Nun haben wir beantragt, daß die Ausgleichsfonds
wenigstens in einer derartigen Weise dotiert werden, daß
man aus ihnen den Gemeinden wirklich helfen kann, vorausgesetzt,
daß der gute Wille vorhanden ist. Wir meinten, es sollten
ihnen, so wie ursprünglich beabsichtigt war, 100% der Grundsteuer
zugeführt werden, ferner 10% aus der Einkommensteuer, die
im Gebiete des betreffenden Landes oder der höheren Aufsichtsbehörde
im Jahre 1928 und in den folgenden Jahren tatsächlich eingezahlt
wird. Dann sollte aus der Umsatzsteuer den Gemeinden direkt gegeben
werden, was sie bisher bekommen haben, 10% zumindest, bzw. eine
kleine Erhöhung, bei besonders intensiver Tätigkeit
15%, die Bezirke 5%, damit sie wissen, mit welchen unmittelbaren
Einnahmsquellen sie rechnen können. Wenn der Höchstzuschlag
von 200% für die Gemeinden und 110% für die Bezirke
zusammen mit den übrigen ordentlichen Einnahmen nicht zur
vollen Bedeckung der veranschlagten Ausgaben genügt, sollen
die Gemeindezuschläge nach Antrag der Regierungsparteien
bis auf 300%, bei den Bezirken bis auf 150% erhöht werden
können, aber nur dann, wenn diese Bedeckung nicht einmal
ausreicht, um die Schuldentilgung durchzuführen. Wir meinen,
daß dieser Antrag dahin geändert werden sollte, daß
den Gemeinden und Bezirken gestattet wäre, eine Umlagenerhöhung
auch dann vorzunehmen, wenn dieser Betrag nicht nur zur Deckung
der Schulden, sondern überhaupt der veranschlagten Ausgaben
nicht ausreicht. Sie müssen doch irgendwie den Rest des veranschlagten
Erfordernisses decken, wie Koll. Dr Rosche richtig hervorgehoben
hat, und dafür ist nichts vorgesehen. Deshalb haben wir den
Antrag zur Annahme empfohlen, man möge ihnen in diesem Fall
eine Umlagenerhöhung gewähren, damit sie den Rest des
Voranschlagserfordernisses decken können. Wenn alle diese
Anträge abgelehnt würden, haben wir vorgeschlagen, daß
man wenigstens die Höchstgrenze der Umlagen für die
Gemeinden, und das sind die notleidendsten unter allen Selbstverwaltungen
von 200 auf 300% erhöht und bei einem allfälligen Zuschlag
um 100% die erhöhte Grenze mit 400% bemißt.
Die Schaffung eines Sanierungsfonds für
die Selbstverwaltung haben wir hier im Hause bereits anläßlich
der Behandlung des Staatsvoranschlages pro 1927 beantragt, wir
haben neuerdings den Resolutionsantrag eingebracht, daß
ein Betrag von 500 Millionen Kronen zur Sanierung der Selbstverwaltungsfinanzen
in den Staatsvoranschlag für 1928 eingestellt werde. Es hat
ja auch bereits Dr. Rosche darauf verwiesen, daß
man derartige Sanierungsfonds für die verkrachten Geldinstitute
und für alle möglichen anderen Dinge geschaffen hat,
mindestens eben so notwendig ist es daher auch, eine einmalige
Sanierung der Gemeinden durchzuführen, um sie von den Kriegs-
und Nachkriegsfolgen zu befreien. Wir haben daher die diesbezügliche
Resolution neuerdings eingebracht, ebenso einen Antrag dahingehend,
daß man den Gemeinden für die übermäßig
großen Ausgaben und Arbeiten, die sie im übertragenen
Wirkungskreis für den Staat verrichten müssen, einen
Staatsbeitrag gewährt, zumindest dort, wo eine solche Tätigkeit
besonders intensiv entfaltet wird. Das wäre nur recht und
billig, irgendwie muß man ja den Gemeinden helfen und ich
bin überzeugt, daß der Großteil der sanierungsreifen
Gemeinden aus dem Fonds nicht zum Zuge kommen wird und dann vor
dem Bankerott stehen wird. Da wird dann nichts anderes übrig
bleiben, als doch an den Staat heranzutreten und zu sagen: Staat,
du hast mir alles genommen, jetzt hilf mir! (Posl. dr Rosche:
Das muß die Gemeinde dann selber tragen!) Deshalb ist
ja eben die Konstruktion dieser ganzen Vorlage verfehlt.
