Ètvrtek 15. prosince 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 118. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 15. prosince 1927.

1. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 12 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Als im Dezember vorigen Jahres die Frage der Kriegsbeschädigten hier im Hause zur Verhandlung stand, erklärten die Vertreter der Regierungsparteien, daß das Ministerium für soziale Fürsorge in der nächsten Zeit eine vollständige Novellierung der Kriegsbeschädigtenfürsorgegesetze vorlegen werde, und trösteten, so die Kriegsbeschädigten. Bis zum heutigen Tage ist dieses Versprechen nicht eingelöst, trotzdem bereits ein Jahr verstrichen ist. Statt einer Novellierung, statt einer Verbesserung der bestehenden Gesetze legt uns das Ministerium für soziale Fürsorge die Verlängerung eines unzulänglichen Gesetzes vor.

Bevor ich mich mit dem Problem der Kriegsbeschädigtenfrage näher beschäftige, möchte ich einiges zur Vorlage sagen. Ich habe bereits im Budgetausschusse erklärt, daß es unmoralisch sei, wenn man die Einkommensgrenze der selbständig Erwerbstätigen anders bemesse als bei den unselbständig Erwerbstätigen. Damit erklärt man nicht nur, daß man mit Steuerhinterziehungen rechnet, sondern man zwingt diese Leute dazu. Der Referent, Koll. Pekárek, ist derselben Meinung. Auch er ist der Ansicht, daß die Vorlage, die zur Verhandlung steht, unmoralisch sei, und dennoch beantragte Koll. Pekárek die Verlängerung des unmoralischen Gesetzes, versprach aber gleichzeitig, daß bei der Novellierung die Gleichstellung der selbständig Erwerbstätigen mit den unselbständig Erwerbstätigen erfolgen werde. Spät kommen unsere Herren zur Einsicht. Wir haben schon immer auf diese Unmoral und auf das große Unrecht aufmerksam gemacht und die Regelung dieser Frage verlangt. Auf die Frage, warum die Gleichstellung nicht gleich geregelt werde, erklärte Koll. Pekárek, die Zeit sei viel zu kurz gewesen, um eine Statistik der selbständig Erwerbstätigen bereitzustellen. Eine Ausrede, an die der Referent selbst nicht glaubt. Nachdem die Gleichstellung vorgesehen ist, die einen Teil der Novellierung beinhaltet, hatte man also ein ganzes Jahr die Statistik zu machen. Diese Ausrede wirkt wahrlich zu plump. Wir wollen Ihnen jedoch heute die Gelegenheit und Möglichkeit bieten, ein großes Unrecht und die Unmoral wieder gutzumachen und unterbreiten Ihnen einen Antrag, wonach jenen Kriegsbeschädigten der Anspruch auf Bezüge zusteht, dessen jährliches Einkommen nicht größer ist als 16,000 Kè jährlich, Ist jedoch sein höheres Einkommen kleiner als die Summe von 16,000 Kè und der Rente nach § 6, die den Kriegsbeschädigten sonst zustehen würde, so ist ihm eine Rente in dem diese Summe ergänzenden Betrage zuzuerkennen. In das Einkommen wird das Einkommen aller Personen eingerechnet, zu deren Unterhalt beizutragen der Kriegsbeschädigte nach dem Gesetze verpflichtet ist und die mit ihm im gemeinsamen Haushalte wohnen. Der Kriegsbeschädigte, der mit 85 bis 100% Erwerbs unfähigkeit klassifiziert wurde, ist von der im vorhergehenden Absatze genannten Bestimmung ausgenommen. Im Falle der Ablehnung unterbreiten wir Ihnen einen Eventualantrag, mit welchem wir verlangen, daß die Wirksamkeit des § 2. Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Feber 1920, Nr. 142 Slg. d. G. u. V. " über die Bezüge der Kriegsbeschädigten in der Fassung des Gesetzes vom 25. Jänner 1922, Nr. 39, verlängert wird, mit der Abweichung, daß an Stelle des Betrages von 6.000 Kè die Worte zu treten haben: Der von der Einkommensteuer befreite Betrag (die §§ 3, 30 und 31 des Gesetzes vom 15. Juni 1927, Nr. 76, betreffend die direkten Steuern). Mit der Annahme unserer Anträge können Sie, meine Herren einen Teil der Fehler und des Unrechtes, die Sie an den Kriegsopfern begangen haben, wieder gut machen. Herr Koll. Pekárek erklärte im Budgetausschuß, daß die Fristverlängerung des vorliegenden Gesetzes bis zum 30. Juni 1928 erzwungen werden mußte. Die ursprüngliche Verlängerung war bis zum 31. Dezember 1928 geplant. Der Herr Koll. Pekárek nennt dies einen großen Erfolg, ist sich aber dessen vielleicht gar nicht bewußt, daß er den Schleier der Koalition ein wenig gelüftet und den Kriegsverletzten gezeigt hat, wie die Einstellung der bürgerlichen Koalitionsparteien gegenüber den Forderungen der Kriegsbeschädigten im wahren Lichte aussieht. Man wollte, nein, man will die Novellierung der Fürsorgegesetze noch ein ganzes Jahr hinausschieben. Und dafür sollen wohl die Kriegsverletzten dankbar sein?

