Pátek 6. kvìtna 1927

Was die Frauen anbelangt, so weiß ich aus Erfahrung, daß eine Frau genau so tüchtig sein kann wie ein Mann. Das hat der Krieg bewiesen, wo die Frauen die Wirtschaft führen mußten. Die Frauen werden nun durch den Entwurf ganz ausgeschaltet. Man hat versucht, das irgendwie zu paralysieren, aber die Behandlung der Frauen als solche ist natürlich nicht richtig. Aber da ich gerade von der Frau spreche, muß ich sagen, die Finanzverwaltung hat sich geradezu zu einem Mißgriff verleiten lassen, indem sie im § 264 den Begriff der Haftung festsetzte. Nach dem früheren Zustand des Gesetzes war die Haftung so geregelt, daß die Frau mit jenem Teile des Vermögens, das der Mann als Haushaltungsvorstand einbekennt, haftet. Nun sind der Finanzverwaltung angeblich viele Fälle vorgekommen, wo der Mann einfach der Frau alles schenkte. Ich sage Ihnen wieder: Wer das machen will, der kann es machen und Sie sind alle nicht gescheit genug, um das zu verhindern. Aber Sie führen durch die allgemeine Haftung der Frau einen unmoralischen Zustand herbei, da heute die Frau sich direkt erst erkundigen muß: "Du Mann, was bist Du eigentlich für ein Steuerdefraudant? Wie benimmst Du Dich der Steuerbehörde gegenüber? Kann ich dich überhaupt heiraten?" Ja, man hat es modifiziert, indem man gesagt hat. Mit dem, was sie nachweisbar von jemand anderem hat, braucht sie nicht zu haften. Ich bin selbst Rechtsanwalt und weiß, was das bedeutet; glauben Sie mir, die Frau wird der Finanzverwaltung den Nachweis erbringen müssen: Die Ziche oder das Inlet habe ich von der Mutter gekriegt, nicht von meinen Mann, den Ring habe ich vom Großvater bekommen, und das Kleid, das hat mir ein Bekannter geschenkt; beim Haus wird es leichter gehen, aber bei beweglichen Sachen drückt es sich besonders aus. Und nun muß die Frau gerannt kommen und sagen: "Herr, das habe ich laut Rechnung vom so und so vielten mir selbst gekauft, weil ich mir da etwas selbst verdient habe." Stellen Sie sich diesen komplizierten Prozeß vor! Die unmoralische Seite ist die bedeutendste darin, weil man sich sogar noch entschlossen hat, die Konkubine beßer zu behandeln als die Frau, da der Mann nämlich die Konkubine nicht zu heiraten braucht. Dann kommt noch die Bestimmung dazu, es gelte nur für die Frau, die im Haushalt des Mannes lebt. Da muß ich, wenn jemand die Steuer schulden wird, der Frau raten: Du packst deine Habe zusammen und ziehst weg vom Mann, damit er allein ist. Dann ist sie aus dem Haushalt draußen. Das sind Mängel! Aber unmoralisch ist dieser Zustand und man darf nicht wegen Einzelerscheinungen eine derart weitgehende Haftung einführen, die weit das Maß der Haftung nach dem bürgerlichen Gesetzbuch übersteigt. Stellen Sie sich vor: Als Verwaltungsbehörde überschreitet man die Machtbefugnis nach dem bürgerlichen Gesetzbuch. Das macht man sowohl hier als auch in den Exekutionsbestimmungen. Das ist unhaltbar. Da soll die Finanzverwaltung gleich das bürgerliche Gesetzbuch mitregeln. Ich komme noch bei den Strafbestimmungen darauf zu sprechen. Ich habe im Ausschuß bereits den Witz gemacht, wenn man der Finanzverwaltung die Regelung des Strafgesetzbuches überließe, so könnten nicht genug Bäume vorhanden sein, um die Leute auf ihnen aufzuhängen, die die Finanzverwaltung aufhängen würde. Ich meine, daß man nach so vielen Nachkriegsjahren eigentlich einmal einen normalen Zustand herbeiführen müßte, einen normalen Zustand, der nicht nur einseitig der Finanzverwaltung jegliches Recht einräumt und den Steuerpflichtigen macht- und wehrlos macht. Ich wiederhole, was ich in meiner letzten Rede gesagt habe: Der heutige Zustand ist der, daß ein einziger Paragraph zur Regelung der gemeinsamen und der Strafbestimmungen genügt hätte, indem man einfach gesagt hätte: Die Finanzverwaltung kann dem Steuerpflichtigen, gleichgiltig ob er einbekannt hat oder nicht, an Steuern vorschreiben, was ihr beliebt; wehrt er sich dagegen, so kriegt er eine Geldstrafe bis 100.000 Kronen oder zwei Jahre Gefängnis, bei erschwerenden Umständen vollständige Vermögenskonfiskation, und dafür hat die gesamte Staatsbürgerschaft zu haften. Das wäre sehr bequem. Nun ist aber