Meine Damen und Herren! Sie haben ja im Ausschuß
gehört, was der Herr Minister zu tun gedenkt, beziehungsweise
was die Regierung bereit gestellt hat. Wir müssen sagen,
daß es geradezu entsetzlich wenig ist, was man uns zunächst
einmal versprochen hat. Man hat in die bedrängten Gebiete
militärische Hilfe geschickt, man hat aber den Gemeinden
sofort erklärt, daß die militärische Hilfe nur
dann arbeiten könne und nur dort bleiben könne, wenn
sie pro Mann und Kopf 9 Kè täglich an Verpflegskosten
für die Soldaten bekommt. (Výkøiky na levici.)
Meine Herren, das einer Gemeinde zu sagen,
angesichts einer so unerhörten Katastrophe wie es z. B. der
Gemeinde Schönwald oder Tellnitz geschehen ist, wo 30 Häuser
vollständig vernichtet wurden, bedeutet einen Hohn auf die
Zustände. Und das ist keine Hilfe, sondern eine Verhöhnung
der Bevölkerung und meine Herren, täuschen Sie sich
nicht darüber, daß diese Behandlung unserer Grenzgebiete
doppelt schmerzlich für unsere Bevölkerung sein muß,
in demselben Augenblicke, wo wir einige Schritte von uns entfernt
die sächsische und reichsdeutsche Hilfsaktion vor
unseren Augen sehen. Die Bevölkerung sieht ja über die
Grenze, ja ich kann Ihnen sogar sagen, daß ein èechoslovakischer
Kapitän mir gegenüber erklärt hat, daß er
sich schämt, wie gering die Hilfe ist, die von unserer Seite
aufgeboten wird gegenüber dem, was drüben
im Reiche geschieht. Am Freitag ist das Unglück in Deutschland
geschehen, am Samstag hat der Reichstag bereits einen Kredit von
1 Million sofort zur Verfügung gestellt. Am selben Tage hat
der sächsische Landtag 10 Millionen Mark zur Verfügung
gestellt. Im gleichen Augenblick ist eine große Hilfsaktion
seitens der Geschäftsunternehmungen, der Banken und Industriellen
eingeleitet worden. Der Ministerpräsident von Sachsen Held
kommt in das Unfallsgebiet und er überzeugt sich persönlich.
Die Reichswehr erscheint mit 450 Mann und sogar die technische
Nothilfe von Magdeburg und Hamburg erscheint im Unfallsgebiet.
Mit Dampfpflügen, mit technischem Material und Hilfsmitteln
aller Art wird der in Not geratenen Bevölkerung tatsächlich
zu Hilfe geeilt. Gewiß, die Katastrophe im sächsischen
Nachbargebiet ist noch weitaus größer als bei uns und
dazu sind auch weitaus größere Hilfsmittel nötig.
Aber den guten Willen haben wir bei uns vermißt. Wir haben
vermißt, daß bei uns jene öffentlichen Mittel
in Bewegung gesetzt werden, wie es dort der Fall war.
Meine Herren, glauben Sie nicht, daß
solche Dinge nicht rückwirken, daß das ein bitteres
Gefühl in dem Herzen unserer deutschen Grenzbevölkerung
hervorrufen muß, wenn sie da drüben im Reich solche
Hilfsbereitschaft eines brüderlichen Volkes sieht, das keine
Parteien kennt in der Zeit der Not, während hier bei uns
so viel wie nichts unternommen wird. Ich war gestern bei einer
Versammlung der geschädigten und betroffenen Gemeinden und
Bezirke. Die Leute wissen nicht wo ein und aus, sie sind nicht
nur dadurch geschädigt, daß ihre Häuser vom Unwetter
heimgesucht wurden, daß ihre kleinen Grundstücke, ihr
landwirtschaftlicher Besitz vollständig vernichtet, meterhoch
mit Schottermaterial übersät sind, auch die Felder sind
teilweise so vernichtet, daß sie niemals wieder nutzbar
gemacht werden können. In diesen Gebieten weiß die
Bevölkerung ja kaum, was sie unternehmen soll. Im sächsischen
Gebiete haben die Gemeinden von Berggießhübel und Gottleuba
zu uns Ausschreibungen herübergeleitet, daß Arbeitslose
hinüberkommen sollen mit einer Mark Arbeitslohn pro Stunde,
um Hilfsarbeit zu leisten, während bei uns nicht einmal Heller
zur Verfügung sind, um die dringendsten und wichtigsten Arbeiten
zu leisten, um die Häuser zu stützen, die vor dem Zusammenbruch
stehen. Und da kommt der Herr Minister und erklärt, es ist
alles mögliche geschehen (Výkøiky
posl. Knirsche.) Ja es ist wahr, was eben
mein Kollege gerufen hat: Die Soldaten sind zu uns nach Schönwald
herausgekommen und haben nicht einmal Schaufeln gehabt und nicht
die geringste Möglichkeit zu arbeiten.
