Es scheint, daß unsere Regierung die
Absicht hat, das Jubiläumsjahr dazu auszunützen, um
einen Rekord an arbeiterfeindlichen Gesetzen zu schaffen, was
nicht so leicht ist, wenn man bedenkt, was in den verflossenen
Jahren auf diesem Gebiete geleistet wurde. Auch das derzeit
zur Beratung stehende Gesetz ist ein solches durchaus arbeiterfeindliches
Gesetz, das in den ganzen Rahmen dieser Maßnahmen hineingehört.
Und es wird um nichts weniger arbeiterfeindlich dadurch, daß
die Regierung die Heuchelei besitzt, dieses Gesetz als ein Gesetz
zum Schutze der Arbeiter auszugeben. Die einzelnen Bestimmungen
dieses Gesetzes sind ganz ungeheuerlich. Es hat eigentlich nur
die Form eines Gesetzes, sein wirklicher Sinn ist aber, daß
der Regierung und den Behörden vollständig freie Willkür
geschaffen wird, daß sie die Möglichkeit hat, ganz
nach Belieben zu verfügen und sich durch keinerlei Beschränkungen
einengen zu lassen.
In dem Gesetze wird bestimmt, daß durch
die politischen Behörden zweiter Instanz Bewilligungen für
ausländische Arbeiter erteilt werden müssen, u. zw.
müssen diese Bewilligungen für jeden einzelnen Unternehmer,
für jeden einzelnen Betrieb, für jeden einzelnen Arbeiter,
für eine ganz bestimmte Zeit gesondert erteilt werden. Es
wird ferner bestimmt, daß diese Bewilligungen an irgendwelche
Bedingungen geknüpft werden können, ohne daß nur
im geringsten irgendetwas darüber gesagt wird, welcher Art
diese Bedingungen sein können, daß also der Willkür
der Behörden vollständig freier Spielraum gelassen ist,
so daß sie bei jedem einzelnen irgendwelche Bedingungen,
die ihnen gut scheinen, stellen und es von diesen Bedingungen
abhängig machen können, ob der betreffende Arbeiter
beschäftigt werden kann oder nicht. In dem Gesetz wird weiters
bestimmt, daß die Regierung die Möglichkeit hat, es
für bestimmte Zeiten, auch für eine ganz unbestimmte
Zeit, für bestimmte Berufe oder Beschäftigungsarten,
für bestimmte Betätigungen je nach Belieben außer
Kraft zu setzen oder wieder in Kraft zu setzen, daß die
Regierung ferner die Vollmacht hat, gegenüber gesetzlichen
Bestimmungen in anderen Ländern, ohne irgendjemanden zu befragen,
Repressalien zu üben, Gegenmaßnahmen zu treffen, daß
die Regierung auch das Recht hat, bei den sogenannten Grenzgängern
überhaupt irgendwelche Verfügungen zu erlassen, ohne
daß in dem Gesetze irgendwelche Einschränkung für
die Art dieser Verfügungen besteht. Das Gesetz verfügt
weiter, daß nur in drei namentlich aufgezählten Fällen
die Bewilligung überhaupt erteilt werden darf. Das ist der
einzige Punkt, in welchem das Gesetz sehr bestimmt spricht, während
in allen anderen Punkten eben die Regierung machen kann, was sie
will. Aber die Erlaubnis darf nur in den drei Fällen erteilt
werden, sodaß, wenn irgendein noch so notwendiger Fall vorhanden
ist, der in diese drei aufgezählten Punkte nicht gehört,
die Erlaubnis nach dem Gesetz nicht erteilt werden kann, wenn
nicht gerade die Regierung für diese Zeit das Gesetz außer
Kraft gesetzt hat.
Alle diese Bestimmungen zeigen ganz deutlich,
daß es sich nur darum handelt, der Regierung auf diesem
Gebiete völlig freie Hand zu geben. Sehr bezeichnend ist
auch der Motivenbericht zu diesem Gesetze. Interessant ist in
diesem Motivenbericht vor allem ein Eingeständnis, das wir
sonst von einem kapitalistischen Staat sehr selten hören.
