Und wenn ich nun von dieser Art Politik, von
diesen Auseinandersetzungen abweiche und auch zu wirtschaftlichen
Fragen das Wort rede, dann müssen Sie, meine Herren, mir
eine Weile Gehör schenken, und einem Wirtschaftszweig (Výkøiky
posl. Wünsche.) einiges Verständnis
entgegenbringen, der nur in einigen wenigen Gebieten des
èsl. Staates noch heimisch ist: es ist dies der heimische
Weinbau, Ich finde in dem Staatsvoranschlag heuer, wie in allen
Voranschlägen seit der Gründung des èechoslovakischen
Staates diesen Wirtschaftszweig in weitestem Maße vernachlässigt.
Es sind Beträge ausgewiesen, die wahrhaftig nicht höher
zu werten sind, denn als Trinkgelder, Denn wenn ich hier für
den ganzen èechoslovakischen Staat mit seinen 17.000 ha
Weinbau einen Betrag zur Verbesserung finde, der 310,000 Kè
ausmacht, dann frage ich, wo und wie man sich
überhaupt die Unterstützung und Hebung des dem Untergange
geweihten Weinbaues vorstellt. Ich meine auch, wenn man eine Million,
auch zwei oder drei Millionen gibt, so ist damit (Výkøiky
posl. Wünsche.) dem Absterben und
Aussterben des Weinbaues noch lange nicht Halt geboten. Ich will
nicht etwa sagen, daß der Weinbau für ewige Zeiten
vielleicht 5 oder 10 Millionen jährlich bedürfen wird.
Nein, ich erkläre: Zuerst den Weinbau hoch bringen, auf jene
Stufe, daß er wiederum genügt, um den eigenen Weinkonsum
zu befriedigen, um die Einfuhr von ausländischen Weinen,
wie es heute noch im Ausmaße von 60 Millionen geschieht,
einzustellen und die Menge des Weines, die wir eben bedürfen,
im eigenen Lande zu erzeugen. Auch die ausländische Traube
hat keine Berechtigung, auf unserem Tische zu stehen. Wir erzeugen
im Inlande die besten Tafeltrauben und ich verweise auf unsere
Traminer-Traube, auf unsere rotweiße und weiße Gut-Edel.
Wir alle, die wir den Weinbau kennen, wissen, daß es vorzügliche,
außerordentlich wertvolle Tafelsorten sind, die auch dem
gewiegtesten Feinschmecker noch immer Genüge tun. (Výkøiky.)
Auch solchen Mäulern, wie die da hier
sind. Nun, ich glaube unserem Weinbau dahin das Wort sprechen
zu müssen, daß wir mit unserer Veltliner Traube, die
wir sowohl in Mähren als auch in der Slovakei bauen, allen
anderen Weinen Mitteleuropas - und nur sie sind konkurrenzfähige
Weine - eigentlich gleichgestellt sind, vielleicht sogar überlegen
sind, Die Veltliner Traube und ihre Mischung mit Traminer, mit
Gut-Edel, ist ein herrliches, ein wunderbares Weinerzeugnis und
ich würde all denen, die vom Weinbau einen Begriff haben,
bloß wünschen, daß sie jemals in unsere Gebiete
oder in die Gebiete um Preßburg wandern, um dort einen herrlichen,
einen seltsamen Tropfen zu verkosten, den man nicht mit Unrecht
jene oberste Gabe Gottes nennt, die unser Land überhaupt
zu geben hat. Wenn ich hier in Betracht ziehe, daß der Weinbau
noch in den Jahren 1907 bis 1908 einen doppelten Stand hatte,
wenn ich insbesondere Mähren herausgreife, wo wir 1908 noch
13.000 Hektar sonst brachliegender Hügel mit Wein besetzt
hatten und heute auf 4500 Hektar zurückgegangen sind, dann
kann und muß ich Ihnen sagen, daß dieser mit Siebenmeilenstiefeln
zurückgelegte Zeitlauf der Vernichtung des Weinbaues wahrlich
in einer nicht fernen Zukunft die Weinbaugebiete ihrer edelsten
Frucht berauben wird, Es werden 10, 15 Jahren jene Hügel,
die heute noch mit dem Weinstock gesegnet sind, mit Gestrüpp
und Akaziengesträuch bewachsen sein. Nun, die werden sich
lohnen, sie werden auch dem Staate jene Unsummen an Steuern eintragen.
