Aber auch aus anderen Erwägungen heraus
bleibt dieses Gesetz zum Schutze des heimischen Arbeitsmarktes
unverständlich. Die Èechoslovakei ist nun einmal ein
Exportstaat, der den Weltmarkt sowohl zum Einkaufe von Rohstoffen,
als auch zum Verkaufe seiner Waren braucht, und seine Handelspolitik,
Zollpolitik, Verkehrspolitik, ja sogar seine
Sozialpolitik nach den Bedürfnissen der Industrie einrichten
muß. Der Export von Waren steht aber im umgekehrten Verhältnis
von menschlichen Arbeitskräften. Sinkt die Möglichkeit
des Warenexportes, steigt die Abwanderung der Arbeitskräfte.
Es wäre wirtschaftlicher Selbstmord, wenn die Èechoslovakei
durch ein Gesetz auf der einen Seite die Auswanderung von Arbeitskräften
unmöglich macht, ohne gleichzeitig auf der anderen Seite
durch Hebung des Warenexportes das wirtschaftliche Gleichgewicht
herstellen zu können. Für
die Èechoslovakei kommt auch nicht die Notwendigkeit in
Betracht, die Höhe des einheimischen Lohnniveaus gegen die
Herabdrückung durch die aus dem Auslande einwandernden Arbeitskräfte
zu verteidigen und zu schützen. Nachdem der hiesige
Staat ein typischer Auswandererstaat ist, so kann niemals durch
die verhältnismäßig geringe Einwanderung das Lohnniveau
irgendwie beeinflußt werden. Außerdem findet die Zuwanderung
in die Èechoslovakei durchwegs aus Ländern mit höherer
Lohnbasis statt, denn die Èechoslovakei
ist ein Land, das unter den Nachbarstaaten nachweisbar die niedrigsten
Löhne hat, sodaß an ein Herabdrücken des Lohnniveaus
durch Zuwanderungen von Arbeitern überhaupt nicht zu denken
ist. Schließlich bringt die Einwanderung in die
Èechoslovakei nur qualifizierte Arbeitskräfte,
welche gut bezahlt werden müssen, während die Auswanderung
aus der Èechoslovakei in das Ausland ungeschulte Arbeitskräfte
führt, deren Schulung also noch das Ausland bezahlt. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda
Horák.)
Man kann die Sache drehen und wenden wie man
will, das Ergebnis bleibt immer, daß der vorliegende Entwurf
eines Gesetzes zum Schutze des heimischen Arbeitsmarktes teilweise
gänzlich überflüssig, teilweise sogar den Interessen
des Staates direkt schädlich ist. Und dazu kommt noch, daß
einzelne Bestimmungen vom gesetztechnischen Standpunkte direkt
unhaltbar und unmöglich sind.
Schon im § 1 muß die Terminisierung
des Gesetzes "auf die Dauer der ungünstigen Verhältnisse
auf dem heimischen Arbeitsmarkte" mit aller Entschiedenheit
zurückgewiesen werden. Wenn schon der Gesetzgeber eine solche
Textierung wählt, dann ist er doch zumindest verpflichtet,
im Gesetze selbst ganz genau zu umschreiben, welche Verhältnisse
auf dem Arbeitsmarkt als günstige oder ungünstige zu
bezeichnen sind, ferner welches Amt über die Qualität
der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt in letzter Instanz
inappellabel entscheidet. Da dies in dem vorliegenden Gesetze
nirgends geschieht, ist diese gesetzliche Bestimmung ein Monstrum.
Sie steht aber mit den tasächlichen Verhältnissen der
Gegenwart auch im Widerspruche. Wenn man unter den ungünstigen
Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkte die "Arbeitslosigkeit"
verstehen will, so kommt das vorliegende Gesetz zu einer Zeit
heraus, wo nachweisbar die Arbeitslosigkeit in der Èechoslovakei
am geringsten ist. Denn sie sank von ihrer höchsten Ziffer
321.000 im Jänner 1923 ständig bis auf 36.000 im Dezember
1927. Die Ziffer der Arbeitslosen wird niemals ganz verschwinden.
Wenn also die genannte Textierung des §
1 aufrecht erhalten bleibt, so müßte eigentlich das
Gesetz am Tage seiner Sanktionierung gleich außer Wirksamkeit
gesetzt werden. Difficile est, satiram non scribere.
