Gewiß ist es zu bedauern, daß auch
das Einkommen der Familienangehörigen, wie dies bereits früher
der Fall war, gemeinsam besteuert wird, aber auch da habe ich
die Gewißheit, daß dies nicht allzu oft eintritt,
da ja das Einkommen aus Lohnbezügen in das gemeinsame Einkommen
nicht eingerechnet wird und in den meisten Fällen ja das
Einkommen bei mehreren Familienmitgliedern aus Lohnbezügen
besteht. Auch bezüglich der Steuerüberwälzung hatte
ich zunächst den Eindruck, daß hier ein bitteres Unrecht
geschehen würde. Ich habe mich aber auch jenen Argumenten
nicht verschließen können, die dahin gingen, daß
der Steuerträger sich dessen bewußt sein muß,
was er an Steuer zu zahlen hat, damit bei allen Staatsbürgern,
besonders aber bei jenen, die sich bisher um die Gemeinde- und
Staatswirtschaft nicht gekümmert haben, das Interesse an
einer geordneten Gemeinde- und Staatswirtschaft geweckt wird.
Aber auch hier wurde eine Änderung dadurch geschaffen, daß
die Abzugsfähigkeit der vom Unternehmer übernommenen
Steuer bis zum Jahre 1932 ermöglicht wird. Dadurch hoffen
wir eine Übergangsperiode geschaffen zu haben, die auch diese
Härte wenigstens vorübergehend beseitigt.
Was nun die allgemeine Erwerbsteuer anlangt,
so glaube ich mich wohl am besten auf den Kollegen Herrn Dr Rosche
berufen zu können, der erklärte, daß die Abänderungen
für die kleineren und mittleren Erwerbstreibenden im Interesse
dieser Leute nur zu begrüßen sind. Ich kann feststellen,
daß die deutschen Regierungsparteien auch an diesen Änderungen
ihren vollen Anteil haben. Selbstverständlich mußte
auch hier eine mittlere Linie innerhalb der Koalitionsparteien
gefunden werden und, Gott sei Dank, dies ist gelungen. Der Satz
der allgemeinen Erwerbsteuer wurde gegenüber der Regierungsvorlage
von 3% auf 21/% ermäßigt, und zwar mit der Abweichung,
daß von den ersten 30.000 Kronen der Steuergrundlage der
Steuersatz auf 1/2% ermäßigt
und von den Betrag von 140.000 Kronen übersteigenden Steuergrundlage
auf 4%, gegenüber 41/2% der Vorlage,
erhöht wird. Handelt es sich um ein Gesellschaftsunternehmen,
so erhöht sich der ermäßigte von 30.000 Kronen
für jeden vollbeschäftigten Gesellschafter um je weitere
30.000 Kronen, so daß also ein Gesellschaftsunternehmen,
sagen wir mit 2 im Betriebe vollbeschäftigten Gesellschaftern,
bei einer Steuergrundlage von 100.000 Kronen von den ersten 60.000
Kronen ein halbes Prozent, von den restlichen 40.000 Kronen 21/2%
zu zahlen hat.
Hier sind aber noch weitere Ermäßigungen
zu verzeichnen. Wenn die Steuergrundlage der Unternehmung 15.000
Kronen nicht übersteigt, beträgt der Steuersatz blos
1/4%, bis 7000 Kronen 1/8%
und bei 4000 Kronen ebenfalls 1/8%, das
aber vom Staate nicht eingehoben, sondern nur zur Grundlage für
die Gemeindeumlagen vorgeschrieben wird. Handelt es sich um einen
Betrieb, dessen Erträgnis ohne Mitwirkung von Kapital durch
die persönliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen bedingt
erscheint, wie bei Notaren, ferner bei Ärzten, Schriftstellern,
Künstlern, Handelsagenten etc., so ermäßigt sich
die allgemeine Erwerbsteuer um 20% nach § 57 der Vorlage.
Besonders bedürftige Steuerträger, die eine Erwerbsunternehmung
ohne Hilfsarbeiter oder wegen ihrer minderen Eignung nur mit einem
Hilfsarbeiter betreibeben, können bis zu einer Steuergrundlage
von 7000 Kronen ganz, oder teilweise von der Steuer befreit werden.
