Pøedseda (zvoní): Prosím pana
øeèníka, aby skonèil.
Posl. Knirsch (pokraèuje):
Nun haben wir geglaubt, daß bei diesem
grundlegenden Gesetz über die Verwaltungsreform in großer
Breite und Tiefe das Problem dieses Staates aufgerollt werden
wird; denn wir durften das erwarten im Hinblick auf die
Erklärung des Regierungschefs beim Antritt der deutschèechischen
Koalitionsregierung, der sagte, daß es die Aufgabe dieser
Regierung sein werde, die Herbeiführung des nationalen Ausgleiches
im Staate in die Wege zu leiten, denn wir seien
ja jetzt Gleiche unter Gleichen in der Regierung und könnten
daher an dieses Problem herangehen. Wie dieser nationale Ausgleich
aussieht, dafür haben wir einen kleinen Vorgeschmack bekommen
während der ganzen Verhandlungen der Verwaltungsreform im
Ausschuß. Wenn selbst ein Antrag, wie ihn der Herr Abg.
Hackenberg stellte, von den èechischen Regierungsparteien
niedergestimmt wurde und von den deutschen Regierungsparteien
niedergestimmt werden mußte, ein Antrag der dahin geht,
daß unsere Vertreter in den einzelnen
Körperschaften sich der Muttersprache bedienen können,
dann können wir wohl beurteilen, wie es um die nationale
Gerechtigkeit, um den nationalen Ausgleich aussieht. Meine Herren!
Die Stellung der Deutschen ist heute nicht mehr eine solche, wie
sie noch vor 6 oder 7 Jahren gewesen ist. Hätten Sie uns
getrost noch ein oder mehrere Jahre mit Ihrer Politik gesegnet
- im Grunde war Ihre Politik ja schon zusammengebrochen - der
Augenblick war sicherlich nicht allzu ferne, in dem die Mitarbeit
der Deutschen im Staate durchgeführt worden wäre, nachdem
vorher ein wirklicher Ausgleich von Volk zu Volk vorgenommen worden
wäre in dem Sinne, wie ihn die deutschen Parteien, auch die
deutschen Regierungsparteien, vom Anbeginn ihres Eintrittes ins
Parlament und die ganzen Jahre hindurch, da sie nicht in der Regierungskoalition
saßen, vertreten haben. Unsere Machtstellung war also keine
solche, daß wir uns mit einer solchen Rolle hier begnügen
müßten, wie sie durch die Politik der deutschen Regierungsparteien
in Erscheinung getreten ist. Daher bedauere ich, daß bisher
noch kein Regierungsdeutscher hier aufgestanden ist und die Politik
seiner Partei dargelegt hat, damit wir uns mit dieser Politik
auch hier auseinandersetzen können.
Nun, die Vorlage wird nach all dem, was wir
gehört haben, zweifellos in diesem Hause angenommen werden
und damit wird der Schlußpunkt unter eine Vorlage gesetzt,
die, wie ich eingangs sagte, zu allertiefst in unser ganzes nationales
und politisches Leben einschneidet. (Rùzné
výkøiky na levici.) Ich
darf sagen, daß auf oppositioneller Seite es nicht an dem
Willen gefehlt hat, in all den Wochen und Monaten in sachlicher
positiver Arbeit die Mängel der Vorlage aufzuzeigen, daß
es nicht gefehlt hat in Zusammenarbeit auch mit den regierungsdeutschen
Parteien, eine grundlegende Änderung dieser Vorlage zu erreichen.
Wir haben nicht leere Kritik und Negation betrieben, wie wir es
in der gegnerischen Presse zu lesen bekommen, es müßen
uns vielmehr die regierungsdeutschen Parteien das Zeugnis ausstellen,
daß wir mit tiefstem Ernst an ihrer Seite an der Besserung
der Grundlagen der Vorlage mitgearbeitet haben. Wir können
heute nichts tun, als die Verantwortung für dieses Gesetz
abzulehnen und uns vorzunehmen, den Kampf gegen eine solche Politik
zu führen, die keine aktive Politik, sondern eine erfolglose
aktivistische Politik ist, die dem Volk nicht das an Erfolgen
bringt, was unserer Machtstellung heute angemessen erscheint.
