Jawohl, meine Herren, die Kriegsverletzten
wollen keine Gnade haben, die Kriegsverletzten verlangen die Durchsetzung
ihrer berechtigten Forderungen, Das was Sie, meine Herren, einmal
von dieser Stelle aus versprochen haben - worauf wir Sie heute
noch einmal erinnern, haben Sie die Verpflichtung dies auch in
die Tat umzusetzen, Und so könnte ich Ihnen in weiteren langen
Ausführungen nachweisen, wie jene schönen Worte nur
Worte blieben. Es wäre auch ganz interessant sich mit den
Ausführungen des Koll. Zajièek
ein klein wenig zu beschäftigen,
der gegen den Antrag des Koll. Taub, daß die Novellierung
dem Hause binnen 8 Tagen vorgelegt werde, gestimmt hat, mit der
Begründung, die Zeit von 8 Tagen sei viel zu kurz, als daß
man ein derartiges Gesetz in dieser Frist ausarbeiten könnte.
Nun ist ein Jahr verstrichen, die gewünschte Novellierung
der Fürsorgegesetze liegt aber noch nicht vor. Trotzdem gehen
sie mit ihren Anträgen weiter krebsen. Heute werden sie für
dieses unmoralische Gesetz stimmen und werden vielleicht von dieser
Stelle aus, neuerliche Versprechungen gegenüber den Kriegsverletzten
machen. Aber Sie können ja nicht anders, nicht Koll. Zajièek
und nicht seine Parteigenossen. Die Christlichsozialen sind gehorsamig,
gefügige, willenlose Regierungsparteien geworden, die nach
der Pfeife des Herrn Ministerpräsidenten Švehla tanzen
müssen. Sie sind diejenigen, die die skrupellose Aushungerungspolitik
mitmachen für die Zölle und die Erhöhung der indirekten
Steuern stimmten. Sie tragen die Schuld an der Vergrößerung
und Vermehrung des Elends und der Not bei den Kriegsopfern. Sie
haben im Weltkrieg die Waffen gesegnet, sie nannten den Krieg
ein Stahlbad, ein gerechtes Gericht Gottes, sie tragen auch die
große Schuld, daß Hunderttausende Menschen
in der Èechoslovakei um ihre Gesundheit, um ihre geraden
Glieder kamen. Um die Wiederholung dieses furchtbaren Menschenmordens
für die Zukunft unmöglich zu machen, ist es aber auch
notwendig, daß wir ein paar Worte zur Friedensfrage im Allgemeinen
sagen. Es ist kennzeichnend, daß die ganze Welt sich wieder
im Rüstungstaumel befindet. Die Abrüstungskonferenz
in Genf brachte kein positives Resultat. Es ist weiter bezeichnend,
daß der Vorsitzende der Abrüstungskonferenz, der Herr
Minister des Äußern ist. In Genf wird von Abrüstung
gesprochen, in der Èechoslovakei schreitet man im Wettrüsten
lustig weiter. Dort Friedensreden, hier Ausbau der Rüstungen
und des Militarismus. Ein Blick in das Militärprogramm für
das Jahr 1928 zeigt klar und deutlich, daß
die Regierungsparteien, die vor ein paar Tagen das Budget beschlossen
haben, bewußt neue Kriege vorbereiten helfen. Oder bedeutet
es etwas anderes, wenn man im Finanzgesetz liest: Im Jahre 1928
wird an der Vervollkommnung der Befestigungs- und Verteidigungssysteme,
an der Maskierung, an der Organisation der passiven Fliegerabwehr,
an Erdminen und am Schutze durch Deckungen gegen Kampfgase sorgfältig
gearbeitet werden. Auch wird der Bau militärischer Schleppgeleise
fortgesetzt. Wir wollen nicht neue Kriege! Der Staat vermag nicht
die Opfer des letzten Krieges zu versorgen, er gibt ihnen zum
Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Das Elend ist zu groß,
als das neues Elend, neue Opfer hinzukommen sollten! Wir brauchen
und wir wollen den Frieden. Noch eines möchte ich hierzu
sagen: Auch die Weltwirtschaftskonferenz in Genf könnte,
wenn ihre Grundsätze nicht nur theoretisch anerkannt, sondern
in die Praxis umgesetzt würden, zur Festigung des Friedens
beitragen und so den wirtschaftlichen Streitigkeiten, die meist
zu kriegerischen Verwicklungen führen, entgegenwirken. Ich
habe es für notwendig erachtet, auch über diese Vorbedingungen
zur Erhaltung des Friedens und zur Verhinderung neuen Unglücks
ein paar Worte zu sagen.