Es ist auch notwendig, hier eine Äußerung des Referenten Pekárek zu korrigieren. Koll. Pekárek brüstete sich nämlich im Budgetausschuß, daß es in den ersten, Jahren nach dem Kriege mehr Kriegsverletzte gegeben hat und für sie geringe Beträge ausgegeben wurden wogegen jetzt, trotz großer Abnahme der Kriegsopfer, größere Beträge ausgegeben werden. Die Lösung dieses Rätsels ist sehr einfach. Damals gab es nur Anmeldungen und mehr Erhebungen als ausgezahlte Renten. Viele Anspruchsberechtigte mußten jahrelang auf ihre Bezüge warten und noch heute sind sie nicht alle zu ihrem Rechte gelangt. Also statistisch waren sie wohl erfaßt, erhielten jedoch nicht ihre Renten. Bis heute werden Nachzahlungen für die früheren Jahre geleistet. Widerlegt muß auch die Behauptung des Referenten werden, daß bei uns die Versorgung der Kriegsopfer besser sei als in anderen Staaten. Als Beweisführung gibt Koll. Pekárek an, daß in anderen Staaten, so in Österreich, Deutschland usw. der Kriegsbeschädigte erst mit 25 oder 30% Arbeitsunfähigkeit rentenbezugsberechtigt wird, wogegen die Èechoslovakei so human sei und die Rente schon bei 20% Arbeitsunfähigkeit zuerkennt. Daß in Polen und Frankreich ein 15% Kriegsinvalide schon die Rente erhält, davon machte der Koll. Pekárek keine Erwähnung. Er möge sich aber auch sagen lassen, daß der Kriegsverletzte, der in Österreich mit 30% klassifiziert wird, bei uns nur 15% erhalten würde. Auf der internationalen Kriegsverletztenkonferenz in Genf im vorigen Jahre wurde festgestellt, daß die Versorgung der Kriegsbeschädigten in der Èechoslovakei an der letzten Stelle marschiert. Diese Feststellung wurde auf Grund amtlichen Materials durch genaue vergleichende Tabellen gemacht und es ist bezeichnend, daß auf dieser Konferenz eine Resolution angenommen werden mußte, in welcher ausdrücklich auf die unzureichenden Beträge der in der Èechoslovakei gewährten Entschädigungen hingewiesen wurde und die Èechoslovakei ersucht wird, so schnell wie möglich die Bedingungen für die Entschädigung der Kriegsopfer mit den von ihr angenommenen allgemeinen Grundsätzen in Einklang zu bringen. Arme Kriegsverletzte! Wie fremd sind ihnen die Grundsätze der diese Republik regierenden Parteien. Ihr Grundsatz ist doch: Abbau aller sozialen Lasten, die Aufbürdung aller Lasten auf die Schultern der arbeitenden Bevölkerung. Wenn die Kriegsverletzten wieder zu einer internationalen Konferenz zusammenkommen, dann werden sie wieder klagen müssen, daß ihre primitivsten Forderungen nicht erfüllt sind und Sie werden zu der Erkenntnis kommen, daß ein Staat, der sich in dieser von aller Welt anerkannten Forderung ablehnend verhält, das Recht verwirkt hat, sich ein Kulturstaat zu nennen.

