Was die Frauen anbelangt, so weiß ich
aus Erfahrung, daß eine Frau genau so tüchtig sein
kann wie ein Mann. Das hat der Krieg bewiesen, wo die Frauen die
Wirtschaft führen mußten. Die Frauen werden nun durch
den Entwurf ganz ausgeschaltet. Man hat versucht, das irgendwie
zu paralysieren, aber die Behandlung der Frauen als solche ist
natürlich nicht richtig. Aber da ich gerade von der Frau
spreche, muß ich sagen, die Finanzverwaltung hat sich geradezu
zu einem Mißgriff verleiten lassen, indem sie im §
264 den Begriff der Haftung festsetzte. Nach dem früheren
Zustand des Gesetzes war die Haftung so geregelt, daß die
Frau mit jenem Teile des Vermögens, das der Mann als Haushaltungsvorstand
einbekennt, haftet. Nun sind der Finanzverwaltung angeblich viele
Fälle vorgekommen, wo der Mann einfach der Frau alles schenkte.
Ich sage Ihnen wieder: Wer das machen will, der kann es machen
und Sie sind alle nicht gescheit genug, um das zu verhindern.
Aber Sie führen durch die allgemeine Haftung der Frau einen
unmoralischen Zustand herbei, da heute die Frau sich direkt erst
erkundigen muß: "Du Mann, was bist Du eigentlich für
ein Steuerdefraudant? Wie benimmst Du Dich der Steuerbehörde
gegenüber? Kann ich dich überhaupt heiraten?" Ja,
man hat es modifiziert, indem man gesagt hat. Mit dem, was sie
nachweisbar von jemand anderem hat, braucht sie nicht zu haften.
Ich bin selbst Rechtsanwalt und weiß, was das bedeutet;
glauben Sie mir, die Frau wird der Finanzverwaltung den Nachweis
erbringen müssen: Die Ziche oder das Inlet habe ich von der
Mutter gekriegt, nicht von meinen Mann, den Ring habe ich vom
Großvater bekommen, und das Kleid, das hat mir ein Bekannter
geschenkt; beim Haus wird es leichter gehen, aber bei beweglichen
Sachen drückt es sich besonders aus. Und nun muß die
Frau gerannt kommen und sagen: "Herr, das habe ich laut Rechnung
vom so und so vielten mir selbst gekauft, weil ich mir da etwas
selbst verdient habe." Stellen Sie sich diesen komplizierten
Prozeß vor! Die unmoralische Seite ist die bedeutendste
darin, weil man sich sogar noch entschlossen hat, die Konkubine
beßer zu behandeln als die Frau, da der Mann nämlich
die Konkubine nicht zu heiraten braucht. Dann kommt noch die Bestimmung
dazu, es gelte nur für die Frau, die im Haushalt des Mannes
lebt. Da muß ich, wenn jemand die Steuer schulden wird,
der Frau raten: Du packst deine Habe zusammen und ziehst weg vom
Mann, damit er allein ist. Dann ist sie aus dem Haushalt draußen.
