Die Eintreibung der vorhin erwähnten Steuerrückstände
dürfte wohl so gut wie ausgeschlossen sein und ich würde
daher der Steuerfinanzverwaltung anempfehlen, auf einen Steuerausgleich
mit allen im Steuerrückstand befindlichen Steuerschuldnern
auf einer annehmbaren Basis einzugehen, wodurch der Staatskasse
innerhalb einer bestimmten Frist größere Geldmittel
zufließen und weil auch das Vertrauen zur Staatsfinanzverwaltung
bedeutend gehoben würde. Sollte die Staatsfinanzverwaltung
den Versuch unternehmen, die Eintreibung durch Zwangsmaßnahmen
vorzunehmen, so würde der Staatssäckel auf der einen
Seite momentan wohl einen Erfolg erzielen, auf der anderen Seite
aber die fließenden Steuerquellen zum Großteil zum
Versiegen bringen. Hiedurch würde nachher nicht nur ein sogenannter
Katzenjammer eintreten, sondern es würde dem Staate wie auch
der gesamten Volkswirtschaft ein unermeßlicher Schaden entstehen.
Ich kenne weiters Fälle, wo man auf den
unbeweglichen Besitz von Unternehmungen die Steuerrückstände
intabuliert hat, weil Barmittel nicht zu erreichen waren und man
die fast vollständige Stillegung des Betriebes dadurch veranlaßte,
weil eine Kreditgewährung nicht mehr erreicht wurde. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Horák.) Also
kurz gesagt, auf der einen Seite eine effektive Sicherstellung
und auf der anderen Seite die Lahmlegung des Betriebes und somit
auch die Lahmlegung des laufenden Einganges der Steuerabgaben.
Ob dies im Interesse des Staates gelegen sein
kann, sei dahin gestellt und es wird der Herr Finanzminister hinsichtlich
der Steuerrückstände unbedingt vor die Frage gestellt
werden, entweder sich mit einem geringeren Anteil zufriedenzustellen
oder aber dem Staate und der Wirtschaft zu schaden. Unglaublich
und unfaßbar ist es aber, daß die Finanzverwaltung
dieses Staates daran geschritten ist, bereits rechtskräftig
vorgeschriebene Steuern von den Jahren 1914 bis 1920 mit einer
Nachtragsvorschreibung zu belegen. Auf solche Steuern hat der
Staat meiner Auffassung nach gar kein Recht mehr, weil diese Steuervorschreibungen,
bereits seinerzeit in Rechtskraft erwachsen sind. Die Abschreibung
dieser nachträglichen Vorschreibungen an Steuern wird in
den meisten Fällen gewiß dazu führen, daß
die anderen noch restierenden Steuern ehestens abgestattet werden
dürften und ich würde daher der Staatsfinanzverwaltung
diesen Vorgang bei derartigen Rückständen wärmstens
empfehlen.
Wenn ich mich nun zum Schlusse meiner Ausführungen
der politischen Einstellung meiner Partei zu den derzeitigen Verhältnissen
zuwende, so verweise ich mit einer gewissen Genugtuung auf die
im Budgetausschusse abgeführten Debatten, die aus dem Lager
der deutschen Opposition und der deutschen Regierungsparteien
hervorgingen und es macht auf mich den Eindruck, als ob sich die
heutigen, der aktivistischen Richtung noch abseits stehenden deutschen
Parteien der positiven Mitarbeit zuwenden wollten, was im Interesse
unseres Volkes nur zu begrüßen wäre. Dies ist
uns aber auch ein Beweis, daß trotz all der Anwürfe,
die gegen uns erhoben worden sind, unser Vorgehen auf parlamentarischem
Boden das Richtige ist.
