Bei dieser Gelegenheit muß ich ein Kapitel
besprechen, daß auch von sehr einschneidender Bedeutung
ist. Wir haben im § 15 auf der einen Seite und auf der anderen
Seite in den §§ 55 und, ich glaube, 78 die Frage der
abzugsfähigen Steuern geregelt. Grundprinzip ist, daß
der tatsächlich für das Jahr entrichtete Betrag abzugsfähig
ist. Nun stehe ich aber vor einem Rätsel und ich habe im
Budgetausschuß die Anregung gegeben, daß man das Problem
der Steuerrückstände separat regeln solle. Aus welchem
Grunde? Die Finanzverwaltung begeht einen Fehler. Genau so, wie
sie in einem jeden Steuerpflichtigen einen Betrüger und Defraudanten
sieht, sieht sie in jedem Menschen, der Steuerrückstände
hat, den saumseligen Zahler, der zahlen kann. Aber es gibt auch
eine unendlich große Masse von Steuerpflichtigen, die durch
die finanziellen Maßnahmen des Staates in eine Situation
gekommen sind, die nur zu regeln und zu lösen ist durch eine
längerdauernde Amortisation und Verzinsung. Wenn Sie bedenken,
daß die Finanzverwaltung die Jahre 1923, 1924 und 1925 im
allgemeinen benützt hat, um die Vermögensabgabe, die
Vermögenszuwachsabgabe, die Kriegssteuer, die Kriegsgewinnsteuer,
die Einkommensteuer, die allgemeine und die besondere Erwerbsteuer
und die Gebäudesteuer kumulativ vorzuschreiben, dann werden
Sie sich vorstellen, wie sich die Größe dieses Druckes
auf den Einzelnen, bezw. die einzelne Wirtschaft auswirken mußte.
Ich habe dem Herrn Finanzminister erklärt, der Übergang
von der Inflation zur Deflation habe sich auf dem Rücken
der Volkswirtschaft abgespielt, und da sagte er mir darauf, das
stimme nicht, weil auch unsere Schulden gleichgeblieben sind und
wir sie jetzt mit besseren Kronen zahlen müssen. Nun stelle
ich die Frage: Wenn heute jemand von den Gläubigern des Staates
ihm den Befehl geben würde: Morgen hast Du Deine Schulden
zu zahlen, dann würden Sie sich wundern, was die Finanzverwaltung
machen würde, wenn sie den Betrag von 35 oder 40 Milliarden
auf den Tisch des Herrn zu legen hätte. Dasselbe Verhältnis,
dasselbe Unvermögen liegt in vielen Fällen bei der Privatwirtschaft
vor, und da wird man sich entschließen müssen, eine
vernünftige Regelung zu finden, die nicht individuell den
Einzelnen in einem Maße von der Finanzverwaltung abhängig
macht, daß es lediglich in ihrem freien Ermessen liegt,
ihn zu ruinieren. Deshalb habe ich der Finanzverwaltung vorgeschlagen,
daß man das Problem der Steuerrückstände einer
separaten Regelung in der Weise zuführe, daß man sie
auf mehrere Jahre aufteile, sie verzinsen lasse und eine Amortisationsquote
festsetze. Dadurch würde erreicht werden, das seinerseits
die Finanzverwaltung mit bestimmten Eingängen rechnen kann
und andererseits auch der Steuerzahler die Möglichkeit einer
festen Kalkulation für seine Erträgnisse hat.
Man wendet mir ein, wir hätten das Gesetz
über die Steuererleichterungen vom Jahre 1925. Das stimmt
nicht, weil dieses Gesetz lediglich jene Unternehmungen betrifft,
die kurz vor dem Ausgleich oder dem Konkurs stehen. Es gibt eine
Reihe wirtschaftlicher Momente, die gerade von diesem Gesichtspunkte
aus dazu führen müssen, der Wirtschaft nicht diese Erschwernisse
zuzumuten und ihr aufzubürden, weil immer der bekannte Satz
gilt: kleine Beträge, auf längere Zeit verteilt, sind
möglich, einen großen Betrag auf einmal zu zahlen ist
unmöglich und muß den wirtschaftlichen Ruin herbeiführen.
