Pátek 6. kvìtna 1927

Im Zusammenhang damit möchte ich besonders auf die letzten Ereignisse in der Glasindustrie zu sprechen kommen. Etwas Besonderes und viel Besprochenes in der Zeit der Konjunkturperiode waren die Löhne und Verdienste der Glasarbeiter. Besonders in den Hirnen der Spießbürger, nicht zuletzt in den Amtsräumen der Steuerämter spukte die Idee herum, daß die Glasschleifer in der Zeit der Konjunkturperiode einen zwischen 500 bis 1000 Kè sich bewegenden Verdienst zu verzeichnen hatten. Mit einer gewissen Gier warteten die Steuerämter schon darauf, um Gelegenheit zu bekommen, diese hohen Verdienste der Glasschleifer einer entsprechenden Besteuerung unterwerfen zu können. Dazu gestatte ich mir nun die Beantwortung der Frage, wie weit diese angeblichen Löhne den Tatsachen entsprochen haben. Bis zum Jahre 1920, u. zw. zum Feber 1920 erzielten die Glasschleifer des Isergebirges einen durchschnittlichen Wochenverdienst von 50 bis 120 Kè, also auch schon in einer Zeit, wo man von einer ausgesprochenen Konjunkturperiode sprach. In dem Zeitpunkte der erhöhten Teuerungszuschläge für die Glasarbeiter betrug im Jahre 1920 der Verdienst der Glasschleifer bei ungefähr durchschnittlicher Verdienstberechnung wöchentlich 278 Kè für die Flaconschleifer und 289 Kè für die Kristallschleifer. Das waren in Wirklichkeit jene ungeheueren Verdienste, über die man soviel herumgeschrieen hatte und auf die man mit soviel Gier wartete, um sie besteuern zu können. Es ist sicher, daß man diese "ungeheueren" Verdienste der Glasschleifer von der Tatsache ableitete, daß die Unternehmer schon während der Kriegszeit im Allgemeinen ungeheuere Verdienste hatten und später in den Jahren 1918, 1919 und 1920 reich geworden sind, ohne zu wissen wie. Daraus schloß man nun auf die Löhne der Arbeiter, die mit den von mir angeführten Löhnen das Auskommenfinden mußten. Wie lange hat für die Glasschleifer im besonderen diese so viel besprochene Konjunktur angehalten? Nicht länger als ungefähr ein Jahr hatten die Arbeiter Gelegenheit mit einem Durchschnittsverdienst, wie ich es erwähnt habe, ihr Dasein zu fristen. Bereits im Jahre 1921 mußten die Flaconarbeiter ihre Arbeitszeit auf 4 Tage wöchentlich einschränken, so daß sich auch ihr Verdienst entsprechend verringerte. (Posl. Wünsch: Davon haben aber die Bürgerlichen nicht gesprochen!) Nein, davon haben sie sicherlich nicht gesprochen. Ganz besonders aber verschärfte sich die Krise für die Glas arbeiter im Jahre 1922. Seit September 1922 liegen die Dinge so, daß in den beiden Branchen, der Kristallerie und der Flaconbranche, fast überhaupt keine Arbeitsmöglichkeit vorhanden ist. Die Leute leiden unter einer vollkommenen Arbeitslosigkeit und mußten mit der spärlichen Arbeitslosenunterstützung ihr Auskommen finden. (Výkøiky na levici.) Von damals bis heute hat sich diese Krise in der Glasindustrie fürchterlich ausgewirkt. Ganz besonders stieg die Not im Jahre 1925 durch die Einführung der deutschen Zölle auf die Erzeugnisse der Glasindustrie des Iser-Gebirges, welche Maßnahme nichts anderes war, als eine Gegenmaßregel gegen die ungeheuer hohen Zölle, welche der èechoslovakische Staat auf die aus Deutschland eingeführten Chemikalien legte. Es entstand eine Situation, durch die den Arbeitern jede Lebensmöglichkeit geraubt war.

