Pátek 6. kvìtna 1927

Wir glaubten stets, daß es nur um Industrien geht, die in deutschen oder ungarischen Händen waren. Leider müssen wir konstatieren, daß es jener Industrie, die in rein slovakischen Händen ist, auch nicht besser geht und daß auch sie, wenn nicht rasch Hilfe kommt, dem Tode geweiht ist. Dies ist vor allem die altberühmte Lederindustrie in Lipt. Sv. Mikuláš. Im alten Ungarn war die Mikulášer Lederindustrie der Stolz des Landes und Lipt. Sv. Mikuláš war ein derartiges Zentrum im alten Ungarn für die Lederindustrie, wie Manchester in England für die Textilien. 1914 arbeiteten in dieser Branche in Lipt. Sv. Mikuláš 16 Betriebe, seit dem Umsturz haben 8 Betriebe die Arbeit vollkommen eingestellt. Im Jahre 1914 beschäftigten diese 16 Betriebe 1369 Arbeiter mit 4155 Familieangehörigen. Im Jahre 1927 beschäftigten die noch arbeitenden Betriebe 379 Arbeiter mit 1079 Familienangehörigen. Die ganze Industrie war auf 1510 HP eingerichtet. 1914 wurden 8133 Arbeitstage wöchentlich gearbeitet, 1927 sind es nunmehr 1628. Die Kapazität war vor dem Kriege eine wöchentliche Ledererzeugung von 9 Waggons, heute ein Waggon und 36 Zentner. Also nur 15% der Friedenskapazität. Der Vorwurf, daß die Mikulášer Industrie nichts investiert habe und nicht modern sei, entspricht nicht der Wahrheit, denn seit 1922 hat diese Industrie 10 Millionen Kè für Modernisierung ausgegeben. Die Ursachen, daß diese alberühmte Industrie in die heutige traurige Lage kam, sind folgende: Vom Jahre 1919 bis 1920 wurde die Lederausfuhr verboten. Die Mikulášer Industrie verlor durch dieses Verbot ihr Hauptabsatzgebiet, die ungarische Tiefebene. Im Jahre 1922 kam der Übergang von der Inflation zur Deflation. Dieser Übergang hat die Industrie in Mikuláš ganz besonders getroffen, sie hat die Rašín'sche Finanzpolitik und die Härten derselben am eigenen Leibe sehr gespürt. Im Jahre 1925 erhielten die Fabriken Aufträge aus Rußland und konnten sieh mit Rohmaterial eindecken. Doch die Russen haben die Bestellungen storniert und die Ware blieb am Lager. Im Jahre 1926 war schon spürbar, daß die Inlandskaufkraft sehr gesunken war. Unter der Bevölkerung war kein Geld mehr, denn die Vermögensabgabe, die rückständigen Steuern und die andern Lasten hatten alles aufgesogen. Exportmöglichkeiten waren nicht vorhanden, denn die verfehlte Außenpolitik des Herrn Ministers Beneš hat es so weit gebracht, daß selbst ein Lederexport in die verbündeten Staaten der Kleinen Entente unmöglich ist. Ein Lederfabrikant, der geschäftlich in Hamburg war, erzählte unter bitteren Vorwürfen gegen unseren Herrn Außenminister, wie der große Stresemann direkt nach Hamburg gereist ist, um die dortigen Handelskreise aufzusuchen und ihre Wünsche und Beschwerden kennen zu lernen. Unser Herr Außenminister, meinte der Fabrikant, hat noch nicht das Bedürfnis empfunden, sich mit den Vertretern der Industrie darüber auszusprechen, welches ihre Wünsche wären und wie man eine Gesundung herbeiführen könnte, denn ohne Export kann die Lederindustrie nicht leben. Die Mikulášer Lederindustrie ist weit über 100 Jahre alt. Eine junge arbeitswillige Generation, die nicht gewillt ist, einen langsamen wirtschaftlichen Tod dahinzusterben, wandert nach Ungarn aus, wo die natürlichen Absatzgebiete der Slovakei sind. Mit dem Zugrundegehen der Lederindustrie in Mikuláš werden abermals tausende und abertausende Menschen brotlos, der Handel und die Landwirtschaft verlieren die Konsumenten und der Staat die Steuerzahler. An diese Lederindustrie knüpft sich in Mikuláš ein großes Schustergewerbe und ganze Gebiete haben sich hier mit ihren Schuhen versorgt. Dank der Ausbreitung der Firma Baa ist dieses Gewerbe heute auch gänzlich lahmgelegt und diese kleinen Gewerbetreibenden, die einst gut situierte Bürger waren, klagen heute und sind besorgt um ihre Existenz, stecken in Schulden und können kaum das verdienen, was sie zum täglichen Leben benötigen. Alle diese Fälle haben wir in der Ostslovakei schon durchgemacht, wo mit dem Zusammenbruch der Monarchie mit dem Abbau des Eisenwerkes in Krompach auch die ganze Eisenindustrie im Gölnictale zugrunde gegangen ist.

