Ètvrtek 14. èervna 1928

2. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 15 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung, wenn auch ich nicht zur Sache spreche, sondern vielmehr zur Verwaltungsreform. Es ist nicht mein Verschulden, daß dieses Thema nicht auf der Tagesordnung zu finden ist, obwohl hiefür eine gesetzliche Verpflichtung besteht, denn nach Art. 10, Abs. 6 des Gesetzes Nr. 125 ex 1927 über die Organisation der politischen Verwaltung ist die Regierung verpflichtet, wie es dort wörtlich heißt, die Verordnung über das Verwaltungsverfahren beiden Häusern der Nationalversammlung binnen 4 Wochen nach ihrer nächsten Sitzung zur Genehmigung vorzu legen. Nun ist diese Verordnung bereits am 13. Jänner dieses Jahres erschienen und unter Nr. 8 S. d. G. u. V. vom 19. Jänner 1928 verlautbart worden. Es sind also fünfmal vier Wochen verstrichen, ohne daß bisher etwas von der Vorlage dieser Verordnung an das Parlament bekannt geworden wäre. Meinem Dafürhalten nach hätte sich zumindest der verfassungsrechtliche Auschuß schon längst mit der Sache beschäftigen sollen und auch genug Grund gehabt, die Verweigerung der Genehmigung hier im Parlament zu beantragen.

Es ist heute nicht am Platze, die schwerwiegenden Bedenken aufzuzählen, die gegen viele Bestimmungen der Verordnung mit ihren 137 Paragraphen erhoben werden können. Vorläufig liegt mir nur daran, festzustellen, daß diese Regierungsverordnung, wie es dort zum Schlusse heißt, am 1. Juli, also in 14 Tagen, in Kraft treten soll und daß uns trotz der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bis heute noch nicht ermöglicht wurde, hiezu überhaupt Stellung zu nehmen. Ich frage das hohe Präsidium, was die Ursache für diese Verzögerung ist und warum bei der Fülle an Stoffmangel, unter dem wir doch angeblich leiden, nicht schon längst diese Verordnung wenigstens als Lückenbüßer hier in Verhandlung gezogen wurde. Im Senat hat man jüngst zwei alte Verordnungen ausgegraben, darunter eine gleichfalls vom Beginn dieses Jahres, und man hat sie nachträglich zur Genehmigung vorgelegt. Auch diese Verordnungen, die den Senat schon beschäftigt haben und die das Hultschiner Gebiet betreffen, sind bis heute hier im Abgeordnetenhause nicht vorgelegt worden, trotzdem sie gewiß einschneidende Veränderungen in der Verwaltung des Hultschiner Ländchens beinhalten. Post festum erst dürfen wir hier Stellung nehmen und Ja und Amen dazu sagen. Wirkt das nicht wie eine Verhöhnung des Parlaments, wenn abgewartet wird, bis derartige Verordnungen, deren parlamentarische Verhandlung gesetzlich vorgeschrieben ist, bereits längst durchgeführt sind, oder die gar am Ende schon außer Kraft gesetzt wurden, wie dies zum Beispiel bei einer Hultschiner Verordnung bereits der Fall war? Bezüglich des Verwaltungsverfahrens trifft das allerdings noch nicht zu; aber was nicht ist, kann noch werden.

