Úterý 7. února 1928

Die Arbeiterklasse hat kein Interesse an diesem Gesetze. Wir weisen die Zumutung zurück, in der Vorlage eine sozialpolitische Handlung der jetzigen Regierung zu erblicken. Für diese Sozialpolitik danken wir bestens. Diese Sozialpolitik wollen die Arbeiter nicht. Man soll sich mit jenen Forderungen beschäftigen, die die Arbeiter seit Jahren vergeblich aufgestellt haben. Wenn die jetzige Regierung so sozial fühlt, daß sie sich für berufen hält, wenigstens für den Schutz des Arbeitsmarktes etwas zu tun, so sollte sie sich auch mit den jetzigen Vorgängen in der Industrie und der Arbeiterschaft befassen. Wir werden in den nächsten Tagen einen wirtschaftlichen Kampf ausbrechen sehen, den Kampf der Bergarbeiter, der dem Auslande deutlich zeigen wird, wie in diesem Staate berechtigte Arbeiterforderungen von den Herrschenden dieses Landes behandelt werden. Es wird die ausländische Arbeiterschaft dann sehen, daß die Arbeiterschaft in diesem Lande nichts zu erhoffen hat. Von dieser Koalition erwarten wir nichts. Sie ist feindselig gegen die Arbeiterklasse, ihr erster Plan richtete sich gegen ein wichtiges sozialpolitisches Werk, die Sozialversicherung, und was sie jetzt an Sozialpolitik tun will, dient nicht den Arbeitern. Es dient der staatlichen Bürokratie. Das mag ihren reaktionären Anschauungen entsprechen, Sozialpolitik ist das keine. (Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

4. Øeè posl. Krebse (viz str. 29 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Gesetzesvorlage, die uns heute beschäftigt, wird damit begründet, daß die Aufhebung der Paßvisa die Kontrolle des heimischen Arbeitsmarktes nötiger mache als je. Anderseits steht im Motivenbericht, daß die größeren Angestelltenverbände in der èechoslovakischen Republik ein derartiges Gesetz verlangt hätten. Und weiters wurde verschiedentlich bei den Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß und im Budgetausschuß darauf hingewiesen, daß auch die Nachbarländer ähnliche Gesetze haben, daß daher auch die èechoslovakische Republik ein derartiges Gesetz haben müsse, um den heimischen Arbeitsmarkt zu schützen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.) Es ist merkwürdig, daß gerade von der bürgerlichen Regierung, die gegenwärtig die Geschäfte der Majorität führt, plötzlich das Verlangen bestimmter gewerkschaftlicher Organisationen anerkannt und mit einer großartigen Geschwindigkeit befürwortet, daß es Gesetz wird. (Výkøiky na levici.) Es ist uns zwar nicht bekannt, welche Gewerkschaften dieses Verlangen geäußert haben, denn wir wissen, daß auch die èechischen Gewerkschaftsorganisationen, wie ihre Vertreter im Hause, dieses Gesetz in dieser Form ablehnen. Es ist daher mehr als merkwürdig, daß sich die Regierung plötzlich zum Exekutivorgan irgendwelcher anonymer Gewerkschaften aufspielt und hier die Forderung solcher Gewerkschaften so rasch erfüllt, während sie sonst bei Erfüllung anderer gewerkschaftlicher Forderungen, wo es wirklich um soziale und Lebensinteressen der betreffenden Berufsangehörigen geht, nicht geneigt ist, auch nur das geringste Entgegenkommen zu zeigen. (Sehr gut!) In Wirklichkeit steckt hinter dem Gesetze doch etwas anderes. Ich möchte nicht gerade sagen, daß es die Furcht vor der Zuwanderung neuer deutscher Kräfte in die Republik ist, sondern ich halte es vielmehr für ein recht brauchbares Agitations- und Propagandamaterial für bestimmte politische Kreise in der Republik, gerade ein derartiges Gesetz auf den Tisch des Abgeordnetenhauses zu legen. Nur so ist es auch zu erklären, warum sich eine bestimmte Presse in der èechischen Öffentlichkeit dieses Gesetzes bemächtigt hat und eine so gehässige Propaganda treibt. Ich will auf die Auslassungen dieses Teiles der èechischen Presse nicht näher eingehen, aber ich muß auf etwas zurückkommen, was sich im sozialpolitischen Ausschuß des Abgeordnetenhauses abgespielt hat. Dort hat unter anderem Koll. Abg. Tuèný Behauptungen aufgestellt, die nicht unwidelegt