Wir müssen eine solche Politik ablehnen und bekämpfen
um den Weg zu einer aktiveren, wahrhaft deutschen Politik zu bereiten,
die darauf hinausgeht, das Los unseres gesamten Volkes einer Besserung
zuzuführen. (Potlesk poslancù nìm.
strany nár. socialistické.)
Hohes Haus! Das Vexierspiel, das uns den ganzen
Tag über bei guter Laune erhalten hat und das da lautet:
"Wo ist Krumpe", ist vorüber. Herr Koll.
Krumpe hat seine Streichung auf der Rednerliste vollzogen
und damit ist das unwürdige Fangerlspiel, dessen Zeugen wir
alle gewesen sind und das von einer ganz außerordentlichen
Manövriergabe der Herren aus dem christlichsozialen Lager
Zeugnis gegeben hat, zu Ende. Wir alle haben nichts anderes gewünscht,
als uns mit den Herren deutschen Aktivisten auseinanderzusetzen.
Wir haben das getan, was auf èechischer Seite die Regierungsparteien
taten, wir haben uns den Aktivisten gestellt, wir wollten mit
ihnen die Klingen kreuzen und eine Auseinandersetzung von Antlitz
zu Antlitz auf dieser Tribüne herbeiführen.
Es ist uns nicht gelungen. Ich glaube, daß sich die Herren
damit selbst den allerschlechtesten Dienst erwiesen haben und
daß wir sie daher ganz getrost dem Gespötte überantworten
können, dem sie sich selbst durch ihr Verhalten ausgesetzt
haben.
Nun sei mir gestattet, noch am Schluß
der Verhandlungen einiges zu sagen.
Wenn wir in dieser Debatte zum drittenmal das
Wort ergreifen, so geschieht es bei Leibe nicht, weil wir uns
noch in letzter Stunde einer Sinnenwandlung der Mehrheit, eine
Rückkehr zu den Grundsätzen der Demokratie und kulturellen
Selbstverwaltung, die Abänderung auch nur eines einzigen
Paragraphen der Vorlage erhoffen, sondern einzig und allein zu
dem Zwecke, um noch im entscheidenden Augenblick einige Feststellungen
zu machen, die schwere Verantwortlichkeit der Regierungsparteien
und vor allem der deutschen Regierungsparteien für immerwährende
Zeiten festzulegen und die schwere Schuld des internationalen
deutsch-èechischen Bürgerblocks der ganzen Öffentlichkeit
mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen.
Die Koalitionspresse versucht alles, was sich in den letzten Tagen
in diesem Saale ereignet hat, als einen großen Ideenkampf,
als einen großen Schicksalskampf oder, wie die "Prager
Presse" sagt, als ein gewaltiges Ringen um die innere Verwaltung
hinzustellen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um nichts anderes
als um ein rein akademisches Wortgefecht, um nichts anderes als
um eine Auseinandersetzung über unabänderliche Tatsachen,
denn die Entscheidung in der Sache selbst ist bereits längst
gefallen, sie ist unwandelbar. Es fehlt nur der Formalakt der
Beschlußfassung, deren Abwicklung in diesem Augenblick bereits
in die präsidiellen Schreibmaschinen hineingeklappert wird
und über deren programmäßigen Verlauf niemand
in diesem Saale auch nur einen Augenblick im Zweifel sein kann.
Wie sollte es auch anders sein in einem Hause, dem die für
die Verabschiedung dieser Vorlage notwendigen parlamentarischen
Daumenschrauben bereits angelegt sind, dessen parlamentarische
Abstimmungsmotor bereits angekurbelt wird und dessen Justifizierungsmechanismus
bereits in vollem Gang ist. Nur noch ein paar Atemzüge, genau
rationiert und terminiert, nach Klub und Kopf dosiert, auf der
Apothekerwage zugewogen, mit dem Rechenschieber ganz genau errechnet,
und wenn die Sonne ihren Kreislauf beendet haben wird, dann fällt
der eiserne Vorhang ganz automatisch auf die Minute nieder, genau
so präzise, wie etwa das vom Spielleiter auf dem Theaterzettel
angesagte Ende der Komödie auf die Minute genau eingehalten
wird.
