Pátek 6. kvìtna 1927

Bei dieser Gelegenheit muß ich ein Kapitel besprechen, daß auch von sehr einschneidender Bedeutung ist. Wir haben im § 15 auf der einen Seite und auf der anderen Seite in den §§ 55 und, ich glaube, 78 die Frage der abzugsfähigen Steuern geregelt. Grundprinzip ist, daß der tatsächlich für das Jahr entrichtete Betrag abzugsfähig ist. Nun stehe ich aber vor einem Rätsel und ich habe im Budgetausschuß die Anregung gegeben, daß man das Problem der Steuerrückstände separat regeln solle. Aus welchem Grunde? Die Finanzverwaltung begeht einen Fehler. Genau so, wie sie in einem jeden Steuerpflichtigen einen Betrüger und Defraudanten sieht, sieht sie in jedem Menschen, der Steuerrückstände hat, den saumseligen Zahler, der zahlen kann. Aber es gibt auch eine unendlich große Masse von Steuerpflichtigen, die durch die finanziellen Maßnahmen des Staates in eine Situation gekommen sind, die nur zu regeln und zu lösen ist durch eine längerdauernde Amortisation und Verzinsung. Wenn Sie bedenken, daß die Finanzverwaltung die Jahre 1923, 1924 und 1925 im allgemeinen benützt hat, um die Vermögensabgabe, die Vermögenszuwachsabgabe, die Kriegssteuer, die Kriegsgewinnsteuer, die Einkommensteuer, die allgemeine und die besondere Erwerbsteuer und die Gebäudesteuer kumulativ vorzuschreiben, dann werden Sie sich vorstellen, wie sich die Größe dieses Druckes auf den Einzelnen, bezw. die einzelne Wirtschaft auswirken mußte. Ich habe dem Herrn Finanzminister erklärt, der Übergang von der Inflation zur Deflation habe sich auf dem Rücken der Volkswirtschaft abgespielt, und da sagte er mir darauf, das stimme nicht, weil auch unsere Schulden gleichgeblieben sind und wir sie jetzt mit besseren Kronen zahlen müssen. Nun stelle ich die Frage: Wenn heute jemand von den Gläubigern des Staates ihm den Befehl geben würde: Morgen hast Du Deine Schulden zu zahlen, dann würden Sie sich wundern, was die Finanzverwaltung machen würde, wenn sie den Betrag von 35 oder 40 Milliarden auf den Tisch des Herrn zu legen hätte. Dasselbe Verhältnis, dasselbe Unvermögen liegt in vielen Fällen bei der Privatwirtschaft vor, und da wird man sich entschließen müssen, eine vernünftige Regelung zu finden, die nicht individuell den Einzelnen in einem Maße von der Finanzverwaltung abhängig macht, daß es lediglich in ihrem freien Ermessen liegt, ihn zu ruinieren. Deshalb habe ich der Finanzverwaltung vorgeschlagen, daß man das Problem der Steuerrückstände einer separaten Regelung in der Weise zuführe, daß man sie auf mehrere Jahre aufteile, sie verzinsen lasse und eine Amortisationsquote festsetze. Dadurch würde erreicht werden, das seinerseits die Finanzverwaltung mit bestimmten Eingängen rechnen kann und andererseits auch der Steuerzahler die Möglichkeit einer festen Kalkulation für seine Erträgnisse hat.

Man wendet mir ein, wir hätten das Gesetz über die Steuererleichterungen vom Jahre 1925. Das stimmt nicht, weil dieses Gesetz lediglich jene Unternehmungen betrifft, die kurz vor dem Ausgleich oder dem Konkurs stehen. Es gibt eine Reihe wirtschaftlicher Momente, die gerade von diesem Gesichtspunkte aus dazu führen müssen, der Wirtschaft nicht diese Erschwernisse zuzumuten und ihr aufzubürden, weil immer der bekannte Satz gilt: kleine Beträge, auf längere Zeit verteilt, sind möglich, einen großen Betrag auf einmal zu zahlen ist unmöglich und muß den wirtschaftlichen Ruin herbeiführen. Es wäre die Frage zu erörtern, ob das nicht in mancher Leute Sinn liegen würde. Das stimmt nicht; denn durch die Tötung der einzelnen wirtschaftlichen Einheiten versiegt auch die Steuerquelle. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.)

