Pátek 23. bøezna 1928

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 139. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 23. bøezna 1928.

1. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Der vorliegende Gesetzantrag bezüglich der Troppauer Stadtanleihe deckt sich im wesentlichen mit dem, was wir in dieser Beziehung seit langem gemeinsam mit den Vertretern der Stadtgemeinde Troppau, deren Bürgermeister ja unserer Partei angehört, verlangt haben. Wir werden also selbstverständlich für diese Vorlage stimmen, doch muß ich darauf aufmerksam machen, daß wir in diesem Gesetzlein keineswegs eine Abschlagszahlung für die Degradierung Troppaus, für den Raub unserer schlesischen Selbstverwaltung erblicken können. Auch die bevorstehende und selbstverständliche Wiedereinräumung der Troppau grundlos entzogenen Befugnisse einer politischen Behörde erster Instanz oder die vorläufige Belassung mehrerer Ämter, die ja selbst bei der böswilligsten Absicht doch nicht plötzlich allesamt von Troppau nach Brünn verlegt werden können, oder aber die Errichtung irgendwelcher neuer Ersatzbehörden in Troppau könnte uns nicht im mindesten aussöhnen mit der Vernichtung der schlesischen Landeshoheit durch die sogenannte Verwaltungsreform.

Es ist klar, daß wir unter den gegebenen Umständen und Verhältnisse für Troppau wenigstens das retten wollen, was bei einer wohlwollenden Auslegung des Gesetzes überhaupt noch zu retten ist und wir fordern, daß die Regierung endlich das geheimnisvolle Dunkel lüfte, das sie bisher geflissentlich über ihre diesbezüglichen Pläne breitet. Ganz im stillen wurde bereits mit 1. Jänner d. J. z. B. die Zollabteilung der Finanzdirektion von Troppau nach Brünn verlegt; so wie ein Dieb heimlich bei Nacht etwas nimmt und wegträgt, so beabsichtigt man offenbar auch weiterhin vorzugehen und hofft, durch dieses sukzessive Verfahren am leichtesten einer Empörung der schlesischen Bevölkerung auszuweichen. Aber wie bekanntlich einem Hund das stückweise Abhacken des Schwanzes nicht gerade angenehmer ist als eine einmalige Radikaloperation, so empfinden auch wir diese Methode nicht als die richtige. Jedesmal werden wir aufschreien, so oft uns ein Stückchen unserer Landeshoheit entrissen wird und nie und nimmer werden wir für irgendwelche Brosamen unseren Anspruch auf die verwaltungsmäßige Selbständigkeit des Landes Schlesien aufgeben.

Was für die Stadt Troppau und Schlesien im großen gilt, das gilt für die Stadt Hultschin und das Hultschiner Ländchen im kleinen. Es besteht die Absicht, dieses einheitliche Hultschiner Gebiet, das bisher eine eigene politische Bezirksverwaltung besitzt, auf den Bezirk Troppau-Land und Mährisch Ostrau aufzuteilen. Man will dadurch jedenfalls die Erinnerung an die frühere Zugehörigkeit des Ländchens zum Deutschen Reiche austilgen und die Assimilierung der vom preußischen Joch befreiten Brüder beschleunigen. Bis heute hat man sich nämlich darum vergeblich bemüht und Zuckerbrot und Peitsche vermochten nicht, die gleich uns Sudetendeutschen um ihr Selbstbestimmungsrecht betrogenen Hultschiner zu richtigen Èechoslovaken zu machen. Weder die außerordentliche Befugnis des bevollmächtigten Kommissärs für das Ratiborer Gebiet, wobei zu diesem amtlichen Titel wohl zu bemerken wäre, daß Ratibor noch immer zum Deutschen Reiche gehört, noch die vollständige Angliederung des Ländchens an Schlesien waren im Stande, die erlösten Brüder dort zu weiß-rot-blauen Hurrahpatrioten zu erziehen. Darum auseinander! Merkwürdigerweise treten die deutschen Christlichsozialen aus wirtschaftlichen und Zweckmäßigkeitsgründen, wie sie sagen, für diese Zerreißung des Hultschiner Ländchens ein. Daß nationale Beweggründe bei ihnen keine Rolle spielen, ist ja nichts Neues, aber auch wirtschaftliche und Zweckmäßigkeitsgründe sprechen in diesem Falle gegen die Zerlegung. Bei mir waren schon mehrere Abordnungen aus dem Hultschiner Gebiet, die sich gegen die Teilung