die Situation so: Sie werden einmal sehen, wie sich das in der Praxis auswirkt, vorausgesetzt, daß die Finanzverwaltung im Sinne des Gesetzesbuchstaben handelt. Denn auf Loyalität kann ich mich als Jurist unter keinen Umständen einlassen. Mir ist es lieber, es steht drin geschrieben, als daß man nachher sagt: Ja, wir werden das schon machen. Dasselbe gilt auch bezüglich der Durchführungsverordnung. Man hat so und so viel Fälle, wo sich die Finanzverwaltung darauf stützt, das oder jenes werde in die Durchführungsverordnung hinein kommen. Nun, die Durchführungsverordnung bei diesen Ermächtigungen wollen wir uns einmal anschauen. Da stände ich auf dem Standpunkt, daß eine solche Durchführungsverordnung von dieser ungeheuer großen Bedeutung eigentlich der Genehmigung des Hauses bedürfte, denn sonst kann die Finanzverwaltung machen, was sie will. Ich möchte damit das Kapitel "Allgemeine Bestimmungen" erledigt haben.

Ich komme nun zu den Strafbestimmungen. Die Finanzverwaltung sagt: Die Strafbestimmungen kommen überhaupt nicht in Betracht, denn nach dem früheren Gesetz werden wir vielleicht im ganzen drei Leute bestraft haben, mehr nicht. Aber der Finanzminister sagt: Nur die rigoroseste Einhebung der Steuer kann den Steuerpflichtigen zur entsprechenden Moral bringen, d. h. mit anderen Worten: Du Steuerpflichtiger, in Zukunft, da geht es in einem anderen Ton! Ich bin der Ansicht: Gut, ich schütze durchaus nicht einen Steuerdefraudanten, da würden Sie sich sehr irren. Im Gegenteil, wer ein Gauner ist, soll bestraft werden. Aber man erwischt auch viele, die keine Gauner sind, und gegen die man dasselbe Verfahren einleitet. Und da muß ich die größte Gerechtigkeit haben. Der Zweck der Strafe, wenn wir die Strafrechtsliteratur uns ansehen, ist nach der Generalprävention, der den Betreffenden abzuschrekken und auch die Allgemeinheit abzuschrekken, und nach der Spezialprävention, ihn zu bessern. Dies entspricht der neuzeitlichen Auffassung. Wir haben dann noch die synkretischen Theorien, aber diese Theorien gehen auch dahin, zu bessern. Wir brauchen an und für sich eine vernünftige Auffassung der Materie. Es herrscht ein großer Streit in der Wissenschaft über den Begriff des Finanzunrechts und da muß ich noch diese Auffassung überhaupt erklären. Der springende Punkt liegt dort: Ist Finanzunrecht kriminelles Unrecht oder nicht? Der Herr Finanzminister sagt, das Steuerunrecht ist kein kriminelles Unrecht, während ich auf dem Standpunkt stehe, die Steuerverkürzung ist ein Betrug genau so, wie er im Strafgesetzbuch steht. Warum sage ich das? Wenn das als Betrug aufzufassen ist, dann gehört dieses Delikt vor das ordentliche Gericht. Ich werde Ihnen den Betrugsparagraphen vorlesen, der paßt wunderbar darauf: "Wer durch listige Vorstellungen oder Handlungen einen andern in Irrtum führt, durch welchen jemand, sei es der Staat, eine Gemeinde oder eine Person, an seinem Eigentum oder Rechten Schaden leiden soll, begeht einen Betrug". Dasselbe haben wir im § 185. Also warum die Künste machen? Warum denn die Fälle der Steuerverkürzung nicht vor den ordentlichen Richter geben? Aber wenn ich das als Verwaltungsunrecht ansehe, dann habe ich nicht das Recht, auf Strafen über Millionenbeträge zu entscheiden und bis zwei Jahre Gefängnis geben zu können. Entweder das eine, das Gericht entscheidet, dann sperre man auf zehn Jahre ein, oder die Verwaltung entscheidet, dann haben Sie nicht das Recht, so weit zu gehen; dann muß das normale Gerichtsverfahren gewährleistet sein. Die Literatur der Finanzwissenschaft zeigt da einen riesigen Streit Liszt steht z. B. auf dem Standpunkt, daß das Steuerstrafrecht ein Nebengesetz des allgemeinen Strafrechtes ist und unter dieses fällt. Binding will das ganze unter den Begriff der Polizeiübertretungen stellen. Otto Mayer will den bösen Vorsatz vermieden habe, den sogenannten Dolus. Spiegel vertritt den Standpunkt: reines Verwaltungsrecht. Am besten sagt mir der Standpunkt Adolf Wagners zu, der sagt: dort, wo böse Absicht vorhanden ist und wo diese einwandfrei konstatiert worden ist, gehört das vor das ordentliche Gericht und die anderen Sachen sind Verwaltungsangelegenheiten.

