Was das Fachschul- und gewerbliche Fortbildungsschulwesen
betrifft, so müssen wir die in Betracht kommenden Ministerien
ersuchen, diesen Anstalten ein ganz besonderes Augenmerk zuzuwenden.
Der Herr Finanzminister hat auch hier sehr richtig erklärt,
daß alles, was den Menschen verbessert, auch das verbessert,
was der Mensch schafft. Es wäre deshalb ein Sparen bei diesem
Kapitel am unrichtigen Platze. Denn die junge Zukunft, die eine
Fachschule besucht, geht in den seltensten Fällen als geistiges
Proletariat heraus, sondern es sind diese Gebildeten gewöhnlich
schon mit ihrem 24. Lebensjahre Industrie- oder Gewerbsunternehmer,
mithin Steuerzahler, deren Nutznießer wiederum der Staat
ist. (Sehr richtig!)
Was die gewerblichen Fortbildungsschulen betrifft,
so können wir ein zehnmonatiges Schuljahr in zwei Klassen
im Interesse des Kleingewerbes nicht für gut halten und beanspruchen
die Beibehaltung des gegenwärtigen Systems mit möglichster
Erweiterung des fachlichen Unterrichtes. Eine besonders wichtige
Frage für das gesamte Wirtschaftsleben ist auch die Novellierung
der Sozialversicherung. Wir beabsichtigen dadurch keinesfalls
eine antizosialistische Stellung einzunehmen, sondern diese Novellierung
muß sowohl das Interesse der Arbeitnehmer wie auch der Arbeitgeber
beinhalten.
Auch ist es an der Zeit, daß endlich
eine annehmbare Vorlage für die alten und mittellosen Bürger
ins Haus kommt, welche das 60. Lebensjahr überschritten haben.
Im Voranschlage ist jener Versicherungsnehmer vergessen worden,
welche im Hultschiner Lande noch immer der Anerkennung bzw. der
Erfüllung ihrer Rechte aus der seinerzeitigen reichsdeutschen
Pflichtversicherung vergeblich harren. Seit 8 Jahren ist die Angelegenheit,
die auch Herr Koll. Dr Luschaka bereits ausgeführt
hat, hin- und hergeschoben worden, ja sogar entgegen der Verpflichtung
nach Artikel 312 des Friedensvertrages von Versailles zum Schaden
der Berechtigten abgelehnt worden. Im Senat hat Herr Senator Stolberg
einen Antrag in dieser Sache gestellt, welcher auch noch nicht
verhandelt wurde. Zum Zeichen der Änderung der diesbezüglichen
Ansichten ist es unentbehrlich, daß die Sache nunmehr raschest
gesetzlich und dadurch endgültig erledigt wird. Wir beantragen
daher in einem Resolutionsantrage, die Regierung aufzufordern,
ehestens einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit welchem in Durchführung
des Art. 312 des Friedensvertrages von Versailles die Sozialversicherung
jener Personen geregelt wird, welche nach den reichsdeutschen
Gesetzen die Ansprüche oder die Anwartschaft auf Versicherungsleistungen
erworben haben.
Was die Bezirkssozialversicherungsanstalten
anlangt, so laufen täglich Beschwerden seitens der Arbeitgeber
ein, daß viele dieser Anstalten, ganz besonders jene in
Freiwaldau in Schlesien, mit den größten Schikanen
vorgehen. So haben sich in den letzten Tagen zahlreiche Fälle
ereignet, wo man dem Meister die gerichtliche Exekution für
eine angeblich rückständige Bezahlung ins Haus schickte,
obwohl diese Gelder schon vor Wochen eingezahlt worden sind. Wir
ersuchen den Herrn Minister, endlich einmal die Neuwahlen in diese
Kassen zu veranlassen, damit dort, wo es erforderlich ist, Ordnung
geschaffen werde. In Bezug auf die Landwirtschaft, ganz besonders
im Interesse der Gebirgsbauern, welche Edelgetreide nicht anbauen
können und sehr häufig auf die Flachsbewirtschaftung
angewiesen sind, ist es gelegen, daß endlich auch der Fehler
im Zollgesetz nachgeholt wird und der Zoll auch auf den Flachs
erstreckt werde.