So wickelt sich der èechoslowakische Parlamentarismus bereits
seit Jahr und Tag ab und wir haben alle das Gefühl, daß
es gar nicht anders sein kann. Von Zeit zu Zeit aber gibt es Augenblicke
des Besinnens und dann tritt der ganze Jammer dieses Parlamentsgetriebes
so voll und ganz in unser Bewußtsein, dann bäumt sich
das Rechtsgefühl und Selbstbewußtsein in uns auf, dann
packt es uns, und wir haben dann nur einen Gedanken, dieses Zerrbild
zu zerreißen und diesem Falschspiel ein Ende zu machen.
Das waren die Gefühle, die uns bei Beginn der Beratungen
über die Verwaltungsreform beherrschten und die zu der so
stürmischen Ouverture zu den Plenar-Verhandlungen führten.
Und siehe da, prompt erscheint Herr Abg. Viškovský
auf der parlamentarischen Bildfläche, wirft sich
zum Schützer und Rächer des èechoslovakischen
Parlamentarismus auf, hält eine Ex-offo-Rede zu Gunsten des
Herrn Dr. Kramáø und teilt
an die Opposition Zensuren aus, indem er ihr zuruft, daß
die stürmischen Vorgänge in diesem Hause ein Faustschlag
gegen den Parlamentarismus gewesen sind. Schon einmal mußten
wir uns aus einem ganz ähnlichen Anlaß - erinnern Sie
sich an das Wort "Querulantentum", das Herr Dr. Viškovský
den Minoritäten von dieser Stelle aus zugerufen hatte?
- mit Herrn Dr. Viškovský auseinandersetzen
und ihn wegen seines herausfordernden Benehmens in die Schranken
weisen. Damals haben wir aufgezeigt, welchen Kalibers Herr Dr.
Viškovský, der sich zum parlamentarischen Sittenrichter
in diesem Hause aufgeworfen hat, im österreichischen Parlamente
gewesen ist und daß gerade ihm das Recht abgesprochen werden
muß, einen parlamentarischen Cato zu spielen. Wir müssen
daher auch die neueste Moralpauke des Herrn Dr. Viškovský
mit der größten Entschiedenheit zurückweisen,
nicht ohne gleichzeitig festzustellen, daß, wenn
jemand den èechoslovakischen Parlamentarismus herabwürdigt,
aufs gröblichste mißhandelt, ihm, wie Herr Dr. Viškovský
sich ausdrückte, Faustschläge
ins Gesicht versetzt, es die Koalitionsparteien gewesen sind,
die durch ihre Gewaltmethoden das Parlament aller Würde
entkleidet, es zum kommunen Werkzeug der èechischen Machthaber
gemacht und zur Karikatur einer gesetzgebenden Körperschaft
herabgewürdigt haben. (Potlesk nìm. soc. demokratických
poslancù.) Daß
es um den Parlamentarismus nicht überall so bestellt ist,
wollen wir an einem Beispiel erweisen, das in das gleiche legislatorische
Gebiet fällt. Am 21. Juni 1925 wurde die Reform der innern
Verwaltung im österreichischen Parlament verabschiedet. Die
Vorlage war am 5. Juni 1924 im Parlament eingebracht worden. Der
damalige Vizekanzler Dr. Frank begleitete sie mit einer
Rede ein, in der er auseinandersetzte, daß es nicht bei
den Bestimmungen der Regierungsvorlage bleiben solle, daß
es die Regierung begrüßen würde, wenn das Haus
nicht nur rasche, sondern auch gründliche Arbeit leisten
und dadurch ein vollendetes Gesetzeswerk erzielen würde.