Es wäre die Frage zu erörtern, ob das nicht in mancher
Leute Sinn liegen würde. Das stimmt nicht; denn durch die
Tötung der einzelnen wirtschaftlichen Einheiten versiegt
auch die Steuerquelle. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Slavíèek.)
Wenn ich die Erwerbsteuersätze betrachte
und gleich die allgemeine und besondere Erwerbsteuer zusammenziehe,
so müssen wir zugeben und anerkennen, daß dem kleinen
Handel und Gewerbe die wohlverdiente Erleichterung gewährt
worden ist. Aber man hat vor der weiteren Regelung der mittleren
und der großen Betriebe haltgemacht und Zustände herbeigeführt,
die im Prinzip und nach der Ausrechnung der verschiedenen Praktiker
und Theoretiker eigentlich eine Verschärfung des Zustandes
darstellen, in dem wir bei der allgemeinen Erwerbsteuer in der
Regel in der Ertragsstufe von 80 bis 50.000 Kronen eine Verschärfung
erleiden. Es ist ein falscher Schluß, wenn man erklärt:
Ja, die mit 832% Gemeindeumlagen oder Umlagen überhaupt kommen
jetzt besser davon. Ich erkläre, wie kommt derjenige, der
früher 450 hatte und jetzt nach demselben Schlüssel
von 450 mehr bezahlen soll, dazu? Auch das ist nicht richtig,
wenn man sagt, es ist nicht höher geworden. Sowohl der Finanzminister
Dr. Engliš wie auch die Wirtschaftsdelegation, die
jetzt nach Genf gegangen ist, bringen zum Ausdruck, daß
unser Steuerdruck übernormal ist, und infolgedessen müsse
er nicht nur in den normalen, sondern in den den wirtschaftlichen
Verhältnissen entsprechenden abnormalen Zustand zurückversetzt
werden, vorausgesetzt, daß man die Absicht hat, die Wirtschaft
wieder anzukurbeln und in Schwung zu bringen. Wenn man diese Absicht
nicht hat, dann muß man das System beibehalten. Das erledigt
sich dann von selbst. In der Praxis ist es in der Regel so: Wenn
ein Kompagnon eines Geschäftes existiert, nimmt er an den
Verlusten und Gewinnen teil. Anders die Finanzverwaltung. Sie
werden vielleicht gar nicht ermessen, welch stiller und großer
Kompagnon die Finanzverwaltung ist. Was macht sie? Primitiv und
laienhaft ausgedrückt ist der Zustand der, daß sie
sagt: Ich, der Staat, als Kompagnon beteilige mich an deinen Gewinnen,
und zwar wirst du ziemlich viel abzahlen. Wenn du Verluste hast,
trage ich nicht bei, sondern du wirst mir noch die Minimalsteuer
bezahlen. Das geht doch über den praktischen Horizont, daß
demjenigen, der an und für sich Verluste hat, von der Finanzverwaltung
noch ein weiterer Verlust aufgezwungen wird in der Form der Minimalsteuer.
Man hat sie zwar modifiziert, indem man sie auf 1/2
Promille festgesetzt hat und die Grenze von 50.000 Kronen, die
ursprünglich überhaupt nicht da war, auf 100.000 K erhöht
hat. Das kann aber nich befriedigen, wird natürlich auch
viele Ungerechtigkeiten auslösen in der Schätzung des
Anlagekapitals usw. Die Praxis wird dazu führen, daß
sich jeder vernünftige Geschäftsmann sagt: es ist besser,
ich weise 100 K Reingewinn aus, damit ich den ganzen Prozeß
der Minimalsteuer nicht durchmachen muß. Es ist übrigens
Rechnungssache, ob dabei nicht besser herauskomme, als mit einem
halben Promille vom Anlagekapital. Das ist eine Rechenaufgabe,
über die ich mich jetzt gemacht habe, und ich habe das Gefühl,
daß Sie sich mit der ganzen Minimalsteuer in diesem Sinne
geschnitten haben. Die Rücksicht wurde nur deshalb genommen,
damit man die autonomen Verbände nicht in Verlegenheit bringt.
