Pátek 25. listopadu 1927

Ich will es nicht unterlassen, an einem Schulbeispiel zu zeigen, was das bedeutet, kapitalistische Anarchie und ich will hier ein Musterexemplar von einem Kapitalisten vorführen, der, wie ich glaube, es verdient, der Öffentlichkeit näher bekannt zu werden. Gerade in diesen Tagen ist der Kampf der nordböhmischen Textilarbeiter beendigt worden. Die Unternehmer wurden durch Kampf gezwungen, verschiedene Zugeständnisse zu machen, die sicher klein sind und größer gewesen wären, wenn nicht reformistische Führer in diesem Kampfe eine sehr sonderbare Haltung eingenommen hätten. Die Arbeiter verlangten, bevor sie die Arbeit antreten, daß ihnen gewährleistet wird, daß keine Maßregelungen stattfinden werden und die Unternehmer, in ihrer Angst vor den Arbeitern, waren bereit, diesen Zugeständnisse zu machen. Aber einer von den Unternehmern, der Herr Baron Klinger in Neustadt a. d. Tafelfichte hat erklärt: Was die anderen Herren abmachen, was dort unterschrieben wird, geht mich nichts an. Die Lohnforderungen werde ich bewilligen, aus Gnade, freiwillig, weil es mir so paßt, weil ich vielleicht guter Laune bin, aber das Recht, Arbeiter aufs Pflaster zu werfen in meinem Betriebe, weil sie gestreikt haben, weil sie solidarisch waren mit den anderen Arbeitern, laß ich mir nicht nehmen. Und die Situation war so, daß die Gefahr bestand, daß 60.000 Textilarbeiter, die auch, wenn sie arbeiten, hungern müssen, bei den elenden Löhnen, die sie beziehen, in den Steik eintreten wollten, wenn der Konflikt in Friedland nicht beigelegt wird. Und der Herr Baron hat erklärt: Das ist mir ganz gleich. Sie sollen streiken, solange sie wollen, sie sollen streiken, soviel sie wollen, ich muß einige Arbeiter aus meinem Betriebe entlassen und lasse mir da gar nichts hineinreden. Ich erwähne das hier nicht nur deshalb, um diesen Herrn Klinger zu charakterisieren, von dem ich noch Folgendes sagen möchte: Wir Kommunisten sind nicht für die Methode, des individuellen Terrors, wir Kommunisten wissen sehr gut, daß nur durch Massenkampf etwas erreicht werden kann. Und auch der Herr Klinger wird nur durch Kampf der Massen gescheitert werden, um es so auszudrücken. Aber es würde mich nicht wundern, wenn unter solchen, Umständen der Herr Klinger einmal irgendwie eins auf seinen harten Schädel von Arbeiterfäusten bekommen würde. Ich sage es noch einmal, ich erwähne diesen Fall hier nicht, um Herrn Klinger in seiner ganzen Schönheit vorzuführen, sondern ich will an diesem Beispiel zeigen, was es im kapitalistischen System bedeutet, wenn irgendeiner, und wäre es ein Wahnsinniger, die wirtschaftliche Macht in der Hand hat und auch um zu zeigen, wie es in diesen neun Jahren zurückgegangen ist mit der Macht und dem Einfluß der Arbeiter. Auch der Herr Baron Klinger war einmal ganz klein und schwach, im Jahre 1920, und ich kann mich sehr gut erinnern an eine Szene, wo die Arbeiter auf dem Hofe standen und Herr Klinger zitternd vor dem Zorn der Arbeiter, alles unterschreiben mußte, was die Arbeiter von ihm verlangten und heute kann er als kleiner Mussolini oder Napoleon auftreten und erklären: Das ganze nordböhmische Industriegebiet soll still liegen, ich will meinen Willen erfüllen, ich will meine Rachelust befriedigen. (Výkøiky: Weil der staatliche Unterdrückungsapparat hinter ihm steht!) Selbstverständlich und weil die Arbeiter die Zeit, die günstig war, nicht richtig ausgenützt haben. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie es heute nach neun Jahren aussieht. Schritt für Schritt ist die Arbeiterschaft zurückgedrängt worden. Stützpunkt für Stützpunkt, Machtposition für Machtposition haben sie verloren. In, den Betrieben haben die Arbeiter nichts mehr zu reden, der Unternehmer, der Ausbeuter, tritt ihnen als "Arbeitgeber" entgegen, sie sollen noch froh sein sie sollen noch dankbar sein, daß er ihnen noch ein Stückchen Brot gibt, verlangt er, während sie in Wirklichkeit von ihm in der furchtbarsten Weise ausgepreßt und ausgebeutet werden. Wir haben es heute nach neun Jahren bürgerlicher Diktatur soweit gebracht, daß in der Èechoslovakei beinahe von allen kapitalistischen Ländern die niedrigsten Löhne gezahlt werden und Wochenlöhne von 120 Kè sind absolut keine Seltenheit, sondern im Gegenteil überwiegend. Sogar solche demokratischen Rechte, wie das Wahlrecht u. s. w. wurden bereits durchbrochen durch Ernennungen, durch den Raub des Soldatenwahlrechtes und heute, 9 Jahre nachdem die Arbeiterschaft die Macht hätte an sich reißen können, wenn sie hätte wollen, kann jeder Polizist diejenigen, die alle Güter durch Arbeit schaffen, wie ein Wild durch die Straßen hetzen und mit dem Pendrek prügeln. Aber mit all diesen Methoden hat die Bourgeoisie nicht erreicht und kann nicht erreichen eine wirkliche dauernde Stabilisierung. Wir sehen trotz der Konjunktur, trotz der Rationalisierung eine Verschärfung der Klassengegensätze, erbitterte Lohnkämpfe, die überall ausbrechen, trotzdem die Arbeiterschaft durch die Spaltung der Gewerkschaften in ihrer Widerstandkraft geschwächt ist, wir sehen auch, daß die Stabilisierung keine echte, keine dauernde und wirkliche ist, an der Erstarkung der kommunistischen Partei, trotz aller Angriffe gegen dieselbe und wir sehen es daran, daß die Einheitsfront der Arbeitenden von unten her trotz der Sabotage der reformistischen Führer immer mehr um sich greift. Und die Bourgeoisie, die ganz genau spürt, daß die Stabilisierung hier nicht vollständig gelungen ist, daß sie die Stabilisierung nicht gesichert hat - wir haben da ja auch die Ausführungen meines Vorredners gehört, der erklärt hat, daß es noch nicht genug ist, wir müssen noch weiter gehen, wir müssen das Budget noch weiter erniedrigen, d. h. den Reichen noch mehr Steuern schenken - die Bourgeoisie plant neue Raubpläne. Trotz des allgemeinen unerträglichen Elends sollen die Arbeitenden noch weiter bestohlen und beraubt werden. Nach den Zöllen, nach der Steuerreform, nach der Verwaltungsreform, nach dem Betrug an den Staatsangestellten kommen neue arbeiterfeindliche Maßnahmen der Regierung.

Sogar die Sozialversicherung, dieses elende Machwerk, das den Arbeitern fast gar nichts bietet, soll noch mehr verschlechtert werden und zugleich damit die Krankenversicherungsverwaltung den Arbeitenden entzogen und gleichfalls die Versicherung verschlechtert werden. Der Mieterschutz soll weiter abgebaut werden und trotz der furchtbaren Wohnungsnot soll auch die sogenannte Bauförderung, die ohnehin nichts bietet, noch weiter abgebaut werden. Dieser Weg führt geradeaus zum Chaos. So wenig es der Bourgeoisie mit den bisherigen Maßnahmen gelungen ist, das kapitalistische System zu retten, so wenig kann es ihr mit den weiteren Maßnahmen gelingen. Diese können nur zur Folge haben, daß sich die Gegensätze verschärfen und daß nur eines für die Arbeitenden übrig bleibt, nämlich die Wahl entweder unterzugehen, in neuen Kriegen für imperialistische und kapitalistische Zwecke geopfert zu werden, oder dem Beispiel der russischen Arbeiter und Bauern zu folgen und mit der Waffe in der Hand sich einen Ausweg zu bahnen.

