisziert der Präsident
die halbe Rede - nicht richten. Ich werde Worte von Masaryk,
die den Regierungsdeutschen ins Stammbuch geschrieben werden sollten,
zitieren. Er hat in seinem Buche "Das neue Europa" eine
große Anzahl von Aussprüchen im Jahre 1922 noch einmal
sanktioniert, die er während des Krieges getan hat, eine
Reihe von Aussprüchen und Sentenzen, die, wenn sie im Deutschen
Reiche weiter bekannt wären, ganz gewiß sein Bild in
ganz anderem Lichte erscheinen ließen, als es jetzt in der
meist von Fremden geschriebenen Presse erscheint. So hält
man ihn für einen großen Pazifisten. Das ist er auch.
Aber kein Pazifist im Sinne des "Berliner Tageblatt".
Was sagt er z. B. in diesem Buche auf Seite 121: "Manche
Pazifisten werten den Krieg unrichtig. Der Krieg ist ein Übel
und ein sehr großes Übel, aber wenn man den Enderfolg
und den Verlust am Leben und Gesundheit in Anschlag bringt, ist
er nicht das größte Übel. Der Alkoholismus z.
B. heischt nicht weniger Opfer als der Krieg; die Folgen der Lues,
der Unvorsichtigkeit bei der Fabriksarbeit und anderswo fügen
in summa nicht weniger Unglück den Einzelnen wie der Gesellschaft
zu. Die ungeheure Zahl der Selbstmorde in allen Staaten (in Europa
jährlich an 100.000) beweist klar, daß der Krieg nicht
das ärgste und sicherlich nicht das einzige Übel ist.
Ein ehrloses Leben, ein Leben in Knechtschaft ist ein ärgeres
Übel." Bitte, mit diesem Ausspruch können wir uns
vollkommen einverstanden erklären, wenn wir auch nicht Pazifisten
sind; aber die Regierungsdeutschen können sich ihn in das
Stammbuch schreiben. Ein Leben in Unehre, in Knechtschaft, nämlich
in freiwillig übernommener Knechtschaft! Bitte, wenn ich
in Knechtschaft leben muß, wenn ich eingesperrt bin, muß
ich im Kerker bleiben, muß ich mich auf den Boden des Kerkers
stellen, aber wenn ich freiwillig anerkenne, daß der Kerker
ein herrlicher Palast ist, daß er zum 10jährigen Jubiläum
geschmückt werden soll, dann bin ich ehrlos, dann bin ich
ein Knecht.
Über die Selbstbestimmung, die von manchen
so bespöttelt wird, die uns Wilson in seinen 14 Punkten versprochen
hat - ich hoffe, daß auch das Schachbrett, auf dem die Völker
nicht wie Figuren hin und hergeschoben werden sollen, auf dieses
Denkmal draußen hinkommt, vielleicht auf der rückwärtigen
Seite - sagt Masaryk auf Seite 35: "Daß die
Nationalität ein politischer Machtfaktor geworden ist, könnte
unter Umständen eine bloße historische Tatsache sein,
allein die Verbündeten erkennen das Recht auf Selbstbestimmung
an; Präsident Wilson führte aus, daß man kein
Volk zwingen dürfe, eine Regierung zu haben, die nicht aus
dem Volk und für dieses Volk sei". Deutschböhmen,
Deutschmährer und Deutschschlesier, habt ihr eine Regierung,
die aus eurem Volk und für euer Volk ist? Wenn man diese
Frage in einer öffentlichen Versammlung stellt, wagt nicht
ein einziger Anhänger der Regierungsparteien, darauf Ja zu
sagen. Wir haben keine Regierung, die aus uns und für uns
ist, wir sind unter fremder Regierung. "Die sogenannten Realpolitiker"
- das sind die Regierungsdeutschen - "beruhigen sich, wenn
es ihnen gerade paßt, bereitwilligst damit, was ist, und
verwechseln gern den tatsächlichen Zustand mit dem Rechte.
Aber das, was war und ist, ist an und für sich noch nicht
berechtigt -- die Geschichte und das gesellschaftliche Leben ist
ein unausgesetzter Kampf der Bannerträger des Rechtes und
der Gerechtigkeit gegen jene, die an bequemer Tatsächlichkeit
hängen."
Ich frage meine Parteigenossen, ob sie nun
hier sind oder im Lande draußen: Können wir
dieses Wort nicht voll und ganz unterschreiben, und müßte
nicht das èechische Volk, wenn es den Präsidenten
Masaryk gewählt
hat und sich an seine Worte hält, uns die Freiheit geben?
Das werden sie allerdings nicht tun.