In diesem Motivenbericht wird nämlich zugegeben, daß
wir mit einer wirtschaftlich krisenhaften Situation in allen kapitalistischen
Ländern und auch in der Èechoslovakei überhaupt
auf die Dauer zu rechnen haben. Mit anderen Worten, dieses Dokument,
von Kapitalisten verfaßt, gibt im Motivenbericht
den Bankrott des Kapitalismus zu, es gibt zu, daß die Kapitalisten
überhaupt nicht mehr imstande sind, normale Verhältnisse
herzustellen. Das ist aber auch das einzige, was in diesem ganzen
Motivenbericht richtig ist. Alles andere darin ist nur darauf
berechnet, die Öffentlichkeit und vor allem die Arbeiter
zu betrügen. In dem Motivenbericht wird auf die Verhältnisse
in anderen Ländern hingewiesen, und da ist es bezeichnend,
daß sogar nach den Zugeständnissen dieses Motivenberichtes
festgestellt werden kann, daß in manchen Bestimmungen sogar
fascistische Länder eine arbeiterfreundlichere Praxis haben,
als nach diesem Gesetz hier bei uns eingeführt werden soll.
Es wird in diesem Motivenbericht auch Rußland erwähnt.
Bescheidenerweise wird von Rußland nur gesagt, daß
dort der Schutz des Arbeitsmarktes durch die Paßbestimmungen
erfolgt und es wird darauf hingewiesen, daß Rußland
das große Verbrechen begeht, von jedem, der einen Paß
nach Rußland haben will, einen Fragebogen ausfüllen
zu lassen. Das ist alles, was in diesem Motivenbericht von Sowjetrußland
festgestellt wird. Daraus allein geht schon hervor, daß
in der Sowjetunion derartige Bestimmungen nicht angewendet werden,
wie sie hier in diesem Gesetz für diese demokratische Republik
in Aussicht genommen sind. Aber die Dinge liegen in Wirklichkeit
etwas anders und das steht in diesem Motivenbericht nicht drin.
In der Sowjetunion - und die müßte man sich doch als
Beispiel nehmen, wenn man wirklich den Schutz der Arbeiter im
Auge hätte, weil man fragen müßte, wie das in
einem Staate gemacht wird, wo die Arbeiter herrschen sehen wir
nicht nur nicht solche Beschränkungen für ausländische
Arbeiter, sondern die gesetzliche Festlegung in der Verfassung
der Sowjetunion, daß alle Arbeiter ohne Unterschied ihrer
Nationalität und Staatsangehörigkeit in jeder Hinsicht
vollständig gleichberechtigt sind, daß sie dort auch
das Wahlrecht haben, daß es überhaupt keine Einschränkung
und nur Gleichberechtigung gibt. So geht ein Staat vor, der wirklich
die Arbeiterschaft schützen will. Auf diesen Staat und diese
Bestimmung kann sich allerdings der Motivenbericht selbstverständlich
nicht berufen, obwohl er am russischen Beispiel sehen könnte,
was zum Arbeiterschutz notwendig ist. Es wurde hier schon von
einer Reihe von Vorrednern darauf hingewiesen, daß auch
die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt
zur Begründung dieses Gesetzes absolut nicht herangezogen
werden können. Es wurde darauf hingewiesen, daß, während
fremde Arbeiter nur in sehr geringer Zahl bei uns arbeiten,
eine große Zahl èechoslovakischer Arbeiter und zwar
über 500.000 in Deutschland und über 300.000 in Österreich
arbeiten, daß also auch die èechoslovakische Arbeiterschaft
in diesen Staaten schon durch die bloße Möglichkeit
von Repressalien und Gegenmaßnahmen durch
dieses Gesetz in schwerster Weise geschädigt wird. Ich verweise
darauf, daß unter den Arbeitern des Grenzgebietes unseres
Staates die bloße Nachricht, daß ein solches Gesetz
geschaffen werden soll, schon eine große Unruhe hervorgerufen
hat, weil auch die hier beschäftigten Arbeiter unseres Staates
sehr genau empfinden, daß sich dieses Gesetz nicht zu ihrem
Schutze auswirken würde, sondern im Gegenteil. Ich habe hier
den Brief eines Arbeiters aus dem Grenzgebiete, in welchem diese
Beunruhigung sehr deutlich zum Ausdruck kommt und auch die Tatsachen
festgestellt werden, die für die Beurteilung in Betracht
kommen.