Der Beitrag zum Fonds für Elementarschäden
in der Höhe von 10% ist nicht von den Gemeinden selbst zu
zahlen, sondern durch einen 10%igen Zuschlag zur Grundsteuer hereinzubringen,
denn diejenigen sollen ihn tragen, denen er später wieder
zugute kommen wird. Die Beschlüsse über die Einhebung
eines höchstens 200%igen Gemeindezuschlages, eines höchstens
110%igen Bezirks- und 160%igen Landeszuschlages bedürfen
unserer Meinung nach keiner höheren Genehm1gung. Nach dem
Antrag der Regierungsparteien ist schon ein über 100%iger
Gemeindezuschlag und ein über 50%iger Bezirkszuschlag der
höheren Genehmigung unterworfen. Wir glauben, daß in
diesen Fällen vollkommen das Recht der Finanzkommission genügt,
dagegen Einspruch zu erheben und das Recht eines jeden Steuerzahlers,
gegen derartige Umlagen zu rekurrieren und daß man unnützerweise
nur einen bürokratischen Apparat entfaltet, indem man in
allen Fällen denn alle Gemeinden haben über 100% und
alle Bezirke über 50% Umlagen - einen Genehmigungszwang statuiert.
Das Recht der Regierung, bzw. der Aufsichtsbehörde, die Zuschläge
im beschlossenen Ausmaß zu bewilligen, schließt nicht
auch das Recht in sich, die Zuschläge in einem niedrigeren
oder höheren Maße festzusetzen. Das ist unser Antrag,
weil wir glauben, daß das Beschlußrecht der Gemeinde-
und Bezirksvertretungen aufrecht bleiben soll und daß nicht
die Aufsichtsbehörden oder die Regierung berechtigt sein
sollen, nach Belieben einfach zu streichen, wie es ihnen paßt,
und die Zuschläge herabzusetzen. Wir glauben vielmehr, daß
man den Gemeinden und Bezirken sagen sollte: Die Aufsichtsbehörde
glaubt, daß die Sache so geändert werden soll und weist
daher die Sache zur Beschlußfassung wieder zurück.
Wenn die vorgesetzte Behörde die zweimonatliche Frist zur
Genehmigung der Zuschläge nicht einhält, gilt der beschlossene
Zuschlag als genehmigt. Das wollen wir hinzugesetzt haben, weil
wir meinen, daß auch für die Aufsichtsbehörde
eine Sanktion festgesetzt werden muß.
Mit Rücksicht auf die beschränkte
Redezeit kann ich nicht alle von uns eingebrachten Anträge
einer Begründung unterziehen, ich kann nur noch einige herausgreifen.
Die übermäßige Aufsicht von außen und oben,
wie sie in dem ganzen Entwurf der Regierung enthalten ist, ist
unserer Meinung nach vollständig überflüssig und
sollte dadurch ersetzt werden, daß man die Finanzkommission
umbildet und einen Selbstschutz der Steuerträger schafft.
Es könnte ja die Hälfte der Mitglieder, die jetzt von
der vorgesetzten Aufsichtsbehörde ernannt werden, z. B. aus
den wirtschaftlichen Körperschaften innerhalb der betreffenden
Gemeinde gewählt werden. Auf diese Weise könnte man
jedenfalls einen wirksameren Schutz vor Übersteuerung schaffen,
als wenn von oben oder außen eine derart drückende
Aufsicht angeordnet wird, wie es jetzt der Fall ist. Im Gegenteil,
man sollte die erwerbenden Unternehmungen der Gemeinden nicht
so drangsalieren, sondern durch Befreiung von der Erwerb- und
Umsatzsteuer wie in Deutschland fördern, soweit es Versorgungsbetriebe
sind, die lebenswichtigen Bedürfnissen der Bevölkerung
dienen. Denn wenn auch diese Betriebe Überschüsse aufzuweisen
haben, so haben diese Überschüsse keinesfalls den Charakter
von Privatgewinnen, sondern den einer Abgabenerhebung. Deshalb
wurden diese Betriebe auch in Deutschland von der Umsatzsteuer
und von der sogenannten Körperschaftssteuer befreit.
