Pondìlí 28. listopadu 1927

Es ist notwendig, einmal offen und rückhaltlos über diese Dinge zu sprechen, die bereits der Geschichte angehören, weil nur so für die Zukunft vermieden werden kann. in ähnliche Fehler zu verfallen.

Politik muß nur mit Möglichkeiten rechnen. In das Reich der Träume und Wünsche dürfen wir uns dabei nicht verlieren. Von solchen Erwägungen ausgehend haben auch im Vorjahre die deutschen Mehrheitsparteien ihre Beteiligung an der Regierung beschlossen. Dabei waren sie sich der Tatsache voll bewußt, daß von ihnen eine verantwortungsschwere Aufgabe übernommen wird, deren Ziel vorläufig jedoch nur darin bestehen konnte, der einseitig èechischen Verwaltung ihre Schärfe zu nehmen und die Unterlagen für eine gedeihliche Zusammenarbeit zu schaffen. Wir sind überzeugt, daß schon dieser erste Schritt, der zum Anfang der offenen politischen Zusammenarbeit mit den Tschechen geführt hat, den deutschen Mehrheits parteien später einmal als eine Tat im guten Sinne angerechnet werden wird, die, wenn sich die politischen Verhältnisse zu Gunsten der sozialistischen Parteien ändern sollten. aneifernd fortwirken wird. Wir sind der Meinung, daß künftige Regierungen ohne Mitbeteiligung deutscher Parteien zu den Unmöglichkeiten gehören werden.

Beachtenswert ist, daß das Vorgehen der an der Mehrheit beteiligten deutschen Parteien in den deutschen Kreisen eine verschiedene Beurteilung findet, die je nach der Einstellung des Beurteilers wohlwollend, neutral und auch recht abfällig ist. (Výkøiky posl. Wünsche.)

Wohlwollende Beurteilung finden wir bei jenen Menschen, die mitten im Erwerbsleben stehend aus eigener Erfahrung wissen, daß noch so schöne Redensarten nichts nützen, wenn ihnen nicht ebensolche Taten folgen. Diese Menschen, die im täglichen Daseinskampfe allen Widerwärtigkeiten des Lebens zu trotzen haben, kennen auch alle Widerstände, die oft der Verwirklichung bester Absichten entgegenstehen. Trotzdem harren sie auf ihren Posten aus, weil sie nicht davonlaufen können und sie vermögen das auch nicht zu tun, weil sie der mit ihrem Berufe verbundene Besitz am Orte festhält. Andererseits ist ihnen klar, daß sie unter neuen Verhältnissen sich erst einleben und ihre Existenz neu aufbauen müßten. Zu diesem Kreise von Menschen gehören vor allem die Landwirte und die Gewerbetreibenden, bei denen die Politik der deutschen Mehrheitsparteien auch anerkennende Zustimmung gefunden hat. Dazu würde sich aber auch die Arbeiterschaft gesellen, wenn ihnen das die durch politische Doktrinen gefesselte, klassenmäßig eingestellte Denkweise zulassen würde.

Der neutrale Beurteiler, der früher einmal vielleicht begeisterter Anhänger nationaler Schlagworte war, sah sich durch den Entwicklungsgang der deutschen Politik enttäuscht und wartet jetzt ab, welche Erfolge die Politik der deutschen Mehrheitsparteien mit sich bringen wird. (Výkøiky posl. Wünsche.)

Eine ganz eigene Menschensorte bilden jedoch die abfälligen Beurteiler, die sich nicht genug tun können, die deutschen Mehrheitsparteien des völkischen Verrates zu zeihen und sie zu beschimpfen. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Wie weit bei diesen Menschen die Verbohrtheit geht, ist daraus zu entnehmen, daß einer von ihnen erst vor wenigen Tagen der deutschen Öffentlichkeit die Ansicht unterbreitet hat, die deutschen Mehrheitsparteien von der Tätigkeit in den Schutzvereinen auszuschließen. Und es ist merkwürdig, daß sich deutsche Zeitungen gefunden haben, die Ausbrüche eines derartigen Irrsinnes auch noch abdrucken! Sie müssen doch blind sein, wenn die nicht einsehen, daß das Groß der Mitglieder in den deutschen Schutzvereinen aus den Kreisen der Bauern und Gewerbetreibenden stammt und daß die deutsche Schutzvereinsarbeit schwer gefährdet würde, wenn diese Kreise zum Fehlen kämen. Es ist wirklich ein frivoles Spiel, das hier gegenüber den deutschen Mehrheitsparteien getrieben wird, die ohne Wahl der Mittel unter allen Umständen zu nationalen Verrätern gestempelt werden sollen. Unsere Meinung ist, daß der Boden unserer völkischen Schutzvereine frei von einem jeden politischen Hader bleiben muß, wenn nicht der völkische Schutzvereinsgedanke schweren Schaden nehmen soll.