Nun möchte ich mich einzelnen Fragen zuwenden, die raschester Abhilfe bedürfen. Im Juni vorigen Jahres haben wir allein einen Initiativantrag eingebracht und die Verlängerung der Anmeldefrist verlangt, die am 31. Dezember 1923 abgelaufen ist. Derselbe Antrag wurde auch von einzelnen aktivistischen Parteien eingebracht. Während wir drängen, daß unsere Anträge in die Beratungen einbezogen werden, haben die Agrarier und Klerikalen ihre Anträge im Stich gelassen.

Ich will hier durchaus nicht im einzelnen aufzeigen, wie viele Unschuldige durch die verspätete Anmeldung um ihre Renten kamen, will auch nicht die Ursache der verspäteten Anmeldung besprechen, weil wir: es schon einigemale von dieser Stelle aus getan haben. Jedoch ein Brief soll Ihnen zeigen,, welches große Unglück vermieden werden könnte, wenn Sie unseren Antrag annehmen würden. Eine Organisation der Kriegsverletzten wendet sich in folgendem Schreiben an uns: "Seit langer Zeit kämpft die Organisation der Kriegsopfer mit dem Bürokratismus dieses Staates, um die Not und das Elend zweier Kriegsopfer zu lindern. Jedoch alles vergebens, kein Herz dieser Männer ist zu gewinnen, um das Los dieser armen Menschen, dieser armen Familien, die nur Not und Elend kennen, zu lindern. Denn diese fühlen nicht den Schmerz eines Vaters, der zum Krüppel wurde, und nun seine Familie, sein Weib und Kinder, hungern sieht. Da unsere Schritte alle vergebens waren, so erlauben wir uns, heute an Sie mit der innigsten und ergebendsten Bitte um Zuteilwerdung ihrer Unterstützung in den beiden angeführten Fällen heranzutreten. Schreiber Johann, geboren am 10. Mai 1883, verheiratet, Vater von 6 unversorgten schulpflichtigen Kindern, von Beruf Maurer, wohnhaft in Hengstererben, Bezirk Neudek. Dieser Kriegsbeschädigte befindet sich mit seiner Familie in einer sehr trostlosen Lage, keinen Verdienst, keine Kleidung, nur Not und Elend sind Gast im Hause. Johann Schreiber war Soldat der österreichischen Armee, wurde im Kriege verschüttet, erlitt einen Nervenzusammenbruch. Nach der teilweisen Heilung wurde er der Arbeiterkompagnie zugeteilt, wo er einen neuerlichen Unfall durch einen Packer erhielt. Schädel- und Brustverletzung waren die Unfallsfolgen. Zur Zeit des Umsturzes wurde er aus dem Reservespital in Falkenau entlassen. Nun versuchte er wieder zu arbeiten, um das Brot für seine Familie zu schaffen, doch seine Krankheit verfolgte ihn auf Schritt und Tritt und eines Tages stürzte er 1 m hoch herab. Nachweisbar Schwindelanfall. Seit dieser Zeit ist er vollständig arbeitsunfähig, kann weder essen noch trinken, muß vollständig bedient werden. Die Arbeiterunfallversicherung sowie die Ärzte bezeichnen diesen Fall als Kriegsfolge und die Kriegsfürsorgeämter weisen ihn wegen Fristversäumnis ab. Der Kriegsbeschädigte Johann Schreiber verfügt über keine Denkkraft mehr und hat diesen Schritt der Meldung unterlassen. Trotz aller Mühe erhält der Genannte keine Unterstützung, kein Gnadengeld, seine Familie, 6 Kinder im schulpflichtigen Alter und seine Frau wurden dem Hungertuche preisgegeben, Tränen stehen jedem in den Augen, der seine Kinder von Haus zu Haus ziehen sieht."