Vielleicht wird mir eingewendet werden, daß man das Verwaltungsverfahren und das Verwaltungsstrafrecht, also das Verwaltungsstrafgesetz und das Verwaltungsstrafverfahren, wofür ja ein Gesetzentwurf vorliegt, unmittelbar miteinander oder nacheinander in Beratung ziehen könne. Das wäre gewiß verständlich, ändert aber nichts an der Ungehörigkeit des Hinausschiebens der pflichtgemäßen Vorlage. Man hat unnütz Zeit vertrödelt und vergeudet, weil die führerlose Koalition sich über die wichtigsten Dinge nicht einigen konnte, und jetzt wird alles Mögliche und Unmögliche nach der bewährten Methode im Eilzugstempo oder besser, moderner ausgedrückt, im Raketenflugzeugstempo bis zu den Sommerferien erledigt werden. Liegt darin nicht ein System, um das Parlament in den Augen der Öffentlichkeit verächtlich zu machen, es in den Hintergrund zu drängen und überhaupt auszuschalten? Soll auf diese Weise etwa die absolutistische Beamtenherrschaft vorbereitet werden, wie sie ja offenbar das Ideal der Väter der Verwaltungsreform ist? Schon daß man überhaupt daran gedacht und ernstlich erwogen hat, diese Verwaltungsreform in Kraft zu setzen, ohne vorher die Wahlen für jene Körperschaften durchzuführen, die im Gesetz doch angeblich zur Kontrolle der Verwaltung vorgesehen sind, schon das zeigt, von einem solchen Tiefstand demokratisch-parlamentarischen Empfindens und Gefühls der Koalitionsparteien, daß man diesen Herrschaften auf reaktionärem Gebiete alles zutrauen darf. Zwar vermeinen sie, sich auf die gesetzlichen Bestimmungen der Verwaltungsreform beziehen und berufen zu können, wo es heißt, daß solange die neuen Landes- und Bezirksvertretüngen und deren Ausschüsse nicht gebildet sind, die ihnen zustehenden Rechte von dem Landespräsidenten und hinsichtlich der Bezirke von den Bezirkshauptleuten wahrgenommen und ausgeführt werden. Aber gerade in dieser gesetzlichen Bestimmung liegt ja schon eigentlich die gröbste Verletzung aller demokratischen Grundsätze, um so mehr, als dadurch auch die Autonomie der Landesverwaltungen, ja selbst der ernannten Bezirks- und Landesverwaltungskommissionen von jeder Mitarbeit ausgeschaltet ist. Will man denn die ganze Verwaltung ohne weiteres einer Beamtenclique in Pacht geben und weiß man nicht, daß derjenige der Herr des Staates ist, der die Verwaltung fest in seinen Händen hat?

In einer gestern erteilten Interpellationsbeantwortung hat mir der Herr Minister des Innern bestätigt, daß jene verfassungsrechtliche Bestimmung noch immer in Kraft ist, wonach das Volk die einzige Quelle aller Macht im Staate darstellt. Das ist ausdrücklich auch in dieser Interpellationsbeantwortung wieder hervorgehoben, weil man sonst wahrscheinlich längst nicht mehr hätte glauben dürfen und können, daß dieser grundlegende Satz der Verfassung überhaupt noch Geltung hat. Wie reimt sich aber damit, wie reimt sich mit diesem höchsten Gesetz der Republik die Absicht, eine reine Beamtenherrschaft in der Verwaltung aufzurichten? Caveant consules, ne quid detrimenti res publica capiat. Aber wichtiger als die Verfassung und als die Volkssouveränität ist den Herren der Koalition jedenfalls der Kuhhandel um die verschiedenen Aemter und Pfründen, die bei der Neuordnung der Dinge zu vergeben sein werden. Darauf allein konzentriert sich ihre ganze Aufmerksamkeit, mag dabei aus der Republik auch ein Polizeistaat werden, das ist ihnen ganz gleichgültig. Die brave Bürgerschaft versucht man inzwischen im Zeichen des 10jährigen Stiftungsfestes mit der politischen Schlafkrankheit zu durchsuchen, damit sie nicht merkt, wie mit ihr Schindluder getrieben wird.

Auch hier im Parlamente täuscht man ja nur einen betrieb vor und schlägt mit verschiedenen Nichtigkeiten die Zeit tot, die dringend notwendig wäre, um wichtige Probleme zu erledigen, die einer Lösung harren. Man geht wie die Katze um den heißen Brei herum und will sich offenbar die Pfoten nicht mit derartig wichtigen Dingen verbrennen. Dazu gehört aber nicht nur die Novellierung der Sozialversicherung, sondern auch die Novellierung der Verwaltungsreform und die der Finanzreform für die Selbstverwaltungsverbände, über die ja mein Vorredner gesprochen hat.