Es ist daher eine wichtige Aufgabe des Staates, der argbedrängten Industrie in der Slovakei, falls er seine Steuersubjekte erhalten will, ohne Zögern zu Hilfe zu eilen. Diese Hilfe muß in erster Reihe handelspolitisch sein, durch Abschließung günstiger Handelsverträge muß für Absatzgebiete gesorgt werden und das Außenmtnisterium hat dafür zu sorgen, daß die Industrie die nötigen Absatzgebiete erhält. In finanzpolitischer Beziehung sollte der Industrie durch langfristige Darlehen geholfen werden. Deutschland und Ungarn gewähren ihrer Industrie langjährige billige Kredite. Die Steuerrückstände der Vermögensabgabe und der Einkommensteuer sollten abgeschrieben werden; die Umsatzsteuer müßte reduziert werden oder ganz wegbleiben. Deutschland hat die Umsatzsteuer von 4% auf ein halbes Prozent reduziert. Dr Hodáè, der Generalsekretär des Verbandes der Industrie, sagt in seinem Berichte: Die Industrie der Èechoslovakischen Republik zahlt dreimal so viel Steuern als die Industrie Deutschlands. Zur Hebung des Exportes sollten Exportprämien eingeführt werden. Eine Verminderung der sozialen Lasten müßte unbedingt durchgesetzt werden, wenn wir unsere Industrie konkurrenzfähig machen wollen. Bezüglich der Post- und Telegraphengebühren ist die Èechoslovakische Republik der teuerste Staat. Die Industrie der Slovakei sollte ebenfalls einen Anteil an den Staatslieferungen erhalten.

Ein besonderes Kapitel ist die Frage der Eisenbahntarife, welche in ihrer jetzigen Form und Höhe unser ganzes Wirtschaftsleben einschränken, wo auf 10 km Staatsbahn 8 km Privatbahn fallen, wo das Eisenbahnnetz der jetzigen Staatsform durchaus noch nicht angepaßt ist. Der Ausbau der Verbindungsbahnen ist eine der wichtigsten Forderungen der Slovakei, vor allem der Ausbau der Verbindungsbahn Margetcany Rotenstein welche die Mittelslovakei mit der Ostslovakei verbindet; ferner der Ausbau der Eisenbahnlinie Handlova-Stubna, welche Bahn das Kohlenbecken Handlova der Ostslovakei näher bringen wird. Der Unterschied zwischen den Frachtsätzen der Staatsbahnen und der Privatbahnen muß unter allen Umständen ausgeglichen werden, wenn auch dieser Unterschied dem Staate 60 Millionen Kè trägt. Aber dieser Ertrag geht zu Lasten der Slovakei. Sämtliche Ausnahmstarife sind aufzuheben und in das Schema der normalen Tarifklassen aufzunehmen. Unsere Bahnen zahlen heute die größte Verkehrssteuer in ganz Europa, nämlich 15% beim Lastenverkehr und 30% Steuer bei der Personenbeförderung.