Ich will nur einige Momente hervorheben, die in der verschärften Krise zutage traten. Es ist nur naheliegend, daß die Unternehmer in der Zeit der Krise dazu übergingen, eine ungeheuere Schmutzkonkurrenz zu entfalten, um nur irgendwelche Aufträge, ganz gleichgültig zu welchen Preisen, erhalten zu können. Aber diese ungeheuere Konkurrenz der Unternehmer mußte sich auf dem Rücken der Arbeiter auswirken, indem ein ständiges Sinken der Löhne eintrat. Es genügte nicht der auf dem Wege des Vertragsverhältnisses herbeigeführte Lohnabbau, sondern es wurden auch die so herabgedrückten Löhne weiter bis auf das tiefste Niveau herabgesetzt. Dazu kommt das Fehlen jeglichen Verständnisses der Regierung dieses Staates, ganz gleichgültig, welchen Namen sie trug, für eine vernünftige Wirtschaftspolitik sowie das Fehlen entsprechender Handelsverträge mit den für diese Erzeugnisse in Frage kommenden Absatzgebieten. Hiezu tritt andererseits die außerordentliche Ausbreitung der Produktion der Schmirgelware. Die Exporteure benützten die Krise dazu, die Rohprodukte als Fertigware auf den Markt zu bringen, um sich um jeden Preis Geschäfte und Profit zu sichern. Die Regierung blieb allen diesen Dingen gegenüber gleichgültig. Sie hatte nicht das geringste Interesse und legte nicht die geringste Bemühung an den Tag, hier einigermaßen helfend einzugreifen. (Posl. Wünsch: Es hat sich ja nur um Glasarbeiter gehandelt!) Ja, das ist richtig, es waren nur Glasarbeiter, was liegt denn in diesem Staate daran, wenn 1000 oder 2000 Glasarbeiter zugrundegehen! Das alles erzeugte eine unerträgliche Situation, die zu besonderen Auswirkungen führen mußte. Ich verweise hiebei noch auf die vielen Vorsprachen, die seitens der Gewerkschaften der verschiedenen Parteien und seitens der Gemeinden bei den Regierungsstellen stattgefunden haben, wo man immer mit Versprechungen getröstet wurde. Aber bis auf den heutigen Tag ist auch nicht ein Versprechen seitens der Regierungsstellen eingehalten worden. Erschwerend kam hinzu, daß durch das famose Genter System die Glasarbeiter zum größten Teil ausgesteuert und so der größten Not preisgegeben waren. Es ist kein Wunder, wenn die Arbeiter, die keine Möglichkeit sahen, aus dieser Situation herauszukommen, zu einem Mittel gegriffen haben, um durch eine öffentliche gewaltige Kundgebung ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Es ist mehr als verständlich, daß am 21. März d. J. die Glasarbeiter zu Tausenden und Abertausenden aufmarschierten, nicht um irgendwelche Ungeheuerlichkeiten zu begehen, sondern einzig und allein, um die Regierung im letzten Augenblick noch einmal auf den Ernst der Situation aufmerksam zu machen, gleichsam einen Mahnruf an die Regierung zu richten, endlich helfend einzugreifen. (Výkøiky na levici.) Es war das eine Hoffnung, der sich die Glasarbeiter hingaben, die aber bis heute eine leere Hoffnung geblieben ist. Ich erinnere mich an die Reden, die bei dieser Demonstration von den verschiedenen Vertretern der Gewerkschaften gehalten wurden und ich weiß mich noch sehr gut daran zu erinnern, daß es nicht zuletzt auch die Reformisten waren, die erklärten, es werde dies die letzte ruhige Demonstration der Glasarbeiter sein; wenn die Regierung nicht unverzüglich ein greife, würden die Arbeiter zur Selbsthilfe greifen. Aber nichts ist geschehen, die Regierung ist weiter in ihrer Gleichgültigkeit geblieben und so kam es am 28. März zu jener Demonstration, die so viel in der bürgerlichen Presse besprochen wurde. Es war eine spontane Kundgebung, wo eine Reihe jener Erzeugnisse, in denen die Arbeiter eine Hauptursache ihrer Not und ihres Elends erblickten, zertrümmert wurde. Aber die Schuld daran liegt nicht an den Arbeitern, die Schuld an den Ereignissen liegt bei allen jenen, die diese Situation heraufbeschworen haben. Die Schuld liegt bei der Regierung, die jahrelang gleichgültig dieser Not der Glasarbeiter zugesehen hat. Das Ergebnis dieser Demonstration von 28. März war der Ausnahmszustand und die in diesem Ausnahmszustand herbeigeführten Beratungen mit den Vertretern der Regierung.

