Nun zum Ministerium des Äußern.
Neben dem Landesverteidigungsministerium belastet das Ministerium
des Äußern das Budget am meisten. Diese beiden wichtigen
Ministerien verbrauchen zusammen ungefähr ein Fünftel
der gesamten Staatsausgaben, während die Zentralverwaltung
mit 1% und das Kulturwesen mit einem Zehntel an den gesamten
Staatsausgaben partizipiert. Wir müssen feststellen, daß
das Parlament auf die Tätigkeit unseres Außenministers
und auf unsere Außenpolitik überhaupt, fast gar keinen
Einfluß hat. Seit Monaten erscheint auch der Herr Außenminister
nicht im Parlament und seit Monaten hält er es nicht für
nötig, hier Bericht zu erstatten.
Seit Monaten wirkt der Herr Minister des Äußeren
bei einer ganzen Reihe wichtiger außenpolitischer Aktionen
mit, ohne es für notwendig zu halten, hieher zu kommen und
nicht nur dem Plenum Bericht zu erstatten, sondern auch vom Parlament
die Zustimmung für weitere Aktionen zu holen. Er hat jetzt
bei der Budgetberatung flüchtig im Ausschuß über
die wichtigsten Aktionen Bericht erstattet. Damit ist aber nicht
nur seine Tätigkeit gegenüber dem Parlament nicht erschöpft,
sondern der Minister hat auch die vorgeschriebene Form, die er
einzuhalten hätte, nicht gewahrt. Er hat hier im Plenum des
Hauses Rechenschaft über sein Tun und Handeln abzulegen.
Der Minister kommt nicht und ist nicht gekommen, obwohl die Abrüstungskonferenz
- um nur einige Beispiele aus der Masse herauszugehen - getagt
hat, die von außerordentlicher Wichtigkeit für unsere
Wirtschaft ist und deren Entscheidung darauf Einfluß gehabt
hätte, ob unsere Militärlasten sich steigern oder vermindern,
ob mehr Staatsvermögen für militärische Rüstungen
verausgabt werden soll oder mehr für wirtschaftliche und
sozialpolitische Zwecke verwendet werden kann. Der Minister hat
im Ausschuß zwar erklärt, daß das Ende der
Abrüstungskonferenz ein Kompromiß gewesen sei. Nach
unserer Meinung war es wohl ein Kompromiß, aber nur ein
Kompromiß der Täuschung über die Erfolglosigkeit
der Konferenz überhaupt. Die Marmaggi Affäre, die sehr
blamabel für unseren Staat war, wurde behandelt, ohne daß
das Parlament darüber eingehenden Bericht bekommen hätte,
obwohl auch der Vatikan für uns eine auswärtige
Macht ist, durch seinen Vertreter und durch die Zwischenfälle,
die sich hier in der Èechoslovakei ereignet haben, Anlaß
gegeben hat, daß der Herr Minister des Äußern
im Hause Bericht erstattet und Genehmigung
des Hauses für seine Verhandlungen und Interventionen eingeholt
hätte.
Auch in einer anderen sehr wichtigen Angelegenheit
haben wir keinen Fortschritt zu verzeichnen. Seit Jahren verlangt
ein großer Teil des Parlaments, nicht nur Oppositionelle.
sondern auch eine ganze Reihe von Vertretern wirtschaftlicher
Interessentengruppen, daß endlich einmal unser Verhältnis
zu Rußland geklärt werde, daß die de jure-Anerkennung
auch von unserem Parlamente beschlossen werde. Der Minister des
Äußern hat im Ausschuß erklärt, daß
es bisher unmöglich gewesen sei, im Ausschuß und im
Plenum eine Mehrheit dafür zustande zu bringen. Wir sind
der Meinung, daß der Minister nicht alles versucht hat und
daß zur Schaffung einer Mehrheit für die de jure-Anerkennung
Rußlands nicht allein eine Mehrheit der Mehrheitsparteien
notwendig ist, sondern, daß auch oppositionelle Parteien
mit herangezogen werden könnten, und wir zweifeln daran,
daß es nicht möglich wäre, mit den oppositionellen
Parteien und den wirtschaftlichen Interessentengruppen die Mehrheit
für die Beschlußfassung auf Anerkennung Rußlands
de jure zustande zu bringen.