Wir glauben ferner betonen zu müssen,
daß dieses Gesetz, wenn es schon Gesetz wird, ein Provisorium
ist und wollen deshalb, daß der letzte Paragraph die Wirksamkeit
des Gesetzes lediglich bis zum 31. Dezember 1932 beschränke.
Die Bestimmungen, welche sich auf die geplante Verwaltungsreform
beziehen, sind unserer Meinung nach unbedingt zu beseitigen. Diesbezüglich
ist die Fassung der Regierungsvorlage wieder herzustellen. Es
ist ja ein Unikum, daß man sich schon jetzt auf ein noch
nicht existentes Gesetz bezieht und daß man gleichzeitig
ein Gesetz, welches in Geltung steht, nämlich das Gaugesetz
einfach mit Füßen tritt, sich nicht darum kümmert
und der gesamten Bevölkerung ein so schlechtes Beispiel gibt
hinsichtlich der Befolgung bestehender Gesetze. Man scheint derart
weitsichtig, resp. hellseherisch zu sein, daß man schon
jetzt genau weiß, wie die künftige Verwaltungsreform
ausschauen wird und hat deshalb die Terminologie dieser Verwaltungsreform
in dieses Gesetz bereits hineingebaut. Noch liegen uns im Zeitenschoße
die heiteren und die schwarzen Lose, schon nimmt man aber die
künftige Entwicklung in diesem Gesetz vorweg, man maßt
sich an, wie die Seherin Pythia in die Zukunft schauen zu können
und fördert dadurch geradezu die Rechtsunsicherheit in der
Bevölkerung. Es ist kein Wunder, wenn dann irgend einer wie
Lecian glaubt, er brauche sich auch nicht um die Paragraphen des
Strafgesetzes zu kümmern, wenn sich die Gesetzgeber selbst
um die bestehenden Gesetze nicht kümmern, sie in einem Gesetz
wie dem vorliegenden nicht zitieren, sondern sich auf etwas beziehen,
was erst in der Phantasie besteht oder erst im Schoße der
Koalition ausgeknobelt wird, worüber man sich aber noch nicht
einmal unter den Koalitionsparteien selbst einig ist. Man fordert
dadurch geradezu die Gottheit heraus, möchte ich sagen, denn
es ist klar, daß man von Standpunkt der klerikalen Teile
der Mehrheit jedenfalls nicht gut daran tut, sich in derart frevlerischer
Weise anzumaßen, die Zukunft schon in der Hand zu haben,
deshalb durch Anträge etwas vorwegzunehmen, von dem man noch
gar nicht wissen kann, ob es nicht durch ein Elementarereignis
oder durch eine neue Katastrophe in der Koalition in Brüche
gehen wird, so daß dann aus der ganzen Sache Wasser wird.
Aber auch von weniger Gottgläubigen sollte man es eigentlich
für unmöglich halten, solche Anträge einzubringen,
die sowohl gegen die Geschäftsordnung als auch gegen die
bestehenden Gesetze verstoßen; denn erstens gehört
der Antrag zunächst in den Verfassungsausschuß, weil
nur dieser nach der Geschäftsordnung zur Beratung einer Abänderung
hinsichtlich der öffentlichen Verwaltung in diesem Staate
berufen ist, und zweitens gilt heute noch immer das Gaugesetz
und nur auf dieses kann man sich vorläufig berufen, nur darauf
kann man Bezug nehmen.