Das sind Mängel! Aber unmoralisch ist dieser Zustand und
man darf nicht wegen Einzelerscheinungen eine derart weitgehende
Haftung einführen, die weit das Maß der Haftung nach
dem bürgerlichen Gesetzbuch übersteigt. Stellen Sie
sich vor: Als Verwaltungsbehörde überschreitet man die
Machtbefugnis nach dem bürgerlichen Gesetzbuch. Das macht
man sowohl hier als auch in den Exekutionsbestimmungen. Das ist
unhaltbar. Da soll die Finanzverwaltung gleich das bürgerliche
Gesetzbuch mitregeln. Ich komme noch bei den Strafbestimmungen
darauf zu sprechen. Ich habe im Ausschuß bereits den Witz
gemacht, wenn man der Finanzverwaltung die Regelung des Strafgesetzbuches
überließe, so könnten nicht genug Bäume vorhanden
sein, um die Leute auf ihnen aufzuhängen, die die Finanzverwaltung
aufhängen würde. Ich meine, daß man nach so vielen
Nachkriegsjahren eigentlich einmal einen normalen Zustand herbeiführen
müßte, einen normalen Zustand, der nicht nur einseitig
der Finanzverwaltung jegliches Recht einräumt und den Steuerpflichtigen
macht- und wehrlos macht. Ich wiederhole, was ich in meiner letzten
Rede gesagt habe: Der heutige Zustand ist der, daß ein einziger
Paragraph zur Regelung der gemeinsamen und der Strafbestimmungen
genügt hätte, indem man einfach gesagt hätte: Die
Finanzverwaltung kann dem Steuerpflichtigen, gleichgiltig ob er
einbekannt hat oder nicht, an Steuern vorschreiben, was ihr beliebt;
wehrt er sich dagegen, so kriegt er eine Geldstrafe bis 100.000
Kronen oder zwei Jahre Gefängnis, bei erschwerenden Umständen
vollständige Vermögenskonfiskation, und dafür hat
die gesamte Staatsbürgerschaft zu haften. Das wäre sehr
bequem. Nun ist aber die Situation so: Sie werden einmal sehen,
wie sich das in der Praxis auswirkt, vorausgesetzt, daß
die Finanzverwaltung im Sinne des Gesetzesbuchstaben handelt.
Denn auf Loyalität kann ich mich als Jurist unter keinen
Umständen einlassen. Mir ist es lieber, es steht drin geschrieben,
als daß man nachher sagt: Ja, wir werden das schon machen.
Dasselbe gilt auch bezüglich der Durchführungsverordnung.
Man hat so und so viel Fälle, wo sich die Finanzverwaltung
darauf stützt, das oder jenes werde in die Durchführungsverordnung
hinein kommen. Nun, die Durchführungsverordnung bei diesen
Ermächtigungen wollen wir uns einmal anschauen. Da stände
ich auf dem Standpunkt, daß eine solche Durchführungsverordnung
von dieser ungeheuer großen Bedeutung eigentlich der Genehmigung
des Hauses bedürfte, denn sonst kann die Finanzverwaltung
machen, was sie will. Ich möchte damit das Kapitel "Allgemeine
Bestimmungen" erledigt haben.
Ich komme nun zu den Strafbestimmungen. Die
Finanzverwaltung sagt: Die Strafbestimmungen kommen überhaupt
nicht in Betracht, denn nach dem früheren Gesetz werden wir
vielleicht im ganzen drei Leute bestraft haben, mehr nicht. Aber
der Finanzminister sagt: Nur die rigoroseste Einhebung der Steuer
kann den Steuerpflichtigen zur entsprechenden Moral bringen, d.
h. mit anderen Worten: Du Steuerpflichtiger, in Zukunft, da geht
es in einem anderen Ton! Ich bin der Ansicht: Gut, ich schütze
durchaus nicht einen Steuerdefraudanten, da würden Sie sich
sehr irren. Im Gegenteil, wer ein Gauner ist, soll bestraft werden.
Aber man erwischt auch viele, die keine Gauner sind, und gegen
die man dasselbe Verfahren einleitet. Und da muß ich die
größte Gerechtigkeit haben. Der Zweck der Strafe, wenn
wir die Strafrechtsliteratur uns ansehen, ist nach der Generalprävention,
der den Betreffenden abzuschrekken und auch die Allgemeinheit
abzuschrekken, und nach der Spezialprävention, ihn zu bessern.
Dies entspricht der neuzeitlichen Auffassung. Wir haben dann noch
die synkretischen Theorien, aber diese Theorien gehen auch dahin,
zu bessern. Wir brauchen an und für sich eine vernünftige
Auffassung der Materie. Es herrscht ein großer Streit in
der Wissenschaft über den Begriff des Finanzunrechts und
da muß ich noch diese Auffassung überhaupt erklären.