Wir hatten in dem ursprünglichen Entwurfe für die Steuerverkürzung einfach die Wissentlichkeit statuiert. Nun ist gegen diese Bestimmung, daß einfach die Wissentlichkeit zugemutet wird und dafür Strafen bis in die Millionen und bis zu zwei Jahren Gefängnis verhängt werden können, in der Öffentlichkeit ein Sturmlauf unternommen worden und die Finanzverwaltung hat sich entschieden, dem Drucke nachzugeben und führte den bösen Vorsatz ein. Hier muß ich ehrlich sagen, hier sind die Regierungsparteien der Finanzverwaltung hineingefallen. Statt die Sache zu bessern, hat man nämlich die Sache zum Schlechteren gewendet, indem die Dinge jetzt, kurz gesagt, so liegen: Früher galt als Versuch, wenn jemand z. B. ein falsches Einbekenntnis abgegeben hatte, und man konnte dafür höchstens bis zu 50.000 Kronen bestraft werden. Durch die Neuregelung aber hat man den Versuch auf dieselbe Stelle wie das vollendete Delikt gesetzt und leistet sich das Vergnügen, daß das vollendete Delikt, wenn nämlich die Steuer wirklich verkürzt worden ist, ein Qualifikationsmerkmal, einen Erschwerungsumstand bedeutet. Wenn das auf das Strafgesetzbuch übertragen wird, müßte jeder Paragraph nur den Versuch darstellen und die vollendete Tat wäre ein Erschwerungsmerkmal. Nehmen Sie sich den Mordparagraphen oder einen anderen Paragraphen, Sie werden erkennen: das ist unmöglich, das geht nicht, das ist eine verfehlte Konstruktion und stellt eine vollständig unmögliche Verschärfung dar.

Wenn ich nun die Strafbestimmungen hernehme, die von großer Bedeutung sind, so haben wir im § 185 eine allgemeine Definition, die ohne Rücksicht auf den Begriff der Wissentlichkeit einfach unrichtige Eingaben im Bekenntnisse usw. als strafbar ansieht. Allerdings nimmt man im nächsten Paragraphen unter Benützung des bösen Vorsatzes und der Bewußtheit die Gelegenheit wahr, die Steuerverkürzung mit einer Geldstrafe des Ein- bis Zehnfachen des Betrages usw. zu bestrafen? Zur Beurteilung der Sache muß ich noch folgendes vorausschicken. Sie müssen sich die Rolle des Steuerpflichtigen folgender maßen vorstellen. Er ist im Verfahren vor der Behörde verpflichtet, das Bekenntnis nach bestem Wissen und Gewissen, entweder mündlich oder schriftlich, abzulegen. Er muß direkt ein Gelöbnis leisten, daß das, was darin ist, wahr ist, seine Angaben müssen also wahr sein. Wenn ich aber jemanden mit derartigen Strafbestimmungen umgebe, die schon für die Nichteinbringung des Bekenntnisses derart harte Strafen festsetzen, dann muß ich auch dem Steuerpflichtigen das Recht geben zu lügen und nicht die Wahrheit zu sagen. Wissen Sie, warum ich das sage? Es kommt nämlich folgender Zustand heraus: Gegen den Steuerpflichtigen, der das Einbekenntnis eingebracht hat, wird das Strafverfahren eingeleitet, im Strafverfahren aber kann er lügen, soviel er will. Das paßt der Finanzverwaltung nicht und sie sagt: Komm her, jetzt bist Du nicht im Steuerstrafverfahren, jetzt nehme ich Dich in das ordentliche und Du wirst verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Das ist juristisch unmöglich. Wenn ich jemanden unter eine derart starke Gelöbnispflicht setze, wäre es gleich besser zu sagen: Wenn Du nicht die Wahrheit sprichst, hast Du einen falschen Eid geleistet und Schluß. Dann brauchten wir diesen ganzen Zirkus nicht.