Hier heißt es: "Die Anzahl der aus Deutschland in der
Èechoslovakei arbeitenden Arbeiter ist augenblicklich sehr
gering. Dermalen beschränkt sich die Anzahl
auf den speziellen technischen Bedarf, als Monteure, Meister und
Spezialarbeiter. Anders ist es mit den inländischen Arbeitern,
die im Ausland arbeiten. Es arbeiten in den Grenzgebieten: Aus
dem Bezirke Warnsdorf in Großschönau-Seifhennersdorf
in Sachsen ca. 500 Arbeiter in der Textil- und Metallindustrie.
Aus dem Bezirke Rumburg in Seifhennersdorf-Neugersdorf Ebersbach
in Sachsen in der Textil- und Metallindustrie ca. 1500 Leute.
Aus dem Bezirke Schluckenau nach Neugersdorf-Ebersbach-Sohland
und Sebnitz in Sachsen ca. 2000 Leute in der Textil-, Metall-
und Blumenindustrie. Während der Bausaison waren im angrenzenden
Sachsen ca. 500 Bauarbeiter beschäftigt, davon 100 bis 150
Leute aus dem Böhmerwald. Schon haben einige sächsische
Textilbetriebe Feierschichten eingelegt, von welchen vor allem
die böhmischen Arbeiter betroffen werden. Aus Gesprächen
der sächsischen Arbeiter konnte ich in der vorigen Woche
entnehmen, daß eine verärgerte Stimmung besteht."
Aus diesem Brief geht die Unruhe hervor, die in der Arbeiterschaft
herrscht, es zeigt aber - und das ist genau so in den anderen
Grenzgebieten - wie die Verhältnisse tatsächlich sind,
daß es hauptsächlich unsere Arbeiter sind, welche im
Auslande arbeiten und auch den größten Teil der sogenannten
Grenzgänger bilden, gegen welche dieses Gesetz geradezu in
drakonischer Weise vorgeht, indem es der Regierung die Möglichkeit
gibt, vollständig nach Belieben Bestimmungen zu treffen,
was zur Folge haben muß, daß die anderen Regierungen
in derselben Weise vorgehen und unsere Arbeiter so in schwerster
Weise geschädigt werden. Wie wenig übrigens die Regierung
daran denkt, die Arbeiter wirklich zu schützen, das zeigt
auch eine Reihe von Tatsachen gerade der letzten Tage, das Verhalten
der Regierung in Reichenberg, wo die Arbeiter durch Hausdurchsuchungen
vor der Abhaltung der Elementarschulen "geschützt"
werden, das Verhalten in Freiwaldau, die Vorbereitungen für
den Bergarbeiterstreik u. s. w. Welches ist der wahre Zweck des
Gesetzes? Der wahre Zweck dieses Gesetzes ist der, die ausländischen
Arbeiter hier unter eine vollkommene Polizeiaufsicht zu stellen
und sie vollständig der Willkür der Behörden auszuliefern,
sie wirtschaftlich vollständig abhängig zu machen und
zu versklaven dadurch, daß die ausländischen Arbeiter,
die ohnedies schon unter ungünstigeren Bedingungen arbeiten,
unter ein solches Ausnahmsrecht gestellt werden, daß sie
in ihrer Existenz von der Behörde abhängig sind, weil
die Behörde jederzeit in der Lage ist, durch dieses Gesetz
den Betreffenden Arbeiter hier nicht arbeiten zu lassen, so daß
er entlassen werden kann. Dadurch sollen diese Arbeiter auch in
ihrer Kampfkraft geschwächt werden. Dadurch sollen die Unternehmer
auch eine Waffe gegen die eigene Arbeiterschaft hier in die Hand
bekommen. Wir stehen jetzt vor einem großen gewaltigen Kampf
im Bergbau. Da wird es für die Unternehmer sehr wertvoll
sein, wenn unter den Bergarbeitern eine Reihe von Arbeitern zu
finden ist, welche fürchten müssen, daß sie, wenn
sie energisch die Interessen des Proletariats vertreten, wenn
sie ihre Solidaritätspflicht erfüllen, dann den Behörden
auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sind, daß sie jeden Tag
um ihre Existenz gebracht werden können. Derartige Maßnahmen
wirken sich dann nicht bloß gegen die betroffenen ausländischen
Arbeiter aus, sondern man will diese Arbeiter unter dem wirtschaftlichen
Terror dann auch gegen die eigene Arbeiterschaft ausnützen.