Zum Schlusse erinnere ich die Regierung an
das Versprechen, das den Kriegsverletzten geben wurde, dahingehend:
Die Renten der Kriegsverletzten werden erhöht, bis der Staat
konsolidiert sein werde. Nun erklärte der Herr Finanzminister
schon zum zweitenmal, der Staat sei konsolidiert, das Budget aktiv.
Wann wird dieses Versprechen eingelöst? Wann kommen die Kriegsopfer
zu ihrem Rechte, wann werden ihre berechtigten Forderungen erfüllt?
Wir verlangen von der Regierung als Antwort auf unsere Frage nicht
neue Versprechungen, sondern die Einlösung der alten Versprechen.
(Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)
Meine Damen und Herren! Der Regierungsantrag
Druck Nr. 1345, der unmittelbar vor Torschluß dem Parlamente
vorgelegt wurde beabsichtigt, auch für das halbe Kalender
jahr 1928 die Höhe der Einkommensgrenze, welche die Kriegsbeschädigten
vom Bezuge der Rente ausschaltet, mit 5000 Kè für
wirtschaftlich selbständig Tätige und mit 10,000 Kè
für wirtschaftlich unselbständig Tätige festzusetzen,
Im Motivenberichte wird angegeben, daß die Bedingungen,
welche für die bisherige Festsetzung der Höhe der Einkommensgrenze
in Betracht kamen, sich nicht wesentlich geändert haben,
weswegen die Höhe der Einkommensgrenze für das Ausscheiden
des Kriegsinvaliden aus den Rentenbezügen unverändert
auf ein weiteres Halbjahr festgesetzt werden soll.
Sowohl dem sachlichen Inhalte des Gesetzesantrages
als auch dieser Behauptung des Motivenberichtes muß widersprochen
werden.
Als vor einem Jahre im Dezember 1926
die Höhe der Einkommensgrenze mit 5000 Kè bezw. 10,000
Kè für den Rentenbezug des Kriegsbeschädigten
mit Gültigkeit für das Jahr 1927 gesetzlich festgesetzt,
wurde hat die ausführliche Debatte im
sozialpolitischen Ausschuß und im Plenum des Abgeordnetenhauses
zur Genüge gezeigt, daß ein solches Beginnen der Regierung
vollkommen widersinnig ist und mit keinem Argument sich begründen
läßt.
Die Forderung der Kriegsbeschädigtenorganisationen,
über die doch eine demokratische Regierung und eine
demokratische Parlamentsmehrheit nicht so ohne weiteres hinweggehen
sollte, ging seit jeher dahin, die Einkommensgrenze für Kriegsbeschädigte
mit 16.000 Kè zu bestimmen und dabei endlich von dem Unsinn
abzulassen, einen Unterschied zwischen
wirtschaftlich selbständiger und wirtschaftlich unselbständiger
Tätigkeit zu machen. Die Kriegsbeschädigten hätten
diese einheitliche Erhöhung der Einkommensgrenze auf 16.000
Kè mit großer Freude begrüßt, weil sie
daraus ersehen hätten, daß die Regierung
mit der Erfüllung einer ganzen Reihe ihrer dringendsten Forderungen
einen bescheidenen Anfang gemacht hat. Trotz aller Wechselrede
hat aber die Regierung den guten Willen nicht gezeigt und die
gemischtnationale Koalition hat in unbegreiflichem Gehorsam der
Regierung geholfen, ihre Absicht zum Schaden der Kriegsbeschädigten
zu verwirklichen. Das ist umso verwunderlicher, als jetzt der
Regierungskoalition auch drei deutsche Standesparteien angehören,
welche noch am Anfange des Jahres 1926 die gleiche Erhöhung
der Einkommensgrenze für die Kriegsbeschädigten mit
allem Nachdrucke gefordert haben, seit ihrem Eintritt in die Regierung
aber diese Forderung haben fallen lassen und nunmehr nichts unternehmen,
um ihre Teilnahme an der Macht zum Nutzen der zahlreichen deutschen
Kriegsopfer auszunützen.