(Výkøiky na levici.) Ja,
meine Herren, es ist soweit gegangen, daß z. B. die Verpflegung
für die Soldaten beigestellt werden mußte, und da kommt
der Herrn Minister Èerný
und hält in seinem Exposé im Ausschuß noch eine
Ansprache und erklärt, ja, das, was im Erzgebirge oder im
Brüxer Gebiet geschehen ist, ist ganz klein und minderwertig.
Der Herr Minister hat sich wahrscheinlich einen falschen Bericht
vorlegen lassen oder er hat überhaupt nicht Gelegenheit genommen,
sich einen ordentlichen Bericht zu machen. Nun erkläre ich
Ihnen, daß dort oben im mittleren Erzgebirge es ebenso schlimm
aussieht wie in Mückenturm, in Mariaschein, Marschen, Hohenstein,
Tellnitz, Arbesau, Schönwald und im ganzen Eulaubachtal,
das von Königswald bis Bodenbach vernichtet ist.
Wir anerkennen es, daß der Herr Minister
Dr Spina am Sonntag nach dem Unglück in unser Gebiet
gekommen ist. Wir anerkennen. Aber zu solchen Lobeshymnen, wie
es Herr Koll. Böhm gebracht hat, ist diese Erfüllung
selbstverständlicher ministerieller Pflichten durchaus nicht
geeignet. Worauf lassen sich denn diese ununterbrochenen Unglücksfälle
in unseren Gebieten immer wieder zurückzuführen? Wir
haben bei uns im Eulaubachtal durch die Gemeinde Bodenbach durch
Jahre hindurch den Eulaubach zu regulieren gesucht. Mehr als 21/2
Millionen Kronen haben Stadt und Bezirk Bodenbach in die Regulierung
hineingesteckt. Mehr war nicht möglich, weil die Mittel nicht
zur Verfügung standen. Der Landesausschuß und die staatlichen
Behörden haben für diese Dinge kein Geld. Wir haben
in unseren Gebieten eine ganze Reihe von Fällen - ich könnte
sie einzeln anführen - wo wir seit Jahren in geradezu entwürdigendster
Art und Weise immer betteln gehen müssen, und doch kommt
es dann höchstens zu einer kommissionellen Besichtigung.
Aber zu einer wirklichen, großzügigen Arbeit in unseren
Grenzgebieten ist es bis heute nicht gekommen. (Posl. L. Wenzel:
Dreimal ist die Regulierung immer wieder zerstört worden!)
Ich sage Ihnen nun folgendes - wie Koll. Wenzel richtig
sagt: Dreimal ist die Regulierung immer wieder zerstört worden.
Wenn jetzt nach diesem ungeheuren Unglück in wenigen Wochen
vielleicht ein neues Unwetter über die Gebiete losgeht, dann
wird es noch katastrophaler sein, dann werden Sie dort nicht nur
Millionenschaden, sondern auch Menschenleben zu beklagen haben.
Wir fordern vor allem anderen, daß endlich
einmal die Regierung und die maßgebenden Stellen anerkennen,
daß unsere Gebiete dort oben Wildbachgebiete sind. Wer heute
nach Tellnitz kommt oder in das Eulautal kommt, nach Mariaschein,
und dort noch Zweifel hegt, ob das ein Wildbachgebiet ist oder
nicht - und an diesem Zweifel ist immer wieder gescheitert, daß
die Regulierungsarbeiten durchgeführt worden sind - wer nicht
einsieht, daß das ein Wildbachgebiet kat exochen ist, dann
müssen wir sagen, daß da nur böser Wille vorwaltet,
der mit allen Mitteln die Regulierungsarbeiten verhindern will.
