Hohes Haus! Da die Heereserfordernisse nicht
nur in das politische, sondern auch in das volkswirtschaftliche
Gebiet hineinspielen, sehe ich mich veranlaßt, mich noch
mit Heeresangelegenheiten, wenn auch nachträglich, zu beschäftigen.
Am 21. November befaßte sich im Budgetausschuß der
Herr Minister für nationale Verteidigung ausführlich
mit Heeresangelegenheiten. Die Ausführungen des Herrn Ministers
über die seinerzeit versprochene Einführung der Miliz,
daß sich dieses Wehrsystem für unsere Verhältnisse
unanwendbar und auch als zu teuer erweise, können nicht unwidersprochen
bleiben. Ich bedauere lebhaft den Standpunkt des Herrn Ministers
und ich bin nicht in der Lage, denselben zu teilen. Ich finde
es auch auffallend, daß der Herr Minister nicht schon im
vergangenen Jahre so offen und frei wie heuer seinen die Miliz
ablehnenden Standpunkt im Budgetausschuß bekantgegeben hat,
denn nach den letzten Äußerungen des Herrn Ministers
zu schließen, war derselbe schon immer von der Unmöglichkeit
der Einführung der Miliz mit Rücksicht auf die hiesigen
Verhältnisse überzeugt.
Wir deutschen Christlichsozialen stehen auch
heute noch programmgemäß auf dem Standpunkte, daß
die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderliche
Wehrmacht im Laufe der Zeit nach dem Milizsystem ausgebaut werden
muß.
Wenn wir in der letzten Zeit für die Erfordernisse
des Ministeriums für nationale Verteidigung gestimmt haben
- es ist uns dies wahrlich nicht immer leicht gefallen so ist
dies nur bedingungsweise und unter der Voraussetzung geschehen,
daß das seinerzeitige Versprechen von der Einführung
der Miliz, niedergelegt im § 1 des Wehrgesetzes, auch einmal
eingelöst wird.
Die letzten Ausführungen des Herrn Ministers
hinsichtlich der Miliz wirken daher auf uns sehr befremdend und
wir können uns damit nicht einverstanden erklären.
Wir deutschen Christlichsozialen sind der Anschauung,
daß, wenn das Milizsystem in anderen Staaten im Interesse
der Volkswirtschaft eingeführt werden konnte, dies auch bei
uns im Laufe der Zeit möglich sein muß. Wo ein Wille,
ist auch ein Weg. Das Milizsystem bietet vor allem den großen
Vorteil, daß es möglichst wenig Menschenkraft anderen,
produktiveren Berufen entzieht. Aus diesem Grunde kann ich der
Behauptung des Herrn Ministers, die Miliz sei eine unverhältnismäßig
teuere Einrichtung, an die sich der èechoslovakische Staat
mit seinen bescheidenen Mitteln nicht heranwagen könne, keinen
Glauben schenken. Ich bin im Gegenteil überzeugt, daß
nur durch die Einführung der Miliz die Bevölkerung von
den bisherigen Militärlasten befreit werden
kann.
In Kürze etwas über die Miliz. Am
meisten ausgeprägt ist das Milizsystem in der Schweiz, wo
außer einem nur aus wenigen Offizieren und Unteroffizieren
bestehenden Instruktionskorps im Frieden keine Militärformationen
bestehen. Das nach der allgemeinen Wehrpflicht zur Assentierung
gelangende Material wird nicht nur ärztlich untersucht, sondern
auch hinsichtlich der körperlichen Leistungsfähigkeit
einer Prüfung unterzogen. Außerdem wird mit den Stellungspflichtigen
auch eine pädagogische Prüfung aus Lesen, Schreiben,
Rechnen und Vaterlandskunde vorgenommen. Das auf diese Weise gesiebte
Material wird dann den verschiedenen Rekrutenschulen zugeteilt,
deren Dauer je nach der Truppengattung zwischen 65 bis 90 Tagen
schwankt. Die Ausbildung wird durch Wiederholungskurse aufgefrischt.