Es ist falsch, wenn der Motivenbericht behauptet,
daß sich die Bedingungen, welche für die Regelung dieser
Frage in Betracht kommen, nicht wesentlich geändert haben.
Vor allem muß doch festgestellt werden,
daß die Einkommensgrenze von allem Anfange an schon im Gesetze
Nr. 142/1920 viel zu niedrig angesetzt wurde, was schon durch
die vorübergehende, aber vollkommen unzureichende Erhöhung
durch ein Gesetz im Jahre 1922 bewiesen ist. Kleine Verschiebungen
im Lebenshaltungsindex kommen daher hier nicht in Betracht, um
damit zu begründen, warum die Erhöhung der Einkommensgrenze
abgelehnt wird. Denn der Lebenshaltungsindex kann gar nicht so
tief sinken, daß die Einkommensgrenze mit 5000 Kè
überhaupt berechtigt erscheinen könnte.
Aber eine ganz andere Bedingung, welche für
die Regelung der Einkommensgrenze in Betracht kommt, hat sich
geändert und muß bei Lösung dieser Frage ganz
bedeutend in Betracht gezogen werden. Nach dem neuen Steuergesetze
beträgt das steuerfreie Einkommen 7000 Kè,
kann aber noch bedeutend höher sein, wenn die Kinderzahl
und weitere Umstände in Betracht gezogen werden. Demgegenüber
darf ein wirtschaftlich selbständig tätiger Kriegsbeschädigter
nicht mehr als 5000 Kè Einkommen
haben, wenn er im Bezug der Kriegsbeschädigtenrente verbleiben
will. Überschreitet sein Einkommen diese 5000 Kè,
so scheidet er aus dem Rentenbezuge aus. Das heißt mit anderen
Worten nichts anderes, als daß der wirtschaftlich selbständig
tätige Kriegsinvalide niemals das
steuerfreie Einkommen erreichen darf. Denn bleibt sein Einkommen
unter 5000 Kè, so erreicht er trotz der Rente bei den hiesigen
niedrigen Rentensätzen das steuerfreie Einkommen nicht, steigt
aber sein Einkommen auch nur um 1 Kè über den Betrag
von 5000 Kè, so verliert er die Rente und erreicht dann
das steuerfreie Einkommen erst recht nicht. Und nun frage ich,
ob die Tatsache des neuen Steuergesetzes allein nicht schon Grund
genug gewesen wäre, die Einkommensgrenze für den Rentenbezug
der Kriegsinvaliden zu ändern.
Doch der Motivenbericht weiß hiervon
nichts zu berichten und so soll die Einkommensgrenze unverändert
im kommenden Halbjahr beibehalten werden.
Aber die Kriegsbeschädigten sind bei dem
heute in Verhandlung stehenden Regierungsantrag nicht allein die
trauernden Beteiligten. Dieser Regierungsantrag ist eigentlich
eine verächtliche Geste der Regierung gegen das Parlament
selbst.
Als im Vorjahre dem Parlamente der gleiche
Gesetzesantrag über die Verlängerung der Bestimmungen
über die Einkommensgrenze vorlag, da löste er eine reiche
parlamentarische Wechselrede aus; damals lagen dem sozial-politischen
Ausschuß drei Initiativanträge, Druck Nr. 549, 557
und 698 vor, welche wohl die wichtigsten Forderungen der Kriegsbeschädigten
enthalten, und die gleichzeitig mit dem Regierungsantrag über
die Höhe der Einkommensgrenze verhandelt werden sollten.
