Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren!
(Hluk.) Wir waren jetzt Zuhörer... (Hluk
trvá.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid. (Hluk trvá. Výkøiky poslancù
èsl. strany soc. demokratické a strany komunistické.)
Prosím o klid.
Posl. Heeger (pokraèuje):
Hohes, unruhiges Haus! (Hluk
trvá. Výkøiky posl. Jílka, Mikulíèka
a Srby.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. Heeger (pokraèuje): Wir
waren Zuhörer von sogenannten tasächlichen Berichtigungen...
(Hluk trvá.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. Heeger (pokraèuje): Hohes
Haus! Wir waren jetzt Zuhörer von sogenannten tatsächlichen
Berichtigungen und ich will an dieser Stelle nur den Wunsch aussprechen,
wenn sich einmal ein Abgeordneter unserer Partei zu einer tatsächlichen
Berichtigung zum Wort meldet, daß ihm dieselbe Freiheit
gewährt werde, wie es bei dem geehrten Vorredner konstatiert
werden konnte. (Hluk. Rùzné výkøiky.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. Heeger (pokraèuje):
Im Übrigen... (Hluk.
Rùznì výkøiky.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid.
Posl. Heeger (pokraèuje): Im
Übrigen, hohes Haus, habe ich nicht die Absicht, mich mit
dem vorliegenden Gesetz zu beschäftigen, sondern ich möchte
diese Finanzvorlage nur benützen, um auf unhaltbare Zustände
hinzuweisen, die sich aus dem Gemeindefinanzgesetz für die
Wirtschaft der Gemeinden ergeben. (Hluk. Výkøiky
posl. Mikulíèka.) Wir
haben schon bei der Behandlung des Gemeindefinanzgesetzes auf
die unseligen Auswirkungen, die daraus entstehen müssen,
verwiesen und haben mit unserem damaligen Bedenken vollständig
Recht behalten. Dieses Gesetz hat nichts anderes verwirklicht
als das Bestreben der bürgerlichen Parteien, die Gemeinden...
(Hluk. Výkøiky posl. Jílka.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid. (Hluk. Rùznì výkøiky.)
Prosím o klid.
Posl. Heeger (pokraèuje):...
unter die Kuratel der Staatsbürokratie
zu stellen. (Hluk.)
Pøedseda (zvoní): Prosím o
klid. (Výkøiky posl. Mikulíèka.)
Pane posl. Mikulíèku, nemáte slovo!
(Rùznì výkøiky.)
Posl. Heeger (pokraèuje): Das Gesetz bringt so recht das Bestreben der bürgerlichen Parteien zum Ausdruck, die Gemeinden samt ihrer Verwaltung unter die Kuratel der
Staatsbürokraten zu stellen, durch die
Einschränkung der Finanzfreiheit den Gemeinden die Tätigkeit
auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge restlos zu hindern,
um den Arbeitervertretern in den Gemeindevertretungen diese Tätigkeit
zu unterbinden. Das war wohl der Hauptzweck, von dem die bürgerlichen
Parteien bei der Schaffung dieses Finanzgesetzes geleitet waren,
und jetzt, da sich dieses Gesetz in der Praxis auszuwirken beginnt,
erkennt man die schweren Gefahren, die wir schon damals bei der
Behandlung dieses Gesetzes vorausgesagt haben. Jetzt ist die Tatsache
zu verzeichnen, daß viele Gemeinden förmlich vor dem
finanzielles Bankrott stehen und ihre Lebensfähigkeit derart
gedrosselt wurde, daß von einer ordnungsmäßigen
Führung der Gemeindegeschäfte nicht mehr die Rede sein
kann und kaum die dringlichsten Verpflichtungen erfüllt werden
können. Jetzt, wo auf Grund des Finanzgesetzes die Voranschläge
seitens der Oberbehörden sinn-, ziel-, wahl- und planlos
zusammengestrichen werden, jetzt kommen von überall her die
Notsignale, jetzt erkennen alle auf kommunalpolitischem Boden
tätigen Menschen, ja sogar jene Parteianhänger der Regierungsparteien,
die das Gesetz beschlossen haben, daß dieses Gesetz unhaltbar
ist. Die Gemeinden haben durch dieses Gesetz infolge Herabsetzung
der Umlagen ungeheuere Defizite zu verzeichnen. Diese Defizite
im Gemeindehaushalt sind selbst durch Streichung aller sozialen
Ausgaben, durch Einführung neuer Abgaben und durch Zuschüße
aus dem sagenhaften Dotierungsfond nicht aus der Welt zu schaffen,
wobei besonders - und das ist der Zweck meiner heutigen Ausführungen
- darauf verwiesen werden muß, welch unsinnige Streichungen
die Oberbehörden vornehmen und sich dem Glauben hingeben,
daß damit die Gemeindefinanzen saniert werden können.
