Pátek 6. kvìtna 1927

Eine ganz ähnliche Sache ist in den letzten Jahren immer hinsichtlich der Lehrergehalte durchgeführt worden. Die Länder sind immer mehr und mehr an den Staat verschuldet, weil sie einfach nicht imstande waren, die vom Parlament hier ohne Zustimmung der Länder beschlossene Erhöhung der Lehrergehälter aus Eigenem zu tragen. Sie haben vorschußweise vom Staate Beträge bekommen und sind dadurch immer ärger in Schulden gegenüber dem Staate geraten. Soll das vielleicht eine Sanierung der Länder, der Gemeinden und Bezirke sein? Verurteilt man damit nicht absichtlich von vornherein die Länder zu vollständiger finanzieller Abhängigkeit vom Staat? Dasselbe gilt auch von den Bezirken und Gemeinden. Man hätte sich mit einer Beschränkung der Umlagen ohne weiteres abfinden können, wie ich schon im Ausschuß ausgeführt habe. Ich will diese Ausführungen hier nicht wiederholen. Es ist sicher, daß in erster Linie die Höhe der Umlagen mitschuldig war, daß unsere Wirtschaft im allgemeinen nicht vorwärts kommen, auch nicht bilanzieren, nicht kalkulieren konnte, weil sie nicht von vornherein wußte, wie hoch diese Umlagen sein werden, die ihr von den Bezirken und Gemeinden aufgehalst werden. Man hätte sich damit abfinden können, wenn dafür andere Einnahmequellen für die Länder, Bezirke und Gemeinden erschlossen worden wären. Aber im Gegenteil, man nimmt jetzt noch den Gemeinden und Bezirken vieles von dem, was sie bisher zu Recht hatten und gewährt ihnen eine Erhöhung der Umlagen auf 300 bzw. 150% im weit eingeschränktem Maße, ja in viel eingeschränkterem Maße, als es die ursprüngliche Regierungsvorlage getan hat; denn insoweit der Schuldendienst für Bauten und Unternehmungen und andere Einrichtungen schon gedeckt ist durch den Betrieb der Anlagen selbst, wird das betreffende Darlehen nach den Abänderungsvorschlägen der Regierungsparteien in die Berechnungsgrundlage nicht miteinbezogen. Außerdem darf nunmehr von den erhöhten Umlagen unter keinen Umständen etwas für a ußerordentliche Erfordernisse verwendet werden, was noch in der Regierungsvorlage vorgesehen war. Alles muß nun zur Verzinsung und Tilgung der Schulden verwendet werden. Etwas Ähnliches bestimmt ein Regierungsantrag zu § 20, wonach neue Anleihen nur unter noch weit beschränktere Bedingungen als früher aufgenommen werden können. Auch dadurch ist die Regierungsvorlage für die Gemeinden noch wesentlich verschlechtert worden. Man schützt also nicht die Gemeinden, sondern das Interesse der Gläubigerbanken und schafft gleichsam ein Staatsmonopol für den inländischen Kapitalsmarkt, von dem man die Gemeinden so gut wie ganz ausschließt. Man verweist die Gemeinden und Bezirke auf den sogenannten Dotierungsfond, der aber eine leere Schüssel darstellen wird, der selbst nichts hat und aus dem man bei dem besten Willen den notleidenden Selbstverwaltungskörpern nichts wird geben können. Zur Vorlage der Gesuche an diesen Fond werden Fristen festgesetzt, die oft gar nicht werden eingehalten werden können. Denn bis 30. November wird nach den neuen Bestimmungen des § 4 oft der Schulvoranschlag noch gar nicht feststehen, denn bis dahin hat man noch immer die Möglichkeit, gegen den Schulvoranschlag zu rekurieren und die vorgesetzte Aufsichtsbehörde hat dann noch nicht entschieden, ob dem Rekurs stattgegeben werde oder nicht. Nun ist dieser 30. November gleichzeitig eine unüberschreitbare Frist zur Vorlage der Gemeindevoranschläge, und wer bis dahin den Voranschlag nicht vorgelegt hat - und der Voranschlag hat auch den Schulvoranschlag mitzuenthalten - verliert von vornherein den Anspruch, etwas aus diesem Dotationsfond zu bekommen. Wenn die Bezirke, bzw. die Bezirksbehörden, wie es dort heißt, die Gesamtübersicht der Voranschläge ihres