Er hat schon darauf hingewiesen, wie unsere Gemeinden und Bezirke dahinsiechen infolge dieses famosen Finanzgesetzes für die Selbstverwaltung. Wir in Schlesien konnten bisher aus der ersten Überweisungsquote für den Ausgleichsfond kaum ein Zehntel des unbedeckten Ausfalles der Gemeinden, und zwar bloß der Gemeinden decken, die nicht einmal ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen können. Die Bezirke gingen in ganz Schlesien bisher überhaupt vollkommen leer aus und nun verfallen die Straßen, so daß schon gerichtliche Beweissicherungsaufnahmen für kommende Schadenersatzklagen wegen Achsenbruches und dergl. stattfanden. Das Land Schlesien verlangt deshalb vom staatlichen Straßenfonds, der ja vom deutschen Arbeitsminister, Herrn Dr. Spina, verwaltet wird, daß uns wenigstens eine sofortige Vorschußzuweisung bewilligt wird, da schließlich mit den Straßenrekonstruktionen und Ausbesserungen doch nicht etwa bis zum Winter gewartet werden kann. Es heißt doch bekanntlich in dem Gesetze, daß alle Subventionen erst im letzten Vierteljahre zugewiesen werden. Davon haben wir natürlich nichts; wenn wir es nicht bald bekommen, so werden die Straßen in einen noch fürchterlicheren Zustand geraten und die Reparaturen werden dann selbstverständlich viel mehr kosten, als jetzt.

Allerdings werden wir mit diesem Vorschuß ja nicht auf die Dauer Abhilfe schaffen. Erst eine ausreichende Zuweisung selbständiger Einnahmsquellen an die Bezirke und Gemeinden kann Wandel schaffen, und dazu gehört eben eine gründliche Änderung des Gesetzes, wie wir sie schon im vorigen Jahre gefordert haben. Herr Minister Dr Engliš hat seinerzeit erklärt, er stehe und falle mit der Finanzreform. Der Augenblick scheint gekommen zu sein, wo mit dem Herzog auch der Mantel fällt, und was für die Finanzreform der Selbstverwaltungen gilt, das muß mutatis mutandis auch einmal hinsichtlich der ganzen Verwaltungsreform eintreten. Auch da brauchen wir eine Reform der Reform oder, sagen wir vielleicht, eine quadrierte oder kubierte Reform, aufgebaut auf dem Grundsatze der Dezentralisation und der Selbstverwaltung. Davon will aber wieder der Herr Minister Èerný nichts wissen, und auch er schwört heute, so wie seinerzeit Finanzminister Dr Engliš hinsichtlich der Selbstverwaltungsfinanzen, Stein und Bein darauf, daß es eine bessere Regelung der Verwaltung überhaupt nicht geben kann.

Nun soll in 14 Tagen dieses Wunderkind auf die Beine gestellt werden und bis heute sind nicht einmal die Sitze der Bezirke definitiv bestimmt, ihre Finanzen sind vollkommen ungeordnet, die Personalfragen sind ungelöst, von einer ordentlichen Geschäftsverteilung ist keine Rede. Es ist geradezu verbrecherisch, mit welcher Leichtfertigkeit die Vorbereitungen getroffen wurden. Wie auf solche Weise der Amtsverkehr erleichtert und beschleunigt werden soll - und das ist ja der Zweck der Verwaltungsreform - wie die Verwaltung auf diese Weise vereinfacht werden soll, das ist mir ein Rätsel. Auf den Eisenbahnen baut man bekanntlich zu diesem Behufe die Doppelgeleise, in der Verwaltung aber reißt man das gutfundierte Geleise der Selbstverwaltung weg und hofft dadurch, den gleichen Erfolg zu erzielen, also eine Vereinfachung, Beschleunigung, Verbesserung des Verkehres. Nun, wer daran glaubt, dem ist nicht zu helfen, und wer von einer Verbilligung der Verwaltung durch die Verstaatlichung träumt, zählt eben zu jenen unverbesserlichen Optimisten, die niemals aussterben. Ich habe, um nur ein Beispiel anzuführen, neulich errechnet, daß die Straßenerhaltung durch den Staat pro Kilometer durchschnittlich fast das Dreifache kostet wie bei der autonomen Verwaltung. Nun so ähnlich wird es wahrscheinlich auch in den anderen Verwaltungszweigen ausschauen und mit den vielgepriesenen Ersparungen würde es somit Essig sein, wenn das Prinzip der jetzigen Verwaltungsreform aufrecht bliebe. Aber die Kosten dieses Experimentes, das von vornherein als grundverfehlt bezeichnet werden muß, werden nicht die Urheber, die Väter dieses Gesetzesmachwerkes, zu tragen haben, sondern, Gottlob, wiederum die geduldigen Steuerträger. Jedenfalls werden diese Kosten nicht geringe sein.