Dabei könnten gerade diese Gebiete für uns wertvoll
sein. Wasserkräfte gibt es dort in Mengen. Wir könnten
im Eulaubachtal wie im Tellnitztal wunderbare Wasserkraftwerke
besitzen. Wir könnten die Energie unserer Wasserquellen in
segensbringende Kraft umwandeln, nicht aber, wie wir es heute
sehen, in zerstörende Kräfte. Wir wundern uns, daß
hier vor das Haus der Koll. Böhm getreten ist und
hier gerade in dem Augenblicke der größten Verzweiflung
unserer Bevölkerung eine Rede hält, die ein Hohn auf
die Wirklichkeit ist.
Was ist denn eingetreten? Der Schaden bei uns
beträgt gegenwärtig an 120 vollständig oder nahezu
vollständig devastierte Häuser. Wir haben Schaden an
den Fluren, Wäldern, Wegen und Häusern, der mindestens
10 bis 12 Millionen Kè, wie bisher geschätzt worden
ist, beträgt. Und da gibt uns die Regierung 250.000 Kè!
Ich frage Sie: Ist nicht das wirklich ein Hohn? Und das ist noch
dazu ein Industriegebiet, das die reichste Steuerquelle
in der Republik ist. Der Bezirk Aussig ist eine der größten
Steuerquellen der ganzen Republik und es ist ein Hohn, daß
man der Bevölkerung, die dem èechoslovakischen Staate
täglich Millionen abliefert, ein paar Heller hinschmeißt,
derselben Bevölkerung, die nicht nur ihre
Häuser verloren hat, deren Gemeinden durch die Katastrophe
an den finanziellen Ruin gebracht worden sind, sondern die auch
noch ihre Arbeitstellen verloren haben. Vergessen Sie nicht, daß
wir eine ganze Reihe Industrien haben, die geradezu vernichtet
worden sind, die große Porzellanfabrik in Tellnitz, Arbesau,
die 500 Arbeiter beschäftigt, ist zur vollständigen
Arbeitseinstellung gezwungen. Der ganze Vorrat an Kaolin ist weggeschwemmt,
die Maschinen und Werkstätten sind begraben, das Gebäude
sieht wie eine Ruine aus, 500 Arbeiter sind arbeitslos geworden,
ihre Häuschen sind weggeschwemmt, die kleinen Gärtchen
sind ruiniert und auch die Arbeitsstätte ist ruiniert.
Nun kommen Sie mit einem lächerlichen
Betrag. Dasselbe ist bei der Papierfabrik Tellnitz, bei den Lehrmittelwerken
Leis in Bodenbach, von denen auch Koll. Dr Keibl gesprochen hat,
wo wir noch dazu den traurigen Fall haben, daß derselbe
als Reichsdeutscher natürlich keine Unterstützung bekommt.
(Pøedsednictvi pøevzal mistopøedseda
Zierhut.) Was wird geschehen? Der Betrieb
wird überhaupt nicht mehr aufgenommen werden, er wird gesperrt
werden, die Arbeitsmöglichkeit unserer Arbeiter wird auf
dauernde Zeit vernichtet sein. So geht es der großen Schlosserei
Fritsche in Niederullersdorf, der Möbelfabrik Fritsche und
einigen Unternehmungen in Bünauburg, Eulau und anderen Orten.
Aber wir gehen noch ein Stück weiter, wo wir den schlechten
Willen unserer Regierung nachweisen, was geradezu typisch für
unsere Verhältnisse ist. Wir haben ja nicht nur kein Gegenseitigkeitsverhältnis
mit den benachbarten Staaten im Bezug auf die Unterstützung
der durch Wasser- oder anderes Unglück geschädigten
Städte. Wir haben nicht einmal ein Übereinkommen hinsichtlich
der Grenzhilfe. So kam es einmal, daß bei einem großen
Brande im Böhmerwald die bayrische Feuerwehr nicht herüber
durfte, weil unsere èechoslovakische Feuerwehr will, daß
wir allein löschen müssen. (Výkøiky
na levici.) So ist es auch diesmal. Wir
haben keine gegenseitige Grenzhilfe und wir sind in diesen Gebieten
so auf das schlimmste gestellt.