Auch der § 2 muß schwere Bedenken
durch die Bestimmung hervorrufen, daß dieses Gesetz keine
Anwendung nur auf jene Ausländer finden soll, die vor dem
1. Mai 1923 ihren Arbeitsplatz im hiesigen Inlande angetreten
haben. Das Gesetz kann doch nur den Zweck haben, in Hinkunft die
Einwanderung zu kontrollieren, es darf aber nicht die Möglichkeit
bieten, die unter der Rechtswirksamkeit früherer administrativer
Bestimmungen Eingewanderten ihrer erworbenen Rechte zu berauben
und sie nachträglich auszuweisen.
Der § 3 umschreibt den Kreis der Personen,
auf welche das Gesetz Anwendung finden soll, doch etwas zu weit.
Im Interesse unserer Volkswirtschaft müssen wir wohl verlangen,
daß das Gesetz nicht gelten soll für Angestellte in
leitender Stellung, für Arbeitnehmer von ausländischen
Niederlassungen eines Unternehmens, die zur Ausbildung anderer
in eine inländische Zweiganstalt berufen werden, ferner für
Arbeitnehmer, die zur Bedienung ausländischer Spezialmaschinen
auf Grund eines Vertrages verpflichtet werden müssen, ferner
für alle Lehrlinge, Volontäre, Praktikanten und sonstige
Personen, die zu eigenen Ausbildungszwecken ohne Entlohnung angestellt
werden.
Der § 5 bedarf einer Umänderung in
dem Sinne, daß die Genehmigung zur Anstellung von Ausländern
nur den Arbeitsämtern oder mindestens den politischen Bezirksämtern
zusteht. Die politischen Landesverwaltungen kommen dafür
überhaupt nicht in Betracht, weil sie die Bedürfnisse
eines Unternehmens zu beurteilen nicht in der Lage sind. Ferner
fehlt hier eine Bestimmung, daß ein Gesuch um Ausländerbeschäftigung,
das nicht binnen 14 Tagen erledigt ist, als bewilligt gelten soll.
Auch muß im Gesetze eine Rekursmöglichkeit gegen eine
abweisliche Entscheidung geschaffen werden. Unbedingt wäre
im Gesetze auch die Gebührenfrage in der Richtung zu regeln,
daß die Verwaltungsabgabe je nach der Dienststellung
des Ausländers 10 bis 50 Kè nicht übersteigen
darf. Außerdem soll die Bewilligung grundsätzlich für
mindestens 5 Jahre oder länger gegeben werden, und darf nicht
von Bedingungen abhängig gemacht werden, die im Gesetze nicht
vollinhaltlich und erschöpfend aufgezählt
sind.
Bei den Strafbestimmungen des § 11 wären
die Strafsätze unbedingt zu mildern und Freiheitsstrafen
auf alle Fälle nicht in Aussicht zu nehmen.
Die geplanten kurzen Meldefristen und die Vorlage
umständlicher und überflüssiger Verzeichnisse müssen
als unwirtschaftliche und zwecklose Belastung zurückgewiesen
werden.
Aus meinen Ausführungen geht zur Genüge
hervor, daß das vorliegende Gesetz zum Schutze des heimischen
Arbeitsmarktes unzeitgemäß, nicht zweckdienlich und
in seiner Textierung vollkommen verfehlt ist. Das einzig Mögliche
wäre, daß die Regierung ihren Antrag zurückzieht.
Weil aber die Regierungsmehrheit entschlossen ist, das Gesetz
noch dazu in völlig ungeändertem Zustand anzunehmen,
so wird meine Partei in der ersten und zweiten Lösung gegen
das ganze Gesetz und seine einzelnen Bestimmungen stimmen, um
nicht mitschuldig zu werden an einer Ordnung, die sich in kürzester
Zeit als Wirrwarr und Verschlechterung des heutigen Zustandes
erweisen muß, woran eine noch so wohlgemeinte Durchführungsverordnung
nicht das Geringste wird ändern können. (Potlesk
poslancù nìm. strany národni.)