Bezirkes mit den vorgeschriebenen Äußerungen dazu nicht bis längstens Ende Jänner an die Landesbehörde vorlegen, so verliert der betreffende Bezirk und alle Gemeinden des Bezirkes, obwohl sie doch gewiß gar keine Schuld daran haben, den Anspruch auf eine Überweisung aus dem Fond. Das ist doch unerhört, und das haben sich die Herrschaften, die diese Anträge eingebracht haben, jedenfalls auch nicht gut überlegt. Die Städte werden in der Regel aus diesem Fond überhaupt nichts bekommen, weil nach dem Antrag der Regierungsparteien zunächst auf die finanziell schwächeren Gemeinden mit einer niederen Umlagengrundlage Rücksicht zu nehmen ist. Also, in erster Linie werden die Städte, die die Unterstützung am notwendigsten hätten, von vornherein nichts bekommen, weil sie eine höhere Umlagengrundlage haben als die Dörfer. Je früher die Städte zugrunde gehen, desto besser. Das scheint die Tendenz gewesen zu sein und so etwas beantragen auch Deutsche, die doch anstreben, auf Grund der Selbstverwaltung der Gemeinden auch eine Selbstverwaltung in höherem Sinne innerhalb dieses Staates zu erlangen.

Es kommt aber noch besser. Weil die Städte noch zu wenig belastet sind, sollen sie nach den Anträgen der Regierungsparteien nicht nur in Mähren, sondern auch in allen anderen Ländern ein Fünftel der uneinbringlichen Verpflegskosten tragen, die für ihre Ortsangehörigen in öffentlichen Spitälern, Gebärhäusern und Irrenanstalten erwachsen sind. In Mähren war seinerzeit ein harter Kampf wegen des Verpflegskostendrittels von allen in Betracht kommenden Gemeinden deutscher und èechischer Nationalität geführt worden, die alle verlangt haben, daß dieses Verpflegskostendrittel beseitigt werde, weil die Gemeinden zugrunde gehen müßten. In vielen Gemeinden hat es ja weit über 100% Umlagen ausgemacht, was sie hiefür leisten mußten. Nun waren aber die Bestimmungen in Mähren, mit Ausnahme der Höhe von einem Drittel, jetzt nur ein Fünftel, für eine Reihe von Gemeinden wesentlich günstiger als gegenwärtig die Bestimmungen nach dem Ausschußantrag sind. Man hat damals z. B. für Gebäranstalten noch keine Verpflegskostenbeiträge der Gemeinden eingehoben, jetzt wird das auch mit einbezogen. Dann waren Gemeinden unter 5.000 Einwohnern im mährischen Landesgesetze noch besonders berücksichtigt. Auch diese Ausnahme ist nun gefallen. Meiner Berechnung nach macht dieses Verpflegskostendrittel, wie es jetzt beantragt wird, pro Kopf und Jahr mindestens drei Kronen aus, also bei 20.000 Einwohnern einer Gemeinde 60.000 Kronen jährlich mehr als bisher. Als Ersatz für diese neuen Ausgaben haben nun die Städte und Gemeinden jährlich einen Betrag in Höhe von 10% der Grundsteuer an den Elementarschadensfonds abzuführen, obwohl sie von der Grundsteuer nicht einen Heller bekommen und zwar haben sie auch dann zu zahlen, wenn sie keine Zuschläge einheben. Das ist nach dem Abänderungsantrage der Regierungsparteien in der Begründung ausdrücklich hervorgehoben. Sämtliche Geldstrafen und auch die Verzugszinsen fallen ferner nicht der Gemeinde zu, sondern dem Staat. (Posl. dr. Rosche: Beider Steuerreform ist es ebenso!) Man sieht also wieder, welche Tendenz herrscht. Auch die Geldstrafen nach dem Gesetze über die direkten Steuern sollen nicht mehr der Gemeinde zufallen, sondern dem Staate. Jedenfalls hat der Staat die Absicht, auch die Armenfürsorge zu übernehmen, da er ja angeblich die Sozialversicherung ausbauen will u. s. w. vielleicht in dem Sinne, daß die Gemeinden wirklich entlastet werden. Allerdings haben wir in den Gemeinden vorläufig noch nichts davon bemerkt. Im Gegenteil, die Einführung des Genter Systems und die bürokratische Handhabung der Sozialversicherungsvorschriften nötigen die Gemeinden, mehr für das Armenwesen zu tun als früher.