Die unglaublichsten Dinge kommen jetzt zutage und zeigen, wie
so ziel-, plan- und verständnislos die Bürokraten, die
von der Gemeindewirtschaft keinen Dunst haben, das ihnen durch
das Gemeindefinanzgesetz gegebene Recht ausnützen und die
unsinnigsten Streichungen durchführen, die zum Teil geradezu
lächerlich, zum anderen Teil aber geradezu empörend
wirken müssen. Ich möchte zur Illustration dessen, was
so ein Bürokratengehirn alles an Streichungen vornimmt, einige
Beispiele anführen, die lächerlich und auch geradezu
aufreizend wirken müssen. So schreibt das Rechnungskontrollamt
der schlesischen Landesverwaltungskommission, daß die Jägerndorfer
Stadtgemeinde einen Betrag von 360 K für das Schmücken
der Rathausfenster nicht mehr ausgeben dürfe. Die Rathausfenster
müssen schmucklos bleiben, es ist das eine Vergeudung der
Gemeindefinanzen. Dasselbe Kontrollamt verlangt, daß die
Ausgaben für die Instandhaltung und Reparatur der Turmuhren
gestrichen werden müssen, und will, daß diese Arbeit
nicht von einem dazu bestimmten Fachmann, sondern wahrscheinlich
vom Bürgermeister oder Nachtwächter vollzogen werde.
Man erklärt, daß alte, zusammengebrochene Schulbänke
noch lange gut genug sind und nicht repariert werden dürfen,
weil das zuviel Kosten verursachen würde. Ja, der Stadtgemeinde
Jägerndorf wird beispielsweise im Wege des Diktats verboten,
daß sie in den städtischen Parkanlagen Bänke aufstellt,
weil das die Gemeindefinanzen etwas allzustark belasten würde.
Weiter wird verlangt, die Armenunterstützungen zu kürzen,
die Ausspeisungen der armen Schulkinder einzuschränken und
bei allem Übrigen zu sparen. Ebenso wurden die Unterstützungen
an arbeitslos gewordene Menschen, die, unschuldig arbeitslos,
samt ihren Familien der Not und dem Elend preisgegeben sind, gestrichen,
es wird einfach verboten, aus Gemeindemitteln diesen bedauernswerten
Menschen eine Unterstützung zu geben.
Jene Gemeinden, die in der Erkenntnis der Aufgaben
der Kommunalpolitik gegenüber den ärmeren Bevölkerungsklassen
auch der schulärztlichen Behandlung der Kinder große
Aufmerksamkeit schenken, sollen daran gehindert werden. Die Stadt
Jägerndorf hat auf diesem Gebiete ganz Prächtiges geleistet.