Besonders verrückt sind aber die Bestimmungen
der §§ 10, 11 und 13, wonach Schlesien bereits als mit
Mähren vereinigt angesehen wird, obwohl in Wirklichkeit der
Kampf um die Selbständigkeit Schlesiens noch nicht einmal
innerhalb der Koalition endgiltig abgeschlossen ist. Es hat zwar
in der letzen Zeit Herr Abg. Dr Luschka in einer Berichtigung
auf einen Artikel des Koll. Krebs in der "Deutschen
Post" in Troppau erklärt: "Die Nachricht des Herrn
Abg. Krebs, wonach in dem Gesetzentwurf über die Neuregelung
der Finanzwirtschaft der Selbstverwaltungskörper die Zuweisungen
aus der Umsatz- und Luxussteuer beweisen, Schlesien sei aufgegeben,
ist unrichtig. § 10 bestimmt einen Gesamtbetrag für
Mähren und Schlesien. Vor allem aber enthält §
27 des Entwurfes eine Generalklausel, die festsetzt, daß
diese gemeinsame Zuweisung nicht gilt, wenn es zur Vereinigung
von Mähren und Schlesien nicht kommt. Für Schlesien
als solches ist ein Betrag von 6,266.700 Kronen im Entwurf vorgesehen."
Nun das ist aber nur zum Teil richtig. Denn es ist ausdrücklich
in dem Entwurf nicht nur im § 10, sondern, wie ich schon
sagte, auch in §§ 11 und 13 bereits von mährischschlesischem
Lande die Rede. Dadurch hat man der Überzeugung Ausdruck
gegeben, daß Schlesien als Selbstverwaltungseinheit nicht
mehr bestehen bleibt. Es ist das also ein Dreh des Herrn Dr Luschka,
der selbst ein schlesischer Abgeordneter ist, ein Dreh, der ihm
aber nichts nützen wird, denn schließlich wird in Schlesien
auch der dümmste Wähler draufkommen, daß Schlesien
als selbständige Verwaltungseinheit beseitigt wird. Der Zusatz,
der im § 27 vorgenommen wurde, der ja, wie es in der Berichtigung
des Dr Luschka zum Ausdruck kommt, besagt, daß für
den Fall, als Schlesien mit Mähren nicht vereinigt werden
sollte, dann Schlesien etwa 6 Millionen von den 40 Millionen Kronen
aus den Überweisungen bekommt, dieser Zusatzantrag beweist
nur, daß man eben innerhalb der Koalition noch nicht ganz
über den Namen dieses künstlichen Gebildes, das man
neu schaffen will, einig zu sein scheint. Aber warum hat man nicht
die ursprüngliche Form gelassen, wo es umgekehrt geheißen
hat, daß für den Fall, als es zur Änderung der
Verwaltungsgrenzen kommen sollte, dann ein verhältnismäßiger
Anteil diesen neuen Gebilden wird zugeteilt werden? Man hat das
offenbar deshalb gemacht, um die noch widerstrebenden Mitglieder
der Koalition schon jetzt durch dieses Gesetz zu binden, damit
sie dann nicht mehr ausbrechen können. Umsoweniger hätten
die deutschen Mitglieder der Koalition solche Abänderungsanträge
mitunterschreiben dürfen, besonders nicht die schlesischen
Abgeordneten, vor allem also nicht Dr Luschka. Freilich
hat er seinerzeit im Jänner d. J. auch namens seiner deutschen
Koalitionskollegen aus Schlesien in Troppau bei einer Tagung,
wo mehr als 250 Bürgermeister und Gemeindevosteher anwesend
waren, das Gelöbnis abgelegt, mit allen Mitteln die Selbständigkeit
Schlesiens zu wahren. Wie läßt sich das jetzt mit der
Zustimmung zu dieser Regierungsvorlage, bzw. mit diesen Verschlechterungsanträgen
vereinbaren? Ist ein solches Verhalten vielleicht männlich,
vor den Wählern sich als Retter des Landes aufzuspielen,
hier in Prag aber nicht dienstbeflissen genug zu sein,
um jetzt schon zu kodifizieren, daß Schlesien in Zukunft
bloß ein Anhängsel an Mähren sein soll? Sie haben
ja die Schrift des Bürgermeisters Koždoò von
Èechisch-Teschen bekommen bezw. die èechischen Abgeordneten
einen Auszug in èechischer Sprache, in welcher Schrift
niedergelegt ist, was dafür spricht, daß Schlesien
als eine verwaltungsmäßige Einheit selbständig
bestehen bleibt. Es ist ein Wahnsinn, wenn man jetzt darangeht,
dieses Land Schlesien umzubringen, noch dazu,
bevor diese Verwaltungsreform überhaupt im Verfassungsausschuß
behandelt würde. Die Bevölkerung Schlesiens ohne Unterschied
der Partei, ja ohne Unterschied der Nationalität hat sich
für die selbständige Erhaltung des Landes ausgesprochen
und wird sich diese Vergewaltigung sicher nicht gefallen lassen.