Durch den Abbau der Industrie in der Slovakei wurde auch der Landwirtschaft riesiger Schaden verursacht. Die intensive Landwirtschaft der Slovakei ist teilweise durch die Bodenreform vernichtet und teilweise zur extensiven Landwirtschaft übergegangen. Um die Erwerbsmöglichkeiten in der Ostslovakei zu fördern, müßte in erster Reihe daran gegangen werden, den Fremdenverkehr intensiv zu unterstützen. Die ganze Slovakei mit ihren herrlichen Quellen und Bädern ist für den Fremdenverkehr wie geschaffen. Und ebenso wie in der Schweiz und in Deutschösterreich tausende und abertausende Menschen vom Fremdenverkehr leben, könnte es auch in der Slovakei sein. Die Fremden bringen Geld ins Land und im Jahre 1925 hat der Fremdenverkehr der Èechoslovakei 530 Millionen eingetragen. Deshalb sollte der Fremdenverkehr intensiver gefördert und die Kurorte aufs höchste unterstützt werden. Ist ja doch der Staat selbst der größte Kur- und Badeortebesitzer. Dabei sehen wir aber insbesondere in den staatlichen Kurorten der Hohen Tatra eine Stagnation. An neue Investitionen wird dort gar nicht gedacht und trotzdem die Privatkurorte in der Hohen Tatra ganzjährigen Betrieb haben, sind die staatlichen Kurorte in den Sommermonaten kaum 6 Wochen geöffnet. In den Wintermonaten ist sozusagen kein Verkehr in den staatlichen Kurorten der Tatra. Man muß eben den Fremden, die zur Erholung einen Kurort aufsuchen, den Aufenthalt angenehm zu gestalten wissen. Dies fehlt aber in den staatlichen Kurorten. Trotzdem mehr als die Hälfte der Gäste in der Tatra-Lomnitz Deutsche und Ungarn sind, finden wir dort nur èechische und französische Aufschriften. Es wäre für den Staat wie für den Fremdenverkehr von größten Nutzen, wenn die staatlichen Tatrakurorte an kapitalskräftige Gesellschaften oder Private vermietet würden, die zugleich verpflichtet würden, neue Investitionen zu machen und einen ganzjährigen Betrieb einzuführen, wodurch sich für die heimische Bevölkerung neue Erwerbsmöglichkeiten erschließen würden. Das Eisenbahnministerium kommt zwar dem Fremdenverkehr in lobenswerter Weise entgegen, doch wäre noch manches zu tun. Von großer Wichtigkeit wäre es, direkte Züge Budapest-Poprad einzustellen, die das ganze Jahr verkehren, wodurch die Fremden aus Ungarn und den Balkanstaaten die Tatra bequem erreichen könnten. Eine zweite sehr wichtige Verbindung wäre Berlin-Breslau-Hohe Tatra-Poprad, da ja die Reichsdeutschen stets große Tatra-Freunde waren und der Stand ihrer Valuta es ihnen ermöglicht, unsere Tatrabäder zu besuchen.

Würde der Staat auf dem Gebiete der Volkswirtschaft wirklich planmäßig und zielbewust vorgehen, der Bevölkerung Erwerbsmöglichkeit schaffen, Industrie, Landwirtschaft und Gewerbe heben, dann würde gerne jeder Steuern zahlen. Aber bei der derzeitigen wirtschaftlichen Verelendung werden auch die strengen Paragraphen nicht helfen, weil einfach das Geld zum Steuerzahlen fehlt.

Für die slovakischen Politiker aber mögen diese heute hier angeführten traurigen Tatsachen ein Memento sein. Nicht das ist das Wichtige, ob die Krankenkassa ihren Sitz in Mikuláš oder Rosenberg hat, sondern das wichtigste Problem ist, die wirtschaftliche Verelendung der Slovakei zu beseitigen und wenn hier nicht bald geholfen wird, dann wird eben das Volk selbst bei der nächsten Gelegenheit sein Urteil über seine Führer fällen. Wie sehr die wirtschaftlichen Fragen im Vordergrund stehen, beweist ja die Weltwirtschaftskonferenz in Genf. Aber eine andere Frage ist, ob Genf die Fehler von Versailles wird gutmachen können. (Potlesk.)