Ich möchte nicht nur Ihnen von den èechischen Parteien,
sondern auch Ihnen von den deutschen Regierungsparteien wirklich
ernst vor Augen halten: Denken Sie daran, daß das auch für
Sie in diesem Staate Steuerträger sind, daß diese Bevölkerung,
unsere Grenzbevölkerung arbeitsam und opferfreudig ist. Wenn
es auch nicht Èechen sind, wenn sie also auch keine Grenzhilfe
brauchen, weil die Grenzen überall, wo sie sind, nicht die
Staatsgrenze beinhalten, denken Sie daran,
daß auch unsere Grenzbevölkerung ein Recht darauf hat
gegenseitige Hilfe hinüber und herüber zu bekommen.
Wir stellen Ihnen warnend vor die Augen: Glauben Sie nicht, daß
Sie diesmal der Bevölkerung nur mit leeren Worten kommen
dürfen! Wenn die Regierung glaubt, mit 250.000 Kronen hätte
sie alles getan und nach unserer Erfahrung ist es so - da kommt
man mit paar Kronen in der ersten Zeit, wir haben mehr als 2000
Geschädigte und nur 250.000 Kronen stehen zur Verfügung,
vielleicht also 1.200 Kronen auf den Kopf. Was werden die Leute
noch bekommen? Nichts, sage ich Ihnen, gar nichts. Man macht sogar
unseren Leuten bei der Steuerabschreibung die größten
Schwierigkeiten, weil vielleicht da und dort ein landwirtschaftlicher
Gemeindevorsteher nicht rechtzeitig die Steuerabschreibung bei
der Behörde angemeldet hat. Wir rufen den verantwortlichen
Leitern dieses Staates zu und wir warnen Sie! Helfen Sie ausgiebig;
denn was hier am Spiele steht, ist mehr als nur eine soziale oder
wirtschaftliche Unterstützung. Hier steht tatsächlich
vor uns die Frage, ob sich unsere Bevölkerung in diesem Staate
überhaupt nur fühlen darf als Steuerträger und
als das Tragtier für alle Lasten oder ob sie auch die Möglichkeit
hat, teilzunehmen an der allgemeinen Unterstützung und der
allgemeinen Hilfe, wenn die Not bei ihr eingekehrt ist. (Souhlas
a potlesk poslancù nìm. strany nár. socialistické.)
Meine Herren, wenn wir für die gegenwärtige
Vorlage stimmen, so tun wir es nicht etwa deshalb, weil wir sie
als ausreichend und hinlänglich empfinden, wir tun es deshalb,
weil wir diese ganze Unterstützung als einen Anfang betrachten,
dem bald weiteres folgen muß. Wir stimmen auch für
die Abänderungen, die der Senat vorgenommen hat, weil wir
die jetzige Formulierung als die mildere ansehen, wobei es zu
sehr der bürokratischen Auslegung unterworfen ist, ob die
Existenz des Einzelnen gefährdet ist oder nicht. Diese Vorlage
ist nicht berufen, etwa dem gegenwärtigen Übelstand,
der gegenwärtigen Not abzuhelfen, diese Vorlage bietet keine
momentane Hilfe, diese Vorlage wendet sich hauptsächlich
an die landwirtschaftlichen Kreise, während bei dieser furchtbaren
Katastrophe der Schaden nicht so sehr das landwirtschaftliche
Gebiet traf wie hauptsächlich Kommunikationen, Wohnstätten,
Kleinbetriebe und Fabriksanlagen. (Posl. dr Koberg: In Mähren,
Schlesien sind lauter Landwirte betroffen!) Ich spreche jetzt
von der Wetterkatastrophe am 8. Juli. Infolgedessen kommt es,
daß die jetzige Vorlage diesen Betroffenen wenig Hilfe bietet.