Eine allgemeine Geldknappheit und Kapitalsnot
vorwiegend in den minderbemittelten Schichten der Bevölkerung
hat die Nichteinlösung der Kriegsanleihe zur Folge. In Anbetracht
dessen, ganz besonders aber in Bezug auf die in der letzten Zeit
zutage getretenen fragwürdigen Kriegsanleiheaffären,
wodurch der Staat um viele Millionen geschädigt worden ist,
müssen wir immer wieder betonen, daß in der Einlösung
der Kriegsanleihe und in dem Gesetz zu derselben noch nicht das
letzte Wort gesprochen sein darf. Denn es geht nicht an, daß
auf der einen Seite Millionen verschwinden und auf der andern
Seite Kleinbürger durch Nichteinlösung ihrer sauer erworbenen
Ersparnisse ruiniert werden.
Auch sollte die Ausgabe der ohnedies nur geringen
Ersatzschuldverschreibungen möglichst beschleunigt werden,
da es sich um ein Volksvermögen der ärmsten Bevölkerungsschichten
handelt.
Ein wichtiger Faktor für die gesamte Volkswirtschaft
sind auch die Selbstverwaltungsverbände. Wenn der Herr Finanzminister
erklärt, daß, während der Staat seine Ausgaben
verringert, die Selbstverwaltungen ihre Ausgaben in überstürzter
Weise erhöhen und wenn diese Erhöhung vom Jahre 1926
von 5800 Millionen im Jahre 1927 auf 7100 Millionen laut der Voranschläge
gestiegen sein soll, so können wir uns mit dieser Ansicht
nicht voll einverstanden erklären (Posl. Heeger: Er muß
das Material vorlegen!) Ich komme mit dem Material auch ohne
Ihren Zwischenruf! (Posl. Heeger: Ich meine, der Minister muß
das Material vorlegen!) Ich werde es bringen. (Posl. Heeger:
Sie können es ja gar nicht bringen!) Ganz abgesehen davon,
daß der größte Teil der deutschen Selbstverwaltungen
einen geordneten und sparsamen Haushalt führt, ist zu bedenken,
daß diese präliminierten Beträge auch nicht annähernd
eingehen. Ich weise hier nur auf einige Verwaltungskörper
hin: Die Bezirksverwaltungskommissionen präliminierten im
Jahre 1926: Arnau präliminiert 1,510.000, eingegangen 425.000.
Aussig präliminierte 6,989.000, eingegangen sind 3,497.000,
Böhmisch-Leipa präliminiert 790.000, eingegangen 311.000,
Gablonz präliminierte 3,362.000, eingegangen 2,284.000, Haida
präliminierte 788.000, eingegangen 208.000. Hostau präliminiert
227.000, eingegangen 95.000, Kaaden - Duppau, präliminierte,
1,418.000, eingegangen 722.000, Neudek präliminierte 1,320.000,
eingegangen 678.000, Neuern präliminierte 646.000, eingegangen
326.000. Schatzlar präliminierte 373.000, eingegangen 187.000,
Tetschen präliminierte 6,288.000, eingegangen 2,892.000,
Wekelsdorf präliminierte 494.000, eingegangen 291.000, Wildstein
präliminierte 500.000, eingegangen 273.000, Zwickau präliminierte
452.000, eingegangen 142.000.
Von den Gemeinden präliminierten Altrohlau
724.000, eingegangen 362.000, Bodenbach präliminierte 4,498.000,
eingegangen 2,358.000, Böhmisch - Leipa präliminierte
1,151.000, eingegangen 418.000, Chodau 529.000, eingegangen 225.000,
Fischern präliminiert 519.000, eingegangen 284.000, Jägerndorf
präliminierte 2,623.000, eingegangen 1,176.000, Komotau präliminierte
4,165.000, eingegangen 2,165.000, Neudek präliminierte
2,019.000, eingegangen 506.000, Oberdorf präliminierte 341.000,
eingegangen 144.000, Saaz präliminierte 2,968.000, eingegangen
1,690.000, Turn präliminierte 1,554.000, eingegangen 554.000,
Tachau präliminierte 663.000, eingegangen 289.000, Èechisch-Teschen
präliminierte 961.000, eingegangen sind 324.000.