Hohes Haus! Wir beraten ein völlig überflüssiges
Gesetz. Es ist nicht nur überflüssig, sondern für
die Arbeiter nachteilig und es gehört schon ein gewisser
Unternehmungsgeist dazu, die Vorlage, die jetzt verhandelt wird,
als ein sozialpolitisches Werk zu bezeichnen, das für die
Arbeiter geschaffen werde. Der Motivenbericht des sozialpolitischen
Ausschusses, der die Beschlüsse und die Entscheidung der
Mehrheit des Ausschusses begründet, arbeitet mit Unrichtigkeiten.
Es wird darin behauptet, die Arbeiterschaft hätte nach einem
solchen Gesetze Verlangen gehabt. Mir sind die Beschlüsse
und die Forderungen der èechoslovakischen Arbeiterschaft,
ihrer Gewerkschaften und ihrer Organisationen vom Jahre 1919 angefangen
bis zum heutigen Tage bekannt, aber in allen diesen Beschlüssen
und all den sozialpolitischen Programmen, die beschlossen worden
sind, befindet sich keine Forderung nach einem
Schutzgesetz für den inländischen Arbeitsmarkt. Daher
vermuten wir und sind auch davon überzeugt, daß andere
Gründe, ganz andere Motive zu dieser Vorlage geführt
haben.
Wir lehnen den Grund ab, mit dem in der Öffentlichkeit
und auch im Ausschuß gearbeitet worden ist, daß die
Abschaffung des Visumzwanges undenkbar sei ohne ein solches Schutzgesetz
für den Arbeitsmarkt. Mit den Erschwerungen des Personenverkehrs,
die seit Beginn des Krieges bestehen, hat dieses Gesetz gar nichts
zu tun und wenn der inländische Arbeitsmarkt in der Èechoslovakei
jemals einen besonderen Schutz erfordert hat, so kann man das
nicht von dem Stand des Arbeitsmarktes der Gegenwart sagen.
Es ist falsch und oberflächlich gedacht,
wenn bei der Begründung des Gesetzentwurfes auf Deutschland
und auf Österreich hingewiesen wird. In Deutschland ist nicht
nur die Frage des Schutzes des Arbeitsmarktes, soweit sie ihn
dort für notwendig gehalten haben, auf dem Verordnungswege
mit Zuhilfenahme der Arbeitsvermittlungsämter gelöst
worden, sondern es werden in Deutschland die dafür geltenden
Bestimmungen auch in sehr liberaler Weise gehandhabt. Ich will
das an einer einzigen Zahl zeigen. Wir haben in Deutschland
unter den èechoslovakischen Arbeitern, die dort beschäftigt
sind, über 33.000, von denen ein großer Teil überhaupt
keiner Legitimationspflicht unterliegt. Von diesen 33.000 èechoslovakischen
Arbeitern, die in den deutschen Ländern
beschäftigt sind, gibt es 27.600, die, einen sogenannten
Befreiungsausweis haben, der sie von jeder Legitimationspflicht
befreit. Außerdem herrschen in einigen Staaten Deutschlands
Einrichtungen, die es den ausländischen Arbeitern noch leichter
ermöglichen, drüben dauernde Beschäftigung
zu finden. Der Freistaat Sachsen kennt z. B. eine solche Legitimationspflicht
für ausländische Arbeiter nicht und es besteht wirklich
die Gefahr, daß, wenn die Èechoslovakei jetzt im
Jahre 1928 ein derartiges Gesetz beschließt,
Deutschland sich sagt: Darauf müssen wir auch durch Maßnahmen
antworten, darauf müssen wir unsere Verordnungen, die den
Schutz des Arbeitsmarktes bezwecken, viel strenger handhaben als
bisher. Und die Folge davon wird sein, daß wir auf diesem
Wege tausenden und abertausenden èechoslovakischen Arbeitern
in Deutschland schweren Schaden zufügen. Es wurde schon darauf
hingewiesen, daß in Österreich ebenfalls eine außergewöhnlich
große Zahl èechoslovakischer Arbeiter beschäftigt
ist. 120.000 èechoslovakische Staatsbürger
hat allein Wien aufzuweisen. Dabei erinnere ich daran, daß
das österreichische Gesetz im Jahre 1925 geschaffen wurde,
mit 1. Jänner 1926 ist es in Kraft getreten. Und wenn man
heute mit der Bestimmung im Gesetzentwurf kommt, nach welcher
ausländische Arbeiter, die vor dem 1. Mai 1923 hier beschäftigt
waren, nicht mehr der nachträglichen Kontrolle unterliegen,
so ist das nicht mit dem Hinweis auf die gleiche Bestimmung im
österreichischen Gesetz zu begründen. Das wurde im Jahre
1925 in Österreich beschlossen heute haben wir das Jahr 1928
und wir sehen, daß man in Österreich auch bei dieser
Bestimmung den ausländischen Arbeitskräften viel weiter
Rechnung getragen hat, als es hier in diesem Gesetze geschieht.