Wenn ich die Erwerbsteuersätze betrachte und gleich die allgemeine und besondere Erwerbsteuer zusammenziehe, so müssen wir zugeben und anerkennen, daß dem kleinen Handel und Gewerbe die wohlverdiente Erleichterung gewährt worden ist. Aber man hat vor der weiteren Regelung der mittleren und der großen Betriebe haltgemacht und Zustände herbeigeführt, die im Prinzip und nach der Ausrechnung der verschiedenen Praktiker und Theoretiker eigentlich eine Verschärfung des Zustandes darstellen, in dem wir bei der allgemeinen Erwerbsteuer in der Regel in der Ertragsstufe von 80 bis 50.000 Kronen eine Verschärfung erleiden. Es ist ein falscher Schluß, wenn man erklärt: Ja, die mit 832% Gemeindeumlagen oder Umlagen überhaupt kommen jetzt besser davon. Ich erkläre, wie kommt derjenige, der früher 450 hatte und jetzt nach demselben Schlüssel von 450 mehr bezahlen soll, dazu? Auch das ist nicht richtig, wenn man sagt, es ist nicht höher geworden. Sowohl der Finanzminister Dr. Engliš wie auch die Wirtschaftsdelegation, die jetzt nach Genf gegangen ist, bringen zum Ausdruck, daß unser Steuerdruck übernormal ist, und infolgedessen müsse er nicht nur in den normalen, sondern in den den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden abnormalen Zustand zurückversetzt werden, vorausgesetzt, daß man die Absicht hat, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und in Schwung zu bringen. Wenn man diese Absicht nicht hat, dann muß man das System beibehalten. Das erledigt sich dann von selbst. In der Praxis ist es in der Regel so: Wenn ein Kompagnon eines Geschäftes existiert, nimmt er an den Verlusten und Gewinnen teil. Anders die Finanzverwaltung. Sie werden vielleicht gar nicht ermessen, welch stiller und großer Kompagnon die Finanzverwaltung ist. Was macht sie? Primitiv und laienhaft ausgedrückt ist der Zustand der, daß sie sagt: Ich, der Staat, als Kompagnon beteilige mich an deinen Gewinnen, und zwar wirst du ziemlich viel abzahlen. Wenn du Verluste hast, trage ich nicht bei, sondern du wirst mir noch die Minimalsteuer bezahlen. Das geht doch über den praktischen Horizont, daß demjenigen, der an und für sich Verluste hat, von der Finanzverwaltung noch ein weiterer Verlust aufgezwungen wird in der Form der Minimalsteuer. Man hat sie zwar modifiziert, indem man sie auf 1/2 Promille festgesetzt hat und die Grenze von 50.000 Kronen, die ursprünglich überhaupt nicht da war, auf 100.000 K erhöht hat. Das kann aber nich befriedigen, wird natürlich auch viele Ungerechtigkeiten auslösen in der Schätzung des Anlagekapitals usw. Die Praxis wird dazu führen, daß sich jeder vernünftige Geschäftsmann sagt: es ist besser, ich weise 100 K Reingewinn aus, damit ich den ganzen Prozeß der Minimalsteuer nicht durchmachen muß. Es ist übrigens Rechnungssache, ob dabei nicht besser herauskomme, als mit einem halben Promille vom Anlagekapital. Das ist eine Rechenaufgabe, über die ich mich jetzt gemacht habe, und ich habe das Gefühl, daß Sie sich mit der ganzen Minimalsteuer in diesem Sinne geschnitten haben. Die Rücksicht wurde nur deshalb genommen, damit man die autonomen Verbände nicht in Verlegenheit bringt. Ich bin aber der Ansicht, außerordentliche Verhältnisse erfordern auch in dieser Hinsicht außerordentliche Maßnahmen.