7. Øeè posl. Bobka (viz str. 1251 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich habe bereits in der Generaldebatte des Budgetausschusses darauf hingewiesen, daß die in Verhandlung stehen den Vorlagen die erste größere und wichtige gesetzgeberische Arbeit darstellen, für die auch die deutschen Regierungsparteien die volle Verantwortung zu übernehmen haben, und erklärte damals, daß es uns wohl äußerst schwer fallen, ja vielleicht unmöglich gemacht würde, diese Verantwortung zu übernehmen, wenn nicht die äußersten Härten aus der Regierungsvorlage beseitigt würden. Ich glaube wohl nicht erst die Versicherung geben zu müssen, daß ich angesichts dieser Erklärung nicht vor Sie hintreten würde, um für das Gesetz einzustehen, wenn ich nicht die volle Überzeugung hätte, daß es gerade den deutschen Regierungsparteien gelungen ist, in der monatelangen Zusammenarbeit mit den übrigen Mehrheitsparteien in allen Teilen dieser Vorlage eine große Reihe namhafter Abänderungen durchzusetzen, die, obwohl sie nicht alle Wünsche befriedigen können, und das wird wohl nie der Fall sein, doch als eine ganz wesentliche Verbesserung des Gesetzes anzusehen sind. Allerdings muß ich hier feststellen, daß hiebei das Entgegenkommen der Finanzverwaltung und die Einsicht der übrigen Koalitionsparteien einen nicht geringen Anteil haben. Es wird wohl zugegeben werden müssen, daß es sich bei der vorliegenden Vorlage, wie der Berichterstatter Dr. Hnídek erklärte um eine der dringendsten und unaufschiebbarsten Staatsnotwendigkeiten handelte, die ihre baldigste und rascheste Erledigung forderte. Und trotzdem wird niemand ernstlich behaupten können, daß man einer sachlichen und gründlichen Beratung ausgewichen wäre. In ausdauernder, ruhiger und gewissenhafter Beratung wurde das Werk, allerdings erst im Rahmen der Regierungsmehrheit beraten, wobei als Grundlage für die Beratungen die Eingaben und Forderungen aller wirtschaftlichen Korporationen und Organisationen ohne Unterschied der Partei und Nation dienten. Hunderte von Anträgen und Anregungen wurden eingehend überprüft, zum Teil auch berücksichtigt, fast zu allem nahm der Herr Finanzminister oder einer der Herren Finanzreferenten Stellung. Aber auch dem Budgetausschuß wurde Gelegenheit gegeben, ohne besondere Überhastung an die Arbeit zu gehen und es muß konstatiert werden, daß dies auch von Seiten der Opposition in reichem Maße und in durchaus sachlicher Weise ausgenützt wurde.

