Meine Damen und Herren, wir sind heute Zeugen
einer beispiellos erbärmlichen parlamentarischen Komödie,
wie sie von den deutschen Regierungsparteien, inbesondere aber
von der deutschen Agrarpartei aufgeführt wird. In dem Augenblick,
in welchem sich die Mehrheit dieses Parlamentes anschickt,
das infamste Gesetz zustande zu bringen, das jemals gegen die
Arbeiterschaft dieses Staates beschlossen worden ist, sozusagen
in der Schicksalsstande des èechoslovakischen Proletariats
wissen die deutschen Regierungsparteien überhaupt
kein Wort vorzubringen, wissen sie keine Erklärung für
ihre Haltung zu finden, in dem Augenblick, in welchem sich die
Regierung zu einem der stärksten Schläge gegen die Arbeiterklasse
aufrafft, in diesem Moment weist keine der deutschen Parteien
irgend etwas zu dem Gegenstand, der auf der Tagesordnung steht,
zu sagen. Wir sahen heute Nachmittag einige Gestalten aus dem
Lager der deutschen Agrarpartei hier herumschwanken, gleichsam
als das personifizierte schlechte Gewissen, sich bald in die Rednerliste
eintragen lassend, bald wieder streichen lassend, auf den Moment
hoffend und harrend, der es ihnen erlaubt, sozusagen von hinten
herum und unbemerkt irgend eine schäbige Erklärung vorzutragen,
die ihnen der Herr Dr Kramáø
aufschreibt. Unter den deutschen Regierungsparteien, die die Verantwortung
tragen für die Schandvorlage, die sich Verwaltungsreform
nennt, hat man sich offenbar die deutsche Agrarpartei ausgesucht
und sie mit der vornehmen Aufgabe betraut, diese Arbeit, dieses
konterrevolutionäres Gesetz hier irgendwie zu rechtfertigen.
Und unter den Angehörigen der deutschen Regierungsparteien
scheint man sich wiederum geeinigt zu haben auf den Herrn Krumpe
als denjenigen, der die dickste Haut von allen ha t. (Výkøiky
na levici.) Es scheint, als ob ein bißchen
"Krise" gespielt wird. Den ganzen Tag wird davon gesprochen,
daß die deutschen Regierungsparteien mit der Regierung verhandeln.
Das soll auf die deutschen Wähler den Eindruck machen, als
ob sich die deutschen Regierungsparteien im letzten Augenblick
zu irgendeiner Aktion gegen die Absichten der Regierung aufraffen
könnten, in Wirklichkeit wird es sich bestenfalls darum handeln,
daß die Wortführer der deutschen Regierungsparteien
noch den letzten Augenblick ausnützen, um irgend eine kleine
materielle Konzession zu erwerben; es kann sich höchstens
darum handeln, daß über die Quote bei der Verteilung
der Kohleneinfuhrscheine diskutiert wurde. Nun, im Parlament können
sich die Herren noch drücken, da wird es ihnen noch gelingen,
daß sie mit einer einfachen Erklärung davon kommen,
denn die Erklärung wird schon kommen. Man wird noch den Augenblick
erfassen, der es den Wortführern der deutschen bürgerlichen
Regierungsparteien erlauben wird, hier einige Worte zu sagen,
ohne befürchten zu müssen, daß man noch umfassend
auf eine solche Erklärung der deutschen Regierungsparteien
reagieren kann. Aber sie werden es nicht vermeiden können,
daß sie außerhalb dieses Hauses zur Verantwortung
gezogen werden, und dafür soll gesorgt sein. Sie können
sich hier drücken, aber da die Gemeindewahlen vor der Tür
stehen, wird es die vornehmste Aufgabe aller oppositionellen Parteien
sein, dafür zu sorgen, daß die Wähler der deutsch-bürgerlichen
Parteien genügend aufgeklärt werden über die Art,
wie diese Parteien hier das Interesse der deutschen Bevölkerung
gewahrt haben.
Es unterliegt für uns keinem Zweifel -
soweit die Verwaltungsreform in Betracht kommt - daß es
sich nicht nur darum handelt, das Prinzip des allgemeinen gleichen
und direkten Wahlrechtes zu vernichten, es ist für uns zweifellos,
daß das der erste entscheidende Schritt ist auf dem Wege
zur Vernichtung des Prinzipes des allgemeinen Wahlrechtes überhaupt.