Auch die sogenannten Verbesserungsanträge der Regierungsparteien hinsichtlich der Geldstrafen, die über den Bürgermeister verhängt werden, wenn er nicht Ordre pariert, Geldstrafen bis zu 5.000 Kronen, gehen dahin, daß nun nicht wie nach dem Regierungsentwurf diese Geldstrafen in den Ortsarmenfonds bzw. in die Gemeindskasse fließen, sondern auch diese Geldstrafen sollen nun in die Staatskasse bzw. an den Bezirksausschuß fließen. (Posl. dr Rosche: Was werden denn dann die Bürgermeister für einen Gehalt kriegen müssen?) Ja, damit sie diese 5.000 Kronen ein paarmal im Jahre bezahlen können, wird man ihre Bezüge erhöhen müssen! Bekanntlich wird dem Bürgermeister nun nach dem Antrag der Regierungsparteien angedroht, daß er abgesetzt werden kann, wenn er den Weisungen von oben aus grober Fahrlässigkeit, wie es da heißt, nicht pünktlich nachkommt. (Posl. Wünsch: Was ist denn grobe Fahrlässigkeit?) Was das ist, bestimmt die Bezirksbehörde. Nicht der Bezirksausschuß, nicht die Bezirksvertretung, sondern das Bezirksamt, also der Bezirkspascha bestimmt, wann eine grobe. Fahrlässigkeit vorliegt, und er verhängt auch die Geldstrafen. (Posl dr. Rosche: In den Strafbestimmungen sind die Worte "grob" und "leicht" willkürlich zusammengeworfen!) Genau so, wie bei der Reform der direkten Steuern. Es ist selbstverständlich nicht zu erwarten, daß viele Leute ein besonderes Vernügen daran finden werden, Bürgermeister zu sein, wenn solche drakonische Strafbestimmungen fortwährend wie ein Damoklesschwert über ihrem Haupte schweben. Der Bürgermeister hat überhaupt nach dem Sinne dieses Gesetzes nicht mehr die Stellung eines Hausherrn, sondern die eines Hausknechtes. (Posl. Wünsch: Was geschieht denn mit den Ministern, wenn sie fahrlässig sind?) Für die gelten diese Bestimmungen selbstverständlich nicht, wir haben ja überhaupt keine Handhabe, um sie zur Verantwortung zu ziehen. Aber die Bürgermeister müssen natürlich parieren und müssen sich zu einer so untergeordneten Bedientenrolle im Staate hergeben. Ich möchte sogar sagen, daß ein Hausknecht dagegen noch eine ideale Stellung hat, weil er wenigstens seiner Arbeitsleistung entsprechend bezahlt wird. In der Gemeinde aber ist es in Hinkunft selbstverständlich dem Ermessen der Aufsichtsbehörden erster und zweiter Instanz anheimgestellt, den Bürgermeistergehalt zu kürzen. Denn die Aufsichtsbehörde hat das Recht, Abstriche zu machen, wenn sie der Ansieht ist, daß die Gemeinden zu stark belastet sind. Ja, die Bezirke haben sogar die Pflicht dazu, dies zu tun, weil sie sonst wegen dieser Pflichtvernachlässigung keine Dotationen mehr vom Lande bekommen. Wenn also der Bürgermeister irgendwo eine Entschädigung für seine Arbeitsleistung bekommt, muß er darauf gefaßt sein, daß sie ihm im Voranschlag durch die Aufsichtsbehörde gekürzt wird, wenn es ihr so paßt. Denn selbstverständlich ist die Bestimmung bestehen geblieben, daß in Hinkunft die Posten des Voranschlages nach Belieben durch die Aufsichtsbehörde geändert werden können, ohne daß dagegen auch nur ein Rekurs möglich wäre. Es ist ja unerhört, daß man nicht einmal ein Rechtsmittel gegen derartig einschneidende Eingriffe in die Beschlüsse der Gemeindevertretung zuläßt. Es wird einfach alles von oben her diktiert und damit muß sich die Gemeinde zufrieden geben, muß kuschen und weiterdienen.

