Pondìlí 28. listopadu 1927

Nun zum Ministerium des Äußern. Neben dem Landesverteidigungsministerium belastet das Ministerium des Äußern das Budget am meisten. Diese beiden wichtigen Ministerien verbrauchen zusammen ungefähr ein Fünftel der gesamten Staatsausgaben, während die Zentralverwaltung mit 1% und das Kulturwesen mit einem Zehntel an den gesamten Staatsausgaben partizipiert. Wir müssen feststellen, daß das Parlament auf die Tätigkeit unseres Außenministers und auf unsere Außenpolitik überhaupt, fast gar keinen Einfluß hat. Seit Monaten erscheint auch der Herr Außenminister nicht im Parlament und seit Monaten hält er es nicht für nötig, hier Bericht zu erstatten.

Seit Monaten wirkt der Herr Minister des Äußeren bei einer ganzen Reihe wichtiger außenpolitischer Aktionen mit, ohne es für notwendig zu halten, hieher zu kommen und nicht nur dem Plenum Bericht zu erstatten, sondern auch vom Parlament die Zustimmung für weitere Aktionen zu holen. Er hat jetzt bei der Budgetberatung flüchtig im Ausschuß über die wichtigsten Aktionen Bericht erstattet. Damit ist aber nicht nur seine Tätigkeit gegenüber dem Parlament nicht erschöpft, sondern der Minister hat auch die vorgeschriebene Form, die er einzuhalten hätte, nicht gewahrt. Er hat hier im Plenum des Hauses Rechenschaft über sein Tun und Handeln abzulegen. Der Minister kommt nicht und ist nicht gekommen, obwohl die Abrüstungskonferenz - um nur einige Beispiele aus der Masse herauszugehen - getagt hat, die von außerordentlicher Wichtigkeit für unsere Wirtschaft ist und deren Entscheidung darauf Einfluß gehabt hätte, ob unsere Militärlasten sich steigern oder vermindern, ob mehr Staatsvermögen für militärische Rüstungen verausgabt werden soll oder mehr für wirtschaftliche und sozialpolitische Zwecke verwendet werden kann. Der Minister hat im Ausschuß zwar erklärt, daß das Ende der Abrüstungskonferenz ein Kompromiß gewesen sei. Nach unserer Meinung war es wohl ein Kompromiß, aber nur ein Kompromiß der Täuschung über die Erfolglosigkeit der Konferenz überhaupt. Die Marmaggi Affäre, die sehr blamabel für unseren Staat war, wurde behandelt, ohne daß das Parlament darüber eingehenden Bericht bekommen hätte, obwohl auch der Vatikan für uns eine auswärtige Macht ist, durch seinen Vertreter und durch die Zwischenfälle, die sich hier in der Èechoslovakei ereignet haben, Anlaß gegeben hat, daß der Herr Minister des Äußern im Hause Bericht erstattet und Genehmigung des Hauses für seine Verhandlungen und Interventionen eingeholt hätte.

Auch in einer anderen sehr wichtigen Angelegenheit haben wir keinen Fortschritt zu verzeichnen. Seit Jahren verlangt ein großer Teil des Parlaments, nicht nur Oppositionelle. sondern auch eine ganze Reihe von Vertretern wirtschaftlicher Interessentengruppen, daß endlich einmal unser Verhältnis zu Rußland geklärt werde, daß die de jure-Anerkennung auch von unserem Parlamente beschlossen werde. Der Minister des Äußern hat im Ausschuß erklärt, daß es bisher unmöglich gewesen sei, im Ausschuß und im Plenum eine Mehrheit dafür zustande zu bringen. Wir sind der Meinung, daß der Minister nicht alles versucht hat und daß zur Schaffung einer Mehrheit für die de jure-Anerkennung Rußlands nicht allein eine Mehrheit der Mehrheitsparteien notwendig ist, sondern, daß auch oppositionelle Parteien mit herangezogen werden könnten, und wir zweifeln daran, daß es nicht möglich wäre, mit den oppositionellen Parteien und den wirtschaftlichen Interessentengruppen die Mehrheit für die Beschlußfassung auf Anerkennung Rußlands de jure zustande zu bringen.