Auf Seite 51 spricht er über die Rekonstruktion
Mitteleuropas auf nationaler Grundlage und die nationalen Minderheiten:
"Viele konservative Politiker treten, obgleich sie die Berechtigung
des Nationalitätenprinzips anerkennen, für eine unradikale
Behandlung der nationalen Probleme ein"; - siehe Spina,
Symbiose usw.! - "sie haben nichts dagegen einzuwenden, daß
einzelne neuen nationale Staaten geschaffen werden, aber sie wünschen,
wo immer nur möglich, den politischen Status quo" -
siehe Beneš! - "und schlagen vor, die nationale
Frage möglichst durch nationale und sprachliche Autonomie
einer Lösung zuzuführen. Von der Autonomie haben wir
eben gesprochen. Es ist richtig, das haben wir auch schon gestreift,
daß sich manche nationale Minderheiten und manche Nationen,
die kleineren und weniger entwickelten, wenigstens vorläufig
mit der Autonomie begnügen würden. Es ist auch richtig,
daß es einige Nationen gibt, die überhaupt keine nationalen
und politischen Aspiratonen haben. So haben sogar z. B. die ihres
Volkstums sich vollbewußten Flämen in diesem Kriege
die Erklärung abgegeben, daß sie von ihren wallonischen
Mitbürgern" also von Belgien - "nicht losgelöst
zu werden wünschten" usw. Aber er sagt dann auf Seite
53: "Die Festsetzung der ethnographischen Grenzen wird nach
dem Kriegstaumel vielleicht in einigen Fällen eine bloße
provisorische und zeitlich bemessene Maßregel sein";
- siehe Rothermere! - "sobald sich die Nationen beruhigt
und das Prinzip der Selbstbestimmung angenommen haben werden,
könnte die Berichtigung der ethnographischen Grenzen und
Minderheiten ohne Aufregung und auf Grund von sachlichen Erwägungen
durchgeführt werden." Einverstanden, wir wenigstens!
"Dies umso eher, wenn die Minderheiten nicht mehr unterdrückt
sein werden. Die freien Minderheiten werden in der Organisation
Europas eine große Rolle zu spielen haben, es wird ihre
Aufgabe sein, die Entwicklung echter Internationalität zu
fördern". Siehe Mayr-Harting!
Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Es sind sehr schöne Sentenzen da, aber auch solche, welche
den Èechen hervorleuchten lassen. So schreibt er auf den
Seiten 136 und 137; was dann alles im Frieden gemacht werden muß
und tatsächlich gemacht worden ist, dank den Einflüssen
der kleinen Person, die ich schon früher erwähnt habe:
"Preußen muß auf Elsaß-Lothringen
verzichten; die Mehrheit der Bevölkerung ist zwar deutsch"
- Poincaré, was sagst du? - "wünscht aber selbst
zu Frankreich zu fallen oder wenigstens von Deutschland wegzukommen.
Elsaß-Lothringen wurde 1870 mit Deutschland gegen den Willen
des Volkes vereinigt und hat sich mit seinem Schicksal
bisher nicht versöhnt" - my auch nicht! - "Ich
erinnere, daß damals die Vertreter des èechischen
Volkes, als die einzigen von allen Völkern, offiziell gegen
diese Vergewaltigung protestiert haben. Eins ist
freilich wahr: die deutschen Sozialisten hatten damals
den Mut, ebenfalls zu protestieren". - Die èechischen
haben diesen Mut nicht gehabt. - "Die Dänen in Schleswig
werden sich an Dänemark anschließen, die Polen in Posen
und Preußisch-Schlesien werden mit ihren
Landsleuten aus Rußland und Österreich vereinigt werden;
es ist nicht ungerecht, Danzig an Polen zu geben!" das mögen
sich die Reichsdeutschen gut merken - "damit es einen direkten
Zugang zum Meere habe. Ostpreußen würde zu einer deutschen
Enclave werden, welche das Meer zur direkten Verbindung
mit Preußen zur Verfügung hat. Die Èechen in
Preußisch-Schlesien würden Böhmen zurückgegeben
werden. Die Lausitzer Serben können, wofern sie es so wünschen
werden" - das sind die in Görlitz - "an Böhmen
angegliedert werden, die Litauer und ein unbedeutender
Teil der Letten würden an Litauen fallen." Aber er sagt
weiter: "Die böhmischen Länder, Böhmen, Mähren
und Schlesien" - das sind die historischen Länder -
"mit der Slovakei werden einen selbständigen Staat bilden.
Die Grenzen der böhmischen Länder sind gegeben, denn
der böhmische Staat ist rechtlich bis heute selbständig.
In dem sogenannten deutschen Sprachgebiet in Böhmen, Mähren
und Schlesien gibt es viele èechische Bewohner, daher ist
es gerecht, daß der erneute Staat
sie behalte. Es wäre ungerecht, einige hunderttausend Èechen
den Pangermanen zu opfern". - Diese Logik leuchtet mir nicht
ein. Es wäre als ungerecht, einige hunderttausend, sagen
wir 200.000 bis 300.000 Èechen den Pangermanen, das sind
wir, zu opfern, ist es aber gerecht,
3 /2 Millionen Deutsche den Pan-Èechen zu opfern? Sodann
heißt es weiter: "Noch im Jahre 1861 waren die Deutschen
in Böhmen mit den Èechen in der Forderung der Krönung
Franz Josefs zum böhmischen König einig." - Man
kann hoffen, daß die Deutschen in Böhmen
nach dem Kriege von dem nationalen Chauvinismus, in den sie durch
die pangermanische Agitation hineingetrieben wurden, ablassen
werden. Viele Deutschen haben selbst gegen die pangermanischen
Aspirationen nach Loslösung des nördlichen und des westlichen
Böhmen und Festsetzung einer Hauptstadt in einer der deutschen
Städte Protest eingelegt. "Bezüglich der magyarischen
Minorität" - sagt er - "muß hervorgehoben
werden, daß es ursprünglich in der Slovakei nur wenige
Magyaren gegeben hat" - sie sind nur künstlich aufgemacht
worden. (Pøedsednictví pøevzal
místopøedseda Horák.)