Dasselbe gilt von Steuerpflichtigen, die über 65 Jahre alt
sind, der Steuer bereits durch 20 Jahre unterworfen waren und
deren Steuergrundlage 10.000 Kronen übersteigt. Ich glaube,
wir können da der Finanzverwaltung nur dankbar sein, daß
sie sowohl bei der Einkommen als auch bei der Erwerbsteuer eine
gewisse soziale Linie beibehalten, bezw. angenommen hat. Dasselbe
gilt auch von der Grundsteuer, über die Kollege Böllmann
in ausführlicher Weise berichtet hat. Wenn es uns nicht
gelungen ist, bei der besonderen Erwerbsteuer und bei der Hauszinssteuer
eine Ermäßigung der Steuersätze zu erzielen, so
aus dem Grund, weil hier das Gesetz in die Finanzen der Selbstverwaltungskörper
zu stark hineinspielte, da jedes Prozent bei der besonderen Erwerbsteuer
nach den Feststellungen des Herrn Finanzministers einen Entfall
von 100 Millionen und jedes Prozent der Hauszinssteuer ebenfalls
viele Millionen Entfall für die Selbstverwaltungskörper
zur Folge hätten.
Die Rentensteuer fand wohl in einigen Paragraphen
bezüglich der Befreiung der Spenden usw. einige Änderungen,
blieb aber ansonsten wenigstens in ihren Grundzügen ebenso
wie die Tantiemensteuer und die Steuer aus höheren Dienstbezügen
unverändert.
Aber auch bezüglich des Strafverfahrens
und der allgemeinen Bestimmungen wurden durchgreifende Veränderungen
vorgenommen. So wurden die Strafdelikte in drei Teile ziemlich
übersichtlich geteilt, und zwar in die wissentliche, absichtliche
und grobfahrlässige Steuerhinterziehung. Ich habe den Eindruck,
daß der ehrliche Steuerzahler nichts zu fürchten hat
und daß wir den, der aus irgendeinem Grunde und insbesondere
den, der in raffinierter Weise den Staat betrügt, so daß
andere darunter zu leiden haben, nicht zu schützen brauchen.
Um dem Steuerträger zu besserem Recht zu verhelfen, wurden
einige Bestimmungen wesentlich geändert, so auch an die Spitze
des Strafsenates statt des Finanzbeamten der Richter gesetzt.
Wir haben den Steuerträgern die Mehrheit in den Kommissionen
gesichert, die Haftbarkeit des Ehegatten auf ein erträgliches
Maß gebracht, die des Verpächters eingeschränkt,
kurzum es wurden eine ganze Menge von Verbesserungen vorgenommen
und vielleicht gelingt es, die eine oder die andere noch vorzunehmen,
so daß wir im großen und ganzen mit unserer Arbeit
und der unserer Mitarbeiter zufrieden sein können.
Ich teile, wie ich bereits erwähnte, die
Befürchtungen einiger meiner Kollegen von der Gegenseite
durchaus nicht, die dahin gehen, daß alles Gott weiß
wie schlecht ausgehen müsse und daß besonders die allgemeinen
Bestimmungen und das Strafverfahren das größte Unglück
für die Steuerträger bedeuten müßten. Es
muß doch nicht alles so kommen, wie die Herren es glauben
oder gar wünschen, nur um vielleicht Recht zu behalten. Billigen
Sie auch uns den guten Willen und die gute Absicht zu, und glauben
Sie uns, das wir alles getan haben, um das Möglichste auch
für unsere Wirtschaft herauszuholen. Ein Systemwechsel, der
kommen könnte, würde all unseren guten Willen, all den
guten neuen Geist, mit dem der Herr Finanzminister seine Beamtenschaft
und die ganze Finanzverwaltung durchdringen wollte, über
den Haufen werfen. Diesen Systemwechsel zu verhindern oder zumindest
recht lange hinauszuschieben, ist in erster Reihe die Aufgabe
der deutschen Regierungsparteien. Es ist eine schwere Aufgabe
und eine noch schwerere Verantwortung vor unserem Volke, die wir
da übernommen haben. Wir haben nun einmal diesen Weg beschritten
und werden ihn weitergehen, trotz all der Hindernisse, die sich
uns da entgegenstellen.