Wenn sich unsere Partei auf den Boden dieses
Staates durch ihre derzeitige Mitarbeit mit den anderen Regierungspartelen
gestellt hat, so kann ich ruhig erklären, daß wir trotzdem
unsere Forderungen um die unveräußerlichen Rechte
des deutschen Volkes in nationaler Beziehung nie aufgeben werden
und auch niemals von Seite der Èechen bzw. von ihren Führern
zum Aufgeben dieser Forderungen veranlaßt worden sind, noch
hiezu verhalten werden können. Der Herr Ministerpräsident
erklärte im Budgetausschuß, daß das deutsche
Volk die gleichen Bürgerrechte besitzt wie das èechische.
Ich gebe gerne zu, daß diese Worte in der ehrlichen Absicht,
sie in die Tat umzusetzen, gesprochen worden sind. Es steht aber
unleugbar fest, daß gerade die
Schulfrage, besonders aber die Sprachenfrage zwischen dem deutschen
und èechischen Volke für ein aufrichtiges Zusammenarbeiten
in allen öffentlichen Angelegenheiten immer noch ein besonderes
Hindernis bildet. Hiedurch wird die Lösung so manches
wichtigen Problems für Staat und Gesellschaft gehindert und
das weitere Aufblühen des an hochstehendem Gewerbe, Handel,
Industrie und Landwirtschaft so reichen Landes für alle Völker
beeinträchtigt, Und somit komme ich eigentlich zum wichtigsten
Problem in diesem Staate, zur Sprachenfrage.
Jeder Staat ist aus einem oder mehreren Völkern
zusammengesetzt. In diesem Staate hier, wo eine mehr als tausendjährige
Kultur in der Geschichte von 3 1/2
Millionen Deutschen verzeichnet ist, wohnen Kulturvölker
verschiedener Nationen fast ebensolange nebeneinander. Wenn somit
immer von der Staatssprache als solcher die Rede ist, so kann
es nicht die Sprache einer dieser Völker sein, sondern die
Staatssprache im wahren Sinne des Wortes ist und bleibt die Sprache
aller jener Nationen, die diesen Staat bevölkern und den
eigentlichen Organismus des Staates bilden. Wenn diese Erkenntnis
bei allen Nationen, die in wirtschaftlicher Beziehung miteinander
verbunden sind, platzgreifen wird, wird Ruhe und Frieden eintreten
und das erreicht werden, was wir eigentlich so recht vom
Herzen wünschen, nämlich den nationalen Frieden und
den ehrlichen Wettbewerb zwischen diesen Völkern auf kulturellem,
wirtschaftlichem und sozialem Gebiete. Das Jahr èechisch-deutscher
Regierung hat bewiesen, daß das
deutsche und èechische Volk in diesem Staate sein, Haus
gemeinsam bestellen kann. Es wurde damit der Beweis erbracht,
daß Deutsche, die seit 9 Jahren diesem Staate angehören,
in dem ihre engere Heimat seit Jahrhunderten liegt, zum Wohle
der Völker in diesem Staate mitzuarbeiten
bereit sind.
Deswegen werden wir unser Deutschtum nicht
preisgeben, wie man es uns so gerne andichten will. Der Ausgang
der Gemeindewahlen, die kürzlich in zahlreichen Orten stattgefunden
haben, haben uns in dem Glauben gestärkt, daß wir keinen
unrichtigen politischen Weg eingeschlagen haben, seitdem wir die
Regierungsmehrheit unterstützen. Der Ausgang der Wahlen,
bei welchen die deutsche Gewerbepartei zum Leidwesen manch anderer
große Erfolge hatte, zeigt uns aber noch, daß der
beschrittene Weg fortzusetzen ist, was wir solange tun werden,
solange wir imstande sind, unsere Politik vor den Wählern
und auch vor dem sudetendeutschen Volke verantworten zu können.
Man mag heute darüber streiten, ob die Mitarbeit der Deutschen
zu früh oder zu spät erfolgte, eines steht fest dabei,
daß darüber nicht wir, sondern die Geschichte des deutschen
Volkes das Urteil fällen wird, Unsere heutige Devise lautet:
Schutz und Besserstellung des sudetendeutschen Volkes und daran
arbeiten wir nicht nur jetzt, sondern wir werden es auch in Hinkunft
tun.