Ich kann es mir nicht verwehren, hier einige ganz besondere Begebenheiten aus der Zeit des Ausnahmszustandes festzuhalten. Vor allem kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, daß dieser Ausnahmszustand nichts anderes bezweckte, als der Regierung die Möglichkeit zu geben, sich mit ihrer Ratlosigkeit hinter diesem Ausnahmszustand verstecken zu können. (Sehr richtig!) Denn was ist bis heute geschehen? Man hat mitten in der Nacht eine Reihe, unserer besten Vertrauensmänner aus den Betten herausgeholt. Man hat sogar eine hochschwangere Frau in einer derartigen Weise behandelt, daß sie zum Sturz über eine hohe Steinstiege kam. Eine 17jährige Arbeiterin, die überhaupt nicht an der Demonstration beteiligt war, wurde um 1/23 Uhr früh von ungefähr 8 bis 10 Gendarmen aus der Wohnung geholt und ins Gefängnis gebracht, obwohl sie den ganzen Tag über, während die Demonstrationen stattfanden, bei der Arbeit gesessen ist. (Výkøiky posl. Wünsche.) Ja, es ist sogar vorgekommen, daß man Gruppen von Schulkindern die über den Marktplatz in Morchenstern nach Hause gingen, auseinandergetrieben hat. (Výkøiky na levici.) Leute, die die Kundmachung der Ausnahmsverfügungen lasen, wurden von den Ankündigungstafeln fortgejagt. Arbeiter, die beim Mittagsessen vor der Fabrik saßen, wurden aufgefordert, ihren Platz zu verlassen obwohl sie nur frische Luft schöpfen wollten, um die kleine Stunde, die ihnen als Mittagspause gegönnt ist, richtig ausnützen zu können. Ich verweise noch auf die Räumung des Arbeiterheims, wo sich die Arbeiter zusammengefunden hatten, nicht zu einer Versammlung, um sich über die gegenwärtige Situation auf dem Wege von Konferenzen zu besprechen, sondern nur um sich durch gegenseitigen Meinungsaustausch über die Dinge zu unterhalten. Sie wurden aus diesem Arbeiterheim herausgetrieben, während an anderen Stellen des Ortes die Gendarmerie die Gasthäuser überfüllte, beim Kartenspielen stundenlang die Zeit zubrachte und sich auch ziemlich reichlich dem Alkoholgenuß hingegeben hat. Dies konnte in anderen Lokalen unter dem Protektorat der Gendarmerie vor sich gehen. Aber bei dieser Gelegenheit werde ich ein ganz besonderes Merkmal nicht vergessen. Ein staatsgefährliches Dokument sollte im Arbeiterheime verbrannt werden. Arbeiter, die mixt Aufräumungsarbeiten beschäftigt waren, die Ordnung in die Archive brachten usw., waren gerade dabei, ein altes Lampion in den Ofen zu stecken und in diesem Augenblick trat der Oberkommissär in die Gaststube und rief: "Halt, was wird hier verbrannt?" Er greift in den Ofen hinein und zieht das zerknitterte, zerrissene alte Lampion heraus. Der Staat war gerettet! Ich führe das nur an, um sagen zu können: Wenn jemals einige Paragraphen des Schutzgesetzes eine berechtigte Anwendung gefunden hätten, so wäre es diesmal der Fall gewesen. Man hätte jene, die diesen Ausnahmszustand angeordnet haben, nach dem Schutzgesetz verfolgen müssen, weil sie die Macht dieses Staates bis auf das tiefste Niveau der Lächerlichkeit blamiert haben. Das ist und war keine Kraft, das ist keine Macht, die man vordemonstriert hat, sondern das ist eine ausgesprochene Schwäche, die die Regierung in dieser Situation an den Tag gelegt hat.

