Pátek 6. kvìtna 1927

9. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 1294 tìsnopisecké zprávy):

Meine geehrten Herren! Ich komme aus dem Gebiete Schlesiens, wo gegenwärtig die Hochwasserkatastrophe derart große Schäden angerichtet hat, daß ein Großteil der heurigen Ernte vernichtet ist. Ich habe gestern Gelegenheit gehabt, im Gebiete der Mohra durch Augenschein selbst festzustellen, daß die Schäden, wie sie die Zeitungen heute schildern, keineswegs übertrieben sind, im Gegenteil, daß nach einer amtlichen Feststellung jedenfalls noch weit höhere Schäden zutage treten werden, die 30 Millionen Kronen sicher übersteigen dürften. Das ganze Gebiet um den Altvater herum ist durch diesen Wolkenbruch, der dort niederging, schwer in Mitleidenschafhaft gezogen worden, und meine Partei hat auch nicht versäumt, sofort den Koll. Matzner an Ort und Stelle zu entsenden, um dort festzustellen, wie den betroffenen Landwirten die erste Hilfe zuteil werden kann. Ich muß bei dieser Gelegenheit darauf verweisen, daß es zum größten Teil mit ein Verschulden des Staates ist, wenn derartige Unwetterkatastrophen entstehen können, weil man Jahr für Jahr hindurch den Ländern jene Beträge entzogen hat, die für Flußregulierungen und Wildbachverbauungen im Altvatergebiete hätten verwendet werden sollen. Man hat die staatlichen Zuweisungen, die schon seit 1896 im alten Österreich den Ländern aus dem Titel gegeben wurden, daß die Einkommensteuer umlagenfrei bleiben mußte, bekanntlich seit 4 Jahren eingestellt, man hat aber auch in den Voranschlägen der Länder hier in Prag ganz willkürliche Abstriche gemacht, so daß lebenswichtige Arbeiten in diesem Gebiete unterbleiben mußten, und dazu gehörten in erster Linie auch die Flußregulierungen. Die Landesverwaltungskommission für Schlesien, deren Mitglied ich seit 7 Jahren bin, hat ein Projekt ausgearbeitet, um die Mohra zu regulieren und dort ein Staubecken zu schaffen, das gleichzeitig zur Erzeugung elektrischer Energie dienen sollte. Man hat aber hier in Prag dafür nicht das richtige Verständnis gefunden und gerade die Mohra hat in den letzten Tagen die ganzen Gebiete vermurt und überflutet, so daß wohl heuer dort mit der Bebauung überhaupt nicht gerechnet werden kann, denn vom Altvater und von der Hohen Heide ist das ganze Gerölle herunter gekommen und hat sich auf die Felder gelagert. Der Schaden ist gewiß weit größer, als der Aufwand gewesen wäre, den wir vom Lande Schlesien seinerzeit für die Regulierung dieses Flusses und für die Schaffung eines Staubeckens in Aussicht genommen hatten. So sieht man auch an diesem Beispiele wiederum, wie schlecht es ist, wenn man am unrichtigen Orte spart und insbesondere die Selbstverwaltung in ihrem Finanzwesen so schwer drosselt, wie es wiederum durch den vorliegenden Gesetzesantrag geschehen soll. Wir stehen ja tatsächlich an der Bahre der Selbstverwaltung. Planmäßig wurde seit Bestand dieser glorreichen Republik die Selbstverwaltung durch die hohe Staatsbürokratie und durch deren Handlanger, die Gesetzgebung, zu Tode geschunden. Den Anfang machte seinerzeit die berüchtigte Novelle zu den Gemeindeordnungen vom 7. Feber 1919, die noch durch den Revolutionskonvent beschlossen worden war und eine ganze Menge Einengungen der freien Selbstverwaltung enthielt. Anstatt