Nun möchte ich noch meinen lieben Freund
Windirsch etwas ins Gewissen reden. Er hat in einer seiner
letzten Enunziationen behauptet, eine Einmischung des Deutschen
Reiches in die inneren Angelegenheiten von Böhmen, das wäre
unvereinbar mit der Souvärenität eines Staates, die
er sich niemals gefallen lassen kann und nicht gefallen lassen
wird, und darum wäre es ganz unnötig, die Bande mit
den deutschen Brüdern im Reiche fester und fester
zu knüpfen und dadurch vielleicht einen Druck auf die èechische
Regierung auszuüben, usw.; das wäre ganz undenkbar,
denn in seine Souverenität läßt sich kein Staat
hineinreden, das ist eine innere Angelegenheit, darüber kommt
man nicht hinweg. Nun belehrt ihn Masaryk,
den er doch gewiß sehr hoch achtet, denn er ist ein guter
Turner und wird es hoffentlich noch weit bringen, Masaryk
sagt - er findet natürlich alles schlecht nur bei den Staaten
Mitteleuropas, bei Preussen, Österreich, bei der Türkei
- er sagt also: "Es ist ebenso klar, warum die militaristischen
Monarchien vom alten bürokratischen Schlag, warum Preußen-Deutschland,
Österreich-Ungarn und die Türkei" - Ferdinand von
Bulgarien paßt sehr gut zu dieser Dreizahl - "dem Nationalitätenprinzip
widerstreben und den Staat über die Nationalität stellen"
- naše republika - "und aus diesem ihren engen Etatismus"
- "náš stát" - "den Grundsatz
ableiten, die Verbündeten hätten kein Recht, sich in
die Angelegenheiten ihres Staates einzumischen. Die Selbstbestimmung
der Nationen kann allerdings nicht verwirklicht werden, solange
dieser pharisäische Grundsatz Geltung haben wird." Ja,
wenn wir also auf dem pharisäischen Standpunkt der Èechen
fortwährend sitzen und das ganze Problem eine innere
Angelegenheit des Staates nennen, in die niemand hineinzureden
hat - sie sind die "Vìtšina" und die Deutschen
sind die Minderheit - dann kann man allerdings nicht mit ihnen
über ein vernünftiges Zusammenleben reden und die Deutschen,
die sich diesen Standpunkt zu eigen machten,
sind Verräter an der eigenen Nation.
Es dauert niemals etwas ewig auf der Welt.
Ich will Ihnen nur eine ganz kurze historische Reminiszenz geben.
ich glaube nicht, daß 15 Jahre seit 1918 vergehen werden,
ohne daß in Europa eine Neuregelung der Verhältnisse
eintreten würde. Im Jahre 1813 mußte sich Napoleon
geschlagen bekennen, der größte Feldherr, vielleicht
der größte Staatsmann, den Europa hervorgebracht hat,
er mußte sich geschlagen bekennen, weil eine Koalition sämtlicher
Mächte gegen ihn aufgestanden war, weil sein Volk nicht mehr
mittat, weil sich im Walde von Compiegne 60.000 Deserteure um
Paris herumtrieben, die nicht mehr einrückten, weil die Franzosen
den Kriegsatt hatten, genau so wie das deutsche Volk den Krieg
gegen 28 Staaten nicht mehr fortsetzen konnte, weil es im Hinterland
an Lebensmitteln mangelte, weil einfach das Volk den Kriegsatt
hatte und nicht mehr mitwollte. Dam als wurde die Heilige Allianz
gegründet, Friede für ewige Zeiten verkündet, Abgrenzungder
Staaten, die Völker müssen ruhig sein, der status quo
bleibt erhalten. Und wie lange hat es gedauert? Im Jahre 1830
sehen wir schon Revolution und Bewegung überall. Da wird
in Frankreich das Königtum gestürzt und die Welle pflanzt
sich fort und bringt Veränderungen auf den Halbinseln im
Süden und zum Teile in Deutschland; dann kam eine Pause wieder
bis 1848, neue Unruhe tritt auf in ganz Europa und wenn es glücklichere
Führer gewesen wären, hätten schon damals andere
Zustände in Europa geschaffen werden können. Dann trat
eine Pause von 15, 17 Jahren ein, bis zu den Jahren 1864, 1866,
1871, bis zu den großen deutschen Kriegen, die die Einigung
des deutschen Volkes, soweit das Deutsche Reich, so weit Rumpfdeutschland
in Betracht kam, herbeiführten. Bismarcks Kunst allein war
es zuzuschreiben, daß dann eine lange Periode des Friedens
herrschte, aber wie Masaryk ganz richtig bemerkt: Die Elsaß-Lothringer
haben 50 Jahre beim Deutschen Reich aushalten müssen und
haben trotzdem nicht an ihre Selbständigkeit vergessen. Glauben
Sie, wenn dieser Staat 50 Jahre besteht, werden wir auf unsere
nationale Selbständigkeit vergessen? Das können Sie
nicht glauben, da müßten wir ja rückständiger
sein, als sarmatische Völker im Osten.