Größere und Gewaltigere als die jetzigen Koalitionsmitglieder
haben seinerzeit vergeblich versucht, Schlesien an Brünn
anzugliedern. Es ist ihnen nicht gelungen. Angefangen von Josef
II, der diesen Versuch gemacht hat, obwohl er dabei wenigstens
die autonome Verwaltung bestehen ließ, sind alle an diesem
Problem gescheitert. Immer ist Schlesien als selbständiges
Gebilde bestehen geblieben, weil es für die Bevölkerung
hinsichtlich der Wirtschaft und aller sonstigen kulturellen Belange
das einzig Vernünftige ist. Wozu also diese neue Blamage,
wozu diese große Aufregung und diese Vergewaltigung eines
Gebietes, das einmütig durch den Willen seiner Bevölkerung
sich für die Selbständigkeit des Landes erklärt
hat? Es sind zwar nur 750.000 Einwohner dort, aber dieses Gebiet
ist sehr steuerkräftig und trägt sehr viel zu den gesamten
Lasten und Erfordernissen des Staates bei. Man behandelt es aber
wie eine Herde Vieh, man setzt sich über die Willenskundgebungen
der Bevölkerung, die zu Hunderten und Aberhunderten erfolgt
sind, hinweg, über die verschiedenen Kundgebungen der wirtschaftlichen
und politischen Körperschaften geht man zur Tagesordnung
über und gibt in dieses Gesetz eine Bestimmung hinein, daß
es in Hinkunft nur ein mährisch-schlesisches Land geben soll,
daß der schlesische Landesausschuß überhaupt
nichts für sich bekommt, sondern nur gemeinsam mit Brünn.
Es ist insbesondere bedenklich, daß man in § 29 der
Regierungsvorlage festgelegt hat, daß die Verfügungen,
welche das Gesetz zur rechtzeitigen Durchführung bereits
im vorgehenden Jahre voraussetzt, schon vom Tage der Kundmachung
des Gesetzes auf Grund der Vorschriften dieses neuen Gesetzes
wirksam sein werden. Das heißt also: Wenn das Gesetz kundgemacht
wird, dann können schon die Verfügungen auf Grund dieses
Gesetzes vorgenommen werden, trotzdem vorläufig eben Schlesien
noch für sich besteht, trotzdem es einen mährisch-schlesischen
Landesausschuß noch nicht gibt, weil eben die Verwaltungsreform
noch nicht zum Abschluß gekommen ist. Das ist gewiß
ein Unikum, wenn man in solcher Weise Gesetze macht. Ich glaube,
das kommt in der ganzen Welt nicht vor, daß man sich auf
etwas bezieht, was noch gar nicht vorhanden ist. Aber man setzt
sich hier kühn über all diese Dinge hinweg.
Místopøedseda inž. Dostálek
(zvoní): Upozoròuji pana øeèníka,
že øeènická lhùta uplynula.
Posl. dr. Koberg (pokraèuje):
Ich schließe gleich. Man setzt sich
darüber hinweg, weil man gewohnt ist, mit diesem Parlamente
umzuspringen, wie es eben den Herren von der Mehrheit paßt.