Jetzt kommt aber das Rechnungskontrollamt und erklärt, die
Ausgaben für die schulärztliche Zahnpflege sind einzustellen,
die Eltern haben das selbst zu bezahlen. So sieht man, daß
auf allen Gebieten der sozialen Fürsorge die Bürokraten
Streichungen vornehmen. Es wird weiter empfohlen, die Beiträge
für die Jugendfürsorge, für Blindeninstitute, bei
uns für die Lungenhilfsstelle, die in einer Proletarierstadt
so wichtige Aufgaben zu erfüllen hat, zu streichen. Zur Illustration,
von welchem Geiste die Menschen, denen die Macht in die Hand gegeben
wurde, solche Streichungen durchzuführen, erfüllt sind
und wie sie die ihnen übertragene Macht auf fassen und wie
ihre ganze Einstellung gegen das Proletariat, gegen die Arbeiter,
beschaffen ist, diene folgendes Beispiel: Wir haben in Jägerndorf
den Verein der Kinderfreunde. Er macht sich zur Pflicht, die vorschulpflichtigen
Kinder jener Arbeiterinnen, die tagsüber beschäftigt
sind, in einem schönen Erholungsheim unterzubringen, sie
dort zu erziehen, zu verpflegen und ihnen das Heim zu ersetzen.
Für diesen Zweck hat die Stadtgemeinde bisher 2.000
Kè Subvention gegeben. Die Bürokraten des Rechnungsamtes
haben nun entdeckt, daß diese Ausgabe nicht zu verantworten
sei, die 2.000 Kè sind also zu streichen. Aber sie haben
in demselben Momente bewilligt, daß dem
reichen Frauenwohltätigkeitsverein derselben Stadt für
die noble Wohltätigkeit tausende Kronen Subvention gegeben
werden können. (Výkøiky na levici.)
Sie haben gestrichen die Beträge für
die Arbeitslosen, für hungernde Kinder, für Jugendfürsorge,
für Lungenhilfsstellen und andere Wohltätigkeitsvereine.
Sie haben aber, wahrscheinlich um eine gewisse Dankesschuld den
Regierungsparteien, den Christlichsozialen gegenüber, zu
erfüllen, weil sie so bedingungslos für dieses Gesetz
gestimmt habe, trotz diesen empörenden Streichungen ruhig
zugegeben, daß für die Aufstellung von Fronleichnamsaltären
mehr gezahlt werde, als der Verein der Kinderfreunde bekommen
hat. Sie haben gestattet, daß die Gemeinde das Ave Maria-Läuten
in einer bestimmten Kirche weiter bezahlt und daß die Gemeinde,
die keine Suppe mehr den armen Schulkindern geben darf, das Messelesen
in der Buchbergkirche zu bezahlen hat. (Hört! Hört!)
Bis vor kurzem noch - das möge als Illustration gelten
- mußte die Stadtgemeinde den letzten Liebesdienst, den
sogenannten christlichen letzten Liebesdienst, den Versehgang
in das Krankenhaus bezahlen, was dann durch einen Gemeindebeschluß
unmöglich gemacht wurde.
Welche Folgen sich durch diese sinnlosen Streichungen
auf dem Gebiete der Sozialpolitik ergeben, zeigt Folgendes: So
mußten beispielsweise in Komotau die Armenküche und
das städtische Kinderasyl vollständig eingestellt werden.
In anderen Gemeinden machen sich die gleichen Erscheinungen bemerkbar.
In Teplitz und in Bodenbach mußten Arbeiter und Beamte entlassen
werden und andere Gemeinden waren zum Teil nicht imstande, den
Beamten den Restgehalt auszuzahlen. Ein trauriges Kapitel! In
Aussig die Blindenschule, die schon jetzt vor der Gefahr der Schließung
steht. Wenn die Streichungen, die bereits bei einer Anzahl von
Voranschlägen einzelner Städte vorgenommen worden sind,
weiter durchgeführt werden, kommt auch die Stillegung dieser
Schule in Betracht, obwohl es heute bereits ein sehr beschämendes
Bild für den Kulturzustand in diesem Staate ist, daß
beispielsweise diese armen, bedauernswerten Kinder durch Abhaltung
von Konzerten selbst beitragen müssen, eine Schule zu erhalten,
zu deren Erhaltung der Staat und die gesittete Menschheit verpflichtet
sind.