Ein anderer Fall. Anton Kühnl, geboren 1891, verheiratet, zwei unversorgte Kinder, von Beruf Eisenwerksarbeiter, wohnhaft in Mühlberg, Bezirk Neudek. Der Kriegsinvalide Anton Kühnl war Soldat der österreichischen Armee, diente bei dem Dragonerregiment Nr. 14, machte den ganzen Weltkrieg mit, wurde einmal verschüttet und einmal bei einem Reiterangriff verletzt. Kühnel, der als äußerst solider und braver Arbeiter, sowie Soldat bekannt ist, versuchte nach dem Zusammenbruche wieder zu arbeiten, doch das Schicksal entschied anders, denn bald erschienen Anzeichen von Geistesgestörtheit. Rufe, wie "vorwärts", "Sturm", "Feuer" und dergleichen setzten ein. Der Arzt bezeichnete ihn zuerst als Simulanten, später wurde die Diagnose auf Kopfgrippe umgetauft und beides traf nicht zu. Denn er hatte schon im Felde nach der Verschüttung derartige Anfälle gehabt, was Zeugen bestätigen können. Tagtäglich verschlechterte sich die Krankheit und heute ist Kühnl vollständig gelähmt, kann weder Speise noch Trank zu sich nehmen, verfügt über keine Denkkraft, kann niemals das Bett verlassen, ist nur auf seine Familie angewiesen. Nur die Phantasie des schrecklichen Krieges hat er nicht vergessen. Krieg, Angriff und Schlachten sind seine Worte. Liegt hier nicht ein Irrtum des Arztes vor? Ist das ein Simulant? Ist das Grippe? In diesen Stunden des schwersten Leidens hat die Familie, die Frau, die Anmeldungsfrist versäumt, denn der Kriegsbeschädigte verfügte über keine Denkkraft mehr und das soll für die Frau und Kinder zum Verhängnis werden. Nicht genug, daß der Vater geraubt wurde, Hunger und Elend sollen einkehren, denn es soll keine Hilfe geben. Die Lage beider mittelloser Familien ist nicht zu schildern. Die Gemeinde, die breite Öffentlichkeit und die Krankenversicherung, alle haben mit, geholfen, doch die Quellen versiegten nach und nach und nun stehen die totkranken Kriegsopfer mit ihren Familien ohne Hilfe, ohne Mittel in der Welt, dem Bettelstabe, dem Hungertuche preisgegeben. "Sehr verehrte Frau! In diesen schweren Stunden, wo wir Hilfe suchen, um unseren lebendig begrabenen Kamaraden zu helfen, bitten wir nochmals innigst um Ihre Unterstützung. Vielleicht gibt es doch noch ein Recht auf dieser Welt, daß diesem Ärmsten der Armen geholfen werden kann." Das ist mehr als ein Notschrei, das ist eine Anklage gegen ein System! (Výkøiky nìm. soc. demokratických poslancù.) Wir kommen schon noch in den weiteren Ausführungen darauf zu sprechen.