Es gibt aber Berufe, für die ein Schutz
des Arbeitsmarktes, ein solches Schutzgesetz ganz besonders nachteilig
ist. Es sei daran erinnert, daß der Beruf der Schauspieler,
der Bühnenangestellten in schweren wirtschaftlichen Nachteil
gebracht wird, wenn sich die Bestimmung des Schutzes des Arbeitsmarktes
auch auf diesen Beruf bezieht. Der § 3 des Gesetzes schließt
ja alle Angestellter, alle Arbeitnehmer ein, das Gesetz kann also
auch auf die Bühnenangestellten bezogen werden. Heißt
es doch hier: "Wer einen Ausländer, auf den sich der
§ 2 nicht bezieht, als Arbeiter, Angestellter, Haushaltungsgehilfen,
als Arbeitnehmer in höheren Privatdiensten oder als Lehrling
u. s. w. beschäftigt, der hat die Bewilligung von der zuständigen
Behörde dafür einzuholen". Wie steht es mit den
Bühnenangestellten? Da finden wir nach den Aufstellungen
der Bühnenangestelltenorganisation Folgendes: Es sind in
der Èechoslovakei im ganzen 372 Ausländer beschäftigt.
Davon entfallen 264 Bühnenangestellte auf Österreich,
55 auf Deutschland, der andere Teil entfällt auf
die übrigen Staaten. In Deutschland und Österreich dagegen
sind im ganzen 1222 Bühnenangestellte èechoslovakischer
Staatsbürgerschaft beschäftigt. Wenn nun Deutschland
auf das Schutzgesetz bezüglich des Arbeitsmarktes mit gleichen
Maßnahmen antwortet, so wird das für
den Beruf der Bühnenangestellten ungemein schwere Folgen
nach sich ziehen, dann wird die Existenz vieler hunderte Angehöriger
dieser Berufe in Gefahr gebracht. Wenn man mit ein wenig Ernst
Gewissenhaftigkeit und Einsicht an ein solches Gesetzeswerk herangetreten
wäre, dann müßte man auch auf diese Tatsachen
Rücksicht nehmen und diese müßten im Gesetz ihre
Beachtung finden. Das ist aber nicht geschehen. Wir haben es daher
mit einem Gesetz zu tun, welches die Arbeiter nicht wollen, welches
die wirtschaftlichen Körperschaften der Arbeitnehmer ablehnen.
Wir sehen in dem Gesetz keine sozialpolitische Tat. Sie werden
es vergeblich als ein sozialpolitisches Jubiläumsgeschenk
den Arbeitern gegenüber ausgeben können, es atmet Polizeigeist,
es atmet Rückschritt, es hat nichts zu tun mit einer gesunden
Sozialpolitik.
Wir haben soeben ein Loblied auf dieses Gesetz
gehört. Es ist sehr harmlos, heißt es, der Schutz des
Arbeitsmarktes soll nicht radikal durchgeführt werden. Es
konnte nicht bestritten werden, auch vom Vorredner nicht, daß
der Arbeitsmarkt eines besonderen Schutzes nicht bedarf. Es ist
von dem Landbündler Schubert unten anderem erklärt
worden, daß auch die Handhabung des Gesetzes sicherlich
eine solche sein werde, die uns das Ausland nicht zum Gegner machen
wird. Kurz, er hat diesem Gesetzentwurf ein Lob gezollt, das wirklich
nicht mehr besser sein konnte. Wir hören im Hause sehr selten
von einem deutschen Angehörigen der Regierungsmehrheit die
Gesetzesvorlagen begründen und vertreten. Das hängt
damit zusammen, daß die deutsche Regierungsmehrheit bisher
nur sehr unpopuläre, sehr unvolkstümliche und sehr gegen
die Demokratie gerichtete Gesetze mitzubeschließen gehabt
hat. Bei diesem Gesetze hat man geglaubt, werde die Sache anders
sein und es werde als Ausweis dafür dienen können, daß
man in der jetzigen Koalitionsmehrheit auch an die Arbeiter denke.