Hohes Haus! Ich frage, ob wir jemals ein solches Wort im èechoslovakischen
Parlament vernommen haben. Die Beratung der österreichischen
Vorlage nahm nahezu 14 Monate in Anspruch und
es charakterisiert die österreichischen Verhältnisse,
daß ein Mitglied der Mehrheit sich in der Generaldebatte
erhob - es war der Abgeordnete Clessin - und seiner Freude darüber
Ausdruck gab, daß die Gesetzentwürfe durch eine verhältnismäßig
lange Zeit der öffentlichen Diskussion zur Verfügung
standen, wobei er noch hinzufügte, daß man nur wünschen
könne, daß sich dieser Brauch in Hinkunft möglichst
oft wiederhole. Halten Sie sich, verehrte Damen und Herren, dem
gegenüber vor Augen, daß unserer Opposition trotz aller
unserer Vorstellungen nicht einmal eine 24stündige Aufschubsfrist
zum Studium der Vorlage, zur Abhaltung von Klubberatungen gegeben
wurde. Aber das Entscheidende kommt noch. Die österreichische
Verwaltungsreform wurde unter Dankeskundgebungen für alle
Parteien des Hauses, gleichermaßen für die Regierungs-
wie auch für die Oppositionsparteien und auch für die
beamteten Schöpfer des Gesetzes vom ganzen Parlament einmütig
beschlossen. Dadurch ist das österreichische Reformwerk durch
den geeinten Willen aller Parteien des Hauses in seiner Tragfähigkeit
fundiert, es wird von dem Vertrauen der gesamten Bevölkerung
getragen, während in unserem Lande ein Gesetzwerk geschaffen
wird, dem die Flüche der breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung,
den die Flüche großer bürgerlicher Bevölkerungsschichten
mit auf den Weg gegeben werden. Dabei herrscht in Österreich
auch ein bürgerlichagrarisch-klerikal-kapitalistischer Block,
dem es an dem nötigen Schwung für die Wahrnehmung kapitalistischer
Interessen und auch an der entsprechenden Energie für die
Durchsetzung und Sicherung dieser Interessen absolut nicht fehlt.
Aber in Österreich hat man es von der ersten Stunde an begriffen,
daß ein Gesetzwerk von so ungeheurer Tragweite, wie es die
Verwaltungsreform ist, nur dann seine große Mission zu erfüllen
vermag, wenn es aus dem gesamten Willen und der gesamten Mitarbeit
des gesamten Volkes erwächst und wenn sich alle Schichten
der Bevölkerung um dieses Gesetzeswerk schwären. So
stellt denn das österreichische Gesetz die Resultate der
Mitarbeit aller Parteien des Landes und der Nationalversammlung
dar und es weist dadurch die charakteristischen Merkmale dieser
verschiedengestaltigen, aber durch die Mitarbeit unserer Parteifreunde
von sozialem Geist, vor allem aber von grundehrlicher Demokratie
erfüllten Mitarbeit auf. In unserem Lande dagegen ist alles
nur auf brutale Gewalt, nur auf das rücksichtsloseste Diktat
der Mehrheit gestellt. Bei uns wird bei derlei Anlässen nur
mit Überraschungs- und Überrumpelungsmanövern gearbeitet.
Es wird in solchen Augenblicken gewöhnlich die Luft um die
Koalition herum auf das dichteste abgeschlossen, auf daß
nicht einmal der Hauch einer Andeutung von den Absichten der Koalition
an die Oberfläche tritt. Bei uns wird die Mitarbeit der Opposition
nicht gesucht, der Weg zu ihr nicht gefunden, mit ihr weder über
die Vorlage, noch über die Einzelheiten gesprochen, die Wünsche
der Opposition nicht entgegengenommen und nicht berücksichtigt,
ja mit der Opposition überhaupt nicht gesprochen, nicht einmal
der Versuch einer Verständigung zwischen Mehrheitsparteien
und Opposition unternommen und alles hinterrücks und gewalttätig
dem Hause abgepreßt. Außerhalb des Landes würde
niemand verstehen, daß sich der Ministerpräsident dieses
Staates während der ganzen Beratungen der Verwaltungsreformvorlage,
also einer der schicksalsschwersten Vorlagen in den Ausschußberatungen
überhaupt nicht blicken läßt, daß er auf
den Gang der Verhandlungen und auf die Herbeiführung der
Zusammenarbeit aller parlamentarischen Faktoren nicht die entfernteste
Rücksicht nimmt.
Daß unter diesen Umständen das zur
Entscheidung stehende Reformwerk den Geist des rücksichtslosen
kapitalistischen Diktates zur Gänze und in allen seinen Teilen
in sich birgt, daß es von dem Machtstreben des internationalen
kapitalistischen Bürgerblocks und seinen Geiste in vollem
Maße erfüllt ist, daß es die kapitalistische
Marke offen zur Schau trägt und mit allem ausgestattet ist,
was zur Festigung der Macht des Bürgerblocks und zur Ausgestaltung
und Sicherung der Machtstellung der Bourgeoisie, zur Beherrschung
der Arbeiterschaft aller Nationen durch die Kapitalistenklasse,
zur Niederwerfung und Knebelung des Proletariats dienen soll,
das bedarf nicht erst besonderer Erwähnung.