Deshalb muß ich erklären, daß ich sehr erstaunt
war, in einem sozialdemokratischen Blatte, im "Sozialdemokrat"
eine Kritik gegen diesen unsern kommunistischen Standpunkt zu
lesen, daß die Schädigung der ausländischen Arbeiter
auch zugleich eine Schädigung der inländischen Arbeiter
bedeutet. Daß auch in dieser Kritik behauptet wird, daß,
wenn wir uns gegen dieses Gesetz als Willkürgesetz wenden,
welches der Behörde alle mögliche Vollmacht gibt, daß
wir dadurch irgend wie für dieses Gesetz eintreten und es
nicht prinzipiell ablehnen. Wir haben vor allem Anfang an diesem
Gesetz gegenüber eine grundsätzlich ablehnende Haltung
eingenommen. Ich kann nicht begreifen, daß ein sozialdemokratisches
Blatt leugnen kann, daß dieses Gesetz tatsächlich eine
Schädigung der gesamten Arbeiter ist, der fremden Arbeiter
ebenso wie unserer Arbeiter, die in der Fremde und in diesem Staate
arbeiten. Die gesamte Arbeiterschaft ist durch dieses Gesetz geschädigt
und das ist auch der eigentliche Zweck dieses Gesetzes. Es ist
eben ein Gesetz, wie es in einem kapitalistischen Staat eine Selbstverständlichkeit
ist. Ich weiß, daß ich durch eine derartige Behauptung
den Unwillen des Herrn Abg. Kramáø hervorrufen
muß, der unlängst im Außenausschuß sich
bitter darüber beklagt hat, daß wir Kommunisten immer
wieder behaupten, daß in allen Staaten außer der Sowjetunion
kapitalistische Regierungen sind und daß wir sogar
soweit zu gehen behaupten, daß auch in der Èechoslovakei
eine kapitalistische Regierung existiert. Der Herr Abg. Kramáø
hat zur Widerlegung der Behauptung, daß in der Èechoslovakei
eine kapitalistische Regierung existiert, darauf
hingewiesen, daß doch niemand behaupten kann, daß
er, der Herr Dr. Kramáø,
ein kapitalistischer Abgeordneter sei. Wahrscheinlich ist er ein
sozialistischer, revolutionärer oder gar kommunistischer
Abgeordneter (Posl. Wünsch: Er ist ein durch die Sozialisierung
in Rußland Geschädigter!). Jawohl.
Aber derartige Gesetze, wie sie hier geschaffen
wurden und wie es auch dieses Gesetz ist welches jetzt zur Beratung
steht, beweisen doch vollständig klar den kapitalistischen
Charakter dieser Regierung. Und ich möchte dem Herrn Abgeordneten
Dr. Kramáø etwas
sagen, was ihn noch mehr in Erstaunen bringen wird, daß
wir nicht nur eine solche Regierung, wie die gegenwärtige,
in der nur kapitalistische Parteien vertreten sind, für eine
kapitalistische Regierung erklären müssen, sondern auch
Regierungen, in denen Sozialisten sitzen, sogar auch solche, in
denen unter Umständen lauter Sozialdemokraten sitzen, wie
die norwegische Regierung oder die Regierung Macdonalds. Das Entscheidende
ist, wasfür Politik die Regierung betreibt, ob sie, wie unsere
Regierung, eine Politik der schärfsten Offensive gegen die
Arbeiter oder, wie die Sowjetregierung, eine Politik im Interesse
der Arbeitenden betreibt. Nur danach allein kann man den Klassencharakter
der betreffenden Regierung beurteilen.