Allerdings möchte ich an dieser Stelle freudig anerkennen, daß durch die Abänderungsanträge der Regierungsparteien in dieser Hinsicht ausnahmsweise scheinbar eine kleine Erleichterung geschaffen wurde. Denn es sollen nicht mehr, wie bisher Eingriffe in das Voranschlagsrecht der Gemeinden jederzeit gestattet sein, sondern nur dann, wenn trotz der bewilligten Höchstzuschläge die Bedeckung des Voranschlages nicht vollkommen zu erreichen ist. Leider werden aber die höchsten Zuschläge in der Regel nicht zur völligen Bedeckung des Voranschlages ausreichen. Denn außer der Schuldentilgung hat jede Gemeinde doch eine Menge anderer Aufgaben zu erfüllen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß viele über diese 200% hinauskommen werden, damit sie nur ihre Schulden tilgen können, d. h. die Verzinsung und Amortisation der Schulden aufbringen. Für die übrigen Gemeindezwecke bleibt kein roter Heller übrig. Es ist also sicher, daß dieser scheinbar gut gemeinte Verbesserungsantrag nie oder fast nie in Anwendung kommen wird und daß er die Gemeindefreiheit in Wahrheit nicht mehr schützen wird, wie der Zusatzantrag zu § 3, wonach die beabsichtigten Änderungen zu den Voranschlägen den betreffenden Selbstverwaltungsverbänden mitzuteilen sind, damit sie sich hierüber binnen 14 Tagen äußern. Nun, solche Äußerungen werden bekanntlich nur dann beachtet, wenn es der Behörde gerade in den Kram paßt. Das kennen ja schon alle Gemeinden zur Genüge aus der Handhabung der Gewerbeordnung, z. B. bei Erteilung einer Konzession, wobei die Gemeinde hinsichtlich des Lokalbedarfes sich äußern darf. Diese Äußerung wird in den meisten Fällen nicht beachtet. Wenn es der Bezirksbehörde paßt, gibt sie die Konzession, wenn auch die Gemeinde meint, es sei kein Lokalbedarf vorhanden. Das ist eine reine Formalität, welche die Behörde nicht im mindesten bindet. Gebunden an Händen und Füßen wird in diesem ganzen Gesetze nur die Selbstverwaltung, den Staatsorganen hingegen wird ein Übermaß von Freiheit und Ungebundenheit eingeräumt, wie es sonst nur in absolutistischen Staaten üblich ist. Mit Rücksicht auf die beschränkte Redezeit will ich nichts von dem wiederholen, was ich seinerzeit zur Begründung dieser meiner Behauptung schon im Ausschuß gesagt habe. Nur ganz kurz möchte ich noch auf jene Ziffern verweisen, die ich zum Vergleiche aus Österreich und Deutschland gebracht habe, um dem Herrn Finanzminister zu zeigen, daß seine Ansicht nicht die alleinseligmachende ist, daß nämlich die Gemeinden über ihre Verhältnisse leben, indem sie angeblich 3 Milliarden jährlich verbrauchen, das ist fast ein Fünftel des gesamten öffentlichen Bedarfes. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.) Diese Berechnung von ihm kann man in Zweifel ziehen, da er keine Details gebracht hat. Nach meinen Berechnungen, die ich mit Hilfe des landesstatistischen Amtes in Schlesien gemacht habe, verbrauchen die Gemeinden kaum 2 Milliarden, d. i. ungefähr 1/8 des gesamten öffentlichen Aufwandes. Nun, demgegenüber bekommen in Deutschland die Gemeinden jetzt noch ein Viertel, nämlich von 10 Milliarden Mark 21/2 Milliarden jährlich und sie verlangen jetzt, was sie vor dem Kriege hatten, nämlich ein Drittel sämtlicher öffentlicher Einnahmen für Gemeindezwecke. Man sieht also, daß dort für die Gemeinden und die Gemeindefreiheit viel größeres Verständnis vorhanden ist, als bei uns; man wird nicht behaupten, daß das Deutsche Reich schlecht dabei fährt, man soll sich nur ein Beispiel an dem Aufblühen nehmen, wie es jetzt dort drüben zu verzeichnen ist und das letzten Endes auf die Kräfte zurückzuführen ist, die sich freiwillig in den Dienst der Selbstverwaltung stellen und dort in den Gemeinden, Kreisen usw. mitarbeiten, um wieder in die Höhe zu kommen. In Österreich ist der Anteil der Gemeinden an den öffentlichen Einnahmen noch größer. In den Vereinigten Staaten, was ich im Ausschuß noch nicht gesagt habe, bekommt der Staat für seine Verwaltung nur 10% der öffentlichen Lasten, bei uns dagegen 65%. In Amerika werden dafür 40% für städtische Zwecke und 20% für die Kreisverbände verausgabt, zusammen 60%, in der Èechoslovakei selbst nach Engliš kaum 30%, für die gesamte Selbstverwaltung. Man sieht, daß die Behauptung des Herrn Ministers, daß die Selbstverwaltung über ihre Verhältnisse lebe und noch viel zu gut dotiert sei, nicht richtig ist. Überall in der Welt, in England und in den anderen Staaten, wo immer man sich umschaut, auch in dem nordischen Staaten, in Norwegen, Schweden usw. findet man, daß die Selbstverwaltung einen viel größeren Teil der öffentlichen Ausgaben bekommt und für sich mit Recht in Anspruch nimmt, viel mehr als bei uns in der Èechoslovakei. Trotzdem ist hier so ein Riesengeschrei erhoben worden, die Herren Engliš und Konsorten haben nach der Methode: "Haltet den Dieb! " gehandelt, um die Verantwortlichkeit von sich abzuwälzen und haben jetzt die Steuerträger gegen die Selbstverwaltung aufgehetzt. Ob diese Methode wissenschaftlich genannt werden kann, möchte ich bezweifeln. Mehr wissenschaftliche Fundierung als dieser Regierungsentwurf zeigen dafür die Abhandlungen des èechischen Professors dr Drachovský und des dr Mildschuh, die beide auf Grund umfangreichen statistisch en Materials zu dem Schlusse kommen, daß sich vom Jahre 1914 bis 1926 der Bedarf ungefähr um das Sechsfache, die Bedeckung durch Zuschläge nur um das Dreifache erhöht hat. Gewiß ein Zeichen äußerster Sparsamkeit der Selbstverwaltung. Das gleiche Bild ergibt sich auch aus einem Vergleich mit dem Groß- und Kleinhandelsindex. Auch darnach sind die Ausgaben der Selbstverwaltungskörper kaum halb so stark gestiegen als das Preisniveau. Soll das ein Beweis der Leichtsinnsepidemie sein, wie jetzt vom Wissenschaftler Engliš zur Begründung dieses Zwangsjackengesetzes hinsichtlich der Selbstverwaltung kühnlich behauptet wird? Calumniare audacter, semper aliquid haeret. Nur immer kühn und beharrlich verleumden, dann bleibt schon immer etwas hängen.