Der gute Wille, der bereits auf deutscher Seite gezeigt wurde,
wird bei ebenso gutem Willen auf der Seite des èechischen
Volkes die nationalen Fragen in nicht allzuferner Zeit befriedigend
lösen können, was umso früher
möglich sein wird, wenn bei Verhandlungen die übernationalen
Heißsporne, die behindernd wirken, nicht beachtet werden.
Die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten dürften
nach meinem Dafürhalten nicht nur als gesprochene Worte gelten,
sondern sollen getreu seiner Regierungserklärung "Gleiche
mit Gleichen" zur Wahrheit werden. (Souhlas a potlesk.)
Hohes Haus! Zum ersten Male haben wir es mit einem Staatsvoranschlag
zu tun, für den nicht nur èechische und slovakische,
sondern auch deutsche politische Parteien verantwortlich sind.
Darin, daß deutsche Politiker in die
Regierung eingetreten sind, wollen die Befürworter dieser
neu en Koalition eine Wendung in der inneren Politik dieses Staates
erblicken. Wenn eine Wendung wirklich erfolgt wäre, so müßte
dies im Staatsvoranschlag zum Ausdruck kommen, denn das Budget
gibt ein Bild über die Richtung der Politik, über die
Grundzüge und Grundsätze der Staatsverwaltung und gibt
Aufschluß, welche Leitmotive bestimmend sind für die
innere und äußere Politik eines Staatswesens. Vergleichen
wir das heurige Budget mit den früheren, so merken wir in
dieser Beziehung keinerlei Unterschied. Die neue Koalitionsregierung
tritt mit einem Staatsvoranschlag vor das Parlament, der zum Ausdruck
bringt, daß man sich völlig im kapitalistischen Geiste
bewegt. Der Grundzug, der in früheren Staatsvoranschlägen
gleichfalls zu finden war, die Besitzenden nicht zu stark
herzunehmen, dem arbeitenden Teil der Bevölkerung den größten
Teil der Staatslasten aufzuerlegen, dieser Grundzug ist im Voranschlag
der èechisch-deutschen Regierungskoalition noch stärker
wahrzunehmen. (Sehr richtig!) Es ist
ein Staatsvoranschlag, der kapitalistischen Klassencharakter trägt,
der uns deutlich zeigt, zu welcher Politik und Staatswirtschaft
sich èechische und deutsche bürgerliche Parteien zusammengefunden
haben. Wenn im Vorjahr einzelne Vertreter der
deutschen aktivistischen Parteien noch von dieser Stelle aus erklären
konnten: "Wir tragen keine Verantwortung für den Staatsvoranschlag
und seine einzelnen Teile, weil wir an seiner Zusammenstellung
nicht mitgearbeitet haben" - so können die drei aktivistischen
deutschen Parteien in diesem Jahre mit einer solchen Erklärung
sich nicht mehr um die Verantwortung drücken, die die Bevölkerung
angesichts dieses Staatsvoranschlages von ihnen fordert.