Nun, wir werden dieses Jubiläum des 10jährigen
Bestandes der Republik natürlich nicht mitfeiern, man wird
uns das auch nicht übel nehmen, nachdem man ja sagt, es ist
nicht unser Staat, sondern "náš stát".
Wir wissen, daß nichts ewig dauert auf Erden. Wir glauben
an den Sieg der Gerechtigkeit und des Rechtes, wie es Masaryk
getan hat und wir glauben auch, daß wir es noch erleben
werden, daß Recht und Gerechtigkeit siegen werden. Trotz
und gegen alle Gewalt und Unvernunft. (Potlesk poslancù
nìm. strany národní.)
Meine Herren, ich habe mich so wie Koll. Dr Schollich als Proredner eintragen lassen, weil auch ich dafür bin, daß diese Verwaltungsreform überhaupt nie in Wirksamkeit treten möge, daß ihre Durchführung nicht nur bis zum 1. Dezember, sondern ad calendas graecas aufgeschoben werde. In diesem Wunsche begegnen wir uns sowohl mit den übrigen oppositionellen Parteien als auch mit sehr vielen Anhängern der deutschen und èechischen Regierungsparteien. Ich verrate ein offenes Geheimnis, wenn ich feststellte, daß z. B. auf èechischer Seite die Agrarier keineswegs geschlossen für ein baldiges Inkrafttreten dieses Gesetzes sind, daß viel
mehr zahlreiche Bezirks- und Landesgrößen
in Böhmen mit einer Palastrevolution drohen, wenn dieses
Gesetz nicht nach ihren Wünschen abgeändert wird. Gerade
die kleinen Landwirte haben das größte Interesse daran,
daß die bisherigen Bezirkssprengel bestehen bleiben u. zw.
mit nichtbeamteten Bezirksvorstehern an der Spitze, weil nur so
eine durchgreifende Verwaltungstätigkeit möglich ist.
Denn wo das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerung
eines Gebietes mangelt, kann von einem Aufblühen des Gemeinwesens
in. nerhalb des Verwaltungssprengels keine Rede sein. Das wissen
am besten jene, die schon jahrelang in der Selbstverwaltung tätig
sind, wissen jene, die mit ihren freigewählten Beamten zusammen
draußen in den Bezirken arbeiten, mit Beamten von gleichem
Holz wie die Laien, die nun auf Grund dieses neuen Verwaltungsreformgesetzes
alle trotz ihrer zumeist musterhaften Arbeit verdrängt werden
sollen. Ist es da ein Wunder, wenn die Bevölkerung, wenn
die tüchtigen Arbeiter in den Bezirks- und Landesverwaltungen
ohne Rücksicht auf ihre Parteistellung gegen die Preisgabe
des Rechtes der Bevölkerung, ihre Angelegenheiten selbst
zu verwalten, nach eigenem freien Ermessen zu handeln, sturmlaufen?