Ich bin aber der Ansicht, außerordentliche Verhältnisse
erfordern auch in dieser Hinsicht außerordentliche Maßnahmen.
Ich kann auf die große Masse der Materie
nur Streiflichter werfen, kann nicht erschöpfend über
das Thema sprechen, dazu brauchte ich Tage. In der besonderen
Erwerbsteuer nehmen eine bedeutsame Stellung die Bäder ein.
Im Budgetausschuß habe ich auf die Bedeutung des Fremdenverkehres
hingewiesen. Sie wissen, daß manche Länder direkt von
der Regelung des Fremdenverkehrs abhängen, Italien, Österreich
usw. Wenn das bei uns geschickt gemacht würde, könnte
der Fremdenverkehr eine ungeheuere Post in der Zahlungsbilanz
ausmachen. Entsprechend den Naturschönheiten des Landes,
entsprechend der großen Zahl der Bäder, die wir besitzen,
bringt uns der Fremdenverkehr eigentlich eine lächerliche
Summe ein. In der Zahlungsbilanz figuriert der gesamte Fremdenverkehr
als Aktivpost mit 440 Millionen, der Reiseverkehr als Passivpost
mit 775 Millionen, also es resultiert ein Manko zu Lasten des
Fremdenverkehrs von 335 Millionen. Da müßte eine Fürsorge
eintreten, keine engherzige, die sich nur auf Erleichterung der
Paßvisa und Verbilligung der Eisenbahnfahrkarten beschränkt,
da muß auch direkt die Bevölkerung jener Orte gefördert
werden, die für den Fremdenverkehr besonders in Betracht
kommen, in Form der Steuern auf Hausbesitz, Grundbesitz und Erwerb.
Ich habe dazu eine Unmenge Anregungen gegeben, Anträge gestellt,
aber man ist auf die Änderungen nicht eingegangen, weil man
die Situation und die Bedeutung der Sache noch nicht genügend
erfaßt hat. Was bedeuten die Bäder für uns? Die
èechoslovakischen Bäder wiesen im Jahre 1926
einen Besuch von 228.971 Kurgästen auf, daneben noch einen
Passantenverkehr von 213.421 Personen. Unter den Kurgästen
waren 125.637 Ausländer, 103.334 Inländer. Maßgebend
für die Zahlungsbilanz ist der Besuch der
Ausländer, da sie Valuten und Devisen hereinbringen. Wenn
wir annehmen, daß von diesen Passanten jeder durchschnittlich
21 Tage hier bleibt und pro Tag 300 Kronen braucht, so würde
das eine Summe von ungefähr 651 Millionen zur Hebung der
Zahlungsbilanz bedeuten. Andererseits haben die Bäder
eine ungeheuere soziale Bedeutung. So haben z. B. die èechoslovakischen
Bäder für ungefähr 5,863.221 Bäder umsonst
oder ermäßigt abgegeben. Das investierte Kapital betrug
im Jahre 1920 ungefähr 59,668.000 Kè. Und welche
Fürsorge, widmet die Staatsverwaltung diesen Bädern?
Da müßte ich erst fragen: wie sorgen andere Länder
für ihre Bäder, z. B. Deutschland, Italien, die Schweiz
und Frankreich? Alle notwendigen Kredite, die die Bäder brauchen,
werden zu geringfügigen Zinsen oder fast umsonst gegeben,
sie werden in den Steuern berücksichtigt. Bei uns hat man
eigentlich dafür nicht den richtigen Sinn, indem man lediglich
Paßvisa und Eisenbahnkarten ermäßigt, auf die
Bäder selbst aber nicht Rücksicht nimmt. Ich habe bei
der Umsatz- und Luxussteuer auf die ungeheuere Bedeutung der Luxussteuer
verwiesen, die gerade die Ausländer davon abhält, ihre
Einkäufe hier zu besorgen, weil andere Länder, wie Deutschland,
wieder so weitsichtig waren, diese Steuer abzuschaffen und dadurch
den Fremdenverkehr unterstützen.