Hunderte von Beamtenfamilien sollen plötzlich übersiedeln. Wir haben namentlich in Schlesien eine ganze Reihe von Umwälzungen zu erwarten, die in erster Linie auch verschiedene Kollegen des Herrn Dr Luschka treffen werden, der Mitglied des Achterausschusses ist und der mit beiden Händen für das Gesetz gestimmt hat. (Posl. Heeger: Dafür kommt er weg und uns bleibt der Adler!) Ganz richtig! Der Adler wird uns verbleiben, das Wappen ist geblieben, alles andere läßt man zugrundegehen. Dr Luschka ist doch selbst Beamter und kann sich doch leicht vorstellen, wie es sein wird, wenn es zu dieser Reform mit 1. Juli kommen sollte. Ganze Familien sollen die Koffer packen und nach Brünn übersiedeln, ob sie dort Wohnung finden, ob sie im Hotel werden wohnen müssen, das weiß kein Mensch, das ist auch ganz gleichgültig. Ob sie verheiratet oder ledig sind, ob es Familien mit vielen Kindern sind, die in die Schulen nach Troppau gehen und die nun plötzlich übersiedeln sollen - man kümmert sich nicht darum, Beamte, Unterbeamte, Diener, alles wird wie Sachen, wie Objekte behandelt. (Posl. Heeger: Weiß man schon, wer Vizepräsident wird?) Das ist von der Koalition der Schleier noch nicht gelüftet worden. Jedenfalls sind bei der ganzen sogenannten Verwaltungsreform private persönliche und Parteivorteile in erster Linie maßgebend, nur die hat man im Auge, für alles andere sind Scheuklappen vorgesehen, und ob da tausende bewährte Bindungen zerrissen werden sollen, ohne Not, ob dabei Beamten und Privatpersonen wirtschaftliche Schädigungen zugefügt werden, das ist ganz gleichgültig. Die Troppauer werden darunter in erster Linie zu leiden haben. Auch die Gleichgültigkeit demgegenüber ist eine Merkwürdigkeit, denn eben dieses genannte Mitglied des politischen Achterausschusses wohnt in Troppau, ist Mitglied der dortigen Gemeindevertretung und müßte wohl in dieser Eigenschaft auch die Interessen der Stadt Troppau wahrnehmen. Aber alles das hat keinen Eindruck gemacht, diese Verwaltungsreform wird durchgeführt und damit basta!