Daß wir auf dem rechten Wege sind, zeigt
uns am besten die letzte Rede des Kollegen Dr.Rosche, deren
konstruktiver Inhalt ein schönes Stück aktivistischer
Arbeit darstellt und, wie die "Prager Presse" feststellte,
das beste Zeugnis gibt für die Werbekraft des deutschen Aktivismus.
Wir werden deshalb für die in Verhandlung
stehenden Vorlagen stimmen. (Potlesk.)
Meine sehr verehrten Damen und Herrn! Ich bin
das letztemal in der Besprechung meiner drei Ihnen vorgelegten
Tabellen lediglich zur Erläuterung der ersten Tabelle über
die Budgets gekommen und muß heute daran schreiten, ihnen
den Zweck meiner zweiten und dritten Tabelle zu erklären.
Ich halte diese Zusammenstellung für besonders wichtig aus
dem einfachen Grund, weil die Tabellen in erster Linie uns ein
Bild über die Erträgnisse als solche und zweitens ein
annäherndes Bild auch über die Kräfteverhältnisse
der sozialen und wirtschaftlichen Komponenten geben. Das ist von
ungeheuer großer Bedeutung, weil nämlich sowohl die
Steuerpflichtigen selbst, als auch die Finanzverwaltung bei Nichtkennen
der Situation leicht zu Überals auch Unterschätzungen
kommen kann. Diese Zahlen sind auch deshalb von großer Bedeutung,
weil gerade sie die Finanzverwaltung werden einmal zu der Erkenntnis
zwingen müssen, daß sie darüber vollständig
orientiert sein muß, was die einzelnen Stände, Berufs-
und Wirtschaftsgruppen an Steuern leisten. Aus dieser Leistung
ist dann ihre Rolle im Wirtschaftsmechanismus zu beurteilen. Das
betrifft natürlich sowohl die Einkommensteuer als auch die
anderen Steuergattungen. Die letzte große Reform erfolgte
im Jahre 1896 im alten Österreich durch die Einführung
des Personalsteuergesetzes. Ich habe mir das Vergnügen gemacht,
die Steuern von 30 Jahren zusammenzuzählen und sie in ein
Verhältnis zu bringen. Ich gebe ohne weiters zu, daß
der Ertrag der Steuer seit Geltung des Gesetzes ab 1. Jänner
1898 mit den heutigen Jahreserträgnissen schwer vergleichbar
ist, weil einerseits damals die Reform neu eingeführt wurde
und andererseits die heutigen Erträgnisse etwas außerordentlicher
Natur sind. Trotzdem ist es sehr interessant, wenn wir die Grundsteuer
z. B. im Jahre 1898 zu dem Erträgnisse des Jahres 1925 in
dem Verhältnisse 1:2.14 bestehen sehen, die Gebäudesteuer
1:3.10, die allgemeine Erwerbsteuer 1:15.4,
die besondere Erwerbsteuer 1:20.27, die Rentensteuer
1: 38.77 und die Einkommensteuer 1:120.6.
Wenn ich diese Relation umrechne auf den Währungsgang, Inflation
und Deflation, so kommt beispielsweise bei der Einkommensteuer
der horrende Verhältnisbetrag von 1:364.9 heraus.