Noch ein Kapitel habe ich zu erwähnen,
das sind die Volksgeldanstalten, die Sparkassen. Der Koll. Dr.
Dérer war seinerzeit in einer Versammlung,
die die èechoslovakischen Sparkassen abgehalten haben und
wird dort so recht den Appell gehört haben,
den die Anstalten an die Abgeordneten, Senatoren und an die Regierung
gerichtet haben. Was hat die Regierung gemacht? Sie hat bei der
Rentensteuer eine Verschärfung des Zustandes herbeigeführt,
indem sie die Sparkasseneinlagen gleichgestellt hat, den Einlagen
bei Banken, die Regierung berücksichtigt die Sparkassen nicht
bei der besonderen Erwerbsteuer. Wir werden sofort den Unterschied
sehen. Eine landwirtschaftliche Bezirksvorvorschußkasse
zahlt z. B. bei einem Reingewinn von 300.000 Kronen 1278 Kronen
Steuer, eine Sparkasse 106.642 Kronen. Das ist ungeheuerlich.
Man wird sich aber der Bedeutung des Geldwesens nicht verschließen
dürfen. Man entgegnet mir: "Halt, Du hast nicht recht,
denn wir haben einen Ermächtigungsparagraphen, der besagt,
die Finanzverwaltung kann...". Ich bin aber der Ansicht,
die Finanzverwaltung muß, gleichgültig welche Sparkassen
es immer sind, die Sparkassen von der besonderen Erwerbsteuer
befreien, aus dem einfachen Grunde, weil gerade dort die Keimzelle
des Sparsinns liegt, weil gerade von dort die brachliegenden Gelder
befruchtend in die Wirtschaft strömen. Sowjetrußland
und Deutschland haben für Sparkassen jegliche Steuer abgeschafft
und die deutschen Sparkassen verwalten heute ein Sparkapital von
mehr als 35 Milliarden Goldmark. Dort hat man die Situation begriffen
und sich gesagt: Hier muß man eingreifen. Wir sind jedoch
auf dem entgegengesetzten Standpunkt stehen geblieben. Die Finanzverwaltung
wendet ein: Es kommt vor, daß die Sparkassen Bankgeschäfte
mach en. Ja, wozu haben wir denn das Ministerium des Innern, dem
die Sparkassen unterstehen? Dieses Ministerium mag doch die Sparkassen
revidieren. Hätte es sie früher revidiert: die ganze
Kriegsanleihechose, der ganze Unsinn wäre nicht gekommen.
Heute sagt die Finanzverwaltung, sie werde nur jenen Sparkassen
die Befreiung zugestehen, die keine Bankgeschäfte machen,
zu diesem Zwecke werde sie ein Regulativ herausgeben. Aber es
ist nicht Sache der Finanzverwaltung, nicht ihre Kompetenz; sie
kann sich ins Einvernehmen setzen mit dem Ministerium des Innern,
sonst liegt hier ein Eingriff in die Rechte des Ministeriums des
Innern vor. Wenn das Ministerium des Innern seine Pflicht erfüllt
und durch Überwachung verhindert, daß die Sparkassen
bankmäßige Geschäfte machen, könnte die Befreiung
einfach allen Sparkassen gewährt werden.
Die Grundsteuer, meine Herren, kann ich mit
bestem Willen nicht auslassen, obwohl ich das Gefühl habe,
daß sich die Agrarier für die Grundsteuer ganz bestimmt
tüchtig eingesetzt haben. Ich möchte ihnen Folgendes
zur Erwägung geben. Man hat die Grundsteuer anfänglich
beim alten gelassen, weil man sich sagte, es sei jetzt noch nicht
die Zeit dazu da. Nachher hat man sich aber anders entschlossen,
hat den 17fachen Katastralreinertrag und andere Sätze festgesetzt
und nun kommt es vor, daß sich bei einer Durchrechnung der
Grundsteuer der Bauer manchmal sagt: Halt, wir kommen eigentlich
schlechter weg, wir haben dem Dreck eine Ohrfeige gegeben und
es wäre besser, wir hätten alles beim alten gelasen.