Ich kann auf die große Masse der Materie nur Streiflichter werfen, kann nicht erschöpfend über das Thema sprechen, dazu brauchte ich Tage. In der besonderen Erwerbsteuer nehmen eine bedeutsame Stellung die Bäder ein. Im Budgetausschuß habe ich auf die Bedeutung des Fremdenverkehres hingewiesen. Sie wissen, daß manche Länder direkt von der Regelung des Fremdenverkehrs abhängen, Italien, Österreich usw. Wenn das bei uns geschickt gemacht würde, könnte der Fremdenverkehr eine ungeheuere Post in der Zahlungsbilanz ausmachen. Entsprechend den Naturschönheiten des Landes, entsprechend der großen Zahl der Bäder, die wir besitzen, bringt uns der Fremdenverkehr eigentlich eine lächerliche Summe ein. In der Zahlungsbilanz figuriert der gesamte Fremdenverkehr als Aktivpost mit 440 Millionen, der Reiseverkehr als Passivpost mit 775 Millionen, also es resultiert ein Manko zu Lasten des Fremdenverkehrs von 335 Millionen. Da müßte eine Fürsorge eintreten, keine engherzige, die sich nur auf Erleichterung der Paßvisa und Verbilligung der Eisenbahnfahrkarten beschränkt, da muß auch direkt die Bevölkerung jener Orte gefördert werden, die für den Fremdenverkehr besonders in Betracht kommen, in Form der Steuern auf Hausbesitz, Grundbesitz und Erwerb. Ich habe dazu eine Unmenge Anregungen gegeben, Anträge gestellt, aber man ist auf die Änderungen nicht eingegangen, weil man die Situation und die Bedeutung der Sache noch nicht genügend erfaßt hat. Was bedeuten die Bäder für uns? Die èechoslovakischen Bäder wiesen im Jahre 1926 einen Besuch von 228.971 Kurgästen auf, daneben noch einen Passantenverkehr von 213.421 Personen. Unter den Kurgästen waren 125.637 Ausländer, 103.334 Inländer. Maßgebend für die Zahlungsbilanz ist der Besuch der Ausländer, da sie Valuten und Devisen hereinbringen. Wenn wir annehmen, daß von diesen Passanten jeder durchschnittlich 21 Tage hier bleibt und pro Tag 300 Kronen braucht, so würde das eine Summe von ungefähr 651 Millionen zur Hebung der Zahlungsbilanz bedeuten. Andererseits haben die Bäder eine ungeheuere soziale Bedeutung. So haben z. B. die èechoslovakischen Bäder für ungefähr 5,863.221 Bäder umsonst oder ermäßigt abgegeben. Das investierte Kapital betrug im Jahre 1920 ungefähr 59,668.000 Kè. Und welche Fürsorge, widmet die Staatsverwaltung diesen Bädern? Da müßte ich erst fragen: wie sorgen andere Länder für ihre Bäder, z. B. Deutschland, Italien, die Schweiz und Frankreich? Alle notwendigen Kredite, die die Bäder brauchen, werden zu geringfügigen Zinsen oder fast umsonst gegeben, sie werden in den Steuern berücksichtigt. Bei uns hat man eigentlich dafür nicht den richtigen Sinn, indem man lediglich Paßvisa und Eisenbahnkarten ermäßigt, auf die Bäder selbst aber nicht Rücksicht nimmt. Ich habe bei der Umsatz- und Luxussteuer auf die ungeheuere Bedeutung der Luxussteuer verwiesen, die gerade die Ausländer davon abhält, ihre Einkäufe hier zu besorgen, weil andere Länder, wie Deutschland, wieder so weitsichtig waren, diese Steuer abzuschaffen und dadurch den Fremdenverkehr unterstützen.