Es sei das ein Gesetz, mit dem man sich als Freund der Arbeiterklasse,
als Freund der Industriearbeiterschaft legitimieren könne.
Wir möchten den Herren sagen, sie sollen sich nicht mit sozialpolitischen
Maßnahmen beschäftigen, nach denen die Arbeiter nicht
verlangen, die jetzige Regierung hätte, wenn sie sozialpolitische
Arbeit leisten will, auf anderen Gebieten besseres zu tun, wenn
sie dazu den Willen und die Befähigung hätte. Ich erinnere
daran, was uns alles, seitdem der Kapitalismus erstarkt ist und
die bürgerlichen Parteien in ihrer parlamentarischen Machtstellung
gestärkt wurden, dieser Staat schuldig geblieben ist. Es
sei daran erinnert, daß eine ganze Reihe sozialpolitischer
Maßnahmen in verbindlichster Form der Arbeiterschaft versprochen
worden ist. Das Schutzgesetz für die Kollektivverträge
war schon vorbereitet. Ein Gesetz über die Arbeitsvermittlung
ist im sozialpolitischen Ausschuß einmal schon zu Ende beraten
worden. Von einer Partei der jetzigen Regierungsmehrheit wurde
es im Budgetausschuß vereitelt und so ist es dahin gekommen,
daß heute von der Arbeitsvermittlung keine Rede mehr ist.
Wenn die jetzige Regierungsmehrheit bei diesem Gesetzentwurf in
Bezug auf den Schutz des Arbeitsmarktes sich lediglich zur Aufgabe
gemacht hätte, den Arbeitsmarkt zu schützen und gegen
unnötige Zuwanderung ausländischer Arbeiter gewisse
Maßnahmen zu treffen, so hätte dazu vollständig
ausgereicht ein Arbeitsvermittlungsgesetz, wie das seinerzeit
im sozialpolitischen Ausschuß verhandelte. In Deutschland
wird die Bewilligung zur Beschäftigung ausländischer
Arbeiter nicht den Behörden überantwortet, sondern dort
wirken dabei die Arbeitervertreter mit, dort sind es die Arbeitsvermittlungsämter,
die darüber zu entscheiden haben, in denen die Arbeiter mitsprechen
dürfen. Genau so ist es in Österreich. Das Gesetz aber,
das uns den sozialpolitischen Geist der jetzigen Regierungsmehrheit
verkünden soll, liefert die Bewilligung der Beschäftigung
ausländischer Arbeiter an die politischen Behörden aus
und damit zeigt sich schon, daß es ganz andere Gründe
sind, die zur Einbringung dieses Gesetzes geführt haben.
Einige Worte noch zu den Ausführungen
des Redners der Mehrheitsparteien. Es soll sich hier nicht um
eine radikale Schutzmaßnahme für den inländischen
Arbeitsmarkt handeln. Wir wissen nicht, was aus dem Gesetze wird,
wenn man seine Handhabung den Behörden ausliefert. Wir wollen
nicht die Entscheidung darüber, wann das Gesetz außer
Geltung gebracht werden soll und für welche Berufe es etwa
vorübergehend außer Geltung gesetzt werden soll, dem
Ministerium für soziale Fürsorge überlassen. Zu
dem jetzigen Leiter des Ministeriums für soziale Fürsorge
können die Arbeiter kein Vertrauen haben, und zwar deshalb
nicht, weil uns das Ministerium für soziale Fürsorge,
seit es sich unter der Leitung des Herrn Pater Šrámek
befindet, zwar angedroht hat, die Sozialversicherung zu verschlechtern,
uns aber bisher schuldig geblieben ist, jede Aufklärung darüber,
wie man sich die weitere Entwicklung der sozialen Gesetzgebung
vorstellt. Und nun verlangt man vom Parlament, daß es zustimme,
dem Ministerium für soziale Fürsorge das Recht einzuräumen,
darüber zu entscheiden, wann das Gesetz zum Schutze des inländischen
Arbeitsmarktes und für welche Berufe es außer Kraft
gesetzt werden soll. Im Ausschuß ist zwar eine kleine Verbesserung
beschlossen worden, daß nämlich auch wirtschaftliche
Organisationen gehört werden sollen. Dafür sind aber
die anderen Bestimmungen, die das Gesetz enthält, noch immer
so gefährlich, daß wir für dieses Gesetz nicht
zu haben sind.