Natürlich stimmt das nicht ganz und wenn man gerecht ist,
muß man Folgendes sagen: Die Verhältnisse mögen
sich entwickeln wie immer, der Katastralreinertrag, bzw. die Anlegung
des Katasters ist das Maßgebende dafür und da ist von
Valorisierung, wie sie bei der Einkommen- und Erwerbsteuer vorkommt,
absolut nicht die Rede. Ich begrüße das, doch erkläre
und unterstreiche ich, daß ich von den Agrariern verlange,
daß sie auch andere Wirtschaftskomponenten, die sich in
der Erwerbsteuer, Hausbesitz-, Grundbesitz-, Einkommensteuer darstellen,
berücksichtigen. Anders geht das nicht, sonst kommt ein einseitiges
Verhältnis heraus.
Die Gebäudesteuer hat eigentlich im Prinzip
eine Verschärfung erfahren. Früher hatten wir den Nettobetrag,
jetzt haben wir den Bruttobetrag. Früher haben wir bei der
Hausklassensteuer die Hälfte der vermieteten Bestandteile
gehabt, und jetzt haben wir ein Viertel. Und ich stehe bzgl. der
Sätze auf dem Standpunkte, daß sie eine wesentliche
Herabsetzung erfahren müssen. Das ist auch leicht zu machen,
da die Gebäudesteuer nicht den Ausschlag gibt im System,
mit ihren 60 Millionen im Jahre 1925. Ich habe auch nicht verstanden,
daß man den Satz der Großstädte und der Provinz
verschieden gestaltet, weil es mir hier vorkommt, daß das
ein Unrecht ist; denn der höhere Mietwert als solcher erhöht
schon an und für sich den Ertrag. Sie sehen, daß ich
das vollständig objektiv beurteile, bzgl. Prag, Brünn
und Bratislava. Ich kann Ihnen sagen, auch aus egoistischen Gründen,
weil man sich etwa auch entscheiden könnte, einmal Reichenberg
oder andere Städte in das System mit hineinzunehmen.
Ein Fall der Doppelbesteuerung wäre unter
allen Umständen auszuschalten gewesen! Das ist die Besteuerung
der Erwerbsräume mit der Hauszinssteuer, ich meine, landwirtschaftliche
Erwerbsräume, Betriebsräume usw. Hier hat man nur eine
halbe Regelung gefunden und sich nicht entschließen können,
sämtliche Räume, die dem schaffenden Menschen in seinem
Erwerb dienen, von der Hauszinssteuer zu befreien. Der Einwand
war immer der: Wie können wir das machen? Denken Sie doch
an Prag! Ja macht denn Prag die Hauszinssteuer aus? Gibt es denn
keine Provinz? Und wenn es die gibt, was macht der Betrag in der
Provinz aus? Was macht er in Prag aus? Und es wäre auch gegangen,
daß man die Bars und Kaffeehäuser, an die man sich
hier gestoßen hat, eventuell davon ausgenommen hätte.
Aber man soll praktisch schaffende Menschen in ihrem Erwerb nicht
neben einer Ertragssteuer auch noch mit der Hauszinssteuer belasten.
Das ist eine Doppelbesteuerung und liegt in keinem Steuersystem
als solchem darin, ist verpönt. Infolgedessen sollte man
sich diesen Erwägungen nicht verschließen.
Was die Rentensteuer anbelangt, so hätte
ich noch nachzutragen, daß es von ungeheuerer Bedeutung
ist, daß man bei der Rentensteuer ein rentensteuerfreies
Existenzminimum einführt. Man hat das jetzt zwar nachgetragen,
indem man es für die über 65 Jahre alten Leute eingeführt
hat. Das genügt aber nicht, weil da an und für sich
eine große Härte herauskommt, indem die der Rentensteuer
unterliegenden von 7-15 Tausend diese bezahlen müssen und
auf diese Steuer auch noch die großen Umlagen kommen.
Ein Wort über die höheren Dienstbezüge.