Noch ein Kapitel habe ich zu erwähnen, das sind die Volksgeldanstalten, die Sparkassen. Der Koll. Dr. Dérer war seinerzeit in einer Versammlung, die die èechoslovakischen Sparkassen abgehalten haben und wird dort so recht den Appell gehört haben, den die Anstalten an die Abgeordneten, Senatoren und an die Regierung gerichtet haben. Was hat die Regierung gemacht? Sie hat bei der Rentensteuer eine Verschärfung des Zustandes herbeigeführt, indem sie die Sparkasseneinlagen gleichgestellt hat, den Einlagen bei Banken, die Regierung berücksichtigt die Sparkassen nicht bei der besonderen Erwerbsteuer. Wir werden sofort den Unterschied sehen. Eine landwirtschaftliche Bezirksvorvorschußkasse zahlt z. B. bei einem Reingewinn von 300.000 Kronen 1278 Kronen Steuer, eine Sparkasse 106.642 Kronen. Das ist ungeheuerlich. Man wird sich aber der Bedeutung des Geldwesens nicht verschließen dürfen. Man entgegnet mir: "Halt, Du hast nicht recht, denn wir haben einen Ermächtigungsparagraphen, der besagt, die Finanzverwaltung kann...". Ich bin aber der Ansicht, die Finanzverwaltung muß, gleichgültig welche Sparkassen es immer sind, die Sparkassen von der besonderen Erwerbsteuer befreien, aus dem einfachen Grunde, weil gerade dort die Keimzelle des Sparsinns liegt, weil gerade von dort die brachliegenden Gelder befruchtend in die Wirtschaft strömen. Sowjetrußland und Deutschland haben für Sparkassen jegliche Steuer abgeschafft und die deutschen Sparkassen verwalten heute ein Sparkapital von mehr als 35 Milliarden Goldmark. Dort hat man die Situation begriffen und sich gesagt: Hier muß man eingreifen. Wir sind jedoch auf dem entgegengesetzten Standpunkt stehen geblieben. Die Finanzverwaltung wendet ein: Es kommt vor, daß die Sparkassen Bankgeschäfte mach en. Ja, wozu haben wir denn das Ministerium des Innern, dem die Sparkassen unterstehen? Dieses Ministerium mag doch die Sparkassen revidieren. Hätte es sie früher revidiert: die ganze Kriegsanleihechose, der ganze Unsinn wäre nicht gekommen. Heute sagt die Finanzverwaltung, sie werde nur jenen Sparkassen die Befreiung zugestehen, die keine Bankgeschäfte machen, zu diesem Zwecke werde sie ein Regulativ herausgeben. Aber es ist nicht Sache der Finanzverwaltung, nicht ihre Kompetenz; sie kann sich ins Einvernehmen setzen mit dem Ministerium des Innern, sonst liegt hier ein Eingriff in die Rechte des Ministeriums des Innern vor. Wenn das Ministerium des Innern seine Pflicht erfüllt und durch Überwachung verhindert, daß die Sparkassen bankmäßige Geschäfte machen, könnte die Befreiung einfach allen Sparkassen gewährt werden.