Ganz anders als hier nach 9 Jahren bürgerlicher Herrschaft sieht es in der Sowjetunion nach 10jähriger proletarischer Diktatur aus. Dort halten die Arbeitenden die politische Macht und nicht nur die politische, sondern auch die wirtschaftliche Macht fest und unbestritten in Händen. Die Großgrundbesitzer, die Großkapitalisten und Bankdirektoren sind verjagt worden, die kleinen Kapitalisten, die dort noch existieren, haben nicht einmal das Wahlrecht. Die Großbetriebe, die Banken, die Großgrundbesitze sind ohne Entschädigung enteignet, die alten zaristischen Schulden sind mit einem Federstrich beseitigt worden. Die ganze Schwer- und Großindustrie, das Bergbauwesen, Großhandel, Außenhandel und Transportwesen, ein Großteil der übrigen großen und kleinen Industrie, auch ein Großteil des Kleinhandels ist heute in der Sowjetunion sozialisiert. Dort ist sogar noch mehr geleistet worden. Es beginnt dort die Verwirklichung des Sozialismus sogar auf einem Gebiete, wo diese am schwersten durchzuführen ist und wo viele an der Möglichkeit ihrer Durchführung gezweifelt haben, nämlich der Aufbau des Sozialismus auch in der Landwirtschaft, bei den Bauern, auf dem Wege über die Genossenschaften, Während bei uns in der Èechoslovakei es schon lange keinen Achtstundentag gibt und sich Dr. Kramáø erst kürzlich darüber beklagen konnte, daß es noch nicht rasch genug mit dem Abbau des Achtstundentages geht, wird jetzt in der Sowjetunion durch das Manifest anläßlich des 10. Jahrestages der Siebenstundentag eingeführt werden. Während hier bei uns die elendsten Löhne bezahlt werden, haben sie dort bereits das Ausmaß der Vorkriegszeit überschritten. Bei den Textilarbeitern z. B. betragen die Löhne in der Sowjetunion nach Krieg und Bürgerkrieg, nach allen Zerstörungen und Schwierigkeiten, die sich in der Sowjetunion ergeben haben, mindestens zwei bis dreimal so viel als die der Textilarbeiter bei uns, weil nämlich dort im allgemeinen der Vorkriegsstand bereits überschritten ist, zugleich aber die schlechter bezahlten Arbeiter rascher eine Lohnverbesserung erfahren haben, als diejenigen, die schon diesen schlechter bezahlten Arbeitern gegenüber früher in einer besseren Situation waren.

In der Sowjetunion sehen wir einen besonderen Schutz für Frauen und Jugendliche, während wir in der Èechoslovakei eine besondere und doppelte Ausbeutung der Frauen und Jugendlichen wegen ihrer wirtschaftlichen Schwäche beobachten können. In der Sowjetunion haben zum erstenmal in der Weltgeschichte die Frauen die gleichen Rechte nicht nur auf dem Papier, sondern auch in Wirklichkeit, Während hier die Sozialversicherung verschlechtert werden soll, sehen wir dort die Einführung der besten Sozialversicherung, die es in der ganzen Welt gibt und überhaupt die beste soziale Fürsorge, die es bis jetzt irgendwo gegeben hat. Die Arbeiter erhalten in der Sowjetunion zwei bis vier Wochen bezahlten Urlaub und den Urlaub verbringen die Arbeiter in Sanatorien, in den Grafenschlössern, in der Krym und im Kaukasus. Während hier die Gewerkschaften unterdrückt, gehemmt und verfolgt werden, besonders die, welche auf dem Standpunkt des Klassenkampfes stehen, und sich auch die Genossenschaften nicht genügend entwickeln können, sehen wir in Rußland eine gewaltige Entfaltung der Gewerkschaften und Genossenschaften. Während hier durch die Politik der Regierung systematisch die Teuerung verschärft wird, sehen wir in der Sowjetunion einen planmäßigen Abbau der Preise, um auch auf diesem Wege die Lage der Arbeitenden zu verbessern, Und während hier die Industrie abgebaut wird, insbesondere in unserer Kolonie, der "Slowakei" usw., sehen wir in der Sowjetunion einen Aufbau der Industrie, der das amerikanische Tempo noch überbietet. Ein Prozentsatz der Zunahme der Produktion in einem Jahre, wie er in der Sowjetunion zu konstatieren ist, konnte nicht einmal in dem hochentwickelten Amerika festgestellt werden. Hier sehen wir eine Akkumulation des Profits und des Kapitals zu verschärfter Ausbeutung, dort sehen wir zum erstenmal eine sozialistische Akkumulation und steigenden Wohlstand. Während hier die Rationalisierung auf Kosten der Arbeiter er folgt, wird gleichzeitig mit der Rationalisierung, mit dem Aufbau des Sozialismus die Lage der Arbeitenden von Jahr zu Jahr in der Sowjetunion besser. Auf allen Gebieten sehen wir einen Aufschwung, überall zeigt sich, daß der Weg der richtige war, den die Arbeiter und Bauern der Sowjetunion gegangen sind, und daß nur die Diktatur den Weg zu einer besseren Zukunft frei machen kann.