Solche Wiederholungskurse, Waffenübungen finden alljährlich
in der Dauer von 11 bis 14 Tagen, in der Landwehr, zweites Aufgebot,
alle vier Jahre, im Landsturm, drittes Aufgebot, je nach Bedarf
bis zu drei Tagen statt. Für den Offiziersnachwuchs sorgt
der Unterricht an der Militärschule der technischen Hochschule
und in den sogenannten Kadettenkorps, Die Bewaffnung und persönliche
Ausrüstung bleibt in der Regel während der ganzen Dienstzeit
in den Händen des Mannes, was bei einem gewissenhaft gesiebten
Mannschaftsmaterial gar keine Gefahr bedeutet. Dieses kurz skizzierte
System ermöglicht es der Schweiz, die etwa vier Milionen
Einwohner zählt, im Falle einer Mobilisierung in kürzester
Zeit 260.000 Mann ausgebildeter Truppen ins Feld zu stellen. Holland,
Schweden, Norwegen und Dänemark haben ebenfalls das Milizsystem
angenommen, mit der Modifikation jedoch. daß sie bereits
im Frieden mehr oder minder starke Kaders erhalten, die den Rahmen
für das im Mobilisierungsfalle aufzustellende Heer bilden.
Wenn der Herr Minister nicht schon im vorhinein
und aus anderen, politischen Gründen, ein Gegner des Milizsystems
ist, empfehle ich ihm, nicht nur in der Schweiz, sondern auch
in den vorgenannten Ländern das Milizsystem zu studieren
oder studieren zu lassen. Das eine ist allerdings sicher, daß
das Milizsystem vor allem ein hochintelligentes, politisch verläßliches
Material voraussetzt. Bisher haben es, wie wir sehen, nur solche
Staaten in Anwendung gebracht, deren Neutralität entweder
völkerrechtlich anerkannt wurde oder deren geographische
Lage es ihnen ermöglicht, ihre Neutralität wenigstens
durch längere Zeit hindurch zu wahren. Auch für den
èechoslovakischen Staat gibt es infolge seiner geographischen
Lage und seiner verschiedenen Völker keine
andere Möglichkeit, als in der Außenpolitik im gegebenen
Falle, bei eventuellen kriegerischen Ereignissen, unbedingte Neutralität
zu wahren, so daß eine vorhandene Miliz vollständig
genügen würde, um Wacht an den Grenzen zu halten und
ein zuverlässiges Instrument in der Hand der Regierung zur
Sicherung von Ruhe und Ordnug im Innern des Staates zu sein.
Es ist klar, daß der Übergang vom
heutigen stehenden Heer zur Miliz nicht plötzlich, sondern
nur sukzessive vor sich gehen darf, so heiß die Bevölkerung
die Befreiung vom Drucke der Militärlasten auch ersehnt,
denn ein plötzlicher Übergang könnte der Volkswirtschaft
mehr Schaden als Nutzen zufügen und bei der heutigen wirtschaftlichen
Lage wird es gewiß nicht leicht sein, das durch die Restringierung
der Effektivstände freiwerdende Menschenmaterial sofort anderweitig
produktiv zu verwerten, um dadurch einer Vergrößerung
des Arbeitslosenheeres vorzubeugen. Der für Militärbedarf
arbeitenden Industrie muß Zeit zur Umstellung gelassen werden,
ebenso wie die Landwirtschaft, die am stehenden Heer einen wichtigen
Konsumenten verliert, sich den geänderten Verhältnissen
anpassen muß. Es muß aber doch einmal ernst gemacht
werden mit der Herabsetzung der Effektivstärke des stehenden
Heeres und der Verkürzung der aktiven Dienstzeit. Dadurch
wird das stehende Heer automatisch zu einem Rahmenheer. Vom Rahmenheer
zur Miliz ist aber nur noch ein Schritt. Je eher die kompetenten
Stellen an das Studium des Milizsystems gehen, desto leichter
wird sich seinerzeit der unvermeidliche Übergang vom stehenden
Heer zur Miliz vollziehen.
Wir deutschen Christlichsozialen werden unseren
Einfluß soweit als möglich dahin geltend machen, daß
der Abbau der Wehrmacht und der Übergang zu dem in der Verfassung
vorgesehenen Milizsystem tatsächlich durchgeführt werde,
sobald dies ohne Gefährdung der Sicherheit des Staates und
ohne Erschütterung der wirtschaftlichen Struktur desselben
geschehen kann.