Ein trauriges Kapitel bildet die Nichtzuerkennung der Renten an die Hinterbliebenen, wenn die Todesursache nicht im Einklang steht mit der Invalidität des Verstorbenen. Das wird hier bei beiden Fällen nachher zutreffen, Die Kriegerwitwen und Waisen wurden und werden dadurch um berechtigte Ansprüche gebracht, In den meisten Fällen ist nicht nachweisbar, wenn auch der Tod die Folge der im Krieg zerrütteten Gesundheit ist. Ganz kraß wirkt sich dieses Unrecht bei Kriegsblinden aus. Laut Verordnung haben die Witwen oder Waisen nach verstorbenen Kriegsblinden keinen Anspruch auf eine Rente, weil eben der Kriegsblinde nicht an einer Krankheit gestorben ist, die den Anspruch auf eine Invalidenrente begründet. Bei einem Kriegsblinden wird es aber niemals oder nur in sehr seltenen Fällen gelingen oder möglich sein, nachzuweisen, daß der Tod der den Anspruch begründen soll, eine Folge der Invalidität ist. Diese Bestimmung ist eine harte soziale Ungerechtigkeit, die ehestens abgeschafft werden muß.

Viel Elend, ja Zerrüttung, nicht selten Vernichtung von schwer erkämpften Existenzen bringen die Forderungen nach Rückzahlung von Überzahlungen. Fast alle Überzahlungen werden rigoros eingetrieben, mit Pfändungen gedroht, Ansuchen um Gewährung kleinerer Ratenzahlungen bleiben meist unberücksichtigt. Wir haben deshalb in einem bereits im vorigen Jahre im Monate Juni eingebrachten Antrag gefordert, den Kriegsbeschädigten die von den Landesämtern vorgeschriebenen Übergebühren zu erlassen, doch scheint es, daß auch dieser Antrag begraben sein soll.

Nun möchte ich noch ein paar Worte zur Pflichteinstellung der Kriegsverletzten sagen. Die Kriegsbeschädigten haben einen harten Kampf um ihre Existenz zu führen. Von den Renten allein können sie nicht leben, sie müssen also arbeiten,. Meist werden sie aus Gnade aufgenommen und sind deshalb der ständigen Gefahr ausgesetzt, entlassen zu werden, In erster Reihe müßten der Staat, die Bezirke und Gemeinden und nicht zuletzt auch die Privatunternehmungen verpflichtet werden, die freiwillige Einstellung in eine Pflichteinstellung umzuwandeln, analog den gesetz!ichen Bestimmungen in Deutschland, Österreich, Polen, Italien und Frankreich. Die Kriegsbeschädigten haben ein Recht auf den Schutz des Arbeitsplatzes. Im heurigen Jahre wurde ein Pflichteinstellungsgesetz beschlossen, doch nicht für jene, die immer zwangsweise gedient haben, die ihre Gesundheit, die ihre geraden Glieder eingebüßt haben, sondern für die braven, freiwillig längerdienenden Unteroffiziere. Die braven Helden erhielten als Belohnung das Zertifikatistengesetz, die Kriegsverletzten, die armen Helden, erhalten Fußtritte, und ich will gerecht sein, auch manchmal Versprechungen. Dies will ich nun beweisen und den Wortbruch der Regierungsparteien, insbesondere der klerikalen, den sie an den Kriegsverletzten begangen haben, aufzeigen. Solange die deutschen Aktivisten in der Opposition waren, verging kaum eine Gelegenheit, wo sie nicht für die berechtigten Forderungen der Kriegsverletzten sprachen und neben uns die Besserstellung der Kriegsopfer verlangten. In Worten und Versprechungen blieben sie wohl die Alten, doch was sie jetzt mit den Kriegsverletzten treiben, ist mehr als ein Doppelspiel, mehr als ein Wortbruch, ist mehr als, ein Treubruch! Sie gehen in die Versammlungen, geben den Kriegsverletzten Versprechungen, halten dort schöne Reden, krebsen in diesen Versammlungen mit ihren Initiativanträgen und stimmen dann gegen alle von uns eingebrachten Verbesserungsanträge. Ein Beispiel soll hierfür die Zeugenschaft ablegen. Im vorigen Jahre, wenn ich nicht irre war es am 27. November, knapp vor Annahme des Budgets, versammelten sich in allen großen Bezirksorten die Kriegsverletzten und luden in diese Versammlungen die Parlamentarier der verschiedenen Parteien ein. Sie kamen alle, um dort das Versprechen zu geben, daß sie gewillt seien, für die berechtigten Forderungen der Kriegsverletzten einzutreten. In einer dieser Versammlungen trafen wir mit einem Kollegen der klerikalen Partei, dem Abg. Krumpe zusammen. Krumpe kam und meldete sich als erster zum Worte. Was sprach Krumpe? Welche Versprechungen gab er den dort versammelten Kriegsverletzten? Er erklärte, daß er und seine Partei das bindende Versprechen abgeben können, für die berechtigten Forderungen der Kriegsverletzten einzutreten. Wir haben dann sofort, allerdings erst nach dem Abgang des Abg. Krumpe - er zog es vor, rechtzeitig den Saal zu verlassen, um nicht von den anderen Parlamentariern entlarvt zu werden - erklärt, daß diese Versprechungen niemals in die Tat umgesetzt werden. Warum? Weil das Beispiel vorangegangen war! Ein paar Tage vorher wurden alle von uns zum Budget eingebrachten Verbesserungsanträge gerade von Krumpe und seiner Partei und mit ihm von allen aktivistischen Parteien rücksichtslos abgelehnt.