Interessant aber und wichtig sind einige wenige Posten aus dem ziemlich umfangreichen Voranschlag des Herrn Außenministers. Wir finden hier einen Posten "Auslandspropaganda und Informationsdienst" von 11,680.000 Kronen. Ferner einen Posten "Kulturbeziehungen zum Ausland" 2,600.000 und nun neuerdings "Berichterstattung und Propagandadienst" 14 Millionen, zusammen 28,280.000 Kronen. Interessant ist dabei, daß zum ersten Male im Voranschlage alle für Propagandadienst in Frage kommenden Posten zusammengezogen erscheinen. Der Posten von 14 Millionen Kronen ist ohne genauere spezialisierte Ausgaben. Wir sind überzeugt, daß er nichts anderes ist als der ähnliche Fond beim Ministerratspräsidium, den wir immer Reptilienfond genannt haben. Hier ist ein neuer Reptilienfond entstanden. Der Posten von 14 Millionen, der ohne nähere Angaben ist, wird dem Minister die Möglichkeit geben, nach seinem Ermessen kontrollos Ausgaben zu machen. Außerdem müssen wir aber feststellen, daß für den Propagandadienst in diesem Jahre 7 Millionen mehr eingestellt sind als im Jahre 1927. Einen ähnlichen Posten haben wir, wie ich vorhin schon erwähnte, beim Ministerratspräsidium, wo für den Dispositionsoder Reptilienfond 8 Millionen ohne Angabe der Verwendung eingestellt sind, dazu 400.000 Kronen für Propaganda und 400.000 Kronen für Subventionen, zusammen 8,800.000 Kronen. Beim Ministerium für nationale Verteidigung finden wir wiederum für Berichterstattung 2 Millionen Kronen, für Unvorhergesehenes 1,317.600 Kronen. Zusammen ergibt das bei den drei Zentralstellen für Auslandpropaganda den Betrag von 40,397.600. Nach unserer Überzeugung sind das größtenteils Bestechungsgelder, Futter für die sogenannte Regierungspresse, die zumeist wie der "Saazer Anzeiger" und die sogenannte Wolffpresse jährlich über eine Million Kronen beigesteuert erhalten. Die "Prager Presse" erhielt für eine einzige Auflage über 20.000 Kronen Zuschuß und trotzdem erklärte der Herr Minister des Äußern, daß der Informationsdienst im Ausland sachlich, ohne Humbug und s. w. durchgeführt werde. Der Herr Minister des Äußern liest offenbar die von ihm bezahlte Presse nicht, denn sonst würde er wohl diese Behauptung nicht aufstellen können. Außerdem werden 15 Zeitschriften im Ausland herausgegeben, 124 Bücher über die Èechoslovakei sind erschienen, 69 Filme laufen im Ausland und es werden 14.743 Diapositive im Ausland verwendet, um aufzuzeigen, daß in der Èechoslovakei alles konsolidiert ist und daß die nationale Versöhnung herbeigeführt worden ist.

Ich will mich nicht mit Details beschäftigen, aber ich glaube, wirklich einwandfrei feststellen zu können, wir werden erst die Situation richtig übersehen, wenn der große Schachspieler, Herr Ministerpräsident Švehla die Aktivisten, seine jetzigen Partner in der Regierung schach matt gesetzt haben wird und wenn er die Schachfiguren, die heute auf den Ministerbänken sind, hinausgeworfen haben wird. Wenn die Hinausgeworfenen wieder aufschreien werden, wenn sie wieder zu den Unterdrückten gehören, dann werden Sie gestehen, was Sie jetzt mit den Kontrahenten auf der andern Seite vereinbart, beschlossen und in Bezug auf unsere Auslandpropaganda mitgemacht haben.