Am 29. Oktober 1926 hat der Herr Minister Udržal
bei der Eröffnung der Instruktionskurse für Reserveoffiziere
in Prag eine Rede gehalten, in der er unter anderem sagte: "Wenn
sich die legalen Vertreter der Nationen zum Staate bekennen und
bereit sind, zum Staate in guten und bösen Tagen zu stehen,
dann müssen wir in ihren Ange: hörigen Kameraden und
Waffenbrüder: sehen und uns ihnen gegenüber wie Gleiche,
benehmen."
Ich ersuche den Herrn Minister, diesen Worten
die Tat folgen zu lassen. Mit der gleichen Behandlung in der Armee,
ich muß dies leider konstatieren, ist es, wie auch
auf anderen Gebieten, immer noch sehr schlecht bestellt. Ja, ich
wage zu behaupten, daß die Kriegs- und Nachkriegspsychose
gerade in der èechoslovakischen Armee immer noch ihr Unwesen
treibt. Es ist höchste Zeit, daß auch die Heeresleitung
zur Einsicht gelangt, daß ein
sich auf alle Nationalitäten des Staates stützendes
Volksheer denn doch besser ist als eine die übrigen Nationalitäten
zurücksetzende und abstoßende rein èechischnationale
Armee. Bei der Behandlung der deutschen Unteroffiziere und
Offiziere in der Vergangenheit und in der jüngsten Gegenwart
war vielfach der Geist einer rein èechisch-nationalen Armee
zum Schaden der Betreffenden ausschlaggebend und entscheidend.
Im heurigen Exposée des Herrn Ministers vermisse ich zu
meinem Bedauern einen entsprechenden Hinweis
auf einen derartigen, höchst notwendigen Gesinnungsumschwung.
Wenn der Herr Minister in seinem Exposée im Budgetausschuß
bemerkte, die Armee sei von demokratischem und nationalem Geist
erfüllt, so will ich mit Freude die Versicherung, daß
in der Armee demokratischer Geist herrsche, zur Kenntnis nehmen.
Was der Herr Minister unter nationalem Geiste gemeint hat, ist
mir rätselhaft, denn wie gesagt, wir haben ein auf alle Nationalitäten
des Staates sich stützendes Volksheer, nicht aber
eine rein èechischnationale Armee. Die Zeit, wo die èechoslovakische
Heeresleitung systematisch daran gearbeitet hat, der Armee den
rein nationalen Stempel aufzudrücken, muß endgültig
vorüber sein. In unserer Zeit dürfen die Heeresbildungsanstalten,
die Kriegsschule, die höheren Kurse und Offiziersschulen
den Deutschen nicht mehr verschlossen bleiben und es darf nicht
mehr vorkommen, daß manche Truppenkörper, wie z. B.
die Fliegertruppe, öffentlich erklärt hat, nur auf Aspiranten
èechischer oder slovakischer Nationalität
zu reflektieren. Die deutschen Soldaten sind keine subversiven
Elemente. Vor dem deutschen Soldaten braucht die Heeresleitung
keine Furcht zu haben. Die subversiven Elemente - die jüngste
Vergangenheit hat uns darüber belehrt - stehen anderswo,
nicht auf deutscher Seite. Das deutsche Volk in seiner überwältigenden
Mehrheit will, daß unsere deutschen Soldaten der Regierung
des Staates gehorchende, heimatliebende, aber auch volkstreue
Männer sind, die dem sudetendeutschen Volke, aber auch
der Armee dieses Staates zur Ehre und zur Zierde gereichen in
der Hochhaltung der alten Tugenden der Deutschen: Intelligenz,
Disziplin, Tapferkeit und Treue. Aber dann muß auch die
èechoslovakische Heeresleitung bestrebt sein, alles zu
vermeiden, was diesen guten Geist vertreiben
könnte und sie darf nicht, ob absichtlich oder unabsichtlich,
ob laut oder heimlich, den ganzen Volksstamm der Deutschen irredentistischer
Neigungen, die, wie uns die Budgetdebatte gezeigt hat, von allen
deutschen Parteien abgelehnt werden, verdächtigen und infolgedessen
von den einflußreichen Stellen in der Armee ausschließen,
wie es früher geschehen ist und bis heute leider immer noch
der Fall ist. Dadurch trägt die èechoslovakische
Heeresleitung nicht dazu bei, die Armee in der
deutschen Bevölkerung des Staates beliebter zu machen und
endgültig den Glauben in der deutschen Bevölkerung zu
begraben, die Armee sei ihr im Wesen feindlich gesinnt.