Wir haben schon in dieser Versammlung den Kriegsverletzten erklärt, sie mögen keine allzugroßen Optimisten sein, sie würden sich in der nächsten Zeit von der Wahrheit unserer Worte überzeugen können, denn was Abg. Krumpe in dieser Versammlung erklärte, sind nichts als schöne Worte, nichts als Versprechungen. Ein paar Tage nachher konnten sich die Kriegsverletzten von der Wahrheit unserer Worte überzeugen. Die aktivistischen bürgerlichen Parteien lehnten alle von uns eingebrachten Verbesserungsanträge ab.

Ich möchte nun einmal, die Worte und die Taten der deutschen aktivistischen Parteien aus jener Zeit gegenüberstellen, wo sie sich noch in der Opposition befanden. Mir liegt hier eine gedruckte Rede des agrarischen Koll. Schubert vor, der - ich wiederhole, zu einer Zeit, wo er noch Oppositionsabgeordneter war - zur Frage der Kriegsverletzten folgendes erklärt hat: "Der vorliegende Entwurf, betreffend die Änderungen und Ergänzungen der Bezüge der Kriegsbeschädigten, bedeutet keinen nennenswerten Fortschritt. Er kann den berechtigten Forderungen der Invaliden nicht genügen, da der Antrag für die Versorgung zu gering ist. Die Ausgaben für Militär und andere entbehrliche Belange steigen fortwährend ins Ungemessene. Bei den Invaliden dagegen beginnt man zu sparen und zu kargen. Wir sehen daher in den Ansätzen nur eine provisorische Regelung. Provisorien in unserer Gesetzgebung sind bei uns etwas ständiges. So wird laut Regierungsbericht usw. auch der Gesetzentwurf für die Junginvaliden, wenn ich so sagen darf, wieder ein Provisorium. Alles wird nur von heute auf morgen, für einen kurzen Augenblick festgelegt. Das Parlament wird mit ewigen Novellierungen, Ergänzungen und Verlängerungen in Atem gehalten. Ein Schaffen aus dem Vollen, wie man es von einem jungen Staatswesen und seinen Verfechtern erwarten würde, vermißt man. Wenn die Invaliden sehen würden, vor was für leerem Hause ihre Sache verhandelt wird, würden sie enttäuschte Augen machen". - Was sie seinerzeit als Vorwurf gegenüber der früheren Koalition erklärten, setzen sie nun fort.