Das ist von großer Wichtigkeit aus folgendem Grunde: Wenn Sie sich die §§ 185 und 186 ansehen, stellt § 185 die Vorsätzlichkeit und die Bewußtheit, also die Wissentlichkeit, das Delikt dar und dies wird mit dem ein- bis zehnfachen Betrag bestraft. Jetzt kommt der nächste Paragraph. Der erklärt: Wer sich einer der im § 185 angeführten Handlungen mit dem Vorsatz schuldig macht, die Steuer zu verkürzen, oder wer bei einer der angeführten Handlungen zur Täuschung der Behörden besonders geeignete Mittel anwendet, wird mit dem drei- bis zwölffachen Betrage unter Möglichkeit einer Arreststrafe bestraft. Jetzt kommt also die Arreststrafe und es werden folgende Umstände als besonders zur Täuschung geeignet angeführt, wenn der Beschuldigte lügt usw. Das nimmt man alles als gefährliches Moment an und führt den Beschuldigten einer schärferen Bestrafung zu. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß im Verwaltungsrecht die Arreststrafen keinen Platz haben. Wenn nicht ein kriminelles Unrecht vorliegt, dan treffe man denjenigen, den man bestrafen will, mit Geldstrafen. Da sagte mir jemand darauf: Warum soll nicht der Fabrikant sitzen? Gut, vertreten wir den Standpunkt, daß der Fabrikant sitzen soll, wenn er wirklich schuldig ist. Aber mit der Dokumentierung dieses Satzes sagen wir gleichzeitig, daß auch der Arbeiter, Gewerbetreibende, der Handelstreibende, der Landwirt genau so sitzen kann aus dem einfachen Grunde, weil für ihn bei der Rückfälligkeit nicht mehr der Betrag maßgebend ist und daher Arreststrafe eintritt. Sie brauchen ein Bekenntnis nicht einbringen und sie haben schon die Strafe auf sich. Jetzt ist ein weiterer Unterschied zu machen. Der besteht darin, daß die Strafe, sobald keine Arreststrafe mitverhängt werden kann, von einen Einzelrichter, also vom Vorsitzenden der Bemessungsbehörde verhängt werden kann, während der Spruchsenat, der nach der neuen Vorschrift aus einem Richter, einem Finanzbeamten und einem Laienrichter besteht, nur dann entscheidet, wenn neben der Geldstrafe noch die Arreststrafe verhängt werden kann. Das führt folgenden Zustand herbei: Ein Einzelrichter kann in die Millionen gehende Strafen verhängen, und fällt das Delikt unter den Paragraphen, wo Arreststrafen festgesetzt sind, so genügt eine zehntägige Arreststrafe, um die Sache vor den Spruchsenat zu bringen. Das ist ein unhaltbarer Zustand, weil dadurch wieder schon die Ausschaltung des größten Teiles der Funktionen des Spruchsenates gegeben ist, zumindest die Möglichkeit dazu. Denn da ziehe ich einfach jemanden wegen des § 186 in Untersuchung, da ist keine Arreststrafe darauf, bestrafe ihn darnach und kann als Einzelner darüber entscheiden. Das ist nicht richtig und ich muß schon erklären, daß diese Strafbestimmungen unglückseliger Natur sind. Man hätte diese Strafbestimmungen einer gemischten Kommission übergeben sollen, um den gerechtesten Zustand herbeizuführen: Ich habe nicht die Absicht, das Steuerstrafunrecht in Schutz zu nehmen. Aber ich muß verlangen, daß es in einer Weise behandelt wird, wie es einem gerechten Verfahren entspricht.