Ich warne die Heeresleitung, die einseitige
Nationalisierung in der Armee fortzusetzen und dadurch das deutsche
Volk auf eine Bahn zu drängen, die seinem Wesen als ordnungserhaltendes
Element im Staate eingentlich fremd ist. So wie in der letzten
Zeit mit der Politisierung, muß also auch mit der einseitigen
Nationalisierung der Armee je rascher desto besser, restlos aufgeräumt
werden.
Wir deutschen Christlichsozialen beschränken
unsere Wünsche und Forderungen nicht auf das nationale Gebiet
allein. Wir verlangen, daß auch die deutsche Wirschaft,
Industrie, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft bei Lieferungen
und Arbeiten von der Heeresleitung in jenem Maße berücksichtigt
werde, das ihrer Steuerkraft entspricht. "Do, ut des",
muß hier der leitende Grundsatz sein.
Den Beschwerden über die mangelhafte Unterbringung
der Militärmannschaften schließe ich mich vollinhaltlich
an und begrüße die Resolution auf Neuregelung des Einquartierungsgesetzes,
um die Einquartierungslasten der Gemeinden mit Rücksicht
auf deren geringere Leistungsfähigkeit zu ermäßigen.
Bei der Gelegenheit ersuche ich den Herrn Minister, endlich einmal
in Trautenau das städtische Gebäude, die Union und die
jüngst mit Beschlag belegte Fortbildungsschule wieder freizugeben,
sowie auch in Braunau das Stiftsgymnasium und in Oelberg bei Braunau
die Stiftsrestauration von der Einquartierung, zu befreien. Ich
bin der Ansicht, daß Studienanstalten, wie das Gymnasium
in Braunau und die Fortbildungsschule in Trautenau sowie Restaurationen
für Militäreinquartierungen die am wenigsten geeignetesten
Gebäude sind, ganz besonders dann. wenn, wie in den vorerwähnten
Fällen, die Einquartierungen nahezu das ganze Jahr andauern.
Als Beweis, wie gefährlich Einquartierungen in Restaurationen
sind, führe ich folgendes Beispiel an. Mittwoch, den
16. November des heurigen Jahres fand im Garten der Stiftsrestauration
in Oelberg bei Braunau ein Scheibenschießen mit Schulmunition
statt, wobei ein Schuß in den, Hausflur fiel. Die Frau des
Gastwirtes wollte gerade in die Küche gehen, als der Schuß
fiel und es ist nur einem glücklichen Zu fall zu verdanken,
daß diesmal kein Unglück passierte. Der Garten einer
Restauration ist doch kein geeigneter Platz zum Scheibenschießen.
Ich, ersuche den Herrn Minister um strenge Untersuchung des von
mir angeführten Falles, denn Menschenleben dürfen durch
Einquartierungen doch nicht gefährdet werden.
Aus diesem Grunde müssen raschest die
Militärtruppenkörper, aus den städtischen und privaten
Gebäuden in Trautenou. Braunau, Oelberg und in anderen Orten
sofort heraus. Wenn der Herr Minister sagte, die Einquartierungsverhältnisse
hätten sich gebessert, so kann ich dieser Auffassung aus
vorerwähnten Gründen nicht beistimmen. Ich ersuche die
Heeresverwaltung dringendst, das Militär aus jenen Gemeinden
zurückzuziehen, in denen keine Kasernen vorhanden sind und
dasselbe dorthin zu verlegen, wo entweder alte Kasernen vorhanden
sind oder von Seite der Militärverwaltung der Bau neuer Kasernen
geplant ist. Es geht aber nicht an, von einer Stadtgemeinde den
Bau einer großen Kaserne aus eigenen Mitteln zu verlangen,
wie es unlängst von der Stadtgemeinde in Trautenau verlangt
wurde. Falls der Bau neuer Kasernen notwendig sein sollte. so
hat die Militärbehörde die Kosten des Baues aus den
ihr zur Verfügung stehenden eigenen Mitteln zu bestreiten.