Unter anderem sagte aber Koll. Schubert folgendes: "Gehen Sie hinaus und hören Sie das Urteil der Invaliden". Wir würden von dieser Stelle aus den Invaliden denselben Rat erteilen. "Es ist ein sehr herbes und verbittertes Urteil. Unsere Invaliden rufen nach korrekter und rascher Durchführung aller bereits gesetzlich verfügten Maßnahmen, und auch die Gemeinden wünschen eine ausreichende Unterstützung der Invaliden, damit ihnen nicht auf Umwegen neue Belastungen erwachsen und die Regierung etwa auf Gemeindeversorgungen spekuliert." Jetzt haben die Herren sogar diesen letzten Weg den Invaliden versperrt. Sie haben durch die Annahme des Gemeindefinanzgesetzes es den Gemeinden unmöglich gemacht, Unterstützungen in Zukunft an die Kriegsverletzten verabfolgen zu können.

Schöner aber klingen noch die weiteren Ausführungen des Abg. Schubert: "In den verschiedenen Erklärungen der Regierungsstellen fehlt es nicht an tröstenden Versicherungen und Versprechungen. Man sucht alles in rosiges Licht zu stellen und Notverfügungen wie diese sollen wieder für einige Zeit die lästigen, unangenehmen Dränger beruhigen. Für eine dauernde Beruhigung ist diese Novelle nicht geschaffen..... Bei der Invalidenfürsorge sollte der engherzige fiskalische Standpunkt überhaupt ausgeschaltet werden und es hätte hier eine wohlwollende Praxis einzusetzen. Sparen ist recht, aber am rechten Platz. Dies zu tun, ist an anderen Stellen des Budgets hinreichend genug Gelegenheit. Bei gutem ehrlichem Willen wird es leicht gelingen, die berechtigten Wünsche der Invaliden zu befriedigen, ohne die Steuerschraube neu anziehen zu müssen". Auch Ihnen fehlt es an diesem guten Willen, Sie wollen die berechtigten Forderungen der Kriegsverletzten nicht erfüllen sie selbst sind ihren früheren Reden und Versprechungen untreu geworden.

Und noch ein paar Worte, die klar und deutlich das Gesamtbild dieser Herrschaften aufzeigen. "Auch dieser Ansatz" - heißt es in den weiteren Ausführungen des Abgeordneten Schubert - "ist zu niedrig. Doch was hilft es, wenn wir einen höheren Ansatz beantragen. Unsere Anträge werden hier und im Ausschuß glatt in Bausch und Bogen niedergestimmt. Hier gilt nur der Wille der Koalition." Und wie sieht es heute aus? Die Fortsetzung desselben Spiels, alle Anträge alle Verbesserungsanträge, werden in Bausch und Bogen glatt niedergestimmt, Hier gilt das erkläre jetzt ich - der Wille der neuen Koalition. Und so könnte ich Ihnen in der damaligen Rede des Koll. Schubert noch nachweisen, wie die Einstellung damals war, solange diese Herrschaften in der Opposition waren und wie sie sich seither geändert hat, Doch lassen Sie mich noch eine weitere Ausführung machen, die den Kriegsverletzten klar und deutlich zeigt, was sie von der agrarischen Partei überhaupt zu halten und zu erwarten haben. Im Agrarblatt "Der Dorfbote" ist ein Herzenserguß eines gewissen Karl Maschek. Landwirt aus Maronitz zu lesen.

Der Freund der Kriegsopfer schreibt: "Ich betone aber, daß es nötig wäre viele Invaliden aus dem Bunde auszuscheiden und denselben die staatliche Unterstützung zu entziehen, Wie komme ich als Steuerträger dazu, für Invalide zu sorgen?" Diese Gehäßigkeit gegen die Kriegsverletzten, müssen sich die Kriegsbeschädigten gut merken.