Ich kann sie nicht auslassen. Sie haben eigentlich steuerpolitisch,
steuertechnisch, wie Sie es nennen wollen, im Rahmen eines Steuersystems
keinen Platz, das ein ausgebildetes Einkommensteuerregime hat,
und stellt eine Verschärfung des gegenwärtigen Zustandes
dar. Ich hätte noch etwas zu erwähnen. Das wären
die freien Berufe, die Berufe der Advokaten, Notare, Ärzte
und Ingenieure, die lediglich mit der Kapazität ihres Geistes
arbeiten müssen und lediglich darin ein Fundament haben.
Denen gewährt man nur einen Abzug von 20%. Das ist
nicht richtig, hier hätte man etwas weitherziger sein sollen
und ihn auf 40 bis 50% erhöhen müssen. Es passiert
etwas, die Familie ist in Not und Elend und die Verhältnisse
sind heute nicht mehr so wie früher, weil ein großer
Teil dieser Berufe in ihrem Niveau vollständig herabgesunken
ist durch die übergroße Konkurrenz und durch die Verhältnisse
als solche. Die Ausnahme bestätigt immer die Regel und wir
dürfen uns nicht nach den Ausnahmen allein richten. Erwähnen
muß ich auch noch die Agenten. Hier schmuggelt die Finanzverwaltung
wieder eine Doppelbesteuerung hinein, indem sie nämlich den
Leuten in der Regel die Einkommen- und Erwerbsteuern vorschreibt
und überdies noch die Umsatzsteuer. Das ist an und für
sich ungerecht, nachdem der Agent nicht die Möglichkeit der
Überwälzung hat. Er wird dadurch härter getroffen
und die Finanzverwaltung muß sich einmal definitiv äußern,
welche Agenten erwerbsteuerpflichtig sind und welche nicht und
dann, daß diejenigen, die auf fremde Rechnung Geschäfte
machen, der Einkommensteuer unterliegen und nicht der Erwerbsteuer.
Hier müßte man einen modernen und gerechten Standpunkt
einnehmen, weil dieser Beruf für das irtschaftsleben von
ungeheuer großer Bedeutung ist. Das darf man nicht übersehen
und infolgedessen darf man solche Berufe nicht mit mehr Steuern
übermäßig belasten und das System der Doppelbesteuerung
beibehalten. Soviel möchte ich über die Steuergattungen
gesagt haben.
Daß die Regierungsparteien und die Opposition
im Kampfe um die Steuergesetze eigentlich der Finanzverwaltung
unterlagen, gebe ich ohne weiteres zu und finde es auch begreiflich,
weil die Finanzverwaltung keine Kalkulation hat.
Ich komme nun zu einem anderen Kapitel, das
ist das Kapitel der allgemeinen Bestimmungen, der Strafbestimmungen
und der Einführungsbestimmungen. Das ist jenes Kapitel, wo
sich die Behandlung des Steuerpflichtigen seitens der Finanzverwaltung
ausdrückt und wo in den Gesetzen eines Rechtsstaates eine
vollkommen gleiche Behandlung als Partei eintreten müßte,
das heißt mit anderen Worten, hier Recht der Finanzverwaltung,
hier Recht des Steuerpflichtigen. Umgekehrt ist es im vorliegenden
Entwurf: Mag man die Änderungen auslegen wie immer man will,
im Prinzip hat die Finanzverwaltung gegen den Steuerpflichtigen
so gut wie jegliches Recht. Man hat einzelne Änderungen gemacht,
das gebe ich ohne Weiteres zu, sie sind aber nicht von einschneidender
Bedeutung. Ich wiederhole, daß die Strafbestimmungen mitsamt
den gemeinsamen Bestimmungen einen Zustand herbeigeführt
haben, der für den Steuerpflichtigen unter allen Umständen
ungemein hart ist. Man hat ihn gar nicht begründet damit,
daß man sagt: die Steuerunmoral ist von so großer
Bedeutung, daß nur das rigoroseste Gesetz den Steuerpflichtigen
zwingen kann, besser zu werden, sich zu ändern. Und ich wiederhole
wieder: Steuermoral auf beiden Seiten, Steuermoral bei der Finanzverwaltung,
Steuermoral bei den Steuerpflichtigen, dann wird gegenseitiges
Vertrauen kommen. Diese allgemeinen Bestimmungen sind unter der
Psychose der Kriegs- und Nachkriegszeit gemacht worden und zwar
aus dem Grunde, weil sich die moralischen Qualitäten der
Steuerpflichtigen verschoben haben - das gebe ich zu - weil sich
auf der anderen Seite aber auch die moralischen Eigenschaften
der Finanzverwaltung verschoben haben, was teils durch die Verhältniße
der Viel- und Mehrarbeit gekommen ist und teils auch aus moralischen
Eigenschaften heraus. Wenn ich das Verfahren vorweg nehme, so
liegt im Verfahren eigentlich alles begründet. Wenn ich das
Verfahren vorwegnehme, so ist das Verfahren jener Zustand, bezw.