Der springende Punkt liegt dort: Ist Finanzunrecht kriminelles
Unrecht oder nicht? Der Herr Finanzminister sagt, das Steuerunrecht
ist kein kriminelles Unrecht, während ich auf dem Standpunkt
stehe, die Steuerverkürzung ist ein Betrug genau so, wie
er im Strafgesetzbuch steht. Warum sage ich das? Wenn das als
Betrug aufzufassen ist, dann gehört dieses Delikt vor das
ordentliche Gericht. Ich werde Ihnen den Betrugsparagraphen vorlesen,
der paßt wunderbar darauf: "Wer durch listige Vorstellungen
oder Handlungen einen andern in Irrtum führt, durch welchen
jemand, sei es der Staat, eine Gemeinde oder eine Person, an seinem
Eigentum oder Rechten Schaden leiden soll, begeht einen Betrug".
Dasselbe haben wir im § 185. Also warum die Künste machen?
Warum denn die Fälle der Steuerverkürzung nicht vor
den ordentlichen Richter geben? Aber wenn ich das als Verwaltungsunrecht
ansehe, dann habe ich nicht das Recht, auf Strafen über Millionenbeträge
zu entscheiden und bis zwei Jahre Gefängnis geben zu können.
Entweder das eine, das Gericht entscheidet, dann sperre man auf
zehn Jahre ein, oder die Verwaltung entscheidet, dann haben Sie
nicht das Recht, so weit zu gehen; dann muß das normale
Gerichtsverfahren gewährleistet sein. Die Literatur der Finanzwissenschaft
zeigt da einen riesigen Streit Liszt steht z. B. auf dem Standpunkt,
daß das Steuerstrafrecht ein Nebengesetz des allgemeinen
Strafrechtes ist und unter dieses fällt. Binding will das
ganze unter den Begriff der Polizeiübertretungen stellen.
Otto Mayer will den bösen Vorsatz vermieden habe, den sogenannten
Dolus. Spiegel vertritt den Standpunkt: reines Verwaltungsrecht.
Am besten sagt mir der Standpunkt Adolf Wagners zu, der sagt:
dort, wo böse Absicht vorhanden ist und wo diese einwandfrei
konstatiert worden ist, gehört das vor das ordentliche Gericht
und die anderen Sachen sind Verwaltungsangelegenheiten.
Wir hatten in dem ursprünglichen Entwurfe
für die Steuerverkürzung einfach die Wissentlichkeit
statuiert. Nun ist gegen diese Bestimmung, daß einfach die
Wissentlichkeit zugemutet wird und dafür Strafen bis in die
Millionen und bis zu zwei Jahren Gefängnis verhängt
werden können, in der Öffentlichkeit ein Sturmlauf unternommen
worden und die Finanzverwaltung hat sich entschieden, dem Drucke
nachzugeben und führte den bösen Vorsatz ein. Hier muß
ich ehrlich sagen, hier sind die Regierungsparteien der Finanzverwaltung
hineingefallen. Statt die Sache zu bessern, hat man nämlich
die Sache zum Schlechteren gewendet, indem die Dinge jetzt, kurz
gesagt, so liegen: Früher galt als Versuch, wenn jemand z.
B. ein falsches Einbekenntnis abgegeben hatte, und man konnte
dafür höchstens bis zu 50.000 Kronen bestraft werden.
Durch die Neuregelung aber hat man den Versuch auf dieselbe Stelle
wie das vollendete Delikt gesetzt und leistet sich das Vergnügen,
daß das vollendete Delikt, wenn nämlich die Steuer
wirklich verkürzt worden ist, ein Qualifikationsmerkmal,
einen Erschwerungsumstand bedeutet. Wenn das auf das Strafgesetzbuch
übertragen wird, müßte jeder Paragraph nur den
Versuch darstellen und die vollendete Tat wäre ein Erschwerungsmerkmal.
Nehmen Sie sich den Mordparagraphen oder einen anderen Paragraphen,
Sie werden erkennen: das ist unmöglich, das geht nicht, das
ist eine verfehlte Konstruktion und stellt eine vollständig
unmögliche Verschärfung dar.