Nur noch einen ganz kleinen Auszug aus der Rede des damaligen Abg. Schälzky, Mitglied der christlichsozialen Partei! Auch er beschäftigte sich mit dem Problem der Kriegsbeschädigten und führte in seiner Budgetrede folgendes aus: "In der Budgetdebatte nahm ich Gelegenheit, die breite Öffentlichkeit auf die unwürdige und herzlose Behandlung der armem Kriegsopfer hinzuweisen und den Nachweis zu erbringen, wie dieser Staat in seinem Großmachtstaumel von den Steuergeldern des Volkes ungeheuere Summen mit stolzer Geste dem Militarismus und der Auslandspropaganda hinwirft gegenüber den armen Kriegsopfern aber in schäbiger Weise knausert und spart." Und diese Parteien haben kaltblütig, trotz ihrer früheren Reden für den Rüstungsfond, für alle Militärvorlagen, für das Budget, das so enorm große Summen für den Militarismus bereitstellt, gestimmt. Und Schälzky - ich lasse allerdings große Stücke seiner Rede unverlesen und führe nur die markantesten Stellen an führt weiter aus: "Aber in der Weise, wie man in diesem Parlamente Gesetze macht, daß die Entscheidung der "Pìtka" dem Parlamente aufgezwungen wird und alle noch so gut gemeinten und noch so gut begründeten Abänderungsanträge von vornherein als erledigt gelten müssen." (Posl. Hackenberg: Aber jetzt ist es ja noch viel ärger!) Ich werde sofort darauf zurückkommen und nachweisen, daß es jetzt noch viel ärger ist, "Für die Geschichte dieses Staates und die ganz eigentümliche Auffassung des Parlamentarismus ist es notwendig, den Werdegang mancher Gesetze festzulegen. Diese Vorlage z. B. wurde Samstag dem Hause überbracht, dann in Druck gelegt und Donnerstag abends in ungefähr anderthalb Stunden im sozialpolitischen Ausschusse durchgepeitscht."

Um auf den Zwischenruf des Koll. Hakkenberg zurückzukommen, daß es jetzt noch viel ärger sei, will ich nur auf das Beispiel, daß sich gestern hier im Hause zugetragen hat verweisen. Damals wurden Anträge zumindest dem Ausschusse unterbreitet. Gestern haben wir ein Novum kennen gelernt. Wenn man die Befürchtung hat, daß ein Antrag im Ausschuß nicht durchgehen würde, so weist man ihn überhaupt nicht dem Ausschuß zur Beratung zu und der Berichterstatter erstattet, wie es gestern beim Abg. Vávra hier der Fall war, einen Bericht, und fängt an: "Im Auftrage habe ich den Bericht zu erstatten." In wessen Auftrage? Im Auftrage des Sechzehnerausschusses, oder in seinem eigenen Auftrage oder im Auftrage der gesamten Koalitionsparteien? Das überschreitet natürlich noch jenes Maß der früheren Tatsachen, der früheren Umgehungen und Ungesetzlichkeiten. Aber das alles genügt nicht, um vielleicht eine Gegenüberstellung der früheren und jetzigen Einstellung der Aktivisten zu kennzeichnen. Lassen Sie mich nur noch einen kleinen Ausschnitt der Rede des früheren Abgeordneten Schälzky vorlesen, Er sagte weiter: "Es ist tief bedauerlich und herzlos, daß man gerade jetzt zu Weihnachten" also wir haben die Wiederholung derselben Zeit - "den armen Kriegsopfern diese Enttäuschung bereitet. Wenn man den Staatsbeamten und Lehrern als Weihnachtsgeschenk eine Kürzung ihrer Bezüge beschert hat, bringt man es noch übers Herz, den armen Kriegsverletzten eine solche Enttäuschung zu bereiten". Er sagt weiter: "In letzter Stunde beschwören wir die Herren von der Mehrheit des Hauses, von der ein solcher Teil im Herzen für die Erfüllung der Forderungen ist, der Stimme des Herzens Gehör zu geben und die berechtigten Forderungen der Kriegsverletzten zu erfüllen. Gerade um die Weihnachtszeit, die zu Werken der Liebe mahnt, sollte sie bewegen, die inständigen Bitten der armen Kriegsopfer nicht zu überhören. Die Kriegsverletzten bitten nicht um Gnade, sondern um ihr gutes und heiliges Recht".


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