bleiben dürfen. Ich würde auf diese Äußerungen nicht zurückkommen, wenn das nicht gerade ein Kollege gewesen wäre, der selbst das Ministerium für soziale Fürsorge verwaltet, also in einer hohen verantwortlichen Stellung in diesem Lande gestanden hat und daher auch die Möglichkeit hatte, sich jederzeit sein Material zu verschaffen, und auch wissen muß, inwieweit er verantwortlich für das ist, was er sagt. Koll. Tuèný hat dort gesagt, daß es eine ganze Reihe von Betrieben in der Republik gibt, in denen es nicht bloß ausländische Arbeiter gibt, sondern wo diese Arbeiter in der Mehrheit sind, und er hat insbesondere auch auf den Fall der Eisenwerke in Tøinic hingewiesen. Aber er hat auch auf die Beschäftigung zahlreicher österreichischer Schneider insbesondere in Karlsbad und in den Kurorten überhaupt hingewiesen und zum Schluß hat er vor allem anderen ein Beispiel genannt, in dem er auf die Verhältnisse in den "Kupferbergwerken Böhmen" in Pömmerle, politischer Bezirk Aussig, hinwies. Er hat damals gesagt, daß in diesem Betrieb 27 èechoslovakische Staatsangehörige beschäftigt seien, während alle anderen dort Beschäftigten Reichsdeutsche oder Deutschösterreicher seien. Ich bin in der Lage, dem hohen Hause den tatsächlichen Stand der Dinge darzulegen, um zu zeigen, mit welchem Agitations- und Propagandamaterial man selbst in einem Ausschuß, wie es der sozialpolitische Ausschuß ist, arbeitet. Ich habe mir die Mühe genommen, die Verhältnisse in diesen Werken zu untersuchen, und da habe ich festgestellt, daß von 798 Arbeitern 731 èechoslovakische Staatsangehörige sind, daß weiters 25 Deutschösterreicher, 39 Reichsdeutsche, 2 Jugoslaven und 1 polnischer Arbeiter beschäftigt sind. Die angeführten reichsdeutschen und österreichischen Arbeiter sind ausschließlich vor dem Kriege angestellt worden, ein großer Teil ist seit der Gründung des Werkes im Jahre 1899 dort beschäftigt. Von den Österreichern ist der größte Teil Spezialarbeiter, Wälzer und Drahtzieher aus der Steiermark, von den Reichsdeutschen ist fast die Hälfte Meister, die andere Hälfte ist als Spezialarbeiter angestellt. Es handelt sich meist um Westfalen, welche als Spezialarbeiter in der Kupferbranche auf der ganzen Welt zu finden sind. Die Kupferraffineriemeister dagegen stammen aus Mansfeld im Deutschen Reiche und sind ebenfalls Spezialarbeiter, die Sie nirgends finden. Nun vergleichen Sie das mit den Angaben, die Koll. Tuèný vorgebracht hat. Es entspricht also gar nicht den Tatsachen, auch in diesem einzelnen Beispiele nicht, daß etwa die Deutschen aus dem Reiche und Österreich unseren Arbeitsmarkt überschwemmen. Danach sind ja unsere ganzen sozialen Verhältnisse gar nicht angetan. (Výkøiky na levici.) Die Èechoslovakische Republik ist ja, leider müssen wir es sagen, jenes Land, das in Bezug auf die Lohnverhältnisse in ganz Europa am schlimmsten gestellt ist. Wir stehen in Bezug auf unseren Reallohn an dreizehnter Stelle und es fällt einem reichsdeutschen Arbeiter normalerweise gar nicht ein, in die Èechoslovakische Republik herüberzukommen, weil die Arbeitslosenunterstützung im Deutschen Reiche bereits höher ist als hier bei uns der Lohn, den gerade die jetzt sich zum Streik vorbereitenden Bergarbeiter noch immer nicht bewilligt bekommen. (Sehr richtig!) Die Èechoslovakei ist aber überdies ein typisches Arbeiterauswanderungsland. Wir haben durch die Friedensverträge einen großen Teil unserer Industrieabsatzgebiete verloren und nicht mehr wiedergewinnen können. Wir haben daher heute vielleicht noch mehr als je eine Auswanderung, die sich in Zukunft vielleicht ganz wesentlich steigern wird. Wir dürfen uns nicht darüber täuschen, wenn unsere Industrie heute besser beschäftigt ist als vor zwei oder drei Jahren. Erst vor einigen Tagen - das ist bezeichnend - hat die Èechoslovakei mit dem Deutschen Reiche einen Vertrag betreffend die Beschäftigung èechoslovakischer landwirtschaftlicher Arbeiter im Deutschen Reiche abgeschlossen, also den treffendsten Beweis dafür