Auch auf deutscher Seite gährt und brodelt es ganz bedenklich,
namentlich im Bunde der Landwirte, dessen Reichsparteiobmann Peterle,
der selbst Bezirksobmann ist, wie schon Koll. Schollich
ausgeführt hat, bekanntlich am 19. Mai in Trautenau in der
Hauptversammlung der deutschen Selbstverwaltungskörper den
Bericht über die Auflösung der autonomen Bezirksvertretungen
erstattet hat, aus dem ich noch einige bezeichnende Stellen hervorheben
möchte, trotzdem Koll. Schollich schon eine vorgelesen
hat, um nachzuweisen, daß die Zufriedenheit mit diesem von
Zierhut, Windirsch und Gen. so gepriesenen Werk
der Verwaltungsreform selbst in den maßgebenden Kreisen
des Bundes der Landwirte nicht allzugroß ist. Peterle sagte
damals nach dem Berichte der Verbandsnachrichten u. a. folgendes
wörtlich: "Die Verwaltungsreform hat den Zweck, die
bisherige Selbstverwaltung in Land und Bezirk durch staatliche
Verwaltung unter Mitwirkung teils gewählter, teils ernannter
Vertreter der Bevölkerung zu ersetzen." Also, von einem
sogenannten Ausbau der Selbstverwaltung ist keine Rede mehr, obwohl
die Herren ja immer behaupteten, es wäre der größte
Fortschritt dieser Verwaltungsreform, daß eben eine neue
Art Selbstverwaltung ins Leben gerufen werden soll, bei der die
Bevölkerung an den Entscheidungen der Behörde mitwirken
kann. Peterle jedoch vertritt den Standpunkt, daß eine rein
staatliche Verwaltung an die Stelle der Selbstverwaltung treten
wird. Er sagt weiter: "Staatsbeamte, die bisher nie etwas
mit wirtschaftlicher Verwaltung zu tun hatten, werden nun Verfügungen
von wirtschaftlicher und finanzieller Tragweite zu treffen haben.
Es ist sehr zu befürchten, daß es zu Mißgriffen,
zu schwerwiegenden Unterlassungen und zur Schädigung der
Landes- und Bezirksinteressen kommen muß." Das haben
die Herren früher nie zugeben wollen, wir aber haben das
vom Anfang immer wieder behauptet, man hat uns als Pessimisten
und Lügner hingestellt. Nun hat es der Reichsparteiobmann
Peterle in Trautenau selbst so gesagt. "Der Verband der deutschen
Selbstverwaltungskörper hat sich im Jahre 1927", so
sagt er weiter, "bei der ursprünglichen Vorlage des
Gesetzes über die Reform der politischen Verwaltung grundsätzlich
für die Aufrechterhaltung der reinen Selbstverwaltung im
Bezirk und Land ausgesprochen. Dieser Forderung entspricht das
Gesetz, das am 1. Juli 1928 in Wirksamkeit treten soll, hicht"
- eine Feststellung, die gewiß sehr interessant ist. Trotzdem
aber haben die parlamentarischen Vertreter des Bundes der Landwirte
dieses Kind aus der Taufe gehoben. Die Vertretungskörper,
die den Bezirkshauptleuten beigegeben werden sollen, sind in vieler
Beziehung nichts anderes als Beiräte zur Täuschung der
Bevölkerung über die nackte Beamtenherrschaft und deshalb
gelten wohl die Worte Peterles über die Beiräte im Allgemeinen
auch für alle diese Körperschaften. Peterle sagte diesbezüglich:
"In der schwierigen Wirtschaftslage, in der sich die Bezirke
befinden, würde es den Beiräten schwer fallen, die Verantwortung
für die gegen ihren Rat etwa getroffenen Verfügungen
des Bezirkshauptmannes in der Öffentlichkeit zu tragen, denn
sie können ja nur raten, aber nicht bestimmen." (Výkøiky:
Jetzt weiß mans!) Jawohl, früher
hat man uns keinen Glauben geschenkt. "Der Bezirkshauptmann
ist an ihren Rat nicht gebunden, in den Augen der Bevölkerung
würden sie aber für das, was selbst gegen ihren Rat
geschieht, mit verantwortlich sein. Denn schließlich gehen
die Fehlgriffe des Bezirkshauptmannes nicht an ihm sondern am
Bezirke selbst und seinen Bewohnern aus." Damit wird zugegeben,
daß tatsächlich diejenigen, die diesen Vertretungskörperschaften
angehören, nur die Mauer abgeben werden, um den Bezirkshauptmann
nach Außen zu decken. In Wahrheit wird er machen, was er
will, die Körperschaft aber wird gegenüber der Bevölkerung
die gesamte Verantwortung für all das, was von der Bürokratie
angeordnet wird, zu tragen haben. "Einen Einfluß der
künftigen Landes- und Bezirksvertretung auf die hoheitliche
Verwaltung kennt das Gesetz über die Verwaltungsreform überhaupt
nicht," sagt er weiter. "Was darüber hie und da
in der Öffentlichkeit geredet wird, ist unrichtig."