und Zerreißung des Ländchens auf das schärfste verwahrten, weil sie daraus eine schwere Schädigung und Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Interessen befürchten. Und mit Recht, denn weder im Mährisch-Ostrauer Bezirk noch im Bezirke Troppau-Land, die beide fast rein èechisch sind, würden sie Verständnis für ihre Bedürfnisse und ihre Eigenart finden. Nur wenn sie ihre eigene Bezirksvertretung bekämen, könnten sie selbst mit Nachdruck auf die Besserung der unhaltbaren Verhältnisse im Ländchen hinarbeiten, soweit dies im Rahmen der reformierten Verwaltung überhaupt möglich sein wird. Deshalb gehen die wahren Wünsche der Bevölkerung, denen ja sogar in der christlichsozialen Parteisitzung der Vertreter der Stadt Hultschin unumwunden Ausdruck verlieh, im Gegensatz zu den von Luschkas Gefolgsleuten verbreiteten Behauptungen dahin, beisammen zu bleiben, komme was kommen mag. Es fällt den Hultschinern nicht ein, ihre Zugehörigkeit freiwillig preiszugeben, ihre historischen und geographischen Bindungen zu verleugnen, die sie von Altersher innig mit einander verknüpfen. Bei der letzten Volkszählung wurden zwar im Hultschiner Bezirk 38.000 sogenannte Mährer zu den Èechen gerechnet, in Wahrheit sind diese Mährer aber noch heute zu zwei Dritteln heimattreue Oberschlesier, die sich aus dem deutschen Kulturkreis nicht ausschalten lassen. Als ehemalige Zentrumsanhänger suchten sie ihr Heil zunächst bei der christlich-sozialen Volkspartei, die sich ja damals mächtig deutsch gebärdete und wir Deutschnationalen versuchten nicht einmal, sie daran zu hindern, weil wir den Frieden im Ländchen nicht durch Parteikämpfe irgendwie stören wollten. Ja, wir wiesen sogar alle Ansinnen und Ansuchen, dort deutschnationale Versammlungen abzuhalten oder Ortsgruppen zu gründen ab, und so kam es, daß die deutschen Christlichsozialen bei den letzten Parlamentswahlen aus dem Ländchen 12.529 Stimmen davontrugen. Eine Gegenleistung wurde den Hultschinern nicht zuteil, weder ein Mandat im Parlament, noch ein genügen der Schutz vor den schweren Drangsalierungen, unter denen gerade sie fürchterlich zu leiden hatten. (Posl. Matzner: Da mußte Zuckmantel einspringen!) Sehr richtig! (Posl. Horpynka: Mayr-Harting als Justizminister ist nichts? Seinen Vertrauensmann hat man dort eingesperrt!) Der über das Ländchen verhängte Ausnahmszustand, von dem die Welt viel zu wenig weiß, ist und bleibt eine Schmach und eine Schande für die ganze Republik, die nur vergleichbar ist mit der Behandlung der südtiroler Deutschen durch Mussolini. (Posl. dr Lehnert: Dafür haben wir die Demokratie!) Sehr richtig! Daß aber dieser Zustand solange aufrecht erhalten wird, beweist entweder die Ohnmacht der angeblich seit anderthalb Jahren an der Macht befindlichen Christlichsozialen oder ihren geringen Mut und ihre geringe Beharrlichkeit, einzutreten für ihre Schützlinge. Mit leeren Versprechungen wurden die armen Teufel abgespeist, hingehalten, und nun, da sie sich verraten und verkauft sehen und tief enttäuscht dieser Partei immermehr den Rücken kehren, nun sucht man ihnen einzureden, das würde alles besser werden, wenn sie auf die Bezirke Ostrau und Troppau-Land aufgeteilt würden und sie hoffen, auf diese Art sich der unbequemen Quälgeister zu entledigen. Zugleich mit dem Begriff "Hultschiner Ländchen" sollen auch die Hultschiner Quälgeister verschwinden. Zwar muß ein Politiker und Verwaltungsmann wie Dr Luschka wissen, daß die Leute dabei vom Regen in die Traufe kommen. Das rührt ihn aber offenbar nicht. Seine Hauptsorge geht jetzt dahin, daß sie sieh selbst das Grab schaufeln, damit er nicht zu dem einen Ehrentitel "Totengräber Schlesiens" noch den zweiten "Totengräber Hultschins" erhält. Aber auch wenn er sich diesmal geschickt im Hintergrunde verstecken sollte, wie es seine Absicht zu sein scheint, der Verantwortung für die Folgen der Zerreißung des Hultschiner Ländchens wird er sich nicht entziehen können.