daß die junge Republik damals bestrebt gewesen wäre, ihre Gemeinden möglichst unabhängig von fremder Beeinflussung zu machen, wie es dem Wesen eines Freistaates entsprechen würde, schränkte sie schon damals den selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde in derartiger Weise ein, daß es eigentlich eine grausame Ironie ist, hier überhaupt noch von einer Gemeindeautonomie im èechischen Staate zu sprechen. Ein wahrer Freistaat - und das wollte die èechoslovakische Republik sein - hätte von den alten Gemeindeordnungen all das beibehalten, was der Gemeindefreiheit entspricht, er hätte aber auch das ausmerzen sollen, was in den alten österreichischen Gemeindeordnungen der Autonomie nicht entsprach. So wie nur jener Mensch frei ist, der seinen Lebensgang nach der von ihm selbst erkannten und bestimmten Lebensregel ordnen darf, so ist auch nur jene Gemeinde frei und autonom, die ihr selbsteigenes Leben durch eigene Kraft führt und die Unvollkommenheiten in ihrem Leben durch eigene Kraft überwindet, ohne durch fremde Bevormundung in ihren Schritten gehemmt und gegängelt zu werden. Und da die Gemeinde die Grundlage des staatlichen Lebens ist und bleibt, kann nur jener Staat mit Recht als Freistaat, als Republik im wahren Sinne des Wortes, angesehen werden, der sich aus freien Gemeinden zusammensetzt. Zuerst war die Gemeinde da und dann erst der Staat. Demgemäß erscheint als Quelle des Gemeinderechtes nicht der Staatswille, sondern die Gemeinde selbst. Ihr wohnen gewisse Rechte, die den sogenannten selbständigen Wirkungskreis bilden, naturnotwendig inne, Rechte, die ihr vom Staate nicht gegeben, aber auch nicht genommen werden können. Lediglich anerkennen und achten sollte jedes vernünftige Staatswesen diesen den Gemeinden gemäß ihrer Natur zukommenden Wirkungskreis, der nach Art. 5 des alten österreichischen Reichsgemeindegesetzes alles umfaßt, was das Interesse der Gemeinden zunächst berührt und innerhalb ihrer Grenzen durch eigene Kraft besorgt und durchgeführt werden kann, wie es im Art. 5 heißt, der auch in die Gemeindeordnungen der einzelnen Länder übergegangen ist.

Aber was sehen wir hier in der Republik? Sie verordnete schon damals durch die Novelle zur Gemeindeordnung vom Feber 1919: Höhere Selbstverwaltungskörper, bzw. die Staatsverwaltung übernehmen folgende Gebiete des bisherigen Wirkungskreises der Gemeinde: Den sachlichen Aufwand für das Volksschulwesen, die Sicherheits- und Flurpolizei, die Gesundheits- und Sittenpolizei, die Erhaltung der Straßen, die Armenverwaltung und die Wohltätigkeitsanstalten. Tatsächlich ist es zur Durchführung dieses großzügigen Abwürgungsprogrammes nur zum kleinsten Teile gekommen. Gemacht hätte man schon, aber gekonnt hat man es nicht, weil einfach die Mittel dazu nicht vorhanden waren. So mußte man sich damit begnügen, da und dort die Polizei zu verstaatlichen und überall Gemeinde- und Distriktsärzte in den Staatsdienst zu übernehmen. Es wird aber niemand behaupten können, das sich etwa dadurch die Sicherheits- und die Gesundheitsverhältnisse in der Republik gebessert hätten. In Gegenteil. Nie zuvor stand z. B. das Räuberunwesen so in Blüte wie jetzt und nie zuvor gab es so elende sanitäre Verhältnisse im Lande wie gerade jetzt, seit der Staat sich des Sanitätswesens