Wenn ich nun die Strafbestimmungen hernehme,
die von großer Bedeutung sind, so haben wir im § 185
eine allgemeine Definition, die ohne Rücksicht auf den Begriff
der Wissentlichkeit einfach unrichtige Eingaben im Bekenntnisse
usw. als strafbar ansieht. Allerdings nimmt man im nächsten
Paragraphen unter Benützung des bösen Vorsatzes und
der Bewußtheit die Gelegenheit wahr, die Steuerverkürzung
mit einer Geldstrafe des Ein- bis Zehnfachen des Betrages usw.
zu bestrafen? Zur Beurteilung der Sache muß ich noch folgendes
vorausschicken. Sie müssen sich die Rolle des Steuerpflichtigen
folgender maßen vorstellen. Er ist im Verfahren vor der
Behörde verpflichtet, das Bekenntnis nach bestem Wissen und
Gewissen, entweder mündlich oder schriftlich, abzulegen.
Er muß direkt ein Gelöbnis leisten, daß das,
was darin ist, wahr ist, seine Angaben müssen also wahr sein.
Wenn ich aber jemanden mit derartigen Strafbestimmungen umgebe,
die schon für die Nichteinbringung des Bekenntnisses derart
harte Strafen festsetzen, dann muß ich auch dem Steuerpflichtigen
das Recht geben zu lügen und nicht die Wahrheit zu sagen.
Wissen Sie, warum ich das sage? Es kommt nämlich folgender
Zustand heraus: Gegen den Steuerpflichtigen, der das Einbekenntnis
eingebracht hat, wird das Strafverfahren eingeleitet, im Strafverfahren
aber kann er lügen, soviel er will. Das paßt der Finanzverwaltung
nicht und sie sagt: Komm her, jetzt bist Du nicht im Steuerstrafverfahren,
jetzt nehme ich Dich in das ordentliche und Du wirst verpflichtet,
die Wahrheit zu sagen. Das ist juristisch unmöglich. Wenn
ich jemanden unter eine derart starke Gelöbnispflicht setze,
wäre es gleich besser zu sagen: Wenn Du nicht die Wahrheit
sprichst, hast Du einen falschen Eid geleistet und Schluß.
Dann brauchten wir diesen ganzen Zirkus nicht.
Das ist von großer Wichtigkeit aus folgendem
Grunde: Wenn Sie sich die §§ 185 und 186 ansehen, stellt
§ 185 die Vorsätzlichkeit und die Bewußtheit,
also die Wissentlichkeit, das Delikt dar und dies wird mit dem
ein- bis zehnfachen Betrag bestraft. Jetzt kommt der nächste
Paragraph. Der erklärt: Wer sich einer der im § 185
angeführten Handlungen mit dem Vorsatz schuldig macht, die
Steuer zu verkürzen, oder wer bei einer der angeführten
Handlungen zur Täuschung der Behörden besonders geeignete
Mittel anwendet, wird mit dem drei- bis zwölffachen Betrage
unter Möglichkeit einer Arreststrafe bestraft. Jetzt kommt
also die Arreststrafe und es werden folgende Umstände als
besonders zur Täuschung geeignet angeführt, wenn der
Beschuldigte lügt usw. Das nimmt man alles als gefährliches
Moment an und führt den Beschuldigten einer schärferen
Bestrafung zu. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß im Verwaltungsrecht
die Arreststrafen keinen Platz haben. Wenn nicht ein kriminelles
Unrecht vorliegt, dan treffe man denjenigen, den man bestrafen
will, mit Geldstrafen. Da sagte mir jemand darauf: Warum soll
nicht der Fabrikant sitzen? Gut, vertreten wir den Standpunkt,
daß der Fabrikant sitzen soll, wenn er wirklich schuldig
ist. Aber mit der Dokumentierung dieses Satzes sagen wir gleichzeitig,
daß auch der Arbeiter, Gewerbetreibende, der Handelstreibende,