Wenn ich aber jetzt diesen ersten Betrag valorisiere, also auf
den Friedenswert umsetze, so ergibt sich folgendes Bild: Wir haben
bei der Grundsteuer das Verhältnis 1:0.4, bei
der Gebäudesteuer 1:0.51, bei der Erwerbsteuer
1:2.58, bei der besonderen Erwerbsteuer 1:3.45
und bei der Rentensteuer 1:6.45 und bei der Einkommensteuer
1:20.3. Das gibt Ihnen eigentlich das richtige Bild
im Verhältnis zum Frieden, das heißt also, daß
die Einkommensteuer im Erträgnis ungefähr 1:20.3
steht. Ich werde Ihnen dann den Beweis bringen, daß ich
nicht vielleicht absichtlich hier eine Fälschung in dem Sinne
vornehmen möchte, daß ich gerade das Jahr 1898 wähle
und das Jahr 1925, bis zu welchem die Ausweise reichen. Deshalb
habe ich dann die Zeit, vom Jahre 1898 angefangen, in Siebenjahrgruppen
eingeteilt und daraus das Verhältnis berechnet, weil mir
die Finanzverwaltung vorwirft, meine Rechnung sei nicht richtig,
weil sich ab 1919 in den Steuererträgnissen nicht der reine
Jahresertrag des betreffenden Steuerjahres zeigt, sondern durch
Einhebung von Steuerrückständen und Vorschreibungen
bis zum Jahre 1914 zurück sich eine Mischung der Erträgnisse
der einzelnen Jahre ergibt. Es ist auch ein Fehler der Finanzverwaltung
gewesen, daß sie nicht schon von vornherein die Erträgnisse
nach Jahren evident gebucht und sie auch nicht nach den leistenden
Berufsgruppen aufgezeichnet hat. Da hätte sie für die
Steuerreform eine Kalkulationsgrundlage geliefert. Und diesem
Mangel ist es zuzuschreiben, daß die Finanzverwaltung heute
bezüglich des Ergebnisses der neuen Reform vollständig
im Finstern herumtappt und infolgedessen auch allen Erwägungen
bezüglich der Steuersätze mit einer kolossalen Angst
vor allfälligem Minderertrag begegnet, eben weil ihr die
Kalkulationsgrundlage fehlt.
Ich habe zu Tabelle II, wenn Sie die vor sich
liegen haben, die Erträgnisse vom Jahre 1914 angefangen eingetragen.
Sie haben vom Jahre 1914 bis zum Jahre 1918 die Kriegsperiode
und vom Jahre 1919 bis zum Jahre 1925 die Nachkriegszeit. Wenn
wir jetzt diese Tabelle mit einander kurz durchgehen, so finden
wir Folgendes: Wir sehen, das Anwachsen der Grundsteuer vom Jahre
1914 von 23.8 Millionen - ich nenne immer nur die runde
Ziffern - bis auf 161 Millionen im Jahre 1921; wir sehen dann
die allmähliche Abnahme des Ertrages auf 107 Millionen, 105
Millionen, bis auf die 76 Millionen des Jahres 1925. Daraus können
Sie folgende Schlüsse ziehen. Die Grundsteuer ist durch die
Einführung der Zuschläge im Erträgnis größer
geworden; dann kam die Bodenreform und von da an sehen Sie einen
Abgang an Grundsteuer von 249 Millionen, also rund einer Viertel
Milliarde, in der Zeit vom 1921 bis 1925. Dieser Betrag kann sich
vielleicht um etwas ändern, weil der Großgrundbesitz
infolge der Enteignung seine rückständige Steuer nicht
zahlt und die Administrative in der Erfassung des Kleinbesitzes,
der aus dem Großgrundbesitz entstanden ist, ihre Aufgaben
noch nicht erfüllen konnte. Das kann aber am angegebenen
Resultat nur weniges ändern. Wenn wir die Gebäudesteuer
betrachten, so sehen wir eine Steigerung von 32 Millionen im Jahre
1914 auf 60 Millionen im Jahre 1925.
Interessant zu beobachten ist für uns
das Ergebnis der Gebäudesteuer von den Jahren 1919 bis 1925.
Die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse haben die natürliche
Folge gehabt, daß man aus sozialen Gründen durch Mieterschutzverordnungen
und -Gesetze das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter
regeln mußte. Andererseits hat man sich bestrebt, die Bauförderung
ins Leben zu rufen und zu forcieren. Sie sehen in den Erträgnissen
der Jahre 1919 bis 1925 eine gewisse Stabilität. Sie sehen,
wie sich die Erträgnisse im Jahre 1922, 1923 durch die Verschärfung
der Mieterschutzgesetzgebung verringern und wie das Nachlassen
des Mieterschutzgesetzes den Ertrag schon in dem Jahre 1924 auf
51 und im Jahre 1925 auf 60 Millionen hinaufbringt. Sie sehen
aber auch aus dieser Stabilität der Erträge die geringe
Bautätigkeit, weil niemand Lust hatte, unter dem Mieterschutzgesetz
zu bauen. Dadurch fehlte natürlich auch jede Bewegung am
Wohnungsmarkt. Man erklärt mir, die neuen Gebäude seien
ja doch von der Hauszinssteuer befreit, die Steuergesetzgebung
sei also nicht schuld am Stocken der Bautätigkeit. Das ist
aber nicht richtig. Wenn auch die neuen Gebäude von der Hauszinssteuer
befreit sind, herrscht doch keine Bewegung am Wohnungsmarkt freiwerdender
alter Wohnungen, denn für solche würde natürlich
ein viel höherer Preis erzielt werden als aus dem Vertragsverhältnis
des geschützten Mieters, mit dem Vermieter. Und diese Bewegung
fehlt uns.