angenommen hat und es den Gemeinden aus ihrer Verwaltung entriß. Dabei kostet der Spaß das Doppelte, vielfach das Dreifache wie vordem. Die Gemein den müssen auch weiterhin einen Großteil der Kosten tragen. Ebenso schädlich war die Lösung der engeren Verbindung zwischen Schulgemeinde und Ortsgemeinde durch das sogenannte Schulverwaltungsgesetz. Und geradezu katastrophal wirkte sich das Ermächtigungsgesetz aus, wonach die Regierung die Grenzen der Gemeinden und Bezirke ohne deren Einvernehmen und ohne deren Zustimmung nach Belieben ändern und Gemeinden vereinigen oder trennen kann, wie es ihr eben paßt. Man glaubte damit in erster Linie die Deutschen zu treffen, schnitt sich aber auch ins eigene Fleisch, denn selbstverständlich trug eine Neuschöpfung zur Zerrüttung der Finanzen wesentlich bei und führte zur Verschuldung jener Gemeinden, die auf Grund dieses Gesetzes mit den Nachbarorten vereinigt wurden, um eine èechische Mehrheit zu erhalten. Ihre Verschuldung übertraf bei weitem die Verschuldung jener Gemeinden, in denen eine Vereinigung nicht stattgefunden hat. Das ist begreiflich, da durch die Zusammenlegung der Vororte mit der Stadt Riesenauslagen für Kanalisation, Straßenbau, für Assanierungszwecke, für Polizei und alles mögliche andere erwuchsen, die selbstverständlich nur im Anleihewege beschafft werden konnten. Das war also mit eine der Ursachen, daß die Gemeinden eine derartige Verschuldung aufzuweisen haben, wie es ja letzthin in den Zeitungen in einer Verlautbarung das Verbandes der èechischen Städte zu lesen war. Selbstverständlich trugen derartige naturwidrige Neuschöpfungen, wie ich schon sagte, nur dazu bei, die Finanzen ganz zu verelenden, und dagegen halfen auch nicht die neugeschaffenen Finanzkommissionen, die auch schon durch die Novelle zu den Gemeindeordnungen vom 7. Feber 1919 ins Leben gerufen wurden und die sich infolge ihrer Zusammensetzung in der Praxis als Jasagemaschinen erwiesen, wie wir es vorausgesagt haben. Dagegen halfen auch nichts die Bestimmungen der Novelle, welche Aufsicht und Überwachung bei jeder Kleinigkeit anordneten. Sie könnten nicht anders als lähmend auf die gesunde Initiative der Gemeinden einwirken und schadeten deshalb weitmehr als sie nützten. Der nächste Sehritt auf dem unheilvollen Wege zur Ertötung der Gemeindefreiheit war das provisorische Gemeindefinanzgesetz vom 12. August 1921. Nach diesem Gesetz wurde das ganze Gemeindefinanzwesen derart schematisiert und in ein System von Genehmigungsnotwendigkeiten gepreßt, daß ihm jede Elastizität und jede Beweglichkeit abhanden kam. Der Aufsichtsbehörde wurde weitestgehendes Kontrollrecht eingeräumt, das für eine wirkliche Selbstbestimmung der Gemeinden keinen Raum ließ. Für den Rechnungs- und Kassendienst wurden zwangsweise Musterdrucksorten eingeführt, namentlich in Böhmen und auch in Mähren. Ich war damals selbst bei der Konferenz der Landesausschüsse, welche die Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz in Prag beschlossen hat und ich habe damals schon auf das heftigste dagegen protestiert, daß man für alle Gemeinden, ob groß oder klein, gewisse Rechnungsformulare auflegt, nach denen sie ummehr verpflichtet sind zu gebahren und ihre ganzen Rechnungen zu führen. Das ist ein Unsinn, und wir in Schlesien haben das bis