Ein anderer Beurteiler wieder bezeichnet die Vertreter der deutschen Mehrheitsparteien als deutschsprechende Èechen, die mit dem deutschen Volke keinen Zusammenhang haben sollen. Auf derartige lächerliche Meinungen einzugehen, erübrigt sich. Nichtsdestoweniger erinnern mich derartige Äußerungen daran, daß es neben den arbeitenden, schaffenden Menschen eine Anzahl Nichtstuer gibt, die nur mit sogenannten klugen Ideen und klugen Redensarten die übrige Menschheit glücklich machen wollen. Diese Glücklichmacher kommen einmal mit kulturellen, dann wieder mit sozialen und ein anderesmal mit nationalen Problemen. (Výkøiky posl. Schmerdy.) Wirtschaftliche Probleme zu behandeln, liegt ihnen aber ferne, weil sich hier ihr Geist auch an reale Grundlagen halten müßte, mit denen aber ihr Phrasentum nichts zu tun haben will. Die wirtschaftliche Betätigung dieser Menschen erschöpft sich nur im Jammern über ungenügende Einkünfte und in zeitweiligen Forderungen nach erhöhten Gehältern.

Die deutschen Mehrheitsparteien haben mit ihrer politischen Einstellung im Budgetausschusse einige Meinungen auf deutscher oppositioneller Seite ausgelöst, die wesentlich zur Belebung der dort geführten Debatten beigetragen haben.

Die eine Meinung kam aus dem Lager der deutschen Nationalpartei durch den Mund des Kollegen Dr Rosche, der sich vom Irredentismus abkehrte und zur Mitarbeit meldete. (Posl. dr Schollich: Aber zu einer anderen wie Sie!) Was gibt es für Unterschiede? Sie haben Gelegenheit, hier eine genauere Definition zu geben. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Unterstrichen wurden die Äußerungen des Dr Rosche seither noch durch eine Rede des Senators Dr Brunar in Leitmeritz, der ausführte, daß seine Partei weder eine negativistische, noch eine irredentistische Partei sei. Seine Partei stehe auch auf dem Boden der realen Tatsachen, von dem aus die Möglichkeit der Politik beurteilt wird. An eine gewalttätige Änderung der bestehenden Verhältnisse ist nach der Meinung Dr Brunars auch nicht zu denken.

Koll. Dr Rosche hat in seiner letzten Rede am Samstag hier im Hause seine früheren Äußerungen wiederholt und erneuert ausgesprochen, daß er und seine Partei unter der Bedingung eines Ausgleiches von Volk zu Volk zur Mitarbeit bereit sind. (Výkøiky posl. dr Schollicha.) Diese Erklärung ist meiner Anschauung nach viel zu allgemein gehalten, als daß sie eine praktische Auswirkung finden könnte. Erforderlich wäre, daß Dr Rosche gleichzeitig seinen Plan entwickelt hätte, wie er sich den Ausgleich von Volk zu Volk vorstellt, wie er ihn einleiten und wie er ihn zur Durchführung bringen will. Ich kann mir die Durchführung des Planes nicht anders denken, als daß Vertreter des deutschen Volkes sich mit Vertretern des èechischen Volkes zusammenfinden und daß sie auf Grund vorbereiteter Materialien den gemeinsamen Weg finden, den beide Völker für die Zukunft miteinander und nebeneinander gehen wollen. Dazu wurde aber schon der Anfang gemacht damit, daß der Bund der Landwirte und die übrigen deutschen Mehrheitsparteien schon vor Jahren ihre ursprüngliche politische Meinung revidiert und ihre Politik in Anlehnung an die tatsächlichen Verhältnisse eingerichtet haben. Dem Bund der Landwirte wurden gerade deshalb von der deutschen Nationalpartei die schwersten Vorwürfe gemacht und er mußte von dieser Seite häufig anhören, daß er eine würdelose Anbiederungspolitik betreibe. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)