Das Ministerium des Innern, als zu der Gruppe gehörend, die wir jetzt zu behandeln haben, ist, wie ich kurz fesstellen möchte, heute zu einem Werkzeug der Reaktion geworden. Früher war das Ministerium des Innern dazu da, den Staat im Innern zu schützen, Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, bei uns in der Èechoslovakei noch außerdem die Einhaltung und Beachtung des Schutzgesetzes zu bewirken, heute ist das Ministerium des Innern zu einem Werkzeug der regierenden Parteien geworden. Beispiel: Unsere letzten Gemeindewahlen. Das Ministerium des Innern hat alles, was notwendig war, um die Wähler aufzuklären und zu informieren, jeden offenen Appell, jede Auseinandersetzung mit den Regierungsparteien unmöglich gemacht. Es wurde unmöglich gemacht aufzuzeigen, was faul ist im èechoslovakischen Staate, aufzuzeigen, wie die Korruption noch immer weiter um sich greift und welche Gegenmaßnahmen die Oppostition vom Staate verlangt. Es wurden Bildplakate, die in allen anderen Ländern anstandlos affichiert wurden, bei uns beschlagnahmt, konfisziert, verboten. Wahlaufrufe wurden zensuriert, Filme wurden verboten, aber nicht von den untergeordneten Bezirksorganen, die vielleicht bemüht waren, sich bei der vorgesetzten Behörde beliebt zu machen, sondern, wie wir feststellen konnten, über die direkte Weisung des Ministeriums des Innern an die politischen Bezirksbehörden wurden diese Maßnahmen ergriffen und durchgeführt. Wir können wohl sagen, daß heute das Schutzgesetz in fast allen seinen Punkten von der Regierungsmehrheit für sich mißbraucht und die Polizeigewalt in diesem Staate mehr wütet als seinerzeit im alten Österreich oder im berüchtigten Preußen-Deutschland. Die Polizei und Gendarmerie werden nach der Mannschaftsziffer vermehrt, aber der Gendarmerie und Polizei wird im gleichen Augenblicke die Koalitionsfreiheit genommen. Sie werden zu Staatsbürgern zweiter Kategorie gemacht, sie brauchen kein Koalitionsrecht, denn sie haben den Pendrek und den Säbel und damit genug Säbel da sind, werden im Voranschlag des Ministeriums des Innern 1,794.000 Kè für neue Säbel für die Gendarmerie eingestellt. Insgesamt verbraucht das Ministerium des Innern für das kommende Budgetjahr 61 Mill. mehr. Nicht Ruhe und Ordnung werden dadurch herbeigeführt, mehr Polizeisäbel bedeuten eine höhere Gefahr der Störung der Ruhe und Ordnung. Wir sind der Meinung, wenn man die Beträge für den Militarismus und die Beträge, die den vorangeführten Zwecken zugewendet werden, verwenden würde, um damit die Wirtschaft zu fördern, damit die großen Arbeitermassen und Angestelltenmassen ein auskömmlicheres Dasein hätten, damit weniger Not und Verzweiflung unter ihnen herrschte, dann wäre viel besser durch diese Vorbeugungs- und Sicherungsmaßnahmen die Ruhe und Ordnung im Staate aufrecht zu erhalten. Es handelt sich aber den Regierungsparteien nicht darum, Ruhe und Ordnung durch diese Einrichtungen zu schützen, sondern die inneren Machtmittel des Staates zu stärken und zu vermehren, um den inneren Feind, die vor Not aufschreienden Arbeiter- und Angestelltenmassen im Zügel und niederhalten zu können. Wie das werden wird, wenn die Verwaltungsreform in Kraft tritt, darüber uns heute zu unterhalten, ist nicht möglich, aber wir haben einen kleinen Vorgeschmack davon.