Diese Vorlage ist eine Sache auf lange Sicht, gegenwärtig
aber brauchen wir eine dringende und sofortige Hilfe, eine Hilfe,
die Pflicht der gesamten Öffentlichkeit ist, in erster Linie
selbstverständlich des Staates. Wenn der Innenminister zur
Unterstützung der privaten Geschädigten als erste Summe
eine Viertelmillion angewiesen hat, so ist dies wiederum nur ein
Anfang. Diese Viertelmillion ist nach meiner Kenntnis heute bereits
in den Händen der leitenden politischen Bezirksverwaltungen
von Tetschen und Aussig und es ist deren Geschick überlassen
(Výkøiky posl. Grünznera.),
dieses Geld so schnell als möglich in die Hände der
Bedürftigen gelangen zu lassen. Eine Viertelmillion Kronen
für die privaten Geschädigten ist selbstverständlich
nicht die Idee einer wirklichen Hilfe. (Posl.
inž. Jung: Gott sei Dank, daß Sie es einsehen!) Ich
sehe es ein, ist nicht die Idee einer wirklichen Hilfe bei diesem
furchtbaren Umfang der Not und wir sind froh, daß wir die
Viertelmillion sofort bekommen haben in der Hoffnung, daß
dieser ersten Viertelmillion nicht nur weitere Viertel, sondern
ganze Millionen folgen mögen. Daß die hiesige Staatsverwaltung
auch an den höchsten Stellen dem Beispiele des Deutschen
Reiches nicht gefolgt ist, ist eine bedauerliche Sache, die zu
konstatieren ich nicht anstehen will. (Posl. inž.
Jung: Herr Kollege von der aktivistischen Seite, jetzt reden Sie
irredentistisch!) Ich habe keine Ursache,
Dinge, die zu verurteilen sind, zu bemänteln oder zu beschönigen.
Dazu verpflichtet mich kein Aktivismus.
Stellenweise haben die politischen Behörden
sofort ihre Tätigkeit entfaltet und man muß anerkennen,
was anzuerkennen ist. Insbesondere möchte ich von der Tribüne
des Parlaments dem Bezirkshauptmann Dr. Kahler in Tetschen den
Dank aussprechen, daß er Tag und Nacht arbeitete. Er ist
nicht der leitende Bezirkshauptmann, er war nur Stellvortreter
und sandte diese notwendigen Berichte, ohne die es nun einmal
nicht geht. (Posl. L. Wenzel: Er wollte nicht, das ist ja gar
nicht wahr, wir von der Stadt Bodenbach haben es verlangt! -
Rùzné výkøiky.) Es
ist Tatsache, daß Dr. Kahler viel Arbeit geleistet hat.
Langsamer ging die Sache im Bezirke Aussig.
Dort mußte ich den ganzen Tag mit der Bezirkshauptmannschaft
kämpfen, daß sie in der ärgsten Not Pioniere zur
Verfügung stellt. In der Nacht erstattete bereits das Gendarmeriekommando
den ersten Bericht an die Bezirkshauptmannschaft, am frühen
Morgen schickte der Vorsteher den Bericht an die Bezirkshauptmannschaft,
vormittag um halb Zehn sandte ich einen Boten nach Aussig um sofortige
Hilfe und um 12 Uhr schickte die Bezirkshauptmannschaft Aussig
einen Beamten, der erklärte, die Pioniere müssen bezahlt
werden. (Výkøiky posl. dr Koberga.) Erst
am nächsten Tag rückten die Pioniere in Tellnitz ein
und leisteten tatsächlich Arbeit. In Schönwald griff
aus eigener Initiative die dort liegende Militärabteilung
des ersten Grenzjägerbataillons ein und es muß gesagt
werden, daß es tatsächlich dem Eingreifen dieser Soldaten
zu verdanken ist, daß in Schönwald die Katastrophe
nicht ähnliche Formen angenommen hat wie in Gottleuba und
Berggießhübel, denn die Bewohner, die sich in die Dachstuben
geflüchtet hatten, mußten mit Gewalt herausgetragen,
mußten so dem sicheren Verderben eintrissen werden. Es gebührt
diesem Militär Anerkennung. (Hluk.) Daß das
übrige Militär vollkommen weltfremd an der Katastrophe
vorüberging, muß leider Gottes konstatiert werden.