Nur durch eine gesunde Wohnung und ausgiebige,
sowie nahrhafte Kost nebst einer anständigen, menschenwürdigen
Behandlung des Soldaten kann in der Armee jener Geist großgezogen
werden, der im Interesse der Bevölkerung, und des Staates
liegt. Die kommunistische Agitation, von der der Herr Minister
im Budgetausschusse gesprochen hat, wird nach meiner Ansicht in
der Armee dann keinen Nährboden finden, wenn der Soldat und
seine Angehörigen in der Armee kein Marterwerkzeug, sondern
eine Institution, geschaffen nicht zur Qual, sondern zum Schutze
der Bürgerschaft erblicken.
Ich ersuche die Heeresleitung, ein Entgegenkommen
auch jenen gegenüber zu bezeigen, die im alten Österreich
gedient haben, und zwar derart, daß denselben die volle
Dienstzeit ohne Rücksicht ob Landsturm oder aktiv, eingerechnet
wird. Es läßt sich dies umso leichter durchführen,
als sich, nur mehr sehr wenige, kaum ein Dutzend, in dieser Lage
befinden, welche ohnedies in den Stand gar nicht einbezogen sind.
Zum Schlusse gebe ich meinem Wunsche Ausdruck.
daß ganz besonders in der Armee jeder zeit der Geist der
echten Demokratie gehegt und gepflegt werden möge. Wir deutschen
Christlichsozialen sind aber der Anschauung, daß die Voraussetzung
dazu ist die Herrschaft großer sittlich-religiöser
Ideen in den Seelen, Voraussetzung ist die Gesundheit der öffentlichen
Meinung, Voraussetzung ist der Sinn für Autorität und
Unterordnung, Voraussetzung ist die Unbestechlichkeit. Diese geistig-kulturellen
Voraussetzungen dürfen nicht fehlen, soll wahre Demokratie
den Staat und seine Einrichtungen. wozu auch die Armee gehört,
beherrschen. Wenn wir deutschen Christlichsozialen für das
Heeresbudget stimmen, so tun wir dies gewiß nicht aus Begeisterung
für den Militarismus, sondern in der festen Erwartung, daß,
ganz besonders auf militärischem Gebiete im Laufe der nächsten
Zeit unseren berechtigten Forderungen und Wünschen Rechnung
getragen wird. Wir deutschen Christlichsozialen wünschen
den Frieden im Innern und nach Außen, um uns ganz dem Wiederaufbau
unserer Wirtschaft, der Pflege unserer kulturellen Aufgaben widmen
zu können, zum Wohle unseres deutschen Volkes und dadurch
sicher auch zum Wohle des, Staates. (Potlesk poslancù
nìm. strany køest.-sociální.)
2. Øeè posl. Krumpeho
(viz str. 21 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Herr Minister Dr Spina hat
im Budgetausschuß in seinem Exposé gesagt, daß
in den Vordergrund aller Arbeiten, die zum Wiederaufbau einer
neuen Welt nach den unseligen Verwüstungen des Krieges: notwendig
sind, die Technik gestellt werden, muß und daß dem
Techniker die wichtigste kulturelle Sendung zufällt. Wir
stimmen dieser Auffassung zu und wir sind auch, bereit, den Herrn
Minister Dr, Spina in seinem großzügigen Programm
zu unterstützen, und wünschen ihm nur, daß auch
die belebenden Kräfte, um, den Techniker mobil zu machen,
nicht fehlen mögen, jene belebenden Kräfte, zu denen
der Finanzminister allein den Schlüssel hat. In seinen hohen
Zielen wird allerdings der Herr Minister durch das vorliegende
Budget ziemlich beschränkt. Es gibt kein Gebiet, das einen
so bedeutenden natürlichen Zuwachs an Bedürfnissen hat,
wie das Gebiet der öffentlichen Arbeiten. Können doch.
unsere Einrichtungen mit dem wachsenden Fortschritt des Verkehrs
nur mühsam Schritt halten und haben wir doch Einrichtungen
aufzuweisen, die eigentlich einer längst vergangenen Periode
angehören. Es ist deshalb bedauerlich, daß das Budget
für öffentliche Arbeiten diesem Fortschritt nicht gerecht
werden kann und daß gerade dieses Budget heuer bedeutende
Abstriche gegen die Ziffern des Vorjahres aufweist. Dieses Ministerium
ist um 14 Millionen schwächer dotiert als im Vorjahre, wenn
die durchlaufenden Posten, die scheinbar eine Erhöhung beinhalten,
weggelassen werden. Sparsamkeit auf dem Gebiete der öffentlichen
Arbeiten - so sehr wir Sparsamkeit anerkennen und begrüßen
- glauben wir doch, daß sie hier nicht am richtigen Platze
ist.
