Pondìlí 28. listopadu 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 108. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pondìlí dne 28. listopadu 1927.

1. Øeè posl. Kaufmanna (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das èechoslovakische Parlament ist daran, eine seiner wichtigsten verfassungsmäßigen Aufgaben, den Staatsvoranschlag für 1928, zu erledigen. In anderen Ländern wird diese Arbeit des Parlaments, diese Arbeit der höchsten gesetzgebenden Körperschaft, von der gesamten Öffentlichkeit mit der größten Aufmerksamkeit verfolgt, das Interesse aller beteiligten Kreise, all jener, die an den einzelnen Budgetziffern besonders interessiert sind, konzentriert sich in diesem Augenblicke vollständig auf die Arbeit des Parlaments. Bei uns ist das anders. Die große Öffentlichkeit geht verhältnismäßig achtlos an dieser wichtigen Arbeit des Parlaments vorüber; abgesehen von der Lektüre der kurzen Zeitungsberichte scheint sie nicht allzuviel Notiz von dieser Arbeit des Parlaments in diesem Staat zu nehmen. In anderen Ländern bietet das Parlament gerade in der Zeit der Budgetberatung ein klares Bild der inneren politischen und wirtschaftlichen Struktur des Staates, in anderen Ländern liefert gerade die Budgetberatung den Beweis für die gewissenhafte geistige und wirtschaftliche Arbeit der gesetzgebenden Körperschaft. Bei uns in der Èechoslovakei aber wird das Parlament nicht nur von der großen Öffentlichkeit nicht besonders beachtet, es wird - woraus das erstere verständlich ist - auch vom höchsten Funktionär der Regierung, vom Premierminister, mit außerordentlicher Mißachtung behandelt. Nur einige wenigemal im Jahre, nur wenn auch die Stimmen der Minister zur Abstimmung notwendig sind, erscheint er in diesem Hause, nur dann bekommen wir ihn zu sehen. Aber nicht einmal während der schon einige Tage währenden Budgetberatung hat er es für notwendig erachtet, im Hause zu erscheinen. In anderen Staaten hat der Premierminister, geleitet von seinem Verantwortlichkeitsgefühl für diesen wichtigen Akt der gesetzgebenden Körperschaft, von der Achtung als erster Funktionär der Regierung vor der gesetzgebenden Körperschaft, sich immer die Aufgabe gestellt, den Voranschlag mit einer entsprechenden Einbegleitung den Abgeordneten vorzulegen, gleichzeitig wichtige oder im Budgetausschuß noch strittig gebliebene Posten zu behandeln und zu begründen. Bei uns unterläßt er das. Er erscheint einfach nicht und beweist damit eine wohl in keinem Parlament mögliche seltene Mißachtung vor der gesetzgebenden Körperschaft. Dieses sein Beispiel muß ja ganz selbstverständlich auch auf die anderen Herren Kollegen seines Kabinetts zurückwirken. Wir brauchen uns bloß die Ministerbank während der ganzen Budgetberatung anzuschauen und werden dann sehen, daß bei den anderen Herren des Kabinetts dieselbe Mißachtung vor dem Parlamente, wie bei dem Ministerpräsidenten, zu verzeichnen ist. Wenn wir während der Beratung des Staatsvoranschlages die Ministerbank einmal voll sehen wollen, müssen wir uns die "Lidové Noviny" kaufen, wo die in der Èechoslovakei nicht mögliche Tatsache bildlich dargestellt ist, daß einmal alle Minister auf der Ministerbank zu sehen sind. In der Wirklichkeit können wir uns aber diese Abbildung der "Lidové Noviny" gar nicht vorstellen.