In Anbetracht dieser Ziffern ist wohl kaum
anzunehmen, daß eine Verschwendung bei den Gemeinden auch
nur möglich gewesen wäre. Wir weisen schon heute darauf
hin, daß der Herr Finanzminister mit den 160 Millionen,
welche die Gemeinden bzw. Selbstverwaltungsverbände als Ersatz
für die durch das Gemeindefinanzgesetz gekürzten Zuschläge
bekommen sollen, nicht das Auslangen finden dürfte und daß
die Regierung wird daran denken müssen, den Gemeinden den
übertragenen Wirkungskreis zu bezahlen.
Ein ganz besonderer Faktor, welcher für
die Volkswirtschaft in Frage kommt, sind die Sparkassen. Wir ersuchen
den Herrn Finanzminister dringend, die Sanierung sämtlicher
Sparkassen, welche durch die Kriegsanleihe in finanzielle Schwierigkeiten
geraten sind, ehetunlichst durchzuführen. Von einer Sanierung
als solcher kann wohl nicht gesprochen werden, nachdem diese Geldinstitute
nicht passiv sind, sondern nur der Anwendung des Kriegsanleihegesetzes
bedürfen. Auf meine Interpellationen in dieser Angelegenheit
hat der Herr Finanzminister am 10. April 1926 in Aussicht gestellt,
in Anwendung des § 26 des Kriegsanleihegesetzes diesen Geldinstituten
ausgiebige Kredite mit mäßigem Zinsfuß zu gewähren.
Leider ist der Erfolg bis heute zum großen Teil noch ausstehend,
es wird dieses Sanierungswerk nicht in der richtigen Weise gefördert.
Es kommt oft vor, daß von Lombardschuldnern übernommene
Kriegsanleihen wegen Ermangelung eines geringfügigen Nachweises
nicht übernommen werden, auch wenn der Lombardschuldner oftmals
gar nicht mehr auffindbar ist. Auch ereignen sich Fälle,
daß die Sparkassen von zahlungspflichtigen Lombardschuldnern
übernommene Kriegsanleihen nicht zur Zeichnung verwenden
dürfen, weil inzwischen ein Umtausch in Entschädigungsschuldverschreibungen
abgewiesen wurde, oder daß die Sparkassen, wenn sie statt
der erbetenen privilegierten Zeichnung nur die unprivilegierte
vornehmen dürfen, die ganze Zeit bis zur Zeichnung die Zinsen
verlieren sollen. Auch knüpft der Herr Finanzminister in
der letzten Zeit die Bewilligung zur Zeichnung der 4. Staatsanleihe
von eignen oder übernommenen Kriegsanleihen an die Bedingung,
daß nach Durchführung der Zeichnung die 6%ige vierte
Staatsanleihe dem Staate zu 100 überlassen werde. Durch diese
Bedingung wird für manche besonders hilfsbedürftige
Kasse die Sanierung verzögert, denn manche Kasse hat damit
gerechnet, daß sie durch billiges Arrosierungsdarlehen in
die Lage kommt, ihre Verhältnisse zu ordnen. Nun waren solche
Darlehen zu einem günstigeren Zinsfuß als den bisher
für Volksgeldanstalten berechneten 61/4%
in der Kriegsanleihenovelle von 1926 vorgesehen. Auch im Motivenbericht
war die Verzinsung wie die Amortisation in einer rücksichtsvolleren
Weise vorgesehen. Der Zinsfuß sollte nach dem Motivenberichte
so sein, daß sich das Arrosionsdarlehen, aber auch die alte
Kriegsanleihelombardschuld verzinse und amortisiere. An und für
sich hat die Kriegsanleihenovelle ohnedies nicht viel geboten.