Die Grundsteuer, meine Herren, kann ich mit bestem Willen nicht auslassen, obwohl ich das Gefühl habe, daß sich die Agrarier für die Grundsteuer ganz bestimmt tüchtig eingesetzt haben. Ich möchte ihnen Folgendes zur Erwägung geben. Man hat die Grundsteuer anfänglich beim alten gelassen, weil man sich sagte, es sei jetzt noch nicht die Zeit dazu da. Nachher hat man sich aber anders entschlossen, hat den 17fachen Katastralreinertrag und andere Sätze festgesetzt und nun kommt es vor, daß sich bei einer Durchrechnung der Grundsteuer der Bauer manchmal sagt: Halt, wir kommen eigentlich schlechter weg, wir haben dem Dreck eine Ohrfeige gegeben und es wäre besser, wir hätten alles beim alten gelasen. Natürlich stimmt das nicht ganz und wenn man gerecht ist, muß man Folgendes sagen: Die Verhältnisse mögen sich entwickeln wie immer, der Katastralreinertrag, bzw. die Anlegung des Katasters ist das Maßgebende dafür und da ist von Valorisierung, wie sie bei der Einkommen- und Erwerbsteuer vorkommt, absolut nicht die Rede. Ich begrüße das, doch erkläre und unterstreiche ich, daß ich von den Agrariern verlange, daß sie auch andere Wirtschaftskomponenten, die sich in der Erwerbsteuer, Hausbesitz-, Grundbesitz-, Einkommensteuer darstellen, berücksichtigen. Anders geht das nicht, sonst kommt ein einseitiges Verhältnis heraus.

Die Gebäudesteuer hat eigentlich im Prinzip eine Verschärfung erfahren. Früher hatten wir den Nettobetrag, jetzt haben wir den Bruttobetrag. Früher haben wir bei der Hausklassensteuer die Hälfte der vermieteten Bestandteile gehabt, und jetzt haben wir ein Viertel. Und ich stehe bzgl. der Sätze auf dem Standpunkte, daß sie eine wesentliche Herabsetzung erfahren müssen. Das ist auch leicht zu machen, da die Gebäudesteuer nicht den Ausschlag gibt im System, mit ihren 60 Millionen im Jahre 1925. Ich habe auch nicht verstanden, daß man den Satz der Großstädte und der Provinz verschieden gestaltet, weil es mir hier vorkommt, daß das ein Unrecht ist; denn der höhere Mietwert als solcher erhöht schon an und für sich den Ertrag. Sie sehen, daß ich das vollständig objektiv beurteile, bzgl. Prag, Brünn und Bratislava. Ich kann Ihnen sagen, auch aus egoistischen Gründen, weil man sich etwa auch entscheiden könnte, einmal Reichenberg oder andere Städte in das System mit hineinzunehmen.

Ein Fall der Doppelbesteuerung wäre unter allen Umständen auszuschalten gewesen! Das ist die Besteuerung der Erwerbsräume mit der Hauszinssteuer, ich meine, landwirtschaftliche Erwerbsräume, Betriebsräume usw. Hier hat man nur eine halbe Regelung gefunden und sich nicht entschließen können, sämtliche Räume, die dem schaffenden Menschen in seinem Erwerb dienen, von der Hauszinssteuer zu befreien. Der Einwand war immer der: Wie können wir das machen? Denken Sie doch an Prag! Ja macht denn Prag die Hauszinssteuer aus? Gibt es denn keine Provinz? Und wenn es die gibt, was macht der Betrag in der Provinz aus? Was macht er in Prag aus? Und es wäre auch gegangen, daß man die Bars und Kaffeehäuser, an die man sich hier gestoßen hat, eventuell davon ausgenommen hätte. Aber man soll praktisch schaffende Menschen in ihrem Erwerb nicht neben einer Ertragssteuer auch noch mit der Hauszinssteuer belasten. Das ist eine Doppelbesteuerung und liegt in keinem Steuersystem als solchem darin, ist verpönt. Infolgedessen sollte man sich diesen Erwägungen nicht verschließen.

Was die Rentensteuer anbelangt, so hätte ich noch nachzutragen, daß es von ungeheuerer Bedeutung ist, daß man bei der Rentensteuer ein rentensteuerfreies Existenzminimum einführt. Man hat das jetzt zwar nachgetragen, indem man es für die über 65 Jahre alten Leute eingeführt hat. Das genügt aber nicht, weil da an und für sich eine große Härte herauskommt, indem die der Rentensteuer unterliegenden von 7-15 Tausend diese bezahlen müssen und auf diese Steuer auch noch die großen Umlagen kommen.