Wir haben in der Èechoslovakei als mächtigste Partei in der Regierung die Partei der èechischen Agrarier und sie wird in ihrer Politik unterstützt durch den Landbund, durch die Partei der deutschen Agrarier. Beide Parteien erklären, daß sie Bauernparteien sind. Man sollte also glauben, daß in diesem Staate eine Politik zugunsten der Bauern gemacht wird. Was sehen wir aber in Wirklichkeit? Wir sehen, daß die Bodenreform ein ungeheurer Betrug gewesen ist, eine Quelle unheimlicher Korruptions- und Protektionswirtschaft. Wir sehen, wie die arbeitenden Bauern mit dieser Bodenreform betrogen wurden und nicht das geringste davon gehabt haben. Wir sehen, wie hier den Bauern in keiner Weise von den Herrschenden Hilfe gebracht wird. In Bezug auf Kredit werden sie dem Wucher ausgeliefert, in Bezug auf Betriebsmittel kommt ihnen niemand zu Hilfe und nicht einmal, wenn Katastrophen eintreten, sind für die armen und kleinen Bauern Geldmittel zur Verfügung, da die Fonde nur immer wieder den Großen zugute kommen. Wir sehen, daß die Bauernschaft von allen Errungenschaften der Kultur abgeschnitten ist. In den Romanen wird den Bauern geschmeichelt, in den Novellen, Feuilletonen usw., aber in Wirklichkeit, wenn er irgendwo zu einem Amt oder zu einer Behörde in seinem Arbeitskleid kommt, dann wird er nur mit Verachtung behandelt und nur der vornehme Herr im Pelz, dem wird selbstverständlich eine ganz andere Behandlung zuteil. In der Sowjetunion, wo die Bolschewiken herrschen, die man immer als Bauernfeinde hinzustellen trachtet, dort ist von all dem das Gegenteil zu bemerken. Dort wurde unter die Bauern der Boden, der Großgrundbesitz, unentgeltlich verteilt, während hier bei uns auf die Bauern eine unerträgliche Steuerlast drückt, insbesondere die Last der indirekten Steuern und außerdem noch der größte Teil der sogenannten Besitzsteuern, während in der Sowjetunion der Bauer bis jetzt zu 25 % von den Steuern befreit war und nun nach dem Manifest anläßlich des 10jährigen Jubiläums der Sowjetunion bis 35% von den Steuern befreit wird. Außerdem gibt der proletarische Staat den Bauern jede nur mögliche Hilfe, Kredite, Betriebsmittel, Inventarhilfe, die neuesten Maschinen werden den Genossenschaften zur Verfügung gestellt. Durch die Genossenschaften werden die Bauern zusammengefaßt und es wird ihnen ermöglicht, die neuesten Wirtschaftsmethoden anzuwenden. So werden sie trotz ihres individualistischen Charakters zum Sozialismus erzogen. Man kann ohne Übertreibung sagen: Soviel der kapitalistische Staat auch den Bauern nimmt, so ungeheuer der Raub ist, der hier an den Bauern begangen wird, noch zehnmal mehr gibt der proletarische Staat den Bauern in der Sowjetunion. Und es ist kein Wunder, daß Millionen von Bauern nach Moskau pilgern, um dort Lenin als ihren Befreier zu verehren.