jenes Stadium, bei welchem der Steuerpflichtige mit der Finanzverwaltung
bis zur Beendigung des ganzen Veranlagungsprozesses inklusive
des Rechtsmittelstadiums in Verbindung kommt, jenes Stadium, in
dem der Steuerpflichtige sich mit der Behörde aussprechen
muß oder aussprechen kann. Das muß natürlich
so gestaltet sein, daß es nicht nur dem menschlichen und
moralischen Rechte entspricht, sondern auch dem prozeßualen
Rechte, weil hier Partei gegen Partei steht; und diese Rolle gebe
ich der Finanzverwaltung, daß sie hier bloß Partei
ist. Allerdings vertritt sie auch das höhere Interesse des
Staates. Aber darauf hat man keine Rücksicht genommen. Man
hat die Finanzverwaltung mit allen Befugnissen ausgestattet, ihren
Willen durchzusetzen. Sie kann den Steuerpflichtigen verhören,
Zeugen vorladen, Auskunftspersonen einvernehmen, Sachverständige
und Vertrauensmänner heranziehen und uneingeschränkt
die Hilfe der Revisionskommissionen in Anspruch nehmen; Bucheinsicht,
Lokalaugenschein, Kontumazierungsrecht stehen ihr zur Verfügung,
sie kann Beweisanträge ablehnen und sie hat außerdem
noch ein großes Feld des freien Ermessens. Sie braucht den
Buchbeweis nicht gelten zu lassen und hat in dem Berufungsverfahren
die kolossale Stütze, indem sie den Betrag noch erhöhen
kann. Sie hat ein ausgedehntes Kostenersatzrecht gegenüber
dem Steuerpflichtigen, kurz eine unumschränkte Macht, während
sie umgekehrt dem Steuerpflichtigen absolut keine Kosten ersetzt,
wenn er im Rechte ist. Ich habe in großen Zügen die
Rechte der Finanzverwaltung skizziert und möchte nun noch
Folgendes herausgreifen: Ich erlaube mir die Anfrage: Wann auf
der Welt sind Bücher richtig geführt, wenn die Finanzverwaltung
nach freiem Ermessen darüber die Entscheidung fällen
kann? Als Kaufmann muß ich Ihnen sagen, daß dies ein
unhaltbarer Zustand ist. Nach dem Handelsgesetzbuch sind Bücher
ordentlich geführt, wenn der Sachverständige die ordnungsmäßige
Führung der Bücher vor Gericht anerkennt. Man sagt mir,
das Gericht entscheide ja auch nach freiem Ermessen. Das ist aber
etwas ganz anderes. Dort steht der objektive Richter zwischen
den Parteien, während hier der Richter gleichzeitig Partei
ist, und das ist ein himmelweiter Unterschied. Stellen Sie sich
einmal die Situation vor, in die Sie die Geschäftswelt bringen,
wenn Sie in der Lage sind, den Buchbeweis nicht anerkennen zu
müßen. Das ist doch unhaltbar und es muß mit
vollem Recht und mit aller Macht gefordert werden, daß Bücher,
wenn sie von einwandfreien Sachverständigen als richtig geführt
anerkannt werden, auch wirklich ein rechtskräftiges Beweismittel
darstellen.