Ein Wort über die höheren Dienstbezüge. Ich kann sie nicht auslassen. Sie haben eigentlich steuerpolitisch, steuertechnisch, wie Sie es nennen wollen, im Rahmen eines Steuersystems keinen Platz, das ein ausgebildetes Einkommensteuerregime hat, und stellt eine Verschärfung des gegenwärtigen Zustandes dar. Ich hätte noch etwas zu erwähnen. Das wären die freien Berufe, die Berufe der Advokaten, Notare, Ärzte und Ingenieure, die lediglich mit der Kapazität ihres Geistes arbeiten müssen und lediglich darin ein Fundament haben. Denen gewährt man nur einen Abzug von 20%. Das ist nicht richtig, hier hätte man etwas weitherziger sein sollen und ihn auf 40 bis 50% erhöhen müssen. Es passiert etwas, die Familie ist in Not und Elend und die Verhältnisse sind heute nicht mehr so wie früher, weil ein großer Teil dieser Berufe in ihrem Niveau vollständig herabgesunken ist durch die übergroße Konkurrenz und durch die Verhältnisse als solche. Die Ausnahme bestätigt immer die Regel und wir dürfen uns nicht nach den Ausnahmen allein richten. Erwähnen muß ich auch noch die Agenten. Hier schmuggelt die Finanzverwaltung wieder eine Doppelbesteuerung hinein, indem sie nämlich den Leuten in der Regel die Einkommen- und Erwerbsteuern vorschreibt und überdies noch die Umsatzsteuer. Das ist an und für sich ungerecht, nachdem der Agent nicht die Möglichkeit der Überwälzung hat. Er wird dadurch härter getroffen und die Finanzverwaltung muß sich einmal definitiv äußern, welche Agenten erwerbsteuerpflichtig sind und welche nicht und dann, daß diejenigen, die auf fremde Rechnung Geschäfte machen, der Einkommensteuer unterliegen und nicht der Erwerbsteuer. Hier müßte man einen modernen und gerechten Standpunkt einnehmen, weil dieser Beruf für das irtschaftsleben von ungeheuer großer Bedeutung ist. Das darf man nicht übersehen und infolgedessen darf man solche Berufe nicht mit mehr Steuern übermäßig belasten und das System der Doppelbesteuerung beibehalten. Soviel möchte ich über die Steuergattungen gesagt haben.

Daß die Regierungsparteien und die Opposition im Kampfe um die Steuergesetze eigentlich der Finanzverwaltung unterlagen, gebe ich ohne weiteres zu und finde es auch begreiflich, weil die Finanzverwaltung keine Kalkulation hat.