Dieses Gesetz hat noch eine andere Bedeutung.
Es hat eine politische Bedeutung, weil man durch dieses Gesetz
auch die politische Mitarbeit unmöglich machen will, weil
man auch Angestellten politischer Parteien die Betätigung
hier in diesem Staate unmöglich machen kann, und es hat schließlich
noch eine sehr ernste Bedeutung, daß es nämlich ein
Teil der Kriegsvorbereitungen der Bourgeoisie und damit ein Beweis
dafür ist, wie ernst hier zum Krieg gerüstet wird. Abg.
Taub hat unlängst behauptet, daß wir Kommunisten
die Kriegsgefahr überschätzen, daß es gar nicht
wahr sei, daß eine ernste Kriegsgefahr besteht. Ich glaube,
daß Abg. Taub damit dem Proletariat einen sehr schlechten
Dienst erwiesen hat und ich möchte ihn fragen, wie er erklären
kann, daß z. B. jetzt in Amerika 800 Millionen Dollar nur
für den Bau von neuen Kriegsschiffen ausgegeben werden, und
wenn wirklich keine Kriegsgefahr besteht, ob die Kapitalisten
so dumm sind, daß sie Millionen und Milliarden für
Rüstungen ausgeben, wenn sie nicht glauben, daß sie
diese Rüstungen auch wirklich brauchen werden.
Auch dieses Gesetz ist ein Beweis dafür,
wie ernst diese Kriegsgefahr ist, es ist ein Stück Kriegsvorbereitung.
Während des Krieges wird jeder fremde Staatsangehörige,
und insbesondere wenn er der arbeitenden Klasse angehört,
sozusagen von vornherein als Spion betrachtet. Die Bourgeoisie
hat ein großes Interesse daran, während des Krieges
die fremden Staatsangehörigen besser bewachen und sie auch
in wirtschaftlicher und politischer Abhängigkeit halten zu
können, und deshalb ist dieses Ausnahmsgesetz gegen ausländische
Arbeiter eben auch ein Stück Kriegsvorbereitung.
Bezeichnend ist die Stellung der einzelnen
Parteien zu diesem Gesetze. Daß die bürgerlichen Parteien
für dieses Gesetz schwärmen, ist eine Selbstverständlichkeit.
Merkwürdig ist nur, daß dieses Gesetz, welches doch
augenblicklich zum Schutze der Arbeiter gemacht werden soll, von
den bürgerlichen, von den kapitalistischen Vertretern begrüßt
und von den Arbeitervertretern abgelehnt wird. Allerdings
mit einer Ausnahme: sogenannter Arbeitervertreter. Die èechischen
Nationalsozialisten nämlich schämen sich nicht, hier
für ein derartiges Gesetz einzutreten und dadurch der Bourgeoisie
ihre Heuchelei und ihren Betrug zu erleichtern,
daß sie so tun kann, als ob das Gesetz wirklich zum Schutze
der Arbeiter wäre. Nicht geringer ist auch - von ihrem Standpunkte
aus - die Schande der deutschbürgerlichen Regierungsparteien,
die hier dieses Gesetz verteidigen, obwohl sie ganz genau wissen,
daß dieses Gesetz auch einen ausgesprochen nationalistischen,
deutschfeindlichen und überhaupt einen gegen die nationalen
Minderheiten gerichteten Charakter hat. Das hindert diese hundertprozentigen
Nationalisten nicht, für dieses Gesetz einzutreten, weil
es im kapitalistischen Interesse ist. Aber auch die deutschen
bürgerlichen Parteien, die zu der gegenwärtigen Regierung
scheinbar in Opposition stehen, nehmen zu diesem Gesetze eine
sehr merkwürdige Haltung ein. Sie sind in einer schwierigen
Situation. Es steht fest, daß ähnliche Gesetze in Deutschland
und in Österreich von Regierungen geschaffen wurden, für
die diese Parteien, obwohl es sich dort ebenso um kapitalistische
Regierungen handelt, schwärmen; und infolgedessen suchen
sie zu beweisen, daß dasselbe, was hier schlecht, drüben