Hier liegt der Aufruf eines Gemeindevorstehers,
der so recht deutlich zum Ausdruck bringt, wohin diese Wirtschaft
bei den Gemeindefinanzen führen muß, ein Aufruf des
Bürgermeisters von Rumburg, der sich an seine Mitbürger
wenden muß, freiwillige Spenden zu leisten, damit die Ortsarmen
weiter unterstützt werden können und nicht verhungern
müssen. Dieser Aufruf des Bürgermeisters von Rumburg,
der auch noch mitteilt, daß sich die Mitglieder der Armenkommissionen
erlauben werden, persönlich Sammlungen einzuleiten, ist so
recht bezeichnend und bringt so recht die Kulturschande dieses
Systems zum Ausdruck, noch dazu im Jubiläumsjahre der Republik.
Man sollte diesen Aufruf als ein Stück Kulturschande bei
den Jubiläumsfeierlichkeiten ausstellen.
Aber nicht genug daran, man geht weiter und
ordnet einfach an, was die von der Bevölkerung freigewählten
Vertreter zu machen haben. Man hat der Stadt Jägerndorf den
Auftrag gegeben, sofort die Löhne der städtischen Arbeiter,
die doch durch Vertrag festgelegt sind, auf die ortsüblichen
Löhne zu reduzieren, alle Zuwendungen bei Urlauben, bei Krankheitsfällen
einzustellen. Die Streicher dieser Angaben wissen gar nicht, daß
Gesetze bestehen, die den Arbeitern das Recht auf Urlaubszuschüsse
und Krankenentgelt geben. Daraus wird schon die Sinnlosigkeit
dieser Anordnung ersichtlich. Weiter wird erklärt, daß
die Gemeinde nicht berechtigt sei, der Arbeiterschaft irgendwelche
Zuwendungen zukommen zu lassen. Ein weiteres interessantes Merkmal
sieht man darin - in Böhmen, sowie in Schlesien ist das bei
einer Anzahl von Gemeinden bereits geschehen daß alle Lohnkosten
bei Straßenbauten gestrichen und nur die Materialkosten
aufrecht gelassen werde, und man ordnet an, daß die Lohnarbeiten
durch Hand- und Spanndienste der Einwohner zu besorgen sind. (Výkøiky.)
Wohlhabende Gemeindebürger können
sich allerdings mit 14 Kè täglich von dieser
Arbeitsleistung loskaufen. Und das, meine Herren, in einer Zeit,
80 Jahre nach der 1848er Revolution! In einem demokratischen Staat
(Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Stivín.) wird
die Robot wieder eingeführt mit der Zustimmung jener Herren
um Spina und Windirsch, die dem Kämpfer gegen
die Robot, dem Bauernbefreier Kudlich, in Lohenstein zur Würdigung
seiner Kämpfe ein Denkmal gesetzt haben und bei der Überführung
seiner irdischen Überreste nicht genug seine Taten und Werke
zu loben vermochten. Dieser Kudlich würde sich wahr scheinlich
heute bei den Klassengenossen bedanken, die ihn so feiern, wenn
er hören würde, daß die Robot in anderer Form
mit Unterstützung von Spina und Windirsch im
demokratischen Staat wieder zur Einführung gelangt! Meine
Herren, selbst damit ist das Auslangen nicht zu finden, sondern
die Beamten des Rechnungsamtes gehen einfach her, um die Posten,
die ihnen auffallen, ohne daß sie es prüfen, ohne daß
sie wissen, ob sie notwendig sind, einfach auf die Hälfte
zusammenzustreichen, z. B. Kosten für die Erhaltung der Gemeindebauten,
Kosten für die Schulausgaben, für Schulbeheizung usw.
