Støeda 13. èervence 1927

Diese Zwangsanleihe ist ein Schlag gegen die Selbstverwaltung der Zentralsozialversicherungsanstalt. Es handelt sich hier um eine Anstalt, der nach dem Gesetz die Selbstverwaltung zugesichert ist, und davor hätte der Gesetzgeber unter allen Umständen Respekt haben sollen. Ich erinnere daran, daß über die Frage der Vermögensanlage der Krankenversicherungsanstalten und auch der Zentralsozialversicherungsanstalt im sozialpolitischen Ausschuß sehr viel gesprochen worden ist. Es sei erinnert daran, daß die Kapitalsdeckung, das Kapitalsdeckungsverfahren bei der Sozialversicherung gerade von jenen Parteien am meisten angegriffen worden ist, die jetzt an einem Gesetze mitgearbeitet haben, das der Zentralsozialversicherungsanstalt die Anleihe von einer Milliarde auferlegt, sie zwingt, dem Straßenfonds eine Milliarde in 10 Jahresraten zur Verfügung zu stellen. Im Gesetze über die Sozialversicherung heißt es bezüglich der Vermögensanlage im § 180: "Das Vermögen der Versicherungsanstalt kann lediglich zu den Zwecken, zu denen es vorgeschrieben ist, verwendet werden." Und nun wird aufgezählt: Anlegung in inländischen Wertpapieren - da enthält das Gesetz schon, wieviel Prozent so angelegt werden müssen, ferner in inländischen Hypothekaranleihen, die Pupillarsicherheit genießen, bei inländischen Geldinstituten, für deren Verwendbarkeit Staat, Land, Gau, Bezirk usw. haften. Kurz es ist im § 180 ganz klar vorgeschrieben, wie die Gelder angelegt werden sollen. Ich verweise darauf und es hat das auch schon ein Vorredner getan, daß in der Hetze gegen die Sozialversicherung gerade von den Landbündlern und den Gewerbeparteilern am meisten beanständet worden ist, daß wir durch die Sozialversicherung die Möglichkeit schaffen, in Prag viele Millionen anzusammeln, daß sie eine solche sinnlose Politik nicht verstehen, weil der Staat eines schönen Tages kommen und die Gelder beschlagnahmen kann. Das haben uns die Landbündler und Gewerbeparteiler immer in den Bezirken draußen bei der Hetze gegen die Sozialversicherung vorgehalten und haben. Den Gewerbetreibenden und Bauern wurde gesagt: Was ist die Sozialversicherung? Nichts anderes als ein Gesetz, durch das euch die Kronen aus der Tasche genommen werden, damit man sie in Prag aufspeichert, wo sie eines schönen Tages von der èechischen Regierung beschlagnahmt werden können. Und nun gehen dieselben Gewerbeparteiler und Landbündler in die Regierungsmehrheit dazu über und bestimmen durch einen Gesetzesparagraphen, daß die Sozialversicherungsanstalt dem Straßenfond eine Milliarde zur Verfügung stellen soll. Die Folgen sind leicht auszudenken. Es ist ganz klar, daß die Arbeiter darin eine schwere Verletzung der Autonomie der Träger der Sozialversicherung erblicken, daß sie jedes Vertrauen zum Staat und zur Sozialversicherungsanstalt verlieren müssen. Denn wenn es so steht, daß eine Regierung, eine Parlamentsmehrheit, ohne weiters berechtigt ist, die Gelder der Sozialversicherungsanstalt für irgendeinen Zweck zu verlangen und als Darlehen zu fordern, dann kann man es der Bevölkerung nicht verübeln, wenn sie fürchtet, daß es noch ärger kommen kann.