Und nun kommt dieselbe deutsche Nationalpartei, die ihre geänderte politische Einstellung mit verschiedenen Verklausulierungen verbrämen will und erklärt durch Dr. Rosche, daß sie auch ihren bisherigen Grundsatz: "Alles oder nichts!" aufgegeben hat, denn die Deutschen würden ihrer Meinung nach auch den Obolus gerne entgegennehmen, den ihnen der Ministerpräsident für ihre Dienste am Ende einer jeden Woche nur geben möge. (Posl. dr Schollich: Das ist eine Verdrehung, Herr Kollege)!) Bitte, ich bin Zuhörer gewesen, ich war Ohrenzeuge, ich weiß ganz genau, daß diese Äußerung von ihm getan wurde und ich kann hier nichts anderes wiedergeben, als was ich im Budgetausschuß zu hören Gelegenheit hatte. Das schmerzt Sie freilich, aber es ist ein Beweis, daß Sie auch kleiner geworden sind im Laufe der Zeit. (Posl. dr Schollich: Aber hören Sie schon einmal auf mit diesen Dummheiten! Sie sind ein altes Weib. Jedes Mal wiederholen Sie denselben Unsinn!) Es mag Ihnen, Herr Koll. Schollich, peinlich sein, diese Feststellung. (Výkøiky posl. Hodiny a dr Schollicha.) Es ist wirklich im Interesse der sudetendeutschen Sache zu bedauern, daß die deutsche Nationalpartei nicht schon vor dem Eintritt des Bundes der Landwirte und der deutschen christlichsozialen Volkspartei in die jetzige Mehrheit die gleichen Anschauungen hatte. Das hiedurch verstärkte deutsche Gewicht hätte sich im Einflusse ganz anders auswirken können, als es tatsächlich geschieht. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)

Wenn der von Volk zu Volk gewünschte Ausgleich von der deutschen Nationalpartei ehrlich gemeint ist, dann möge sie doch trachten, auf èechischer Seite die verständnisvollen Partner ausfindig zu machen, die der Bund der Landwirte, die deutsche christlichsoziale Volkspartei, die deutsche Gewerbepartei und die Arbeiterparteien bereits gefunden haben. Vielleicht gelingt es ihnen, unter den èechischen Nationaldemokraten Gläubige zu finden, die überzeugt sind, daß sie die besten Absichten hegen. Mit Reden allein von der Parlamentstribüne aus ist nichts zu erreichen, dazu muß sich eben die Aufklärungsarbeit im engeren Kreise gesellen. Wenn dann die deutsche Nationalpartei auf èechischer Seite das von ihr gewünschte Verständnis gefunden haben wird, dann ist es sicher nicht mehr schwer, auch jenen Ausgleich zu verwirklichen, den sie anstrebt. (Posl. dr Schollich: Ihr allein könnt es also nicht!) Sie wissen, wenn am Wagen ein Pferd mehr eingespannt ist, geht es rascher vorwärts. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)

Wenn die deutsche Nationalpartei diesen neuen politischen Weg beschritten hat, so scheint es mir, als ob sie hiezu durch das Ergebnis der letzten Gemeindewahlen veranlaßt worden wäre. Vielleicht hat die deutsche Nationalpartei auch erkannt, daß eine politische Partei, die nur der Negation wegen lebt und sonst keine Tätigkeit entwickelt, schließlich an Vereinsamung eingehen muß. Es wird aber auch der Gedanke ausgelöst, als ob nur durch eine Änderung ihrer bisherigen politischen Taktik erreicht werden soll, den deutschen Aktivismus in Mißkredit zu bringen und in die Reihen der deutschen Mehrheitsparteien Verwirrung zu tragen. Zu dieser Anschauung bringt mich die Tatsache, daß Dr. Brunar, der seinerzeit vor den Parlamentswahlen im Herbste 1925 einer der eifrigsten Verfechter der deutschen Einheitsliste war und der damit den Anfang zur Beseitigung der bestehenden deutschen bürgerlichen Partei en machen wollte, seiner ursprünglichen Idee nunmehr untreu geworden ist und eine andere Form anstrebt, alle deutschbürgerlichen Parteien trotzdem unter die Führung der deutschen Nationalpartei zu bringen. (Posl. dr Schollich: Wer hat denn die Einheitsfront verraten?) Die Tatsachen sprechen anders, Herr Kollege, das wissen Sie aus eigener Erfahrung. Auf den Gedanken gelangte ich aber auch durch die Wahrnehmung, daß die gleichen geheimen Einflüsse sich bemerkbar machen, die schon einmal versucht haben, durch Einleitung eines übereifrigen Tempos den deutschen Aktivismus ad absurdum zu führen.