Jetzt stehen wir vor der Vollendung dieses Werkes und es war höchste Zeit, daß es geschaffen wurde. Der Rechtszustand auf dem Gebiete des Steuerwesens, namentlich der direkten Steuern war unerträglich geworden, denn mehr als 70 Gesetze und Verordnungen waren es, nach denen sich die Steuerbehörde und die Steuerträger zu richten hatten. Kein Wunder, wenn sich weder die Beamten noch die Steuerzahler auskannten, kein Wunder, wenn schließlich weder die Behörde noch die Steuerträger wußten, was zu zahlen war. Es mußte deshalb zu einer Reform dieses Steuerunwesens geschritten werden, die denn auch schließlich über einmütige Forderung der ganzen Bevölkerung ohne Unterschied der politischen Überzeugung und ohne Unterschied der einzelnen Stände und Klassen erfolgte. Die Kritik, die hier geübt wird, gilt des halb weniger der Reform, die allgemein als eine Notwendigkeit angesehen wird, als der Art ihrer Durchführung. Die Lasten, die allen Produktionsschichten durch einen geradezu unerhörten Steuerdruck aufgehalst wurden, waren nicht mehr zu ertragen. Dem siebenfachen Einkommen gegenüber der Vorkriegszeit stand mindestens das Zehnfache allein an direkten Steuern gegenüber, eine Tatsache, die schließlich zur Konkurrenzunfähigkeit unserer Produktion, zu niederer Lebenshaltung und zur Steigerung der Arbeitslosigkeit führen mußte. Damit soll durchaus nicht behauptet werden, daß der Niedergang unserer Volkswirtschaft und die andauernde Wirtschaftskrise allein auf den Steuerdruck zurückzuführen war. Ich gebe da jenen recht, die behaupten, daß die besondere Wirtschaftskrise dieses Staates, die sich von der Weltwirtschaftskrise sehr wohl unterscheidet, zum großen Teile durch die Staatsverwaltung selbst verursacht wurde, nachdem bei den meisten Maßnahmen, die der Hebung der Wirtschaft dienen sollten, nicht immer nur Gründe wirtschaftlicher Natur, sondern sehr oft auch solche rein nationaler die wichtigste Rolle spielten, wobei gerade diese der Wirtschaft dieses jungen Staates am meisten abträglich waren. Man hatte es eben ganz übersehen, daß die Èechoslovakei mehr als 70% der Industrie des alten Österreichs übernommen hatte, ohne sich um das Absatzgebiet dieses Großstaates zu bekümmern, ja noch mehr, statt sich diese Absatzgebiete zu sichern, machte man sich den größten Teil derselben zum Feinde. Ursache dieser ganz verkehrten Wirtscschafts- und Handelspolitik schien wohl auch ein wenig der Umstand zu sein, daß der Großteil der so übernommenen Industrie in deutschen Händen lag, an deren Fortbestand, geschweige denn an deren gedeihlichen Entwicklung man nicht das geringste Interesse zeige. Ich unterstreiche da die Worte des Kollegen Dr. Rosche, daß das èechoslovakische Wirtschaftsgebiet bei vernünftiger Führung, die frei von nationaler Gehässigkeit die wirtschaftlichen Probleme zu lösen versucht hätte, das konsolidierteste Gebilde Mitteleuropas sein könnte. Wirtschaftspolitik zu treiben muß deshalb unsere erste Hauptaufgabe sein, eine Wirtschaftspolitik, die die materielle Existenz aller Bevölkerungszweige zu sichern imstande ist und die dann auch zum wirtschaftlichen Gedeihen des Staates beiträgt, wovon schließlich alles wirtschaftliche Leben abhängig ist. Ich gebe deshalb der Hoffnung Raum, daß man nunmehr zur Einsicht gekommen ist, und daß endlich unsere ganze Wirtschaftspolitik auch auf anderen Grundlagen aufgebaut wird. Es war deshalb höchste Zeit, daß zunächst eines der Haupthindernisse beseitigt wurde, das unserer Produktion im Wege stand und das die Lasten, die diese niederdrückten, erleichtern soll. Es sind dies neben dem Gesetz über die direkten Steuern das Gesetz über die Regelung der Finanzwirtschaft der autonomen Verbände und das Gesetz über die Stabilisierungsbilanzen.

Die Stabilisierungsbilanzen sind eine Ergänzung zur Steuerreform. Sie sollen es vor allem ermöglichen, ein wirkliches Bild des Vermögensstandes zu bieten, so daß dann die Betriebsbilanzen wieder ihren wirtschaftlichen Wert gewinnen. Heute richtet sich der ständige Wert nach der Krone und deshalb soll dieses Gesetz die richtige Einschätzung jener Werte ermöglichen, die als Investitionskapital der Erwerbssteuer unterliegen, ebenso aber auch eine richtige Berechnung ihres Ertrages und angemessene Abschreibungen gestatten. Dieses Gesetz ist nicht obligatorisch, sondern fakultativ. Jeder Betrieb, der an den Steuererleichterungen teilnehmen will, kann im Laufe von 5 Jahren ab 1927 eine Ausgangsbilanz aufstellen, welche als Grundlage zur Stabilisierungsbilanz dient. Im Budgetausschusse wurde die Wirksamkeit dieses Gesetz auch auf landwirtschaftliche Betriebe aufgebaut, so bald diese ordentliche Bücher führen und ordnungsgemäße Betriebsabschlüsse ausweisen. Da diesem Gesetz von keiner Seite ernstliche Schwierigkeiten bereitet wurden, habe auch ich keine Ursache, mich näher damit zu beschäftigen und es mag genügen, wenn ich es als einen Fortschritt auf dem Gebiete unserer wirtschaftlichen Gesetzgebung begrüße