Aber daß sie sich in ihrer praktischen Auswertung derart
von den Absichten des Gesetzgebers entfernt, war doch nicht zu
erwarten. Wir wollen keine Geschenke, sondern nur Zugeständnisse
im Ausmaß des unbedingt Notwendigen. Eine verschärfte
Spannung zwischen den Zinsen der Staatsanleihe und dem Zinsfuß
für das Arrosionsdarlehen sollte die Rettung mancher Kasse
sein, und es bleiben ihnen nur 41/2% von
den Entschädigungsschuldverschreibungen, und das bedeutet,
da ja das Kapital um 25% verkürzt ist, nur 3,38%. Aber selbst
wenn wir uns damit abfinden könnten, daß der Staat
das Darlehen zu billigeren Sätzen nicht zur Verfügung
stellen will, mit welchem Recht verhindert er die Kassen, sich
diese Darlehen anderswo günstiger zu beschaffen? Es müßte
doch heute möglich sein, bei großen Anstalten, wie
Zentralsozialversicherung und dergleichen, zu einem niedrigeren
Zinsfuß als zu 6% Geld zu bekommen! Diese Kassen haben doch
die Ermächtigung, die der Herr Finanzminister in der Kriegsanleihenovelle
erlassen hat, immer als eine Grundlage für Begünstigungen,
die den Kassen zugute kommen sollten, angesehen und jetzt werden
sie unmittelbar gegen dieselben angewendet und zu Begünstigungen
des Finanzministeriums gemacht. Wir verlangen nicht mehr, als
daß der Staat die Kriegsanleihen zu den üblichen Bedingungen
einlöst und dabei den Kassen, die darauf angewiesen sind,
nicht den Weg der Selbsthilfe versperrt.
Der Herr Finanzminister begründet das
gegenwärtig günstige Wirtschaftssystem mit der Entwicklung
des Außenhandels. Daß derselbe stetig steigt und daß
auch die Wertpapiere dieses Staates auf ein gesundes Niveau gelangt
sind, dürfte wohl auch hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben
sein, daß durch eine Konsolidierung im Inlande, ganz besonders
aber durch die Mitarbeit der Deutschen in diesem Staate, das Ansehen
desselben und der Kredit auch im Auslande bedeutend gestiegen
ist. Es ist deshalb Pflicht dieser Regierung und der leitenden
Staatsmänner, das Einvernehmen der Nationen durch Erfüllung
der gerechten Wünsche und Forderungen, die in einer sachlichen
und vernünftigen Kritik bei Beratung des Staatshaushaltes
genügend beleuchtet worden sind, zu fördern. Nur dadurch
läßt sich eine günstige Weiterentwicklung der
Völkerversöhnung herbeiführen. Unter dieser sicheren
Voraussetzung wird auch meine Partei für die Bedürfnisse
des Staatshaushaltes stimmen. (Potlesk poslancü
nìm. strany køest. sociální.)
Meine verehrten Damen und Herren! Wenn ich
über die Lage der Landwirtschaft spreche, so spreche ich
natürlich als deutscher Abgeordneter über die
Lage der deutschen Landwirtschaft. Das, was den èechischen
Landwirten als tragbar zugemutet wird, ist den armen deutschen
Gebirgsbauern untragbar. Die Steuerkronen, die von den Berglehnen
zum Steueramte getragen werden, sind mit tausenden
von Flüchen beladen, Die Mehrzahl der deutschen Gebirgsbauern
sollte Prämien bezahlt bekommen für ihre mühselige
ertraglose Arbeit, die sie dem Staate leistet. Mit banger Sorge
schließt man ein Steuerjahr nach dem anderen ab, wenn ein
neuer Staatsvoranschlag aufgelegt wird, horcht man genau hin,
was für hohe Steuerlasten vorgetragen werden.