gut ist. Sie nehmen eine Haltung ein, die deutlich zeigt, daß
es ihnen nicht um eine wirkliche grundsätzliche Gegnerschaft
gegen die Prinzipien dieses Gesetzes geht, sondern um ein Manöver,
weil sie sich in Scheinopposition befinden. Und schließlich
ist auch die Haltung der sozialdemokratischen Parteien zu diesem
Gesetze nicht geeignet, wirklich gegen die Gefahren etwas zu leisten,
welche die Arbeiterklasse hier bedrohen. Die sozialdemokratischen
Vertreter halten hier im Parlament und in den Ausschüssen
Reden gegen dieses Gesetz, sie lehnen es ab. Aber draußen,
wo sich die Arbeiter zusammenschließen zu einem wirklichen
Kampf, der nicht nur gegen die Verschlechterung und für die
Verbesserung der Sozialversicherung, der auch gegen derartige
Anschläge geführt wird, verhindern sie den Zusammenschluß
der Arbeiter, dort wenden sie alle möglichen Methoden an,
um diesen Kampf zu sabotieren; und dadurch helfen sie mit, derartige
Gesetze zu beschließen.
Wir Kommunisten lehnen selbstverständlich
dieses Gesetz mit der größten Entschiedenheit und Schärfe
ab, und wir bringen das nicht nur dadurch zum Ausdruck, daß
wir hier im Parlamente gegen dieses Gesetz auftreten und sprechen,
sondern wir werden alles tun, um draußen den Widerstand
der Massen gegen diese Politik zu organisieren. (Souhlas
a potlesk komunistických poslancù.)
Kennzeichnend für das in Beratung stehende
Gesetz, betreffend den Schutz des heimischen Arbeitsmarktes, sind
die vielen Feldzüge, die der staatliche Machtapparat im Dienste
des Kapitalismus gegen die Interessen der Arbeiterschaft geführt
hat.
Wir erinnern uns bei dieser Gelegenheit an
die großen Kämpfe der Glasarbeiter im März vorigen
Jahres, die diktiert waren von der ungeheuren Not und dem großen
Elend, in dem sich die nordböhmischen Gebiete befunden haben.
In diesem Kampfe wußten die Herrschenden nichts anderes
zu unternehmen, als gegen die Arbeiter mit Bajonetten und mit
dem Ausnahmszustand vorzugehen. Tausende von Existenzen wurden
bedroht und das war das faktische Ergebnis jener Situation, in
der ein großer Teil der schäbigsten Industrievernichter
dazu überging, um ihre Profite unter allen Umständen
zu sichern und zu einer Produktionsmethode griffen, die den vollen
Ruin einer Industrie mit sich bringen mußte. Dieser Zusammenbruch
der Industrie wurde - und das können wir heute feststellen
- einzig und allein durch die Tatsache des entschlossenen und
konsequenten Kampfes der Glasarbeiter in jenen Märztagen
verhindert. Wir können heute als Erfolg dieses Kampfes eine,
wenn auch nicht völlige, doch verhältnismäßige
Besserung der Arbeitsmöglichkeit eines großen Teiles
der Glasarbeiter feststellen. Diese Besserung ist einzig und allein
auf den entschlossenen Kampf der Glasarbeiter zurückzuführen
in dem naturgemäßen Vertrauen der Arbeiter auf ihre
Kraft zu einem Kampfe, um sich eine bessere Existenz zu sichern.
Besonders wird diese Überzeugung der Glasarbeiter durch die
Tatsache befestigt, daß die Regierung auf der Enquete vom
7. April alle Versprechungen, die sie durch ihre Vertreter und
durch die Vertreter der einzelnen Ministerien den Glasarbeitern
gemacht hat, bis heute noch nicht in die Tat umsetzte. Es wurde
auf dieser Enquete von verschiedensten Seiten der Arbeitervertreter
eine Reihe von Forderungen gestellt, die geeignet gewesen wären,
eine bessere wirtschaftliche Lage in der Glasindustrie herbeizuführen.