Heiß umstritten ist dagegen das Gesetz über die Regelung der Finanzwirtschaft der autonomen Verwaltungskörper. Ich gebe zu, daß man bezüglich dieses Gesetzes von verschiedener, ja sagen wir von ganz entgegengesetzter Meinung sein kann, ich meine aber, daß man dieses Gesetz auch von zwei Seiten beurteilen muß. Es ist ein großer Unterschied, ob ich dieses Gesetz vom Standpunkte der Gemeinde aus betrachte, die darin eine Vergewaltigung aller Autonomie und aller ihrer Gemeinderechte sieht, oder vom Standpunkte des seufzenden Steuerzahlers, der in der vollen Umlagefreiheit eine ebensolche Ausschöpfung seiner ohnedies leeren Taschen erblickt. Denn Tatsache ist es, daß die Zuschläge ein Vielfaches der staatlichen Steuern betragen und soll die Steuerreform ihr Hauptziel, eine Herabsetzung der öffentlichen Lasten erreichen, dann bleibt eben nichts anderes übrig, als auch die Zuschlagshöhe der Selbstverwaltungskörper zu regeln. Dies bedeutet meiner Meinung nach nicht so sehr eine Einschränkung der Autonomie, als nur eine Einschränkung der Machtvollkommenheiten jener, die ohne Rücksicht auf den Steuerzahler glaubten, mit den Gemeindefinanzen umgehen zu können, wie sie wollen. Es mag richtig sein, daß viele Gemeinden nicht die alleinige Schuld an der Höhe ihrer Zuschläge tragen und daß andere Umstände, die Kriegsanleihe, schlechte unzureichende Zuweisung der Umlagen durch die Finanzbehörde, dazu beigetragen haben; ebenso richtig aber ist es, daß viele Gemeindevertreter in der Nachkriegszeit einfach darauf losgewirtschaftet haben, ohne Rücksicht auf die Steuerzahler und dies meistens aus dem Grunde, weil die Mehrheit ihrer Wähler eben keine Steuerzahler waren. Aus diesem Grunde habe ich gar keine Ursache, mit diesem Gesetze der Öffentlichkeit aus dem Wege zu gehen, dies umsomehr, als ich überzeugt bin, daß gerade die Beschränkung der Umlagenhöhe sich im besserem Sinne zugunsten unserer Volkswirtschaft auswirken wird, ohne daß dabei auch nur eine einzige Gemeinde finanziell zugrunde gehen muß.

Was nun das Gesetz über die direkten Steuern anbelangt, so habe ich eingangs meiner Ausführungen behauptet, daß es uns gelungen ist, wesentliche Verbesserungen an der ursprünglichen Vorlage vorzunehmen. Daß tatsächlich gewaltige Veränderungen an der Vorlage erfolgt sind, wird allgemein bestätigt und es wird gesagt, daß keine Vorlage so verändert ins Haus zurückgekehrt ist, wie diese Vorlage. Allerdings wird behauptet, daß die Vorlage durch die Veränderungen nur verschlechtert wurde und daß die meisten Änderungen, so erklärt man wenigstens sozialistischerseits, nur im Interesse der kapitalistischen Schichten erfolgt seien. Dem gegenüber stelle ich fest, daß auf der anderen Seite wieder die Vertreter der sogenannten kapitalistischen Schichten die Gegenbehauptung aufstellen, daß für sie sowohl in der Vorlage als auch durch ihre Änderungen so gut wie nichts geschehen ist.