Mit so schwächlichen Mitteln hat man den Kampf gegen die Selbstverwaltung geführt, und zwar wie es scheint, mit Erfolg. Das Schlagwort von der verschwenderischen Finanzpolitik der Selbstverwaltung wurde so oft wiederholt, bis es schließlich von vielen unkritischen Menschen, das sind ja die meisten, als Binsenwahrheit hingenommen wurde. Dem Reklamechef der Kukirol-Werke würde ein solcher Erfolg alle Ehre machen. Dem Herrn Finanzminister und Universitätsprofessor Dr. Engliš braucht nach einem solchen Ruhm nicht zu gelüsten. Die Gründe für diese Lügenpropaganda müssen viel tiefer liegen. Ich habe schon früher darauf verwiesen, daß die freie Selbstverwaltung ein Teil des nordisch-germanischen Wesens ist und dieses erfreut sich nun einmal hierzulande bei der herrschenden Schicht, zumindestens bei der hiesigen Bürokratie, keiner großen Beliebtheit, trotz der schönen Symbiosen-Theorie. Wohl haben die Deutschen ihre Stadtrechte und die höhere Kultur ins Land gebracht, aber gerade deshalb will man sich jetzt davon freimachen und nach dem französischen Präfekturen- oder Departementssystems die Provinz, namentlich die deutsche Provinz, geistig totmachen. Deshalb der Kampf gegen die Selbstverwaltung auf der ganzen Linie und mit allen Mitteln, nach dem Grundsatz: Hilf, was helfen kann! So enthält dieses Gesetz nicht bloß finanzrechtliche Probleme, sondern vor allem ein politisches Problem erster Ordnung. Man hat es geschickt in den Kuchen der finanziellen Notwendigkeiten eingebacken, so daß die deutschen Aktivisten, das soll hier zu ihrer Ehre angenommen werden, den Braten gar nicht gerochen haben. Durch die bis ins Kleinste gehende Beaufsichtigung und Schematisierung will man unsere deutsche Selbstverwaltung aus einem wildwuchernden Walde, in dem jeder Baum und Strauch seiner Art gemäß frei und unbeschnitten zum Himmel emporwächst und gerade deshalb alles, was in ihm steckt, zur vollen Entfaltung bringt, nach dem. Pariser Muster zu einem wohlgepflegten Park in französischem Stile mit fein säuberlich geschnittenen Bäumen, Hecken und Beeten machen, damit sich darin die großen Herren frei von Sorge ergehen können. Zur Vorsicht wird auch noch an allen Ecken und Enden ein staatlicher Parkwächter aufgestellt und jedes Lebewesen, das sich nicht vorschriftsmäßig benimmt, wird sofort gefangen genommen und in einen der vielen Käfige eingesperrt. Das ist der wahre Zweck dieses Gesetzes im Zusammenhang mit der sogenannten Verwaltungsreform. Daß dadurch die Handlungs- und Verantwortungsfreudigkeit der Bevölkerung lahmgelegt wird, ist in den Augen der hohen Bürokratie selbstverständlich kein Schade. Denn sie will allein herrschen und deshalb muß die demokratische Verwaltung einer bürokratischen Verwaltung weichen. Die weise Fürsorge von oben für den braven Bürger soll an die Stelle der Selbstverantwortung und an die Stelle der Selbstverwaltung treten. Der Bürger braucht nicht mehr denken und handeln, das tun für ihn schon hier die hohen Herren in Prag. Ohne daß er sich den Kopf zu zerbrechen braucht, kann er schlafen, so viel er will, wenn er nur tagsüber brav arbeitet und zahlt, wie ihm vorgeschrieben wird; im Übrigen kann er sich die Zipfelmütze über die Ohren ziehen. Diesem polizeistaatlichen Ideal will man durch das Gesetz einen Schritt näher kommen und deshalb müssen wir uns dagegen auf das heftigste zur Wehr setzen.