der Landwirt genau so sitzen kann aus dem einfachen Grunde, weil
für ihn bei der Rückfälligkeit nicht mehr der Betrag
maßgebend ist und daher Arreststrafe eintritt. Sie brauchen
ein Bekenntnis nicht einbringen und sie haben schon die Strafe
auf sich. Jetzt ist ein weiterer Unterschied zu machen. Der besteht
darin, daß die Strafe, sobald keine Arreststrafe mitverhängt
werden kann, von einen Einzelrichter, also vom Vorsitzenden der
Bemessungsbehörde verhängt werden kann, während
der Spruchsenat, der nach der neuen Vorschrift aus einem Richter,
einem Finanzbeamten und einem Laienrichter besteht, nur dann entscheidet,
wenn neben der Geldstrafe noch die Arreststrafe verhängt
werden kann. Das führt folgenden Zustand herbei: Ein Einzelrichter
kann in die Millionen gehende Strafen verhängen, und fällt
das Delikt unter den Paragraphen, wo Arreststrafen festgesetzt
sind, so genügt eine zehntägige Arreststrafe, um die
Sache vor den Spruchsenat zu bringen. Das ist ein unhaltbarer
Zustand, weil dadurch wieder schon die Ausschaltung des größten
Teiles der Funktionen des Spruchsenates gegeben ist, zumindest
die Möglichkeit dazu. Denn da ziehe ich einfach jemanden
wegen des § 186 in Untersuchung, da ist keine Arreststrafe
darauf, bestrafe ihn darnach und kann als Einzelner darüber
entscheiden. Das ist nicht richtig und ich muß schon erklären,
daß diese Strafbestimmungen unglückseliger Natur sind.
Man hätte diese Strafbestimmungen einer gemischten Kommission
übergeben sollen, um den gerechtesten Zustand herbeizuführen:
Ich habe nicht die Absicht, das Steuerstrafunrecht in Schutz zu
nehmen. Aber ich muß verlangen, daß es in einer Weise
behandelt wird, wie es einem gerechten Verfahren entspricht.
Nehmen Sie ein praktisches Beispiel.
Jemand betrügt den anderen um 5000 Kè. Da hat also
der Betrug vor das Schwurgericht zu kommen. Da muß Gendarmerie,
die Staatsanwaltschaft, das Geschwornengericht in Bewegung gesetzt
werden, der Verteidiger appelliert dagegen, die
Sache geht dann an die zweite Instanz, die verweist es zurück
und das Theater geht wieder von vorne los. Im Privatleben also
wird bei einem Betrugsprozeß von 5000 Kè das ganze
Gerichtswesen, die Gerichtsordnung in Schwung gesetzt, die Sache
wird nach dem Strafverfahren noch auf den Zivilrechtsweg
verwiesen und geht die gleichen Instanzen durch. Begeht aber jemand
in diesem Steuersystem eine strafbare Handlung, so ist die Finanzverwaltung
kurzer Hand in der Lage, mit ihm kurzen Prozeß zu machen,
denn das ganze Verfahren vor dem Spruchsenat, vor dem Berufungssenat
ist in einem einzigen Paragraphen erledigt, das andere wird dem
Verordnungsweg überlassen. Meine Herren, wenn man einigermaßen
mit dem Strafprozeß und mit dem Zivilprozeß verbunden
ist, wenn man darin tätig gewesen ist und wenn man sieht,
daß die Finanzverwaltung für sich das Recht in Anspruch
nimmt, Millionenstrafen aufzuerlegen und bis zu 2 Jahren Gefängnis
zu erteilen, dann muß man die unbedingte Notwendigkeit wiederholt
und ununterbrochen betonen, dem Steuerpflichtigen dieselben Rechte
einzuräumen, ihm die gleiche prozessuale Stellung zu geben,
die ihm zu seiner Verteidigung, zur Erforschung der materiellen
Wahrheit im Zivilprozeß und Strafprozeß gegeben sind.