Nehmen Sie ein praktisches Beispiel. Jemand betrügt den anderen um 5000 Kè. Da hat also der Betrug vor das Schwurgericht zu kommen. Da muß Gendarmerie, die Staatsanwaltschaft, das Geschwornengericht in Bewegung gesetzt werden, der Verteidiger appelliert dagegen, die Sache geht dann an die zweite Instanz, die verweist es zurück und das Theater geht wieder von vorne los. Im Privatleben also wird bei einem Betrugsprozeß von 5000 Kè das ganze Gerichtswesen, die Gerichtsordnung in Schwung gesetzt, die Sache wird nach dem Strafverfahren noch auf den Zivilrechtsweg verwiesen und geht die gleichen Instanzen durch. Begeht aber jemand in diesem Steuersystem eine strafbare Handlung, so ist die Finanzverwaltung kurzer Hand in der Lage, mit ihm kurzen Prozeß zu machen, denn das ganze Verfahren vor dem Spruchsenat, vor dem Berufungssenat ist in einem einzigen Paragraphen erledigt, das andere wird dem Verordnungsweg überlassen. Meine Herren, wenn man einigermaßen mit dem Strafprozeß und mit dem Zivilprozeß verbunden ist, wenn man darin tätig gewesen ist und wenn man sieht, daß die Finanzverwaltung für sich das Recht in Anspruch nimmt, Millionenstrafen aufzuerlegen und bis zu 2 Jahren Gefängnis zu erteilen, dann muß man die unbedingte Notwendigkeit wiederholt und ununterbrochen betonen, dem Steuerpflichtigen dieselben Rechte einzuräumen, ihm die gleiche prozessuale Stellung zu geben, die ihm zu seiner Verteidigung, zur Erforschung der materiellen Wahrheit im Zivilprozeß und Strafprozeß gegeben sind. Denn das oberste Prinzip, welches auch für die Finanzverwaltung Geltung haben muß, ist die Erforschung der materiellen Wahrheit im Strafprozeß, abgesehen von der Unschuldsvermutung, vom beiderseitigen Gehör, der Waffengleichheit, von der Trennung der prozessualen Funktionen, Unmittelbarkeit usw. Ist hier eine Trennung der prozessualen Funktionen? Was geschieht hier eigentlich? Partei, Kläger und Richter in einer Person ist die Finanzverwaltung. Ist das Waffengleichheit? Das ist unmöglich, ist ein unhaltbarer Zustand. Im Strafprozeß gilt das Prinzip der praesumtio boni viri, in dubio mitius, in dubio pro reo, das sind die Gewissenhaftigkeitsprinzipien der Strafprozeßordnung, die besagen, daß trotz des strengsten und peinlichsten Verfahrens die Schuld des zu Verurteilenden zu 100% feststehen muß. Nicht ein kurzes Verfahren ist imstande, den Schuldspruch zu fällen. Namens aller Steuerpflichtigen muß ich fordern, daß hier Wandel und Ordnung geschaffen werde, daß man die Kriegspsychose, unter der wir noch stehen, in den allgemeinen Verfahrensbestimmungen nicht verankere, sondern sofort nach Gesetzwerdung der Vorlage eine gemischte Kommission einsetze, welche die gemeinsamen, die Verfahrens- und Strafbestimmungen inclusive der Einführungsbestimmungen einer gründlichen Umarbeitung unterzieht. Denn wir müssen in dieser Hinsicht moderner denken, wir dürfen uns nicht diesem einseitig fiskalischen Standpunkt hingeben.