Ein jeder Vernünftige muß sich doch sagen, daß
der Wirtschaftszweig, der Hunderttausende Menschen beschäftigt,
der Tausende und Tausende Familien ihr Brot finden läßt,
doch höhere Wertung verdient, daß er unbedingt vom
Staate erhalten werden muß und, insoweit es möglich
ist, einem Neuaufbau, einem Wiederaufbau entgegensehen soll. Wir
müssen verlangen, daß der Wiederaufbau unseres Weinbaues
mindestens bis auf ein Ausmaß von 30.000 Hektar in eigenem
Lande getrieben werde, auf daß wir sowohl unsere Weinversorgung
als auch unsere Traubenversorgung im eigenen Lande bewerkstelligen
können. Diese unsere Forderung ist nicht allzuweitgehend.
Uns ist mit einigen Millionen zu helfen.
Ich will hier eine Methode ankündigen,
die allein schon dazu führen muß, den Weinbau wieder
auf die Höhe zu bringen. Den staatlichen Rebenanlagen und
Rebschulen wird aus staatlichen Mitteln alljährlich ein minimaler
Betrag von kaum 100.000 Kè zugewiesen. In den letzten
Jahren haben die Landesausschüsse jeweils 80 bis 100.000
Kè bekommen, um Rebenmaterial an die Weinbauer zu einem
etwas ermäßigten Preise abzugeben, Wie hoch aber bezahlten
und bezahlen wir heute unsere veredelte Rebe? Wir zahlen
heute, auch wenn wir sie aus staatlichen Schulen beziehen, für
den Steckling der Reben noch immer 2,50 Kè und noch mehr,
und ich will hier bemerken, daß wir aus den staatlichen
Schulen kaum ein Zehntel jenes Bedarfes decken können, der
eigentlich vorhanden wäre. Denken
Sie jetzt, wenn wir ein Hektar Weinbaugrund mit diesen Stecklingen
bepflanzen wollen, bedeutet bloß die Bepflanzung, bloß
die Pflanze, eine Auslage von vollen 20.000 Kè für
den Hektar Grund, welcher dann 5 Jahre hindurch keinen Ertrag
abwirft. Wie Sie vielleicht wissen, heißt
es bei uns und entspricht der Wahrheit ganz getreu, daß
man im dritten Jahre von der Traube kosten, im vierten Jahre allenfalls
vom Weine kosten, Wein trinken aber ehestens im fünften Jahre
kann, Diese Aufstellung ist bezeichnend genug, um zu sehen,
daß eigentlich diese Grundstücke 5 Jahre nicht den
geringsten Ertrag abwerfen, daß aber für dieses Nichterträgnis
der Weinbauer schon von vorneherein 20.000 Kè auswerfen
soll. Jetzt kommt dazu die Bewirtschaftung und die Bepflanzungsarbeit,
das Düngen usw., und ich gehe nicht zu weit, wenn ich erkläre,
daß die Anlage des Weingartens mit 40.000 Kè nicht
zu hoch bemessen ist.