Interessant aber und wichtig sind einige wenige
Posten aus dem ziemlich umfangreichen Voranschlag des Herrn Außenministers.
Wir finden hier einen Posten "Auslandspropaganda und Informationsdienst"
von 11,680.000 Kronen. Ferner einen Posten "Kulturbeziehungen
zum Ausland" 2,600.000 und nun neuerdings "Berichterstattung
und Propagandadienst" 14 Millionen, zusammen 28,280.000 Kronen.
Interessant ist dabei, daß zum ersten Male im Voranschlage
alle für Propagandadienst in Frage kommenden Posten zusammengezogen
erscheinen. Der Posten von 14 Millionen Kronen ist ohne genauere
spezialisierte Ausgaben. Wir sind überzeugt, daß er
nichts anderes ist als der ähnliche Fond beim Ministerratspräsidium,
den wir immer Reptilienfond genannt haben. Hier ist ein
neuer Reptilienfond entstanden. Der Posten von 14 Millionen, der
ohne nähere Angaben ist, wird dem Minister die Möglichkeit
geben, nach seinem Ermessen kontrollos Ausgaben zu machen. Außerdem
müssen wir aber feststellen, daß für den Propagandadienst
in diesem Jahre 7 Millionen mehr eingestellt sind als im Jahre
1927. Einen ähnlichen Posten haben wir, wie ich vorhin schon
erwähnte, beim Ministerratspräsidium, wo für den
Dispositionsoder Reptilienfond 8 Millionen ohne Angabe der Verwendung
eingestellt sind, dazu 400.000 Kronen für Propaganda und
400.000 Kronen für Subventionen, zusammen 8,800.000 Kronen.
Beim Ministerium für nationale Verteidigung finden wir wiederum
für Berichterstattung 2 Millionen Kronen, für Unvorhergesehenes
1,317.600 Kronen. Zusammen ergibt das bei den drei Zentralstellen
für Auslandpropaganda den Betrag von 40,397.600. Nach unserer
Überzeugung sind das größtenteils Bestechungsgelder,
Futter für die sogenannte Regierungspresse, die zumeist wie
der "Saazer Anzeiger" und die sogenannte Wolffpresse
jährlich über eine Million Kronen beigesteuert erhalten.
Die "Prager Presse" erhielt für eine einzige Auflage
über 20.000 Kronen Zuschuß und trotzdem erklärte
der Herr Minister des Äußern, daß der Informationsdienst
im Ausland sachlich, ohne Humbug und s. w. durchgeführt werde.
Der Herr Minister des Äußern liest offenbar die von
ihm bezahlte Presse nicht, denn sonst würde er wohl
diese Behauptung nicht aufstellen können. Außerdem
werden 15 Zeitschriften im Ausland herausgegeben, 124 Bücher
über die Èechoslovakei sind erschienen, 69 Filme laufen
im Ausland und es werden 14.743 Diapositive im Ausland verwendet,
um aufzuzeigen, daß in der Èechoslovakei
alles konsolidiert ist und daß die nationale Versöhnung
herbeigeführt worden ist.
Ich will mich nicht mit Details beschäftigen,
aber ich glaube, wirklich einwandfrei feststellen zu können,
wir werden erst die Situation richtig übersehen, wenn der
große Schachspieler, Herr Ministerpräsident Švehla
die Aktivisten, seine jetzigen Partner in der Regierung schach
matt gesetzt haben wird und wenn er die Schachfiguren, die heute
auf den Ministerbänken sind, hinausgeworfen haben wird. Wenn
die Hinausgeworfenen wieder aufschreien werden, wenn sie wieder
zu den Unterdrückten gehören, dann werden Sie gestehen,
was Sie jetzt mit den Kontrahenten auf der andern Seite vereinbart,
beschlossen und in Bezug auf unsere Auslandpropaganda mitgemacht
haben.