Besehen wir uns einmal kurz die politischen
Auswirkungen der angeblichen Wendung in der Innenpolitik. Wenn
man die aktivistischen Parteien fragt: "Was habet ihr erreicht,
was ist der Erfolg Eurer Koalitionspolitik in einem Ministerium,
an dessen Spitze Švehla steht?", erhält
die Bevölkerung, die solche Fragen mit Recht aufwirft, als
Antwort die Mahnung zu Geduld. Man möge geduldig sein, man
solle zuwarten, nicht drängen auf Erfolge, die nur langsam
heranreifen können. Gewiß, auch die Geduld kann in
der Politik eine unerläßliche Voraussetzung künftiger
Erfolge sein, eine Mahnung zur Geduld kann unter Umständen
sehr nützlich sein. Aber die Tröstungen damit, daß
später Erfolge kommen werden, eine solcher Art ausgesprochene
Mahnung zur Geduld, entspringt keinem Gefühl der Stärke,
entspringt nicht dem Gefühl der Sicherheit, daß
man in den großen innerpolitischen Fragen der Èechoslovakei
im Sinne früher aufgestellter Grundsätze zum Siege kommen
werde. Die Mahnung zur Geduld ist hier vielmehr eine Ausflucht
gegenüber jenen, die wissen wollen, was die aktivistische
Politik bisher zustande gebracht hat. Sie ist
ein Zeichen der Schwäche, die Geduld der Aktivisten, keiner
schöpferischen Kraft, kein Beweis der Überzeugtheit,
auf dem richtigen Wege zu sein. Innerpolitisch sehen wir die Wirkungen
dieser neuen Politik. Was wir heute vor uns haben, die
èechisch-deutsche Regierungskoalition, ist der deutliche
Beweis, daß in einem geschichtlich wichtigen Augenblick
dieses Staates drei deutsche Parteien die Geduld völlig verloren
hatten. Gewiß, sie sagen in der Rechtfertigung ihrer Politik
den deutschen Bevölkerungsschichten: "Wir haben eine
schwere Arbeit zu leisten und was wir früher in unsere Forderungen
aufgenommen haben, nämlich die Bereinigung der nationalen
Probleme in der Èechoslovakei, das haben wir nicht aufgegeben,
wir sind ununterbrochen darauf bedacht, diese
Fragen zu lösen, wir sind in die Regierung gegangen, um auf
einem anderen Wege es unmöglich zu machen, daß die
staatlichen Angelegenheiten ohne und gegen uns geregelt werden".
Sie haben den ersten besten Anlaß benützt, der sich
ihnen bot, um den neuen Weg zu betreten. Damals wäre etwas
mehr Geduld am Platze gewesen. Der Zerfall der allnationalen
Koalition war nicht aufzuhalten, man mußte damit rechnen.
In dem Augenblick, wo die èechische Bourgeoisie in nationaler
und staatlicher Hinsicht sich befriedigt fühlen konnte, in
demselben Augenblick hatte sie es nicht mehr
notwendig, soziale Einsicht zu zeigen, hatte sie es nicht mehr
nötig, zu den früher im alten Österreich und anfänglich
auch in diesem Staate vertretenen sozialen Anschauungen zu stehen.
Da setzte sich bei ihnen das Bestreben durch, reine unverfälschte
rücksichtslose Klassenpolitik zu treiben. (Souhlas na levici.)
In dem Augenblick, wo die allnationale Koalition zusammenbrach,
also durch den Austritt der èechischen sozialistischen
Parteien aus der Regierung das èechische Bürgertum
vor die Frage gestellt war, gewisse Klassenforderungen zurückzustellen,
oder an einer Politik festzuhalten, die in einem bestimmten Ausmaße
den Arbeiterforderungen und den Bedürfnissen
der Arbeiter entspricht, wählte die èechische Bourgeoisie
den Weg der rücksichtslosen Klassenpolitik. Da verzichteten
sie auf das Zusammenwirken mit den sozialistischen Arbeiterparteien.
Sie hatten schon für diesen Augenblick vorgearbeitet,
durch Brücken, die geschlagen worden waren zu den deutschen
Agrariern, zu den deutschen Christlichsozialen und zu den Gewerbeparteilern.