Denn das oberste Prinzip, welches auch für die Finanzverwaltung
Geltung haben muß, ist die Erforschung der materiellen Wahrheit
im Strafprozeß, abgesehen von der Unschuldsvermutung, vom
beiderseitigen Gehör, der Waffengleichheit, von der Trennung
der prozessualen Funktionen, Unmittelbarkeit usw. Ist hier eine
Trennung der prozessualen Funktionen? Was geschieht hier eigentlich?
Partei, Kläger und Richter in einer Person ist die Finanzverwaltung.
Ist das Waffengleichheit? Das ist unmöglich, ist ein unhaltbarer
Zustand. Im Strafprozeß gilt das Prinzip der praesumtio
boni viri, in dubio mitius, in dubio pro reo, das sind die Gewissenhaftigkeitsprinzipien
der Strafprozeßordnung, die besagen, daß trotz des
strengsten und peinlichsten Verfahrens die Schuld des zu Verurteilenden
zu 100% feststehen muß. Nicht ein kurzes Verfahren ist imstande,
den Schuldspruch zu fällen. Namens aller Steuerpflichtigen
muß ich fordern, daß hier Wandel und Ordnung geschaffen
werde, daß man die Kriegspsychose, unter der wir noch stehen,
in den allgemeinen Verfahrensbestimmungen nicht verankere, sondern
sofort nach Gesetzwerdung der Vorlage eine gemischte Kommission
einsetze, welche die gemeinsamen, die Verfahrens- und Strafbestimmungen
inclusive der Einführungsbestimmungen einer gründlichen
Umarbeitung unterzieht. Denn wir müssen in dieser Hinsicht
moderner denken, wir dürfen uns nicht diesem einseitig fiskalischen
Standpunkt hingeben.
Noch ein paar Worte über die Einführungsbestimmungen.
Es wird darin das Kapitel von den Revisionskommissionen behandelt.
Hier leisten sich Regierung und Regierungsparteien etwas, was
ich absolut nicht für möglich gehalten hätte. Damals,
nach dem Zerfall der Monarchie, zur Zeit der Währungstrennung
hat sich die Finanzverwaltung entschlossen, die Banknoten abzustempeln,
eine Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe einzuführen.
Das war den Verhältnissen nach notwendig. Das Gesetz Nr.
84 vom 25. Feber 1919 war ein reines Ermächtigungsgesetz
und bezweckte rasche Maßnahmen; es konnte nicht viel Zeit
verloren werden, weshalb ganz im Sinne des § 15 dieses Gesetzes
eine Regierungsverordnung erlassen wurde, u. zw. Nr. 96 vom 1.
März 1919. Das ist die Verordnung über das Revisionsdepartement
des Finanzministeriums. Im § 1 heißt es: Beim Finanzministerium
wird ein Revisionsdepartement zur Ausübung der Kontrolle
im Bereiche der direkten Personalsteuer, der Kriegsgewinnsteuer,
der Kriegssteuer und der Vermögensabgabe errichtet. In kurzen
Worten besagen §§ 2 und 3: "Das Revisionsdepartement
kann machen, was es will. Ich erkläre, daß diese Verordnung
seit ihrem Bestanden bezüglich der Kriegsgewinnsteuer, der
Kriegssteuer und der direkten Steuern ungesetzlich ist und daß
diese Ungesetzlichkeit mir seitens der Finanzverwaltung bestätigt
und zugegeben worden ist." Mit anderen Worten: "Ihr
Steuerpflichtigen, ich rufe es euch hinaus, seit dem Bestande
des Revisionsdepartements haben die Revisionskommissionen euch
bezüglich Einkommensteuer, Erwerbsteuer, überhaupt bezüglich
der direkten Steuern zu Unrecht behandelt, zu Unrecht besucht,
zu Unrecht schikaniert." Was macht man nun? Man gibt zu,
daß diese Verordnung ungesetzlich ist, man nimmt sie aber
in die Einführungsbestimmungen auf und um ihr einen gesetzlichen
Charakter zu verleihen, streicht man das Wort: "direkte Steuern"