Aber nicht nur beim Herrn Premierminister und bei den Herren Ministern, sondern auch bei allen übrigen Herren, vom Generalberichterstatter für den Staatsvoranschlag angefangen bis zum letzten Abgeordneten der Mehrheitsparteien, können wir die gleiche Mißachtung, Negierung und dieselbe Gleichgültigkeit verzeichnen. Anstatt daß gerade die Herren von der Mehrheitsseite sich bemühen würden, ihr Werk - und der Staatsvoranschlag, wie er vorliegt, ist ihr Werk, denn sie haben im Budgetausschuß ihren Willen durchgesetzt, haben bis auf einige belanglose Resolutionen alle Vorschläge und Anträge der Opposition negiert - zu verteidigen, die einzelnen Posten auch hier zu begründen und zu erläutern, wie sie sie im Budgetausschuß durchgesetzt haben, glänzen sie durch ihre Abwesenheit und überlassen es den einzelnen Rednern der Opposition, deren Unmut zum Ausdruck zu bringen. damit die nach der Geschäftsordnung notwendige Redezeit abgeredet wird. Die Opposition kann ihrem Unmut ja Ausdruck geben. aber unserer Überzeugung nach zwecklos und resultatlos. Wenn wir trotz dieser unserer Überzeugung hier auf der Rednertribüne erscheinen, tun wir dies, um ein Alibi zu haben, um später, wenn Wählerschaft und Öffentlichkeit Rechenschaft fordern, diese ablegen zu können.

Auch in anderen Fällen können wir konstatieren, welcher Mißachtung seitens der Mitglieder der Regierung sich dieses Haus erfreut. Wo anders, z. B. vor kurzem im englischen Parlamente, wurde von einem Parlamentsmitglied eine Anfrage an einen Minister gestellt. Der betreffende Herr Minister hat sich geweigert, diese Anfrage zu beantworten; ein Sturm der Entrüstung hat den Herrn doch gezwungen, die geforderte Information zu geben. Bei uns macht man das anders. Unser Klub, meine Klubkollegen Taub, Grünzner und Genossen haben vor kurzem im Druck 1122 an den Herrn Ministerpräsidenten das Ersuchen gestellt, eine Aufstellung über den Personalstand in den staatlichen und öffentlichen Diensten vorzulegen. Statt daß nun der Ministerpräsident den Wunsch einiger Mitglieder des Abgeordnetenhauses respektiert und erfüllt, hat er in einer geradezu unerhörten und das Parlament beleidigenden saloppen Art, im Druck Nr. 1235, erklärt, daß in ca. 13 Zeitschriften die Erläuterung über die Personalstände der Bediensteten in den einzelnen Ämtern und staatlichen Institutionen ohnedies verlautbart sei, und die Herren Abgeordneten, die Informationen wünschen, mögen sich dieselben gefälligst in den angeführten Zeitschriften holen. Ich glaube, in keinem anderen Parlamente ist eine derartige Behandlung von Abgeordneten, eine derartige Antwort auf eine Interpellation möglich.

Im Budgetausschuß hat sich am 18. November der Herr Ministerpräsident in seinem Exposé über das Verhältnis zwischen den deutschen und den èechischen Regierungsparteien ausgelassen und dabei wiederholt auf die vielgerühmte - wir könnten schon sagen: berüchtigte - Demokratie dieses Staates verwiesen. Er hat unter anderem auch ausgeführt, das deutsche Volk habe dieselben bürgerlichen Rechte, wie das èechische, können wir vielleicht den Deutschen ein anderes Wahlrecht geben, als wir selbst haben? Mit diesen wenigen Worten nur hat der Ministerpräsident aussprechen wollen, daß die Deutschen in diesem Staate gleichberechtigt sind mit den Èechen, daß also ein demokratisches Verhältnis zwischen Mehrheits- und Minderheitsvölkern in diesem Staate besteht. Ich möchte den Herrn Ministerpräsidenten, der ja leider nicht hier ist, darauf aufmerksam machen, daß sich im Wahlrecht die Demokratie auch in unserem Staate nicht erschöpfen kann, die Demokratie muß vielmehr den Ausdruck finden in der gleichen Behandlung der Minoritätsvölker in diesem Staate. Sie muß ihren Ausdruck darin finden, daß die Staatsbürger dieses Staates unbekümmert, welche Zunge sie sprechen, gleich behandelt werden bei der Heranziehung zu den einzelnen Ämtern, zu den Arbeiten im Staate. Im Staatsdienst müssen also die Minoritätsvölker gleich behandelt werden, wie die Majoritätsvölker. Wenn wir von Demokratie im Staate reden wollen, müssen wir auch die gleiche Behandlung in den Staatsbetrieben verlangen und dürfen nicht in die Lage kommen, sofern Demokratie vorhanden sein soll, konstatieren zu können, wie es jetzt der Fall ist, daß nicht nur im Staatsdienst alle Angehörigen der Minderheitsnationen ausgeschaltet und diese auf alle möglichen Arten entfernt werden, sondern daß der Raub des Arbeitsplatzes bis in die Privatindustrie hinein organisiert und gegen die Angehörigen der Minderheitsvölker rücksichtslos betrieben wird. Gegen alle Behauptung, daß Demokratie im Staate sei, können wir an wichtigen Problemen, vor allem in kulturellen Fragen, feststellen, daß die Bedrückung trotz aller Proteste der Minderheitsvölker in diesem Staat nicht aufgehört hat. Wir haben wiederholt und oft das Selbstbestimmungsrecht in allen kulturellen Fragen verlangt, es ist uns versagt worden. Aber auch in wirtschaftlichen Dingen können wir feststellen, daß von Demokratie in diesem Staate keine Rede ist. Bei der Vergebung von Staatsaufträgen werden fast ausschließlich èechische Firmen herangezogen und deutsche Firmen ausgeschaltet oder es wird ihnen die Offertstellung so schwer gemacht, daß sie zu spät kommen und ihnen eine Offertstellung überhaupt unmöglich ist. Wir können auch feststellen, daß bei der Erlangung von Auslandsaufträgen, um die sich unsere Industrie, die größtenteils Exportindustrie ist, bemühen muß, besonders bei der Erlangung ausländischer Staatsaufträge, in gleicher Weise die èechische Industrie gefördert und die deutsche Industrie zurückgestellt wird, und ihr Schwierigkeiten bereitet werden.