Übrigens ist eines bezeichnend. Die Zentralsozialversicherungsanstalt besteht erst ein Jahr, ist noch in der Entwicklung begriffen und schon geht die Regierung her und nimmt eine Milliarde für sich als Darlehen in Anspruch. Es gibt ja auch noch andere Institute, anderer Versicherungseinrichtungen, wo gleichfalls Geld angesammelt ist. So in der Arbeiterunfallsversicherungsanstalt und in der Pensionsversicherungsanstalt. Da drängt sich einem eben die Frage auf, warum bei der Sozialversicherung diese Zwangsmaßnahme getroffen wird. Vielleicht denkt die Regierung schon heute daran, daß wenn die jetzige Aktion ohne großen Widerspruch glatt durchgeht, es dann leichter sein wird, auch nach den Mitteln anderer derartiger Einrichtungen zu greifen. (Posl. Grünzner: So spekulieren die deutschen Regierungsparteien!) Das, was man in der Begründung dieses § 4 anführt, ist mehr oder weniger an den Haaren herbeigezogen. In dem Bericht des Senates an das Abgeordnetenhaus wird gesagt, daß durch diese Verfügung die in der Zentralsozialversicherungsanstalt konzentrierten Kapitalien erst die richtige Bestimmung erhalten, weil sie so die Möglichkeit zu einer produktiven Arbeitslosenfürsorge, nicht nur direkt für die vorbereitenden Straßenarbeiten geben, sondern auch für die damit zusammenhängenden Arbeiten in den Brüchen, Zementwerken usw. Gewiß, die Mittel der Zentralsozialversicherungsanstalt sollen nicht brachliegen, sondern zugunsten humanitärer Zwecke verwendet werden, sie sollen verwendet werden zur Beschaffung von Arbeitsmöglichkeiten, vielleicht auch zu Zwecken des Wohnungsbaues. (Posl. de Witte: Sinngemäß sollen sie verwendet werden!) Das alles wäre eine sinngemäße Verwendung. Es fehlt auch an Armenhäusern, an Heilanstalten, es fehlt an Wohlfahrtseinrichtungen! (Posl. de Witte: Ee fehlt auch an Nervenheilanstalten!) Gewiß. Es fehlt aber an so vielen Wohlfahrtseinrichtungen, für die die Mittel unserer Sozialversicherungsanstalt bereit stehen sollten. Wenn aber der Staat mit einem Federstrich eine Milliarde in Anspruch nimmt und der Zentralsozialversicherungsanstalt die Möglichkeit nimmt, über diesen Betrag zu verfügen für Forderungen humanitärer Zwecke, so steht das im Gegensatz zu dem Geist des Gesetzes.

Daran hat man nicht gedacht bei Schaffung der Sozialversicherung, daß die Regierung deren Mittel für sich in Anspruch nehmen wird, ohne die Selbstverwaltung zu berücksichtigen, die der Zentralsozialversicherung garantiert ist. Das hat niemand vorausgesetzt. Wir sind, wenn so ein Schritt unternommen wird, zu der Befürchtung berechtigt, daß es noch ärger kommen kann. Jetzt hat man die Mittel der Zentralsozialversicherungsanstalt für den Straßenfond in Anspruch genommen, jetzt wird eine Milliarde gefordert, es kann bei der Art, wie man bei uns Gesetze und einzelne solcher Vorstöße begründet, schließlich einmal dazu kommen, daß man für andere Zwecke solche Mittel in Anspruch nimmt und das so hinstellt, als ob es sich ebenfalls um die Beschaffung von Arbeitsmöglichkeiten usw. handeln würde. So sehr wir dafür sind, daß für die Pflege der Straßen die nötigen Mittel beschafft werden, so sehr wir dafür sind, daß alle jene, die die Straßen benützen und durch ihre Benützung sie stärker beschädigen, herangezogen werden zur Aufbringung der Mittel für die Straßenpflege, so sehr sind wir aber dagegen, daß es in der Weise geschieht, wie es hier vorgesehen ist. Wir verwahren uns gegen die Inanspruchnahme der Gelder der Zentralsozialversicherungsanstalt für solche Zwecke, dafür, daß der Straßenfond mit Mitteln versehen wird. Sicherlich wird die Zentralsozialversicherungsanstalt in eigenem Wirkungskreise und auf Grund der vorhandenen Notwendigkeiten bereit sein, auch solche allgemeine Zwecke zu fördern durch Bereitstellung von Krediten. Aber über sie hinweggehen, sie einfach nicht zu befragen, sie so zu behandeln, wie es hier geschieht, dagegen müssen wir flammenden Einspruch erheben und bedauern insbesondere, daß der Vorstoß des Finanzministers gegen eine humanitäre Anstalt die Unterstützung gefunden hat durch deutsche politische Parteien. Fast scheint es, als ob man diesen Parteien alles zumuten könnte, als ob sie bereit wären, durch dick und dünn mit dieser Regierung zu gehen, als ob ihnen nichts zu arg und zu widerlich wäre, als daß sie nicht nur, um sich in der Regierung als brauchbare Werkzeuge zu betätigen, bereit wären, alles mitzumachen. Das ist eine Politik, für die wir kein Verständnis haben. Sie entwickelt sich zu einer reinsten Zuhälterpolitik.