Eigentlich hat der Redner der Mehrheit zum
Teil auch gegen den Entwurf gesprochen, indem er anführte,
daß es in der Landwirtschaft vielfach an geeigneten Arbeitskräften
fehlt. Damit berührte er den Arbeitermangel, der angeblich
insbesondere in den Grenzgebieten in der Landwirtschaft vorhanden
sein soll. Wir sind darüber anders unterrichtet. Wenn es
in der Landwirtschaft hie und da einen Arbeitermangel gibt, so
hängt das durchaus nicht damit zusammen, daß wir hinsichtlich
des Schutzes des Arbeitsmarktes keine Vorkehrungen getroffen haben,
sondern damit, daß eben die Arbeitsverhältnisse und
die Zustände in der Landwirtschaft für die Arbeiter
nicht immer verlockend sind. Denn wenn man, wie es jetzt beim
Jahreswechsel geschehen ist, eine entsprechende Regelung der Lohnverhältnisse
ablehnt, wenn man den Landarbeitern gegenüber den Standpunkt
des Arbeitgebers rücksichtslos herauskehrt, wenn die berechtigten
Forderungen der Landarbeiter kein Gehör finden, dann dürfen
wir uns nicht wundern, daß sich der Arbeiter, wenn die Industrie
voll beschäftigt ist, sein Brot eher in der Industrie sucht.
Ein Teil der Ausführungen des Mehrheitsredners hat gar nichts
mit diesem Gesetze zu tun. Was hat es damit zu tun, wenn
er gegen die Auswanderung qualifizierter Arbeitskräfte ins
Ausland gesprochen hat? Auch wir wissen, daß viele qualifizierte
Arbeitskräfte aus der Èechoslovakei im Ausland Arbeit
suchen. Aus Nordböhmen, aus den Gegenden,
wo die Glasindustrie die ganze Volkswirtschaft beherrscht, wandern
jahraus, jahrein - das ist wahr - viele qualifizierte Arbeiter
hinüber nach Deutschland. Sie sind im Auslande gesucht und
es nützt nichts, von dieser Stelle aus zu sagen: Wir müssen
uns gegen diese Auswanderung zur Wehr setzen, weil die Arbeiter,
die da ins Ausland gehen, die Industrie hinüber verschleppen,
weil sie ihre Arbeitskraft und ihre Kenntnisse für die ausländische
Industrie verwerten. Da müssen andere Mittel in Anwendung
gebracht werden, um das zu verhindern. Warum wandern denn die
hoch qualifizierten Glasarbeiter, die Glasmaler und Glasgraveure
u. s. w. aus der Steinschönauer und Haidaer Gegend aus? Weshalb
verliert das Gablonzer Gebiet alljährlich viele hochqualifizierte
Arbeitskräfte? Deshalb, weil die nordböhmische Glasindustrie
seit Jahren an einer schweren Krise krankt und die Hilferufe an
die Regierung ungehört verhallen und man sich um die Notlage
der Glasindustrie überhaupt nicht kümmert. Deshalb verlassen
die Arbeiter die Haidaer und Steinschönauer Gegend. Man sorgt
sich nicht darum, die industrielle Entwicklung in diesem Gebiete
zu fördern und vorwärts zu bringen, man betreibt keine
moderne Industriepolitik. Man sorge dafür, daß die
arbeitenden Menschen in der Èechoslovakei nicht
zu Löhnen arbeiten müssen, die es ihnen unmöglich
machen, auszukommen. Solange in der Èechoslovakei Löhne
gezahlt werden, die zu den elendsten in der Welt gehören
und solange einzelne Industrien aus den Krisen überhaupt
nicht herauskommen, solange werden wir
es nicht verhindern können, daß die tüchtigsten
und besten Arbeiter sich anderwärts ihr Brot suchen. Wollen
Sie das mit diesem Gesetz ändern? Der Herr Mehrheitsredner
hätte uns ja sagen können, wie er darüber denkt,
in der Èechoslovakei Zustände zu