Noch ein paar Worte über die Einführungsbestimmungen. Es wird darin das Kapitel von den Revisionskommissionen behandelt. Hier leisten sich Regierung und Regierungsparteien etwas, was ich absolut nicht für möglich gehalten hätte. Damals, nach dem Zerfall der Monarchie, zur Zeit der Währungstrennung hat sich die Finanzverwaltung entschlossen, die Banknoten abzustempeln, eine Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe einzuführen. Das war den Verhältnissen nach notwendig. Das Gesetz Nr. 84 vom 25. Feber 1919 war ein reines Ermächtigungsgesetz und bezweckte rasche Maßnahmen; es konnte nicht viel Zeit verloren werden, weshalb ganz im Sinne des § 15 dieses Gesetzes eine Regierungsverordnung erlassen wurde, u. zw. Nr. 96 vom 1. März 1919. Das ist die Verordnung über das Revisionsdepartement des Finanzministeriums. Im § 1 heißt es: Beim Finanzministerium wird ein Revisionsdepartement zur Ausübung der Kontrolle im Bereiche der direkten Personalsteuer, der Kriegsgewinnsteuer, der Kriegssteuer und der Vermögensabgabe errichtet. In kurzen Worten besagen §§ 2 und 3: "Das Revisionsdepartement kann machen, was es will. Ich erkläre, daß diese Verordnung seit ihrem Bestanden bezüglich der Kriegsgewinnsteuer, der Kriegssteuer und der direkten Steuern ungesetzlich ist und daß diese Ungesetzlichkeit mir seitens der Finanzverwaltung bestätigt und zugegeben worden ist." Mit anderen Worten: "Ihr Steuerpflichtigen, ich rufe es euch hinaus, seit dem Bestande des Revisionsdepartements haben die Revisionskommissionen euch bezüglich Einkommensteuer, Erwerbsteuer, überhaupt bezüglich der direkten Steuern zu Unrecht behandelt, zu Unrecht besucht, zu Unrecht schikaniert." Was macht man nun? Man gibt zu, daß diese Verordnung ungesetzlich ist, man nimmt sie aber in die Einführungsbestimmungen auf und um ihr einen gesetzlichen Charakter zu verleihen, streicht man das Wort: "direkte Steuern" durch, nimmt sie neu auf und führt an Stelle des Departements ein eigenes Kontrollamt ein. Wiederum ungesetzlich, weil laut Verfassung zur Einführung eines Amtes ein Gesetz notwendig ist. Meine Herren, ich stehe auf dem Standpunkt, wenn man schon bis jetzt ungesetzlich vorgegangen ist, dann hat man die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dieses Departement aufzuheben, weil 8 Jahre doch schließlich und endlich genug sein müßten. Wenn die Finanz verwaltung auf Grund der gemeinsamen Bestimmungen, auf Grund der Strafbestimmungen nicht imstande ist, an Steuern herein zubekommen, was ihr gebührt, dann ist sie schlecht daran. Es kommt mir vor, als wenn dieses Revisionsdepartement für die Finanzverwaltung den letzten Rettungsanker darstellte. Ist aber die Bevölkerung so weit, ist der Steuerpflichtige derart unmoralisch, daß er jenen Druck auf sich lasten haben muß, dann wird auch die Kommission nichts nützen. Sie werden mir entgegnen, daß derjenige, der seine Sachen in Ordnung hat, sich vor der Revisionskommission nicht zu fürchten braucht. Vergessen Sie nicht, daß die Revisionskommissionen nur dort auftreten können, wo Bücher geführt werden. Derjenige, der keine Bücher führt, mit dem können die Revisionskommissionen machen, was sie wollen, sie werden ihn niemals erwischen; immer wird der ordentliche Kaufmann derjenige sein, der darunter leidet. Oder möchte die Finanzverwaltung vielleicht behaupten, daß ein großer Teil der Handelsbücher falsch geführt wird? Dann rufe ich die gesamte Kaufmannschaft, Handel und Industrie auf, daß das nicht richtig ist. Meine Herren, Mogler gibt es überall, aber vergessen Sie nicht, daß es nur wenige geben kann, die bei ihrem Personal sich darauf einlassen können, die Bücher unrichtig zu führen. Allerdings kann man nicht sagen, daß ein Buch unrichtig geführt wird, wenn lediglich in der Bewertungsfrage Differenzen bestehen. Ich stehe auf dem Standpunkt: hier ist die erste Instanz, die hat auf Grund des Gesetzes durch die gemeinsamen Bestimmungen Handhaben genug, die Wahrheit zu erforschen. Wir brauchen eben im Wirtschaftsleben nicht diesen moralischen Druck, wir vertragen nicht diese Last, das ist ungerecht und zugegebenermaßen auch ungesetzlich. Wenn man aber diesen ungesetzlichen Zustand bis jetzt vertragen hat, dann soll man diesen ungesetzlichen Zustand nicht durch eine Bestimmung zu einem gesetzlichen machen wollen.

Ein Wort noch über die Amnestie. Bei dem anerkannten Übermaße des Druckes der Steuern, die auf der Wirtschaft lasten, bin ich der Ansicht, daß diese Amnestie nicht in dem Maße genügt, sondern daß man sie ohne Ausnahmen anwenden soll. Dann muß man, wenn man derart strenge Bestimmungen einführt, auch vollständig reinen Tisch machen.