Meine sehr verehrten Herren! Was wir an dem Gesetzentwurf verurteilen, das ist der Angriff auf die Selbstverwaltung der Zentralversicherungsanstalt, das ist die Unzulänglichkeit in den Einrichtungen des Fondes, die Auslieferung des Fondes an die Bureaukratie (Souhlas na levici.), das ist die Ausschaltung der Mitbestimmung der Vertreter der Bevölkerung, was eine Gefahr bedeutet für die ordentliche Verwendung, für die wirklich gerechte Verwendung der im Straßenfond zusammengezogenen Gelder. (Výkøiky posl. Hackenberga.)

Aus allen diesen Gründen können wir für den Gesetzentwurf nicht stimmen, sondern müssen ihn ablehnen, vor allem deshalb, weil wir damit unsere Verwahrung und unseren schärfsten Protest gegen jenen Schritt zum Ausdruck bringen wollen, der im § 4 unternommen wird. Wir müssen uns dagegen wehren, daß man die Mittel, die die Arbeiter und Arbeitgeber aufgebracht haben, zwangsweise als Darlehen für den Straßenfond anfordert, ohne auch nur einen Augenblick daran zu denken, daß man damit das Vertrauen zu dieser Anstalt schwer erschüttert.

Wenn jetzt daran gegangen wird, die Straßenpflege zu fördern, für die Erhaltung der Straßen größere Mittel aufzubringen, dann wäre auch daran zu erinnern, daß seit Jahren eine Schichte arbeitender Menschen darauf wartet, daß ihre Dienstverhältnisse geregelt werden, die Straßenwärter. Wiederholt ist im Hause die Regierung befragt worden, was sie zu tun gedenkt und ob sie bereit ist die Dienstverhältnisse dieser Schichte dauernd zu regeln. Immer wieder hat man das hinausgezogen und gerade in der letzten Zeit hört man wieder sagen, daß es derzeit ganz undenkbar sei, die Dienstverhältnisse der Straßenwärter zu regeln.

Ich schließe, indem ich nochmals mich gegen die Art und Weise verwahre, wie bei uns an sich notwendige und wichtige Sachen parlamentarisch und gesetzlich geregelt und erledigt werden. Ich schließe mit der Verwahrung dagegen, daß man auf keinem anderen Wege die Mittel für den Straßenfond zusammenzubringen versucht, als indem man eine neugeschaffene Institution förmlich vergewaltigt, ihr einfach auferlegt, daß sie ihre Gelder diesem Straßenfond als Darlehen zur Verfügung stellen soll. Diese Verletzung der Selbstbestimmung der Autonomie der Zentralsozialversicherungsanstalt kann keine guten Früchte tragen. Aber nicht nur das Vertrauen zu dieser Anstalt wird erschüttert, wenn Sie und die Regierung so vorgehen, sondern es wird auch das Vertrauen zum Staate erschüttert und zur Staatsverwaltung. Wenn eine Staatsverwaltung ohne Rücksicht auf humanitäre und demokratische Grundsätze und auf andere Bestimmungen so vorg hen kann, dann verdient diese Staatsverwaltung kein Vertrauen, sondern dann ist gegenüber dieser Staatsverwaltung und den Parteien, die dabei mittun, das größte Mißtrauen am Platze. Wir halten es für ganz unmöglich, daß ohne Mitwirkung der deutschen Regierungsparteien dieser Angriff auf die Selbstverwaltung der Zentralsozialversicherungsanstalt durchführbar gewesen wäre und wir werden in den Kreisen der deutschen Bevölkerung noch darüber reden, daß die drei deutschbürgerlichen Parteien die Hand dazu geboten haben, daß eine derartige Handlung von der Regierung eingeleitet und vom Parlamente vorgenommen werden konnte.

Wir stimmen gegen den Gesetzentwurf, weil er unseren Anforderungen nach keiner Richtung hin entspricht. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)



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