Das hat schon Koll. Schollich hervorgehoben. "Es muß
deshalb verlangt werden", sagt er weiter, "daß
mit größter Beschleunigung die Verwaltungsgerichtsbarkeit
bei den Bezirks- und Landesämtern eingeführt und das
bezügliche Gesetz geschaffen wird, damit die Entscheidungs-
und Verfügungsmacht der politischen Behörden wenigstens
einigermaßen unter Mitwirkung und Kontrolle der Bevölkerung
ausgeübt wird." (Posl. Matzner: Aus dem Peterle wird
noch ein Peter werden!) Ja, aber gerade was er hier verlangt,
nämlich eine Kontrolle der Verwaltung durch die ordentlichen
Verwaltungsgerichte bei den Bezirken und Ländern und als
Krönung durch das Oberste Verwaltungsgericht, gerade das
will der Herr Innenminister Èerný
nicht haben, es fällt ihm gar nicht ein, die Vorlage einzubringen,
die naturnotwendig kommen müßte, bevor noch dieses
Gesetz in Kraft treten wird, nämlich die Vorlage über
die Errichtung von Bezirks- und Landesverwaltungsgerichten. Sie
wurde auf den St. Nimmerleinstag vertagt, man will einfach eine
möglichst kontrollose Verwaltung haben und auch die Unterpaschas
werden sich wohler fühlen, wenn sie nicht gewärtigen
müssen, daß gegen ihre Entscheidungen bei einem Verwaltungsgericht
in Bezirk oder Land Stellung genommen werden kann. Das ist ein
frommer Wunsch, der aber selbstverständlich nicht in Erfüllung
gehen wird. Nun sagt Peterle weiter: "Hinsichtlich der Verschiebung
des in Krafttretens der Verwaltungsreform dürfte wahrscheinlich
auch die Erlassung der Geschäftsordnung für die Bezirks-
und Landesvertretungen verzögert werden. Es dürfte dies
der Regierung um so mehr gelegen sein, als die Geschäftsordnungen
bekanntlich auch den Sprachengebrauch dieser Körperschaften
und im Verkehr mit ihnen zu regeln haben werden. Nun hat aber
das bekannte Verwaltungsgerichtserkenntnis vom 27. März 1928
im Sprachenstritte Eger-Pilsen den Selbstverwaltungsverbänden
das sprachliche Selbstbestimmungsrecht im Rahmen des Gesetzes
zugesprochen und Eingriffe der Verordnungsgewalt in dieses Recht
als verfassungswidrig gerügt." Jetzt fragt er: "Soll
es etwa dem Bezirkshauptmanne überlassen werden, die Geschäftssprache
des Bezirkes zu bestimmen? Dem müßte schärfstens
widersprochen werden. Es muß vielmehr", sagt er weiter,
"verlangt werden, daß die bisherige Geschäftssprache
der autonomen Bezirke u. zw. auch im Bereiche zur Aufhebung und
Vereinigung miteinander bestimmter Bezirke beibehalten werden."