Gehen wir nun weiter. Wie wäre uns zu
helfen? Geholfen wäre dem Weinbauer in dem Momente, wenn
uns von den staatlichen Reb- und Weinbauschulen die veredelte
Rebe mit 50 h das Stück abgegeben werden würde. Ich
bin überzeugt, daß in diesem Augenblicke auch der Kleinbauer
wieder imstande wäre, den Weinbau neu zu organisieren, den
Weingarten wieder neu aufzubauen. Heute liegen ganze Landstriche
mit Akaziengestrüpp bedeckt, wo einst die gesegnete Weinrebe
ihr Heim hatte. Weiters muß ich noch eine betrübende
Feststellung machen. Im Jahresvoranschlag finden wir unter Personalausgaben
für die Weinbaulehrer einen ganz unzureichenden Betrag. Wir
finden z. B. hier die Inspektoren, sowohl die Weinbau- als auch
Kellereiinspektoren, in der 6. Gehaltsstufe ausgewiesen. Das ist
ein unhaltbarer Zustand, Ich habe wohl im Jahresvoranschlage einen
einzigen Fall gefunden, wo heuer für Mähren der Weinbauinspektor
für die 3. Gehaltsstufe systemisiert erscheint. Aber es fehlte
und mangelte mir der Glaube, ich traute dieser Sache nicht, weil
mir der Sprung aus der 6. in die 3. Gehaltsstufe unmöglich
schien. Und leider Gottes mußte ich wenigstens bereits andeutungsweise
hören, daß auch diese Sache nicht eintreten dürfte,
daß es sich wahrscheinlich um einen Druckfehler im Voranschlagsausweis
handle. Ich will annehmen, daß dem nicht so ist, Ich will
auch annehmen, daß dadurch wir Mährer, welche wir noch
in dem letzten Jahre einen ausgezeichneten Kenner und Menschen
als staatlichen Inspektor für den Weinbau hatten, durch diese
Besserstellung ihn für den Weinbau wieder gewinnen werden,
und damit unserem Gebiet der Lehrmeister wieder zurückgegeben
erscheint. In dieser Sache, glaube ich ist, man im Ministerium
für Landwirtschaft ganz besonders engherzig, In diesen Dingen
geht es nicht an, daß man von nun an Leute in die 6, Gehaltsstufe
setzt, die längst wenigstens in die 4. gehören würden.
Ich meine, daß eben auch hier zum Hochbringen des Weinbaues
Stellen systemisiert werden müssen, wenn auch nicht für
ewig, so wenigstens für 10 Jahre für eine Beamtengeneration,
bis in die Zeit hinein, wo der Weinbau reorganisiert ist, wieder
aufgebaut erscheint, wieder jenen Rang und jene Gebiete einnimmt,
die er einnehmen muß. Wenn ich also für die Zeit nach
10 Jahren nicht mehr darauf bestehe, daß man neue große
Personalauslagen machen muß, geschieht dies deshalb weil
der Weingarten nicht kurzlebig ist, sondern ein Leben von
30, 40. ja 50 Jahren aufweisen wird, auch der veredelte Weingarten,
Wenn ich im Staatsvoranschlage für die Bekämpfung aller
Schädlinge des Weinbaues einen Betrag von 180,000 Kè.
ausgewiesen für das ganze Gebiet, der Republik vorfinde,
heißt das dann nicht. Wasser mit
einem Löffel in einen Teich tragen? Ich möchte einmal
den Künstler suchen, der mit 180,000 Kè irgendwie
nur eine Art der Krankheit bekämpfen könnte, Weder die
Reblaus der alten Kulturen, noch etwa Peronosnora, noch Oidium
ist zu bekämpfen, nein, mit diesen geringfügigen
Zuwendungen ist nicht einmal ein rechter Versuch durchzuführen,
die Bekämpfungsmittel auf den Wert zu prüfen, bzw, zu
erkennen, Ich glaube, daß es hier am Platze wäre dem
Staatsvoranschlag für das nächste Jahr mindestens eine
neue Null hier anzufügen, daß es notwendig sein wird,
aus den Hunderttausenden, die heute ausgewiesen sind, wenigstens
Millionen zu machen, Ich will hier auch deshalb darauf hinweisen,
weil wir uns ja treulich durch Steuergelder die Zuwendung des
Staates verdienen. Unsere Steuern sind es, die den Weinbau wiederum
neu aufbauen sollen. Und wenn wir dem Staat an Steuern hier das
Hundertfache vorstrecken, dann darf man wohl auch vom Staate verlangen,
daß er verständnisvoll auch uns etwas, wenn auch nur
1% wieder zurückgibt, zum Neuaufbau eines Wirtschaftszweiges,
der darniederliegt, der eigentlich dem Untergange geweiht scheint.
Ich komme auf ein anderes Gebiet, komme auf
den südmährischen Gemüsebau zu sprechen, vielleicht
nicht nur Südmährens sondern auch auf den Gemüsebau
eines Landstriches in Böhmen, insbesondere auf den Gurkenbau.