Die Schlesier haben seiner Partei die erste Rate des wohlverdienten Lohnes für das Verhalten bei der Finanz- und Verwaltungsreform bereits bei den Gemeindewahlen vom 16. Oktober des Jahres 1927 abgestattet. Damals verlor nämlich die christlichsoziale Partei in Schlesien nach den amtlichen Berichten nicht weniger als 9833 Stimmen, d. i. 38% ihres Besitzstandes vom Jahre 1925. Zwar dürfte sich dieser Verlust bei Aufteilung der deutschen Splitterparteien örtlichen Charakters etwas verringern, aber trotzdem bleibt sicher noch immer ein gutes Viertel als endgiltige Abnahme der christlichsozialen Wählerschaft in Schlesien zu verzeichnen. Ist das ein Wunder bei der leichtfertigen Preisgabe des Landes Schlesien und seiner altererbten Rechte durch diese Partei? (Posl. Horpynka: Gestern hat die "Deutsche Presse" von einem kolossalen Wahlsieg der Christlichsozialen gefaselt!) So verstehen sie ihre Wahlerfolge umzudichten. Der Zusammenbruch wäre bei uns in Schlesien noch vollständiger geworden, wenn die Bevölkerung schon die Auswirkungen der Gesetzgebungskunst dieser Herren am eigenen Leibe deutlicher zu spüren bekommen hätte. Jetzt beginnen erst die Gemeinden und Bezirke allmählich die Segnungen des neuen Finanzgesetzes für die Selbstverwaltung kennen zu lernen und die Empörung wird weiter wachsen, sobald die Verwaltungsreform in die Praxis umgesetzt sein wird.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich heute einige wenige Beispiele, Neuigkeiten über die Auswirkungen des Finanzgesetzes, das seit 1. Jänner d. J. in Kraft ist, auf die Gemeinden und Bezirke Schlesiens vorbringe. Vorläufig fehlen dem Ausgleichsfonde für Schlesien rund 18 Millionen Kè, um nur die dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen, und das trotz der rücksichtslosesten Abstriche, die das Landesrevisionsamt an den Vorschlägen vornahm, und trotz Einführung aller möglichen Abgaben und Gebühren. Dabei sind wir in der Drosselung schon so weit gekommen, daß z. B. Straßenbauten mitten in der Arbeit eingestellt werden mußten, so daß sie bis auf weiteres unüberwindliche Verkehrshindernisse darstellen. (Výkøiky posl. Matznera.) 80 Jahre nach Aufhebung der Robott sollen wieder Hand- und Spanndienste zu Straßenherstellungen und anderen Bauten herangezogen werden, ja sogar die Nachtwächter entzieht man den Dörfern und ordnete dafür abwechselnde Nachtwachen durch die Einwohner an. Die Kosten für einen Brückenbau wurden auf 5 Jahre verteilt, während man sich z. B. bei baufälligen Gemeindeobjekten, bei baufälligen Gebäuden und Schulen gewöhnlich mit der