Das Ministerium des Innern, als zu der Gruppe
gehörend, die wir jetzt zu behandeln haben, ist, wie
ich kurz fesstellen möchte, heute zu einem Werkzeug der Reaktion
geworden. Früher war das Ministerium des Innern dazu da,
den Staat im Innern zu schützen, Ruhe und Ordnung
aufrecht zu erhalten, bei uns in der Èechoslovakei noch
außerdem die Einhaltung und Beachtung des Schutzgesetzes
zu bewirken, heute ist das Ministerium des Innern zu einem Werkzeug
der regierenden Parteien geworden. Beispiel: Unsere letzten
Gemeindewahlen. Das Ministerium des Innern hat alles, was notwendig
war, um die Wähler aufzuklären und zu informieren, jeden
offenen Appell, jede Auseinandersetzung mit den Regierungsparteien
unmöglich gemacht. Es wurde unmöglich gemacht aufzuzeigen,
was faul ist im èechoslovakischen Staate, aufzuzeigen,
wie die Korruption noch immer weiter um sich greift und welche
Gegenmaßnahmen die Oppostition vom Staate verlangt. Es wurden
Bildplakate, die in allen anderen Ländern anstandlos affichiert
wurden, bei uns
beschlagnahmt, konfisziert, verboten. Wahlaufrufe wurden zensuriert,
Filme wurden verboten, aber nicht von den untergeordneten Bezirksorganen,
die vielleicht bemüht waren, sich bei der
vorgesetzten Behörde beliebt zu machen, sondern,
wie wir feststellen konnten, über die direkte Weisung des
Ministeriums des Innern an die politischen Bezirksbehörden
wurden diese Maßnahmen ergriffen und durchgeführt.
Wir können wohl sagen, daß heute das Schutzgesetz in
fast allen seinen Punkten von der Regierungsmehrheit für
sich mißbraucht und die Polizeigewalt in diesem Staate mehr
wütet als seinerzeit im alten Österreich oder im berüchtigten
Preußen-Deutschland. Die Polizei und Gendarmerie werden
nach der Mannschaftsziffer vermehrt, aber der Gendarmerie und
Polizei wird im gleichen Augenblicke die Koalitionsfreiheit genommen.
Sie werden zu Staatsbürgern zweiter Kategorie gemacht, sie
brauchen kein Koalitionsrecht, denn sie haben den Pendrek und
den Säbel und damit genug Säbel da sind, werden im Voranschlag
des Ministeriums des Innern 1,794.000 Kè für
neue Säbel für die Gendarmerie eingestellt. Insgesamt
verbraucht das Ministerium des Innern für das kommende Budgetjahr
61 Mill. mehr. Nicht Ruhe und Ordnung werden dadurch herbeigeführt,
mehr Polizeisäbel bedeuten eine höhere Gefahr
der Störung der Ruhe und Ordnung. Wir sind der Meinung, wenn
man die Beträge für den Militarismus und die Beträge,
die den vorangeführten Zwecken zugewendet werden, verwenden
würde, um damit die Wirtschaft zu fördern, damit die
großen Arbeitermassen und Angestelltenmassen ein auskömmlicheres
Dasein hätten, damit weniger Not und Verzweiflung unter ihnen
herrschte, dann wäre viel besser durch diese Vorbeugungs-
und Sicherungsmaßnahmen die Ruhe und Ordnung im Staate aufrecht
zu erhalten. Es handelt sich aber den Regierungsparteien nicht
darum, Ruhe und Ordnung durch diese Einrichtungen zu schützen,
sondern die inneren Machtmittel des Staates zu stärken und
zu vermehren, um den inneren Feind, die vor Not aufschreienden
Arbeiter- und Angestelltenmassen im Zügel und niederhalten
zu können. Wie das werden wird, wenn die Verwaltungsreform
in Kraft tritt, darüber uns heute zu unterhalten, ist nicht
möglich, aber wir haben einen kleinen Vorgeschmack davon.
Nun zum Ministerium für nationale Verteidigung.
"Wenn kein anderer Staat, so sind wir von Haus aus verpflichtet,
die ganze Politik auf den Frieden einzustellen, die Sicherheit
des Staates kann nur durch den Frieden gewährleistet werden."