Auch in diesem Staatsvoranschlage ist die deutsche
Landwirtschaft sehr armselig bedacht, obwohl deutsche Bauernabgeordnete
in dieser Regierung sitzen. Vielleicht ist es gerade deshalb,
weil Deutsche in der Regierung sind, daß alle Gesetzesanträge
noch immer nicht in deutscher Sprache vorgelegt werden, daß
in den Ministerien die Beamten- und Bedienstetenposten noch immer
nicht im Verhältnis zur Bevölkerungsstärke besetzt
wurden, daß durch die Bodenreform postenlos gewordene Güterbeamten
und Bediensteten noch immer brotlos herumlaufen müssen. Dringend
zu fordern wäre, daß alle Informationen über die
Landwirtschaft im Auslande an die landwirtschaftlichen Blätter,
deutsche Fachzeitungen und größere Provinzblätter
in deutscher Sprache hinausgegeben werden, Die voranschlagten
329,000 Kè werden den deutschen Text noch ertragen, Die
landwirtschaftlichen Hochschulen. Mittelschulen, Fachschulen und
landwirtschaftlichen Volksbildungsschulen müssen
nach dem deutschen Bevölkerungsschlüssel in gebührender
Anzahl errichtet und erhalten werden An den landwirtschaftlichen
Schulen ist die Stenographie, System Gabelsberger, als Pflichtgegenstand
einzuführen, Wechselrecht. Handelskunde obligat zu lehren.
Für WanderUnterricht und landwirtschaftliche Spezialkurse
muß der deutschen Landwirtschaft der gebührende Budgetanteil
überlassen werden. Mit der deutschen Sektion des Hopfenbauverbandes
in Saaz muß ein Einvernehmen zur Errichtung einer deutschen
Hopfenversuchsstation getroffen werden. Das Landwirtschaftsministerium
hat über die Gebarung der èechischen Hopfenversuchsstation
in Teschnitz im Bezirke Saaz Bericht zu erstatten, Für diese
Station sind für das Jahr 1927 budgetmäßig 599.000
Kè bewilligt v, worden. Die Einnahmen
dieser Station wurden für das Jahr 1927 mit 303,900 Kè
beziffert, so daß sich aus dem Budgetjahr 1927 ein Überschuß
von 704.900 Kè ergeben wird. Es ist daher unverständlich,
wie das landwirtschaftliche Ministerium trotz dieses
hohen Betriebsüberschusses für das Jahr 1928 einen Betrag
von 70,000 Kè anfordern kann. Dieser Betrag ist daher zu
streichen. Weiters muß die Gebarung der Hopfenversuchsstelle
in Teschnitz im Voranschlage für das Jahr 1928 in den Einnahmen
aus den Versuchsstationen zum Ausdruck
gebracht werden, so daß der Überschuß für
1927 per 704.900 Kè als Einnahme aus diesen Titel erscheint.
Der Betrag für die Flachsversuchsstellen mit 20.000 Kè
ist für diesen Zweck ganz unzulänglich. Flachsversuchsstellen
müssen im deutschen Gebiete besonders
errichtet werden.
Der sudetendeutschen Land- und Forstwirtschaft
muß größere Unterstützung zuteil werden,
insbesondere den Kleinbauern für Viehzucht, Viehverwertung.
Wiesenbau, Futterpflanzen, Grassamenzucht. Flachsbau, Obstbau.
Bienenzucht, Schweine-. Schaf- und Ziegenzucht, Düngungsversuche.
Wirtschaftsberatung, Getreide- und Kartoffelbau, Milchverwertung
und Stallkontrolle. Der Bekämpfung der Peronospora bei Hopfen,
der Blattlaus, muß besonderes Augenmerk geliehen werden.
Für die Neuerrichtung der durch die Reblaus zerstörten
Gärten sind 500 Kè für nichtverzinsliche Vorschüsse
vorgesehen. Dies dürfte ein Druckfehler sein und wäre
entsprechend richtig zu stellen. Weiters gehören in dieses
Kapitel Mausefraß und andere pflanzliche
Beschädigungen. Dem deutschen Viehverwertungsverbande in
Prag müßte ein Betrag von 2.080.000 Kè flüssig
gemacht werden, damit diese junge Organisation lebensfähig
werde. Die Unterstützungen für die durch Elementarereignisse
geschädigten Landwirte muß stets
raschestens erfolgen. Die zu diesem Zwecke ausgeworfenen Mittel
sind ein viel zu geringer Betrag.