Das Furchtbare ist natürlich die Instruktion, an die sich
die Einzelnen krampfhaft hielten. (Trvalý hluk. -
Mistopøedseda Zierhut zvoni.) Ich
will an dieser Stelle an eine Körperschaft nicht vergessen,
die im Rettungswerk geradezu Heroisches geleistet hat, das waren
unsere Feuerwehren, die zwei Tage in Uniform im Wasser standen
und denen es zu verdanken ist, daß nicht noch mehr Dinge
weggeschwommen sind. (Hluk. - Výkøiky
posl. Kreibicha a Myslivec.) Die sofortige
Rekultivierung des verheerten Gebietes muß in Angriff genommen
werden, freilich aber auch wohlüberlegt, und deswegen ist
es zu begrüßen, daß der Arbeitsminister tatsächlich
sofort die technischen Kommissionen in das bedrohte Gebiet entsendet
hat, damit kein wildes Drauflosbauen seitens des Bezirkes und
der Gemeinden geschieht, sondern planmäßig vorgegangen
werde. Sie mögen es auslegen wie Sie wollen, Sie wollen nicht
anerkennen, daß Minister Spina tatsächlich etwas
geleistet hat, und die anderen verlangen, daß auch der Justizminister
hinauskomme, wahrscheinlich um Wassermauern zu bauen, weil das
in sein Fach gehört. (Výkøiky posl.
inž. Junga.) Das Wichtigste ist die
Vorbeugung für ähnliche Katastrophen. Wir müssen
zugeben, gegen Katastrophen von solchen Umfang werden wir uns
niemals ganz schützen können. Wenn binnen drei Stunden
auf dem Kamm des Erzgebirges in Adolfsgrün 209 mm Wasser
fallen, solche Sicherungsbauten zu schaffen, kann auch der bestfundierte
Staat nicht tun. Der große Fehler aber ist, daß drei
Stellen, das Ministerium für öffentliche Arbeiten, das
Landwirtschaftsministerium und die politische Landesverwaltung
sich sozusagen darum streiten, auf einem Gebiete nichts machen.
Die Organisation der Ämter muß dem voran gehen. Diese
Aktion bezüglich der Verbauung des Eulautales ist nicht etwa
eine kurzdauernde, diese Aktion geht schon bis in die 70iger Jahre
des vorigen Jahrhunderts zurück, und ich behaupte, daß,
wenn jede Kommission, die dort war, auch nur einen Stein gelegt
hätte, sie schon ungefähr fertig wäre. Sofort anfangen,
und zwar mit allem Nachdruck anfangen, und wir werden in der Lage
sein, den Vorwurf, den viele Redner erhoben haben, zu widerlegen
und zu entkräften, indem tatsächlich ein Fortschritt
der Menschlichkeit inbezug auf die Gleichstellung der Geschädigten
in der Èechischen Republik und im Deutschen Reiche zu verzeichnen
ist. (Posl. Kreibich: Èechoslovakische
Republik heißt es!) Ich weiß,
Herr Kreibich, ich wollte nur kürzer sprechen. Es
besteht tatsächlich ein Übereinkommen. Am 25. Juni hat
durch eine Note das Außenministerium dem Deutschen Reiche
bekanntgegeben, daß den Geschädigten in diesem Staate,
gleichgültig, ob sie Staatsbürger sind oder nicht,
die gleiche Hilfe zuteil wird, u. zw. auf Grund der Reziprozität.
Das Deutsche Reich hat im Vorjahre in den Amtshauptmannschaften
Zittau, Löbau und Pirna 12 èechoslovakischen Staatsbürgern
eine Summe von 14.000 Mark zur Verfügung
gestellt. Im Vorjahre hat dieser Staat es noch abgelehnt, Reichsdeutschen
Hilfe zu leisten, und gerade das Beispiel Leis in Ullersdorf ist
ein sprechendes Beispiel; denn von der Subvention, die für
die weggerissene Mühle bewilligt wurde, ist ihm kein Heller
ausgezahlt worden, weil er ein Reichsdeutscher ist. Heute ist
bereits auch an die Bezirkshauptmannschaften der Auftrag des Ministeriums
hinausgegangen, reichsdeutsche Staatsbürger gleich zu behandeln,
und ich freue mich, das als einen Fortschritt mitteilen und konstatieren
zu können. Aber ich will Ihnen noch etwas mitteilen. Der
jetzige Zustand ist eine Volksnot, dem wir Volkshilfe entgegensetzen
müssen. Die Volkshilfe, die wir Parlamentarier auf staatlichem
Gebiet organisieren und bewirken wollen, die Volkshilfe, die auch
das gesamte Land erfaßt, muß gebracht werden. Weil
es sich um schwer geschädigte Volksteile handelt, würden
wir es eines Tages bedauern, wenn gewisse politische Parteien
auf den Gewässern in die Höhe schwimmen und mit der
großen Volksnot Mißbrauch treiben wollten, um selbst
ihre Parteisuppe zu kochen, und daß dann erst die Geschädigten
daran kommen. Dagegen werden wir uns wehren, und werden die Zwecke
des Volkes über die der Partei stellen. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Heute zum erstenmal hat mich ein deutsch
er Vizepräsident èechisch aufgerufen. Wenn die Debatte
nicht so ernst wäre, so hätte ich auf meine Redezeit
verzichtet. Das heurige Jahr ist überaus
reich an verherenden Wetterkatastrophen. Es vergeht fast keine
Woche, wo nicht ungeheuere Wetterschäden gemeldet werden.