Das hat nicht ein deutscher Pazifist gesagt, sondern diese
Äußerung hat der Herr Minister für nationale Vertedigung,
Herr Udržal, noch in der
Revolutionsnationalversammlung gemacht. Wenn der Herr Minister
für nationale Verteidigung das heute in seinen Organen bestreitet
und erklärt, daß er nie für die Miliz gesprochen
habe, so können wir weiter anführen, was der Herr Minister
im Jahre 1920 außerdem erklärt hat: "Wir wissen
auch, daß unsere strategische Lage uns nötigen wird,
die schwersten Probleme der Verteidigung des Staates zur Lösung
dem Minister des Äußern zu übertragen und nicht
dem Kriegsminister." Damit ist zugegeben, daß der wichtigste
Faktor für die Verteidigung des Staates nicht der Landesverteidigungsminster,
nicht die Schaffung großer Heere, sondern einzig und allein
eine geschickte, aufrichtige und ehrliche Friedenspolitik des
Ministers des Äußern sein müßte. Das wird
auch nochmals in dem Bericht zugegeben, wo es heißt: "Mehr
durch die Übermacht des Geistes, denn durch die rohe Gewalt
physischer Waffen haben unsere Vorfahren nach Palacký gesiegt."
Das ist dem Protokoll der Revolutionsnationalversammlung entnommen,
ist also wohl authentisch und unbestreitbar. Von diesem Standpunkte
aus wurde auch im § 1 des Gesetzes über die Heeresorganisation
die Miliz angeführt als die Lösung und die derzeitige
Heeresorganisation nur als Übergangsform angesehen. In der
Zwischenzeit hat sich natürlich der Standpunkt besonders
auch des Herrn Ministers Udržal
geklärt. Heute ist er für das stehende Heer und für
einen hohen Präsenzstand. In 5 Gesetzen, auf die einzugehen
wohl verlockend wäre, wofür aber die Zeit nicht vorhanden
ist, kommt diese Änderung des Standpunktes des Herrn Ministers
zum Ausdruck, und es ist nicht allzulange her, noch in der
allnationalen Koalition waren es unsere èechischen
Freunde, die èechischen Sozialdemokraten,
die in heißem und langem Ringen mit dem Standpunkt der damaligen
Heeresleitung, mit dem Standpunkt der Generale obsiegt hatten
und die 14monatliche Dienstzeit sicherten, 14monatliche Dienstzeit
noch im Jahre 1926. Heute ist der Standpunkt ein anderer. Trotzdem
in einer Reihe von Ländern um die weitere Verkürzung
der Militärdienstzeit gerungen wird mit dem Parlamente, trotzdem
in Belgien der Kampf um die 6monatliche Präsenzdienstzeit
geführt wird, trotzdem steht man bei uns heute auf dem Standpunkt
der 18monatlichen Dienstzeit und es war durch die Hilfe
der deutschbürgerlichen Parteien erst möglich gewesen,
was früher die èechischen Sozialdemokraten in der
allnationalen Koalition verhindert hatten, zur Tatsache zu machen,
d. h. die 18monatliche Dienstzeit zu
beschließen. Dieselben Parteien, die noch im Frühjahr
1926 den Standpunkt eingenommen und bei den Wahlen im Jahre 1925
hinausgeschrien haben: Keinen Mann und keinen Heller dem èechischen
Militarismus, dieselben Parteien haben nun beschlossen, daß
die 18monatliche Dienstzeit als gesetzliche
Dienstzeit in diesem Staate gelten solle. Heute ist von der Miliz
keine Rede mehr, heute ist der Militarismus in seiner heutigen
Form stabilisiert. Wenn man davon spricht, was z. B. aus der Rede
des Koll. Haken herausgeklungen haben soll, daß die
Miliz nicht möglich ist, weil Haken die Gefahr aufgezeigt
hat, daß wenn man den Arbeitern die Gewehre gibt, sie diese
Gewehre zum Klassenkampf benützen werden, dann, meine Damen
und Herren, sind diese Befürchtungen doch lächerlich.