Wir wollen uns dessen erinnern, daß zunächst dafür
gesorgt worden ist, daß durch die Hinaufsetzung der unteren
Grenze des Wahlberechtigten von 21 auf 24 Jahre und durch die
Tatsache, daß man den Soldaten das Wahlrecht gestohlen hat,
über eine Million èechoslovakischer Staatsbürger
um das Wahlrecht gekommen ist. Wenn man ferner in Betracht zieht,
daß das Ernennungsrecht der Regierung
die Möglichkeit gibt, ein volles Dritte der Mitglieder der
Landesund Bezirksvertretungen sich zu sichern, dann ist es nicht
schwer, die Behauptung als richtig zu erweisen, daß auch
das Wahlrecht, soweit es sich auf die Möglichkeit besieht,
die zwei Drittel der Mitglieder der Landesvertretung zu wählen,
eine einfache Komödie geworden ist. Um was handelt es sich
dabei?
Nehmen wir die einfachen Ziffern. Die Regierungspartei
behandeln es als eine Errungenschaft, als eine der berühmten
"Zugeständnisse", daß die Regierung sich
entschlossen hat, den Entwurf in dem Sinne zu ändern, daß
die Zahl der Mitglieder der Landesvertretungen etwas erhöht
wird. So z. B. wird die Zahl der Mitglieder der böhmischen
Landesvertretung von 96 auf 120 erhöht. Nach dem Entwurfe
werden also 80 Mitglieder der böhmischen Landesvertretung
gewählt, 40 ernannt werden. Dazu kommt noch, daß ein
Beamter jeweils vom Präsidenten der Landesvertretung das
Recht erhalten wird, sich an den Abstimmungen zu beteiligen. Das
bedeutet, daß mit dem Präsidenten die böhmische
Landesvertretung 122 Mitglieder zählen wird. Die absolute
Mehrheit beträgt 62. Wie wird sich nun die Regierungsmehrheit
zusammensetzen? Da haben wir zunächst die 40 Ernannten, ferner
den Beamten, der vom Präsidenten bestimmt wird, und außerdem
benötigt die Regierung dann nur noch 21 Mitglieder aus den
Reihen der 80 gewählten und sie hat die sichere Mehrheit
in den Händen. Das bedeutet, daß, wenn es der Regierung
gelingt, in den Landesund Bezirksvertretungen sich die notwendige
Anzahl von den gewählten Vertretern zu sichern, z. B. also
in der böhmischen Landesvertretung die 21 Mitglieder, dann
wird die Landesvertretung niemals irgendeinen Beschluß fassen
können, der dem Willen und den Absichten der Regierung widerspricht,
oder genauer gesagt, diese Geometrie erlaubt der Regierung zu
verhindern, daß der Einfluß des größeren
Teils der gewählten Vertreter sich irgendwie auf die Arbeiten
der Verwaltungskörperschaften geltendmachen kann. Diese Geometrie
erlaubt es also der Regierung, die Landesund Bezirksvertretungen
den Händen der höheren Bureaukratie auszuliefern, was
wieder besagen will, daß die breiten Massen der Bevölkerung,
die die zwei Drittel der Landesund Bezirksvertretungen wählen
können, ihre Wünsche, ihre Bedürfnisse und ihren
Willen in keiner Weise in der Landes- oder Bezirksvertretung zur
Geltung bringen können. Das Wahlrecht der Bevölkerung
also, soweit es sich auf 2/3
der Mitglieder der Bezirks- und Landesvertretungen bezieht, ist
einfach ein plumper Schwindel. Von einem Wahlrecht ist insoferne
keine Rede, als die gewählte Landesvertretung fest in den
Händen der Regierung bleibt und Landes- sowie Bezirksvertretungen
auf Grund dieser ziffernmäßigen Zusammensetzung niemals
einen anderen Beschluß fassen können als einen solchen,
der der Regierung paßt. Um aber ganz sicher zu sein, um
in jedem Falle zu verhindern, daß aus irgendwelchen Gründen
doch einmal ein Beschluß zustandekommen könnte, der
mit den Interessen weiter Kreise der Bevölkerung in Einklang
zu bringen wäre, wurde die Bestimmung über das Vetorecht
des Vorsitzenden eingeführt, eine Bestimmung, die also dem
Vorsitzenden sowohl der Landes- sowie dem Vorsitzenden der Bezirksvertretung
erlaubt, einen solchen Beschluß, der doch aus irgendwelchen
Gründen einmal im Interesse der Bevölkerung zustandekommen
könnte, der den Interessen und Intentionen der Regierung
widersprechen würde, außer Kraft zu setzen und ihn
der nächst höheren Instanz zu überantworten. Daraus
ergibt sich also, daß das Wahlrecht nicht nur insofern verfälscht
ist als ein Drittel der Mitglieder der Verwaltungskörperschaften
ernannt wird, sondern auch soweit es sich um die Wahl der beiden
übrigen Drittel handelt, ist das ein Akt "demokratischer"
Irreführung, denn die von der Bevölkerung Gewählten
haben auf Grund der ziffernmäßigen Zusammensetzung
der Verwaltungskörperschaften keine Möglichkeit, ihren
Willen in diesen Körperschaften irgendwie zur Geltung zu
bringen.