Wenn in diesen Gebieten über die Zeit des Ausnahmszustandes Ruhe gewesen ist, wenn heute Ruhe ist, so sage ich hier: Nicht deshalb, weil man Hunderte und Aberhunderte von Gendarmen hingeschickt hat, die nicht wußten, was sie tun sollten, sondern deshalb, weil die Arbeiter irrtümlicherweise von der Hoffnung befangen waren, daß die einberufenen Beratungen mit den Vertretern der Regierung, den verschiedenen Ministerien, doch schließlich eine Basis schaffen werden, von der die Arbeiter erwarten dürfen, daß eine wenn auch nicht große, aber doch eine geringe Linderung ihrer Notlage herbeigeführt würde.

Da will ich mich dem zweiten besonderen Merkmal zuwenden, dem Ergebnis dieser Beratungen. Was ist eigentlich das Ergebnis dieser Beratungen? Bis jetzt ist es gleich Null. Nichts anderes, als daß die Herren Vertreter der Regierung immer wieder vor das Forum der Beratungen mit der Äußerung hintraten: Wir kommen hieher, um uns über die Ursachen der Verhältnisse in diesem Gebiete informieren zu lassen und wir werden mit besonderer Aufmerksamkeit den Bericht an die kompetenten Stellen weiterleiten. (Výkøiky na levici.) Nun scheint es aber doch nicht ganz richtig zu sein, wenn ich sage, daß nichts erreicht worden ist. Es wurde ein Arbeitsausschuß ins Leben gerufen, der die Aufgabe haben sollte, die notwendigen sachlichen Vorbereitungen zu treffen, damit die Regierung in der Lage ist, hier wirklich lindernd einzugreifen. Wieweit sich diese Dinge entwickelt haben, ist den Arbeitern nicht zur Kenntnis gekommen, aber auch nicht uns. Andererseits ist festzuhalten, daß trotz der Versprechungen der Regierung, daß hier unbedingt etwas getan werden müsse, bis heute nicht das geringste Versprechen eingehalten wurde. Ja, die Handelskammer von Reichenberg hat einen Betrag von 60.000 Kè den notleidenden Glasarbeitern zur Verfügung gestellt; allerdings ist meines Wissens dieser Betrag bis heute noch nicht zur Auszahlung gebracht worden. Weiters erklärten auch die Vertreter der Regierung, daß es erforderlich sein werde, seitens der Regierung den notleidenden Glasarbeitern eine finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Bis heute hat man allerdings noch nichts davon gehört, daß die Regierung bereit wäre, hier mit einer entsprechenden Summe den notleidenden Glasarbeitern unter die Arme zu greifen. Es zeigt sich also mit voller Deutlichkeit, daß diese Beratungen keinen anderen Zweck und Sinn hatten, als eine Beruhigung der Gemüter zu erzielen, dadurch die Forderungen der Glasarbeiter zu verschleppen und schließlich, wenn die Gemüter genügend beruhigt sind, die ganze Sache ins Wasser fallen zu lassen. Aus diesem Grunde müssen wir von dieser Stelle aus den schärfsten Protest gegen das Verhalten der Regierung gegenüber den Glasarbeitern zum Ausdruck bringen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit insbesondere an die deutschbürgerlichen Parteien die Frage richten: Wo sind Sie denn geblieben mit Ihrem Kampfe um das Wohl der deutschen Nation, also auch um das Wohl der deutschen Arbeiter? Hier hätten Sie die beste Gelegenheit gehabt, helfend einzugreifen und den deutschen Arbeitern zu zeigen, welchen Sinn und Zweck es überhaupt hat, daß Sie heute in der Regierung sitzen.

Ich möchte im allgemeinen sagen, daß wir vollauf die Forderungen der Glasarbeiter bis zur letzten Konsequenz unterstützen werden. Insbesondere richte ich von dieser Stelle aus an den Herrn Justizminister Mayr-Harting die Aufforderung, das eingeleitete Strafverfahren gegen die wegen Beteiligung an der Demonstration gerichtlich Verfolgten einzustellen, anderseits richte ich an die gesamte Regierung die Aufforderung, eine entsprechende Unterstützung den notleidenden Glasarbeitern unverzüglich angedeihen zu lassen.