Ich frage: Wo sind die Sicherungen dafür? Im Gesetze ist
dar über gar nichts zu finden. Einerseits werden Geschäftsordnungen
von der Regierung nach dem Gesetze erlassen und sie können
nur mit deren Genehmigung abgeändert werden. Andernteils
aber werden alle Akten bei den politischen Behörden, also
auch bei den künftigen Bezirks- und Landesverwaltungen, in
der Staatssprache geführt, sodaß auch schon deshalb
für die meisten deutschen Vertreter irgend eine wirkliche
Mitarbeit, die Nachprüfung der Geschäftsakten oder Übernahme
eines Referats, das Studium der Akten usw., unmöglich gemacht
wird. Mithin ist es ihnen schon deshalb auch ohne Geschäftsordnung
von vornherein ganz und gar unmöglich, sich wirklich in diesen
Bezirksvertretungen aktiv so zu betätigen, wie es die Interessen
der deutschen Bevölkerung in unseren rein deutschen Bezirken
verlange; denn darauf ist bisher noch nicht aufmerksam gemacht
worden, darauf hat man aber unsere Bevölkerung hinzuweisen,
daß sie es mit rein èechischen Akten in diesen Bezirks-
und Landesvertretungen zu tun haben wird, und
die meisten werden damit gar nichts anzufangen wissen. Nun fährt
Peterle fort: "Jene Vertretungsbezirke, die nicht Sitz eines
Bezirksamtes sein werden, werden aufgelassen und mit dem Bezirke,
in dem der Sitz des Bezirksamtes sein wird, vereinigt werden.
Es ist klar, daß die Auflassung so vieler Vertretungsbezirke
für diese und die Standorte ihrer Verwaltung eine große
Schädigung bedeutet. Es muß deshalb verlangt werden,
daß diesen Bezirksstädten in Zukunft nicht auch noch
andere Ämter, Steuerämter, Bezirksgerichte usw. entzogen
werden." Wer garantiert dafür, daß sie nicht entzogen
werden? "Ferner dürfen künftig Neuumschreibungen
der Bezirksamtssprengel und Vertretungsbezirke nicht zur Schädigung
der deutschen Volksinteressen und nicht zu Verschiebungen in sprachenrechtlicher
Beziehung mißbraucht werden." Wie das die Bündler
verhindern wollen, ist ein Rätsel, nachdem sie für dieses
Gesetz gestimmt und der Regierung jede Ermächtigung erteilt
haben, die Sprengel jederzeit nach freiem Ermessen ohne Befragen
des Parlamentes oder anderer Körperschaften zu ändern.
(Rùzné výkøiky na levici.)
"Zur Verwaltung der Einrichtungen
der aufzulassenden Vertretungsbezirke können Bezirkskommissionen
bestellt werden, denen freilich jede Entscheidungs- und Verfügungsmacht
und jede finanzielle Grundlage fehlt." Auch das ist eine
sehr herbe Kritik, daß man Kommissionen errichtet hat, die
von vornherein keine Entscheidungs- und Verfügungsmacht haben,
denen jede finanzielle Grundlage fehlt. Selbst diese armseligen
Gebilde, die da in den Vertretungsbezirken geschaffen werden sollen,
können aber doch jederzeit wieder aufgelassen werden und
ob sie überhaupt überall zur Errichtung kommen werden,
ist noch sehr zweifelhaft. "Es ist geplant", so sagt
er weiter, "die Bezirksämter und die autonome Bezirksverwaltung
nicht nur räumlich, sondern auch in geschäftstechnischer
Beziehung zu vereinigen, also von den gleichen Beamten besorgen
zu lassen". Darin liegt ja das Wesen der Reform, das Doppelgeleise
zu beseitigen. Nun protestiert er dagegen und sagt: "Davor
kann nicht ernst genug gewarnt werden. Ein solcher Vorgang könnte
leicht zur schwersten Schädigung der autonomen Bezirksverwaltung
führen. Grundsätzlich sollen die Geschäfte des
Bezirksamtes getrennt von jenen der autonomen Bezirksverwaltungen
geführt werden." Er behauptet also, daß es möglich
wäre, auch nach dieser Verwaltungsreform noch getrennte autonome
und staatliche Verwaltungen beizubehalten und sagt: "Bei
der Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse der Bezirksvertretungen
und Bezirksausschüsse soll den Mitgliedern dieser Körperschaften
die Möglichkeit der Mitwirkung ihrer Vertrauensmänner
geboten werden." Das, was er hier hinsichtlich der Bezirke
sagt, gilt selbstverständlich auch für die Landesverwaltungen.