Ein besonderes Kapitel bildet im Staate selbst das Verhalten unseres Ministeriums für öffentliche Arbeiten gegenüber der deutschen Elektrizitätsindustrie. Die deutsche Elektrizitätsindustrie, die kommunalen Elektrizitätswerke werden durch das Ministerium für öffentliche Arbeiten in ihrer Tätigkeit gehemmt und geschädigt und vom Ministerium eingerichteten sogenannten gemeinnützigen Gesellschaften, die nichts als Zwischenhandelsgesellschaften sind, nichts als Körperschaften, die den elektrischen Strom verteuern, ausgeliefert. Diese sogenannten gemeinnützigen Gesellschaften werden vom Ministerium, an dessen Spitze der deutsche Arbeitsminister Dr. Spina steht, in ganz eigentümlicher, einseitiger Weise gefördert, zum Schaden der deutschen Unternehmungen, der deutschen kommunalen Werke. Auch hier fehlt mehr oder weniger die praktische Demokratie in diesem Staate. Ein Meinungsaustausch zwischen den Mehrheits- und Minderheitsgruppen dieses Staates ist noch lange keine Demokratie. Was der Herr Ministerpräsident immer versucht, uns als Demokratie darzustellen, ist, wen wir es genau betrachten, nichts anderes als eine auf Vergewaltigung aufgebaute Diktatur. Weiters können wir wohl konstatieren, daß es wohl auch keine demokratischen Formen sind, die im Verkehr zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Parlamente bestehen, wenn der Herr Ministerpräsident alle seine Enuntiationen und Äußerungen in die Ausschüsse verlegt, wenn er in einer geradezu an Mißachtung grenzenden Art dem Plenum des Hauses und der Öffentlichkeit ausweicht. Wir können feststellen, daß der Herr Ministerpräsident auch ansonsten, wo er von den Parteien verschiedener Klassen zu Interventionen und Vermittlungen angerufen wird, sich eine eigene Art der Behandlung zurecht gelegt hat; das können wir wohl nach dem letzten Stritt auf den Eisenbahnen sagen. Ebenso wie sich der Herr Ministerpräsident einer ganz außergewöhnlichen beispielgebenden Mißachtung gegenüber dem Parlament befleißt, so können wir auch vom Parlamentspräsidium ein ähnliches konstatieren. Auch da sehen wir, daß die primitiven Begriffe und Formen der Demokratie mißachtet werden. Trotz wiederholter Anfragen, trotz wiederholter Interpellationen seitens eines Teiles der Abgeordneten wurde im Abgeordnetenhaus in den meisten Fällen über die durchgeführten, Millionenbeträge verschlingenden und fast ununterbrochen fortgesetzten Adaptierungsarbeiten dieses Hauses keine Rechenschaft gegeben. Die Adaptierungsarbeiten an diesem Hause, welches ein Provisorium darstellt - denn das eigentliche Parlamentsgebäude soll ja durch Anlegung eines andern Fonds erst später errichtet werden - werden trotz der Proteste, und obwohl man Aufschluß verlangte, den Abgeordneten erst dann mitgeteilt, wenn diese Arbeiten in die Wege geleitet oder durchgeführt sind. Weiters können wir feststellen, daß ununterbrochen zu allen möglichen Anlässen sogenannte parlamentarische Delegationen entsendet werden. Ich möchte doch einmal fragen, wie viel dieser Delegationen vom Parlament gewählt wurden, in welcher Weise auf Zusammensetzung und Umfang der Delegationen das Haus direkt Einfluß genommen hat. Wir müssen das Präsidium des Hauses wohl fragen, ob diese Delegationen ein Privileg oder eine Sinekure nur für die Mehrheitsabgeordneten sind. Wenn die Wichtigkeit der Sache oder das Prestige des Staates die Entsendung von Delegationen notwendig erscheinen läßt, dann muß man dem Hause wenigstens Bericht darüber erstatten, muß dem Hause die Möglichkeit geben, eine ihm genehme und nach seinen Wünschen zusammengesetzte Delegation zu entsenden. Außerdem können wir sagen, daß die Entsendung vieler dieser Delegationen in einer Zeit, wo ununterbrochen Sparsamkeit das Schlagwort in diesem Hause ist, wo auf allen Seiten, auf kulturellem Gebiet, bei der Volksbildung, bei sozialer Fürsorge ununterbrochen gespart wird, mit diesen Grundsätzen der Sparsamkeit im Widerspruch steht und müssen fragen, ob diese Delegationen und die Ausgaben dafür gerade in einer Periode des Sparens immer berechtigt sind.