Sie haben die Brücken zu den deutschen politischen Parteien
nicht geschlagen, indem sie ihnen erklärten: "Wir werden
mit euch gemeinsam an die Lösung der innerstaatlichen Probleme
gehen" - sondern sie haben, die deutsch-bürgerlichen
Parteien hereinzulocken gewußt in eine neue Koalition und
sie auf diese neue Koalition vorbereitet, indem sie ihnen zu erkennen
gaben, daß jetzt die Stunde gekommen sei, wo sie die Mitarbeit
der sozialistischen Parteien in der Regierung nicht mehr brauchen
können weil diese Mitarbeit es unmöglich mache, die
bürgerliche Klassenpolitik rein zu vertreten. "Ihr deutsch-bürgerlichen
Parteien habt auch ein Interesse daran (Výkøiky
na levici.), daß in der Èechoslovakei ein anderer
Zug in die Regierungspolitik kommt, daß wir nicht mehr Rücksicht
zu nehmen brauchen auf die Wünsche und Forderungen großer
Arbeiterschichten, sondern, daß wir unsere
Klasseninteressen ohne Hindernisse und ohne Schwierigkeiten vertreten
können". Man muß sich einen Augenblick in Erinnerung
rufen, was alles geschehen war, bevor die drei deutschen Parteien
in die Regierung eingetreten sind. Man rufe sich nur in Erinnerung,
welcher Sturm der Entrüstung bei den polit. deutschen Parteien
herrschte, als ihr jetziger Führer in der Politik, der Herr
Ministerpräsident Švehla die Sprachenverordnungen
herausgab, ohne sich zu erinnern, daß er einmal persönlich
den deutschen Parteien zugesichert hatte, die Sprachenverordnungen
vorher den deutschen politischen Parteien zur Begutachtung und
Überprüfung vorzulegen. Nicht viele Monate darauf, als
die deutschen Agrarier und die deutschen Christlichsozialen bemerkten,
daß die Gegensätze in der allnationalen Koalition nicht
mehr überbrückt werden können, war die ganze Entrüstung
vergessen und sie schwenkten mit fliegenden Fahnen ein in die
Regierungsmehrheit, ohne auch nur mit einem Atemzug daran zu denken,
was sie wiederholt und vor allem anderen vor den letzten Parlamentswahlen
der deutschen Bevölkerung im Bezug auf die Regelung der nationalen
Fragen versprochen und geschworen hatten. Seither folgen die deutsch-bürgerlichen
Parteien ihrem politischen Leitstern, dem Ministerpräsidenten
Švehla, sie folgen ihm mit einem wahren politischen
Kindergemüt, sie folgen ihm so bedenkenlos, so unkritisch,
so gläubig und so innerlich festlich gestimmt, wie in der
Sage aus dem frühen Mittelalter die Kinder dem Rattenfänger
von Hameln gefolgt sind. Das ist nun ihr Leitstern in der inneren
Politik und sie übergehen alles, was sich seither zugetragen
hat, seit sie in der Regierung stehen, mit Stillschweigen.
So hat sich innerpolitisch die neue Koalition
ausgewirkt in der Richtung einer gehässigen Klassenpolitik
gegen die Arbeiter. Sie ist zum Ausdruck gekommen gleich bei der
Schaffung der Zölle. Gestern hat zwar ein Führer der
èechischen Agrarier, Herr Dr.
Viškovský, behauptet, daß das, was man
von den Zöllen befürchtet hat, nicht eingetreten sei,
im Gegenteil, man lebe sehr gut in der Èechoslovakei.