In einer solchen Situation ist es mehr als berechtigt, daß wir sagen: Weg mit der Steuerreform, wobei ich auf die Anträge verweise, die von unserem Klub im Budgetausschuß eingebracht worden sind. Weg mit der Lohnsteuer, weg mit der Vorlage über die Regelung der Finanzwirtschaft der Gemeinden! Her mit der progressiven Besteuerung des Einkommens bei Steuerfreiheit des Lohn- und Arbeitseinkommens bis zu 12.000 bzw. 18.000 Kè, rascheste Erfüllung der von den Glasarbeitern aufgestellten Forderungen! (Potlesk poslancù strany komunistické.)

6. Øeè posl. Nitsche (viz str. 1209 tìsnopisecké zprávy):

Meine hochverehrten Herren! Eine der schwersten Fragen unseres wirtschaftlichen Lebens ist die Frage der Steuer. Als der Herr Finanzminister seine Steuerreform ankündigte, erwartete die Bevölkerung eine allgemeine Steuererleichterung, die sich der schweren wirtschaftlichen Lage anpassen würde. Denn die Methoden, nach d enen in der Nachkriegszeit die Steuerrückstände eingetrieben wurden, sind nicht nur unhaltbar, sondern die Bevölkerung direkt malträtierend. Durch die vielen neu eingeführten Steuerarten und dadurch, daß bei der Steuerverwaltung an Stelle der alten erprobten Beamten neue Kräfte, oft ohne genügende Fachkenntnisse eingesetzt wurden, entstand ein derartiges Chaos im Steuersystem, aber auch in der Steuerverwaltung, daß sich selbst hervorragende Steuerfachleute nicht mehr auskannten. Die Vermögensabgabe war vorgeschrieben und die Steuerzahler waren in großer Sorge, woher sie diese horrenden Summen für die Vermögensabgabe nehmen werden. Und schon kam die zweite Vermögensabgabe, und zwar in der Form, daß die Einkommensteuer in einer die finanziellen Kräfte der Steuerzahler weit übersteigenden Höhe auf vier bis fünf Jahre rückwirkend vorgeschrieben wurde. Trotz der vielen Berufungen gegen diese riesige Steuer mußte die vorgeschriebene Summe durch die Steuerzahler bezahlt werden, auch wenn sie sich das dazu nötige Geld zu 14% ausborgen mußten. Rücksichtslos ging der Fiskus daran, selbst die Steuerrückstände, die noch vor dem Umsturz entstanden waren, einzutreiben. Doch die Forderungen der Bevölkerung an den Staat wurden nicht berücksichtigt und an erster Stelle unter den vielen Forderungen stand die Anerkennung der Kriegsanleihe.

Es wird jetzt stets damit argumentiert, die Steuermoral sei gesunken, es wären deshalb drakonische Maßregeln notwendig, man hörte, es müssen straffe, schwere Strafen eingeführt werden, um die Steuermoral zu heben. Die Ansicht, daß der Steuerzahler keine Steuermoral hat, hat sich derart eingebürgert, daß man sogar vom kleinsten Steuerbeamten immer hört, der Steuerzahler habe keine Moral. Was ist das aber für eine Moral des Staates, des Fiskus, der die Schulden des Staates, vor allem die Kriegsanleihe, nicht anerkennen will? Gibt es nur eine Moral, die des Steuerzahlers? Der Stärkere bleibt immer der Sieger und der arme Bürger und Steuerzahler ist eben der Schwächere und muß geknebelt werden. Er ist derjenige, bei dem die Steuermoral gesunken ist, gegen ihn braucht man, um seine Moral zu heben, drakonische Maßregeln, der Fiskus aber braucht keine Moral, er hat nur das Recht, dieselbe von anderen zu fordern.