Ich komme nun zu einem anderen Kapitel, das ist das Kapitel der allgemeinen Bestimmungen, der Strafbestimmungen und der Einführungsbestimmungen. Das ist jenes Kapitel, wo sich die Behandlung des Steuerpflichtigen seitens der Finanzverwaltung ausdrückt und wo in den Gesetzen eines Rechtsstaates eine vollkommen gleiche Behandlung als Partei eintreten müßte, das heißt mit anderen Worten, hier Recht der Finanzverwaltung, hier Recht des Steuerpflichtigen. Umgekehrt ist es im vorliegenden Entwurf: Mag man die Änderungen auslegen wie immer man will, im Prinzip hat die Finanzverwaltung gegen den Steuerpflichtigen so gut wie jegliches Recht. Man hat einzelne Änderungen gemacht, das gebe ich ohne Weiteres zu, sie sind aber nicht von einschneidender Bedeutung. Ich wiederhole, daß die Strafbestimmungen mitsamt den gemeinsamen Bestimmungen einen Zustand herbeigeführt haben, der für den Steuerpflichtigen unter allen Umständen ungemein hart ist. Man hat ihn gar nicht begründet damit, daß man sagt: die Steuerunmoral ist von so großer Bedeutung, daß nur das rigoroseste Gesetz den Steuerpflichtigen zwingen kann, besser zu werden, sich zu ändern. Und ich wiederhole wieder: Steuermoral auf beiden Seiten, Steuermoral bei der Finanzverwaltung, Steuermoral bei den Steuerpflichtigen, dann wird gegenseitiges Vertrauen kommen. Diese allgemeinen Bestimmungen sind unter der Psychose der Kriegs- und Nachkriegszeit gemacht worden und zwar aus dem Grunde, weil sich die moralischen Qualitäten der Steuerpflichtigen verschoben haben - das gebe ich zu - weil sich auf der anderen Seite aber auch die moralischen Eigenschaften der Finanzverwaltung verschoben haben, was teils durch die Verhältniße der Viel- und Mehrarbeit gekommen ist und teils auch aus moralischen Eigenschaften heraus. Wenn ich das Verfahren vorweg nehme, so liegt im Verfahren eigentlich alles begründet. Wenn ich das Verfahren vorwegnehme, so ist das Verfahren jener Zustand, bezw. jenes Stadium, bei welchem der Steuerpflichtige mit der Finanzverwaltung bis zur Beendigung des ganzen Veranlagungsprozesses inklusive des Rechtsmittelstadiums in Verbindung kommt, jenes Stadium, in dem der Steuerpflichtige sich mit der Behörde aussprechen muß oder aussprechen kann. Das muß natürlich so gestaltet sein, daß es nicht nur dem menschlichen und moralischen Rechte entspricht, sondern auch dem prozeßualen Rechte, weil hier Partei gegen Partei steht; und diese Rolle gebe ich der Finanzverwaltung, daß sie hier bloß Partei ist. Allerdings vertritt sie auch das höhere Interesse des Staates. Aber darauf hat man keine Rücksicht genommen. Man hat die Finanzverwaltung mit allen Befugnissen ausgestattet, ihren Willen durchzusetzen. Sie kann den Steuerpflichtigen verhören, Zeugen vorladen, Auskunftspersonen einvernehmen, Sachverständige und Vertrauensmänner heranziehen und uneingeschränkt die Hilfe der Revisionskommissionen in Anspruch nehmen; Bucheinsicht, Lokalaugenschein, Kontumazierungsrecht stehen ihr zur Verfügung, sie kann Beweisanträge ablehnen und sie hat außerdem noch ein großes Feld des freien Ermessens. Sie braucht den Buchbeweis nicht gelten zu lassen und hat in dem Berufungsverfahren die kolossale Stütze, indem sie den Betrag noch erhöhen kann. Sie hat ein ausgedehntes Kostenersatzrecht gegenüber dem Steuerpflichtigen, kurz eine unumschränkte Macht, während sie umgekehrt dem Steuerpflichtigen absolut keine Kosten ersetzt, wenn er im Rechte ist. Ich habe in großen Zügen die Rechte der Finanzverwaltung skizziert und möchte nun noch Folgendes herausgreifen: Ich erlaube mir die Anfrage: Wann auf der Welt sind Bücher richtig geführt, wenn die Finanzverwaltung nach freiem Ermessen darüber die Entscheidung fällen kann? Als Kaufmann muß ich Ihnen sagen, daß dies ein unhaltbarer Zustand ist. Nach dem Handelsgesetzbuch sind Bücher ordentlich geführt, wenn der Sachverständige die ordnungsmäßige Führung der Bücher vor Gericht anerkennt. Man sagt mir, das Gericht entscheide ja auch nach freiem Ermessen. Das ist aber etwas ganz anderes. Dort steht der objektive Richter zwischen den Parteien, während hier der Richter gleichzeitig Partei ist, und das ist ein himmelweiter Unterschied. Stellen Sie sich einmal die Situation vor, in die Sie die Geschäftswelt bringen, wenn Sie in der Lage sind, den Buchbeweis nicht anerkennen zu müßen. Das ist doch unhaltbar und es muß mit vollem Recht und mit aller Macht gefordert werden, daß Bücher, wenn sie von einwandfreien Sachverständigen als richtig geführt anerkannt werden, auch wirklich ein rechtskräftiges Beweismittel darstellen.