(Výkøiky na levici.) Er hat sich u. a. auch über
die Not von Zehntausenden von Menschen mit einer Geste hinweggesetzt,
indem er erklärte, wer Arbeit wolle, der finde in der Èechoslovakei
jederzeit Arbeit. Dabei hat er vergessen, daß
an die 40,000 Arbeitskräfte bei den Arbeitsvermittlungsstellen
gemeldet sind, die Beschäftigung haben wollen und denen man
keine geben kann. Und das geschieht in einer Zeit, in der wir
einen besseren Geschäftsgang haben, in einer Zeit, von der
der Herr Finanzminister in seinem Exposé als von einer
Zeit des Aufstieges, der wirtschaftlichen Entwicklung, spricht,
in einer Zeit, von der man sagt, daß man sehr zufrieden
sein könne mit den Fortschritten, die auf dem Gebiete der
Wirtschaft aufzuweisen sind. Herr Dr. Viškovský
ist noch weitergegangen. Er hat erklärt, die Menschen
bei uns brauchten nicht mehr trokkenes Brot zu essen, sie könnten
sich dieses Brot sogar mit Butter belegen. Das ist in demselben
Tone gehalten, den in seinem Exposé schon der Herr Finanzminister
Dr. Engliš angeschlagen hat, der an einer Stelle
davor warnt, sich nicht so sehr dem Luxus und dem Wohlleben zu
ergeben und der klagt, daß die Mahnungen zum Sparen in der
Bevölkerung so wenig beachtet werden. Im Zusammenhang damit
hat er auf die Steigerung der Preise von Seidenwaren und Luxusgegenständen
hingewiesen. Nur hat er vergessen, daß eine Untersuchung
darüber notwendig wäre, welche Konsumenten da vor allem
dazu beitragen, daß sich die Einfuhr an Luxuswaren wie Seide
usw. steigert. Davon, daß auch die Arbeiterklasse
in der Èechoslovakei eine Verbesserung ihrer Lebenshaltung
unter der glorreichen Koalition erreicht hätte, davon ist
keine Rede. Die Zentralsozialversicherungsanstalt hat in einer
Statistik aufgezeigt, daß die übergroße
Mehrzahl der arbeitenden Menschen, die versicherungspflichtig
ist, weit unter dem Existenzminimum verdient. Wenn ferner erklärt
wird, es seien die Befürchtungen, die man von der Zollpolitik
gehabt hat, nicht eingetreten, so erinnern wir Herrn Dr.
Viškovský daran, daß die Kosten der Lebenshaltung
nachweisbar seit Einführung der Zölle gestiegen sind.
Wir haben heuer unverhältnismäßig hohe Kornpreise.
Wir hatten in diesem Jahre eine sehr gute Kartoffelernte und dabei
doch sehr hohe Kartoffelpreise. Selbst die Nahrungsmittel, die
der arbeitende Mensch unbedingt haben muß, weisen Preise
auf, die weit über das hinausgehen, was der Arbeiter ertragen
kann. Und gegenüber solchen Tatsachen so zu reden, wie es
gestern seitens des Herrn Dr. Viškovský geschah,
dazu gehört wirklich eine Stirne, wie sie nur ein
Mitglied der gegenwärtigen Regierungskoalition haben kann.
(Výkøiky na levici.) Aus seiner ganzen Rede sprach
ein so giftiger Haß gegen die Arbeiter, ein so giftiger
Haß gegen alles, woran den Arbeitern gelegen
ist und eine so niedrige Feindschaft gegen die sozialpolitischen
Einrichtungen, daß wir diese Rede als nichts anderes, denn
als einen feindseligen Ausfall gegen die gesamte werktätige
Bevölkerung bezeichnen können. Diese Rede drückt
den Willen aus, festzuhalten an der Fortsetzung der bisherigen
arbeiterfeindlichen Politik. Darnach haben die arbeitenden Klassen
von der Regierungskoalition noch schlimmeres zu erwarten.
Da möchte ich gleich eine Frage, die der
Herr Dr. Viškovský angezogen hat, nämlich
die Frage der Sozialversicherung berühren. Seitdem die deutschen
Landbündler, die Christlichsozialen und die Gewerbeparteiler
in der Regierung sind, steht die Novellierung der Sozialversicherung
- das heißt die Verschlechterung der Sozialversicherung
- auf der Tagesordnung. Vielleicht gehört das zu den Abmachungen,
unter denen die drei deutschen Parteien sich der Regierung angeschlossen
haben. Was will man auf dem Gebiet der Sozialversicherung? Das,
was vorgeschlagen wird in der neuen Regierungsnovelle, ist so
arg, daß man sich nicht getraut hat, vor den Gemeindewahlen
in der Öffentlichkeit davon auch nur ein Wort verlauten zu
lassen. Die Bevölkerung wurde im Unklaren gelassen. Noch
mehr, man hat manches dazu beigetragen, die Arbeiter zu beruhigen,
sie mögen ja nicht fürchten, daß irgendein Vorstoß
gegen ihre Rechte unternommen wird. In dem Blatte der deutschen
Christlichsozialen, in der "Deutschen Presse", wurde
am 18. September, zu der Zeit als die Wahlbewegung begann, ein
Leitaufsatz veröffentlicht, der die Überschrift trägt:
"Gegen eine Novellierung, die Verschlechterung bedeutet".