Halbierung des Betrages begnügt und verlangt, daß zunächst das halbe Gebäude hergerichtet wird und im anderen Jahre die zweite Hälfte. Die Auslagen für die Beheizung und Beleuchtung werden derart gedrosselt, daß eine halbwegs anständige Straßenbeleuchtung überhaupt unmöglich wird und daß z. B. Schulen im Winter den Unterricht bereits heuer einstellen mußten, weil sie kein Geld mehr für Beheizungszwecke übrig hatten. Alte Schulbänke, die schon 60 Jahre in einer Schule in Gebrauch standen, dürfen nicht erneuert werden. (Výkøiky na levici.) Das ist ein konkreter Fall, den ich jetzt erlebt habe. Die Begründung dafür hat gelautet: Wenn sie so lange gut waren, müssen sie auch weiterhin gut sein - der dafür notwendige Betrag wurde einfach gestrichen. Auch kleine Beträge für Drucksorten oder öffentliche Kundmachungen werden gestrichen, sie fanden keine Gnade vor den Augen des Zensors, bzw. des Landesrevisors. Am traurigsten sieht die Sache bei der sozialen Fürsorge aus, die wie ein überflüssiger Luxus behandelt wird und fast zur Gänze der gesetzlichen Sparwut zum Opfer fällt. Das sind nur einige wenige Beispiele, die ich noch beliebig vermehren könnte und für deren Richtigkeit ich bürge.

Vielleicht glaubt jemand, ich übertreibe und male absichtlich zu schwarz, wenn ich von einer katastrophalen Finanznot der Selbstverwaltung, hervorgerufen durch die neuen Gesetzesbestimmungen, spreche. Demgegenüber erlaube ich mir auf eine Denkschrift zu verweisen, welche die Landesverwaltungskommission für Schlesien dieser Tage an den Herrn Finanzminister gerichtet hat und in der an der Hand des genauen Ziffernmaterials für sämtliche Gemeinden und Bezirke Schlesiens Folgendes nachgewiesen wird: Von den 453 Gemeinden Schlesiens sind 293 an den Ausgleichsfond herangetreten und haben insgesamt 29,425.428 Kè angefordert. Nach rigorosester Bearbeitung der Voranschläge durch das Revisionsamt verbleibt zur Deckung aus dem Ausgleichsfond noch ein Abgang von 16,920.130 Kè. Dazu kommt noch für die 21 Straßenbezirke ein Betrag von 7,094.858 Kè, so daß aus dem Dotationsfond 24,014.988 Kè zu leisten wären. Demgegenüber beträgt der für Schlesien im Gesetz vorgesehene Anteil an Umsatz- und Luxussteuer 6,266.700 Kè, also ungefähr ein Viertel dessen, was tatsächlich benötigt wird. Von diesen 6 Millionen Kè kommen später noch in Abzug die Dienst-, Ruhe- und Versorgungsgenüsse der Bezirksbediensteten, deren Witwen, Waisen und Hinterbliebenen, die vom Staate übernommen werden. Dann dürfte für die notleidenden Bezirke und Gemeinden überhaupt nichts mehr übrig bleiben.