Kaum waren die wolkenbruchartigen Gewitter zu Anfang Mai in einer
derart vernichtenden Wirkung über Schlesien und Nordmähren
niedergegangen, wie man es schon lange nicht gesehen hatte, so
prasselten im Juni neuerdings ungeheuere Hagel- und Wassermassen
über die geängstigten Menschen in diesem Gebiete herab,
vernichteten vollends alles, was noch unbeschädigt geblieben
war. Die kurze Redezeit erlaubt es mir nicht, auf jeden einzelnen
Fall einzugeben. Ich will nur eine Reihe sehr schwer betroffener
Gemeinden hervorheben. Im Römerstädter Bezirke ist zunächst
Römerstadt selbst sehr schwer betroffen worden, im Bezirk
selbst ist Hangenstein, Edersdorf, Kleinstuhl, Großstuhl,
Neufang, Friedland und Mohra, Johnsdorf, Janowitz, Obermohrau,
Niedermohrau, Imsdorf, im Bärner Bezirk Neu-Rode, Karlsberg,
Rautendorf u. a., im Freiwaldauer Bezirk Niederlindewiese, im
Freudenthaler Bezirk Altstadt bei Freudenthal, Lichtewerden, Engelsberg,
Klein-Mohrau, Dürrseifen, Altwasser, Oberwildgrub, Niederwildgrub,
Messendorf, Langenberg, Spillendorf, Freudenthal, Schlesisch-Kotzendorf,
Mähr. Kotzendorf, Dittersdorf, im Benischer Bez. Seitendorf,
Freihermersdorf, Großherlitz, Kleinherlitz, Raase, Lichten,
Spachendorf, Schles. Hartau, Zattig, Koschendorf, Alt-Erbersdorf,
Ebersdorf, Brättersdorf, Boidensdorf, im Mährisch Schönberger
Bezirk ging in derselben Zeit ein überaus schweres Unwetter
nieder. Die Gemeinden GroßUllersdorf, Hansdorf, Seibersdorf,
Neudorf, Cibulkenfeld, Buchelsdorf, Wiesenberg, Reigersdorf, Stollenhau,
Märzdorf, Lauterbach, Beckengrund, Geppersdorf, Neu-Ullersdorf
mit Elbe, Goldenstein, Spornhau haben Schäden zu verzeichnen,
die nie mehr mit Menschenhand gutzumachen sind.
Die Schäden, die an Äckern, Wiesen,
Gärten und Gebäuden verursacht wurden, gehen in die
vielen Millionen. Dazu kommen noch die Schäden, die an Wegen,
Stegen, Straßen und Brücken angerichtet wurden, die
ebenfalls Millionenbeträge ausmachen. Elektrizitätswerke,
Fabriken, Brettsägen und andere Betriebe erleiden Unsummen
von Schäden und Beschädigungen, Hunderte von Menschen,
die in den Fabriksbetrieben beschäftigt waren, werden brot-
und arbeitslos. Die Not ist überall grenzenlos. Man arbeitete
noch an der Ausbesserung der Schäden in den vorgenannten
Gemeinden, und schon wieder melden die Blätter schwere Schäden,
fast noch schwerere Schäden aus Nordböhmen. Viele, viele
Millionen von Werten haben die wilden Fluten auf Nimmerwiedersehen
weggeschwemmt. Leider ging auch eine Reihe von Menschenleben in
den Sturzfluten unter. Daß es überhaupt zu diesen Katastrophen
kommen konnte, hat seinen Grund darin, daß die Regierung
dem Verbauen der Wildbäche nicht die notwendige Aufmerksamkeit
widmete, obwohl wir bei jedem Anlasse darauf hinwiesen,
wie notwendig zum Schutze der bedrohten Gegenden diese Arbeiten
sind. Wenn die Wildbäche im èechischen Gebiete ihren
Ursprung nehmen würden, dann hätte die Regierung gewiß
viele Millionen flüssig gemacht, um dem
Wasser einen geregelten Lauf zu geben. So aber sind es deutsche
Gemeinden, und für die gibt es kein Geld für Wildbachverbauungen.