Lassen Sie mich einen Moment beim freien Ermessen
verweilen. Jedes Gesetz ist natürlich umso besser, je mehr
der Grad des freien Ermessen eingeschränkt ist, und ein Gesetz,
das dem freiem Ermessen der Behörden freien Spielraum läßt,
ist nicht gut, ist schlecht, weil nämlich bei der Vielheit
der untergeordneten ausübenden Organe die Auffassung jeweils
eine andere ist. Die deutsche Reichsabgabeordnung sieht deshalb
bezüglich des freien Ermessens ausdrücklich vor: "Wo
im Sinne des Gesetzes die Behörden ihre Entscheidung nach
ihrem Ermessen zu treffen haben, haben sie nach Recht und Billigkeit
zu entscheiden." Das ist ein dominierender Satz, der so in
die ausübenden Organe hineingehämmert werden muß,
als es nur möglich ist, weil sonst der Steuerpflichtige vollständig
der Willkür der Finanzbehörden ausgeliefert ist. Der
Witz liegt nämlich hauptsächlich darin: durch die Ausdehnung
des Begriffes des freien Ermessens schränkt man die Möglichkeit
der Appellation an den Verwaltungsgerichtshof ein, bezw. schaltet
diese Möglichkeit aus, weil bei Entscheidungen, bei denen
freies Ermessen zulässig ist, nicht an den Obersten Verwaltungsgerichthof
appelliert werden kann.
Ein Wort über die Steuerkommissionen.
Wir hatten früher den Zustand, daß die Steuerkommissionen
gewählt wurden und daß sie nach Steuergattungen getrennt
waren. Dieser Zustand ist jetzt insoferne verschärft worden,
als man die Behandlung der Einkommen- und Erwerbsteuer zusammenlegt,
ohne Rücksicht darauf, daß die Steuerbezirke dadurch
sehr klein werden, während natürlich für einen
größeren Rahmen die Beurteilung viel besser wäre.
Man hat aber noch eine andere Verschärfung eingeführt,
indem man die Mitglieder ernennt, und zwar werden sie nach dem
Entwurf alle von der Finanzverwaltung ernannt. Man hat dies dann
lediglich dahin modifiziert, daß man sagte, daß die
Zahl jener, die die Handelskammern und die Landeskulturräte
vorschlagen, um 1 oder 2 Personen größer sein soll,
als die Zahl der von der Finanzbehörde ernannten, damit die
absolute Mehrheit der nicht von der Finanzverwaltung ernannten
Mitglieder erzielt wird. Man hat aber übersehen, das richtige
Verhältnis zwischen Grundsteuer und Erwerbsteuer zu berücksichtigen,
indem man sagt, es sollen 1 oder 2 Mitglieder der erwerbsteuerzahlenden
Gruppe dabei sein. Ich bin der Ansicht, daß da ein großer
Unterschied besteht. Hier handelt es sich, um einen agrarischen
Bezirk, in dem der Erwerbsteuerpflichtige nichts zu tun hat, dort
wieder handelt es sich um einen industriellen Bezirk, wo der Grundsteuerpflichtige
nichts dreinzureden hat. Das ist von großer Bedeutung. Auf
der anderen Seite hat man eine große Zahl von Berufsgruppen
ausgeschaltet, man hat die freien Berufe und die ganze Gruppe
der Angestellten und Arbeiter ausgeschaltet. Und doch ließe
sich ein vernünftiger Weg sofort finden, indem man sagen
würde: Vorbehaltlich der Genehmigung der Finanzverwaltung
ernennen die Landeskulturräte und die Handels- und Gewerbkammern
den ihnen zufallenden Teil für die Steuerkommissionen. Den
anderen Teil ernennt die Finanzverwaltung unter Berücksichtigung
der übrigen Berufe und Standesgruppen. Dadurch hätte
man einen erträglichen Zustand herbeigeführt, während
man hier eine große Reihe von Berufsgruppen direkt vor den
Kopf stößt.