Wenn die von der deutschen Nationalpartei eingeleiteten Bestrebungen ehrlich gemeint sind und wenn dieselben von ihrem letzten Parteitage in Mährisch Schönberg aus den Anfang nehmen, dann war von vornherein erforderlich, daß dieser Parteitag auch gewisse Änderungen des Parteiprogrammes vornehmen mußte. Das ist jedoch nicht geschehen und deshalb ist auch ihrer Bereitwilligkeit gegenüber Vorsicht am Platze. Die Zeit wird erst lehren müssen, was gut an den Absichten der deutschen Nationalpartei ist. Dem Dr. Rosche dagegen, der mitten im Wirtschaftsleben steht, glaube ich, daß er gewillt ist, jenen Zustand zu erreichen, der die deutsche Kultur und die deutsche Wirtschaft auf dem Boden des Staates sichern hilft. In dieser Hinsicht haben wir gemeinsame Ziele!

Eine andere Meinung äußerten die deutschen Nationalsozialisten, deren Vertreter Koll. Knirsch gleichfalls die Bereitschaft zur Mitarbeit aussprach. Wenn auch späterhin mit Rücksicht auf die verdutzte Parteianhängerschaft einige Vorbehalte gemacht wurden, so ist sicher, daß von ihm der Staat anerkannt ist und daß die deutschen Nationalsozialisten gewillt sind, unter besonderen Bedingungen aus dem Schmollwinkel hervorzutreten.

Koll. Knirsch hatte die Liebenswürdigkeit, während der Generaldebatte im Hause meine im Budgetausschuß vorgebrachten Gedankengänge abzulehnen. Ich erwähnte dort, daß ein Deutschland, das alle seine Kinder vereinigen konnte, noch niemals bestanden hat. Das stimmt auch, denn eine Menge Deutsche haben immer außerhalb des Deutschen Reiches Grenzen gewohnt. Die Beispiele des Deutschen Reiches bis 1806 und des Deutschen Bundes bis 1866 anzuführen, genügt nicht, weil es sich in beiden Fällen um keine Nationalstaaten in dem vom Abg. Knirsch gedachten Sinne gehandelt hat.

Koll. Knirsch sprach auch von einer Neuordnung der Dinge, die auf friedlichem Wege kommen oder ihren Weg durch ein Meer von Blut bahnen wird. Ich erinnere daran, daß wir "Blut und Tränen" - Reden schon des öfteren anhören konnten. Die Abg. Kreibich und Lodgman sprachen auch schon in ähnlichem Sinne. Davon sprachen also nur Männer, für welche die Äußerungen immer nur Redensarten geblieben sind. Wer aber an verantwortlicher Stelle steht, spricht wie der reichsdeutsche Außenminister dr Stresemann, der gelegentlich seines Besuches Mitte November l. J. in Wien den bei ihm erschienen Vertretern der Presse u. a. sagte: "Wer nach den Erlebnissen des letzten Krieges noch jemals die Hand dazu bieten würde, daß ein neuer Krieg entsteht, der müsse als Verbrecher bezeichnet werden." (Výkøiky posl. Wünsche.)

Der Weg der Verständigung allein ist es, der uns vorwärts... (Posl. Wünsch: Steuerreform, Zölle, Verwaltungsreform, das ist der Weg, der uns zur Verständigung führt!) Dazu zahlen Sie doch nichts, Herr Kollege! (Veselost. - Výkøiky posl. Wünsche.)