durch, nimmt sie neu auf und führt an Stelle des Departements
ein eigenes Kontrollamt ein. Wiederum ungesetzlich, weil laut
Verfassung zur Einführung eines Amtes ein Gesetz notwendig
ist. Meine Herren, ich stehe auf dem Standpunkt, wenn man schon
bis jetzt ungesetzlich vorgegangen ist, dann hat man die verdammte
Pflicht und Schuldigkeit, dieses Departement aufzuheben, weil
8 Jahre doch schließlich und endlich genug sein müßten.
Wenn die Finanz verwaltung auf Grund der gemeinsamen Bestimmungen,
auf Grund der Strafbestimmungen nicht imstande ist, an Steuern
herein zubekommen, was ihr gebührt, dann ist sie schlecht
daran. Es kommt mir vor, als wenn dieses Revisionsdepartement
für die Finanzverwaltung den letzten Rettungsanker darstellte.
Ist aber die Bevölkerung so weit, ist der Steuerpflichtige
derart unmoralisch, daß er jenen Druck auf sich lasten haben
muß, dann wird auch die Kommission nichts nützen. Sie
werden mir entgegnen, daß derjenige, der seine Sachen in
Ordnung hat, sich vor der Revisionskommission nicht zu fürchten
braucht. Vergessen Sie nicht, daß die Revisionskommissionen
nur dort auftreten können, wo Bücher geführt werden.
Derjenige, der keine Bücher führt, mit dem können
die Revisionskommissionen machen, was sie wollen, sie werden ihn
niemals erwischen; immer wird der ordentliche Kaufmann derjenige
sein, der darunter leidet. Oder möchte die Finanzverwaltung
vielleicht behaupten, daß ein großer Teil der Handelsbücher
falsch geführt wird? Dann rufe ich die gesamte Kaufmannschaft,
Handel und Industrie auf, daß das nicht richtig ist. Meine
Herren, Mogler gibt es überall, aber vergessen Sie nicht,
daß es nur wenige geben kann, die bei ihrem Personal sich
darauf einlassen können, die Bücher unrichtig zu führen.
Allerdings kann man nicht sagen, daß ein Buch unrichtig
geführt wird, wenn lediglich in der Bewertungsfrage Differenzen
bestehen. Ich stehe auf dem Standpunkt: hier ist die erste Instanz,
die hat auf Grund des Gesetzes durch die gemeinsamen Bestimmungen
Handhaben genug, die Wahrheit zu erforschen. Wir brauchen eben
im Wirtschaftsleben nicht diesen moralischen Druck, wir vertragen
nicht diese Last, das ist ungerecht und zugegebenermaßen
auch ungesetzlich. Wenn man aber diesen ungesetzlichen Zustand
bis jetzt vertragen hat, dann soll man diesen ungesetzlichen Zustand
nicht durch eine Bestimmung zu einem gesetzlichen machen wollen.
Ein Wort noch über die Amnestie. Bei dem
anerkannten Übermaße des Druckes der Steuern, die auf
der Wirtschaft lasten, bin ich der Ansicht, daß diese Amnestie
nicht in dem Maße genügt, sondern daß man sie
ohne Ausnahmen anwenden soll. Dann muß man, wenn man derart
strenge Bestimmungen einführt, auch vollständig reinen
Tisch machen.