Auch daß die verschiedenen bisherigen Bezirksstädte in Böhmen z. B. einen ungeheuerlichen wirtschaftlichen Nachteil dadurch erleiden müssen, auch das macht keinen Eindruck. Es ist ganz klar vorauszusehen, daß durch die verschiedenen Umstellungen, die in den Beziehungen zwischen Parteien und Behörden stattfinden, eine ganze Menge schwerster Schädigungen hervorkommen werden, daß die Bevölkerung insbesondere in den neuen Bezirken und Ländern das Recht der freien Selbstbestimmung in ihren ureigensten Angelegenheiten verlieren wird, in denen doch niemand so gut Bescheid weiß, wie sie selbst, niemand so gut das Richtige treffen kann wie diejenigen, um deren Wohl und Wehe es sich handelt. Trotzdem aber wird dieses elende Machwerk in die Tat umgesetzt werden, oder wenigstens beabsichtigt man heute noch, bloß daran herumzuflicken, vielleicht eine Verschiebung vorzunehmen, aber nicht gründlich reine zu machen und eine gründliche Novellierung dieses Gesetzes vorzunehmen. Warum geschieht dies? Weil nicht nur der Pater Hlinka und Genossen, sondern vielleicht auch der zukünftige Landespräsident von Mähren-Schlesien von diesem neuzuschaffenden Landesgebilde es so will oder weil seine Frau Gemahlin die Übersiedlung nach dem heißgeliebten Brünn kaum erwarten kann. Man suche nur immer nach dem weiblichen Einfluß und wird schon das Richtige treffen. Bürokraten wie Èerný glauben, alles vom grünen Tisch aus mit papierenen Maßnahmen bewältigen zu können, und übersehen dabei, daß auch in der Verwaltung das Recht nicht gemacht werden kann, sondern gesucht und gefunden werden muß, ähnlich wie man die Gesetze der Mathematik und Logik nicht machen, sondern nur finden kann. Aber trotzdem wird an diesem üblen Gesetzesmachwerk festgehalten.

Ich bin überzeugt davon, daß es auf die Dauer unmöglich von Bestand sein wird, weder die Verwaltungs-, noch die Finanzreform und auch die "Deutsche Presse", das christlichsoziale Hauptorgan, gibt mir in dieser Beziehung schon Recht und sagt im heutigen Leitartikel, der überschrieben ist "Theorie und Praxis" wörtlich Folgendes: "Finanz- und Verwaltungsreform waren vielfach von theoretischen Gesichtspunkten bestimmt". Jetzt auf einmal entdeckt man das. "Die Theorie hält sich an gerade Leitlinien, während die Praxis Umwege geht". Nun fährt dieser Leitartikel fort: "Bei der Durchführung des Gemeindefinanzgesetzes macht sich ein Bürokratismus geltend, der in seiner einseitigen Einstellung keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung nimmt". Also jetzt hat man schon ein wenig Angst vor diesem Bürokratismus, der keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung nimmt. "So ergibt sich heute der unerträgliche Zustand" heißt es in diesem Leitartikel des christlichsozialen Hauptorgans - "daß ein der Verhältnisse unkundiger, von keinem sozialen Gefühl geplagter Beamter auf Grund seiner papierenen Richtlinien über das Wohl und Wehe der Gemeinden und Bezirke entscheidet."

Bitte, was hier bezüglich des Gemeindefinanzgesetzes gesagt wird, gilt selbstverständlich in vielfach erhöhtem Ausmaße für das Verwaltungsreformgesetz; denn dort wird geradezu die Omnipotenz dem betreffenden politischen Beamten in die Hand gelegt, der ja die Verhältnisse nicht kennt, wie es hier heißt, und von keinem sozialen Gefühl geplagt sein wird, der sich bloß an papierene Richtlinien hält und über Wohl und Wehe der Bevölkerung einfach entscheiden wird, wie es ihm paßt. "Wir stehen", heißt es weiter. "wir", die Christlichsozialen, "diesen Verhältnissen machtlos gegenüber." Ein sehr schönes Eingeständnis, von dem machtlos Vis-a-visstehen! (Posl. inž. Jung: Teilnahme an der Machtlosigkeit!) Ja, die Teilnahme an der Machtlosigkeit wird glänzend dokumentiert. Die Begründung ist köstlich: "Weil die durch die Verwaltungsreform zu schaffenden Vertretungskörper noch nicht bestehen". Es wird also sofort besser werden, wenn diese Vertretungskörper, die nur zum Augenauswischen geschaffen werden, ins Leben gerufen sind, "die uns die Möglichkeit geben könnten, auf die politische Verwaltung Einfluß zu nehmen".