Der Weg der Verständigung allein ist es, der uns vorwärts bringen kann. Auch die deutschen Sozialdemokraten benützten die Verhandlungen im Budgetausschusse zu eingehenden Kritiken der deutschen Mehrheitsparteien. Ihnen antwortete jedoch in jüngster Zeit einer ihrer Parteigenossen und zwar der ehemalige österreichische Saatssekretär Dr Renner, der vor wenigen Tagen im österreichischen Nationalrate darauf hinwies, daß es den Anschein habe, daß wenigstens allmählich die Deutschen im èechoslovakischen Staate zu einem Regime der Anteilnahme an der Staatsgewalt gelangen können. Woher weiß das Dr. Renner? Die Antwort dafür liegt auf der Hand. Dr. Renner, der zuletzt anläßlich der Gemeindewahlen im Oktober l. J. in Prag weilte, mußte seine Informationen von den deutschen Sozialdemokraten in der Èechoslovakei erhalten haben, die damit als Informatoren des Dr. Renner eigentlich anders sprachen, als sie sonst in ihren Reden im Budgetausschusse und hier im Hause ausführten.

Der Weg der Verständigung allein ist es, der uns vorwärts bringen kann. In diesem Sinne bewegten sich im Budgetausschusse auch unsere Reden und ebenso die Ausführungen des Ministerpräsidenten Švehla. Der Ministerpräsident fand damals recht warme Worte über das Verhältnis der Èechen zu den Deutschen. Notwendig bleibt freilich, daß seine Worte auch Leben erhalten und Verwirklichung erfahren. Dazu gehört, daß der um den Ministerpräsidenten befindliche verständnisvolle und verständigungsbereite Kreis von Mitarbeitern erweitert wird und daß die Angsthasen, die da glauben. daß eine Berücksichtigung berechtigter deutscher Wünsche einen Aufruhr auslösen würde, endlich auch Männer werden. Um der Wahrheit zu dienen und dabei das Gute zu wollen, dazu gehört eben auch Mut auf èechischer Seite.

Im übrigen lehrt die Vergangenheit, daß der Eintritt der Deutschen in die Regierung der seinerzeit von einzelnen Teilen des èechischen Volkes als Grund zur Entfachung einer Revolution bezeichnet worden sein soll, diese Wirkung gar nicht ausgelöst hat. Heute sind viele vernünftig denkende Èechen froh, daß es dazu kam, weil die Mitbeteiligung der Deutschen an der verantwortlichen Leitung des Staates eine allen fühlbare Entspannung mit sich gebracht hat.

Die deutschen Mehrheitsparteien werden nicht müde werden, berechtigte Ansprüche dauernd zu wiederholen. Die Auswirkung ihrer endlichen Erfüllung wird dann die èechische Öffentlichkeit abermals belehren, daß dadurch dem Staat kein Nachteil zugefügt worden ist, sondern daß damit die Zahl der zufriedenen Bürger im lnteresse des Staates auf beiden Seiten eine Vermehrung erfahren hat. (Potlesk.)

3. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 31 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Es ist für einen Deutschen tief beschämend, nach den nur von Unterwürfigkeit strotzenden Ausführungen meines Vorredners das Wort ergreifen zu müssen. Im Namen der volksbewußten sudetendeutschen Bevölkerung weise ich mit aller Entschiedenheit diese Besudelung der sudetendeutschen Freiheitsbewegung mit aller Entschiedenheit zurück.