Nun zum Ministerium für nationale Verteidigung. "Wenn kein anderer Staat, so sind wir von Haus aus verpflichtet, die ganze Politik auf den Frieden einzustellen, die Sicherheit des Staates kann nur durch den Frieden gewährleistet werden." Das hat nicht ein deutscher Pazifist gesagt, sondern diese Äußerung hat der Herr Minister für nationale Vertedigung, Herr Udržal, noch in der Revolutionsnationalversammlung gemacht. Wenn der Herr Minister für nationale Verteidigung das heute in seinen Organen bestreitet und erklärt, daß er nie für die Miliz gesprochen habe, so können wir weiter anführen, was der Herr Minister im Jahre 1920 außerdem erklärt hat: "Wir wissen auch, daß unsere strategische Lage uns nötigen wird, die schwersten Probleme der Verteidigung des Staates zur Lösung dem Minister des Äußern zu übertragen und nicht dem Kriegsminister." Damit ist zugegeben, daß der wichtigste Faktor für die Verteidigung des Staates nicht der Landesverteidigungsminster, nicht die Schaffung großer Heere, sondern einzig und allein eine geschickte, aufrichtige und ehrliche Friedenspolitik des Ministers des Äußern sein müßte. Das wird auch nochmals in dem Bericht zugegeben, wo es heißt: "Mehr durch die Übermacht des Geistes, denn durch die rohe Gewalt physischer Waffen haben unsere Vorfahren nach Palacký gesiegt." Das ist dem Protokoll der Revolutionsnationalversammlung entnommen, ist also wohl authentisch und unbestreitbar. Von diesem Standpunkte aus wurde auch im § 1 des Gesetzes über die Heeresorganisation die Miliz angeführt als die Lösung und die derzeitige Heeresorganisation nur als Übergangsform angesehen. In der Zwischenzeit hat sich natürlich der Standpunkt besonders auch des Herrn Ministers Udržal geklärt. Heute ist er für das stehende Heer und für einen hohen Präsenzstand. In 5 Gesetzen, auf die einzugehen wohl verlockend wäre, wofür aber die Zeit nicht vorhanden ist, kommt diese Änderung des Standpunktes des Herrn Ministers zum Ausdruck, und es ist nicht allzulange her, noch in der allnationalen Koalition waren es unsere èechischen Freunde, die èechischen Sozialdemokraten, die in heißem und langem Ringen mit dem Standpunkt der damaligen Heeresleitung, mit dem Standpunkt der Generale obsiegt hatten und die 14monatliche Dienstzeit sicherten, 14monatliche Dienstzeit noch im Jahre 1926. Heute ist der Standpunkt ein anderer. Trotzdem in einer Reihe von Ländern um die weitere Verkürzung der Militärdienstzeit gerungen wird mit dem Parlamente, trotzdem in Belgien der Kampf um die 6monatliche Präsenzdienstzeit geführt wird, trotzdem steht man bei uns heute auf dem Standpunkt der 18monatlichen Dienstzeit und es war durch die Hilfe der deutschbürgerlichen Parteien erst möglich gewesen, was früher die èechischen Sozialdemokraten in der allnationalen Koalition verhindert hatten, zur Tatsache zu machen, d. h. die 18monatliche Dienstzeit zu beschließen. Dieselben Parteien, die noch im Frühjahr 1926 den Standpunkt eingenommen und bei den Wahlen im Jahre 1925 hinausgeschrien haben: Keinen Mann und keinen Heller dem èechischen Militarismus, dieselben Parteien haben nun beschlossen, daß die 18monatliche Dienstzeit als gesetzliche Dienstzeit in diesem Staate gelten solle. Heute ist von der Miliz keine Rede mehr, heute ist der Militarismus in seiner heutigen Form stabilisiert. Wenn man davon spricht, was z. B. aus