schaffen, die den Arbeitern ein besseres Leben ermöglichen,
als heute. Er findet sich aber damit ab, und mit ihm die Regierungsmehrheit,
daß wir in Bezug auf die Lohnhöhe an vierzehnter Stelle
stehen, daß wir zu den Ländern gehören, die
sich nicht darüber beklagen dürfen, daß zu viele
aus dem Ausland zu uns hereinwollen. Wer etwas Ansprüche
an das Leben stellt von den Arbeitern in Deutschland, Österreich
oder anderwärts, der sehnt sich nicht nach einer Arbeitsstelle
in der Èechoslovakei, und es sind wirklich
nur jene hochqualifizierten Arbeiter, die hereinkommen, denen
eine bessere Zahlung sichergestellt wird, weil man sie unbedingt
haben muß. Aber von einer allgemeinen Bedrohung und Überschwemmung
des Arbeitsmarktes durch ausländische Arbeitskräfte
kann man in diesem Lande wahrhaftig nicht reden. Auch wir beklagen
es, daß unsere besten Kräfte sich ihre Beschäftigung
auswärts suchen müssen, weil sie hier keine lohnende
Arbeit finden. Aber mit dem Gesetz zum Schutze des Arbeitsmarktes
ändern Sie daran gar nichts.
Nun geht der Motivenbericht und der Bericht des Berichterstatters
des Ausschuses über einzelne wichtige Fragen ganz hinweg.
Warum wird uns nicht mitgeteilt, wieviele èechoslovakische
Arbeiter in Deutschland und Österreich beschäftigt sind?
Man kann schon feststellen, um wieviele tausende oder zehntausende
es geht. Von dem Vorredner sind bereits Zahlen genannt worden.
Ich habe vorhin darauf verwiesen, daß in Sachsen allein
für 15.000 èechoslovakische Arbeiter kein legitimationszwang
besteht, daß diese keinerlei Schikanen, keinerlei polizeilicher
Beobachtung und Bevormundung unterliegen. Wenn das Gesetz gegen
die Zuwanderung von ausländischen Arbeitern einmal wirken
wird, wird sich jeder ausländische Arbeiter hüten, in
unserem Lande nach Beschäftigung zu suchen, wenn er weiß,
wie er hier behandelt werden kann. Als ein Mensch, den man nur
eine gewisse Zeit duldet, der unter polizeilicher Überwachung
steht, der sich nicht jener Freiheit und Bewegungsmöglichkeit
erfreut, wie es in anderen demokratischeren Staaten ausländische
Arbeiter tun können. Es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit,
wenn man behauptet, die Arbeiter hätten nach einem solchen
Gesetz verlangt. Für dieses sozialpolitische Geschenk bedankt
sich die Arbeiterschaft, das will sie nicht. Sie sieht in dem
Gesetz nichts anderes als eine Polizeigesinnung atmende Vorlage
und eine ganze Reihe von Bestimmungen des Gesetzes halten wir
für überaus gefährlich. Das Ministerium für
soziale Fürsorge kann nicht dazu autorisiert werden, wie
es im § 13 des Gesetzentwurfes lautet, für jene Arbeiter
aus dem Ausland, die in der Èechoslovakei arbeiten, aber
hier nicht wohnen, besondere Vorschriften für ihr Verhalten
herauszugeben. Wissen Sie, was das bedeutet? Wie können deutsche
Parteien so ohne weiteres sich mit einer solchen
Bestimmung abfinden? In den Grenzorten, im Erzgebirge, in Nordböhmen,
in den Isergebirgsgegenden, arbeiten jenseits der Grenze, in der
Industrie tausende und tausende Arbeiter und Arbeiterinnen, in
Zittau, Seidenberg u. s. w. Früh morgens gehen viele zur
Arbeit drüben über die Grenze, aber nur wenige kommen
aus Deutschland zu uns herüber. Was wird nun die Folge sein,
wenn das Fürsorgeministerium beengende Vorschriften für