In dem Artikel wird Folgendes ausgeführt: "Man hört
und liest viel von den Wünschen mancher Kreise, was allerhand
Bedenken verursacht. Deshalb sei hier abermals auf die Stellung
der christlichsozialen Arbeiterschaft hingewiesen, die dahin geht,
mit der Novellierung möglichst zuzuwarten, bis die praktische
Auswirkung des Gesetzes mehr erkennbar ist, auf keinen Fall aber
Änderungen durchzuführen, die den Versicherten die Rechte
kürzen und ihre Ansprüche beschränken." An
einer anderen Stelle heißt es bzgl. des Erkenntnisses des
Obersten Verwaltungsgerichtshofes: "Der Ausfall der Einnahmen
für einen Tag hat viele Krankenkassenleitungen zu einschneidenden
Ersparungsmaßnahmen gezwungen". Das war im September
und die Arbeiterschaft, die der christlichsozialen Partei angehört,
mußte aus diesem Artikel die Beruhigung schöpfen, daß
gegen die Sozialversicherung unter Mitwirkung der Christlichsozialen
nichts geschehen werde. Es ist (Výkøiky na levici.)
zwar später in der "Deutschen Presse" anders geschrieben
worden; den anderen Klassen, die zur Gefolgschaft der Christlichsozialen
gehören, wurde damit gezeigt, daß das, was zur Beruhigung
der Arbeiterschaft veröffentlicht wurde, nicht so ernst zu
nehmen ist.
In der ganzen Sozialversicherungsnovelle, die
uns vorliegt, erblicken wir einen Vorstoß gegen ein sozialpolitisches
Werk, den sich die Arbeiter nicht ruhig bieten lassen können.
Abgesehen davon, daß der Hinauswurf der Jugendlichen, der
Heimarbeiter und der Saisonarbeiter, aus der Alters- und Invaliditätsversicherung,
der Hinauswurf von mehr als einer halben Million versicherungspflichtiger
Menschen, ein Faustschlag gegen die Arbeiter ist, eine Herausforderung
der ganzen Arbeiterklasse bedeutet, abgesehen davon, daß
die Anlegung der Gelder der Zentralstelle der Sozialversicherungseinrichtungen
der Finanzverwaltung des Staates, dem Finanzminister, ausgeliefert
wird, abgesehen von diesen in keinem anderen Staat der Welt möglichen
Vorstößen gegen eine wichtige sozialpolitische Einrichtung,
ist der Versuch, den Arbeitern jeden Einfluß in den Krankenversicherungsanstalten
zu nehmen, eine Kampfankündigung, die die Arbeiterklasse
verstehen wird und auf die sie auch die richtige Antwort zu geben
imstande sein wird. Die Industriellen, die sich mit dieser Forderung
solidarisch erklären, verkennen ganz, daß die Entwicklung
der Wirtschaft und der Industrie gar nicht davon abhängt,
ob in den Krankenkassen die Unternehmer den entscheidenden Einfluß
haben. Es heißt die Erbitterung der Arbeiterschaft bis zur
Siedehitze zu steigern, wenn man sie in der Sozialversicherung
einfach mundtot macht. Die bürgerlichen Klassen, Industrielle,
Gewerbetreibende und Bauern verfügen über öffentliche
Einrichtungen, in die die Arbeiter nichts hineinzureden haben.
Da gibt es Handels- und Gewerbekammern, Landeskulturräte
und andere durch Gesetze geschaffene Einrichtungen, wo die bürgerlichen
Klassen allein über die Führung der Geschäfte entscheiden.