Wenn ich mir nun die Meinungen dieser zwei Gruppen gegenüberhalte, dabei mich der Debatten erinnere, die über die Abänderungen geführt wurden, so komme ich zu dem Schlusse, daß beide ein wenig unrecht haben und daß die Wahrheit wohl am besten in der Mitte zu suchen ist. Wir haben getan, was wir tun konnten, und beide Gruppen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Verhältnisse so zu berücksichtigen, damit nicht eine der Gruppen durch die andere geschädigt wird; und wenn auch hier eine volle Befriedigung nicht erzielt werden konnte, so deshalb, weil ja auch dieses Gesetz den Stempel des Kompromisses trägt, das die Gegensätze der einzelnen Berufs- und Produktionsschichten zu überbrücken hatte.

Eine der wichtigsten Änderungen gegenüber dem jetzigen Zustande ist die, daß das Steuerjahr mit dem Wirtschaftsjahr zusammenfallen wird; dadurch wird auch die Finanzverwaltung Zeit gewinnen, die alten Steuerrückstände, die 4 Milliarden betragen dürften, aufarbeiten zu können. Daß dies in einer Weise geschieht, daß damit nicht die einzelnen Steuerträger umgebracht werden, muß vorläufig der Finanzverwaltung überlassen werden, die ja schließlich ein Interesse daran haben muß, daß die Steuerzahler von der neuen Steuerreform in möglichst solventem Zustande übernommen werden können. Das Steuerjahr 1927 ist einbekenntnisfrei, da für das Jahr 1926 keine Steuern bemessen werden. Die Steuern müssen also in diesem Falle nach den Ergebnissen des Jahres 1925 bezahlt werden, während die endgültige Regelung über die Steuerhöhe durch das Einbekenntnis im Jahre 1928 für das Jahr 1927 erfolgen wird.

Eine weitere, sehr wichtige Neuerung wird dadurch erfolgen, daß der Steuerträger für jede Steuer ein separates Steuerkonto erhalten wird, das dem Steuerträger eine genaue Übersicht über die Vorschreibung der einzelnen Steuern und über seine geleisteten Zahlungen gestattet.

Was nun die einzelnen Steuergattungen anbelangt, so glaube ich, mich kurz fassen zu können, da ja darüber das Gesetz selbst einen ziemlich einwandfreien und übersichtlichen Aufschluß gibt und die Presse über die wichtigsten Änderungen das Publikum zeitgerecht unterrichtet hat.

Bezüglich der Einkommensteuer ist in der Hauptsache hervorzuheben, daß hier eine einwandfreie festzustellende Erniedrigung von 40% vorgenommen wurde, was eine bedeutende Entlastung für sämtliche Steuerzahler beinhaltet. Ebenso wurde eine Erhöhung des Existenzminimums von 6000 auf 7000 Kè vorgenommen, das sich bei kinderreichen Familien bis auf 11.000 erhöhen kann. Ganz besonders hervorzuheben, und ich erkläre das im Gegensatze zu einer ganzen Reihe der Oppositionsredner, als einen weiteren Vorteil für die Arbeitnehmer und Angestellten, ist die Einführung des Lohnabzuges für die Arbeiter und Angestellten, die es diesen ermöglicht, die Steuer in Wochen oder Monatsraten abzustoßen. Als Vorteil erkläre ich dies deshalb, weil der § 30, der die Sätze für die Lohnabzüge enthält, eine weitere bedeutende Ermäßigung nicht nur gegenüber dem bisherigen Einkommensatze, sondern auch gegenüber den übrigen Steuerträgern, die die Steuer nach dem § 18 bezahlen müssen, ergibt. Ich erlaube mir, dies an der Hand einiger vergleichender Gegenüberstellungen festzustellen u. zw. werde ich mich mit einigen Stichproben auf die Lohnabzüge von Wochenlöhnen beschränken.