Für die herrschenden Verhältnisse ist es lehrreich festzustellen, daß nach dem Berichte des Landesrevisionsamtes für Schlesien die 11 deutschen Gerichtsbezirke Westschlesiens zusammen bloß 5,176.000 Kè bekommen sollen, während für die 10 anderen vorwiegend èechischen Bezirke 18,838.000 Kè beantragt sind. (Posl. Matzner: Gleiche unter Gleichen!) Sehr richtig! Obwohl nach der Steuerleistung und nach der Einwohnerzahl ungfähr der gleiche Betrag für beide Teile in Betracht käme. Noch deutlicher geht diese Auswirkung des Gesetzes aus einzelnen Beispielen hervor: Die Stadt Jägerndorf, die durch den Entzug verschiedener Einkünfte durch das neue Finanzgesetz einen effektiven Verlust von 1.1 Millionen Kè erleidet, hatte aus dem Ausgleichsfond einen Betrag von 2,738.230 Kè angefordert. Bekommen soll sie ebensoviel wie Troppau, nämlich nichts, nicht einen roten Heller! Schlesisch-Ostrau hingegen, eine èechische Stadt von ungefähr derselben Größe wie Jägerndorf, hatte 4,006.000 Kè verlangt und ist für 3 Millionen Kè in Vorschlag gebracht, Schönbrunn und Karwin für je 1 1/2 Millionen Kè, Freistadt für 808.000 Kè, Hruschau für 750.000 Kè, Radwanitz 650.000 Kè, Kuntschitz 600.000 Kè, Michalkowitz 550.000 Kè, Peterswald, Lazy und Orlau je 400.000 Kè usw. Ähnliches gilt von den Straßenbezirken. Der deutsche Bezirk Olbersdorf z. B. bekommt 3754 Kè, Benisch 52.980 Kè, demgegenüber der èechische Bezirk Friedek 1,309.813 Kè oder der überwiegend èechische Bezirk Wagstadt 1,112.219 Kè. Allerdings sind diese Zahlen noch nicht alle endgültig, weil die Landesverwaltungskommission als solche noch nicht zu sämtlichen Anträgen des Revisionsamtes Stellung nehmen konnte. Aber allzuviel wird sich daran nicht mehr ändern und die Tendenz, die ich schon bei der Schaffung der Ausgleichsfonde vorausgesagt habe, auf Kosten der deutschen Selbstverwaltung die èechische großzupäppeln, ist ganz offensichtlich. Damals haben mich die deutschen Regierungsparteiler einen Schwarzseher genannt und von mir behauptet, ich setze das herrliche Reformwerk nur aus Gehässigkeit gegen sie in ein so schlechtes Licht. Die Zukunft werde lehren, daß es sich auch für unsere deutsche Bevölkerung segensreich auswirken werde. Nun haben Sie die Bescherung und wir haben wieder wie gewöhnlich mit unserer Kritik Recht behalten. Ein neuer Grund zum Ärger für die Gegenseite, denn nun stehen sie als falsche Propheten da und müssen zu ihrer Rechtfertigung neue Ausreden ersinnen, was ihnen übrigens bei ihrer großen Übung auf diesem Gebiete nicht schwer fallen dürfte. (Posl. Horpynka: 3.700 Kronen für Olbersdorf sind ein Erfolg für Mayr-Harting, der plakatiert werden wird!) Jawohl.

Daß es in Böhmen und Mähren nicht besser aussieht als in Schlesien, liegt auf der Hand. Wenn auch dort für den Ausgleichsfond viermal so viel benötigt wird, als gesetzlich bewilligt ist, so müßten allein für die fälschlich sogenannten historischen Länder noch 432 Millionen zugewiesen werden, um den dringendsten Bedürfnissen der Bezirke und Gemeinden Rechnung zu tragen oder für das ganze Staatsgebiet einschließlich der Slovakei und Karpathorußland nahezu eine halbe Milliarde Kè. Ich denke, das müßte selbst die frömmsten Nachbeter und Verehrer des heiligen Bürokratius stutzig machen und auch die eingefleischtesten Fiskalisten von der Unsinnigkeit dieses Finanzgesetzes überzeugen. Bald werden es die Spatzen von den Dächern pfeifen, daß eine solche Gesetzgebungskunst noch nie da war und nicht mit Unrecht verfällt ein Parlament, das derart hanebücherne und undurehführbare Gesetze in die Welt setzt, dem Fluche der Lächerlichkeit. Das kommt davon, wenn eine einsichtslose, knieweiche Mehrheit der Autorität grauer Theoretiker und dünkelhafter Bürokraten mehr vertraut als dem Rate erprobter Fachmänner. Vom grünen Tisch