Der Gurkenbau bedarf gleichfalls der außerordentlichen Obsorge
des Staates, Warum? Weil die Gurke einen wesentlichen Ausfuhrsartikel
bildet für den èechoslovakischen
Staat, weil die Gurke, wenn sie auf der Höhe erhalten wird,
sich auch tatsächlich wieder hundertfach bezahlt macht und,
wenn sie qualitativ gezüchtet wird tatsächlich Erträgnisse
in unbegrenztem Maße für Staat und Volkswirtschaft
abwirft, Wir haben derzeit in der Obst- und Gartenbauschule in
Eisgrub eine Samenzuchtstation, wir sind heute imstande, endlich
wieder hochwertigen Gurkensamen zu züchten. Warum? Weil die
Schule unter der klugen Leitung eines berufenen Fachmannes imstande
ist, Qualitätssamen uns zu billigsten Preisen, ja geradezu
umsonst zur Verfügung zu stellen, Damit uns dies jedoch auch
dauernd gelingen, möge, wird es notwendig sein, dieser Obst-
und Gartenbauschule unbedingt einen Zuschuß für die
Erzeugung des hochwertigen Gurkensamens zuzuweisen, ansonsten
auch diese Schule nicht imstande ist, die Art der Samenbeschaffung
und Samenzucht auf die Dauer fortzusetzen. Der hochselektionierte
Samen ist von unsern Landwirten im heurigen Jahre abgenommen worden
und es sind bereits Versuche vorhanden, die den Beweis liefern,
daß wahrhaftig, durch diesen vollwertigen Samen die Zucht
der Gurke eine höherwertige geworden ist.
Wenn ich in dem Voranschlage unter allen Umständen
noch eine Post zu bekriteln habe, so betrifft sie einen Fall,
der nicht übersehen werden darf, Unsere Gebiete sind nicht
glücklich genug, einen engen dichten Eisenbahnstrang zu haben
wir sind leider Gottes vernachlässigte Gebiete, unsere Dörfer,
sie liegen vielfach weit abseits von Eisenbahnstationen, so daß
wir an das Eisenbahnministerium bzw, Postministerium herantreten
mit dem Wunsche, uns unbedingt Omnibuslinien zu errichten, da
mit, unsere Gebiete nicht ohne Verkehrsmöglichkeit bleiben,
Unsere fernab liegenden Dörfer mit ihren hochwertigen Produkten,
sie sind einfach in solche Weite gerückt, daß diese
Gebiete nicht anders zu erschließen sind, als mit den heutigen
modernen Verkehrsmitteln, mit dem Autobus, mit dem. Auto.
Da könnte gerade der Staat ein einträgliches Geschäft
machen, Entweder, das dürfen und wollen wir verlangen, möge
der Staat diese unsere Gebiete selbst erschließen durch
Errichtung von Omnibuslinien oder möge er zumindest nicht
kargen mit der Ausgabe von Konzessionen für solche Betriebe
privater Natur, Es muß hier Wandel geschaffen werden, weil
wir es uns nicht gefallen lassen können, daß wir nicht
auch diesen Kulturfortschritt miterleben sollen, der uns nicht
von Staatswegen eingeschränkt werden darf.