Diese Beheizungsausgaben wurden in einzelnen Kapiteln fast auf
die Hälfte gestrichen, um auf die Weise Kälteferien
für die Schulkinder zu erzwingen. Die Ausgaben für die
Lehrer und Lehrmittel der armen Bevölkerung wurden herabgesetzt,
ohne Rücksicht auf die ungeheueren Nachteile, die für
die geistige Entwicklung des Kindes daraus entstehen müssen.
Auch die Gewerbetreibenden werden zum Teil durch diese Streichungen
betroffen, und es war ein ganz besonderes Verdienst der Herren
um Stenzl, daß die Gewerbetreibenden jetzt mit den
Auswirkungen dieses Finanzgesetzes beglückt werden. Ich will
nur ein Beispiel anführen. Die Jägerndorfer Stadtgemeinde
hat bisher den Genossenschaften für die Erhaltung der gewerblichen
Fortbildungsschulen einen Betrag von 20.000 Kè jährlich
geleistet. Die Beamten des Rechnungskontrollamtes haben nun diese
20.000 Kè mit dem Bemerken gestrichen, die
Gewerbetreibenden mögen sich das selbst bezahlen, die Gemeinde
sei nicht dazu verpflichtet. Die Gewerbetreibenden werden sich
also für die Haltung ihrer Parlamentarier, die für dieses
Gesetz gestimmt und den Bürokraten so gewaltige Machtvollkommenheiten
gegeben haben, bedanken oder sie sollen die 20.000 Kè vom
Herrn Stenzl
rückersetzt verlangen, der mit die Ursache war, daß
die Beiträge gestrichen werden können. Aber trotz aller
dieser sinnlosen oft lächerlichen Streichungen ist keine
Gemeindeverwaltung imstande, das finanzielle Aus langen
zu finden, und sie werden auf den sagenhaften Dotierungsfonds
verwiesen. Dieser Dotierungsfond reicht nicht aus, um die geringsten
Anforderungen zu erfüllen. Für Böhmen sind dabei
134,159.800 Kè vorgesehen, für Mähren etwas
über 45 Millionen, für Schlesien etwas über 8 Millionen.
Von diesen Beträgen müssen später noch die Bezüge
der Bezirksangestellten in Abzug gebracht werden. Fast restlos
haben alle Gemeinden in Böhmen, Mähren und Schlesien
Anforderungen an den Dotierungsfonds gestellt, so daß dreimal
so viel angefordert wurde, als überhaupt im Fonds vorhanden
war. Für Schlesien kommen höchstens 61/2
Mill. in Betracht, aber die Gemeinden haben dort nicht weniger
als.27 Millionen angefordert. Dabei ist interessant, daß
die Gemeinden Schlesiens den Betrag von 6 Mill., der ihnen zur
Verfügung steht, durch Einnahmen, die man ihnen entzogen
hat, in diesen Fonds einzahlen müssen, ohne daß sie
auch nur Aussicht haben, irgendeinen nennenswerten Betrag zurückzubekommen.
Die Stadtgemeinde Jägerndorf allein zahlt auf Grund
der jährlichen Einnahmen, die man ihr entzogen hat und die
dem Fonds zufließen, 800.000 Kè jährlich, ohne
Aussicht, auch nur einen Heller von diesen 800.000 Kè zurückzubekommen.
Soweit Dotierungen erfolgt sind, haben die
Gemeinden lächerlich kleine Beträge erhalten, so daß
sie ihr Auslangen selbst mit den Zuwendungen nicht finden können.
Das Gemeindefinanzgesetz beschränkt die Gemeindezuschläge,
beseitigt die Schulumlage und den Anteil an der Umsatzsteuer der
Gemeinden, und all dies geschah, um die reichen Steuerträger
zu entlasten. Deshalb hat man die Gemeinden in diese finanziellen
Zustände hineingetrieben.