Bei dieser Gelegenheit komme ich auf die schweren
Unwetterschäden in Schlesien zu sprechen. Es ist und bleibt
ein Hohn, wenn man diesen armen Landwirten und anderen
schwer betroffenen Volksgenossen einen Bettelbetrag von nur 200.000
Kè zuweist. Einen ebenso lächerlichen Betrag haben
auch die in Nordmähren vom Hochwasser heimgesuchten braven
deutschen Volksgenossen erhalten. Es ist dies eine Schande für
eine Regierung, wenn sie bei solchen elementaren
Schädigungen so lumpig und knauserig vorgeht. Umso erbärmlicher
ist es, wenn deutsche Abgeordnete, die in dem schwer heimgesuchten
Gebiete als Volksvertreter gewählt wurden, nicht einmal imstande
sind, sich für die Armen besser durchzusetzen, wo sie doch
in der vielgepriesenen allmächtigen Regierung sitzen. Wo
bleibt denn da das Zusammenstehen in guten und in bösen Tagen?
Schwindel, alles Schwindel! Steuerabschreibungen müssen in
solchen Fällen immer gewährt werden, Militär muß
zur Hilfeleistung bereit gestellt werden. Der Grenzübertritt
muß hilfsbereiten deutschen Landsleuten gestattet werden,
nicht so wie es im heurigen Sommer im Erzgebirge geübt wurde,
daß Grenzüberschreitungen nicht geduldet wurden. Der
angeforderte Betrag von 4 Millionen für Bau- und Maschinenkonstruktion
der Spiritusbrennereien ist zu streichen. Grubenbauten im Bergbaugebiete
müssen öffentlich aufgelegt werden. Die Subvention für
Meliorationen und Wassergenossenschaften müssen zeitgerecht
gegeben werden. Die starre Abgrenzung der Warm- und Kaltblutzucht
für die Pferdezüchter muß freigegeben werden.
Da ich vorhin von einem Betrage von 4 Millionen
für die Spiritusbrennereien gesprochen habe, bringe ich fo!gende
wichtige Darstellung in Erinnerung: Es sind in der Èechoslovakischen
Republik rund 900 landwirtschaftliche Spiritusbrennereien vorhanden.
Davon sind derzeit gegen 630 Privatbrennereien und gegen 270 Genossenschaftsbrennereien.
Letztere sind zu 80% durch die Durchführung der Bodenreform
entstanden und in èechische Hände
übergegangen. Vor der Bodenreform hatten die landwirtschaftlichen
Privatbrennereien Kontingente (Erzeugungsberechtigung) von 500
bis 1500 hl. Dieses Kontingent war vor dem Umsturze individuell,
nach dem Umsturze wird dasselbe nach der bei
jeder Brennerei vorhandenen Fläche an Äckern, Wiesen
und Weiden aufgeteilt. Da nun durch die Vergenossenschaftung der
früheren Privatbrennereien zehntausende Hektar neuer Fläche
in die Spirituswirtschaft einbezogen wurden, haben wohl die neuen
landwirtschaftlichen Genossenschaftsbrennereien heute noch große
Kontingente von 600 bis 1600 hl. Dagegen haben alle Privatbrennereien
50 bis 70% und mehr ihrer ehemaligen Erzeugungsberechtigung verloren
und können höchstens noch 120 bis 400 hl erzeugen, so
daß alle diese 630 Privatbrennereien schon derzeit höchst
unrentabel arbeiten, weil die Regie bei der beschränkten
Erzeugung viel zu hoch ist. Es steht nicht mehr dafür, einheizen
zu lassen. Ausdrücklich stelle ich fest, daß ich nicht
gegen die Genossenschaftsbrennereien bin, die auf normalem Wege
zustandegekommen sind, sondern ich bin nur gegen die Art, wie
man gut fließende Steuerquellen gewaltsam verstopft, um
die durch die blödsinnige Bodenreform zugrunde gerichteten
Spiritusbrennereien mit 4 Millionen Staatshilfe hoch zu päppeln.