Von den Kapiteln dieses Budgets will ich mich
hauptsächlich mit dem befassen, das sich auf die Wasserwirtschaft
und die Schifffahrt bezieht. Wir haben in der Elbe einen großartigen
natürlichen Wasserweg. der uns unmittelbar mit den Welthandelswegen
verknüpft und durch den Hamburger Hafen den Überseeverkehr
erschließt. Es ist selbstverständlich, daß der
Erhaltung und dem Ausbau dieses Wasserweges Und der Dienstbarmachung
desselben für die weiteren Gebiete des Staates, seiner Verbindung
mit anderen schiffbaren Flüssen eine besondere Aufmerksamkeit
zugewendet werden muß. Das Budget wird dieser Aufgabe in
der Weise gerecht, daß im ordentlichen Haushalt 8,5 Millionen
eingesetzt wurden, wie im Vorjahre, und in außerordentlichen
Haushalt eine Erhöhung der Ausgaben gegen das Vorjahr um
17 Millionen bis zur Höhe von 68,4 Millionen stattfand. Besondere
Vorliebe wird auf den Ausbau der Häfen Mìlník
und Holešovice, für die Regulierung der Moldau im Weichbild
Prags und seiner weiteren Umgebung verwendet.
30 Millionen allein werden für diesen Zweck unter den verschiedensten
Titeln verausgabt. So sehr wir den Ausbau der Umschlagplätze
und Hafenanlagen begrüßen, so kann ich mich doch des
Gedankens nicht erwehren. daß beim Ausbau von Holešovice
und Mìlník nicht allein wirtschaftliche Rücksichten
maßgebend waren, sondern auch andere Gesichtspunkte, die
wir in unserem Wirtschaftsleben schon als überwunden angesehen
haben. Was mit großen Kosten in Mìlník und
Holešovice geschaffen wird, haben
wir schon an der Elbe in reichlichen Maße. Die Hafenanlagen
und Umschlagplätze von Laube, Rosawitz. Schönpriesen
und Aussig sind im Stande, unseren gesamten Verkehr zu fassen,
aber durch die Konkurrenz von Mìlník und Holešovice
ist es so weit gekommen, daß diese
bereits geschaffenen Hafenanlagen veröden. In Rosawitz wächst
Gras am Umschlagplatze, die Anlagen von Laube stehen nur halb
in Verwendung und Aussig verödet immer mehr. Es ist wohl,
richtig, daß der Warenandrang in Mìlník und
Holešovice zeitweise so groß ist,
daß die Anlagen diesen Warenandrang nicht zu fassen.
vermögen. Dieser Warenandrang nach Mìlník,
und Holešovice ist jedoch kein natürlicher, sondern
vielfach künstlich geschaffen und, durch die Preisgabe bedeutender
Staatsmittel hervorgerufen. Dieser Warenandrang
wird außerdem durch die Tarifmaßnahme der Eisenbahnen,
durch die Frachtsätze bewirkt,.. Die Tarifmaßnahmen
leiten die staatliche Konkurrenz gegen die schon bestehenden Häfen
ein. Die Frachtsätze sind derart erstellt, daß ganze
Gebiete auf diese neuen Häfen eingestellt sind. So
beträgt der Frachtunterschied bei 100 km zwischen Laube und
Holešovice allein 119 Kè, bei einer Entfernung von
200 km bereits 333 Kè und für eine Entfernung von
360 km 730 Kè: bei Entfernungen über 650 km steigert
sich der Unterschied des Frachtsatzes auf 1269 Kè bei Waren
erster Klasse. Es ist selbstverständlich, daß dadurch
namentlich der Fernverkehr von Laube künstlich abgelenkt
wird. Dabei ist Laube und Aussig noch dadurch geschädigt,
daß die Vorzugstarife, wie sie
für Holešovice und Mìlník gelten, für
Laube nicht in Anwendung kommen, für das ganze große
Gebiet, das von Halbstadt bis Marchegg reicht, so daß der
ganze Warenverkehr der Slovakei, Ungarns und Schlesiens zwangsweise
nach Mìlník und Holešovice dirigiert
wird. Diese Ausschließung der alten Elbeumschlagsplätze
von dem ganzen Ostgeschäft ist natürlich eine ungeheure
Schädigung und verausgabt zwecklos Staatsmittel für
eine Konkurrenz, die anderen als wirtschaftlichen Beweggründen
entspringt.