Wir haben hier in der Èechoslovakei eine Regierung, in der auch bürgerliche Parteien der unterdrückten Nationen vertreten sind. Die herrschende Bourgeoisie tut so, als ob damit hier in der Èechoslovakei die nationale Frage gelöst worden wäre. In Wirklichkeit hat sich an den nationalen Verhältnissen hier nicht das geringste geändert. Die Vertreter der Slovaken und die Deutschbürgerlichen sitzen hier in der Regierung nur zu dem Zwecke, um zu verschleiern, daß die eigenen Nationen unterdrückt sind, genau so wie früher die Sozialdemokraten in der Regierung gesessen sind, um zu verschleiern, daß ihre Klasse unterdrückt und ausgebeutet ist. Ja, noch mehr: Seitdem diese bürgerlichen Parteien in der Regierung vertreten sind, hat sich die nationale Unterdrückung noch verschärft. Hier in der Èechoslovakei sind alle Nationen mit Ausnahme der herrschenden versklavt, gewaltsam unterdrückt. Man muß die Dinge beim richtigen Namen nennen. Ein Volk, welches nicht frei über sein Schicksal, über seine staatliche Zugehörigkeit bestimmen kann, welches mit Waffengewalt daran gehindert wird, ist ein versklavtes Volk und Minister, welche in der Regierung diese gewaltsame mit Waffengewalt durchgeführte Versklavung ihres eigenen Volkes mitmachen, sind von ihrem eigenen Standpunkt aus schamlose Verräter. Diese sogenannten aktivistischen Minister machen die Politik der verschärften Unterdrückung ihrer eigenen Nation mit, um die kapitalistische Politik durchführen zu können und die arbeitenden Massen dieser Völker können sich doppelt bedanken bei diesen ihren sogenannten Vertretern. Auf der einen Seite erhöhte, verschärfte nationale Unterdrückung und zum Ausgleich erhöhte Ausplünderung und Beraubung. Das ist das Ergebnis der aktivistischen Politik.

Kein einziges Volk hat hier das Selbstbestimmungsrecht. Und so scharf auch der Druck ist, wagen nicht einmal die oppositionellen Parteien, nicht einmal die oppositionellsten, die deutschen Sozialdemokraten, klar und offen wie wir Kommunisten zu verlangen, daß jedes Volk das Recht haben muß, über sich selbst zu bestimmen, bis zur Losreißung vom Staat. Diese nationale Unterdrückung zeigt sich auf allen Gebieten. Sie zeigt sich auch in einer Nadelstichpolitik. Es wird trotz der Teilnahme von Angehörigen der verschiedenen Nationen an der Regierung, ihnen gleichsam aufs deutlichste gezeigt, daß sie nichts zu sagen haben, daß die Vertreter der unterdrückten Völker sind. Nicht einmal deutsche Minister dürfen hier deutsch sprechen und der slovakische Minister darf nicht einmal offiziell erklären, daß es ein slovakisches Volk gibt. Unter solchen entwürdigenden Bedingungen, die für uns Kommunisten nicht das wesentlichste sind, die aber bezeichnend sind für das System der nationalen Unterdrückung, unter solchen entwürdigenden Bedingungen sitzen die Herrschaften in der Regierung und machen das alles mit.