geliefert, daß wir in unsere Nachbarländer Arbeitsuchende entsenden und nicht das Gegenteil der Fall ist. In Deutschland und in Deutschösterreich sind gegenwärtig neunmal soviel èechoslovakische Staatsangehörige beschäftigt oder überhaupt lebend als hier bei uns reichsdeutsche oder österreichische Staatsangehörige sind. Wir haben auf dem Gebiete der Èechoslovakischen Republik 58.673 Österreicher und 39.660 Reichsdeutsche, zusammen also etwa 90.000 Ausländer aus diesen beiden Nachbarstaaten. Dagegen haben wir in Deutschösterreich 520.000 èechoslovakische Staatsangehörige und im Deutschen Reich 330.000 èechoslovakische Staatsangehörige, zusammen 850.000. (Výkøiky na levici.) Das ist also neunmal soviel wie umgekehrt. Dabei mag vielleicht gewissen Kreisen in der Èechoslovakischen Republik der Gedanke vorschweben, daß der größte Teil dieser èechoslovakischen Staatsangehörigen im Reiche und in Österreich Sudetendeutsche sind, aber auch das sind èechoslovakische Staatsangehörige, und wenn sie von einer Repressalie betroffen würden, so würden sie den Staat genau so angehen, wie wenn es Èechen betreffen würde. (Výkøiky posl. inž. Junga.) Dabei ist zu bedenken - ein Argument, auf das das "Èeské Slovo" aufmerksam gemacht hat - daß gerade unter diesen èechoslovakischen Arbeitern in Österreich und im Deutschen Reiche vorwiegend solche Arbeiter beschäftigt sind, die zu niedrigen Löhnen arbeiten, während die besseren Stellungen in den Nachbarländern die Sudetendeutschen einnehmen. Das ist nicht aus irgendwelchen politischen Gründen, sondern aus der sozialen Struktur der beiden Völker in unserem Lande so gekommen. Bei Repressalien fürchtenwiroderwenn Sie wollen, wir fürchten es nicht - könnten gerade Ihre Volksangehörigen vielleicht schlimmer wegkommen als die unsrigen. Aber wenn wir heute untersuchen, ob die Republik ein solches Gesetz braucht und wenn Sie sagen, daß sie es braucht, weil auch in den Nachbarstaaten solche Gesetze bestehen, so müssen wir fragen, aus welchen Ursachen in den Nachbarstaaten diese Schutzgesetze und aus welchen Ursachen bei uns dieses Gesetz geschaffen worden ist. Im Deutschen Reiche wurde das Gesetz über den Arbeitsnachweis vom 22. Juli 1922 eingeführt, also in einer Zeit, in der das Deutsche Reich sich in der schwersten wirtschaftlichen Krise befand, in einer Zeit der ungeheueren Arbeitslosigkeit und Inflation, wo die deutsche Valuta zerstört wurde, wo tausende und abertausende Industriebetriebe zum Stillstand gekommen sind. In diesem Augenblick hat man im Deutschen Reiche dieses Notgesetz eingeführt. In Deutschösterreich ist ebenfalls das Bundesgesetz über die, wie es ausdrücklich heißt, zeitweilige Beschränkung der Beschäftigung ausländischer Arbeiter und Angestellten am 19. Dezember 1925 zum Gesetz erhoben worden. Also auch dort in einer Zeit, wo die Arbeitslosigkeit den höchsten Grad erreichte und wo sich Deutschösterreich in einer Situation der Verzweiflung, der Krise, der Arbeitslosigkeit und der Not befand. Aber was haben wir bei uns? Wir haben im Jahre 1923 einen Stand von 321.000 Arbeitslosen gehabt. Im Dezember 1927 haben wir dagegen lediglich 35.770 Arbeitslose. Wir haben heute nur ein Zehntel der Arbeitslosigkeit des Jahres 1923, und diese Arbeitslosigkeit ist heute eigentlich nicht mehr als solche zu bezeichnen. Das ist jener Teil der Arbeiterschaft, von denen ich heute einleitend gesprochen habe, die eben infolge des Verlustes der Absatzmärkte der Èechoslovakischen Republik, durch die Zertrümmerung der alten Wirtschaftsgebiete dauernd zur Arbeitslosigkeit verurteilt sind und die in der Èechoslovakischen Republik wahrscheinlich niemals werden dauernd beschäftigt werden, so daß sie wiederum nur in den Nachbargebieten Beschäftigung finden können. Ein Schutz des Arbeitsmarktes ist bei uns in diesem Augenblick nicht nur unnötig und überflüssig, sondern er verscherzt auch die Möglichkeit des Abbaues aller der Schwierigkeiten, welche die Folge der Nachkriegszeit sind. Da richte ich an die Majorität, die