Ich will noch eine andere Sache anschneiden:
die Vernachlässigung unseres heimischen Schulwesens. Wir
haben uns in vielen Sitzungen, in vielen Entschließungen
an die Schulstellen gewendet, die berufen wären, im Staatsvoranschlage
Sorge zu treffen, daß auch unsere südmährischen
Mittelschulen endlich in einen Zustand versetzt werden, wie es
der einzigen deutschen Mittelschule in Znaim und den umliegenden
Gebieten, welches von 100.000 Seelen bewohnt ist, gebühren
würde. Ich stelle fest, daß man gleichmäßig
hinweggegangen ist über diese notwendige Forderung, Und wenn
es für das heurige Budget zu spät ist einen Nachtrag,
durchzusetzen, so will ich fordern, daß das künftige
Jahresbudget für 1929 unter allen Umständen auch für
den Zubau am deutschen Reformrealgymnasium in Znaim einen entsprechend
ausreichenden Betrag festsetzen wird, Es ist nicht Aufbau einer
neuen Schule, nein, es handelt sich hier um die Zuwendung für
den Zubau eines Traktes, damit diese einzige Mittelschule unseres
weiten Gebietes auch jenen Mittelschulen angeglichen werde, die
ansonsten in der Stadt Znaim uns Deutschen enteignet wurden, Oder
es gäbe ein Mittel, ich will auch dieses nicht unerwähnt
lassen: man könnte von unseren bis zum Umsturze innegehabten
Schulgebäuden die deutsche Realschule uns wiedergeben und
wir werden unsere Wünsche befriedigt sehen, Ein Mittel jedoch
muß gefunden werden, ein Mittel muß gesucht und wird
auch gefunden werden, Wenn man ansonsten gern große Auslagen
für Schulen zu machen gewillt ist, müssen auch wir Deutsche
verlangen, daß auch für unsere Schulen das Betriebskapital
aufgebracht wird, um sie auf die notwendige Höhe zu bringen.
Noch, eine Frage, die nicht unerwähnt
bleiben darf, will ich anschneiden, In unserem südmährischen
Grenzland machen wir seit dem Umsturz die unliebsamsten Dinge
durch, mit den Zollgebäuden, die von der Finanzverwaltung
in zwangsweisen Pacht genommen worden sind, Wir haben in unserem
Grenzland noch heute manche Bauernhäuser unter Beschlagnahme,
in welch en das Grenzzollamt und die Wohnungen der Zollangestellten
untergebracht sind, Meine Herren! Die Verhältnisse sind unhaltbar
geworden, Es ist notwendig, daß auch hier Wandel geschaffen
wird und zwar in der Form, daß man an solchen Stellen, wo
ein Grenzzollamt unbedingt notwendig erscheint, ein Zollamt baut,
Dies könnte doch im neunten Jahre des Bestehens des Staates
schon vollzogen sein, Es würde dadurch mancher Giftstachel
aus dem Volke der Grenze genommen werden, es könnte dadurch
auch mancher Haß, mancher Rachefluch sozusagen, verschwinden,
wenn hier auch diesen Grenzbewohnern entgegengekommen würde.
Ich rechne damit, daß das kommende Budget auch für
Südmähren in dieser Sache nicht engherzig sein wird,
Ich will auch hoffen, daß vom Finanzministerium aus die
minimalen Pachtbeträge auf Beträge hinaufgesetzt werden,
die der Wirklichkeit heute entsprechen.
Noch eine Frage, die Errichtung, von neuen
Zollstraßen in unserem Gebiet. Wir müssen fordern,
daß das Netz der Zollstraßen aus gebaut wird,
daß die Beziehungen, die wir seit Jahrhunderten, seit Jahrtausenden
mit unserem Brudervolk in Österreich hatten und noch haben,
nicht durch eine künstliche Grenzsperre unterbunden werden,
Es muß und wir glauben das mit Recht verlangen zu können
- dieses Zollstraßennetz weiter verengt werden, wir müssen
in unserem weiten Land unbedingt darauf bestehen, daß uns
die Zollstraßen von Joslowitz, Piesling, Tiefenbach usw,
unter allen Umständen gegeben werden deshalb, weil die wirtschaftlichen
Beziehungen immer und immer fortdauern, wie ehedem und es nicht
im Interesse des Staates liegen kann, daß diese Zoll- und
Handelsbeziehungen mit den Nachbarländern irgendwie eingeengt
werden. Wenn dies erfolgt, wird dann auch eine Beruhigung der
Grenzbevölkerung möglich sein und ich meine, die Beruhigung
der Bevölkerung muß denn doch im Interesse des Staates
selbst liegen.