der Rede des Koll. Haken herausgeklungen haben soll, daß die Miliz nicht möglich ist, weil Haken die Gefahr aufgezeigt hat, daß wenn man den Arbeitern die Gewehre gibt, sie diese Gewehre zum Klassenkampf benützen werden, dann, meine Damen und Herren, sind diese Befürchtungen doch lächerlich. Machen Sie diesen Staat zu einem Staat der Arbeiter und Angestellten. machen Sie diesen Staat zu einem Staat der Bürger dieses Staates und sie brauchen nicht zu fürchten, den Bürgern dieses Staates zum Schutze des Staates auch Gewehre in die Hand zu geben. Wenn wir von der Stabilisierung der jetzigen Heeresform sprechen, so können wir an der Schaffung des Unteroffizierskaders und am Zertifikatistengesetz aufzeigen, wie man sich in Zukunft die Festigung der gegenwärtigen Heeresform vorstellt. Schaffung des Rüstungsfonds, zeigt das Gegenteil der Behauptung, daß wir die Militärausgaben abbauen, was direkt im Voranschlag des Ministeriums für Nationalverteidigung sichtbar ist. Derselben ist zwar abgebaut worden, aber man hat wiederum und zwar wieder die deutschen Regierungsparteien im Jahre 1926 315 Mill. für den sogenannten Rüstungsfond bewilligt, aus dem der Minister für nationale Verteidigung mit dem Herrn Finanzminister, kontrollos vom Parlament, Ausgaben machen kann. Trotz des Rüstungsfondes wurden die Rüstungsausgaben für 1928 um 30 Millionen Kronen erhöht, d. h. von 1.370 auf 1.400 Mill. Kronen. Der Herr Minister sprach auch noch von dem Abbau im Vergleich zum Jahre 1926. Wir haben aber den Rüstungsfond und noch 30 Mill. Plus, ist das abgebaut? Wenn wir weiter das Budget des Herrn Ministers für nationale Verteidigung anschauen, so können wir feststellen, daß die Ausgaben für die Offiziere von 363 auf 420 Mill. gestiegen sind, die Ausgaben für die Mannschaft aber von 93 auf 79.5 Mill. abgebaut wurden. Also für die Offiziere mehr, für die Mannschaften weniger. Dafür, meine Damen und Herren, haben wir auch nun 28 systemisierte Generalsposten erster Rangstufe und 82 systemisierte Generalsposten zweiter Gehaltsstufe, also 110 Generale für die kleine Èechoslovakei. Es gibt große Militärstaaten, die weniger Generale haben als wir. Quantitativ haben wir wohl genug, ob wir auch qualitativ genug haben, wird die Zukunft lehren müssen. Fest steht, daß bei so vielen Generalen, bei einer ziffermäßig so kleinen Armee im Verhältnis zur Zahl der Generale, einige der Herren wenig zu tun haben werden, und so die Gefahr besteht, daß dem einen Herrn Gajda noch ein paar politisierende Generale kommen werden, die n eine Fußstapfen treten werden. Zusammen haben wir 10.079 Offiziere. In unserem kleinen Staate. Das bedeutet, daß die Armee ein Apparat zur Fütterung der Offiziere ist. Die Mannschaftsbezüge werden vermindert, die Ausgaben für die Mannschaft verkleinert, die soziale Fürsorge für die Mannschaft verschlechtert, den Offizieren aber wird eine nette Anzahl Millionen mehr zugewendet. Aber bei allen diesen Feststellungen erzählt unser Herr Außenminister, daß wir kein stehendes Heer haben, daß unsere Heeresorganisation der Miliz ähnlich ist, geht der Minister des Äußern hinaus zur Abrüstungskonferenz, bei der er eine führende Stellung eingenommen hat, und erzählt, daß unsere Heeresorganisation dem Milizsystem ähnle. Minister Udržal spricht von einem Abbau, obwohl er sein Budget um 30 Millionen Kronen erhöht hat.