Man hat sieh dagegen von Seite der Mehrheit verwahrt, daß
das Gesetz als reaktionär bezeichnet wurde. Vergleichen Sie
aber die Verhältnisse, wie sie im alten Österreich nach
dem Jahre 1848 waren. Damals im Jahre 1848 stellte die Märzverfassung
an die Spitze den Satz: Die Grundfeste des freien Staates ist
die freie Gemeinde. Es kam ein ganz freiheitliches Gemeindegesetz
heraus. Im Jahre 1851 kam das Sylvesterpatent, in welchem genau
dasselbe stand, was Sie jetzt sowohl in diesem Gesetze als auch
in der kommenden Verwaltungsreform wiederholen wollen. Dort war
schon festgelegt, daß der Gemeindevorstand bestätigt,
nach Umständen selbst von der Regierung ernannt werden könne,
daß er auf Treu und Gehorsam beeidet werde, er unterlag
auch einer strengen Beaufsichtigung, die höheren Kategorien
von Gemeindebeamten wurden durch die Regierung ernannt, also alles
das, was auch jetzt geschehen soll. Man will ja im Herbste auch
eine Änderung der Gemeindeordnung vornehmen, sobald die Verwaltungsreform
unter Dach ist. Das ist ja nur die logische Konsequenz und wird
kommen. Der übertragene Wirkungskreis wird ganz aufhören
und es wird nichts geben als einen staatlichen Wirkungskreis,
die Selbstverwaltung hört überhaupt auf. So war es auch
nach dem Sylvesterpatent von 1851: Alle wichtigen Beschlüsse
der Gemeinden blieben der Prüfung und Bestätigung der
landesfürstlichen Behörden vorbehalten, genau so, wie
jetzt; die Öffentlichkeit der Gemeindeverhandlungen wurde
sistiert - auch das können wir noch erleben - die Gemeinden
wurden ferner den Bezirksämtern unmittelbar untergeordnet.
Auch jetzt soll der Bezirkspascha die Beschlüsse der Gemeinden
beaufsichtigen und korrigieren und auch jetzt sind die Beschlüsse
der Gemeinde niemals endgiltig, man weiß nie, ob nicht ein
Beschluß aufgehoben wird. Und das nennt sich noch Selbstverwaltung!
Aber trotzdem in Österreich durch das
Sylvesterpatent von 1851 eine derartige Reaktion kam, wurde sie
doch wieder mit dem Oktoberdiplom von 1860 aufgehoben. Auch der
mächtige Kaiser von Österreich hatte sich nicht gestatten
können, auf die Dauer gegen den Willen der Bevölkerung
eine derartige Unterdrückung der Gemeindefreiheit aufrechtzuerhalten.
Wir haben dann die Wiederherstellung der Gemeindefreiheit durch
das Reichsgemeindegesetz vom Jahre 1862 erlebt und hatten ja alle
Gelegenheit, auf Grund dieses Gemeindegesetzes hier und in Österreich
zu arbeiten. Wir sind deshalb überzeugt, daß auch diesmal
die Unterdrückung der Gemeindefreiheit unmöglich von
langer Dauer sein kann. Sie mögen jetzt dieses Gesetz zur
Unterdrückung und Vernichtung der Gemeindefreiheit so beschließen,
wie Sie wollen, Sie mögen gleichzeitig auch Schlesien vernichten,
im Vorhinein, bevor die Sache überhaupt noch spruchreif ist,
es wird aber der Tag kommen, an dem Sie das bedauern werden. Wie
1808 in Preußen die Wiedergeburt des deutschen Volkstumes
durch die Wiedergeburt der Gemeinden gekommen ist, wird auch für
uns wieder die Gemeindefreiheit den Wiederaufstieg unseres gesamten
Volkes vorbereiten und Sie werden es nicht verhindern können.
Sie können es wohl verzögern, aber auf die Dauer nicht
aufhalten. Das ist unser fester Glaube und deshalb werden wir
uns auch jetzt nicht ins Bockshorn jagen lassen, nicht die Flinte
ins Korn werfen, sondern weiter arbeiten für unser deutsches
Gemeinwesen. Dann wird die Gemeindefreiheit wieder so erstehen,
zumindest so erstehen, wie sie früher einmal vorhanden war.
(Souhlas a potlesk poslancù nìm. strany
národní.)