Aber nicht einer einzigen dieser Forderungen wurde Rechnung getragen,
Im Gegenteil, es wurden zur Unterstützung der notleidenden
Glasarbeiter, wie wir gerade in diesen Tagen feststellen können,
seitens der Regierung keine anderen Mittel gefunden, als durch
Führung von Prozessen eine ganze Reihe von Vertrauensmännern
zu vielen Monaten Kerkers zu verurteilen, Vertrauensmänner,
die nichts anderes taten, als der Arbeiterschaft gegenüber
ihre Pflicht zu erfüllen, die nichts anderes taten, als jenen
Weg zu beschreiten, der einzig und allein die Voraussetzung der
Rettung eines Industriezweiges in sich birgt. Daraus geht naturgemäß
hervor, daß die Regierung unter allen Umständen gewillt
ist, den erwähnten schäbigen Industrievernichtern unter
allen Umständen ihre Unterstützung zu leihen. Nicht
genug damit, daß die Arbeiter in den Kerker geworfen werden,
wird auch jede Kritik, die an diesen Urteilen und an der Haltung
der erwähnten Industrieschädlinge in der Presse geübt
wird, konfisziert. Ja selbst Berichte über die Prozeßverhandlungen
werden zum großen Teil konfisziert, es werden die Protestresolutionen,
die die Arbeiter in den Betriebsversammlungen beschlossen haben,
konfisziert, um so zu verhindern, daß diese ungeheuern Skandale
in die Öffentlichkeit dringen. Ja selbst in einem Artikel,
der sicherlich nichts Staatsgefährliches enthält und
in dem das industrieschädigende Treiben einiger gewissenloser
Unternehmerelemente aufgezeigt wurde, ist der größte
Teil konfisziert worden, ein Artikel, der von mir selbst verfaßt
wurde und dessen konfiszierten Teil ich jetzt zitieren werde (ète):
"Dieser Hinweis des Kreisgerichtes auf
weitestgehende Berücksichtigung mildernder Umstände
ist erstens für die Verurteilten ein Hohn, so wie für
die Glasarbeiter im allgemeinen ein nicht zu verstehendes Klassenurteil,
um sie ihrer besten Vertrauensmänner zu berauben und bedeutet
gleichzeitig, daß die Totengräber an der Industrie
ohne Furcht ungestraft ihr verbrecherisches Handwerk weiterbetreiben
können, in ihrer wahnsinnigen Profitwut weiter Hunderte von
Glasarbeitern um ihre Existenz bringen dürfen. Hunderte,
ja Tausende Arbeiter in größte Not und größtes
Elend treiben, wenn nur die Profitinteressen schäbigster
Industrievernichter nicht gestört und bedroht werden. Das
nennt sich bei uns soziale Gerechtigkeit. Es gehört ein trauriger
Mut und unberechenbare Gewissenlosigkeit dazu, Vertrauensmänner,
die sich ihrer Verantwortung jederzeit bewußt sind, den
starren Paragraphen des Gesetzes auszuliefern, um andererseits
das schändliche Handwerk weiterbetreiben zu können.
Daraus muß jeder Arbeiter wie an so vielen Beispielen erkennen,
daß kein Mittel zu schlecht ist, wenn es gilt, die um ihre
Existenz kämpfenden Arbeiter niederzuringen. Tiefste Verachtung
wo immer nur möglich und immer wieder neuer Kampf jenen Totengräbern
der Industrie, die frei sind, doch lange schon hinter Kerkermauern
gehören. Kampf gegen die am Leben des Arbeiters zehrenden
Hyänen bis zum vollen Siege muß die Losung der Arbeiter
trotz Gefängnis und Kerker sein."
Eine Notiz, die wie schon erwähnt sicherlich
nichts Staatsgefährliches enthielt, aber andererseits deutlich
aufzeigt, daß schon wieder Elemente am Werke sind, um unter
allen Umständen ihre Profite sichern zu können. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Slavíèek.)