Doch noch ein für unsere Verhältnisse
ganz charakteristisches Moment soll aufgezeigt werden. Eine auch
nur flüchtige Betrachtung des österreichischen Reformwerkes,
dem zu einem sozialistischen Reformwerk wahrlich noch sehr, sehr
viel fehlt, zeigt, daß dieses Reformwerk vom Geist der Demokratie
und der sozialen Selbstverwaltung erfüllt ist, und daß
es dem Leitmotiv gerecht wurde, das ihm auf den Weg gegeben wurde
und das da lautet, daß es das Wesen und die Mission einer
von sozialem Geist getragenen Verwaltung sei, die Polizei durch
die Fürsorge zu ersetzen. In jeder grundlegenden Norm dieses
Gesetzwerkes ringt sich der Gedanke der wahren Demokratie sieghaft
durch und beherrscht das Werk in seiner Gesamtheit wie in allen
Einzelheiten. Er ist sein Fundament, sein Kernpunkt, sein ganzer
Inhalt. Dabei, und das ist das Charakteristische, wird man vergebens
in der Vorlage, im Motivenbericht, im Referentenbericht, in den
Reden des Berichterstatters und in den Reden der parlamentarischen
Wortführer nach dem Worte Demokratie suchen. Wozu denn auch?
Ich habe die Vorlage und die Verhandlungen zur Hand, ebenso die
Reden aller parlamentarischen Wortführer vor mir. Das Wort
"Demokratie" kommt in diesen Materialien überhaupt
nicht vor. In Österreich ist eben das Wort Demokratie dem
Großteil der Bevölkerung dermaßen in Fleisch
und Blut übergegangen, daß nicht erst von Demokratie
gesprochen werden muß. In Österreich jongliert man
mit dem Begriff "Demokratie" nicht herum, man machte
dort vielmehr die Demokratie zur Tat. In Österreich dient
das Wort "Demokratie" nicht zur bloßen Drapierung,
dort muß es auch nicht immer und immer wieder ganz leichtfertig
auf den Markt geworfen werden, dort muß damit nicht Schindluder
getrieben werden. In Österreich hat man es nicht notwendig,
immer und immer wieder die Demokratie anzurufen und zum
Schwurzeichen faszistischer, kapitalistischer, diktatorischer,
nationalistischer Machinationen zu machen. Demgegenüber sehe
man sich einmal den èechoslovakischen Ausschußbericht
an, wie es dort von Beteuerungen der
Demokratie förmlich wimmelt, wie das Wort "Demokratie"
in allen möglichen Emballagen dem Parlament verabreicht wird
als "demokratická soustava", als "demokratická
veøejná správa", als "demokratické
veøejné zøízení", als
"demokratické zásady", als "demokracie",
als "demokratiènost". In jedem Kapitel, in jedem
entscheidenden Gedanken marschiert das Wort in verschiedener Formulierung,
in verschiedener Verkleidung auf. Jede reaktionäre Maßnahme,
das Ernennungsrecht, die Polizeibestimmungen, der Wahlrechtsraub
usw. wird damit motiviert und so führte denn er unerhörte
Mißbrauch, der in diesem Lande mit dem Worte "Demokratie"
systematisch seit Jahr und Tag getrieben wird, dazu, daß
es in der èechoslovakischen offiziellen Sprache jeden Sinn,
daß es seine ursprüngliche Bedeutung
verloren hat und heute beinahe schon das Gegenteil von Volksherrschaft
bedeutet.
Nun ein Wort über die èechoslovakische Demokratie.
Das èechische Volk hat eine gute demokratische Vergangenheit.