Es ist weiters ein Hohn auf die Demokratie, wenn das Präsidium dieses Hauses ganz einfach im Wege der Verfügung, im Wege der Verordnung, jene Parteien, die nicht über ein halbes Dutzend oder ein Dutzend Abgeordneter in diesem Hause verfügen, also die kleinsten Parteien, ganz einfach zwingt, nur in kleine Klubs zu 4 Abgeordneten zusammengeschlossen, die Vorteile und Einrichtungen des Parlamentes benützen zu dürfen. Es wurde die Bedingung gestellt, daß vier Abgeordnete dieser kleinsten Parteien sich zusammenfinden. Ich weiß nicht, ob das Präsidium des Hauses sich klar geworden ist, wie kleine Klubs aus verschiedenen Parteirichtungen zusammengesetzt, arbeiten sollen, wie die Arbeit dieser Klubs ausschauen soll, wenn man Vertreter verschiedener politischer. oft konträre oder diagonal zu einanderstehender Richtungen zwingt, sich zusammenzusetzen und zu arbeiten. Ich möchte das Präsidium des Hauses fragen, wo ein Hinweis oder eine Rechtfertigung 1n der Verfassung oder in der Geschäftsordnung für diese Verfügung des Präsidiums enthalten ist, ohne daß das Haus hierzu Stellung zu nehmen berechtigt wäre. Aber nicht nur das. Das Präsidium dieses Hauses, oder wie man es häufig nennt, dieses demokratischen Hauses, hat noch in einer andern Weise eine seiner heiligsten Pflichten gröblicherweise verletzt, nämlich die Pflicht zur Wahrung der Immunität. Wir sind in diesem Hause zwar daran gewöhnt, daß Worte, ganze Sätze der Abgeordneten, die hier von der Rednertribüne ausgesprochen werden und dem Präsidium des Hauses aus welchen Gründen immer nicht genehm sind, aus den Protokollen eliminiert werden; aber was wir in der Vorwoche erlebten, daß die Rede des Abg. Dr. Stern der kommunistischen Partei, die vielleicht dem Präsidium nicht genehm war, einfach vom Präsidium konfisziert wurde, das, meine Damen und Herren, ist wohl in keinem anderen Parlamente der Welt möglich. Ich glaube nicht konstatieren zu müssen, daß das stenographische Protokoll des Parlamentes ein wichtiges historisches Dokument ist und wenn das Präsidium dieses Hauses die Rede eines Abgeordneten ganz einfach eliminiert, dann verstümmelt es - vielleicht können wir auch den Ausdruck gebrauchen: dann fälscht es - ein Dokument, das der Zukunft, das kommenden Generationen, kommenden Parlamenten eine Richtlinie, Wegweiser oder Informator zumindest für das, was in der Vergangenheit geschehen ist, sein soll und sein muß.