heute auch noch nicht eingeführt, und die Mährer und Böhmen beneiden uns darum, daß wir uns eine gewisse Freiheit, soweit sie das Gesetz überhaupt zuläßt, gewahrt haben. Man hat damals auch die Voranschläge und die Jahresrechnung der Gemeinden und der Bezirke einer genauen Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde unterworfen. Man hat die Revisionen in den Gemeinden und Bezirken durch die Aufsichtsbehörden wesentlich verschärft. Die Umlagen durften nach diesem Provisorium des Gemeindefinanzgesetzes nurmehr durch die staatlichen Steuerämter eingehoben werden. Alle Gemeindezuschläge über 100% unterlagen dem Genehmigungszwang und die Einhebung der Umlagen durch die staatlichen Steuerämter war mit ein wesentlicher Grund dafür, daß das Finanzelend der Gemeinden herbeikam, weil die Umlagen viel zu spät vorgeschrieben und eingehoben wurden. Man hat die Basis überhaupt nicht gekannt, man hat in den Bezirken und Ländern geradezu falsche Angaben gemacht und auf diese Weise hat man ihnen jegliche Bilanzierung unmöglich gemacht. Es ist also sicher die Haupt schuld des Staates, wenn die Gemeinden in derartige Schwierigkeiten gekommen sind, wie sie sich uns gegenwärtig darstellen. Hingegen wurde damals schon eine dauernde und ausgiebige Hilfe durch Eröffnung neuer Einnahmsquellen nicht gewährt. Ein jedes Gesetz auf dem Gebiete der Verwaltung brachte neue Lasten für die Gemeinden, aber keiner kümmerte sich darum, woher diese Mittel dafür genommen werden sollten. Hauptsache war immer, daß nur ja alles durch den bürokratischen Wasserkopf der Prager Kanzleien läuft. Dabei häuften sich die Akten, deren Erledigung jahrelang auf sich warten ließ, so daß bald ein neuer Prager Fenstersturz notwendig wäre, um alle überflüssigen Schreiber höherer und niederer Ordnung auf die Straße zu werfen. Bald sind wir ja schon so weit, daß jeder Nachtwächterposten im letzten Dorfe in der Provinz erst durch ein Prager Tippfräulein begutachtet werden muß. Aber Spaß bei Seite. Schon durch dieses provisorische Gemeindefinanzgesetz war der Zentralismus so auf die Spitze getrieben, daß man denken konnte, höher gehts nimmer; aber siehe da, wer so dachte, hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Den Prager Paschas war mit dem Essen der Appetit gekommen und so schickten sie sich nun an, unsere Gemeinden mit Haut und Haaren zu verschlingen. Die nordischgermanische Selbstverwaltung ist ihnen offenbar ein Greuel und den gallisch-romanischen Zentralismus haben sie zu ihrem Ideal erkoren. Jahrelang haben sie systematisch daran gearbeitet, die Selbstverwaltung wirtschaftlich und finanziell zu verelenden, und jetzt erachten sie die Zeit für gekommen, ihr den Todesstoß zu versetzen. Und dazu dient vor allem andern dieses Gesetz ebenso wie die geplante Reform der politischen Verwaltung. Zwischen diesen beiden Gesetzentwürfen besteht einiger Zusammenhang, der nun auch in den Abänderungsanträgen der Regierungsparteien deutlich zum Ausdruck kommt. Tief traurig und beschämend ist es, daß deutsche Männer sich zu Helfershelfern für die Abwürgung unserer Selbstverwaltung, daß sie sich als Henkersknechte der Scharfrichter hergeben, welche jetzt hohnlachend die Hinrichtung unserer Gemeinden und Bezirke vollziehen. Wie eine Ironie des Schicksals mutet es an, daß