So stellt sich das der kleine Moritz vor, daß man tatsächlich dann Einfluß nehmen kann, wenn man zuerst einem Beamten sämtliche Macht in die Hand gibt, neben ihn einen Verwaltungsausschuß einsetzt, der dann angeblich die Möglichkeit haben wird, Einfluß zu nehmen. "Manche Ungerechtigkeit könnte dadurch verhindert werden", meint die "Deutsche Presse", "Ungerechtigkeit, die heute vielfach eine gewisse Erbitterung gegen das Gemeindefinanzgesetz hervorruft." Eine gewisse Erbitterung. Also es ist in diesem Artikel merkwürdigerweise eingestanden, daß man mit diesem Finanzgesetz absolut nicht zufrieden sein kann. Man versucht aber, die Schuld nicht dem Gesetze in die Schuhe zu schieben, sondern der Art der Durchführung dieses Gesetzes. Ich habe erst neulich Gelegenheit gehabt, in Jägerndorf zu hören, daß der Koll. Luschka in einer Versammlung erklärte, wenn die Gemeinden in Schlesien und die Bezirke dort jetzt unter dem neuen Gemeindefinanzgesetz so zu leiden haben, so ist nur der Koll. Dr Koberg schuld; denn der ist Mitglied der Landesverwaltungskommission für Schlesien und hätte die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß eben die deutschen Gemeinden und Bezirke Schlesiens aus dem Dotationsfond entsprechend beteilt werden. Das ist so ein jesuitischer Dreh, den man entsprechend niedriger hängen muß, und man darf sagen, daß ein politischer Verwaltungsbeamter einen solchen Unsinn eigentlich nicht über seine Lippen bringen sollte. Denn er muß wissen, er, der selbst das Gesetz mitgeschaffen hat, als führendes Mitglied der Koalitionsparteien, daß das Gesetz zwingende Normen enthält, die einfach von den Stellen, denen die Verwaltung obliegt, durchzuführen sind. Es ist das also eine bewußte Verdrehung der Tatsachen, mit der erarbeitet, und es ist gewiß nicht sehr rühmlich, wenn man genötigt ist, mit derartigen Mitteln gegen den politischen Gegner anzukämpfen. Das christlichsoziale Hauptorgan muß zugestehen, daß eine Novellierung notwendig ist und sagt: "Wie wir aus parlamentarischen Kreisen der deutschen christlichsozialen Volkspartei erfahren, ist die Partei entschlossen" - man höre! - "auf die Novellierung einzelner Bestimmungen des Gemeindefinanzgesetzes hinzuwirken. Das Gemeindefinanzgesetz trägt am stärksten" heißt es weiter - "den Stempel der Theorie an der Stirn". Das ist wohl ein Hieb auf den Herrn Finanzminister Dr Engliš, dem man immer von dieser Seite als Theoretiker bezeichnet hat. "Wenn wir eine Novellierung einzelner Bestimmungen verlangen, fordern wir noch nicht den Kopf des Gesetzes." Das ist doch merkwürdig ausgedrückt. "Wir verlangen nur eine Angleichung an die Praxis." Das ist ein Quatsch, der nichts weiter verdecken soll als die Notwendigkeit, dieses Gesetz zu novellieren, wie es jetzt auch von christlichsozialer Seite anerkannt wird. Das haben wir vorausgesagt, daß es nicht lange dauern kann, man hat uns damals ausgelacht und immer wieder erklärt, das Gesetz werde sich schon noch segensreich auch für unsere Heimat auswirken, wie es der Herr Zierhut auch von der Verwaltungsreform gesagt hat und wie man jetzt noch in den Koalitionsblättern behauptet. Die "Heimat" hat erst neulich geschrieben, daß es geradezu ein Glück ist, daß dieses Verwaltungsreformgesetz geschaffen wurde. In einem halben Jahr werden wir ja hören, wie die Herren darüber sprechen werden. Sie werden erst dann die Wahrheit einsehen - weil sie scheinbar jetzt zu wenig Verstand haben, um sich theoretisch die Auswirkungen vorstellen zu können - bis sie in der Praxis gemerkt haben, wie sich das Gesetz an ihrem eigenen Leib auswirkt, rücken sie davon ab und deshalb werden sie auch diesmal nicht früher klug werden, als bis sie den Schaden selbst gespürt haben.