Was die nationale Frage betrifft, so will ich
folgende Bemerkung über dieses wichtige Kapitel machen. Wir
haben uns niemals die Terminologie des nationalen Chauvinismus
zu eigen gemacht, aber wir dürfen wohl sagen, daß,
soweit die sogenannten "Hochziele" der deutsch-nationalen
Politik und die Ideale dieser deutschen Politik in Frage kommen,
so sind sie von den deutsch-bürgerlichen Parteien, vor allem
von den deutschen Regierungsparteien, samt und sonders verkauft
und verraten worden. Wer sind denn die Führer dieser Parteien?
Ich weiß nicht, ob in diesem Augenblick der Herr Krumpe
im Saal ist, aber er wird nicht bestreiten wollen, daß
er und seine Kollegen bis vor zwei Jahren nicht müde wurden,
der Bevölkerung zu erzählen, daß die deutsch-bürgerlichen
Parteien, nämlich die deutsche Agrarpartei, die deutsche
christlichsoziale Partei und die Gewerbepartei das Recht, den
Kampf um die nationalen Interessen zu führen, sozusagen gepachtet
haben und daß keine sozialistische und erst recht nicht
die kommunistische Partei befähigt sei, einen entschlossenen
Kampf im Interesse der nationalen Minderheiten zu führen,
denn die kommunistische Partei sei ja, wie die Herren von den
deutsch-bürgerlichen Parteien hervorzuheben wußten,
eine internationale Partei, die die Interessen nicht nur der deutschen,
sondern auch die Interessen der Arbeiter aller übrigen Nationen
vertreten. Man müsse jedoch um die Interessen der nationalen
Minderheiten und vor allem die Interessen der deutschen Minderheit
schützen zu können, unbedingt den deutsch-bürgerlichen
Parteien Gefolgschaft leisten. Ist es wahr oder nicht, daß
die Wortführer dieser Politik, die Führer dieser
Parteien nicht müde wurden zu erklären, daß sie
den Kampf gegen die èechische Bourgeoisie und die èechische
Regierung so lange nicht einstellen werden, als nicht die Rechte
der deutschen Minderheit in diesem Staate gewährleistet
und gesichert seien, als man nicht im Kampfe mindestens um die
nationale Autonomie deutliche und sichtbare Erfolge erzielt haben
werde? Ist es richtig oder nicht, daß die Wortführer
dieser Parteien nicht müde wurden zu verkünden, daß
sie nicht daran denken, Frieden zu schließen mit
der èechischen Bourgeoisie, bis nicht die Forderungen der
nationalen Minderheiten, besonders aber die der deutschen Minderheit
durchgesetzt seien? Jetzt dürfen wir wohl fragen: worin bestehen
denn die Zugeständnisse der èechoslovakischen
Regierung an die deutsch-bürgerlichen Koalitionsparteien?