aus, unbeschwert von praktischer Erfahrung, versuchte man einen Sturmangriff auf die Selbstverwaltung und schoß dabei in blindwütigem Eifer über das Ziel hinaus. Nicht bloß die Selbstverwaltung, die man treffen wollte, sondern die ganze Bevölkerung und damit auch das Staatswesen selbst wird durch dieses Gesetz schwer geschädigt. Blinder Eifer schadet nur. Das ist eine alte Geschichte. Leider scheinen die verantwortlichen Redakteure noch immer nicht diese Mißgeburt preisgeben zu wollen, sie schämen sich offenbar, mannhaft einzugestehen, daß sie einen schweren Fehler begangen haben, und möchten sich um eine Neuformung dieses aus ihrer Retorte entsprungenen Homunkulus so lange als möglich herumdrücken. Höchstens via facti soll etwas zur Verhütung des Zusammenbruches einzelner Gemeinden und Bezirke geschehen, so sagte neulich ein Minister. Mit derartigen Hausmitteln, die bloß zur Verdeckung der häßlichsten Auswüchse dienen können, ist aber nichts getan, das Übel muß an der Wurzel bekämpft und ab ovo ausgerottet werden. Es unter der Oberfläche weiter schwären zu lassen, wie es gegenwärtig der Fall ist, wäre ein Verbrechen, das sich einmal bitter rächen müßte. Nicht der Prestigestandpunkt darf maßgebend sein, sondern einzig und allein das Wohl der Bevölkerung, und das verlangt gebieterisch die eheste Beseitigung dieses unmöglichen Finanzgesetzes und die Wiedereinräumung einer entsprechenden Finanzhoheit an die Selbstverwaltung. Geben Sie der Gemeinde, was der Gemeinde ist, dann werden Sie auch für den Staat bekommen, was des Staates ist. Bedenken Sie, meine Herren von der Gegenseite, den alten Grundsatz: Vorbeugen ist hundertmal besser als heilen und handeln Sie rasch, ehe es zu spät wird, damit es dereinst nicht von Ihnen heißt: "Die im Irrtum beharren, das sind die Narren", sondern im Gegenteil: "Die durch Irrtum zur Wahrheit reisen, das sind die Weisen".

Sie sehen, daß mir Parteiselbstsucht ferne liegt, sonst hätte ich der geehrten Regierungsmehrheit nicht so zugeredet, das zu tun, was vielleicht allein imstande ist, ihr stark gesunkenes Ansehen in den Augen der Wählerschaft einigermaßen wieder herzustellen. Mir und meiner Partei geht es nur um das Wohl unseres deutschen Volkes, und weil dieses jetzt in unseren Gemeinden und Bezirken am meisten durch das unselige Finanzgesetz für die Selbstverwaltungskörper gefährdet ist, fordern wir vor allem die ja angeblich an der Macht befindlichen deutschen Parteien, ohne deren Stimmen das Gesetz nie zustande gekommen wäre, eindringlichst auf, schleunigst eine Novellierung dieses schäbigen Machwerkes durchzusetzen, und zwar in einer Form, die den gerechten Wünschen unserer Selbstverwaltung entspricht. Die Aufgabe einer Regierungsmehrheit darf sich nicht im Apportieren der von einer hohen Bürokratie gewünschten Vorlagen erschöpfen, ihre Pflicht ist es auch, die Oberaufsicht über die gesamte Verwaltung zu führen und Übelstände, die sich bei der Handhabung der Gesetze ergeben, nötigenfalls gegen den Willen einzelner hoher Herren zu beseitigen. Wenn Sie dazu nicht die Kraft oder den Mut aufbringen, dann beweisen Sie vor aller Welt Ihre parlamentarische Unfähigkeit. Im Verbande der deutschen Selbstverwaltungskörper haben Ihre offiziellen Vertreter, die Vertreter der Christlichsozialen, des Bundes der Landwirte und der Gewerbepartei selbst erklärt, daß dieses Finanzgesetz unmöglich sei und unmöglich durchgeführt werden könne und daß es je früher desto besser geändert werden müsse. Da auch die èechischen Gemeinden und Bezirke der gleichen Ansicht sind, ferner die Handels- und Gewerbekammern, die Industriellenverbände und viele andere Körperschaften bereits eingesehen haben, daß es so einfach nicht weiter geht, könnte man meinen, die Novellierung werde keine Schwierigkeiten bereiten. Überhaupt gehört