Ich hätte Ihnen noch unendlich viel vorzubringen,
es läßt sich aber in der Kürze der Zeit nicht
machen, ist ja zum großen Teil auch zweckloser Natur, nachdem
wir doch im Hause nichts daran ändern können. Eines
muß ich Ihnen noch erklären: Ich habe mich bemüht,
im Budgetausschusse mit 54 Stunden und 5 Minuten Redezeit mich
an der Debatte zu beteiligen, ich habe das Bestreben an den Tag
gelegt, sachlich zu sein. Nun bin ich Ihnen eine Erklärung
schuldig. Man hat mir anläßlich meiner ersten zwei
Parlamentsreden und anläßlich meiner Tätigkeit
im Budgetausschusse verschiedenartige Titel gegeben und mich verschiedenartig
bezeichnet. Der eine hat mir gesagt: Du bist ein konstruktives
Element. Der zweite hat mir gesagt: Du bist ein negativistischer
Aktivist, und der dritte hat mir gesagt: Du bist ein aktivistischer
Negativist. Das Wortspiel mag sein, wie immer es wolle, für
mich stellt es leere Worte dar. Aber nehmen Sie folgende Worte
als Erklärung, als meinen Standpunkt, entgegen: Ich habe
mich bemüht, durch die harte Schule des Lebens dazu gezwungen,
immer sachlich zu sein im Privatleben, ich habe das auch auf das
politische Leben übertragen, weil ich mir gesagt habe, Sachlichkeit
hat noch niemandem im Leben geschadet. Ich habe mir auch gesagt,
daß Sachlichkeit niemals Opposition, wenn es notwendig ist,
Obstruktion ausschaltet, weil für mich der Satz feststeht,
daß Sachlichkeit der nachhergehenden Stellungnahme vorausgehen
muß. Ich habe das Gefühl, daß jemand, der sachlich
ist, die viel schärfere Waffe in der Hand hat, ich habe auch
das Empfinden, daß man beim Blick in die Zukunft die Gegenwait
nicht zu verabsäumen hat, und ich habe von meinen Wählern
den strengen Auftrag, ihren Pflichtenkreis nicht zu erweitern,
und von diesem Gesichtspunkte aus wollen Sie mich nehmen, wie
ich bin. Es ziemt sich nicht, wenn hier Vertreter verschiedener
Parteien von diesem Platze aus auf der einen Seite mir zuschreiben,
daß ich der beste Propagator für die Werbekraft ihrer
Tätigkeit bin. Denen entgegne ich: Lassen Sie mich meine
Rolle spielen und spielen Sie die Ihre. Ich bin ernst genug, ich
muß es ganz ehrlich sagen, ich bin kein auseinanderstrebendes
Element, ich habe es gerne, wenn Menschen sich verstehen, nicht
nur im Privatleben, sondern auch im politischen Leben. Und da
erkläre ich ganz offen, daß ich immer den Satz hoch
halte, daß ich das Persönliche von der Sache ausgeschaltet
haben will, daß ich im Gegensatz, wie immer er bestehen
mag, die sachliche Methode vorziehe und daß mir jede persönliche
Kampfmethode unwürdig erscheint und mir absolut nicht liegt.
Von diesem Gesichts punkte aus wollen Sie meine Ausführungen
auffassen.
Meine sehr Verehrten! Was die Steuerreform
als großes wirtschaftliches Ganze anbelangt, vertrete ich
die Ansicht, daß sie sich nur in dem Momente auswirken kann,
wenn man sie in Verbindung bringt mit dem Budget auf der einen
Seite und wenn man die Steuerreform auch in Verbindung bringt
mit dem Gedanken loyaler Behandlung auf der anderen Seite. Ich
wiederhole, daß die Situation als solche jeden vernünftigen
Menschen eigentlich zwingen müßte, alle Kräfte,
die guten Willens sind, alle Kräfte, die arbeiten wollen,
zusammenzufassen und endlich einmal den einseitigen Standpunkt
des nationalen Chauvinismus oder wie immer es heißen mag,
zu verlassen, unter der Voraussetzung, daß man ernsten Willens
ist, Staatsbürger jeglicher Nation gleichberechtigt zu behandeln.
Wenn der Grundsatz gelten soll, den die Regierungsparteien ausgesprochen
haben: "Gleiche mit Gleichen", dann vertrete ich den
Standpunkt: Dann Beweise an den Tag! Aus der Sachlichkeit darf
sich niemand getrauen, mir einen Vorwurf zu machen; wer es wagt,
den werde ich mir selbst ausborgen, dessen seien Sie versichert.
Wenn ich sachlich gewesen bin und der andere Schlüsse daraus
zieht, dann stehe ich auf dem Standpunkt: Dann kommt die Reihe
an ihn. (Potlesk poslancù
nìm. strany národní.)