Aber nicht nur hier, nicht nur gegen die Abgeordneten geht das Präsidium dieses Hauses als erster Zensor in so rücksichtsloser Weise vor, wir können feststellen, daß auch ansonsten die Konfiskationspraxis in unserem Staate sich steigert. So haben vor kurzer Zeit die sozialdemokratischen Jugendorganisationen in ihrem Organ ein Gedicht veröffentlicht. Das Gedicht wurde beschlagnahmt das ist bei uns nichts so Außergewöhnliches - es haben aber nun, weil die Beschlagnahme ein Unrecht schien, die Koll. Taub, ich und andere Kollegen meines Klubs dem Ministerium des Innern eine Interpellation unterbreitet. Diese Interpellation lautet folgendermaßen - ich will Sie Ihnen zur Kenntnis bringen, damit Sie daraus schließen können was sich das Präsidium des Hauses hier erlaubt hat (ète):

Interpellation der Abg. Taub, Kaufmann und Genossen an das Ministerium des Innern wegen Konfiskation der Zeitschrift "Sozialdemokratische Jugend."

In der Nr. 10 der "Sozialdemokratischen Jugend", welche in Teplitz-Schönau erscheint, wurde nachfolgendes Gedicht von John Henry Mackay konfisziert: (Další èást øeèi byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. listopadu 1927 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 54 této tìsnopisecké zprávy.) Die Zensurbehörde erblickt in diesem Gedicht ein Vergehen gegen § 15 des Gesetzes zum Schutz der Republik. Mit Unrecht. (Další èást øeèi byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 28. listopadu 1927 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz str. 54 této tìsnopisecké zprávy.) Wir fragen daher den Herrn Minister, ob er diese Konfiskation billigt?

Nun, meine verehrten Damen und Herren, haben wir erleben müssen, daß diese Interpellation gar nicht zum Ministerium des Innern gelangte, sondern vom Präsidium dieses Hauses konfisziert wurde. (Hört, hört!) Das Präsidium dieses Hauses hat sich damit zum Instruktor für die Konfiskationspraxis der Staatsanwälte draußen erniedrigt. Das hätte das Präsidium des Hauses nicht tun dürfen, wenn es die Immunität der Abgeordneten nicht mit Füßen treten will.

Nun eine weitere Konfiskation. Der "Sozialdemokrat", das Zentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, hat in seiner Nummer vom 24. November in einem Artikel aufgezeigt, wie in diesem Hause vor allem bei der Behandlung und Durchführung des Bodenreformgesetzes Leute, leider auch Angehörige dieses Hauses, sich in einer ungehörigen Weise Vorteile verschafft haben. In einem anderen Lande ist man der Presse dankbar, wenn sie solche Ungehörigkeiten aufdeckt, in einem anderen Lande ist man der Presse dankbar dafür, wenn sie die Möglichkeit der Kontrolle und Überprüfung der Tätigkeit der öffentlichen Funktionäre gibt. Der "Sozialdemokrat" hat in einem Artikel, der sich "Korruption" betitelt, unter anderem Folgendes geschrieben:

"Freilich muß man zugeben, daß die sich auf dem Boden der èechoslovakischen Republik ausbreitende Korruption seit Anbeginn ungemein günstige Lebensbedingungen gefunden hat. Die Bereicherung des zur Macht gelangten èechischen Bürgertums wurde von den Regierungen aufs eifrigste gefördert und noch keine der bisherigen Regierungen brachte den Willen auf. jemals gegen die Ausplünderer der Republik mit Entschlossenheit aufzutreten. Nur als die üppig umsichgreifende Korruption den Organismus der Armee anzufressen drohte, wurden die Schuldigen vor die Gerichte gezogen. Für die anderen Lumpen hat sich dagegen noch kein Staatsanwalt gefunden. sie dürfen die Beute ihrer Raubzüge in Seelenruhe, in Freiheit und bürgerlichen Ehren verzehren. Als die Schandwirtschaft einzelner Patrioten gewisse Bankunternehmungen zum Verkrachen brachte, da wurden die Bankroteure und Betrüger nicht hinter Schloß und Riegel gesetzt, sondern die Regierung leitete eine große Hilfsaktion ein und verwendete hunderte Millionen Steuergelder, um die in Grund und Boden gewirtschafteten Banken wieder auf die Beine zu bringen. Die kleinen Diebe wanderten ins Kriminal, die großen fast regelmäßig daran vorbei, das mußte wie eine Prämie für die Korruption wirken. Monatelang wurde die Öffentlichkeit durch die Spiritusskandale aufgewühlt, aber vergeblich wurde Aufklärung über den Spiritusfond verlangt. Das Ende war nicht etwa die Einbringung eines Antikorruptionsgesetzes, sondern eine Abänderung und Verschärfung des Gesetzes, das die Ankläger der Korruptionisten bestraft und sich wie ein Schutzengel für die Korruption auswirkt. Und was wird in dem neuesten, dem Bodenreformskandal geschehen? Wird, wenn das Parlament seine, wohl nicht chne Absicht recht langwierig gestaltete Untersuchung des Falles Dubický abgeschlossen haben wird, der Staatsgewalt den oder die Schuldigen vor die Schranken des Gerichtes zerren? Und werden jene Abgeordneten und Senatoren, welche das ihnen übertragene höchste Amt, welches das Volk zu vergeben hat, zu ihrem persönlichen Vorteil mißbrauchten, werden sie, wie sie es verdienten, mit Schimpf und Schande aus ihren öffentlichen Würden davongejagt werden? Darauf zu hoffen, wäre sehr trügerisch. Wer das fressende Geschwür der Korruption beseitigt sehen will, der muß gegen sie kämpfen und sie kann nur wirksam durch die Zerbrechung der Allmacht der bürgerlichen Parteien im Staat bekämpft werden."

Auch dieser Artikel wurde konfisziert. Damit hat wohl nicht nur der Zensor, sondern auch sein Auftraggeber, sein höchster Vorgesetzte, das Justizministerium und der Justizminister, in der Konfiskation ein Werkzeug, einen Behelf zum Schutze und zur Deckung der Korruption konstruiert.

Der Justizminister, zu dessen Kapitel ich jetzt komme, hat weiters wohl auch den Grundsatz, daß überall gespart werden muß, bei den untersten Beamten, bei den Arbeitstieren im Justizministerium. im Justizdienst. eingeführt; bei den Konzeptsund bei den Kanzleibeamten wird gespart. Es wird aber nicht nur durch Verminderung der Stellen der Kanzlei- und Konzeptsbeamten, dieser ohnehin überlasteten Arbeiter im Justizdienst gespart, sondern es wird noch auf Grund des Gehaltsgesetzes ihr Einkommen vermindert. Weniger Einnahmen, mehr Arbeitsleistung, das ist scheinbar die Parole, die unter dem jetzigen Justizminister im Justizministerium und im Justizdienste maßgebend ist. Ich möchte weiters anführen, daß das Justizministerium und der Justizminister auch zu einer Rechtsbeugung, deren sich das Innenministerium zur Zeit der letzten Wahlen schuldig machte, geschwiegen hat. Ich glaube, es wäre Pflicht des Vertreters der Justiz in diesem Staate gewesen, dem lnnenminister zumindest im Ministerrat klar zu machen, daß auch seine Tätigkeit gewisse Schranken hat und daß dieser Tätigkeit Schranken gesetzt werden müssen. Das Justizministerium schweigt sieh, wie gesagt, dazu aus.