Wenn ich nun zur allgemeinen und besonderen
Erwerbssteuer übergehe, so sehen wir da kolossale Differenzen.
Wir sehen dies bei der allgemeinen Erwerbsteuer, den Anstieg vom
Jahre 1914 von etwa 12 Millionen auf 197 Millionen im Jahre 1925.
Bei der besonderen Erwerbsteuer steigt der Betrag von 31.4
Millionen im Jahre 1914 auf 280.5 Millionen im Jahre
1925. Hier sehen Sie eigentlich das Bild der wirtschaftlichen
Entwicklung, und man kann daraus folgendes entnehmen: Man erhält
oft ein falsches Bild über das Kräfteverhältnis
der Repräsentanten der allgemeinen und der besonderen Erwerbsteuer.
Man überschätzt Großindustrie und Banken und man
unterschätzt Gewerbe, Handel, mittlere und kleine Industrie.
Und das mit Unrecht, weil das wirtschafliche Kräfteverhältnis,
wie die Steuererträgnisse zeigen, ungefähr gleichbleibend
ist. Daraus müssen wir natürlich den Schluß ziehen,
daß man nicht einseitig Großindustrie und Großbanken
unterstützen und einseitig Gewerbe, Handel, mittlere und
kleine Industrie unterdrücken darf, weil sie, wirtschaftlich
ausgedrückt, für die Finanzverwaltung dieselbe Komponente
darstellen, wie die Repräsentanten der besonderen Erwerbssteuer.
Es sind das ungemein interessante Ziffern, an denen man sonst
achtlos vorübergeht, aus denen aber der Wirtschaftler ebenso
wie die Finanzverwaltung Schlüsse für die Behandlung
dieser beiden Gruppen ziehen muß.
Wir gehen aber weiter: Wir sehen bei der allgemeinen
und besonderen Erwerbssteuer das Verhältnis im Anfang erst
umgekehrt, und daß im Jahre 1925 die allgemeine Erwerbssteuer
mit 197 Millionen, der besonderen Erwerbssteuer mit 280 Millionen
gegenübersteht. Das zeigt, daß sich die Krise zum großen
Teil besonders im Handel, Gewerbe, der mittleren und kleinen Industrie
ausgewirkt hat, während durch die Kapitalskraft der sozietären
Gesellschaften (Aktiengesellschaften usw.) die Krise sich an diesen
nicht in solchen Maße ausgewirkt hat. Man entgegnet mir:
"Du vergißt die Fusionen!" Der Einwand ist richtig,
stimmt aber insofern nicht, als gerade jene Unternehmungen, die
fusioniert worden sind, eben infolge ihrer Schwäche diesen
Prozeß vollzogen haben, weshalb deren Steuerertrag hier
nicht in Betracht kommt.
Die Rentensteuer weist eine kleine Zunahme
auf.