gerade Männer am eifrigsten bei dieser Exekution beteiligt sind, die früher die eifrigsten Rufer im Streite um die Aufrichtung der deutschen Selbstverwaltung in diesem Staate waren. Sie können sich nicht einmal darauf ausreden, daß sie als Regierungssöldner die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit hätten, die Regierungsvorlage einfach so zu schlucken, wie sie Ihnen dargereicht wurde. Sie selbst haben derartige Abänderungsanträge eingebracht, daß über die drakonischen Bestimmungen des Gesetzes hinaus dadurch noch eine wesentliche Verschärfung eingeführt wurde. Man lese nur den Motivenbericht des Haushaltungsausschusses und überlege die Auswirkung der verschiedenen Abänderungsanträge der Regierungsparteien! Da muß man zu dem Schlusse kommen, daß ein geradezu infernalischer Haß gegen unsere Städte das Leitmotiv für die Vorlage in ihrer jetzigen Fassung bildet. Das klingt zwar unglaublich, ist aber buchstäblich wahr. Der Herr Finanzminister Dr Engliš hat ja selbst zugegeben, daß manche Städte durch dieses Gesetz zum Bankerott getrieben werden. Er meint aber seelenruhig, da könne man eben nichts ändern, da müsse man abwarten, denn der Industrie. Handel und Gewerbe gehe es ja nicht besser. Durch dieses Fegefeuer müßten jetzt auch die Selbstverwaltungen hindurch und ohne Opfer gehe es selbstverständlich nicht ab. Glaubt jemand wirklich, daß dem Gemeinwohl dadurch genützt wird? Baut dein der Staat seine Wirtschaft nicht auf der privaten und Gemeindewirtschaft auf? Handeln also nicht jene in Wahrheit staatsfeindlich, die jetzt der Selbstverwaltung das Grab schaufeln wollen? Die Herren von der Regierungsseite behaupten zwar, es sei ein schwerer Fehler, in diesem Gesetz eine Tendenz zur Unterdrückung der Selbstverwaltung zu sehen, in Wahrheit wolle man dadurch nur deren Wirtschaft in Ordnung bringen und die Steuerträger entlasten.

Ich habe im Hauhaltsausschusse schon in mehr als 4stündiger Rede darauf hingewiesen, und habe das Gegenteil bewiesen, und zwar an der Hand eines reichen Ziffernmaterials, das ich nicht wiederholen möchte. Niemand hat sich gefunden, der auch nur den Versuch gemacht hätte, meine Argumente zu widerlegen und darzutun, daß wirklich eine Sanierung der Selbstverwaltung und eine Sanierung der Steuertrträger die wohltätige Folge dieses Gesetzes sein wird. Zunächst wäre jedenfalls die Rückständigkeit in der Steuerveranlagung und Steuereinhebung zu beseitigen und Ordnung in den Steuerämtern herzustellen, damit die Umlagen rechtzeitig und schon auf Grund der Vorschreibungen, nicht erst auf Grund der Einzahlungen überwiesen werden. Für seine Unordnung soll der Staat selbst den Schaden tragen und ihn nicht weiterhin auf die Gemeinden und Bezirke überwälzen wie bisher. Dann werden die Umlagen von selbst sinken und die Vorschußdarlehen werden aufhören. Die Neuregelung sollte erst nach sorgfältiger Vorbereitung auf Grund neuer statistischer Daten ins Werk gesetzt werden, damit sie nicht nur den Staats-, sondern auch den Gemeindenotwendigkeiten gerecht wird und damit sie wirklich endgültig sei. Man füttert uns ununterbrochen mit Provisorien, bis schließlich und endlich die Selbstverwaltung darüber zugrunde geht. Eine ordentliche Statistik für die Jahre 1923 bis 1926 haben wir vom Finanzminister verlangt, er