sich heute anschickt, diesem Gesetze zuzustimmen, die Frage: Sollen denn in Mitteleuropa die Mauern niemals fallen, die gegenüber den anderen Wirtschaftsgebieten aufgerichtet worden sind? Wir gehen daran, oder man will wenigstens daran gehen, die Visa zu beseitigen. Man will dadurch die Erleichterung des Verkehres von einem Land in das andere erreichen. Aber in demselben Augenblick richten Sie durch das Gesetz zum sogenannten Schutze des heimischen Arbeitsmarktes eine neue Schranke auf, (Souhlas na levici) die nicht nur unseren heimischen Arbeitern keinen Schutz gewährt, sondern im Gegenteil jenem Teil der Arbeiter, der nicht mehr von uns beschäftigt werden kann und von unserer Industrie niemals mehr wird beschäftigt werden können, die Möglichkeit der Abwanderung nach Deutschösterreich oder in die anderen Nachbarstaaten benimmt. Wenn Sie sich auf den gegenteiligen Standpunkt gestellt, wenn Sie gesagt hätten, die Èechoslovakische Republik ist der einzige Staat in Mitteleuropa, der ein solches Gesetz nicht hat, der, weil er es nicht hat, mit moralischem Rechte fordern darf, daß auch die Nachbarstaaten diese Einschränkungen, die nur Auswüchse einer Nachkriegswirkung sind, beseitigen mögen, dann hätten Sie endlich einmal, das erstemal vielleicht in der Geschichte des Staates, die Möglichkeit gehabt, mustergültig in der Entwicklung der mitteleuropäischen Verhältnisse voranzuschreiten.

Gestatten Sie mir, daß ich mich zu dem Gesetze selbst und seinen einzelnen Bestimmungen kurz äußere. Es ist, wie ich schon im sozialpolitischen Ausschusse angeführt habe, viel aus den analogen Gesetzen des Deutschen Reiches und Deutschösterreichs übernommen worden, es sind ganze Kapitel, ganze Paragraphen wortwörtlich übernommen worden. Aber leider, wie wir ausdrücklich feststellen müssen, immer die schlimmsten Paragraphen, immer jene, die die schlimmsten Folgen nach sich ziehen. So hat das èechoslovakische Gesetz gerade die ausgezeichneten Bestimmungen sowohl des österreichischen wie auch des reichsdeutschen Gesetzes nicht übernommen, daß die Bewilligung zur Aufnahme von Ausländern von den Bezirksorganisationen - in beiden Ländern sind es andere - von den Trägern der lokalen Verwaltung also, ausgestellt werden. Sie haben vielmehr die politische Landesverwaltung zum Bewilligungsorgan gemacht. Ich frage die Majorität: Glauben Sie wirklich, daß die politischen Landesverwaltungen so glänzend und so rasch arbeitende Körperschaften sind, daß sie die Bewilligung des Arbeitsantrittes rasch genug im entscheidenden Momente werden erteilen können? Können Sie ferner auch dafür garantieren, daß dieses Bewilligungsverfahren bei der politischen Landesverwaltung auch von der nötigen Sachkenntnis getragen sein wird? Wissen wir nicht, daß jede Bewilligung bei der politischen Landesverwaltung derart erfolgt, daß man bei der zuständigen politischen Bezirksverwaltung anfragt, die wiederum das Gendarmerieorgan in den betreffenden Ort hinausschickt, also ein Instanzenweg, der mindestens ein bis eineinhalb Monate dauert? Dann kommt das Ding zurück und die Landesverwaltung entscheidet normalerweise so, wie es die politische Verwaltung erster Instanz vorschlägt. Was wir auch an diesem Gesetze sehen - es ist ein ganz kleines, vielleicht ein nebensächliches Gesetz, es ist aber typisch für den ganzen Geist - ist die absolute Ausschaltung jedes Einflusses einerseits der Interessenten, also derjenigen, die es in erster Linie angeht, und andererseits die Ausschaltung einer jeden lokalen Mitbestimmung oder lokalen Beeinflussung. Sie wollen auch mit diesem Gesetze nichts anderes, als den starren Zentralismus einrichten, Sie wollen auch hier nichts anderes als den èechoslovakischen Obrigkeitsstaat, in dem der Untertan, nicht der freie demokratische Bürger - wir sind es in diesem Staate gar nicht - den Bürokraten einfach zu parieren hat. (Souhlas na levici.) Dafür zeugt nicht nur diese Bestimmung, sondern auch die Art und Weise, wie dieses Gesetz in dieses Haus gekommen ist.