Machen Sie diesen Staat zu einem Staat der Arbeiter und Angestellten.
machen Sie diesen Staat zu einem Staat der Bürger dieses
Staates und sie brauchen nicht zu fürchten, den Bürgern
dieses Staates zum Schutze des Staates auch Gewehre in die Hand
zu geben. Wenn wir von der Stabilisierung der jetzigen Heeresform
sprechen, so können wir an der Schaffung des Unteroffizierskaders
und am Zertifikatistengesetz aufzeigen, wie man sich in Zukunft
die Festigung der gegenwärtigen Heeresform vorstellt. Schaffung
des Rüstungsfonds, zeigt das Gegenteil der Behauptung, daß
wir die Militärausgaben abbauen, was direkt im Voranschlag
des Ministeriums für Nationalverteidigung sichtbar ist. Derselben
ist zwar abgebaut worden, aber man hat wiederum und zwar wieder
die deutschen Regierungsparteien im Jahre 1926 315 Mill. für
den sogenannten Rüstungsfond bewilligt, aus dem der Minister
für nationale Verteidigung mit dem Herrn Finanzminister,
kontrollos vom Parlament, Ausgaben machen kann. Trotz des Rüstungsfondes
wurden die Rüstungsausgaben für 1928 um 30 Millionen
Kronen erhöht, d. h. von 1.370 auf 1.400 Mill. Kronen. Der
Herr Minister sprach auch noch von dem Abbau im Vergleich zum
Jahre 1926. Wir haben aber den Rüstungsfond und noch 30 Mill.
Plus, ist das abgebaut? Wenn wir weiter das Budget des Herrn Ministers
für nationale Verteidigung anschauen, so können wir
feststellen, daß die Ausgaben für die Offiziere von
363 auf 420 Mill. gestiegen sind, die Ausgaben für die Mannschaft
aber von 93 auf 79.5 Mill. abgebaut wurden. Also für
die Offiziere mehr, für die Mannschaften weniger. Dafür,
meine Damen und Herren, haben wir auch nun 28 systemisierte Generalsposten
erster Rangstufe und 82 systemisierte Generalsposten zweiter Gehaltsstufe,
also 110 Generale für die kleine Èechoslovakei.
Es gibt große Militärstaaten, die weniger Generale
haben als wir. Quantitativ haben wir wohl genug, ob wir auch qualitativ
genug haben, wird die Zukunft lehren müssen. Fest steht,
daß bei so vielen Generalen, bei einer ziffermäßig
so kleinen Armee im Verhältnis zur Zahl der Generale, einige
der Herren wenig zu tun haben werden, und so die Gefahr besteht,
daß dem einen Herrn Gajda noch ein paar politisierende Generale
kommen werden, die n eine Fußstapfen treten werden. Zusammen
haben wir 10.079 Offiziere. In unserem kleinen Staate. Das bedeutet,
daß die Armee ein Apparat zur Fütterung der Offiziere
ist. Die Mannschaftsbezüge werden vermindert, die Ausgaben
für die Mannschaft verkleinert, die soziale Fürsorge
für die Mannschaft verschlechtert, den Offizieren aber wird
eine nette Anzahl Millionen mehr zugewendet. Aber bei allen diesen
Feststellungen erzählt unser Herr Außenminister, daß
wir kein stehendes Heer haben, daß unsere Heeresorganisation
der Miliz ähnlich ist, geht der Minister des Äußern
hinaus zur Abrüstungskonferenz, bei der er eine führende
Stellung eingenommen hat, und erzählt, daß unsere Heeresorganisation
dem Milizsystem ähnle. Minister Udržal
spricht von einem Abbau, obwohl er sein Budget um 30 Millionen
Kronen erhöht hat.