Was hat sich geändert, hat sich überhaupt irgendetwas
geändert in der Praxis des Bodenamtes oder in der Methode,
Tausende Beamte der nationalen Minderheiten aufs Pflaster zu
werfen; hat sich etwas geändert in der Art und Weise, wie
die Rechte der nationalen Minderheiten insbesondere auf dem Gebiete
der Schulpolitik ununterbrochen verletzt werden? Es hat sich natürlich
auf keinem dieser Gebiete nationaler Politik auch nur das
geringste geändert, es bleibt beim alten Kurs und trotzdem,
d. h. nach den Wahlen von 1925 haben die Führer der deutschen
aktivistischen Parteien darauf verzichtet, den Kampf gegen die
èechoslovakische Bourgeoisie fortzusetzen, obwohl sie auch
nicht das allergeringste an Erfolgen
in ihrer nationalen Politik aufzuweisen haben. Sie haben ihr Programm
im Stiche gelassen, es zum alten Eisen geworfen, sie haben sich
mit der èechischen Bourgeoisie verbündet. Die Herren
Mayr-Harting und
Spina sitzen auf der Regierungsbank, sie haben sich bereits
mit den Herren Kramáø und
Švehla verständigt, von irgendeiner Gegnerschaft
ist keine Rede. Sie sind sich völlig einig, d. h. sie sind
sich einig in der Hauptaufgabe und in der Hauptfrage. Sie sind
sich einig in der Führung des gemeinsamen internationalen
Kampfes der èechoslovakischen Bourgeoisie gegen die Gesamtheit
der Arbeiterklasse aller Nationen dieses Staates. Da es sich immer
deutlicher herausstellt, daß gegen die Entwicklung der Kraft
der revolutionären Arbeiterbewegung
nur der entschlossene Kampf der gesamten Bourgeoisie wirksam und
erfolgreich sein kann, nur deswegen haben sich die Vertreter der
deutsch-bürgerlichen Parteien im entscheidenden Augenblick
mit ihrem "Todfeind", mit der èechischen Bourgeoisie
verbündet. Wenn wir von den übrigen
Phrasen der nationalchauvinistischen Politik absehen, so bleibt
ein wichtiges Problem übrig, nämlich die Frage der nationalen
Autonomie und die Frage des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen.
Die deutsch-bürgerlichen Parteien haben auf diesem Gebiete
auch nicht das allergeringste erreicht, nicht die allergeringste
Zusage bekommen. Im Gegenteil. Das was vom Standpunkt der deutsch-bürgerlichen
Politik schon erreicht war, das wird vollständig preisgegeben.
Nicht nur, daß die Führer der deutsch-bürgerlichen
Parteien es nicht wagen können, vor die Öffentlichkeit
mit der Behauptung zu treten, sie hätten irgendetwas im Kampfe
gegen die èechische Bourgeoisie durchgesetzt; nicht nur
das sie müßten, wenn sie offen wären, wenn sie
den Mut der Wahrheit in diesem Falle hätten,
zugeben, daß von dem, was vom Standpunkt der deutsch-bürgerlichen
Politik aus betrachtet, an Positionen schon erobert gewesen war,
fast alles preisgegeben wurde.
Wenn wir die Bestimmungen des Gaugesetzes bezüglich
der Einteilung und Abgrenzung der einzelnen Gaue berücksichtigen,
so ist es klar, daß, wenn diese Verwaltungsreform Gesetz
sein wird, erstens die beiden deutschen Gaue Böhm. Leipa
und Karlsbad verschwinden und das ganze Deutschböhmen im
großen èechischen Verwaltungsgebiet
Böhmens zur hoffnungslosen Minderheit wird. Und ebenso verschwindet
im mährischen Verwaltungsgebiet das ganze deutsche Schlesien
und wird gleichfalls zu einer hoffnungslosen Minderheit. Ein Führer
der Deutschen Schlesiens hat sich in einer Broschüre mit
dieser Frage beschäftigt und er, der, wie es scheint, an
die Redlichkeit der deutsch-bürgerlichen Politik glaubt,
hat sozusagen im letzten Augenblick ein ernstes Mahnwort an die
Führer der deutschen Politik gerichtet und gesagt: "Unfaßbar
erscheint uns der Gedanke, daß auch nur ein Mitglied der
deutschen Regierungsparteien seine Hand für dieses an unserem
Lande zu begehende Unrecht erheben könnte." Nun, er
wird sich bald überzeugen, daß es kein einziges Mitglied
dieser Partei geben wird, das sich scheuen wird, nicht nur eine,
sondern beide Hände, wenn es so sein soll, aufzuheben und
für diese Schandvorlage zu stimmen.
Erst, wenn diese Verwaltungsreform Gesetz sein
wird, werden besonders die Wähler der deutschen bürgerlichen
Parteien zum ersten Male und ganz gründlich mit den reaktionären
Bestimmungen der Sprachenverordnung und des Sprachengesetzes bekannt
werden. Jetzt erst wird es sich zeigen, was diese Bestimmungen,
genau genommen, zu bedeuten haben. Natürlich behandeln wir
diese Frage keineswegs vom Standpunkt irgendeines nationalen Chauvinismus.