Und nun zur Einkommensteuer. Diese Steuer hat im Jahre 1914 33
Millionen ergeben und ist im Jahre 1925 bereits auf 1247 Millionen
Kè angewachsen. Dabei ist nicht zu vergessen, daß
darin noch nicht die aus der Regelung der Einkommensteuerpflicht
bzw. den Vorschreibungen der Angestellten und Arbeitnehmer stammenden
Beträge enthalten sind, weil diese erst im Jahre 1926 ausgewiesen
sein werden. Sie sehen, daß gerade diese Gruppe eine ganz
außerordentliche Erhöhung erfahren hat. Ich mache übrigens
darauf aufmerksam, daß diese meine Tabelle II sich lediglich
auf Böhmen, Mähren und Schlesien bezieht und lediglich
die Erträgnisse ohne Umlagen berechnet. Rechnen Sie jetzt
einmal zur Grundsteuer, Gebäudesteuer und Erwerbsteuer das
hohe Umlagensystem nach den Verhältnissen der einzelnen Orte
hinzu und Sie werden annähernd einen Begriff davon bekommen,
was diese Erträgnisse für die allgemeine Wirtschaft
und für die Sozialpolitik bedeuten, welchen Druck, welche
Belastung sie darstellen. Man wendet mir, wie schon gesagt von
Seiten der Finanzverwaltung ein, meine Rechnung sei nicht richtig,
weil sie nach den einzelnen Jahren rechne. Darauf hin habe ich
mir die Tabelle III angelegt, die sich wieder bloß auf Böhmen,
Mähren und Schlesien, u. zw. ohne Umlagen bezieht.
Damit wir über die Verhältnisse bezüglich
der Slovakei im reinen sind, schicke ich voraus, daß das
Verhältnis zwischen dem Steuerertrag der historischen Länder
einerseits und Slovakei und Karpathorußland andererseits
für 1924 nicht, wie im Motivenbericht an geführt, 1:10
ist. Die Erträgnisse vom Jahre 1919 bis 1925 betragen bei
den historischen Ländern 8576 Millionen, in der Slovakei
und Karpathorußland 939 Millionen und es ist das Verhältnis
auch in dieser Periode 1: 9. Wir haben ja gestern vom Koll. Nitsch
sehr interessante Ausführungen über die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Slovakei und Karpathorußlands gehört,
der ausgeführt hat, wie sich das wirtschaftliche Elend auch
im Steuererträgnis auswirken muß. Dazu kommt dort das
Fehlen der Organisation der Steueradministration, so daß
erst einmal in dieser Hinsicht Wandel geschaffen werden muß,
wenn es nicht dazu schon zu spät ist, wenn bis dahin nicht
schon der größte Teil des Wirtschaftslebens dieser
Gebiete vielleicht schon vernichtet ist.
Wenn wir uns nun die Steuerjahre von 1898 bis
1925 in Perioden von je 7 Jahren einteilen, so finden wir, daß
die Grundsteuer der Periode vom Jahre 1898 bis 1904 zur Periode
von 1919 bis 1925 im Verhältnis steht wie 1:4.05.
Die Gebäudesteuer steht im Verhältnis wie 1:2.30,
die allgemeine Erwerbsteuer 1:12.78, die besondere
Erwerbsteuer 1:9.48. Die Einkommensteuer 1: 48.67.
Wenn mir jemand einwendet, daß das die erste Periode des
Personaleinkommensteuergesetzes vom Jahre 1896 ist, die für
normale Verhältnisse nicht maßgebend sei, so sage ich
ihn: Ich habe hier die zweite Periode von 1905 bis 1911 ausgerechnet
und da steht die Einkommensteuer zur Einkommensteuer der letzten
Periode wie 1: 32.77. Das sind die Erträge aber,
das ist noch lange nicht die Summe der Vorschreibungen. Diese
Umstände müssen Sie auch beachten. Wenn ich nun den
Werdegang der Inflation und Deflation zum Ausdrucke bringe, indem
ich von 1923 bis 1925 den dreifachen Wert der Krone annehme, so
kommt ein ganz anderes Verhältnis heraus, indem dann die
Periode 1919 bis 1925 A im Ertrage von 8732 Millionen auf 18.587
Millionen steigt. Das ist eigentlich das richtige Verhältnis
und Sie sehen, daß nicht nur der Steuerertrag ohne Rücksicht
auf den Währungsgang größer geworden ist, sondern
daß wir diese Ziffern mit Rücksicht darauf auf das
Dreifache erhöhen müssen. Da ergibt sich, wenn wir 1905
bis 1911 und 1919 bis 1925 nehmen, ein Verhältnis bei der
Einkommensteuer von 1:72.7. Ich will gerecht sein und
jetzt den reinen Friedenswert annehmen, indem ich rund durch 6
dividiere und da kommt heraus in der Periode 1905 bis 1911 und
1919 bis 1925: Bei der Grundsteuer 1:0.70, bei der