Als die ersten Andeutungen veröffentlicht wurden, daß die Regierung ein solches Gesetz beabsichtige, sind aus allen beteiligten Kreisen Proteststürme laut geworden. Ich mache aufmerksam, daß dieses Gesetz - gerade weil es eine bürgerliche Mehrheit beschlossen hat - den Handelskammern nicht zur Begutachtung vorgelegt worden ist, daß nicht der Wirtschaftsbeirat, nicht die Gewerkschaftskommission, auch nicht die Organisationen der Unternehmer befragt worden sind, Dieses Gesetz hat einfach ein Ministerialbeamter von den Nachbarstaaten abgeschrieben, ohne auf die Bedürfnisse unserer Wirtschaft Rücksicht zu nehmen, ohne die Marktverhältnisse dieses Landes überhaupt zu überprüfen, und so kommt es, daß eine ganze Reihe notwendiger Bestimmungen in diesem Gesetze fehlt.

So ist die Frage der Grenzläufer für uns außerordentlich wichtig, Ich erinnere daran, daß an der ganzen Grenze des Böhmerwaldes von Neuern bis Hohenfurth hunderte und tausende Böhmerwäldler, also èechoslovakische Staatsangehörige, als Waldarbeiter in Bayern tätig sind, die nun möglicherweise sehr schlimme Erfahrungen machen werden. Ich mache aufmerksam, daß längs der ganzen Grenze von Asch bis hinüber nach Troppau tausende und abertausende Grenzarbeiter von uns nach dem Deutschen Reiche arbeiten gehen, während Reichsdeutsche zu uns überhaupt nicht oder nur in den seltensten Fällen als Grenzläufer zur Arbeit kommen. Ich möchte vor allem auch darauf hinweisen, daß noch eine ganze Reihe von Bestimmungen in diesem Gesetzentwurfe sind, gegen die wir auf das energischeste Verwahrung einlegen müssen. So z. B. die Bestimmung, daß das Gesetz rückwirkende Kraft für alle jene ausländischen Angestellten und Arbeiter hat, die ab 1. Mai 1923 in diesem Lande beschäftigt sind. Das bedeutet praktisch daß, wenn rund 4000 ausländische Arbeiter, und Angestellte jährlich in das Land kommen, ungefähr 12.000 Menschen von morgen an, wo das Gesetz in Kraft treten wird, sich in absoluter Unsicherheit befinden werden, ob sie nicht schon in der nächsten Woche oder dem nächsten Monat den Befehl in der Tasche haben werden, ihre bisherige Arbeit aufzugeben. Wir haben demgemäß den Antrag gestellt, daß das Gesetz erst vom 15. November 1927 rückwirkende Kraft erlangen soll.