Um nun noch einmal auf die Fragen zurückzukommen,
die ich zuvorders angeschnitten habe, will ich hier denn doch
nur mit der einen Mahnung auch für gewisse Parteien schließen,
daß es nicht angeht, immer wieder die Politik der absoluten
Entzweiung zu betreiben, daß es viel klüger wäre,
sich auf den Boden der realen Tatsachen zu stellen, daß
man Politik der Gegenwart, daß man Politik der Wirklichkeit
betreibe, auf daß man dabei frohgemut auch in die Zukunft
schauen darf, Wir sind von den Wählermassen nicht hereingeschickt
worden, um hier Krakehlpolitik zu betreiben, sondern um hier Arbeitspolitik
zu treiben, damit wir unserem Volke in seiner Not helfen. In diesem
Sinne wollen auch meine Ausführungen aufgefaßt werden
und wollen eine Mahnung sein für diejenigen, die bisher ihre
politischen Trümpfe in gemeinen niederträchtigen Beschimpfungen
suchten, (Potlesk.)
Hohes Haus! Ich möchte zu einem der wichtigsten
wirtschaftlichen Momente reden, zur Bodenreformwirtschaft. Und
ich bemerke gleich eingangs, daß wir uns, obzwar
wir als Regierungspartei angesprochen werden, durchaus des Rechtes
der Kritik nicht begeben an dem, was wir der Kritik für
notwendig halten.
Der Voranschlag des Bodenamtes lehnt sich in
seiner Zusammenstellung an die Voranschläge der bisherigen
Jahre an. Eingehend ist die Ausgabenseite behandelt, die sich
im ganzen auf etwa 28 Millionen beläuft, darunter 21 Millionen
Personalaufwand und über 7 Millionen Sachaufwand, das ist
ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 1,7 Millionen. Obwohl
wir immer wieder hören, daß wir vor dem Abbau des Bodenamtes
stehen, sehen wir für das Jahr 1928 erhöhte Ausgaben,
sehen wir, daß heuer 667 Personen im Bodenamt angestellt
sind gegenüber 603 Personen im Vorjahre. Von den Einnahmen
ist, bloß eine einzige Post von Belang, angeführt unter
dem Titel "Durchführung der Bodenreform", eine
Summe von 27 Millionen, Diese 27 Millionen sind ein Erlös
aus dem Verkauf und aus den Zuteilungen von beschlagnahmtem
Boden in diesen 27 Millionen sind die Beträge enthalten,
welche das Bodenamt für den enteigneten Besitz zahlen sollte,
aber schuldig bleibt und weiters die 50 bis 400% Zwischengewinn,
den es bei der Verschiebung von über 1 Million ha
Boden verdient hat, Das Bodenamt lebt somit von schuldigen
Beträgen und Zwischengewinnen.
In der ganzen Aufstellung ist eines auffallend:
Daß auch heuer wieder wie in früheren Jahren das Bodenamt
nach dem Staatsvoranschlag ungefähr soviel einnimmt, wie
es ausgibt. Das macht auf jeden Beobachter des Staatsvoranschlages
doch wirklich den Eindruck, daß wenigstens in diesem Falle
Zahlen eben nichts anderes sind als Zahlen. Dann möchte ich
auch noch den Umstand hervorheben, daß der Präsident
des Bodenamtes erklärte, daß die Beträge für
den zugeteilten Boden streng und pünktlich einverlangt werden,
daß gegen säumige Zahler strenge vorgegangen werden
soll. Es wäre aber nur recht und billig, daß auch das
Bodenamt seine Schulden streng und pünktlich zahlt. Wir wissen
aber, daß das Bodenamt den enteigneten Boden erst Jahre
nach der Enteignung schätzt und dann nicht zahlt sondern
einfach schuldig bleibt. Wenn man schon um einen Pappenstiel Boden
enteignet, meinen wir, sollte man wenigstens diese Beträge
wirklich auszahlen.
Mehr als auffallend ist aber, was im Voranschlag
des Bodenamtes an Wissenswertem nicht gesagt oder, besser ausgedrückt,
direkt verheimlicht wird. 1,117.000 ha Bodens hat das Bodenamt
im Laufe der Jahre enteignet, hunderttausende Hektar hat es neuen
Erwerbern zugeteilt und weder im Voranschlag noch in den Rechnungsabschlüssen
finden sich die geringsten ziffernmäßigen Belege dafür,
Jetzt nach 8 Jahren hat endlich der Präsident des Bodenamtes
erklärt, daß ein genauer Abrechnungsbericht vorgelegt
werden solle. Ich mag auf dieses Versprechen das Wort anwenden:
Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt, wenn Ihr wirklich kommt.