Gebäudesteuer 1:0.29, allgemeine Erwerbsteuer
1:93, besondere Erwerbsteuer 1:28, Rentensteuer 1:2.13
und bei der Einkommensteuer 1:5.46. Hier bin ich an
dem Punkt, wo niemand daran rütteln kann, das ist der Betrag
ohne Rücksicht auf die Valutaänderungen, das ist der
Betrag auf den Friedenswert umgerechnet, in Friedenskronen, und
da sehen Sie, das Verhältnis, in dem die Einkommensteuer
gestiegen ist: 1:5.46. Und der Schluß, der sich
daraus ergibt? Ich habe in meiner letzten Rede darauf verwiesen,
daß die politische Struktur des Parlamentes der wirtschaftlichen
Struktur nicht entspricht. Sie sehen: die Grundsteuer, die bei
den Agrariern die Rolle der Erwerbsteuer spielt, steht in keinem
Verhältnis zu der besonderen und zur allgemeinen Erwerbsteuer,
wir finden da ein ungeheueres Mißverhältnis. Da sage
ich: Wenn diese Konstruktion der Wirklichkeit nicht entspricht,
dann wird es Sache der reinen Vernunft und des Verstandes sein
müssen, daß diese politische Übermacht auch Rücksicht
nimmt auf die andere Wirtschaftskomponente mit ihren daran beteiligten
Arbeitnehmern und Angestellten, weil sie sonst diese Gruppe dem
wirtschaftlichen Elend preisgeben und durch den Ruin der Wirtschaft
die Verwaltung vor sozialpolitische Probleme gestellt wird, deren
Lösung nie mehr gefunden werden kann. Wenn Sie diesen Umstand
nicht berücksichtigen, dann werden Sie unter allen Umständen
auf den Standpunkt des geschlossenen Handelsstaates kommen
müssen, und dann ist die wirtschaftliche Rolle der Èechoslovakei,
was das Weltwirtschaftliche anlangt, erledigt, abgesehen von der
politischen Nullität in diesem Fall. Es sind reine Vernunftsgründe
und Verstandesgründe, die zu diesen Schlüssen
führen müssen und denen eigentlich ein objektiv denkender
Mensch, mag er welcher Nationalität immer sein, niemals ausweichen
kann. Wenn er guten Willens und fähig ist, dann muß
er in seinen Folgerungen zu diesen meinen Schlüssen kommen,
dann wird es sich gerade die herrschende Macht wohl überlegen
müssen, ob nicht ein anderes System, ein System der Vernunft
und des Verstandes wird eintreten müssen. Ich möchte
Sie mit diesem Ziffernmaterial nicht länger plagen und gehe
in meinen Erörterungen weiter.
Ich habe kurz einen Rückblick bezüglich
der einzelnen Steuergattungen zu machen, und da schicke ich voraus,
daß es selbstverständlich ist, daß das Fehlen
einer Kalkulationsbasis zwischen Finanzverwaltung und den verhandelnden
Regierungsparteien - von der Opposition gar nicht zu sprechen
- die größten Kämpfe auslösen mußte.
Wenn wir die Einkommensteuer ansehen, so ist neben den fiskalischen
Interessen, neben den wirtschaftlichen Rücksichten in erster
Linie, was die große Zahl der Arbeitnehmer und Angestellten
anlangt, das soziale Moment maßgebend. Da habe ich es nie
verstanden, daß die Finanzverwaltung eine so scharfe Trennung
zwischen steuerfreiem Minimum und steuerfreiem Existenzminimum
macht. Da braucht man auch kein Kronjurist zu sein, um sofort
feststellen zu müssen, daß der Begriff des Existenzminimums
unter allen Umständen der weitere Begriff ist, weil er besagt:
Existenzminimum ist die Summe, die der Mensch unbedingt zum Leben
haben muß. Ich habe die Finanzverwaltung gefragt: Welche
Summe ist es, die Deiner Ansicht nach der Mensch unbedingt zum
Leben haben muß? Ich habe keine Antwort darauf bekommen
und finde es natürlich vollständig ungerechtfertigt,
wenn man vom steuerfreien Minimum im Gegensatz zum Existenzminimum
spricht und damit dokumentiert, daß das steuerfreie Minimum
selbstredend unter dem Existenzminimum liegen muß. Darin
liegt in diesem Falle die ungerechte Beurteilung, besonders unter
den gegebenen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen,
weil man sich entschließen müßte, da liberaler
zu sein. Jedenfalls überschätzt man ganz bestimmt das
Erträgnis aus dieser Einkommensquelle. Es ist deshalb für
alle maßgebend gewesen, den Wunsch zum Ausdruck zu bringen,
das steuerfrei Minimum auf das Existenzminimum zu erhöhen.