Weiterhin möchte ich aufmerksam machen, daß ein Rechtsmittel gegen einen abweisenden Bescheid überhaupt nicht existiert, daß also derjenige, der abgewiesen worden ist, gar keine Möglichkeit hat, gegen diese Abweisung zu appellieren. Weiters möchte ich auf die gegenwärtige Praxis, die auch in Zukunft beibehalten werden soll, auf die außerordentlich hohen Amtshandlungsgebühren hinweisen, Nach dem Gesetz vom 16. Dezember 1926 kann das Ministerium für soziale Fürsorge oder die politische Landesverwaltung Gebühren von 20 bis 1.000 Kè für jeden einzelnen Fall einheben, und sie tun es auch. Ja, darüber hinaus besteht bisher die Praxis, daß jeder Unternehmer für jeden ausländischen Arbeiter, gleichgültig welcher Kategorie, pro Jahr 100 Kè als Amtshandlungsgebühr zahlen muß, eine außerordentlich hohe Summe.

Wir möchten bei diesem Anlasse und bei der ganzen Art der Entstehung dieses Gesetzes denn doch fragen, ob das Abgeordnetenhaus die Art und Weise, wie bei uns jetzt in der letzten Zeit, aber auch schon früher Gesetze gemacht worden sind, es nicht unter seiner Würde erachtet, ein derartiges Verfahren immer mehr und mehr platzgreifen zu lassen. Ein paar Ministerialbeamte fabrizieren einfach einen Gesetzentwurf und die Majorität nimmt ihn ohne jede Abänderung an. Wir haben uns bemüht, die Gründe für unsere Anträge sachlich zu unterbauen. Wir haben in den Ausschüssen darauf hingewiesen, da, insbesondere die Verlegung der Bewilligungsstellen aus dem Bereiche der politischen Verwaltung zweiter Instanz in die lokale, in die Bezirksinstanz, eine der wichtigsten Notwendigkeiten ist. Alle diese Dinge sind abgelehnt worden, einfach deshalb, weil die Majorität sich gar nicht die Mühe nimmt, die sachlichen Gründe reiflich zu prüfen, und weil es sich andererseits eingebürgert hat, daß alles, was in einem Ministerium entstanden ist, von der Majorität einfach angenommen und durchgepeitscht wird. Wir möchten hier fragen, wer denn der Gesetzesmacher ist, ist es überhaupt noch das Parlament oder sind es nicht eigentlich ganz unverantwortliche Organe, die dieses Parlament zur Staffage herabwürdigen, die dieses Parlament zur Bewilligungsmaschine herabdrücken? Wenn die Majorität sich in dieser Jasager-Rolle wohlfühlt, dann bedauern wir dieses Parlament und seine Majorität außerordentlich, Dann wundern Sie sich aber nicht, daß der Kredit jedes Parlamentarismus verloren geht, der eigentlich die Grundlage einer demokratischen Verwaltung, eines demokratischen Regierungssystems sein sollte, daß er in der Bevölkerung jegliches Ansehen verliert, immer mehr an Achtung einbüßt.

Wir haben im sozialpolitischen Ausschuß eine Resolution beantragt und begründet Dieser Resolutionsantrag geht dahin, daß die Regierung aufgefordert werden soll, jede mögliche Gelegenheit zu benützen, um mit den Nachbarstaaten Sonderverträge über die Ausländergesetzgebung abzuschließen, um diese schwerste Benachteiligung der arbeitenden Bevölkerung und der wirtschaftlichen Verhältnisse zu beseitigen, eine Gesetzgebung, durch die die Ausländer gegenseitig nur schikaniert werden. Diese Resolution wurde angenommen. Es wäre auch an dem Tage, wo in Prag eine internationale Abrüstungskommission mit ausländischen Vertretern saß, höchst merkwürdig gewesen, wenn ein solcher Resolutionsantrag im Ausschusse von der Majorität abgelehnt worden wäre, auch schon deshalb, weil das Gesetz selbst vorgibt, nur ein vorübergehendes Ausnahmsgesetz zu sein. Meine Herren, gerade diese Resolution wird vielfach in ganz kurzer Zeit der Prüfstein dafür sein, ob Sie es wahrhaft ehrlich gemeint haben In Kürze wird es wohl möglich sein, mit dem einen oder mit den anderen Nachbarstaat - es muß ja nicht gerade Deutschland oder Deutschösterreich sein, wir grenzen ja auch an Ungarn, Polen und Rumänien - jene Vereinbarungen zu treffen, die die Beseitigung dieser Schikanen möglich machen. Aus den vorgebrachten Gründen muß unsere Partei gegen die Vorlage stimmen, weil sie dieses Gesetz als einen Rückschritt in der Entwicklung der Zusammenarbeit der Völker und der Staaten betrachtet. (Potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)


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