All das, was ich bei den einzelnen Abschnitten der Gruppe I aufgezeigt
habe, all die Mängel und Fehler, die ich aufgewiesen habe,
wogegen wir als Oppositionsparteien opponieren, werden die deutschen
Regierungsparteien mitzudecken haben. Die deutschen Regierungsparteien
können heuer nicht sagen, sie seien vor eine fertige Tatsache
gestellt worden, wie im Vorjahre, sie mußten das Budget
so annehmen, größere Abänderungen seien nicht
möglich gewesen. Diesmals haben sie von Anfang an am Budget
mitgeschaffen, an jedem Detail gearbeitet und es beschlossen,
und so sind sie voll verantwortlich und vollbelastet mit all dem,
was dieser Voranschlag den Bürgern dieses Staates an Lasten
und Nachteilen bringt. Wir können diesem System, der Art
der Behandlung des Budgets nicht zustimmen und lehnen es ab. (Souhlas
a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)
Hohes Haus! Nach in keinem der früheren
Jahre wurde bei den Beratungen über den Staatsvoranschlag
im Budgetausschusse des Abgeordnetenhauses so lange gesprochen,
wie im heurigen Jahre. Der Tenor der Reden bewegte sich dabei
allerdings meistens um Dinge, die mit dem Voranschlage selbst
wenig zu tun hatten. (Posl. Wünsch: Meinen Sie die Reden
der Regierungsparteiler?) Sie kommen schon dran, haben
Sie keine Angst!
Die Beratung des Voranschlages wurde vielmehr dazu benützt,
eine ausgiebige Kritik aller Zweige der Staatsverwaltung vorzunehmen.
Kritisiert wurden natürlicherweise auch die politischen Wege,
die im èechoslovakischen Staate nach
innen und außen zu eingeschlagen worden sind, wobei auch
von einigen deutschen oppositionellen Rednern den der Parlamentsmehrheit
angehörigen deutschen Parteien nicht immer liebevolle Worte
gewidmet wurden.
Gerade die den deutschen Mehrheitsparteien
nicht sehr freundlich gegenüberstehenden deutsche Redner
hätten aber nicht außeracht lassen sollen, daß
erst jetzt seitdem auch deutsche Parteien der Mehrheit des Parlamentes
angehören, ein würdigerer Zug in das parlamentarische
Leben hineingebracht wurde. (Posl. dr Schollich: Wo denn, man
sieht nichts!) Der Beweis ist schon, daß Sie etwas ruhiger
geworden sind, Herr Dr Schollich (Výkøiky
posl. Dr Schollicha.)
Früher mußte das Parlament alle
Vorlagen unverändert annehmen, die ihm von der Regierung
unterbreitet wurden. Heute dagegen werden lange sachliche Beratungen
abgehalten und dem Parlamente wird eine großer Spielraum
zu seiner Stellungnahme gewährt.
Insoweit die Verhandlungen des Staatsvoranschlages
in Frage kommen, ist freilich notwendig, daß sich im Laufe
der Zeit jene Einflußnahme des Parlamentes entwickelt, die
ihm als dem obersten Hüter und Kontrollor der Staatswirtschaft
verfassungsgemäß zukommt. Heute wissen wir, daß
alle Erörterungen des Staatsvoranschlages an dem Stande der
Dinge nichts zu ändern vermögen, weil seine Ziffern
feststehend sind. Auch in dieser Hinsicht soll es anders werden,
obwohl nicht übersehen werden darf, daß den Änderungen
eines Staatsvoranschlages, der stabilisiert und ausbilanziert
bleiben soll, bereits von vorherein enge Grenzen gesteckt sind.
Ein wirkungsvoller Einfluß wäre nur möglich, wenn
das Parlament schon zur Ausarbeitung und zur Zusammenstellung
des Voranschlages herangezogen würde. Diese Mitarbeit setzt
aber voraus, daß manche Partei bei dieser Tätigkeit
auf parteimäßige Beinflussung verzichten müßte,
die oft in dem Bestreben gipfelt, auf Kosten der anderen Parteien
und der Allgemeinheit besondere Forderungen durchzusetzen. In
dieser Hinsicht sollten noch immer die Auswirkungen des Regimes
der allnationalen Koalition dem Gedächtnis gegenwärtig
sein, das infolge der übermäßigen Begehrlichkeit
der ihr angehörigen sozialistischen Parteien die aufzubringenden
Lasten häufig sehr ungleichmäßig verteilte. Es
zeigte sich damals in vielen Fällen, daß unsere junge
aufstrebende Wirtschaft keine Klassen- und Standespolitik verträgt.