Wir Kommunisten treten nicht nur für die Gleichberechtigung aller unterdrückten Nationen ein. Uns liegt die Freiheit eines jeden Volkes am Herzen. Wie steht es um die Freiheit des èechischen Volkes? Die Bourgeoisie hier betreibt eine Politik - und sie muß sie betreiben unter solchen Verhältnissen, wo die Hälfte der Bevölkerung aus unterdrückten Nationen besteht und 99 % aus unterdrückten Klassen - welche den Staat in vollständige Abhängigkeit von fremden Mächten bringt. Von einer Unabhängigkeit des èechischen Volkes kann keine Rede sein. Aber diese Politik bedeutet auch die Bedrohung der Freiheit des èechischen Volkes aufs äußerste. Genau so wie die deutschen Aktivisten und die slovakischen Regierungsleute ihr Volk verraten, genau so verraten es auch die Vertreter der èechischen Bourgeoisie. Denn um ihre kapitalistische Klassenpolitik durchführen zu können, um den Klassencharakter des Staates wahren zu können, setzen sie die Freiheit des èechischen Volkes aufs Spiel. Wir haben an dem Beispiel des alten Österreich gesehen, wie leicht ein solches System zusammenbricht, wie es eigentlich zum Zusammenbruch notwendiger weise verurteilt ist. Wir haben gesehen, wie bei einem solchen Zusammenbruch ein Volk, welches früher das herrschende war, zu einem unterdrückten werden kann. Das èechische Volk hat Jahrhunderte schlimmster, furchtbarster nationaler Unterdrückung mitgemacht und die deutsche Bourgeoisie, die sich heute beklagt, hat es noch viel schlimmer getrieben als heute die èechische Bourgeoisie. Die èechische Bourgeoisie läßt es ganz gleichgültig, daß die Gefahr besteht, daß das èechische Volk wiederum unter eine solche Fremdherrschaft geraten kann und muß, wenn diese Politik weiter betrieben wird. Sie denkt nicht daran, um dieser Gefahr willen ihre Herrschaft aufzugeben. Sie muß die Èechoslovakei unter die Hörigkeit fremder kapitalistischer Mächte bringen, von denen sie Schutz für ihre unhaltbare Herrschaft erwartet, wodurch aber die Èechoslovakei notwendigerweise in alle Verwicklungen hineingerissen werden muß, welche auch die so spät erworbene èechische Freiheit aufs äußerste gefährden.

Es scheint ein Widerspruch zu sein und es ist doch wahr. Auch in Bezug auf die Freiheit des èechischen Volkes zeigen die Kommunisten die einzige Politik, welche die Freiheit des èechischen Volkes sichern kann. Man sieht das an dem Gegensatz des Verhältnisses auch in dieser Frage zwischen der Èechoslovakei und der Sowjetunion. In der Sowjetunion sind alle Nationen frei und gleichberechtigt; während man hier bei uns einen Teil des Landes, nämlich die Ukraine, nicht einmal bei ihrem richtigen Namen nennen darf und sie als Rußland bezeichnen muß, während jede Nennung der Podkarpatská Ukraina konfisziert wird, macht man es in der Sowjetunion umgekehrt. Dort wird und das ist ein Symbol für das ganze System - der ganze Staat heute nicht mehr Rußland genannt, sondern er heißt Sowjetunion, um zum Ausdruck zu bringen, daß er ein Verband freier gleichberechtigter Völker ist und nicht eine Unterdrückungsmaschine der Nationen. Jede Nation, wenn sie nur halbwegs groß genug dazu ist, hat ihre eigene Republik, hat das Recht, sich jeden Tag, wenn sie es wünschen würde, von der Sowjetunion loszureißen. Kleinere nationale Gebiete, bei denen es unmöglich ist, Republiken zu schaffen, haben wenigstens autonome Gebiete und wenn es schon nicht anders geht, werden wenigstens nationale Sowjets geschaffen. Die Deutschen an der Wolga haben ihre eigene Republik und es gibt zahllose èechische Verwaltungsgebiete, wo sogar in ganz kleinstem Maßstabe die zersplitterten Èechen, die dort wohnen, ihre nationale Freiheit haben. Das gibt es in der Sowjetunion. So löst ein proletarischer Staat die nationale Frage und gleichzeitig ist dieser Staat auch vollständig unabhängig von den fremden imperialistischen Mächten, obwohl sie alle zusammen mit ihrer ganzen Macht die Unabhängigkeit der Sowjetunion untergraben möchten. Wir haben es in Genua gesehen, als man Rußland Kredite anbot, gegen die Preisgabe eines bloßen Prinzips. Man verlangte von ihm nur, daß für ein paar Kapitalisten das Privateigentum an den Produktionsmitteln anerkannt werde. Es war materiell nur eine Kleinigkeit, denn auf die paar Betriebe kam es nicht an, wir haben ja in der Sowjetunion auch Konzessionen. Es war aber eine prinzipielle Frage, ob es in der Sowjetunion einen Privateigentümer von Produktionsmitteln geben darf. Und so unabhängig, so stark war die Sowjetunion in schwierigeren Zeiten als heute, daß sie erklärt hat: Unter solchen Umständen nehmen wir die Kredite nicht an, weil wir das sozialistische Prinzip in der Sowjetunion nicht preisgeben wollen. Ich erinnere mich noch sehr gut, daß die sozialdemokratischen Parteien, die II. Internationale, statt es zu begrüßen und zu unterstützen, damals über die Sowjetunion hergefallen sind, so wie jetzt in der Frage der kriegerischen Bedrohung.