es doch in der èechoslovakischen Gesetzgebung zum guten Ton, zu jedem halbwegs wichtigen Gesetz sobald als möglich mindestens eine Novelle zu schreiben. Warum zögert man also in diesem Falle damit, warum will man diese schöne Gepflogenheit gerade dann verleugnen, wenn sie wirklich am Platze wäre? Lassen Sie doch endlich einmal eine Sachverständigen-Enquete einberufen, damit nicht etwa wieder die Federfuchser das Pferd vom Schwanze aufzäumen. Und den Ministern Èerný und Dr. Engliš, die ja die Hauptbefürworter und Väter dieses Gesetzes sind, würde ich empfehlen, zunächst einmal noch unter der Herrschaft dieses Finanzgesetzes ein Bürgermeisteramt in einer mittleren lndustriestadt zu übernehmen, damit sie am eigenen Leibe kennen lernen, was sie verbrochen haben. Sollten oder wollten sie vielleicht diese ihnen anempfohlene Kur nicht machen, sollten sie das ablehnen, dann mögen sie sich wenigstens nicht länger von Leuten ihres Schlags, sondern von Praktikern sagen lassen, was unserer Selbstverwaltung frommt.

Wenn Sie das aber außeracht lassen, wenn Sie das gleichgültig läßt, dann unterwühlen Sie mit Absicht die Grundfesten jeglicher Selbstverwaltung. Damit aber - das sei Ihnen gesagt - unterwühlen Sie aber auch den Staat und müßten deshalb eigentlich nach dem Schutzgesetz vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden. Wenn Sie Schulter an Schulter mit den deutschen Regierungsparteien auf diese Weise ein Chaos herbeiführen wollen, so ist das schließlich Ihre Sache. Wir legen jedoch auf das entschiedenste Verwahrung dagegen ein, daß, wie ich ja an dem Beispiel Schlesiens nachgewiesen habe, durch die Fondswirtschaft einseitig èechische Interessen gefördert und deutsche mit Füßen getreten werden. Darum wird bei uns nicht früher Ruhe in der Selbstverwaltung eintreten, bis das Gesetz vom 15. Juni 1927, Nr. 77, geändert und durch vernünftige Bestimmungen ersetzt wird. Solange das nicht geschehen ist, werden wir nicht müde werden, immer wieder den Ruf erschallen zu lassen: Heraus mit einer gründlichen Novelle zum Finanzgesetz für die Selbstverwaltung! (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)

2. Øeè posl. Heegera (viz str. 24 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Das vorliegende Gesetz wurde bereits im Senat beschlossen und soll nun jetzt auch im Abgeordnetenhause der Erledigung zugeführt werden. Im großen und ganzen wird an dem bisherigen Zustand nichts geändert mit Ausnahme einiger Erleichterungen, die aber wieder durch eine Reihe von Ermächtigungen, die in dem Gesetz enthalten sind, aus der Welt geschafft werden könnten. Die Vorlage entspricht natürlich nicht im geringsten den an ein Paßgesetz zu stellenden Anforderungen und es trägt auch nicht das Geringste dazu bei, die Hindernisse der Verkehrsfreiheit, die mit dem Paß- und Visumzwang im Zusammenhange stehen, irgendwie abzuschaffen oder auch bedeutend zu erleichtern. Wir sind nun der Auffassung, daß in einer Zeit, wo man so viel von der endlich vollzogenen Staatskonsolidierung spricht und wo bei jeder Gelegenheit auf das nachdrücklichste betont wird, daß wir mit der ganzen Welt in Freundschaft leben, daß wir überall das beste Einvernehmen hergestellt haben, daß in einer solchen Zeit doch endlich daran gedacht werden müßte, die gegenwärtigen hemmenden Verkehrsschranken aufzuheben, den Paß- und Visumzwang vollständig abzuschaffen. Man sollte doch meinen, daß die Notwendigkeit auf Grund unserer ganzen wirtschaftlichen Verhältnisse zu dieser Aufhebung gegeben ist und es sollten sich die Herren von der Regierungsmehrheit es doch endlich einmal abgewöhnen, als Argument für die Beibehaltung des Paß- und Visumzwanges immer ins Treffen zu führen, daß sie aus wirtschaftlichen Gründen und aus Gründen der staatlichen Sicherheit notwendig erscheint.