Allerdings, die Parteien der Regierungsmehrheit, die diese Initiativanträge
selbst eingebracht und unterschrieben haben, mußten sie
auf Befehl der Regierung ablehnen. So blieb von diesen Initiativanträgen
damals nichts anderes übrig, als ein im Abgeordnetenhaus
und im Senat einstimmig angenommener Resolutionsantrag, der folgenden
Wortlaut hat:
"Die Regierung wird aufgefordert, ehestens
das Gesetz über die Kriegsbeschädigten zu novellieren
und hierbei am weitestgehenden vor allem die in den Initiativanträgen
Nr. 549, 557 und 698 ausgesprochenen Forderungen zu berücksichtigen,"
Es ist selbstverständlich, daß niemand
erwartet hat, die Regierung werde den in diesem Resolutionsantrag
enthaltenen Aufforderungen binnen acht Tagen nachkommen. Aber
seither ist ein Jahr vergangen und die Regierung hat bisher dem
einstimmigen Wunsche und Willen beider gesetzgebender Kammern
nicht entsprochen, Im Gegenteil, sie legt wieder den aus dem Gesamtkomplexe
der Bestimmungen für die gesetzliche Versorgung der Kriegsbeschädigten
herausgegriffenen Antrag über die Einkommensgrenze vor ohne
auf die Wünsche und begründeten Forderungen der Kriegsbeschädigten
Rücksicht zu nehmen, Dabei ignoriert sie ganz und gar den
Resolutionsantrag der Nationalversammlung.
Ein ganzes Jahr ist eine geraume Zeit, in der
die Regierung die Möglichkeit gehabt hätte, sich mit
dem Kriegsbeschädigtenprobleme zu beschäftigen und gemäß
der genannten Initiativanträge eigene Regierungsanträge
auszuarbeiten und dem Parlamente vorzulegen. Diesbezügliche
Versprechungen und Zusagen wurden sowohl dem Parlamente, als auch
den Kriegsbeschädigten gemacht, aber - wie so oft schon -
nicht eingehalten. Ich kann nicht annehmen, daß die Regierung
über derartig unfähige Beamte verfügt, daß
diese trotz der vorliegenden und vorzüglich ausgearbeiteten
Initiativanträge nicht einen passenden Regierungsantrag hätten
ausarbeiten können. Wenn dies bis zum heutigen Tage nicht
geschehen ist, so heißt das nichts weniger, als daß
die Regierung mit voller Absicht den Wunsch der gesetzgebenden
Körperschaft ignorieren und das ganze Parlament brüskieren
wollte. Im Budgetausschusse hat der Herr Ministerpräsident
Švehla von der Hebung des parlamentarischen Niveaus,
von dem Werte der parlamentarischen Arbeit viel gesprochen. Seine
Regierung, seine Minister mit ihm an der Spitze gehen aber verächtlich
über einen von der ganzen Nationalversammlung geäußerten
Wunsch hinweg, so als ob sie der ganzen Welt sagen wollten: "Was
geht uns der ganze Parlamentarismus an, wir machen ja doch, was
wir wollen."
Mich wundert es sehr, daß das Abgeordnetenhaus
sich eine derartig verächtliche Behandlung gefallen läßt.
Die traurigste Rolle spielen dabei wohl jene politischen Parteien,
die augenblicklich die sogenannte Regierungsmehrheit bilden. Nicht
allein, daß es ihnen ganz unmöglich ist, auf die Regierung,
in deren Reihen ihre Exponenten als Minister sitzen, auch nur
den geringsten Einfluß auszuüben, müssen sie sich
auch widerspruchslos die schmählichsten Fußtritte von
der Regierung als Dank für ihren jederzeit bewiesenen Kadavergehorsam
gefallen lassen.
Die Regierung möge gewarnt sein, dieses
ihr System so weiter fortzusetzen. Der Fluch der bösen Tat
wird sich auch an ihr auswirken.