hat uns diese Statistik bis heute nicht vorgelegt, trotzdem er, wie mir in meiner Eigenschaft als Landesausschußbeisitzer in Schlesien bekannt ist, von den verschiedenen Selbstverwaltungen für die Jahre 1923 bis 1926 solche Daten längst abverlangt hat. Würde er eine solche Statistik vorlegen, so würde dies gewiß viel zur Entspannung der geladenen Athmospäre beitragen und die berechtigten Zweifel an dem guten Willen der Finanzverwaltung zerstreuen. Aus dieser Statistik würde vor allem hervorgehen, daß wir recht haben, daß nämlich das Jahr 1922 keine richtige Unterlage für ein so einschneidendes Gesetz bilden kann, daß sich vielmehr seither die Verhältnisse grundstürzend geändert haben, so daß wir gegenwärtig bereits längst über dem Abbau der Umlagen der Gemeinden und Bezirke sind. Das alles würde aus einer solchen Statistik unzweifelhaft hervorgehen, so daß derartige Einschränkungen, wie sie jetzt geschehen, nicht begründet werden könnten. Solange mir nicht nachgewiesen wird, daß ich in meinen Berechnungen, die ich im Ausschusse vorgetragen habe, Fehler gemacht habe, muß ich dabei verbleiben, daß meine Daten richtig sind und daß die Unterlagen des Finanzministeriums im Motivenbericht gegenwärtig einfach nicht mehr stimmen. Selbstverständlich waren die vielen Daten und Zahlen, die ich im Haushaltsausschuß vorgetragen habe, nicht aus der Luft gegriffen, sie lassen sich ebensowenig widerlegen, wie die Schlüsse, welche daraus nicht von mir, sondern von den hervorragendsten Vertretern der Selbstverwaltung gezogen wurden. Die Denkschriften der Landesausschüsse von Mähren und Schlesien, die ich auch bereits im Ausschuß verlesen habe, die Denkschriften der verschiedenen Landeshauptstädte Prag, Brünn, Preßburg usw., die Denkschriften der Bezirksvertretungen, die Petitionen der Gemeinden- und Ortsschulräte, die in großer Zahlhergekommen sind, namentlich aber die der Städte, enthalten so viel Anklagematerial gegen dieses Machtwerk, daß es vom Standpunkt der Koalition begreiflich ist, wenn der Berichterstatter auf den Inhalt dieser vielen Petitionen überhaupt nicht eingeht. Vorsicht ist der bessere Teil der Tapferkeit, denkt er und schweigt sich über alle Einwendungen gründlich aus. Was er bisher gesagt hat, das sind nichts als leere Phrasen, Redensarten, die auf den Kern der Sache überhaupt nicht eingehen. Dabei bagatellisiert man dieses grundlegende und grundstürzende Gesetz in unerhörter Weise. Wir haben es im Ausschuß erlebt, daß man uns die Redezeit beschnitten hat, man hat es nur als nebensächliches Anhängsel zur Steuerreform behandeln wollen und peitschte es mit den alten Mitteln der Geschäftsordnung durch, wozu auch wieder die deutschen Regierungsparteien dienstfertig ihre Hand boten. In der dreitätigen Debatte im Ausschuß ergriff keiner von den Regierungsparteilern das Wort zur Verteidigung und was sie bisher im Hause als Rechtfertigung vorgebracht haben für ihr Verhalten, ist mehr als kläglich. Der Abg. Stenzl verlangt bloß, daß vor Inkrafttreten des Gesetzes das Erfordernis des Dotationsfonds genau festgelegt werde, als ob nicht schon vor Beschlußfassung des Gesetzes es notwendig gewesen wäre, dieses Erfordernis des Dotationsfondes festzulegen, um sich ein Urteil bilden zu können, wie das Gesetz in der Praxis wirken wird.