Was ihr nottut, ist nicht die einseitige Bevorzugung bestimmter
Bevölkerungsgruppen, um auf Kosten der anderen ein bequemes
Dasein zu führen, sondern wichtig ist, unter Rücksichtnahme
auf die Leistungsfähigheit die Heranziehung aller Kreise
zu den Aufgaben des Staates.
Gegenüber dem früheren Zustande ist
in wirtschaftlicher Beziehung ein entschiedener Fortschritt festzustellen.
Gewiß gibt es manche, die das negieren. Die rauchenden Fabriksschornsteine
in unserem Industriegebiete führen aber eine zu beredte Sprache,
als daß sie nicht gehört werden könnte. (Výkøiky
na levici.) Ebenso sind viele Geschäftsleute
über die Entwicklung der Kaufgeschäfte erfreut und für
die bevorstehende Weihnachtszeit werden gegenüber den früheren
Jahren größere Umsätze erwartet. Diese Tatsachen
fundieren hauptsächlich in der besser gewordenen Kaufkraft
des Inlandes, zu der bekanntlich in erster Linie die Landwirtschaft
beiträgt. Nachdem dieser Aufschwung erst im Laufe der letzten
Monate eingetreten ist, in welchem Zeitraume sich die Novelle
zum Zollgesetze erst richtig auszuwirken begann, so ist damit
der Beweis erbracht, wie richtig die Schaffung dieses
Gesetzes und wie richtig die damit inaugurierte Wirtschaftspolitik
gewesen ist. (Výkøiky na levici.)
Die Vertreter der sozialistischen Parteien
werden dieser Feststellung gewiß nicht zustimmen. Sie dürfen
das ja auch nicht tun, weil sonst ihr Nimbus draußen im
Volke Schaden nehmen könnte. Aber auch die deutschnationale
Partei, die gegen das Zollgesetz gestimmt hat, darf nicht eingestehen,
daß mit diesem Gesetz ein allgemeiner wirtschaftlicher Aufschwung
eingesetzt hat, obwohl die ihr zugehörig gewesenen Bauern
in der Zwischenzeit sich bereits das richtige Urteil gebildet
und auch die richtige Antwort gegeben haben. Im Verlaufe der Debatten
über den Voranschlag wurde häufig als die wichtigste
Frage im Staate mit Recht die nationale Frage bezeichnet. Mit
dieser Konstatierung wurde zum tausendsten Male das wiederholt,
was auch von hervorragenden Persönlichkeiten auf èechischer
Seite bei verschiedenen Gelegenheiten erwähnt worden ist.
Der Lösung dieser Frage, die uns Deutschen die im Staate
zukommende Stellung erst einräumen soll (Posl.
Wünsch: Sie wollen sagen "uns Regierungsdeutschen"!),
ist durch die Teilnahme deutscher Parteien an der Parlamentsmehrheit
erst schüchtern eingeleitet worden. (Posl. Wünsch:
"Schüchtern" ist sehr gut gesagt!) Es
könnte das auch bisher nicht anders sein, weil Deutsche und
Èechen fast bis in die Gegenwart herein
als vermeintliche Feinde einander gegenüber gestanden sind.
Schuld an diesem Zustande trug das Regime der vergangenen Zeiten,
das ob Frieden oder Unfrieden in den Sudetenländern herrschte,
unbehindert seine ihm schließlich selbst zum Verhängnis
gewordenen innen- und außenpolitischen Ziele verfolgte.
Von dem vergangenen Regime wurde ernsthaft auch gar nicht der
Versuch unternommen, die vorhandenen Unstimmigkeiten zu beseitigen
und das führte schließlich dazu, daß Deutsche
und Èechen in den letzten Jahrzehnten einander immer fremder
wurden. Das èechische Gebiet
wurde für einen jeden Deutschen in Böhmen zu einem
unbekannten Lande, das nur auf den Reisen nach Innerösterreich
rasch passiert wurde und mit dem man sonst keine Beziehungen unterhielt.