(Posl. Wünsch: Vielleicht wird er nicht kommen!) Vielleicht,
ich gebe Ihnen recht, dazu sind wir da, daß wir Kritik üben.
Wir hoffen, wenn dieser Bericht kommt, daß er sich nicht
darauf beschränken wird, bloß die finanzielle Gebarung
des Bodenamtes darzulegen, wir erwarten mit Bestimmtheit, darin
Aufklärung zu finden über das Ausmaß der Zuteilungen
in jedem Falle (Posl, Pohl: Und darüber, wo die Zuteilung
aus politischen Gründen nicht durchgeführt wird!), ja,
und über die Erwerber von Restgütern, über den
Unterschied zwischen Übernahms- und Zuteilungspreis, über
das nationale Verhältnis der Enteigneten und der mit Boden
Bedachten, über die Enteignung der Industrieobjekte, kurzum,
wir erwarten einen erschöpfenden, umfassenden Bericht. Wir
ersuchen ferner, daß das Bodenamt bei dieser Berichterstattung
auch einmal Rechnung lege über den Entschädigungsfond,
ob die vom Staate in diesen Fond leihweise gezahlten 50 Millionen
bereits zurückgestellt sind. Weiters wünschen wir eine
Rechnungslegung über den Kolonisationsfond, über seine
Zuflüsse, wie sie verwendet werden und über den Versorgungsfond
für die Angestellten des Großgrundbesitzes, welcher
nach unserer Berechnung jetzt mindestens die Höhe von 70
Millionen erreicht haben muß. (Posl. Pohl: Reden Sie
pro oder kontra?) Ich kritisiere den Voranschlag. (Posl.
Wünsch: Sie nehmen ihn, dann an, Sie machen Beides, Sie stimmen
für den kritisierten Voranschlag!) Wir sehen dieser Publikation,
die der Präsident des Bodenamtes in Aussicht stellt, mit
Erwartung entgegen.
Ich will bei dieser Gelegenheit erklären:
Wir verschließen uns nicht prinzipiell einer Bodenreform,
die dieses Wort wirklich verdient, doch setzen wir voraus, daß
Folgendes beobachtet wird: Daß diese Reform wirtschaftlich
und sozial notwendig erscheine, daß sie gegen volle Entschädigung
des zurecht bestehenden Eigentums, wenn sie mit Enteignung verbunden
ist durchgeführt werde, daß außerdem der nationale
Besitzstand vollständig gewahrt werde, und insbesondere auch,
daß, bevor zur zwangsweisen Enteignung geschritten wird,
das freie Übereinkommen angestrebt werde, Was wir aber unter
dem Namen Bodenreform bisher erlebt haben, ist oft nichts anderes
als ein willkürliches Zerschlagen von mustergültigen
Wirtschaftsbetrieben, es ist die rücksichtslose Enteignung
zu einem Spottpreis, die man fast Konfiskation nennen könnte
und damit oft die Vernichtung von hunderten Existenzen, welche
auf diesen enteigneten Gütern schon aus der Zeit ihrer Väter
her ihren natürlichen Arbeitsplatz hatten, herbeiführt.
Es ist eine Vergewaltigung sehr oft des nationalen Momentes "überhaupt
Vergewaltigung des Wortes Bodenreform. Wir möchten hervorheben,
daß namentlich oft das wirtschaftlich-soziale Moment vollständig
außeracht gelassen wird. Von der beschlagnahmten landwirtschaftlichen
Fläche von 1,229.000 ha Bodens wurden bisher 419.000 ha im
Wege der Zuteilung verarbeitet, wie der Ausdruck des Bodenamtes
lautet, 373.000 ha kamen an 278,000 Bewerber in Kleinzuteilung,
Der Einzelne hat somit lediglich im Durchschnitt ein Flächenausmaß
von 1 34 ha Bodens erhalten, Das ist ein Flächenausmaß,
das eine rationelle Bewirtschaftung ganz ausschließt, das
weder die volle Kraft dessen, der es erlangt, ausnützt, noch
auch ihm und seiner Familie ausreichende Ernährung sichert.