Das Chaos im Steuerwesen in der Slovakei wurde am stärksten, als aus den Gemeindenotären und städtischen Notären politische Beamte gemacht wurden. Solange die Gemeindenotäre und die Bezirksnotäre die Steuern vorschrieben und auch den Kataster führten, herrschte Ordnung. Sie verwalteten den Kataster und es wurden im Kataster alle Sachen pünktlich durchgeführt. Auf einmal kam ein neues System, die Steuern wurden den Notären weggenommen, der Kataster ging zu den Steuerämtern über und das Resultat war ein Chaos, so daß wir heute wieder dort angelangt sind, daß der Kataster behufs Korrektur und Durchführung der Güterübertragungen wieder an die Notäre zurückgekommen ist. Ich glaube, auch die Steuervorschreibungen werden in Kürze wieder dort hin gelangen, von wo sie ausgegangen sind.

Doch was nützt jede Steuereform, wenn die ungerechteste aller Steuern, die alles verteuernde und das ganze wirtschaftliche Leben hemmende Umsatzsteuer auch noch weiter belassen wird? Die riesige Unsicherheit auf dem Gebiete des Steuerwesens, die unerhörten Vorschreibungen, aber ganz besonders die unerhörten nachträglichen Vorschreibungen haben die Unternehmungslust ganz vernichtet, machen dem Geschäftsmann, der Industrie, dem Gewerbetreibenden und dem Landwirten jede geschäftliche Kalkulation ganz unmöglich und haben zum Ruin der einst blühenden Industrie in der Slovakei viel beigetragen.

Wenn wir nun die auf dem Tische des Hauses liegende Gesetzesvorlage objektiv betrachten und sie objektiv kritisieren wollen, so müssen wir anerkennen, daß diese Gesetzesvorlage in dem Steuersysteme eine systematische Gruppierung der einzelnen Steuerarten anstrebt, daß sie im Steuerwesen Ordnung schaffen will, und man muß auch anerkennen, daß ganz besonders bei der Einkommen- und Erwerbsteuer die Sätze niedriger sind. Doch wird in dem weiteren Verfahren, hauptsächlich bei der Veranlagung, der Bürokratie eine derartige Macht in die Hand gegeben, die die oben erwähnten Steuererleichterungen teilweise illusorisch macht.

Schon am Anfang des Gesetzes, bei den Einführungsbestimmungen finden wir ein Novum, das bis jetzt nur bei der Umsatzsteuer vorhanden war. Die schrecklichste aller Institutionen des Fiskus bleibt am Leben, die sogenannte Revisionsabteilung. Ihr Wirkungskreis wird jetzt noch auf die direkten Steuern ausgedehnt. Bisher dürfte bloß die Umsatzsteuer revidiert werden, jetzt auch schon die direkten Steuern. Die Revisionsabteilung wird noch 10 Jahre lang die leidende und steuerzahlende Menschheit bedrohen. Was es in einem Betriebe bedeutet, wenn die Steuerkommission im Hause ist, das weiß ein jeder, der es bereits erlebt hat. Tagelang ist der Wirtschaftsbetrieb stillgelegt. Trotzdem sämtliche wirtschaftlichen Korporationen gegen die Revisionskommissionen Stellung genommen haben, sind sie uns doch erhalten geblieben.

Bei der Einkommensteuer spüren wir in erster Reihe den Mangel an Richtlinien zur Berechnung des Einkommens der kleinen Landwirte und Gewerbetreibenden, die nicht in der Lage sind, regelrechte Bücher zu führen und so gar zu oft der Willkür der Bemessungsbehörde ausgeliefert sind. Dieser Mangel müßte zumindest in der Durchführungsverordnung behoben werden. Auch fehlt die taxative Aufzählung der einzelnen Einkommen. Unbegründet ist die Herabsetzung des steuerfreien Minimums bei Familien mit 4 oder mehreren Mitgliedern gegenüber der ersten Textierung.

Bei der Erwerbsteuer spüren wir ebenfalls den Mangel an Richtlinien zur Berechnung des Einkommens der kleinen Gewerbetreibenden. Die Steuersätze der allgemeinen Erwerbsteuer würden den wirtschaftlichen Verhältnissen so ziemlich entsprechen.