die Arbeiter, die aus Deutschland herüber kommen, hier bei
Tag arbeiten und abends wieder zurückkehren, erlassen wird,
Vorschriften, die diese Arbeiter empfindlich treffen werden? Daß
sich die Behörden in Deutschland und die Arbeitsvermittlungsämter
in den Grenzgebieten Deutschlands gleichfalls kehren werden gegen
jene, die täglich hinüber kommen, um dort in den Fabriken
zu arbeiten! Es sind hunderte deutscher Arbeiter, die Sie damit
schwer gefährden und wir sind nicht so vertrauensselig, daß
wir anwarten könnten, man werde das Gesetz recht liberal
handhaben. Dazu fehlt uns jeder Anhaltspunkt. Mir hat gerade vorhin
ein Kollege mitgeteilt, daß an einer anderen Grenzstelle
die österreichischen Glasarbeiter, die bei uns beschäftigt
sind, schwer behelligt werden. Es werden immer wieder ihre Pässe
beanständet, weil die Photographie nicht ganz neu
ist, man fordert von ihnen die Beschaffung neuer Pässe und
verursacht ihnen so Scherereien, Kosten und Auslagen. An der deutschen
Grenze genügt für èechoslovakische, drüben
beschäftigte Arbeiter ein bloßer Grenzausweis,
sie brauchen nicht mit Pässen ausgerüstet zu
sein. Aber aus der ganzen Zeit des Visumszwanges wissen wir, wie
kleinlich und engherzig die Grenzbehörden der Èechoslovakei
gegen jeden Einreiseneden vorgehen. Wenn jetzt noch durch ein
Gesetz eine besondere Handhabe, ein förmlicher
Anreiz gegeben wird, wird das noch schlimmer werden.
Wir haben zum Gesetzentwurf einige Abänderungsanträge
gestellt, die sich gegen die schlimmsten Bestimmungen wenden.
Als Ganzes lehnen wir das Gesetz ab. Es ist überflüssig,
es ist schädlich, es hat mit Sozialpolitik nichts zu tun,
es ist förmlich polizeimäßig geartet. Wir lehnen
es aus diesen Gründen ab. Wir lehnen es aber auch ab, weil
es eine reine Augenauswischerei ist. Bei dem gegenwärtigen
Stande des Arbeitsmarktes denkt man gar nicht daran, und kann
nicht daran denken, dieses Gesetz in den nächsten Wochen
zu handhaben. Sie werden das Gesetz beschließen, die Regierungskoalition
wird sich damit prahlen und erklären, es sei ein Beweis ihrer
sozialpolitischen Einsicht. Vielleicht ein paar Tage später,
nachdem es in die Sammlung der Gesetze und Verordnungen aufgenommen
sein wird, kommt eine Verordnung des Fürsorgeministeriums,
das es wieder außer Kraft setzt. Sie brauchen das Gesetz
lediglich, um dem Ausland gegenüber vorzutäuschen, daß
Sie aus wirtschaftlichen Gründen Ursache gehabt hätten,
gegen die Aufhebung des Visumzwanges zu sein. Deutschlands und
Österreichs Anträge auf Aufhebung des Visumzwanges reichen
weit zurück. Schon vor drei Jahren - und vor zwei Jahren
sehr ernstlich - haben Deutschland und Österreich die Aufhebung
des Visumzwanges beantragt. Da hat man sich immer dahin ausgeredet,
daß der inländische Arbeitsmarkt einen gewissen Schutz
brauche, deshalb könne man nicht auf das Visum verzichten,
und nachdem Sie nun ein paar Jahre lang das Ausland, namentlich
Deutschland und Österreich, mit der Aufhebung des Visumzwanges
hingezogen haben, wollen Sie jetzt nicht einbekennen, daß
eigentlich der Schutz des Arbeitsmarktes mit dem Visumzwang nichts
zu tun hat. Es ist richtig, was schon ausgeführt wurde, daß
der Visumzwang aus ganz anderen Beweggründen entstanden ist,
aber mit sozialpolitischen Fragen nichts zu tun gehabt hat.