Die ersten Jahre nach dem Umsturze brachten die beiden Nationen
auch nicht näher. Das ließ auch vorläufig das
Siegesbewußtsein des èechischen Volkes gar nicht
zu, obwohl nach einer Mitteilung des Ministerpräsidenten
Švehla
im Budgetausschusse des Abgeordnetenhauses am 8. November l. J.
die Deutschen zur Mitarbeit am Aufbau des neuen Staates eingeladen
wurden.
Eine darauf abzielende Aufforderung soll in
den Umsturztagen von ihm persönlich an Dr. Lodgman
gerichtet worden sein. Wenn diese Mitteilung auf Wahrheit beruht.
woran nicht gezweifelt werden darf, dann hat schon zur damaligen
Zeit die deutsche Führung die größten politischen
Fehler begangen und sie hat damals vollkommen versagt (Výkøiky
posl. dr Schollicha a Wünsche.) so
wie dies im verstärkten Maß auch in der Folgezeit
in die Erscheinung getreten ist. (Posl. dr Schollich: Ihr seid
ja mitgegangen! Der Køepek
und Spina und alle die anderen; der Hodina hat
gefehlt, aber Sie waren doch schon da! Die ganzen Jahre seid ihr
mitgegangen. Sie haben alle diese Fehler mitgemacht!) Sie
können ja dann auch dazu sprechen, können auch Ihre
Meinung zum besten gehen. Die deutschen Vertreter, die an der
Quelle des politischen Geschehens in Wien weilten, mußten
wissen, was bevorsteht und sie mußten auch schon, nachdem
Österreich nicht mehr zu halten war, ihren politisch erreichbare
Plan für die Zukunft festgelegt haben. Sie mußten aber
weiter wissen, daß Wilsons Grundsatz der nationalen Selbstbestimmung
nur für die Sieger und nicht für die Unterlegenen geprägt
war und daß, insoweit Böhmen in Betracht kam, die Zusammenhänge
eines Landes, das topographisch und hydrographisch schon von Natur
aus ein Ganzes bildet und dessen Geschichte schon immer einen
einheitlichen Wesenszug genommen hatte, nicht zerrissen werden
können. Sie mußte ferner wissen, daß ein volkommen
wehrloses Volk, wie es damalsi die Sudetendeutschen waren, ohne
bewaffnetenSchutz auf gewaltsamem Wege nichts zu erreichen vermochte.
In dieser Hilflosigkeit befanden sich die Sudetendeutschen
übrigens schon lange vor dem Umsturze, denn ihre Vertreter
ließen es geschehen, daß die Kadres der deutschböhmischen
Regimenter nach Ungarn und Tirol verlegt wurden, während
wir mit polnischen und ungarischen Kadres beglückt worden
sind.
Die deutschen Vertreter zogen es vor, nach
dem Umsturze die Groteske (Výkøiky posl.
dr Schollicha.) der deutschböhmischen
Landesregierung aufzuführen, aber auch die nur mit einer
unzureichenden Rollenbesetzung, weil der größte Teil
der deutschböhmischen Vertreter es vorgezogen hatte. in der
sicheren Obhut Wiens zu verbleiben. (Posl. dr Schollich: Wo
waren denn Sie damals?) Ich war in Reichenberg. Welcher Ernst
dieser Episode politischer Lächerlichkeit (Výkøiky
posl. dr Schollicha.) schon damals
beigemessen wurde. ist übrigens aus dem Umstande zu ersehen,
daß der zuerst für das Amt eines Landeshauptmannes
für Deutschböhmen ausersehene Abgeordnete Pacher erst
Tage lang auf sich warten ließ, ehe er nach dem Sitz der
Landesregierung, nach Reichenberg, kam. Und von hier verschwand
er bereits spurlos nach einem wenigstündigen Aufenthalte.
(Posl. dr Schollich: Schade, daß wir Sie nicht gehabt
haben! - Posl. Wünsch: Kein Mensch hat Sie gekannt!)
Sie waren damals noch naß hinter den Ohren, Herr Wünsch,
Sie waren noch ein Wickelkind, Sie waren noch in der Lehre. (Veselost.
- Výkøiky posl. Wünsche a Schmerdy.)