Wenn die Regierung ihren ablehnenden Standpunkt
gegen die berechtigten Forderungen der Kriegsinvaliden immer mit
dem "non possumus" des Herrn Finanzministers begründet
hat, so glaubt ihr heute kein Mensch mehr diese faule Ausrede.
Denn dem Herrn Finanzminister ist es wohl gelungen, den Staatshaushalt
in eine Art Gleichgewicht zu bringen.... (Posl. dr Koberg:
"Art'' ist gut!) Das ist nur vorsichtig ausgedrückt,
Herr Kollege, nicht wahr? Es handelt sich darum, die Kriegsbeschädigtenfürsorge
weiter nicht zu verschlechtern.
Also muß die Abneigung, welche die Regierung
den Kriegsbeschädigten entgegenbringt, noch andere Ursachen
haben. Wahrscheinlich sind diese darin zu suchen, daß die
internationale Arbeitsgemeinschaft der Kriegsinvaliden und Kriegsteilnehmer
sich nicht nur in den Dienst der Verteidigung ihrer materiellen,
geistigen und kulturellen Interessen, sondern auch in den Dienst
der Kriegsverhütung gestellt, hat. Die Regierung will nicht
allen Steuerträgern im Staate zum Bewußtsein bringen,
wieviel die Rentenversorgung der Kriegsopfer auf Jahre hinaus
kostet, weil sie ja sonst nicht von den Volksvertretern die ungeheueren
Geldsummen für ihren Militarismus und für die Vorbereitung
eines neuen Krieges jährlich bewilligt bekäme. Darum
hat die Regierung ein begreifliches Interesse daran, den Staat
und die Gesellschaft vergessen zu lassen, welchen Dank sie den
Toten und Krüppeln des Krieges schuldet.
Doch dieses Beginnen der Regierung ist wohl
vergeblich. Heute gibt es keinen Menschen in diesem Staate, der
die skandalösen Verhältnisse in der hiesigen Kriegsbeschädigtenfürsorge
nicht aus eigener Anschauung kennen würde. Und von den Erwachsenen
erfahren es die Kinder. Immer mehr verbreitet sich die Erkenntnis,
daß der Staat sich zwar anmaßt, im Kriegsfalle das
Blutopfer von seinen Bürgern mit brutaler Gewalt erzwingen
zu dürfen, nachher aber die Kriegsopfer ihrem traurigen Schicksal
schutzlos überläßt. Vielleicht ist das die beste
Organisierung des Friedens. Denn im Ernstfalle kann sich dann
der Herr Minister für nationale Verteidigung jene Dummköpfe
suchen, welche unter solchen Verhältnissen noch mit Begeisterung
für das undankbare Vaterland ins feindliche Feuer zu gehen
bereit sind.
Jährlich läßt sich die Regierung
für die Zwecke der Auslandspropaganda Millionenbeträge
bewilligen, die aber ganz nutzlos herausgeworfen sind. Denn welche
Propaganda die Regierung selbst durch ihr Verhalten gegen die
Kriegsbeschädigten der Èechoslovakei im Auslande
bereitet hat, beweist eine Entschließung, deren Wortlaut
durch die gesamte ausländische Presse gegangen ist. Sie lautet:
"Die internationale Zusammenkunft der
Kriegsbeschädigten- und Kriegsteilnehmerverbände in
Wien am 1. Oktober 1927 stellt fest, daß die èechoslovakische
Regierung bisher sich nicht bemüßigt gefühlt hat,
die Versorgungsgesetze ihrer Kriegsbeschädigten einer durchgreifenden
Novellisierung zu unterziehen und sie den internationalen Grundsätzen
der Kriegsbeschädigtenfürsorge
anzupassen. Sie stellt weiters fest, daß die Versorgung
der èechoslovakischen Kriegsbeschädigten eine gänzlich
ungenügende ist und nicht als menschenwürdig bezeichnet
werden kann.
Sie warnt die Regierung der èechoslovakischen Republik
vor der Absicht, eine Kürzung der augenblicklichen
äußerst ungenügenden Versorgung vorzunehmen, weil
dies zu einer furchtbaren Katastrophe in den Reihen der Kriegsbeschädigten
führen müßte.