Ich hätte Ihnen noch unendlich viel vorzubringen, es läßt sich aber in der Kürze der Zeit nicht machen, ist ja zum großen Teil auch zweckloser Natur, nachdem wir doch im Hause nichts daran ändern können. Eines muß ich Ihnen noch erklären: Ich habe mich bemüht, im Budgetausschusse mit 54 Stunden und 5 Minuten Redezeit mich an der Debatte zu beteiligen, ich habe das Bestreben an den Tag gelegt, sachlich zu sein. Nun bin ich Ihnen eine Erklärung schuldig. Man hat mir anläßlich meiner ersten zwei Parlamentsreden und anläßlich meiner Tätigkeit im Budgetausschusse verschiedenartige Titel gegeben und mich verschiedenartig bezeichnet. Der eine hat mir gesagt: Du bist ein konstruktives Element. Der zweite hat mir gesagt: Du bist ein negativistischer Aktivist, und der dritte hat mir gesagt: Du bist ein aktivistischer Negativist. Das Wortspiel mag sein, wie immer es wolle, für mich stellt es leere Worte dar. Aber nehmen Sie folgende Worte als Erklärung, als meinen Standpunkt, entgegen: Ich habe mich bemüht, durch die harte Schule des Lebens dazu gezwungen, immer sachlich zu sein im Privatleben, ich habe das auch auf das politische Leben übertragen, weil ich mir gesagt habe, Sachlichkeit hat noch niemandem im Leben geschadet. Ich habe mir auch gesagt, daß Sachlichkeit niemals Opposition, wenn es notwendig ist, Obstruktion ausschaltet, weil für mich der Satz feststeht, daß Sachlichkeit der nachhergehenden Stellungnahme vorausgehen muß. Ich habe das Gefühl, daß jemand, der sachlich ist, die viel schärfere Waffe in der Hand hat, ich habe auch das Empfinden, daß man beim Blick in die Zukunft die Gegenwait nicht zu verabsäumen hat, und ich habe von meinen Wählern den strengen Auftrag, ihren Pflichtenkreis nicht zu erweitern, und von diesem Gesichtspunkte aus wollen Sie mich nehmen, wie ich bin. Es ziemt sich nicht, wenn hier Vertreter verschiedener Parteien von diesem Platze aus auf der einen Seite mir zuschreiben, daß ich der beste Propagator für die Werbekraft ihrer Tätigkeit bin. Denen entgegne ich: Lassen Sie mich meine Rolle spielen und spielen Sie die Ihre. Ich bin ernst genug, ich muß es ganz ehrlich sagen, ich bin kein auseinanderstrebendes Element, ich habe es gerne, wenn Menschen sich verstehen, nicht nur im Privatleben, sondern auch im politischen Leben. Und da erkläre ich ganz offen, daß ich immer den Satz hoch halte, daß ich das Persönliche von der Sache ausgeschaltet haben will, daß ich im Gegensatz, wie immer er bestehen mag, die sachliche Methode vorziehe und daß mir jede persönliche Kampfmethode unwürdig erscheint und mir absolut nicht liegt. Von diesem Gesichts punkte aus wollen Sie meine Ausführungen auffassen.

Meine sehr Verehrten! Was die Steuerreform als großes wirtschaftliches Ganze anbelangt, vertrete ich die Ansicht, daß sie sich nur in dem Momente auswirken kann, wenn man sie in Verbindung bringt mit dem Budget auf der einen Seite und wenn man die Steuerreform auch in Verbindung bringt mit dem Gedanken loyaler Behandlung auf der anderen Seite. Ich wiederhole, daß die Situation als solche jeden vernünftigen Menschen eigentlich zwingen müßte, alle Kräfte, die guten Willens sind, alle Kräfte, die arbeiten wollen, zusammenzufassen und endlich einmal den einseitigen Standpunkt des nationalen Chauvinismus oder wie immer es heißen mag, zu verlassen, unter der Voraussetzung, daß man ernsten Willens ist, Staatsbürger jeglicher Nation gleichberechtigt zu behandeln. Wenn der Grundsatz gelten soll, den die Regierungsparteien ausgesprochen haben: "Gleiche mit Gleichen", dann vertrete ich den Standpunkt: Dann Beweise an den Tag! Aus der Sachlichkeit darf sich niemand getrauen, mir einen Vorwurf zu machen; wer es wagt, den werde ich mir selbst ausborgen, dessen seien Sie versichert. Wenn ich sachlich gewesen bin und der andere Schlüsse daraus zieht, dann stehe ich auf dem Standpunkt: Dann kommt die Reihe an ihn. (Potlesk poslancù nìm. strany národní.)


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