Wir haben schon im Vorjahre gesagt, daß sowohl das Gesetz über die Gemeindefinanzen, wie auch das Gesetz über die Verwaltungsreform eine grobe Schädigung der Interessen der gesamten Bevölkerung in diesem Staate ohne Unterschied der Nationalität sind, selbstverständlich in erster Linie auch eine Schädigung der Minderheiten und insbesondere der Deutschen. Aber man hat uns nicht geglaubt, man hat immer gesagt, die Verwaltungsreform werde sich segensreich auswirken, und noch jetzt heißt es in dem zitierten Leitartikel der "Deutschen Presse" von heute: "Die Verwaltungsreform an und für sich bezweckt Ersparungen in der Verwaltung des Staates und durch ihr Hinausschieben wird die Wirkung der Steuerreform nicht unbedingt beeinträchtigt." Man hält also an der Verwaltungsreform noch fest, verlangt, daß sie möglichst bald durchgeführt werde, damit nicht durch das Hinausschieben die Wirkung der Steuerreform bedeutend beeinträchtigt werde. Das ist ein merkwürdiger Standpunkt, der noch ganz bestimmt revidiert werden wird. Als ob die Herren an diese Ersparungen durch die Verwaltungsreform wirklich glauben würden und glauben könnten, wenn sie nur halbwegs bei Verstand wären! Genau so wie früher bei dem Gemeindefinanzengesetz, wo man immer von vielen Ersparungen gesprochen hat, die der Bevölkerung zugute kommen, jetzt schon aber einsieht, daß das, was man auf der einen Seite erspart, selbstverständlich auf der anderen Seite durch Gebühren, Abgaben, Naturalleistungen, also durch die Robot, von der heute schon die Rede war, wieder hereingebracht werden muß. Es ist selbstverständlich, daß die Gemeinden und Bezirke leben müssen, daß sie die notwendigen Gelder zum Leben unter allen Umständen bekommen müssen und daß man auf diesem Wege nichts ersparen kann.

Ähnlich wird es bei der Verwaltungsreform sein. Man braucht das Geld für die Verwaltung, auch wenn man das eine Geleise der Selbstverwaltung wegreißt. Man wird alles dem Moloch Staat in die Hand geben. Es wird aber bald so ausschauen, wie es bei den Staatsbahnen und anderen Betrieben im Staate aussieht: Die Kosten werden nämlich das Dreifache dessen betragen, was sie jetzt in der Verwaltung der autonomen Körperschaften betragen. Es wird also von einer segensreichen Auswirkung des Gesetzes jedenfalls keine Rede sein können, und trotzdem sind biedere Volksvertreter, die von einem organischen Aufbau einer guten Verwaltung, keine Ahnung haben, der Meinung, daß es schon gehen wird, man möge nur abwarten, wie sich die Dinge gestalten werden. Sie lassen sich durch den autoritären Ton der ihnen erteilten Belehrungen von der Güte des neuen ausgeheckten Systems überzeugen, und so kommen derartige Gesetze zustande, wie die über die Finanz- und Verwaltungsreform, und so bringt sich schließlich die Demokratie selbst um. Ein Èerný diktiert, und das Harakiri wird einfach vollzogen. Die Schlesier haben prompt gegen Schlesien, also für seine Umbringung gestimmt, Deutsche für die dauernde Entrechtung Deutscher, ja Vorstandsmitglieder des Verbandes der deutschen Selbstverwaltungskörper haben für die Vernichtung der Selbstverwaltung die Hand erhoben. Alles über höheren Befehl, unter dessen Suggestion man steht.