Im Ausschuß hat man alle unsere Anträge rücksichtslos niedergestimmt, wie es hier üblich ist und nicht anders erwartet wurde. Man hat uns nicht einmal Zeit gelassen, sie zu begründen. So hatte ich z. B. in der ersten Gruppe zur Begründung von 16 Anträgen 15 Minuten Redezeit, also nicht einmal eine Minute zur Begründung eines Antrages. Ich muß deshalb hier wenigstens noch ganz kurz auf einzelne dieser Anträge zurückkommen, um Ihnen darzulegen, wie wir uns eine Abänderung des Gesetzes, bzw. der Verhältnisse vorgestellt haben. (Posl. dr Rosche: Bei dieser Beteiligung des Hauses hätte man im Ausschusse uns mehr Zeit lassen können, das Haus hätte die Reform bei dieser Beteiligung in einem halben Tage erledigen können!) Es ist gar nicht verwunderlich, daß hier eine derartige Teilnahmslosigkeit herrscht, wenn man bedenkt, daß von vornherein feststeht, daß durch alles Reden nichts mehr geändert werden kann. Man hat die hohe Bürokratie einfach an die Stelle der Demokratie gesetzt; was dort im Ministerium ausgearbeitet wird, das gilt schon, und wir wissen, daß kein Beistrich geändert werden kann. Dann soll man Lust und Freude aufbringen, auch hier noch mitzuwirken. Die Herren von der Koalition scheinen es nicht notwendig zu haben, sich mit dem Gegenstande zu beschäftigen, für sie ist es eine res judicata, für sie ist es abgetan, weil sie schon seinerzeit untereinander ausgeknobelt haben, wie die Sache wird, und alles, was hier vor sich geht, im Ausschuß und in der Plenarberatung, ist für sie eine leere Formalität, die mitgenommen werden muß, die aber in Wahrheit für sie eine Belastung darstellt, von der sie sich, soweit sie können, drücken.

Wir haben zunächst wie die anderen Parteien den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung eingebracht, weil wir der Ansicht sind, daß unter allen Umständen zuerst das richtige statistische Material hätte vorgelegt werden müssen. Wir wissen, daß noch 8 Monate Zeit sind, bevor das Gesetz in Kraft tritt, und es ist keine Entschuldigung, wenn man sagt, es müsse bis Mittwoch der nächsten Woche erledigt sein. Das ist nicht notwendig, es könnte ganz gut erst in zwei bis drei Monaten erledigt werden, es würde wohl dem Staate dabei nichts passieren. Man hat aber keine Lust, diese statistischen Daten beizubringen, auch keine Lust, wie seinerzeit aufgetragen war, eine Enquete mit Fachmännern und mit den Vertretern der Selbstverwaltungsverbände einzuberufen, weil man weiß, wenn man die Fachleute und diejenigen hören würde, an deren eigenem Leib sich das Gesetz auswirken wird, dann würde kein gutes Haar an dem bleiben, was am grünen Tische die hohe Bürokratie ausgearbeitet hat und hier dem leeren Hause vorlegt.

Dieser Antrag auf Übergang zur Tagesordnung ist selbstverständlich abgelehnt worden. Wir verlangen, da er abgelehnt wurde, nun die Zuweisung an den Verfassungsausschuß, u. zw. deshalb, weil dieses Gesetz nicht nur finanzieller Natur ist, sondern die ganze Struktur der Verwaltung umändert und viel vorwegnimmt, was erst durch das Gesetz über die Reform der Verwaltung in Wirklichkeit treten, bzw. beschlossen werden soll. Es wäre unter allen Umständen notwendig, auch nach der Geschäftsordnung, daß sich der Verfassungsausschuß zunächst mit diesem Gesetz beschäftige, bevor es in das Abgeordnetenhaus kommt und da würden wahrscheinlich auch Änderungen daran vorgenommen werden. Aber auch das wird jedenfalls abgelehnt werden.