Der Abzug beginnt mit einem Wochenlohn von 193 Kè, das bedeutet ein Bruttojahreseinkommen von 10.036 Kronen, was nach dem alten Gesetz, wenn man alle gestatteten Abzüge insgesamt mit 30% angenommen abrechnet, ein Nettoeinkommen von 7030 Kronen darstellt. Für diese 7030 Kronen hätte er ohne Lohnabzug folgende Zahlung zu leisten: nach dem bisherigen Gesetze 116 Kronen einschließlich Kriegssteuer, sonst 90 Kronen, nach § 18 des neuen Gesetzes 80 Kronen und nach § 30 des neuen Gesetzes 25 Heller wöchentlich, das sind jährlich 13 Kronen, also 103 bezw. 80 Kronen weniger. Bei einem Wochenlohn von 230 Kè, d. i. jährlich 11.960 Kè, bezw. 8372 Kè, nach dem alten Gesetz 144, nach § 18, 111, und nach § 30 wöchentlich eine Krone, d. i. 52 Kè; bei Kè 280 d. i. 14.560 bezw. 10.192 Kè nach dem alten Gesetz 252 Kè, nach § 18, 165 Kè, nach § 30 wöchentlich 2.50 Kè, das ist also jährlich 104 Kronen. Die Lohnsteuer gilt bis zu einem Wochenlohn von 453, bezw. einem Monatsgehalt von 1963 Kè.

Schon diese wenigen Beispiele müssen genügen, um die Vorteile des Lohnabzuges gegenüber dem Einbekenntnis und der Zahlung nach § 18 sicherzustellen. Es wäre aber ein Unrecht, wenn in Fällen des Lohn- und Gehaltsabzuges nicht auf mehrbelastete Haushalte Rücksicht genommen würde. Die Frage regelt der § 31, demzufolge sich die Wochenlohngrenze bei einem Familienstande von 3 Personen auf 222 Kronen, bei 4 Personen auf 246 Kronen, bei 5 Personen auf 289 Kronen erhöht und zur Gänze entfällt bei einem Familienstand von 6 Personen. Dasselbe gilt bei entsprechender Hinaufsetzung all dieser Beträge bei 10-, 14-, 28tätiger oder monatlicher Auszahlung. Alle übrigen Steuerzahler haben die Steuer nach § 18 zu entrichten. Diese Steuer wird nach § 20 ermäßigt bis zu einem Gesamteinkommen von 26.000 Kronen um ein Zehntel für den zweiten und um je zwei Zehntel für jeden weiteren Familienangehörigen, bei einem Einkommen von 26.000 bis 52.000 um je ein Zehntel für den zweiten und jeden weiteren Familienangehörigen.

Wenn wir also in voller Objektivität die Lage der Arbeiter und kleineren Angestelltenschaft gegenüber dem jetzigen Stande betrachten, so muß zugegeben werden, daß sie sich gegenüber dem bisherigen Einkommensteuergesetze bedeutend verbessert hat und es ist zumindest stark übertrieben, wenn von einer Verschlechterung die Rede ist. Ich gebe zu, daß eine weitere Hinaufsetzung des Existenzminimums wünschenswert gewesen wäre, es muß aber hier festgestellt werden, daß auch die Finanzverwaltung mit einer gewissen Einnahmenhöhe rechnen muß und daß der Entfall auf der einen Seite zur Folge hat, daß er auf die andere Seite abgewälzt werden muß, ferner, daß sich diese andere Seite genau so zur Wehr setzt, wie die erste. Zumindest stark übertrieben ist es auch, wenn behauptet wird, daß sich durch die Lohnabzugssteuer die Zahl der Arbeitersteuerzensiten erhöhen wird. Dem kann unmöglich so sein, da ich eine ganze Menge neuer Lohnverträge kenne, aus denen hervorgeht, daß der überaus größte Teil der Arbeiter, wenigstens Nord- und Ostböhmens die Lohnhöhe von 193 Kè nicht erreicht und deshalb aus der Steuer herausfällt.


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