Man ist sich aber dessen auch bewußt,
daß der Zusammenbruch der Gemeindeverwaltungen, wenn nicht
irgendetwas geschieht, eintreten muß. Man hat sich nun dazu
aufgeschwungen, auf Grund der Verordnung vom 26. Jänner 1928
vorzuschreiben, auf welche Art die Gemeinden die entgangenen Einnahmen,
wenn nicht ganz, so teilweise sich wiederbeschaffen sollen. Man
hat einfach in dieser Verordnung eine Erhöhung der bestehenden
Höchstgrenzen bei Gemeindeabgaben angeordnet, man hat neue
Gemeindeabgaben festgelegt und die Gemeinden verpflichtet, dort,
wo sie mit den Umlagenprozentsätzen ihre Bedeckung nicht
finden können, restlos diese Umlagen durchzuführen und
erst wenn restlos alle diese neuen Belastungen durchgeführt
sind, darf die Gemeinde einen Anspruch auf die Mittel des Dotierungsfonds
erheben. Es tritt also mit dieser Verordnung an die Stelle der
bisherigen Belastung der besitzenden Klassen die Belastung der
notwendigen Lebensbedürfnisse der Bewohner in den Städten,
es tritt an Stelle der direkten Besteuerung, der Ertragssteuer,
die indirekte Besteuerung der armen Bevölkerung der Städte
und Gemeinden. Das unerhörteste und aufreizendste aber ist,
daß die freigewählten Gemeindevertretungen nicht nach
demokratischen Grundsätzen die Einführung solcher Abgaben
für Gemeindebewohner beschließen dürfen, sondern
daß die Einhebung dieser Umlagen einfach von der Oberbehörde
diktiert wird. Der Bezirkshauptmann die Landesbehörde kommandiert
der freigewählten Gemeindevertretung, welche Umlagen von
der Bevölkerung einzuheben sind. Meine Damen und Herren,
das ist so recht ein Anschauungsunterricht, wie die Bürgerblockdemokratie
der Herren von Spina, Luschka bis Dr. Kramáø
in diesem Staate aussieht. Gemeindevertretungen, die die Sache
ernst nehmen, selbst Anhänger dieser sogenannten Bürgerblockdemokratie,
soweit sie Kommunalpolitiker sind, stimmen bei jedem Anlaß
gegen diese Auswirkungen und gegen die Anordnungen der Aufsichtsbehörde.
Aber alles das wird den finanziellen Bankerott der Gemeinden nicht
aufhalten.
Und nun ein Wort: Wie sehen diese Umlagen aus,
mit denen man durch die Tat eine Sanierung der Gemeindefinanzen
herbeizuführen gedenkt?
Die schwerste Belastung erfährt der Mietzins,
abgesehen davon, daß das Parlament erst vor kurzem den Mieterschutz
verschlechterte, die Mietpreise erhöhte, daß ein Mann
im Priesterkleide hier Worte für dieses Schandwerk fand,
sollen nun die Bewohner und Mieter von dem erhöhten Mietpreise
erhöhte Gemeideabgaben entrichten. Das beweist, daß
man es verstanden hat, die Reichen durch dieses Finanzgesetz von
den Zuschlägen zu befreien, daß man es verstanden hat,
sie durch die Steuerreform zu entlasten, und daß man diese
Erleichterungen, die die Wohlhabenden und Besitzenden erhalten
haben, auf die Armen überwälzt und diese mit neuen schweren
Steuerlasten bedacht werden sollen. Die kommunale Mietzinsabgabe
ist nicht neu, in vielen Gemeinden bestand sie schon und diese
Gemeinden haben diese Abgabe entsprechend der Wohlhabenheit, entsprechend
den Mietzinsen je nach der Leistungsfähigkeit gestaffelt.
Diese Mietzinsabgabe wurde progressiv von 3 bis 25% gestaffelt,
je nach der Höhe des eingehobenen Mietzinses. Es hatten also
dort, wo die Gemeinden von sozialem Geist erfüllt waren,
ganz mit Recht und ganz selbstverständlich die Wohlhabenden
und Besitzenden mehr zu zahlen, als die arme Bevölkerung.