Nun haben wir verlangt, daß man, wenn schon dieser Entwurf als Grundlage genommen werden muß, wenigstens derartige Änderungen an ihm vornimmt, um das Gesetz halbwegs erträglich zu machen, sei es auch nur als Provisorium. Wir haben die Heranziehung der Einkommensteuer auch für die Zuschläge der Selbstverwaltungskörper gefordert, u. zw. bis zu einem Viertel der Höchstsätze der übrigen Zuschläge. Das wären für die Gemeinden 50%, für die Bezirke 27 und für die Länder 40%, zusammen also 117%. Dadurch würde nicht nur erzielt werden, daß den Gemeinden, ebenso den Bezirken und Ländern neue Einnahmsquellen erschlossen werden, man würde auch jene weiteren Kreise der Bevölkerung, die bisher direkt zu den Gemeindelasten nichts beitragen, mit dazu heranziehen, man würde in ihnen das Verantwortungsbewußtsein mehr stärken, es würde dadurch das erzielt werden, was die Regierung auf einem anderen Wege erzielen will, nämlich die Einschränkung der Ausgaben, indem diese Kreise nun ein Interesse daran hätten zu sparen. Aber auch dieser Antrag wurde selbstverständlich nicht angenommen. Wir haben dazu gewünscht, daß das Diensteinkommen der öffentlichen Angestellten mit Zuschlägen der Selbstverwaltungskörper nicht belastet werden darf, weil wir der Ansicht sind, daß diese, die in der Regel doch nur in den niederen Gehaltsstufen stehen, nicht mehr als das Existenzminimum bekommen, das für ihre Lebenshaltung notwendig ist, und weil auch andere Länder, z. B. Deutschland und Österreich, diese Beschränkung mit aufgenommen haben.

Die Ausgleichsfonds wollten wir naturgemäß beseitigt wissen, weil auch der Finanzminister Engliš schon im Motivenbericht, der doch größtenteils aus seiner Feder stammt, erklärt hat, daß diese Ausgleichsfonds nur Notbehelfe sind und daß er nicht gerne daran gehe, eine solche Konstruktion zu schaffen. Er versprach, daß bei der definitiven politischen Konstruktion der Selbstverwaltungsverbände auch der Ausgleichsfonds beseitigt und eine gewisse Beziehung zur Einkommensteuer hergestellt werden wird. Wir sind der Ansicht, daß diese definitive Konstruktion der höheren und niederen Selbstverwaltungsverbände, von denen er spricht, tatsächlich durch den Antrag der Regierungsparteien vorweggenommen wurde, so daß man jetzt unter allen Umständen daran gehen müßte, infolge Änderung der politischen Struktur der Wirtschaftsverbände auch eine Änderung dieser Anträge bzw. der Regierungsvorlage vorzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür jetzt gegeben sind. Die Ausgleichsfonds müßten in erster Linie fallen u. zw. nach Ansicht des Finanzministers, weil er sagt, daß derjenige, der die Verantwortung für den Haushalt hat, auch naturgemäß mit direkten Einnahmsquellen rechnen muß und nicht angewiesen sein soll, bei irgendwelchen Fonds betteln zu gehen. (Posl. dr Rosche: Ist im Gesetze eine Bestimmung, was, solange der Ausgleichfonds besteht, die Gemeinde machen soll, wenn sie nichts bekommt?) Diese Bestimmung fehlt. (Posl. dr Rosche: Die Umlagen dürfen sie nicht erhöhen und aus dem Ausgleichfonds bekommen sie nichts! Was sollen sie dann machen?) Bankerott, das ist das Einzige. Das gehört auch in das Gesetz. Das ist die naturnotwendige, logische Folge. Nur Bankerott können sie machen.


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