Nun beschwert er sich darüber, daß den Gemeinden hier
aufgetragen wird, nicht nur Räume für die Bezirke beizustellen,
sondern daß es eine ganze Reihe von Bezirkshauptmannschaften
gibt, die schon jetzt, bevor dieses Gesetz überhaupt noch
in Kraft getreten ist, verlangen, daß auch die Einrichtung
von den Gemeinden beigestellt werde und daß auch Wohnungen
für die Beamten und Angestellten der Bezirksämter beschafft
werden. Ich selbst kann das bestätigen. Auch bei uns in Schlesien
ist es vorgekommen, daß man von den Gemeinden verlangt hat,
sie mögen jetzt schon, das war im Mai, die Räumlichkeiten
nicht nur für die neuen Bezirksverwaltungen, sondern auch
die Einrichtung dafür und die Wohnungen für die neu
ankommenden Beamten, bis zu 20 an der Zahl, sicherstellen. Als
man fragte, von welch em Zeitpunkt etwa an, ob vom 1. Juli, vom
1. Dezember oder 1. Jänner, da hat man mit den Achseln gezuckt
und erklärt, die Gemeinden müssen sich erst beim Ministerium
erkundigen, zu welcher Zeit die Reform in Kraft treten wird, sie
wissen es eben selbst noch nicht. Nun kann man doch nicht einen
Mietvertrag abschließen, ohne einen bestimmten Termin für
das Inkrafttreten der Miete zu haben. Mithin ist alles unterblieben.
In dieser Hinsicht erklärte Peterle: "Wir verlangen,
daß dort, wo geeignete Gebäude des Bezirkes für
die Unterbringung der Bezirksämter vorhanden sind, diese
Gebäude in erster Linie mit Ausschluß jeder Verpflichtung
der Standortgemeinden zur Unterbringung der Bezirksämter
verwendet werden. Wo für diesen Zweck geeignete Gebäude
des Bezirkes nicht verfügbar sind, sind den Gemeinden zwei
Drittel des Aufwandes für die Beistellung der Räume
aus Staatsmitteln zu vergüten. Während es im Gesetze
heißt, es kann vergütet werden. Die innere Einrichtung
der Räume hat ausschließlich zu Lasten des Staates,
bezw., soweit die Räume für die Bezirksvertretung und
dem Bezirksausschuß dienen, zu Lasten des Vertretungsbezirkes
zu gehen. Alle übertriebenen und im Gesetze nicht begründeten
Anforderungen an die Gemeinden hinsichtlich der Beistellung von
Räumen haben zu unterblieben." Das sind die Forderungen,
die er hinsichtlich der Durchfführung der Verwaltungsreform
jetzt schon stellt, bevor also das Gesetz noch in Kraft getreten
ist.
Schon jetzt haben also nach den Äußerungen
des Herrn Peterle die Gemeinden zu fühlen bekommen, in welcher
Weise sie durch die Beamtenschaft drangsaliert werden und was
sie erst zu erwarten haben an Drangsalierungen, wenn eine der
Bevölkerung gegenüber unverantwortliche Beamtenschaft
auf sie losgelassen wird. (Posl. inž. Kallina:
Werden alle diese Forderungen befriedigt durch die Novelle, die
in Verhandlung steht?) Davon kann keine
Rede sein. Das ganze Gesetz bleibt so wie es ist, ohne daß
auch nur ein Jota daran geändert wird. Nur soll es eben in
einem etwas späteren Zeitpunkt in Kraft treten. (Posl.
dr Lehnert: Peterle hätte doch mit den agrarischen Abgeordneten
sprechen können!) Er als Parteiobmann müßte
bei seinem Klub einen entsprechenden Einfluß haben und sagen,
so geht es nicht weiter. Aber die Herren wollen davon nichts hören.
So wenig wie sie von uns etwas anhören wollen, so wenig sind
sie Kritiken aus ihren eigenen Reihen zugänglich und sei
es auch der Reichsparteiobmann, der tatsächlich vor einem
Forum, das wirklich ganz öffentlich und feierlich war, bei
der Hauptversammlung der deutschen Selbstverwaltungskörper,
diese schweren Anklagen gegen die eigenen Parteigenossen losgelassen
hat. Sie waren jedenfalls nicht an die richtige Adresse gerichtet.