Weiters hatte der Abg. Kunz hier die Freundlichkeit, sich auch mit meiner Person zu beschäftigen, wie ich der heutigen Nummer der "Deutschen Presse" entnehme. Ich hatte nämlich im Haushaltungsausschuß darauf hingewiesen, daß unter den Hunderten von Resolutionen, welche auch an unseren Klub gekommen sind, sich auch eine solche der Stadt Zuckmantel befindet, die von ihm als Bürgermeister, von einem Stadtrat und zwei Stadtvertretern gemeindeordnungsgemäß unterfertigt ist, worin Nachstehendes gesagt wird: "Der Gesetzentwurf ist ein reines Tendenzwerk, gerichtet auf die Vernichtung der wirtschaftlichen Selbstverwaltung der Gemeinden." Das wird nun ausführlich begründet und weiter gesagt: "Es ist klar, daß man die Selbstverwaltung nicht zunächst gänzlich umbringen darf, um sie dann später einmal vielleicht wieder aufzubauen. Darum verwahren wir uns gegen die geplante Zwangsbewirtschaftung und Entmündigung der Gemeinden, gegen die drakonischen Strafandrohungen gegen die Bürgermeister und gegen die verleumderische Hetze, mit der alle Gemeindevertretungen in Bausch und Bogen als Verschwender und als unfähig hingestellt werden, ihre eigene Wirtschaft selbst zu besorgen... Jede Einschränkung der Ausgaben setzt eine Einschränkung der Aufgaben voraus. Die Gemeinden könnten sofort mit den Umlagen heruntergehen, wenn die ihnen vom Staate im übertragenen Wirkungskreis aufgebürdeten Aufgaben auf ein erträgliches Maß eingeschränkt würden. Statt dessen bringt fast jedes Gesetz neue Lasten für die Gemeinden und zum Lohne dafür wird die Selbstverwaltung nun auch noch in den Augen der Öffentlichkeit herabgesetzt. Auf diese Weise soll die schlechte Steuer- und Finanzwirtschaft des Staates bemäntelt und der Groll der Bevölkerung über den hohen Steuerdruck auf die Selbstverwaltung abgelenkt werden." Und zum Schluß heißt es dann: "Jedenfalls wird sich in Hinkunft, wenn das Gesetz zustande kommt und die Selbstverwaltung nur mehr auf dem Papiere steht, nicht so leicht jemand zur Mitarbeit in der Gemeindestube hergeben. Die Verantwortung für die daraus notwendigerweise zu erwartenden Schäden für das Gemeinwohl trifft jene, die sich mitschuldig machen an der Abwürgung der Gemeindefreiheit. Deshalb erwartet die gefertigte Gemeindevertretung von allen deutschen Volksvertretern ohne Ausnahme, daß sie diesen Gesetzentwurf ablehnen und mit vereinten Kräften für den Wiederaufbau der freien, uneingeschränkten Selbstverwaltung eintreten werden." Das habe ich ohne Kommentar verlesen und habe nur die Bemerkung daran geknüpft, daß die Gemeinde Zuckmantel enttäuscht sein wird, wenn ihr eigener Bürgermeister diese Entschließung nicht beachtet, sondern für dieses Gesetz in einer Fassung stimmt, die noch schlechter ist, als die Fassung der Regierungsvorlage. Er hat es aber für gut erachtet, hier im Hause mich persönlich anzugreifen, mir Demagogie usw. vorzuwerfen und zum Schlusse zu sagen: "Im übrigen möchte ich dem Kollegen empfehlen, in der Stadt Jägerndorf, wo er als Amtsdirektor seinen vollen Gehalt bezieht, Umfrage zu halten, ob die umlagenzahlende Bevölkerung von Jägerndorf mit seinem Wirken auch einverstanden ist." Diese Äußerung ist gewiß nicht sehr geschmackvoll. Ich will aber feststellen, daß es unrichtig ist, was er sagte, denn ich habe freiwillig auf mehr als 1000 Kronen monatlich von meinen Bezügen verzichtet, was er nicht zu wissen scheint. (Posl. Horpynka: Nicht wissen will!) Wahrscheinlich, andererseits habe ich keine Lust, mich hier in eine persönliche Polemik einzulassen, so wenig, wie ich es im Ausschuß getan habe. Er wollte sich hier damit ausreden, daß diese Resolution nur gegen die ursprüngliche Fassung des Gemeindefinanzgesetzes gerichtet war. Das ist selbstverständlich keine Aus rede, denn die jetzige Fassung ist ja, wie ich das dann später noch darlegen werde, wesentlich schlechter als die ursprüngliche Fassung, so daß wir uns veranlaßt sahen, eine Reihe von Abänderungsanträgen dahingehend einzubringen, daß die ursprüngliche Fassung der Regierungsvorlage wieder hergestellt werde, um auf diese Weise wenigstens einige Verbesserungen zu erzielen. Ich möchte Herrn Kunz, der leider nicht anwesend ist, sagen, daß für ihn, wenn er mich so persönlich angreift, es aus dem Wald ebenso heraushallt: "Schuster, bleib bei deinem Leisten."