Ferner möchte ich hier fragen, was der Herr Justizminister zu einer Forderung, die wir schon oft gestellt haben und die er selbst als Politiker und als Angehöriger der christlichsozialen Partei mit uns wiederholt gestellt und die er übrigens wiederholt selbst erhoben hat, nämlich zu der Forderung der Abschaffung der Todesstrafe. Bis jetzt hat der Herr Justizminister die Anfrage, wie er sich zur Behandlung dieser Frage stellt, nicht erledigt. Er hat sich bisher auf alle unsere Anfragen und unsere Anforderungen, sich darüber zu äußern, ausgeschwiegen. Ferner möchte ich den Herrn Justizminister fragen, ob er als Minister sein christlichsoziales Gewissen abgelegt hat oder ob für ihn nicht mehr das Wort Gottes gilt: "Du sollst nicht töten", oder ob dieses Wort Gottes zumindest seit dem Tage nicht mehr für ihn gilt, seitdem er Minister ist. Aus der letzten Rede des Koll. Viškovský haben wir feststellen können, daß bei den Mehrheitsparteien die Absicht zu bestehen scheint, eine wichtige Wohltat unserer Rechtsprechung, nämlich die sogenannte bedingte Verurteilung, aufzuheben, oder mindestens einzuschränken. Koll. Viškovský hat nämlich vor einigen Tagen hier gesagt, daß die bedingte Verurteilung ein Schaden für die Justizpflege sei. Wir können wohl das Gegenteil konstatieren und ich behaupte, daß 99% unserer Richter gleichfalls das Gegenteil der Behauptung des Koll. Viškovský bestätigen würden. Tausende von Fehltritten, die durch die bedingte Verurteilung moralisch gestraft werden, Tausende von Fehltritten, von ersten Fehltritten überhaupt und zwar von Menschen, die in irgendeiner bedrängten Lage, oder in einer verfänglichen Situation zu schwach waren, um Versuchungen oder Verführungen zu widerstehen, werden bedingt verurteilt und die bedingte Verurteilung macht auf sie einen außergewöhnlichen moralischen Eindruck und gerade der Umstand, daß sie nicht ins Gefängnis wandern müssen, sondern, daß ihnen nur die Gefahr der Einkerkerung vor Augen geführt wird, hat bei ihnen mehr gewirkt, hat ihre moralische Gesundung mehr gefördert, als es eine verbüßte Kerkerstrafe tun würde, wenn sie eben mit moralisch verkommenen Individuen zusammen ihre Strafe abbüßen würden. Auf jüngere Menschen hat eine solche Einkerkerung moralisch vernichtend gewirkt und war oft die erste Anleitung, der erste Schritt zu dauerndem Verbrechertum. Wir hoffen, daß Koll. Viškovský mit seinen Äußerungen, Anregungen und mit seinen diesbezüglich geäußerten Wünschen und Hoffnungen allein bleiben, daß der Justizminister ihnen nicht Rechnung tragen wird und daß die bedingte Verurteilung als Fortschritt in der Justizpflege weiter unbeschränkt beibehalten wird.

Unserer Überzeugung nach ist auch eine weitere wichtige Einrichtung der Rechtspflege bedroht: Soweit wir feststellen konnten, trägt sich das Justizministerium mit dem Gedanken, das mündliche Verfahren bei den Gerichten einzuschränken. Das Justizministerium begründet diese Absicht damit, daß angeblich 7.400 Akten bei dem obersten Verwaltungsgericht unerledigt geblieben sind. 7.400 Akten, das ist die Arbeit eines Jahres. Und so wie es beim Obersten Verwaltungsgericht ist, so schaut es auch bei den anderen Gerichten aus. Überall häufen sich die Akten, überall wird es täglich klarer, daß der jetzige Beamtenstatus außerstande ist, die Arbeiten zeit- und ordnungsgemäß zu bewältigen. Anstatt die Senate zu vermehren und die technischen Einrichtungen zu vervollkommnen, geht der Justizminister daran, das mündliche Verfahren einzuschränken, damit Zeit gewonnen wird und damit die Arbeiten, die sich anhäufen, bewältigt werden können. Dadurch würde wohl die letzte demokratische Einrichtung bei der öffentlichen Rechtspflege vernichtet werden. Bei Verlegung der Rechtspflege aus der Öffentlichkeit in geheime Konventikel würde vor allem anderen die Einschränkung, ja die völlige Aufhebung der Verteidigung platzgreifen, es würde eine Einschränkung der Beweisführung, aber auch der Verantwortlichkeit der Richter erfolgen. Ich glaube, das wäre das Gefährlichste und Vernichtendste in unserer Rechtspflege. Zum Schluß dieses Kapitels - es ist leider nicht möglich, bei so rationierter Zeit sich eingehend mit all diesen Fragen zu beschäftigen - möchte ich an den Herrn Justizminister noch die Anfrage richten, wie es mit der Ernennung der deutschen Vizepräsidenten bei den Landesgerichten steht. Es handelt sich um eine Forderung, die vom jetzigen Justizminister selbst seinerzeit, als er noch oppositioneller Abgeordneter war, Schulter an Schulter mit uns erhoben wurde. Man müßte annehmen, daß diese Ernennungen, die ebenso notwendig wie berechtigt sind, notwendig im Justizdienst an und für sich und berechtigt, soweit die Forderung von den deutschen Parteien in diesem Staate gestellt wurde, unter der Leitung eines deutschen Justizministers beschleunigt behandelt und durchgeführt werden.

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