Der Arbeiter hatte in diesem Staate bisher nur die Krankenversicherung,
wo er zeigen konnte, was er verwaltungstechnisch in Bezug auf
die Führung einer solchen sozialpolitischen Institution zu
leisten vermag. Wir brauchen uns wahrlich dessen nicht zu schämen,
was die Arbeiter da geleistet haben. Der Aufstieg der Sozialversicherung
und der Krankenversicherung seit 1888, der Aufschwung, den dieser
Zweig der Sozialpolitik genommen hat, ist der beste Beweis dafür,
welches Verbrechen es wäre, die Arbeiter da um die Selbstverwaltung
zu bringen. Im alten Österreich ist den Arbeitern im Gesetze
über die Krankenversicherung der bestimmende Einfluß
gesichert worden, In diesem Staate aber sollen jetzt, im 40. Jahre
der Krankenversicherung entgegengehend, mit Hilfe der deutschen
Regierungsparteien, der deutschen Agrarier und der Christlichsozialen,
die Arbeiter in der Verwaltung der Krankenkassen einflußlos
gemacht werden. Denn nichts anderes bedeutet bei dem Verhältniswahlrecht
die Parität, die im Gesetze vorgeschlagen wird. Es
geht gegen die sozialistische Arbeiterbewegung, gegen die ja alles
gerichtet ist. (Výkøiky na levici.) Aus den Begründungen
des Schrittes der deutschbürgerlichen Parteien, den sie mit
ihrem Eintritt in die Regierung getan, haben
wir häufig gehört, daß man in ihrem Vorgehen nicht
eine antisoziale, wohl aber eine antisozialistische Richtung erblicken
dürfe, d. h. sie kehren sich gegen die sozialistische Bewegung,
gegen den Einfluß der Sozialisten. Sie wollen den sozialistischen
Druck, der angeblich unter der allnationalen Koalition mitunter
unerträglich gewesen sei, zurückdrängen, um endlich
für ihre bürgerliche Politik, für die sogenannte
Konsolidierungspolitik, die Bahn frei zu machen. Sie wollen das
damit beweisen, daß sie, alle ihre Schritte und Maßnahmen
begründen: "Nicht gegen die Arbeiter, sondern nur gegen
die Sozialisten".
Meine verehrten Herren! Welche Wandlungen haben
wir denn auf parlamentarischem Boden erlebt! Erinnern wir uns
nur der vielen Anklagen, die gegen die Art des èechoslovakischen
Parlamentarismus in diesem Hause von dieser Stelle aus von deutschbürgerlicher
Seite erhoben wurden. Noch unmittelbar nach den letzten Parlamentswahlen
sind solche Erklärungen abgegeben worden. Wie hat man es
verurteilt, wenn die Mitarbeit der Opposition
einfach unbeachtet geblieben ist, daß man in den Ausschüssen
über Anträge und Vorschläge der Opposition ruhig
hinweggegangen ist! Aber bei der Sozialversicherungsnovelle haben
wir es erlebt, daß die Vorbereitung dieser Gesetzesnovelle
ganz im Dunklen vor sich ging. Die Unternehmerklasse, die Gewerbetreibenden
würden aufschreien, wenn man ein sie betreffendes Gesetz
einfach ohne jede Befragung ihrer wirtschaftlichen Organisationen
ins Parlament werfen und verlangen würde, es müsse nun,
ohne daß die betroffenen Körperschaften ein Wort dazu
zu sagen haben, darüber verhandelt werden. Wie war es nun
beim Budget? Der erste Druck des Staatsvoranschlages ist unverändert
geblieben. Nicht eine einzige Ziffer, kein - Buchstabe ist geändert
worden. (Posl. Hackenberg: Nur die Druckfehler!) Ich kann das
jetzt nicht feststellen, aber es scheint wirklich so zu sein,
daß man sich bei der Budgetberatung auf die Richtigstellung
von Druckfehlern beschränkt hat. Das ist zu wenig für
die Bevölkerung der Èechoslovakei.