All das, was ich bei den einzelnen Abschnitten der Gruppe I aufgezeigt habe, all die Mängel und Fehler, die ich aufgewiesen habe, wogegen wir als Oppositionsparteien opponieren, werden die deutschen Regierungsparteien mitzudecken haben. Die deutschen Regierungsparteien können heuer nicht sagen, sie seien vor eine fertige Tatsache gestellt worden, wie im Vorjahre, sie mußten das Budget so annehmen, größere Abänderungen seien nicht möglich gewesen. Diesmals haben sie von Anfang an am Budget mitgeschaffen, an jedem Detail gearbeitet und es beschlossen, und so sind sie voll verantwortlich und vollbelastet mit all dem, was dieser Voranschlag den Bürgern dieses Staates an Lasten und Nachteilen bringt. Wir können diesem System, der Art der Behandlung des Budgets nicht zustimmen und lehnen es ab. (Souhlas a potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

2. Øeè posl. Windirsche (viz str. 26 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Nach in keinem der früheren Jahre wurde bei den Beratungen über den Staatsvoranschlag im Budgetausschusse des Abgeordnetenhauses so lange gesprochen, wie im heurigen Jahre. Der Tenor der Reden bewegte sich dabei allerdings meistens um Dinge, die mit dem Voranschlage selbst wenig zu tun hatten. (Posl. Wünsch: Meinen Sie die Reden der Regierungsparteiler?) Sie kommen schon dran, haben Sie keine Angst!

Die Beratung des Voranschlages wurde vielmehr dazu benützt, eine ausgiebige Kritik aller Zweige der Staatsverwaltung vorzunehmen. Kritisiert wurden natürlicherweise auch die politischen Wege, die im èechoslovakischen Staate nach innen und außen zu eingeschlagen worden sind, wobei auch von einigen deutschen oppositionellen Rednern den der Parlamentsmehrheit angehörigen deutschen Parteien nicht immer liebevolle Worte gewidmet wurden.

Gerade die den deutschen Mehrheitsparteien nicht sehr freundlich gegenüberstehenden deutsche Redner hätten aber nicht außeracht lassen sollen, daß erst jetzt seitdem auch deutsche Parteien der Mehrheit des Parlamentes angehören, ein würdigerer Zug in das parlamentarische Leben hineingebracht wurde. (Posl. dr Schollich: Wo denn, man sieht nichts!) Der Beweis ist schon, daß Sie etwas ruhiger geworden sind, Herr Dr Schollich (Výkøiky posl. Dr Schollicha.)

Früher mußte das Parlament alle Vorlagen unverändert annehmen, die ihm von der Regierung unterbreitet wurden. Heute dagegen werden lange sachliche Beratungen abgehalten und dem Parlamente wird eine großer Spielraum zu seiner Stellungnahme gewährt.

Insoweit die Verhandlungen des Staatsvoranschlages in Frage kommen, ist freilich notwendig, daß sich im Laufe der Zeit jene Einflußnahme des Parlamentes entwickelt, die ihm als dem obersten Hüter und Kontrollor der Staatswirtschaft verfassungsgemäß zukommt. Heute wissen wir, daß alle Erörterungen des Staatsvoranschlages an dem Stande der Dinge nichts zu ändern vermögen, weil seine Ziffern feststehend sind. Auch in dieser Hinsicht soll es anders werden, obwohl nicht übersehen werden darf, daß den Änderungen eines Staatsvoranschlages, der stabilisiert und ausbilanziert bleiben soll, bereits von vorherein enge Grenzen gesteckt sind. Ein wirkungsvoller Einfluß wäre nur möglich, wenn das Parlament schon zur Ausarbeitung und zur Zusammenstellung des Voranschlages herangezogen würde. Diese Mitarbeit setzt aber voraus, daß manche Partei bei dieser Tätigkeit auf parteimäßige Beinflussung verzichten müßte, die oft in dem Bestreben gipfelt, auf Kosten der anderen Parteien und der Allgemeinheit besondere Forderungen durchzusetzen. In dieser Hinsicht sollten noch immer die Auswirkungen des Regimes der allnationalen Koalition dem Gedächtnis gegenwärtig sein, das infolge der übermäßigen Begehrlichkeit der ihr angehörigen sozialistischen Parteien die aufzubringenden Lasten häufig sehr ungleichmäßig verteilte. Es zeigte sich damals in vielen Fällen, daß unsere junge aufstrebende Wirtschaft keine Klassen- und Standespolitik verträgt. Was ihr nottut, ist nicht die einseitige Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen, um auf Kosten der anderen ein bequemes Dasein zu führen, sondern wichtig ist, unter Rücksichtnahme auf die Leistungsfähigheit die Heranziehung aller Kreise zu den Aufgaben des Staates.