Auch jetzt, da offenkundig wird, daß weder die Finanzreform für die Selbstverwaltungskörper, noch die Verwaltungsreform irgendwie haltbar sein wird, sucht man sich mit halben Maßnahmen und Galgenfristen fortzufretten, und findet in der Koalition nicht den Mut, gründlich reinen Tisch zu machen. Noch ist es nicht ganz klar, was der politische Achterausschuß ausgeheckt hat. Man hat ja in letzter Zeit es immer so gehalten, daß man den Mantel des Geheimnisses über alles gebreitet hat, was dort ausgebrütet werden soll. Man kann aber schon heute sagen, daß mehr als ein schwächliches Kompromiß nicht herauskommen wird. Noch lange nicht ist die Gefahr einer Beamtenwillkürherrschaft, die im gegenwärtigen Gesetz über die Verwaltungsreform verankert ist, glücklich überwunden, und die hohe Bürokratie ist gerade jetzt wiederum sehr stark daran, eine möglichst kontrollose Verwaltung herbeizuführen.

Das geht schon deutlich daraus hervor, daß man sich einerseits mit der Einrichtung einer verfassungsrechtlich gewährleisteten Verwaltungsgerichtsbarkeit der unteren Instanzen Zeit läßt, andererseits aus dem krampfhaften Bemühen, sogar dem Obersten Verwaltungsgericht den Garaus zu machen. Fundamentum regnorum justitia! Dieser Grundsatz scheint auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes bei den èechoslovakischen Staatsbehörden nicht besonders geliebt zu sein. Sonst müßte es doch als, selbstverständlich erscheinen, daß die Organe der Verwaltung wenigstens die Plenarentscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtes in allen analogen Fällen beachten würden, was bekanntlich leider nicht der Fall ist. Namentlich die sprachenrechtlichen Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtes haben Anlaß dazu geboten, Sturm gegen dieses Oberste Verwaltungsgericht zu laufen. Gelänge es nun wirklich einmal diesen Oberbürokraten, mit Hilfe einer willfährigen Mehrheit den Wirkungskreis des Obersten Verwaltungsgerichtes auch nur einzuengen, dann wäre damit die Èechoslovakische Republik aus der Reihe der zivilisierten Staaten ausgestoßen und weit hinter den letzten Balkanstaat zurückgeworfen. Oder rechnen sich es die èechischen Koalitionsleute und mit ihnen vielleicht auch die Neoslaven vom Schlage eines Windirsch zur Ehre an, in solcher Weise die Führung der Kleinen Entente-Genossen zu besorgen, oder glauben sie, so am leichtesten eine Rechtsangleichung mit den übrigen sogenannten slavischen Nationalstaaten ins Werk zu setzen, von der Minister Hodža jüngst so schwärmte? Ich glaube, es wäre viel gescheiter und auch für die Èechen selbst besser, eine nachbarliche Annäherung an die Rechts- und Verwaltungsverhältnisse des Deutschen Reiches zu suchen, statt in südosteuropäische Balkanmethoden zurückzufallen. Die Èechen als westlichste Slaven haben alle Ursache, die vielgeschmähte deutsche Selbstverwaltung wieder an ihren alten angestammten Platz zu setzen. Nur durch die freie Selbstverwaltung und ihren Geist kann der scheindemokratische Absolutismus, der in dieser reaktionären Verwaltungsreform versteckt ist, einmal völlig überwunden werden.

Das scheint auch die Ansicht des Herrn Staatspräsidenten zu sein, der nach Zeitungsmitteilungen gestern in Trebitsch in Mähren auf eine Begrüßungsansprache als Antwort folgendes sagte: "Ich bin ein Freund der Selbstverwaltung; durch die Selbstverwaltung wird die Demokratie vervollkommnet und insbesondere können durch eine entsprechende Regelung" - also entsprechende Regelung! - "der Selbstverwaltung alle Minderheitsprobleme gelöst werden. Durch die Selbstverwaltung nehmen die Bürger an der staatlichen Administrative teil," sagte Präsident Masaryk. "Es liegt an der Bevölkerung," meinte er, "daß sie sich durch ihre politische Reife und politische Bildung erfolgreich an der Staatsverwaltung beteiligen kann. Es versteht sich von selbst, daß die Vorbedingung der Selbstverwaltung die Loyalität zur Republik bildet" usw.


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