Ich mache den Herrn Ackerbauminister aufmerksam, sich mit dem
Herrn Finanzminister ins Einvernehmen zu setzen und dem Ansuchen,
das am 22. Juni 1927 in Angelegenheit der Spiritusbrennereien
an das Finanzministerium gelangte, vollinhaltlich Rechnung zu
tragen.
Da ich gerade das Wort Bodenreform gebraucht
habe, so muß ich auf die Lobpreisung des Herrn Ministerpräsidenten
Švehla zurückkommen, der die Bodenreform über
den grünen Klee lobte. Er gibt zu, daß über 100.000
Menschen im Handumdrehen zu Grund und Boden kamen. Er sagt
weiter wörtlich, daß am Ankauf des verpachteten Bodens
mehr deutsche als èechische Bewerber, 60 zu 40% partizipieren.
Nach den tatsächlichen Verhältnissen zu urteilen sind
die Beschönigungen der Bodenreform
eine bewußte Irreführung der Öffentlichkeit für
das Inland und eigentlich noch mehr für das Ausland. Den
besten Boden hat man nur an Èechen gegeben, Grundbesitze
in rein deutschen Gemeinden verteilte man nur an verläßliche
nationale Èechen, um das deutsche
Gebiet künstlich mit Èechen zu durchsetzen. Unruhestifter,
eine verläßliche Spitzelgesellschaft gegen das ruhige
und friedliche deutsche Gemeindeleben wurden auf Staats "
kosten geschaffen. Alles im Wege moderner Raubritterart, fußend
auf dem Revolutionsgesetze "Enteignung".
Es getraut sich das alles der Herr Ministerpräsident, entweder
auf grundfalschen Informationen oder in dem Vorgefühl, den
Deutschen und der Welt könne man alles sagen; still, ruhig,
ergebungsvoll nahmen es die Deutschen in diesem Staate auf, man
braucht nur den Mut aufzubringen, es so zu sagen, wie es klug
ist.
Zum Beispiel führe ich die nachstehenden
Worte des Herrn Ministerpräsidenten an: "Gegen die Bodenreform
wurden selbst nationale Interessen mobilisiert, die in dieser
Angelegenheit wie die sozialen Interessen der kleinen Unternehmer
berührt sind, um die Latifundisten zu Demonstrationen zu
bewegen. Die nationalen Interessen sind aber nichts anderes, als
die Maske, hinter der sich egoistische Interessen verbergen. Das
deutsche Volk steht nicht und fällt nicht, mit einigen Adeligen.
Wenn es sich um Großgrundbesitz handelt, wird nicht darauf
gesehen, welcher Nationalität er ist, Es ist nicht in unseren
Intentionen gelegen, die Bodenreform zu Nationalisierungszwecken
zu verwenden." Ich hätte das verschmitzte, süße
Lächeln des Herrn Ministerpräsidenten sehen mögen,
als er blinzelnd diese Sätze den gläubigen Deutschen
zurief. Die Schamröte wäre mir als Deutschen, wenn ich
in der Regierungsbank gesessen wäre, ins Gesicht gestiegen,
mit geballten Fäusten hätte ich auf den Tisch geschlagen
und hinausgeschrien in alle Welt: "Herr Ministerpräsident,
kommen Sie mit mir in das deutsche Gebiet, ich werde Ihn en die
Tausende von deutschen Bodenbewerbern zeigen, die nicht einen
Quadratmeter Grund und Boden bei der Bodenzuteilung erhalten haben.
Ich werde Ihnen die gramdurchfurchten Gesichter derjenigen zeigen,
die durch Jahre und Jahrzehnte Herrschaftsboden bebauten, ein
Anrecht auf Zuteilung hatten, jedoch geflissentlich übergangen
wurden, weil sie Deutsche waren, obwohl diese braven Leute für
Familie, Heimat und Staat mit ihren schwieligen Händen Arbeit
leisteten, Pachtschilling und Steuern zahlten. Nichts ist geschehen,
still ist es im Blätterwalde geworden." Erst 90% sind
in Böhmen und Mähren bei der Bodenreform durchgeführt,
sagte der Herr Ministerpräsident, 10% sind noch nicht verteilt.