Es weist in der Geschichte der letzten Jahrzehnte
eine ganze Reihe klingender Namen auf, die im Kampfe gegen die
Reaktion, im Ringen um die Erweiterung der Rechte des Volkes,
vor allem um das allgemeine, gleiche, direkte Wahlrecht Hervorragendes
geleistet haben. Es hat auch Zeiten gegeben, in denen man auch
Herrn Dr Kramáø große
Verdienste um die Demokratie zubilligen mußte, allerdings
hat er durch seine immerwährenden Rückfälle seine
demokratische Vergangenheit immer wieder vergessen gemacht. Im
Ringen um das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht hat in
Österreich, das muß ohne weiters zugestanden werden,
Herr Dr Kramáø eine
führende Rolle gespielt, hier hat er zweifellos in begeisterter
Weise in der vordersten Front gekämpft. Dr Kramáø
hat aber auch gegen die österreichische
Reaktion zeitweilig gemeinsam mit den sozialistischen und anderen
demokratischen Parteien Kämpfe ausgefochten, und er selbst,
der im Jahre 1897 die Polizei ins österreichische Parlament
berief, prägte dann in seinen "Anmerkungen zur böhmischen
Politik" das Wort, daß jedermann einsehen müsse,
daß man mit Polizeiregime und mit Ausnahmszustand den Widerstand
eines Volkes nicht zu brechen vermag. Es ist dies beiläufig
das gleiche Wort, das auch Havlíèek Borovský
einmal aussprach, als er sagte, daß keine Macht der Welt,
selbst wenn sie sich mit der Hölle verbinden
wollte, ein gebildetes, tapferes und edles Volk in Untertanenschaft
und Sklaverei halten werde.
Der Umsturz und die nationale Revolution frischten dann die demokratischen
Traditionen des èechischen Volkes, nachdem es so
viel Rückfälle gegeben hatte, wieder auf und brachten
vor allem das in der Washingtoner Deklaration niedergelegte Bekenntnis
zur Geltung: "Wir übernehmen die Ideen der Demokratie
und stehen zu ihnen, da sie die Idee unseres Volkes durch Jahrhunderte
gewesen sind". Tatsächlich rang sich auch der
Geist der Demokratie in einem Teile der èechoslovakischen
Gesetzgebung sieghaft an die Oberfläche. Der in der Washingtoner
Deklaration niedergelegte Grundsatz, daß die Demokratie
des èechischen Volkes auf dem allgemeinen,
gleichen, direkten Wahlrecht aufgebaut sei, fand in dem Gemeinde-
und Parlamentswahlrecht eine starke Verwirklichung. Doch alle
diese Gesetze waren der Bourgeoisie des Staates immer ein Dorn
im Auge. Sie widersetzte sich ihnen aber nicht, solange sie ihre
Macht nicht konsolidiert hatte, solange der Widerstand der Arbeiterschaft
noch nicht gebrochen war; sie rüttelte aber langsam und in
dem Maße, als ihre wirtschaftlichen und politischen Positionen
stärker wurden, an den demokratischen Grundlagen des Staates
und erzwang sich schließlich bereits in der alten Koalition
einen langsamen Abbau einer ganzen Reihe von freiheitlichen Grundrechten.
Und heute, wo sie die Mitarbeit der sozialistischen Parteien nicht
mehr benötigt, heute, wo sie sich der Hilfe der deutschen
kapitalistischen Parteien versichert hat, heute, wo die Widerstandskraft
des Proletariats einerseits durch Wirtschaftsnot und Arbeitslosigkeit,
andererseits durch erbitterte Richtungskämpfe in hohem Maße
geschwächt ist, greift die Bourgeoisie an die verfassungsmäßigen
Grundlagen des Staates, um die Arbeiterschaft nicht nur wirtschaftlich,
sondern auch politisch unter ihre Botmäßigkeit zu bringen
und sich durch Ausgestaltung ihrer Machtpositionen den Bestand
ihrer Machtstellung und Herrschaft auf möglichst lange Zeit
zu sichern.
Der Anfang war das Terrorgesetz, das Schutzgesetz,
das Preßgesetz, die Wahlnovelle, nun kommt als Fortsetzung
die faszistische Aufräumarbeit, die mit dem Gesetz betreffend
die Regelung der Gemeindefinanzen beginnt und ihre Krönung
erfährt durch die Verwaltungsreform mit ihrer Fülle
von reaktionären Bestimmungen, von der Verschlechterung des
Wahlrechtes und der Seßhaftigkeitsdauer bis hinüber
zum Ernennungsrecht von Abgeordneten, von der Stellung der Bevölkerung
unter den Polizeibüttel und der Beseitigung der letzten Reste
der Selbstverwaltung der Gemeinden bis zur gesetzlichen Verewigung
der Fremdherrschaft des herrschenden Volkes über alle anderen
Völker des Landes.