Ich werde mich mit dieser Frage noch beschäftigen. Aber soviel
ist vollkommen klar, daß eine Regierung in einem Nationalitätenstaat,
die die Wahrung der Interessen der gesamten Bevölkerung wenigstens
vortäuschen will, dafür sorgen muß, daß
die Vertreter der nationalen Minderheiten wenigstens die Möglichkeit
haben, das Material, das die Verwaltungsbehörden zu verarbeiten
haben, kennen zu lernen, um sich überhaupt ein Urteil bilden
zu können. Wie wird das faktisch sein? Erstens muß
man sich sagen, daß auf Grund der Bestimmungen des Sprachengesetzes
ein Zustand geschaffen wird, wornach der Gebrauch der Sprache
der nationalen Minderheiten eben nicht verboten wird und nicht
verboten ist. Aber das ist auch schon alles. Es kann und
wird so sein, daß sich z. B. im Gebiet einer nationalen
Minderheit, sagen wir in einem rein deutschen Gebiet, die Bezirksvertretung
aus zwei Dritteln solcher Bürger zusammensetzt, die der èechischen
Sprache überhaupt nicht mächtig sind. Trotzdem
bedeutet die Geschäftsordnung, die dann in Übung kommen
wird, daß es dem Vorsitzenden völlig anheim gestellt
ist, zu bestimmen, ob die Geschäftsführung, d. h. die
Leitung der Geschäfte in der Staatssprache erfolgen wird
und wenn die Staatssprache gebraucht wird, ist es durchaus in
sein Belieben gestellt, ob eine Übersetzung erfolgt oder
nicht. Es ist in das Belieben des Bezirkshauptmanns oder des Präsidenten
der Landesvertretung gelegt, zu bestimmen, ob die Berichterstattung
in die Sprache der nationalen Minderheiten übersetzt wird
oder nicht. Wenn der Bezirkshauptmann gerade in schlechter Laune
ist und es ihm z. B. passen wird, Übersetzungen nicht anfertigen
zu lassen, so kann das bedeuten, daß in Gebieten der nationalen
Minderheiten, dort, wo die nationale Minderheit in der Bezirksvertretung
in der absoluten Mehrheit ist, die Geschäfte so geführt
werden, daß diese nationalen Minderheiten überhaupt
nicht imstande sind, das Material über das sie beraten und
bestimmen sollen, kennen zu lernen. Wie man sieht, ist die Behauptung
in keiner Weise eine Übertreibung, daß das, was die
deutsch-bürgerliche Politik auf dem Gebiete der nationalen
Aufgaben schon einmal erreicht hat, jetzt vollständig preisgegeben
ist.
Was die Vorlage bezüglich des Verhältnisses
der verwaltungstechnischen Körperschaften zu der Gesamtheit
der Bevölkerung bedeutet, das ergibt sich wieder aus der
Bestimmung, wonach der Vorsitzende der Landesvertretung oder der
Bezirksvertretung derjenige Faktor ist, der ausschließlich
über die Anstellung der Beamten zu entscheiden hat. Wir werden
dann nur Staatsbeamte haben. Heute war und ist es vorläufig
immer noch so, daß wenigstens 5 bis 6 Tausend Beamte der
Selbstverwaltungskörper sozusagen eine innere Verbindung
mit den Bedürfnissen der breiten Massen der Bevölkerung
spüren. Sie müssen doch irgendwie auf den Willen dieser
Massen Rücksicht nehmen. Das wird in dem Augenblick, in welchem
dieses Gesetz in Wirksamkeit treten wird, vollkommen anders werden.
Dann wird der Beamte keineswegs mehr irgendwie auf die Bedürfnisse
der breiten Massen der Bevölkerung Rücksicht nehmen
müssen. Diese Bedürfnisse können ihm vollkommen
gleichgültig sein, er ist nicht mehr von den breiten Massen
in irgendeiner Weise abhängig, abhängig ist er ausschließlich
von dem Bürokraten, der ihm vorgesetzt ist; er hat sich also
nur so zu benehmen, daß sein Benehmen die Zustimmung seiner
vorgesetzten Behörde findet. Das Übereinstimmen mit
den Bedürfnissen der breiten Masse der Bevölkerung kann
ihm völlig gleichgültig sein. Wichtig ist ihm, wie gesagt,
daß sein Vorgesetzter mit ihm zufrieden und einverstanden
ist. Der Beamte wird seinen Blick nicht mehr richten müssen
nach den Bedürfnissen der Bevölkerung, er wird seinen
Blick nur nach oben richten müssen und insofern er die Zustimmung
von oben hat, braucht er sich um die Sorgen der breiten Masse
der Bevölkerung nicht mehr zu kümmern.