Darunter gibt es gewiß auch Restgüter. Für wen,
möchte ich fragen.
Der Ackerbauminister Dr Srdínko
sagte in seiner Budgetrede vom 15. November 1927, daß die
Befürchtung, daß eine Erschütterung unserer landwirtschaftlichen
Produktion durch die Bodenreform eintreten würde, sich nicht
bewahrheitet hat. Als Beweis führt er an, daß in Böhmen,
wo die landwirtschaftliche Bodenreform sozusagen fertig ist, das
Gesamterträgnis an Weizen im Jahre 1922 3,744.000 q und im
Jahre 1926 3,777.000 q beträgt. Bei Korn sind die gleichen
Zahlen 7,057.000 q und 4,191.000 q, bei Gerste 5,207.000 q und
7,435.000 q. Allgemein ist hierzu zu bemerken, daß ein Steigen
oder Fallen der landwirtschaftlichen Produktion nicht aus Zahlen
zweier beliebig herausgegriffener Jahre bewiesen werden könne,
sondern daß der Fortschritt der Landwirtschaft nur durch
Vergleichung größerer, mindestens 5jähriger Zeitabschnitte
bewiesen werden könne. Die natürlichen Voraussetzungen,
wie Klima und Witterung, sind nicht alljährlich gleich, sie
beeinflussen das gesamte Erträgnis und nur wenn man durch
Wahl einer längeren Vergleichszeit diese unbeeinflußbaren
natürlichen Ereignisse in der Betrachtung gegeneinander kompensiert,
wird sich dartun, ob die befolgte landwirtschaftliche Politik
produktionsfördernd oder produktionsstörend ist. Wenn
wir aber auch bei den vom Landwirtschaftsminister gewählten
Jahren bleiben, so zeigt sich, daß in den Vergleichsjahren
1922 und 1926 wohl die genannten Gesamterträgnisse in Böhmen
erreicht wurden, daß aber der Durchschnittsertrag in vielen
Fällen vom Jahre 1922 bis zum Jahre 1926 rückläufig
ist. So führen die "Mitteilungen des statistischen Staatsamtes"
für Böhmen ein Ernteergebnis von 16.6 q pro
ha im Jahre 1922 und 16.5 q im Jahre 1926 an; Winterroggen
1922 15.5 q, 1926 14.4 q; Zuckerrübe
1922 262.6 q, 1926 243.2 q. Wenn sich die
gesunkenen Durchschnittsertragsziffern nicht voll in den Gesamtergebnissen
auswirken, so ist dies lediglich auf eine Verschiebung innerhalb
der Anbauflächen zurückzuführen. Die landwirtschaftliche
Produktion in ganz Europa bewegt sich auf einer stetig ansteigenden
Linie. Grund hierfür ist das fortschreitende Eindringen der
Wissenschaft in die landwirtschaftliche Praxis, die Verwertung
und Ausnützung der künstlichen Düngemittel, die
Verbesserung der Geräte zur Bodenbearbeitung usw. So weist
die deutsche landwirtschaftliche Produktion seit dem Kriege wieder
eine stetig ansteigende Linie auf, die auch durch die Preisdepression
des letzten Jahres nicht wesentlich beeinflußt wurde. Ein
Musterbeispiel für eine richtige Produktionspolitik hat Mussolini
gegeben, der durch seine Weizenschlacht in wenigen Jahren das
Durchschnittserträgnis um 20% steigern konnte. Von
dieser gesamteuropäischen Entwicklung hat sich die Èechoslovakei
ausgeschlossen. Was hier für die landwirtschaftliche Produktion
getan wurde, gipfelt in der Bodenreform und bringt für unsere
Landwirtschaft nicht ein Ansteigen der Produktionsziffern,
was die allgemeinen europäisch en Erfahrungen bestätigen
würde, sondern ein Sinken des Durchschnittshektarertrages.