Durch diese Erhöhung regeln sich von selbst die einzelnen
Beträge unter Beachtung der verschiedenen Verhältnisse,
z. B. Anzahl der Familienmitglieder und andere berücksichtigungswerte
Umstände. Wir haben keine Valorisierung, keine Umwertung,
wenn Sie bedenken, daß wir früher ein Existenzminimum
von 1200, 1600, 4800 und 6000 gehabt haben. Rechnen Sie das auf
den Friedenswert um, und Sie werden auf den Begriff des notwendigen
steuerfreien Minimums von selbst kommen, das eben das Existenzminimum
sein muß.
Man hat die Lohnsteuer in der Form des Abzuges
eingeführt. Ich kann ganz ehrlich sagen: Im Prinzip liegt
darin eigentlich eine Beeinflussung der Sphäre des einzelnen
Steuerpflichtigen. Wenn wir ehrlich sind, liegt darin auch eine
Benachteiligung, insoferne als der steuerpflichtige Arbeitnehmer
und Angestellte eigentlich über den Rahmen der Pflicht hinaus
seine Steuer in voraus bezahlen muß. Das ist eigentlich
eine Bevorschussung, die sonst den normalen Fristen im Gesetz
nicht entspricht. Aber da ruht ein gewisser Bequemlichkeitsstandpunkt
der Finanzverwaltung. Ich habe mir bereits bei der Behandlung
im Budgetausschuß den Witz erlaubt, daß es doch bei
der Summe der vielen administrativen Arbeiten das Allereinfachste
wäre, in jeden Betrieb einem Beamten die Staatsbeamtenmütze
aufzusetzen und ihn zu honorieren. Denn vergessen Sie nicht, daß
gerade unter den gegebenen Verhältnissen die Summe der unproduktiven
Arbeiten, die durch die verschiedenen Verwaltungsmaßnahmen
und Verordnungen, wie immer sie heißen mögen, entstehen,
unendlich groß geworden ist, und rechnen Sie auch mit der
Lage jener, die sich keinen Buchhalter oder eine Hilfskraft halten
können, rechnen Sie mit den kleinen Betrieben. Ihr Inhaber
ist zum Erzeugen, zum wirtschaftlichen Arbeiten hier und Sie überlasten
ihn kolossal mit diesen unproduktiven Arbeiten. Hier wird einmal
Wandel geschaffen werden müssen. Hart ist natürlich
der ganze komplizierte Apparat des Abzuges, der durch die Neuregelung
des Gesetzes noch weiter kompliziert worden ist. Dazu setzen Sie
dann, logischer Weise wiederum, weil es bequem ist, die solidarische
Haftung und die Ordnungsstrafe bis zu einem Betrag von der Kleinigkeit
von 30.000 Kronen.
Nicht verstanden habe ich den Standpunkt der
Finanzverwaltung hinsichtlich des Überwälzungsverbotes.
Den eindringlichen Mahnungen der Opposition hat man soweit nachgegeben,
daß man das Überwälzungsverbot im Sinne des §
141 bis zum Jahre 1932 hinausgeschoben hat. Aber man wird vielleicht
auch in der Zwischenzeit darüber nachdenken müssen,
daß man einverständliche Verhältnisse unbedingt
nicht trüben und so einen Keil zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber treiben darf. Es ist Sache der Administrative, daß
sie in das Stadium des vollständigen Funktionierens kommt,
und damit lösen sich die Unbequemlichkeiten von selbst, die
nur die Wirtschaft behindern.