Gegenüber dem früheren Zustande ist in wirtschaftlicher Beziehung ein entschiedener Fortschritt festzustellen. Gewiß gibt es manche, die das negieren. Die rauchenden Fabriksschornsteine in unserem Industriegebiete führen aber eine zu beredte Sprache, als daß sie nicht gehört werden könnte. (Výkøiky na levici.) Ebenso sind viele Geschäftsleute über die Entwicklung der Kaufgeschäfte erfreut und für die bevorstehende Weihnachtszeit werden gegenüber den früheren Jahren größere Umsätze erwartet. Diese Tatsachen fundieren hauptsächlich in der besser gewordenen Kaufkraft des Inlandes, zu der bekanntlich in erster Linie die Landwirtschaft beiträgt. Nachdem dieser Aufschwung erst im Laufe der letzten Monate eingetreten ist, in welchem Zeitraume sich die Novelle zum Zollgesetze erst richtig auszuwirken begann, so ist damit der Beweis erbracht, wie richtig die Schaffung dieses Gesetzes und wie richtig die damit inaugurierte Wirtschaftspolitik gewesen ist. (Výkøiky na levici.)

Die Vertreter der sozialistischen Parteien werden dieser Feststellung gewiß nicht zustimmen. Sie dürfen das ja auch nicht tun, weil sonst ihr Nimbus draußen im Volke Schaden nehmen könnte. Aber auch die deutschnationale Partei, die gegen das Zollgesetz gestimmt hat, darf nicht eingestehen, daß mit diesem Gesetz ein allgemeiner wirtschaftlicher Aufschwung eingesetzt hat, obwohl die ihr zugehörig gewesenen Bauern in der Zwischenzeit sich bereits das richtige Urteil gebildet und auch die richtige Antwort gegeben haben. Im Verlaufe der Debatten über den Voranschlag wurde häufig als die wichtigste Frage im Staate mit Recht die nationale Frage bezeichnet. Mit dieser Konstatierung wurde zum tausendsten Male das wiederholt, was auch von hervorragenden Persönlichkeiten auf èechischer Seite bei verschiedenen Gelegenheiten erwähnt worden ist. Der Lösung dieser Frage, die uns Deutschen die im Staate zukommende Stellung erst einräumen soll (Posl. Wünsch: Sie wollen sagen "uns Regierungsdeutschen"!), ist durch die Teilnahme deutscher Parteien an der Parlamentsmehrheit erst schüchtern eingeleitet worden. (Posl. Wünsch: "Schüchtern" ist sehr gut gesagt!) Es könnte das auch bisher nicht anders sein, weil Deutsche und Èechen fast bis in die Gegenwart herein als vermeintliche Feinde einander gegenüber gestanden sind. Schuld an diesem Zustande trug das Regime der vergangenen Zeiten, das ob Frieden oder Unfrieden in den Sudetenländern herrschte, unbehindert seine ihm schließlich selbst zum Verhängnis gewordenen innen- und außenpolitischen Ziele verfolgte. Von dem vergangenen Regime wurde ernsthaft auch gar nicht der Versuch unternommen, die vorhandenen Unstimmigkeiten zu beseitigen und das führte schließlich dazu, daß Deutsche und Èechen in den letzten Jahrzehnten einander immer fremder wurden. Das èechische Gebiet wurde für einen jeden Deutschen in Böhmen zu einem unbekannten Lande, das nur auf den Reisen nach Innerösterreich rasch passiert wurde und mit dem man sonst keine Beziehungen unterhielt.