In der Vorkriegszeit herrschte vollständig freier Verkehr in allen Staaten. Es wurde niemand durch Paß- oder Visumzwang gehindert, die Verkehrsfreiheit war nicht eingeschränkt und kein Mensch kann behaupten., daß dadurch die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Sicherheit irgend eines Staates gefährdet worden wäre. Wenn man es auch noch verstehen kann, daß die Zeiten des Krieges außerordentliche Maßnahmen erforderten, vor allem deshalb, weil ein freundschaftlicher. Verkehr mit den einzelnen Staaten damals nicht möglich war. Wo sich diese Staaten bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden, ein ausgezeichnet organisiertes Spitzelsystem mit einem ungeheueren Aufwand von Kosten erhielten, damals konnte man solche Zwangsmaßnahmen noch verstehen. Aber heute, wo bei jeder Gelegenheit der Herr Außenminister und die Herren von der Regierung immer und immer wieder erklären daß wir mit allen Staaten in Frieden, in bestem Einvernehmen leben, daß uns mit allen Staaten eine herzliche Freundschaft verbindet und daß wir restlos konsolidiert sind, wo wir also eigentlich nichts mehr zu fürchten haben, da könnte man doch endlich einmal daran schreiten, die Auflassung der Verkehrsschranken durchzuführen. Wir sind für gründliche Arbeit und fordern grundsätzlich die vollständige Verkehrsfreiheit und die gänzliche Abschaffung des Paß- und Visumzwanges. Mit dem vorliegenden Gesetz wird diese Forderung auch nicht annähernd erfüllt. Es schafft zwar einige kleinere Erleichterungen, ändert aber im großen und ganzen an dem bisherigen Zustand verdammt wenig und für die Arbeiterschaft dieses Staates kommen diese Erleichterungen überhaupt nicht in Betracht und haben gar keine Bedeutung, weil, wenn es sich um ausländische Arbeiter handelt, sie trotzdem den Paßzwang unterworfen sind und außerdem noch eine weitere Verschärfung auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes zum Schutze des heimischen Arbeitsmarktes erdulden müssen, indem sie nach diesem Gesetz außer dem Paß noch eine ausdrückliche Aufenthaltsbewilligung benötigen. Dabei gibt es in dem neuen Gesetz, das gegen den alten Zustand gewisse Erleichterungen bringen soll, gleichzeitig einige Bestimmungen, die Ermächtigungen an die Regierung, an einzelne Minister, ja selbst an einzelne Beamte der Staatsverwaltung festlegen, so daß es diesen Organen möglich ist, unter gewissen Voraussetzungen die Ausstellung der Pässe zu verweigern, besonders wenn es die sogenannten wirtschaftlichen Interessen oder die staatliche Sicherheit erfordern. Unter Berufung auf diese Kautschukbestimmung kann natürlich jeder Beamte ohne jede nähere Angabe der Gründe die Ausstellung eines Passes verweigern und die Bevölkerung ist in dieser Frage vollkommen dem Gutdünken des Beamten, seiner Willkür und Laune preisgegeben, weil er eben die Ausstellung des Passes unter Berufung auf diese Bestimmung ohne nähere Angabe von Gründen verweigern kann. Besonders kommt aber in Betracht, daß gegen diese Willkür keine Handhabe geboten ist, weil bei Verweigerung der Ausstellung des Passes der Rekursweg unzulässig ist.


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