Nach dieser neuen Verordnung, nach diesen Mustervorschriften hat
jede Staffelung aufzuhören und es sind einfach 25% vom Mietzins
als Mietzinsabgabe einzuheben. Das bedeutet für den Arbeiter,
für den Angestellten, für den kleinen Gewerbetreibenden
eine ungeheuere Belastung, die er nirgends wieder wettzumachen
imstande ist. Außerdem soll ähnlich wie bei der Mietzinsabgabe
auch beim Wasserzins, bei den Kanal- und Kehrichtabfuhr-Gebühren
die progressive Staffelung schwinden und für alle diese Abgaben
einschließlich der Mietzinsabgabe sollen 40% des Mietzinses
für Gemeindezwecke von jedem Mieter abgeführt werden.
Außerdem sieht man eine Reihe weiterer Belastungsmomente
vor, wie Fleischbeschauabgaben. Amtsgebühren für öffentliche
Ankündigungen, ja man scheut sich nicht einmal in diesen
Musterverordnungen festzulegen, daß in Zukunft auch eine
Beerdigungsgebühr eingehoben werden soll. Aber nicht nur
eine Beerdigungsgebühr, sondern auch weitere Belastungen
bei der Aufstellung von Gedenksteinen, bei der Überführung
in die Leichenkammer, bei Ausgrabungen und bei allen Dingen, die
mit dem Begräbnis des Verstorbenen zusammenhängen, sollen
eingehoben werden und es sollen nicht weniger als 9 Separatgebühren
bei den Begräbnissen eingehoben werden. Die Herrschaften
machen dem Staatsbürger in diesem Staate nicht nur das Leben
schwer und hart, sondern sie verteuern ihm auch nach allen Regeln
der Kunst das Sterben.
Trotz alledem ist eine Sanierung der Gemeindefinanzen
nicht möglich und es ist nur allzu begreiflich, daß
sich aus allen Kreisen Stimmen melden, auch aus den Kreisen der
Regierungsparteien, die den Ruf erschallen lassen, daß dieses
Gesetz verschwinden müsse, um einem brauchbaren Gesetz Platz
zu machen. Es ist interessant, welche Wandlungsfähigkeit
die einzelnen Regierungsparteien bei der Beurteilung dieser Frage
an den Tag legen. Solange sich die Auswirkungen dieses Gesetzes
noch nicht bemerkbar machten, solange die Bevölkerung über
diese Auswirkungen nicht Klarheit hatte, haben die Vertreter der
Regierungsparteien, und vor allem die Christlichsozialen, bei
jeder Gelegenheit dieses Gesetz im Zusammenhang mit der Steuerreform
als zeitgemäßes, notwendiges Reformwerk hingestellt.
Und noch im Jahre 1927 hat das Hauptblatt der schlesischen Christlichsozialen,
"Das Volk", über die Steuerreform und über
das Gemeindefinanzgesetz in einem Artikel folgendes gesagt: "Die
Steuerreform und das Gemeindefinanzgesetz werden Ordnung in die
ganze Steuerwirtschaft bringen, den Gemeindeumlagen Grenzen setzen,
damit die Gemeinde nicht ins Blaue wirtschaften kann." Und
kein Geringerer als der Vorsitzende der parlamentarischen Fraktion
der deutschen Christlichsozialen, der verehrte Herr Koll. Dr.