Lassen Sie mich einen Moment beim freien Ermessen verweilen. Jedes Gesetz ist natürlich umso besser, je mehr der Grad des freien Ermessen eingeschränkt ist, und ein Gesetz, das dem freiem Ermessen der Behörden freien Spielraum läßt, ist nicht gut, ist schlecht, weil nämlich bei der Vielheit der untergeordneten ausübenden Organe die Auffassung jeweils eine andere ist. Die deutsche Reichsabgabeordnung sieht deshalb bezüglich des freien Ermessens ausdrücklich vor: "Wo im Sinne des Gesetzes die Behörden ihre Entscheidung nach ihrem Ermessen zu treffen haben, haben sie nach Recht und Billigkeit zu entscheiden." Das ist ein dominierender Satz, der so in die ausübenden Organe hineingehämmert werden muß, als es nur möglich ist, weil sonst der Steuerpflichtige vollständig der Willkür der Finanzbehörden ausgeliefert ist. Der Witz liegt nämlich hauptsächlich darin: durch die Ausdehnung des Begriffes des freien Ermessens schränkt man die Möglichkeit der Appellation an den Verwaltungsgerichtshof ein, bezw. schaltet diese Möglichkeit aus, weil bei Entscheidungen, bei denen freies Ermessen zulässig ist, nicht an den Obersten Verwaltungsgerichthof appelliert werden kann.

Ein Wort über die Steuerkommissionen. Wir hatten früher den Zustand, daß die Steuerkommissionen gewählt wurden und daß sie nach Steuergattungen getrennt waren. Dieser Zustand ist jetzt insoferne verschärft worden, als man die Behandlung der Einkommen- und Erwerbsteuer zusammenlegt, ohne Rücksicht darauf, daß die Steuerbezirke dadurch sehr klein werden, während natürlich für einen größeren Rahmen die Beurteilung viel besser wäre. Man hat aber noch eine andere Verschärfung eingeführt, indem man die Mitglieder ernennt, und zwar werden sie nach dem Entwurf alle von der Finanzverwaltung ernannt. Man hat dies dann lediglich dahin modifiziert, daß man sagte, daß die Zahl jener, die die Handelskammern und die Landeskulturräte vorschlagen, um 1 oder 2 Personen größer sein soll, als die Zahl der von der Finanzbehörde ernannten, damit die absolute Mehrheit der nicht von der Finanzverwaltung ernannten Mitglieder erzielt wird. Man hat aber übersehen, das richtige Verhältnis zwischen Grundsteuer und Erwerbsteuer zu berücksichtigen, indem man sagt, es sollen 1 oder 2 Mitglieder der erwerbsteuerzahlenden Gruppe dabei sein. Ich bin der Ansicht, daß da ein großer Unterschied besteht. Hier handelt es sich, um einen agrarischen Bezirk, in dem der Erwerbsteuerpflichtige nichts zu tun hat, dort wieder handelt es sich um einen industriellen Bezirk, wo der Grundsteuerpflichtige nichts dreinzureden hat. Das ist von großer Bedeutung. Auf der anderen Seite hat man eine große Zahl von Berufsgruppen ausgeschaltet, man hat die freien Berufe und die ganze Gruppe der Angestellten und Arbeiter ausgeschaltet. Und doch ließe sich ein vernünftiger Weg sofort finden, indem man sagen würde: Vorbehaltlich der Genehmigung der Finanzverwaltung ernennen die Landeskulturräte und die Handels- und Gewerbkammern den ihnen zufallenden Teil für die Steuerkommissionen. Den anderen Teil ernennt die Finanzverwaltung unter Berücksichtigung der übrigen Berufe und Standesgruppen. Dadurch hätte man einen erträglichen Zustand herbeigeführt, während man hier eine große Reihe von Berufsgruppen direkt vor den Kopf stößt.


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