Dabei werden die alten Elbehäfen auch
in sonstiger Weise vernachlässigt. Die Pflege des Flußbettes,
gerade in Laube, läßt viel zu wünschen übrig.
Der Umschlagsplatz versandet immer mehr und bei einem Wasserstand
von Null ist das Anlegen beispielsweise in Laube schon eine überaus
große Schwierigkeit. Die Verhältnisse in Aussig sind
derartig, daß zeitweise die Ladekräne nicht mehr in
die Kähne reichen und daß zur Handausladung geschritten
werden muß, was große Kosten verursacht. Das Flußbett
in der Nähe von Tetschen ist in so schlechtem Zustand, daß
die Schiffahrt vielfach gefährdet ist. So hat z. B. der Laubebach
im Vorjahr und Vorvorjahr einen Schotterdamm von 20 m Breite in
das Flußbett hinein aufgeworfen, der heute noch besteht
und die Schiffahrt aufs Schwerste gefährdet. Durch die Schleppbahntarife
und Frachtsätze werden hauptsächlich Rosawitz und Schönpriesen
gänzlich ausgeschaltet zum Schaden unserer gesamten Wirtschaft.
Dabei muß ich noch darauf hinweisen, daß die Wassermeldungen
an der Elbe derart sind, daß die Schiffahrt dadurch schwer
beeinträchtigt wird. Wenn beispielsweise bei eines Wassermeldung
von 16 cm Wuchs in Wirklichkeit nur 2 cm eintreffen, so wird dadurch
die Beladung der Schiffe fast unmöglich gemacht, so daß
sich die Schiffahrtgesellschaften vielfach private Wassermeldungen
beschaffen müssen, weil die staatlichen Wassermeldungen nicht
einwandfrei und zuverlässig sind. Zu begrüßen
ist es, wenn der Minister zusagt, große Speicherbecken für
die Elbeschiffahrt zu bauen und bereitzustellen, um der Schiffahrt
über die wasserarme Zeit hinwegzuhelfen, Speicherbecken,
die einerseits die Hochwassergefahr der verschiedenen Wildbäche
zu bannen imstande sind und andererseits den nötigen Wasservorrat
in der verkehrsreichsten und meist wasserärmsten Zeit im
Sommer gewähren.
Die Industrie und Wirtschaft hat ein natürliches
Verlangen, daß die alten Elbehäfen nicht vernachlässigt
werden und ihrer Bestimmung erhalten bleiben. Es hat bereits die
österreichisch-ungarische Monarchie versucht, die Bedeutung
der großen Elbehäfen in Laube und Aussig herabzusetzen,
um die Bedeutung von Triest zu heben. Auch das alte Österreich
gewährte tarifarische Begünstigungen für den Umschlag
in Triest. Allerdings hielten sich diese tarifarischen Begünstigungen
in so bescheidenen Grenzen, daß trotzdem der Umschlag von
Triest nicht wesentlich stieg und nicht an den Umschlag von Laube
und Aussig heranreichte. Die neuen Tarifmaßnahmen haben
es allerdings zustande gebracht, Laube und Aussig von ihrer einstmaligen
großen Bedeutung als der größten Binnenhäfen
Europas herabzudrükken und künstlich den Verkehr nach
Holešovice und Mìlník zu leiten. Zwar hat man
in den Tarifvorschriften vom 15. September die Differenzen etwas
ausmerzen wollen, und hat für Holešovice etwas höhere
Tarife angesetzt. Aber auch dieses Vorgehen
war nur eine scheinbare Besserung, denn man hat die höheren
Tarife für Holešovice lediglich bis zu einer Entfernung
von 360 km gelten lassen und darüber hinaus die alten Vorzugstarife
wieder in Geltung belassen, so daß der Fernverkehr neuerlich
von den alten Elbehäfen abgeleitet ist.