Sie erwartet von der Regierung und dem Parlamente der èechoslovakischen
Republik, daß diese beiden Faktoren die Versorgung ihrer
Kriegsbeschädigten ehestens so regeln werden, wie es sich
für einen Kulturstaat, der die èechoslovakische Republik
doch ist, gebührt."
Diese Entschließung wurde auch der hiesigen
Regierung übermittelt. Die einzige Antwort, welche die Regierung
darauf gefunden hat, ist der heute vorliegende Gesetzesantrag,
der als ein Hohn auf die Kriegsbeschädigtenfürsorge
bezeichnet werden muß.
Ich glaube zur Genüge begründet zu
haben, warum die Deutsche Nationalpartei gegen diesen Regierungsantrag
stimmen wird. (Potlesk poslancù nìm. strany
národni.)
Meine Damen und Herren! Es könnte unsere
Stellungnahme zu dem vorliegenden Gesetz heute gewiß unterbleiben.,
Wir haben die ganzen Jahre über, die das Parlament sich regelmäßig
mit der den Anspruch auf Kriegsbeschädigtenrente ausschließenden
Einkommensgrenze zu beschäftigen hatte, unseren Standpunkt
genügend scharf gekennzeichnet. Und dabei pflegten wir dann
die ganzen Jahre hindurch stets auch eine Darstellung unserer
Auffassung zum Problem der Kriegsbeschädigten-Gesetzgebung,
der Kriegsbeschädigtenfürsorge überhaupt zu geben.
Wenn wir wieder sprechen, trotzdem schon von vielen Seiten der
heute zur Tagesordnung stehende Regierungsantrag in einer Form
kritisiert worden ist, mit der wir uns einverstanden erklären
können, so ist der Grund der, daß wir auch selbst jedesmal
nach außenhin gehört werden möchten als Träger
von Verantwortlichkeit, die sich mit der Bagatellisierung eines
der schwersten Staatsprobleme nicht verbunden erklären. Das
Kriegsbeschädigtenproblem ist eines der schwersten Staatsprobleme.
Die Art, wie der Staat diesem Problem gegenübersteht, beweist
die Größe des Willens desselben, ein für ihn dargebrachtes
Opfer zu achten. Gewiß kann ein Opfer, wie das Opfer von
Blut und Leben, das der Kriegsbeschädigte bzw. seine Hinterbliebenen
brachten, nicht ausgeglichen werden. Immerhin aber kann man aus
der Größe des Opfers den Willen des Staates in dieser
Richtung, wie ich das betonte, erkennen.
Unserer Meinung nach ist das Kriegsbeschädigtenproblem
ein zeitliches. Wie ich das meine, wird Ihnen am besten begreiflich,
wenn ich auf die langen Listen der Verstorbenen verweise, die
wir fast in jedem Blatte der Kriegsbeschädigtenorganisationen
als Nachrufe auf die durch den Tod abgegangenen Kriegsbeschädigten
lesen können. Das Problem löst sich durch den Tod der
Kriegsopfer allmählich von selbst. Grausam wäre es jedoch,
sich ausschließlich diese Lösung zueigen zu machen.
Unserer Meinung nach hat die Staatsverantwortung gerade infolge
des Umstandes, daß das Problem zeitlich begrenzt ist, in
dieser Zeit diesem Problem gegenüber mit der größten
Sorgfalt zu begegnen. Dadurch würde sich der Staat wirklich
als Sozialstaat erweisen, der er immer vorgibt zu sein, und der
er immer sein will.
Prüfen wir die Absicht des Staates in diesem Sinne, so fällt
die Prüfung schlecht aus. Die èechische Kriegsbeschädigtengesetzgebung
ist schlecht auch zum Schaden des Ansehens des Staates, und das
ist hier schon im Verlauf der Debatte einigemal erwähnt worden
längst ihres Charakters wegen auch der zwischenstaatlichen
Kritik zugeführt. Das sollte am meisten zu denken geben.