Es ist ein System, namentlich wenn es noch unter das Durchschnittsmaß
herabgeht - und das muß vielfach der Fall sein - daß
wir es geradezu mit dem System der Schrebergärten vergleichen
möchten, also wirtschaftlich jedenfalls in keiner Weise ein
Vorteil.
Dann haben wir das widerliche Problem der Restgüterzuteilung
in dieser Hinsicht zu verzeichnen. Bis zum 31. März 1927
wurden 1.292 Restgüter mit einer Gesamtfläche von 107,000
ha gebildet, also mit einer durchschnittlichen Größe
von 87 ha, Wir müssen wohl sagen, diese Restgüterwirtschaft
gehört mit zu den traurigsten Erscheinungen der Bodenreformtätigkeit.
Der Präsident des Bodenamtes erklärt, daß das
Bodenamt in seiner Geschäftsführung gar keine Geheimnisse
habe. Aber die Belassung, die Zuteilung, die Vorgänge bei
dieser Zuteilung, die Mitwirkung der verschiedenen èechischen
Vereine im deutschen Sprachgebiet, die Zuteilung, wie man so hört,
auch an Abgeordnete, deren Strohmänner und Verwandte, das
alles birgt so viel in sich, was etwas geheimnisvolles an sich
hat, Wir erwarten, daß diesbezüglich
volle Klarheit geschaffen wird, Gewiß erfolgt die Zuteilung
nicht nach wirtschaftlichen Zwecken, sie erfolgt oft durchaus
nicht nach der Qualifikation der Bewirtschaftung, sondern nach
der politischen und nationalen Einstellung und Zugehörigkeit
des Betreffenden. Ungeeignete Personen, oftmals nicht mit dem
genügenden Betriebskapital ausgestattet, ziehen als neue
Herren auf die Güter ein und die Folge davon ist fast durchwegs
eine Mißwirtschaft schlimmster Sorte, Wahrhaftig, es ist
nicht der Zweck einer parlamentarischen Berichterstattung, Sensationen
zu machen, aber wir müssen feststellen, daß wir an
den Nachrichten, die eben in dieser Hinsicht in der Presse und
in der Öffentlichkeit erscheinen, nicht achtlos vorübergehen
können, sondern daß wir von dieser Berichterstattung
genauen Aufschluß erwarten.
Einen Umstand will ich besonders hervorheben
und das ist die Differenz zwischen dem Beschlagnahmepreis und
dem neuen Zuteilungspreis. Abgesehen von dem im Zuge der Bodenreform
vorgenommenen sogenannten freihändigen Verkauf hat das Bodenamt
teils zu Zuteilungszwecken, teils zur Verstaatlichung rund 435.000
ha landwirtschaftlichen Bodens und 250.000 ha Wald übernommen.
Legt man den Entschädigungspreis nach dem Entschädigungsgesetz
zugrunde, der kaum ein Zehntel des wirklichen Wertes beträgt,
so ergibt sich bei vorsichtiger Rechnung eine Schuld des Bodenamtes
an die ehemaligen Grundbesitzer von mehr als einer Milliarde Kronen,
während der tatsächliche Wert des übernommenen
Besitzes 10 Milliarden ausmacht. Nirgends findet sich im Voranschlage
eine Zahl, die hierüber Aufklärung geben würde.
Nirgends ist der Zinsendienst, der nach dem Entschädigungsgesetz
4% betragen soll, und die Amortisierung dieser Forderung von einem
halben Prozent zu finden, für die Zuteilung der gleichen
Fläche an Private oder wenn sie auch der Staat für sich
in Anspruch nimmt. Der Präsident des Bodenamtes schätzt
den Wert der Zuteilungen auf nahezu 2 Milliarden, also zumindest
eine Milliarde beträgt der Zwischengewinn des Bodenamtes.
Wer aber nach dem Verbleib der ungeheueren Summe forscht, findet
nichts als tiefstes Schweigen und vielleicht geheimnisvolles Dunkel.
Wir leben angeblich in einem demokratischen Staat. Die Unterlassung
solcher Berichte ist eine Erscheinung, die in einem demokratisch
verwalteten Staate nicht möglich sein sollte.