Wir haben also verlangt, daß man uns richtige statistische Unterlagen geben möge, bevor man diese Vorlage zum Gesetz erhebt. Man hat sich aber auch darüber hinweggesetzt und hat auch dieses unser Verlangen abgelehnt. Der Herr Finanzminister hat selbst im Ausschuß erklärt, daß wir mit diesem Gesetze einen Sprung ins Dunkle tun, da wir nicht wissen, wie hoch in Zukunft die Umlagenbasis sein wird. Jede Berechnung, die wir aufstellen, wäre unrichtig, sagte er. Soll das aber eine Entschuldigung dafür sein, daß nicht einmal Unterlagen vorgelegt werden, die man sich jetzt schon beschaffen kann? Herr Prof. Engliš weiß ganz gut, warum er so zurückhaltend ist. Würde er das verlangte Material vorlegen, so könnte niemand mit ruhigem Blut und ruhigem Gewissen für diese Vorlage stimmen, zumindest kein Deutscher, der noch Ehre im Leibe hat. In den Ländern haben wir uns nach Möglichkeit ein Bild über die Auswirkung des Gesetzes gemacht und sind unabhängig von einander überall zu dem gleichen Schluß gekommen, daß durch den Dotierungsfond nicht einmal ein Drittel des Ausfalls gedeckt wird, der den Gemeinden und den Bezirken erwachsen wird. Dazu kommen noch die Verschlechterungsanträge der Regierungsparteien, wonach der Fond z. B. statt der ganzen Grundsteuer nur 1.5 Prozent des besonderen Beitrages zur Grundsteuer erhält, wovon noch der Beitrag für Elementarschäden abgezogen wird. Außerdem verringert sich die Überweisung an den Fond um den Betrag, der auf die Dienst-, Ruhe- und Versorgungsgenüsse der Bezirksbediensteten und Bezirksbeamten sowie deren hinterbliebenen Witwen und Waisen entfällt, weil deren Bezahlung nach der Verwaltungsreform der Staat übernehmen soll. Was bleibt da überhaupt noch übrig? Dasselbe ist von den Überweisungen an die Länder zu sagen. Das neue mährisch-schlesische Land, auf das ich noch später zu sprechen kommen werde, braucht für die Zentralverwaltung allein fast 34 Millionen, wovon 29.7 Millionen auf Mähren entfallen, ferner 14 Millionen auf Pensionen und davon wieder 11 Millionen für Mähren, zusammen 48 Millionen Kronen, selbstverständlich nicht hinzugerechnet die Bezüge und Pensionen jener Angestellten, die bei Unternehmungen oder Anstalten der Länder bedienstet sind und die auch weiterhin von den Ländern zu tragen sein werden. Überdies wird aber noch den Ländern für die Gendarmeriebeqartierung nach den Anträgen der Regierungsparteien ein Betrag entzogen werden, den sie bisher für die Bequartierungslasten der Gendarmerie jährlich ausgegeben haben und dieser Betrag ist dem neuen mährisch-schlesischen Land mit einer Summe von 2,354.000 Kè anzusetzen. Insgesamt sind es über 50 Millionen Kè, die der Staat von den Überweisungen an das neue Großmähren abziehen will. Dabei beträgt die gesamte Überweisung an die Länder höchstens 140 Millionen Kè aus diesem Titel, wovon höchstens ein Viertel, d. i. 35 Millionen, auf das mährisch-schlesische Land entfällt, so daß jährlich eine unbedeckte Schuld des Landes an den Staat von mindestens 15 Millionen Kronen verbleibt.


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