Steuern zahlen aber können die Deutschen bis zum Weißbluten.
Soll die Regierung aber bei schweren Schädigungen bei Hochwasserschäden
im deutschen Gebiete einen Notpfennig hergeben, dann gibt es kein
Geld in den Kassen. Im ursprünglichen Gesetzestext heißt
es, daß 10 Millionen Kronen gegeben werden sollen. Hinter
den Kulissen wurde beschlossen, daß 20 Millionen Kronen
gegeben werden sollen, allerdings in einer Form, die ich nicht
gutheißen kann. Es heißt, daß diese Millionen
zu einer niedrigen Verzinsung, zu 3% hergegeben werden sollen.
Daß ist eigentlich ein Bettel, wenn man die Sache nachrechnet.
Es wurde schon vorhin vom Koll. Keibl hervorgehoben, daß
das 600.000 Kronen im Jahre ausmacht. Das ist doch ganz bestimmt
eine ganz kleine Summe die überhaupt nicht im Verhältnis
steht zu den ungeheuerlichen Schäden. Das kleine Land Schlesien
allein hat sofort, nachdem die Wetterkatastrophe gemeldet worden
war, 200.000 Kronen als Subvention gegeben. Das ist etwas von
diesem kleinen Lande Schlesien, es ist viel wichtiger, als die
Beschlüsse, die jetzt gefaßt werden sollen - von diesem
Schlesien, das die deutschen Regierungsparteien mit umgebracht
haben. Die Èechoslovakische Republik gibt für die
Hunderte Millionen Schäden 250.000 Kronen und für diesen
Bettel sprechen deutsche Abgeordnete der Regierung das größte
Lob aus. Da ist es drüben im Reiche ganz anders, wo auch
ungeheuere Schäden zutage getreten sind.
Da hat z. B. das Land Sachsen augenblicklich 360.000 Goldmark
flüssig gemacht und das Geld zur Linderung der Not sofort
hergegeben und das Reich als solches hat den betroffenen Gemeinden
11/2 Millionen Goldmark zur Verfügung
gestellt, nicht etwa zu einer niedrigen Verzinsung, sondern zur
tatsächlichen Linderung der Not. Der sächsische Landtag
beschloß, nicht wie es in diesem Staate der Fall ist, daß
90% der gesamten Schadenssumme vom Lande getragen werden soll.
Der Reichswehrminister Gessler war sofort nach Ausbruch der Katastrophe
an Ort und Stelle, aber hier in diesem Staate haben es die Herren
Minister nicht so eilig hinauszufahren, um zu sehen, wie schwer
die Schädigungen sind. Es ist sehr wichtig, wenn man weiß,
wie hier und wie anderwärts gehandelt wird. Für den
Bau der Talsperren, wie z. B. für das Teß- und Mohratal,
die ungemein segensreich wirken würden, hat man kein Geld,
obwohl die Pläne schon längst fertig sind.
Ich habe Anträge eingebracht, ich habe
es auch schon gestern im landwirtschaftlichen Ausschuß getan
und einer dieser Anträge lautet auch, daß statt dieser
20 Millionen die zur Verzinsung gegeben werden sollen, 50 Millionen
gegeben werden, aber nicht zu einer niedrigen Verzinsung, sondern
als Subvention. Ich bin neugierig, wie sich die Regierungsparteien
verhalten werden, ob sie für diese Erhöhung auf 50 Millionen
stimmen werden. Sie würden sich ganz bestimmt den Dank derer
sichern, die heute so schwer und so hart betroffen wurden. (Potlesk
poslancù nìm. strany národní.)