Wenige Jahre vorher hat man getreu dem alten Wort Havlíèeks:
"Co jest vlastnì konstituce? Vùli národa
zastupuje snìm z národa volený",
in die Washingtoner Deklaration den Satz aufgenommen, daß
die Demokratie dieses Landes auf dem allgemeinen gleichen Wahlrecht
aufgebaut wird; und so wurde schließlich dieser Gedanke
in der Bestimmung der Verfassungsurkunde verbrieft, daß
das Volk und nur das Volk die Quelle der Macht in diesem Staate
sei. Und heute? Heute werden von dieser Quelle 33 1/3%
einfach abgeschöpft und nur zwei Drittel des Volkes zur Quelle
der Macht erklärt, während sich in das restliche Drittel
die Herren Švehla und Kramáø,
Šrámek und Mayr-Harting zu teilen haben,
wobei auf letzteren aller Wahrscheinlichkeit nach 0.0003% des
Anteils an der Macht entfallen. (Veselost na levici.)
Was hat einst Herr Dr Kramáø
an Argumenten zugunsten des allgemeinen
Wahlrechtes zusammengetragen! Das allgemeine Wahlrecht - schrie
er den Deutschbürgerlichen am 30. Dezember 1905 im österreichischen
Parlament zu - werden Sie nicht aus der Welt schaffen, denn darüber
wacht das ganze Volk, das sich in gährender Bewegung befindet.
Meine Herren, rief Dr Kramáø dem
österreichischen Parlament und den Deutschen zu, fürchten
Sie doch nicht das Volk, was ist das für ein Staat, der sein
eigenes Volk fürchtet! Und heute zittern sie alle zusammen,
die Herren Revolutionäre von dazumal vor dem Volke und versuchen
durch schmählichen Wahlrechtsraub ihr Wahlglück zu korrigieren.
Als man in Österreich die Seßhaftigkeitsdauer von einem
Jahre normierte, da rief der jetzige Minister Šrámek
in einer Rede vom 3. November 1906: "Auf mich macht diese
Bestimmung den Eindruck der Furcht vor der Sozialdemokratie. In
Wirklichkeit ist aber diese Bestimmung von der Seßhaftigkeit
etwas viel schlechteres, es ist die Wegnahme schon erworbener
Rechte vieler Tausender von Arbeitern und kleinen Leute. Überhaupt
ist es ein rücksichtsloser Eingriff in das politische Eigentum
der armen Staatsbürger, und zwar aus niedrigen politischen
und noch niedrigeren nationalen Motiven." Und heute greifen
sie alle, diese Herren Revolutionäre von damals, zynisch
nach diesem Eigentum der armen Staatsbürger und begehen diesen
politischen Diebstahl in hellem Licht des Tages. Noch während
der Debatte über die Gaureform begehrte Herr Dr Kramáø
ordentlich auf, als man der Regierung eine
ausgiebige Ration von Verordnungsgewalt geben wollte. Und Dr Kramáø
rief der damaligen Mehrheit zu: "Ich
kann nicht alle Verordnungsgewalt der Regierung geben, auch wenn
ich ein noch so großes Vertrauen zu der Regierung hätte.
Ich muß alles fest im Gesetze niedergelegt haben, denn die
Regierung, auch wenn sie noch so stark ist, kann unter dem Druck
gewisser Verhältnisse stehen, die ihr etwas aus den Händen
reißen, was sie, wenn sie frei wäre, niemals geben
würde." Und heute vertritt derselbe Dr Kramáø
mit Emphase die Verordnungsgewalt,
die in der Vorlage so ausgiebig der Regierung gewährt wird,
und tritt so seine eigene Anschauung mit Füßen. Man
nehme die Gesetzesvorlage zur Hand. Im Artikel 10 finden wir die
Bestimmung über das Verwaltungsverfahren, im § 1, al.