Es wäre besser, das in camera caritatis den eigenen Leuten
vorzuhalten. (Posl. dr Lehnert: Mit dem Windirsch reden!) Der
hat taube Ohren für derartige Vorstellungen. Aber schon dieser
kleine Vorgeschmack, den man den Gemeinden und Bezirken gegeben
hat, hat genügt, selbst in führenden Kreisen des Bundes
der Landwirte starke Zweifel darüber aufkommen zu lassen,
ob die segensreichen Wirkungen der Verwaltungsreform für
unsere Heimat wirklich vertreten werden, von denen Herr Vizepräsident
Zierhut so schön sprechen kann. Von segensreichen
Wirkungen hat er schon gesprochen, als die Verwaltungsreform im
Ausschuß verhandelt wurde. Er hat damals erklärt, wir
sollen warten, diese segensreichen Wirkungen werden sich bestimmt
für unsere Heimat einstellen. Wir in Schlesien haben bisher
allerdings von diesen segensreichen Wirkungen noch nichts zu spüren
bekommen. Wir haben bis jetzt nichts als eine unverantwortliche
Beunruhigung wegen der Vorbereitungen zur Übersiedlung unserer
Landesämter nach Brünn zu spüren bekommen, unverantwortlich
aus persönlichen und sachlichen Gründen, die hier schon
erörtert worden sind. Aber noch nicht besprochen wurde, so
viel ich weiß, der Verwaltungswirrwarr, der aus dem neuen
Doppelgebilde Mähren-Schlesien deshalb entstehen muß,
weil zweierlei Gesetze, Erlässe und Verordnungen gehandhabt
werden müssen, nämlich mährische im alten mährischen
Teil und schlesische im ehemaligen Schlesien. Das ist überhaupt
auch so ein Verwaltungsunikum. (Posl. Horpynka: Wir
haben ja überhaupt keine Erlässe!) Entschuldige,
wir haben für die verschiedenen Gebiete ganz grundlegend
verschiedene Gesetze und Verordnungen, Erlässe usw., Landtagsbeschlüsse.
die alle in Kraft bleiben und diese Brünner Zentralstelle
würde also in jedem einzelnen Falle zuerst genau untersuchen
und feststellen müssen, wo die in Behandlung stehende Sache
ihren Ursprung hat, um zu beurteilen, welche Vorschriften- oder
Bestimmungen gerade für diesen einzelnen Fall Anwendung zu
finden haben. (Posl. Horpynka: Fragt in Brünn beim Polizeipräsidium
nach!) Möglich, daß in diesem Polizeistaat das
als einfachste Art der Regelung angenommen wird, weil ja die Polizei
schließlich alles wissen muß. Das gilt für den
größten Teil der Fälle, mit denen sich das Land
überhaupt zu beschäftigen hat. Auf dem Gebiete der Landeskultur-,
des Jagd-, Forst-, Fischereirechtes, Wasserrechtes, auf dem Gebiete
der Gemeindeordnungen, die doch ganz verschieden sind in Mähren
und Schlesien, auf dem Gebiete der Bezirksstraßenverwaltungen
haben wir andere Landesgesetze als in Mähren. Vernünftigerweise
müßte man zuerst die materielle Grundlage der Verwaltung
auf einen Nenner bringen und dann erst das Formale. Hier macht
man es umgekehrt: das materielle Recht bleibt verschieden für
Mähren und Schlesien, die formelle Grundlage wird aber einheitlich
gemacht und ein einheitliches Landesverwaltungsgebiet geschaffen.
Der Zweck der Verwaltungsreform ist doch, angeblich Doppelarbeiten
hintanzuhalten, nicht aber neue einzuführen, wie das jetzt
geschieht, indem man die Brünner Landesverwaltung zwingt,
zweierlei grundverschiedene Landesrechte zu handhaben. Stellen
Sie sich vor, welches Kunterbund dabei herauskommen wird!