Ich will mich nun unter der Maulkorbgeschäftsordnung dieses Parlamentes an die Besprechung des eigentlichen Themas heranwagen und die auswärtige Vertretung sowie - was bei einem Staate der Nachkriegszeit, also im Zeitalter des Völkerbundes, selbstverständlich ist - auch die einen Teil der Außenpolitik und der Außenvertretung des Staates bildende Landesverteidigung einer Besprechung unterziehen. Im Grunde genommen, sollte man sich bei Besprechung dieses Themas außerordentlich kurz fassen können, denn bei Anbruch dieses Zeitalters wurde doch laut und feierlich verkündet, daß der Militarismus abgeschafft wird und daß auf der Grundlage des allgemeinen Friedens es nun nicht mehr notwendig sei, wie im Vorkriegszeitalter diesen beiden Gebieten, der auswärtigen Vertretung und der Landesverteidigung, ein so weitgehendes Augenmerk zuzuwenden. Wenn wir aber den in Verhandlung stehenden Staatsvoranschlag zur Hand nehmen, werden wir, insbesondere soweit es sich um die Steuerträger handelt, feststellen müssen, daß in Wirklichkeit das Gegenteil eingetreten ist. Der Aufwand, der für die auswärtige Vertretung und für die Landesverteidigung in diesem Staate getrieben wird, weist so hohe Zahlen auf, daß man sich unwillkürlich in das Vorkriegszeitalter des Rüstungsfiebers versetzt glaubt.

Bei der Gründung dieses Staates wurde von den leitenden Persönlichkeiten die Abschaffung des stehenden Heeres und die Einführung des Milizsystems als nächstes Ziel verkündet. Im Budgetausschuß erklärte vorige Woche Herr Kriegsminister Udržal, diesbezüglich befragt, daß es zwar richtig sei, daß Kriegsminister Klofáè seinerzeit von der Einführung des Milizsystems gesprochen habe, aber daß er nach gründlichem Studium erkannt habe, daß dieses System für den èechischen Staat - soll wohl heißen: für den èechischen Nationalstaat - nicht tauge und daß er nunmehr auch zur Ablehnung des Milizsystems gelangt sei. Kriegsminister Udržal für seine Person erklärte, daß er zwar auch vom Milizsystem gesprochen habe, aber nur in Verbindung mit den Schwierigkeiten, die seiner Einführung entgegenstehen. Wir sehen also, daß der wütende Antimilitarist Klofáè sich im neuen Staate zum begeisterten Verehrer des Militarismus bekehrt hat, u. zw. - sprechen wir es doch ganz offen aus - in dem Augenblicke, wo dieser Militarismus seinen èechischnationalen Zielen dienstbar gemacht werden kann.

Herr Außenminister Dr. Beneš hat in den letzten Jahren außerordentlich viel von der Abrüstung gesprochen. Er hat sich bekanntlich nach allen Regeln der diplomatischen Kunst für die Sicherung des Weltfriedens eingesetzt. Er hat bekanntlich im Jahre 1924 sein berüchtigtes Genfer Protokoll produziert.

Meine sehr verehrten Anwesenden! Meines Erachtens ist die Außenvertretung eines Landes von der Landesverteidigung nicht zu trennen und müßte bei einem ehrlichen Bestreben nach Abrüstung die Landesverteigungspolitik in denselben Bahnen geführt werden und nicht, wie wir es in diesem Staate erleben müssen, geradezu entgegengesetzt.

Im Staatsvoranschlag 1927 - ich kann nur, mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit, skizzenartig sprechen - wurde, um die Weltöffentlichkeit irrezuführen, das Heeresbudget um 460 Millionen herabgesetzt. Mit dem Gesetz vom 17. Dezember 1926 wurde die Höchstgrenze des Heeresbudgets für die kommenden 11 Jahre mit 1400 Millionen festgesetzt. Freilich war man gleichzeitig besorgt, in irgend einem andern Kapitel, dem Kapitel 22, jährlich für 11 Jahre hindurch 315 Millionen Kronen für Rüstungszwecke unterzubringen. Nach außen hin Abrüstung, nach innen hin Aufrüstung!

Dr. Beneš Lieblingswunsch, das Genfer Protokoll, ist bekanntlich an dem Widerstand der englischen Dominions gescheitert. Frankreich ist heute der militärisch best ausgerüstete Staat der Welt. Deutschland, Bulgarien, Österreich, Ungarn sind restlos entwaffnet. Deutschland ist überdies in den Locarnovertrag eingetreten, womit es freiwillig, also ohne Zwang. die Ostgrenzen Frankreichs anerkannt hat. Der Locarnovertrag steht unter Garantie Englands und Italiens und trotz Locarnovertrages, trotz restloser Abrüstung Deutschlands keine Räumung des Rheinlandgebietes und - was bedeutungsvoll ist - keine Herabsetzung der Rüstungen in den andern Staaten, die auf Grund des Völkerbundpaktes ebenfalls zu dieser Abrüstung verpflichtet sind. An Stelle der Abrüstung, an Stelle der Betätigung wahrer Friedensliebe sehen wir Frankreich begriffen im Ausbau eines Bündnissystems, vor allem mit seinen östlichen Vasallenstaaten und ich behaupte, daß in dem Ausbau eines solchen Bündnissystems die größte Gefahr für den Weltfrieden überhaupt ruht.