3 über die Bezirksabgrenzung, im § 2 über die Trennung
und Vereinigung der Gemeinden, im § 3 über die Magistrate,
im § 4 über Kompetenzen, im § 6 über die Poradní
sbory, im § 8 über die Kompetenzabgrenzung, im §
9 über Schlesien, im § 10 über die Übernahme
von Beamten, im § 53 über die Übertragung der Fachverwaltung,
etc. Kurz, eine ganze Fülle von Verordnungsgewalt, gegen
die Herr Dr Kramáø im
Jahre 1920 aufbegehrt und aufgeschrien hat, der heute mit derselben
Verve und Leidenschaft gegen diejenigen auftritt, die sich dieser
Verordnungsgewalt erwehren wollen. Im Jahre 1920 bestieg Dr Viškovský
die parlamentarische Rednertribüne, um gegen Dr Kramáø
die Gaureform zu verteidigen, um mit leidenschaftlichen
Worten für die Gauverfassung einzutreten und sich mit der
Forderung Dr Kramáøs nach
einer Länderverwaltung auseinanderzusetzen, die Dr Viškovský
für längst überholt hielt. Noch vor wenigen
Jahren forderte er die Beseitigung der historischen Landeseinheiten
und heute verlangt er ihre Widereinsetzung. Noch am 14. November
1924 bezeichnete Herr Präsident Malypetr als damaliger
Innenminister die Erfahrungen, die man in der Slovakei mit der
Gaureform gemacht hatte, als günstig und erklärte die
Landesverwaltung für schwerfällig, die slovakische Autonomie
für atomisierend, als eine Gefahr für den Staat, und
heute tritt seine Partei mit aller Wucht für all diese atomisierenden
und schwerfälligen Ländereinrichtungen ein. Noch am
17. März 1926 erklärte Minister Hodža
in seiner Stellungnahme zum Pittsburger
Vertrag: "Entweder müßte es ein ganz unabhängiger
Landtag sein, ausgestattet mit einer Legislative, oder aber ein
kleiner Landtag für Gaufragen. Für so etwas würden
wir uns bedanken. Würde es sich aber um einen Landtag mit
Legislative handeln, so wäre er unmöglich, weil die
Slovaken unter den heutigen Verhältnissen nicht stark genug
sind. Wir wollen also keinen slovakischen Landtag, weil wir ihn
nicht brauchen." Das war am 17. März 1926. Dem gegenüber
erklärte Minister Hodža,
die Reform der Verwaltung erfolge gemäß dem
Programm der slovakischen Agrarpartei, genau so wie es im Jahre
1924 seine Partei verlangt hat. Er hat mittlerweile das, was sich
im Jahre 1926 zugetragen hat, längst ausgeschwitzt. Jahrelang
hat das èechische Volk die "samospráva",
die Selbstverwaltung, mit dem größten
Feuereifer verfochten. Je mehr die Regierung, ruft Havlíèek,
in der Hand der Bürger liegt, je kleiner die Zahl der regierenden
Beamten, desto einfacher ist die einheitliche Verwaltung. Noch
im Jahre 1920 wird das Wort Masaryks,
daß die Administrative und Selbstverwaltung die Grundlage
der Demokratie sei, der Gauvorlage im Motivenbericht mit auf den
Weg gegeben, und heute vernichtet man diese "samospráva"
systematisch und ist daran, wenn die neue Vorlage Gesetz werden
sollte, sie mit Stumpf und Stil auszurotten. So tritt man
die ganze Vergangenheit des èechischen Volkes, so tritt
man seine heiligsten Traditionen, so tritt man die ruhmreichsten
demokratischen Kapitel der èechischen Geschichte, die Kämpfe
der letzten Jahrzehnte einfach mit Füssen,
genau so, wie man durch den Kampf um die richtige Wertung der
Auslandsund Inlandsrevolution des Jahres 1918 und der vorangegangenen
Jahre und durch die Gegenüberstellung von Maffia und Masaryk
die eigene Revolutionsgeschichte verrät und bespeit und
die eigenen Befreier in den Kot zerrt. Das alles geschieht, wie
wir auseinandergesetzt haben, im Namen der Demokratie, jener Demokratie,
von der sich Havlíèek zornig abwendete und von der
er sagte: "Es gibt bei uns noch immer jene Gattung von Demokraten,
zu denen ich nicht gehören will. Das sind solche, welche
zwar immer vom Volke sprechen, aber nur sich selbst für das
ganze Volk halten. Diese Herren Demokraten", sagt Havlíèek,
"sagen niemals so wie andere ehrliche Leute: Ich meine es
so, ich will es so; sondern sie sagen
immer bildlich: Das Volk meint es so, das Volk will es so. Aber
sie vergessen dabei immer, das Volk zu fragen, ob es so denkt
und so will." Wie man sieht, hat Karl Havlíèek-Borovský
seine Pappenheimer gut gekannt.