Die ersten Jahre nach dem Umsturze brachten die beiden Nationen auch nicht näher. Das ließ auch vorläufig das Siegesbewußtsein des èechischen Volkes gar nicht zu, obwohl nach einer Mitteilung des Ministerpräsidenten Švehla im Budgetausschusse des Abgeordnetenhauses am 8. November l. J. die Deutschen zur Mitarbeit am Aufbau des neuen Staates eingeladen wurden.

Eine darauf abzielende Aufforderung soll in den Umsturztagen von ihm persönlich an Dr. Lodgman gerichtet worden sein. Wenn diese Mitteilung auf Wahrheit beruht. woran nicht gezweifelt werden darf, dann hat schon zur damaligen Zeit die deutsche Führung die größten politischen Fehler begangen und sie hat damals vollkommen versagt (Výkøiky posl. dr Schollicha a Wünsche.) so wie dies im verstärkten Maß auch in der Folgezeit in die Erscheinung getreten ist. (Posl. dr Schollich: Ihr seid ja mitgegangen! Der Køepek und Spina und alle die anderen; der Hodina hat gefehlt, aber Sie waren doch schon da! Die ganzen Jahre seid ihr mitgegangen. Sie haben alle diese Fehler mitgemacht!) Sie können ja dann auch dazu sprechen, können auch Ihre Meinung zum besten gehen. Die deutschen Vertreter, die an der Quelle des politischen Geschehens in Wien weilten, mußten wissen, was bevorsteht und sie mußten auch schon, nachdem Österreich nicht mehr zu halten war, ihren politisch erreichbare Plan für die Zukunft festgelegt haben. Sie mußten aber weiter wissen, daß Wilsons Grundsatz der nationalen Selbstbestimmung nur für die Sieger und nicht für die Unterlegenen geprägt war und daß, insoweit Böhmen in Betracht kam, die Zusammenhänge eines Landes, das topographisch und hydrographisch schon von Natur aus ein Ganzes bildet und dessen Geschichte schon immer einen einheitlichen Wesenszug genommen hatte, nicht zerrissen werden können. Sie mußte ferner wissen, daß ein volkommen wehrloses Volk, wie es damalsi die Sudetendeutschen waren, ohne bewaffnetenSchutz auf gewaltsamem Wege nichts zu erreichen vermochte. In dieser Hilflosigkeit befanden sich die Sudetendeutschen übrigens schon lange vor dem Umsturze, denn ihre Vertreter ließen es geschehen, daß die Kadres der deutschböhmischen Regimenter nach Ungarn und Tirol verlegt wurden, während wir mit polnischen und ungarischen Kadres beglückt worden sind.

Die deutschen Vertreter zogen es vor, nach dem Umsturze die Groteske (Výkøiky posl. dr Schollicha.) der deutschböhmischen Landesregierung aufzuführen, aber auch die nur mit einer unzureichenden Rollenbesetzung, weil der größte Teil der deutschböhmischen Vertreter es vorgezogen hatte. in der sicheren Obhut Wiens zu verbleiben. (Posl. dr Schollich: Wo waren denn Sie damals?) Ich war in Reichenberg. Welcher Ernst dieser Episode politischer Lächerlichkeit (Výkøiky posl. dr Schollicha.) schon damals beigemessen wurde. ist übrigens aus dem Umstande zu ersehen, daß der zuerst für das Amt eines Landeshauptmannes für Deutschböhmen ausersehene Abgeordnete Pacher erst Tage lang auf sich warten ließ, ehe er nach dem Sitz der Landesregierung, nach Reichenberg, kam. Und von hier verschwand er bereits spurlos nach einem wenigstündigen Aufenthalte. (Posl. dr Schollich: Schade, daß wir Sie nicht gehabt haben! - Posl. Wünsch: Kein Mensch hat Sie gekannt!) Sie waren damals noch naß hinter den Ohren, Herr Wünsch, Sie waren noch ein Wickelkind, Sie waren noch in der Lehre. (Veselost. - Výkøiky posl. Wünsche a Schmerdy.)

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