Luschka, hat in der Gemeindevertreterkonferenz in Georgswalde
wörtlich gesagt: "Diejenigen Gemeinden, die bisher rechtlich
zu wirtschaften verstanden, werden auch jetzt ihr Budget zur Zufriedenheit
aller gestalten können, d. h. sie werden nichts zu streichen
brauchen." Da hat der Herr Koll. Luschka Recht. Sie
werden nichts zu streichen brauchen, weil die anderen die notwendigen
Streichungen vornehmen. Aber der Herr Koll. Luschka scheint
bei dieser Aeußerung ganz übersehen zu haben, daß
er sich damit selbst eine ziemlich derbe, kräftige moralische
Ohrfeige gibt. Er scheint einen Moment vergessen zu haben, daß
er selbst Stadtvertreter einer ziemlich großen Gemeinde
ist, er scheint vergessen zu haben, daß in anderen Städten
seine engeren Mitarbeiter mitwirken und daß sie die in den
Voranschlägen aufgestellten Beträge mitbeschlossen,
sie als notwendig bezeichnet haben und daß selbst in den
Voranschlägen, wo sie mitgearbeitet haben, Streichungen durchgeführt
wurden, Streichungen, die in die Hunderttausende von Kronen gehen.
Es ist also auch dem Herrn Dr. Luschka und seinen Mitarbeitern
der Vorwurf zu machen, daß sie diese sogenannte Mißwirtschaft
mitverschuldet haben, die in Wirklichkeit gar nicht besteht, die
nur das Argument bei der Schaffung dieses Gemeindefinanzgesetzes
gewesen ist, es sei denn, daß Herr Dr. Luschka die
Auffassung teilt, daß, wenn die deutschen Gemeinden die
Arbeiter und Angestellten entlassen müssen, wenn sie Waisenhäuser
und Jugendpflegestätten, Kinderasyle und Mutterberatungsstellen
sperren müssen, daß das mit zur Sparsamkeit gehört
und daß die Ausgaben für solche Zwecke Mißwirtschaft
bedeuten, ebenso wenn arme, hungernde Schulkinder ausgespeist
werden? Kann man bei diesen Ausgaben, die man jetzt als unnütz
streicht, von einer Mißwirtschaft reden?
Aber, meine verehrten Damen und Herren! Es
hat vor kurzem die Reichsparteileitungssitzung der Christlichsozialen
stattgefunden und mit Rücksicht auf die Stimmung in den Kreisen
der Christlichsozialen selbst, mit Rücksicht auf die Empörung,
die sich allerortens bemerkbar macht, hat nun diese Reichsparteileitungssitzung
den Beschluß gefaßt, daß mit Rücksicht
auf die mancherorts unerträglichen Verhältnisse in der
Gemeindefinanzverwaltung die Abgeordneten und Senatoren aufzufordern
sind, bei der Regierung die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen
durchzusetzen. Es entsteht nun die Frage, warum diese Herren erst
für dieses Gesetz gestimmt, dieses Gesetz gelobt, dieses
Gesetz als notwendige, zeitgemäße Reform bezeichnet
haben, und jetzt, wo der finanzielle Zusammenbruch sichtbar ist,
die Unhaltbarkeit dieses Gesetzes erwiesen ist, die Gemeinden
nicht einmal die dringendsten Aufgaben erfüllen können,
jetzt, wo sie, durch ihre eigenen Parteianhänger getrieben,
zur Sache Stellung nehmen müssen, tun sie so, als ob sie
ganz schuldlos an der Sache wären, als ob die anderen das
Verbrechen begangen hätten und sie bestrebt wären, die
Sache mit all ihrem Einfluß zu mildern.
Wir wollen hier noch feststellen, daß
das Gemeindefinanzgesetz, verbunden mit der Verwaltungsreform,
alle Keime sozialer Verwaltung getötet hat, die Gemeindefinanzen
dem Bankerott entgegentreibt und daß wohl selten in der
Geschichte an der gesamten Bevölkerung ein größerer
Verrat geübt wurde, als hier zu verzeichnen ist. Wir werden
dafür sorgen, daß die gesamte Bevölkerung das
erkennt, wir werden auch nicht erlahmen, den Kampf gegen dieses
Gesetz mit aller Vehemenz zu führen, bis anstelle dieses
Schandwerkes ein für die Gemeindewirtschaft brauchbares Gesetz
getreten sein wird. (Souhlas a potlesk nìm. soc.
demokratických poslancù.)