Bei dieser Gelegenheit muß ich an den
Herrn Innenminister, der leider meistens hier abwesend ist, die
Frage richten, weshalb gerade in jenen Tagen nicht weniger als
150 Gendarmen zur Verstärkung nach Morchenstern und in die
umliegenden Orte kommandiert wurden, ohne daß die geringste
Gefahr, die geringste Regung zum Kampfe innerhalb der Arbeiterschaft
bemerkbar gewesen wäre. Trotzdem fühlte sich das Innenministerium
veranlaßt, so viel Gendarmen in die erwähnten Orte
zu schicken. Das bedeutet letzten Endes nichts anderes als eine
skandalöse Provokation der Arbeiter. Die von ihnen bewahrte
Ruhe scheint für die Herren Minister und für die Herrschenden
in diesem Staate unerträglich zu sein. Alle diese Dinge zusammengenommen
zeigen deutlich, daß es sich um ein ausgesprochenes Klassenurteil
in dem erwähnten Prozesse handelte, das lediglich den Zweck
hat, auf der einen Seite die gesamte Bewegung der Glasarbeiter
des nordböhmischen Gebietes zu zerschlagen und auf der anderen
Seite naturgemäß zur Folge haben muß, daß
jene Industrievernichter, jene um jeden Preis nach Profit jagenden
Unternehmer wiederum die Situation für sich gekommen sehen,
um ihr schändliches Handwerk weiter betreiben zu können.
Die Herrschenden wollen den Kampf, sie wollen weiter die nordböhmische
Arbeiterschaft der Verzweiflung entgegentreiben und da sagen wir
ihnen: Wenn ihnen die Ruhe unerträglich ist, wenn man die.
Glasarbeiter zum Verhungern verurteilen will, wenn man den Glasarbeitern
den Kampf ansagt, sie werden nicht kampflos zugrundegehen, sie
werden den Kampf aufnehmen, bis er siegreich nicht nur für
die Glasarbeiter, sondern für die gesamte Arbeiterschaft
beendet werden wird. Wir wollen aussprechen, daß es höchste
Zeit ist für die Herrschenden in diesem Staate, Einhalt zu
gebieten, wenn sie nicht einen zweiten 28. März erleben wollen.
Wir fordern deshalb die Regierung auf, die Aufhebung dieses Klassenurteils
zu veranlassen, alles zu tun, um einen günstigen Abschluß
der mit Deutschland geführten Zollverhandlungen herbeizuführen,
ferner schärfste Bestrafung aller Schmirgelwarenerzeuger,
wozu ja bekenntlich das neugeschaffene Gesetz betreffend den unlauteren
Wettbewerb genügend Gelegenheit bieten könnte. Wir fordern
eine entsprechende Erhöhung des Staatsbeitrages zur Arbeitslosenunterstützung
und Erweiterung der Frist, für welche die Arbeitslosenunterstützung
zu gewähren ist. Wir fordern die Anerkennung der Union der
sozialistischen Sowjetrepubliken und den Abschluß der entsprechenden
und höchst notwendigen Handelsverträge, was eine besonders
günstige Einwirkung auf ein Wiederaufleben und den Wiederaufbau
im besonderen der Glasindustrie mit sich bringen könnte.
In diesem Zusammenhang jedoch erhebe ich gleichzeitig
den schärfsten Protest gegen die Sonntag im Kreissekretariat
der kommunistischen Partei in Reichenberg durchgeführte Hausdurchsuchung,
die eine durch nichts zu begründende, die gesamte Arbeiterschaft
provozierende Maßnahme darstellt. Es ist diese Durchsuchung
nichts anderes als ein Glied in der Kette der Drangsalierungen
und Persekutionen, denen die klassenbewußte Arbeiterschaft
dieses Staates ausgesetzt ist. Wir sagen, daß trotz dieser
Drangsalierungen und Persekutionen die Arbeiter, geführt
von dem klassenbewußten Proletariat, über alle diese
Dinge hinwegeilen werden zum Siege des gesamten Proletariats.
(Potlesk komunistických poslancù.)