So wie in diesen großen Fragen, die ich hier besprochen habe, so ist es auf allen Gebieten um den Unterschied zwischen dem kapitalistischen Staat und dem proletarischen Staat drüben bestellt. Besonders stolz sind die kapitalistischen Staaten auf ihre, Errungenschaften auf dem Gebiete der Kultur. Man liebt es, die Sowjetunion als ein Land der Barbarei hinzustellen, man spricht von einem bolschewistischen Chaos, vor welchem man die Kulturländer retten müsse. Wie steht es in Wirklichkeit auf diesem Gebiete? Noch niemals auf der Welt sind so gewaltige Kulturleistungen vollbracht worden wie jetzt in diesen zehn Jahren unter der Diktatur des Proletariats. Nur der gewaltige Kampf gegen den Analphabetismus allein, der unter der Herrschaft des Zarismus unmöglich war, den die Kapitalisten mit allen Mitteln verhindert haben, ist schon eine Leistung, die mit nichts anderem verglichen werden kann. Aber davon abgesehen, eine ganze Unzahl von Schulen aller Art und Stufen ist entstanden, Kunst und Literatur erfahren eine neue Blüte, für alle möglich en wissenschaftlichen Zwecke werden staatliche Mittel zur Verfügung gestellt. Und das Entscheidendste ist, daß bei diesem ganzen Kulturaufbau zum erstenmal ein ganz neuer Geist zum Durchbruch gekommen ist. Während bei uns in den Schulen den Proletarierkindern und Bauernkindern kapitalistische Moral eingeimpft wird, um das Ausbeutungssystem auch auf diesem Wege zu festigen, lernen zum erstenmal die Proletarier- und Bauernkinder in der Sowjetunion einen ganz neuen Geist kennen, werden sie zu modernen klassenbewußten arbeitenden Menschen erzogen. Während hier bei uns die Schule den Pfaffen ausgeliefert wird, die, wie man aus den Worten meines Herrn Vorredners gesehen hat, noch immer nicht zufrieden sind und immer mehr auf diesem Gebiete verlangen, während die Kongrua bei uns noch die Bezahlung auf Kosten der Ärmsten für diese Herrschaften herbeiführt, das Konkordat vorbereitet wird, sehen wir in der Sowjetunion zum erstenmal eine völlige Trennung von Staat und Kirche, eine gewaltige Aufklärungsarbeit in größtem Maße auch auf den Dörfern und es gibt schon in der Sowjetunion Bauerndörfer, die von jedem Aberglauben frei sind. Während hier dem Aberglauben zahllose Frauen geopfert werden, welche in der Angst, ein Kind gebären zu müssen, das sie nicht ernähren können, entweder dem Tode oder der Strafe, dem Gefängnis ausgeliefert werden, sehen wir, wie in der Sowjetunion auch diese Frage in einem neuen modernen Geiste gelöst wurde. Während es hier in der Èechoslovakei ein Verbrechen ist, wenn man gegen den unsinnigsten Aberglauben ankämpft, der durch die Wissenschaft längst erledigt ist, während hier in diesem modernen Kulturstaat die Schule verpflichtet ist, den Kindern beizubringen, daß der erste Mensch aus Lehm gemacht wurde und von ihm alle anderen Menschen abstammen, wovon Darwin vor so vielen Jahren nachgewiesen hat, daß das ein Unsinn ist, sehen wir, daß in der Sowjetunion nicht durch die Gewalt, aber durch eine gewaltige systematische Aufklärungsarbeit ein neues Geschlecht von Menschen erzogen wird, welches die Welt so sieht wie sie ist und sich nicht durch den überwundensten Aberglauben beeinflussen läßt. Aber freilich, man sagt uns und auch sogenannte Arbeiterführer sagen es: Was nützt das alles, wir haben hier doch die Demokratie, die