Dr. Beneš erklärte im Budgetausschuß, daß die Frage der Abrüstung nicht allein vom militärischen, sondern auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet werden müsse und daß es schon ein großer Erfolg sei, wenn man sich heute mit dieser Frage auf internationalem Forum überhaupt beschäftigt. Fragen wir uns nun nach dem praktischen Erfolg dieser Beschäftigung! Aufrüstung trotz der erzwungenen Abrüstung Deutschlands, Österreichs, Ungarns und Bulgariens. Und es ist ja niemandem unbekannt, wenn ich heute feststelle, daß trotz der Abrüstung dieser genannten Staaten heute die stehenden Heere der anderen Staaten Europas ihrer Gesamtzahl nach bedeutend größer sind, als sie das ganze Vorkriegseuropa aufweisen konnte. Wir sehen also, daß die ganzen Abrüstungs- und Friedensschalmeien nur einer Komödie dienen, aufgeführt, um die Hegemoniestellung Frankreichs auf weitere Jahrzehnte hinaus zu sichern und die Niederhaltung des deutschen Volkes in Mitteleuropa gewissermaßen zu besiegeln.

Ich möchte heute nur Gelegenheit nehmen, darauf hinzuweisen, daß ausdrücklich im Artikel VIII, Abs. 1 der Völkerbundsatzungen auch die sogenannten Siegerstaaten verpflichtet sind abzurüsten. Ich möchte darauf hinweisen, daß in Wirklichkeit alle die Schlagworte wie "Heiligkeit der Friedensverträge", "Abrüstungsbestrebungen, Erhaltung des allgemeinen Weltfriedens" u. dgl. letzten Endes zu nichts anderem dienen, als zur Sicherung des Raubes vom Jahre 1918 und 1919. Aus diesem Grunde auch die gutgespielte Entrüstung gegen alle Bestrebungen nach Revision der Friedensverträge. Es ist bezeichnend, daß sich heute noch führende Staatsmänner finden, die an die Heiligkeit dieser Friedensverträge appellieren, obwohl führende Männer aus dem gegnerischen Lager ich nenne nur den Engländer Kynes, über dieses Friedensdiktat Worte gefällt haben, wie sie schärfer aus unserem Munde nicht gefällt werden können. (Pøedsednictvi pøevzal místopøedseda Slavíèek.)

Ich führe nur an: "Die Politik Deutschland für eine Generation der Knechtschaft zuzuführen, einer ganzen Generation das Glück zu rauben, das Leben von Millionen menschlicher Wesen zu vernichten, sollte verabscheuungswürdig sein, selbst wenn diese Politik möglich wäre, selbst wenn sie uns bereichern würde, selbst wenn sie nicht den Verfall des gesamten zivilisierten Lebens von Europa nach sich ziehen würde".

Daß die Friedensbestimmungen undurchführbar sind, wird von allen vernünftigen Menschen der Welt erkannt und nur der Kriegsgewinnler unter den Staatsmännern klammern sich noch an die Unabänderlichkeit dieser Diktatsbestimmungen. Ihre Revision ist nicht nur im Interesse der Besiegten, sondern im Interesse der gesamten Menschheit gelegen. Der beste Beweis, daß niemand, auch nicht der grimmige Deutschenfeind Clémanceau, an die Unabänderlichkeit dieser Friedensverträge jemals geglaubt hat, beweist die Note vom 16. Juni 1919, in welcher es wörtlich hieß: "Der Friedensvertrag schafft gleichzeitig einen Apparat für die friedliche Erledigung aller völkerrechtlichen Fragen durch gegenseitige Übereinstimmung, wodurch die im Jahre 1919 geschaffene Regelung selber von Zeit zu Zeit abgeändert und den Verhältnissen angepaßt werden kann."


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