Gleichberechtigung aller, und dort in der Sowjetunion ist die Diktatur, dort ist der Terror und ich weiß nicht, was noch alles dort ist, wir wollen nicht unter dem Terror leben, wir wollen frei sein. Wie steht es um diese Frage? Die ganze Demokratie hier ist - das sollte man wirklich nicht mehr leugnen können - ein aufgelegter Schwindel. Was ist Demokratie in Wirklichkeit? Demokratie ist dort, wo die Massen mitzusprechen, mitzuarbeiten, mitzuentscheiden haben und wo vor allem das geschieht, was die Massen wollen. Haben wir eine solche Demokratie Geschieht hier nicht genau das Gegenteil von dem, was die Massen wollen? Oder wollen die Massen vielleicht eine derartige Steuerpolitik, wollen sie vielleicht von den Polizisten geschlagen werden, wollen sie, daß ihnen bei jedem Streik, bei jedem Kampfe um ein Stückchen Brot Polizei und Waffengewalt entgegentritt. Wollen sie diese Ausbeuterpolitik? Nein, sie werden nicht gefragt, gegen ihren Willen wird die Politik durchgeführt. Einmal in ein paar Jahren dürfen sie einen Stimmzettel abgeben, dabei wird die ganze Macht der Presse, der Pfaffen, der Schule, der sogenannten Intelligenz, die wirtschaftliche Macht, alles wird in die Wagschale geworfen, um den Proletariern einzureden: Die Religion ist in Gefahr, die Nation ist in Gefahr, ich weiß nicht, was noch in Gefahr ist, damit sie ihre Ausbeuter wählen. Dann kommt ein Parlament zustande, dann wird geschachert um die Bildung einer Mehrheit, dann kommt eine Regierung zustande und die Bürokratie kann während der ganzen Zeit machen, was sie will und das nennt man Demokratie, Volkswillen. Haben wir eine Pressefreiheit, eine Versammlungsfreiheit? Wenn die Arbeiter auf die Straße gehen wollen, um die Sowjetunion zu feiern, wird ihnen das verboten und wenn sie es dennoch tun, werden sie mit dem Pendrek mißhandelt. Es vergeht fast kein Tag, wo nicht unsere Presse wegen der harmlosesten Ausdrücke konfisziert wird.

Von einer demokratischen Freiheit ist keine Spur und die neueste Verwaltungsreform hat die ganze Diktatur noch verschärft. Immer klarer wird es, daß das, was wir haben, so wie in allen kapitalistischen Staaten nichts anderes ist als eine verhüllte Diktatur der Bourgeoisie. In der Sowjetunion haben wir eine Diktatur des Proletariats. Aber diese Diktatur des Proletariats ist die größte Demokratie, die überhaupt erreichbar ist, bevor die Klassengegensätze aus der Welt geschafft werden. Arbeiter und Bauern wählen sich die Sowjets, während hier durch 6 Jahre niemand dem Abgeordneten etwas dreinreden kann. Die Arbeiterräte müssen sofort zurücktreten, wenn ihre Wähler sie nicht mehr wollen. Sie haben dort proletarische Preßfreiheit. Selbstverständlich wird in der Presse kein Attentat gegen die Herrschaft der Bauern und Arbeiter geduldet. Aber die Arbeiter und Bauernkorrespondenten können ruhig alles sagen, was sie auf dem Herzen haben, können schärfste Kritik üben an den Zuständen, wenn ihnen etwas nicht recht ist. Wir haben schon häufig erlebt, daß wir im "Sozialdemokrat" Zuschriften aus Arbeiter- und Bauernkreisen, die in der "Pravda" veröffentlicht waren, gelesen haben, was ein Beweis ist, daß eine Pressefreiheit für die Arbeitenden besteht, aber nicht für die Ausbeuter, während bei uns das Umgekehrte der Fall ist.

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