Bei der Grundsteuer sehen wir, daß sich diese Sätze in derselben Höhe bewegen wie bisher, doch finden wir hier ein Novum, u. zw. die Errichtung von speziellen Fonden bei Elementarkatastrophen bei den Landeskulturräten. Wenn die Fonde in den historischen Ländern bei den Landeskulturräten angelegt werden, bei diesen alten historischen Organisationen, die schon lange bestehen und die national gegliedert sind, können die Landwirte Vertrauen zu ihm haben. Aber wie steht die Sache in der Slovakei, wo die Landeskulturräte nach der Regierungsverordnung Nr. 305 vom 26. April 1926 gegründet wurden, u. zw. derart daß in die Landeskulturräte die Mitglieder teilweise durch die Regierung ernannt, teilweise durch die Gauvertretungen nominiert wurden. Meine Wenigkeit war zu der Zeit Mitglied der Gauvertretung, als diese die Mitglieder in die Landeskulturräte delegierte. Ich habe damals gesehen, wie es dort zugegangen ist. Nicht Landwirte sind delegiert worden, sondern Mitglieder der damaligen Koalition - es war damals noch die rot-grüne Koalition am Ruder - Sozialisten, Kommunisten und alle möglichen Leute sind hineingekommen, nur nicht die Landwirte. Ganz besonders die Minoritäten haben keine Vertretung gehabt, und so können wir wenig Vertrauen haben, daß bei uns die Fonde so werden verwaltet werden, wie es ihre Bestimmung wäre. Unser Wunsch ist, daß bis die Frage des Landeskulturrates für die Slovakei endgiltig geregelt wird, die Fonds von den Gauverwaltungen, bzw. von der Landesverwaltung verwaltet werden.

Die Strafbestimmungen sind zwar durch die heutige Textierung übersichtlicher geworden, aber sie bedeuten einen krassen Rückschritt in der Gesetzgebung, nachdem sie sich über die Grundprinzipien des Strafrechtes ganz einfach hinwegsetzen. Durch diese Strafbestimmungen wird dem Steuerzahler in vielen Fällen die Möglichkeit genommen, sich gegen die Willkür der Steuerbehörden zu wehren, denn niemand ist sicher, wann er gegen irgend eine Bestimmung dieses Hauptstückes verstößt. Ganz besondern Anstoß hat § 199 hervorgerufen, der sozusagen ein Schutzgesetz für die Steuerbehörde ist, denn nach diesem Paragraphen kann die Tätigkeit der Behörde einer öffentlichen Kritik nicht unterzogen werden. Die Spruchsenate sind auch ein Novum, zumindest für die Slovakei, wo bisher die ordentlichen Gerichte in Steuersachen geurteilt haben. Die Motivierung, daß die ordentlichen Gerichte dadurch überhäuft würden, ist nicht stichhältig, denn bis jetzt hat sich ein Richter damit befaßt und von nun ab wird sich wieder ein Richter im Spruchsenat damit befassen, also es ist wieder dasselbe. (Posl. Patzel: Nur wird die Unabhängigkeit aufgehoben!) Ja wohl.

Zum Kapitel der gemeinsamen Bestimmungen müssen wir fordern, daß die Bemessungskommission ein unabhängiges, von den Steuerpflichtigen gewähltes Organ sei. Besonders bemängeln wir, daß der Vorsitzende ein Beamter ist. Die Behauptung des Motivenberichtes, daß die Wahlen der Kommissionsmitglieder umständlich wären, ist nicht stichhältig, da doch die verschiedenen Berufsorganisationen ihre Fachleute in die Steuerkommission mit Leichtigkeit wählen könnten. Einer derartigen Regelung, daß die Mitglieder ernannt werden, daß der Vorsitzende der Kommission ein Finanzbeamter sei, kann auf keinen Fall zugestimmt werden, umsoweniger als dieser Entwurf den Vorsitzenden mit einer Macht ausstattet, welche die ganze Steuerverhandlung illusorisch macht. In dieser Form ist die Kommission nichts anderes als ein Blitzableiter für die Finanzbehörde, der von nun ab alles unangenehme zugeschoben wird. Nach dem Entwurf kann die Finanzbehörde der Kommission ohne weiters vorschreiben, wie sie arbeiten muß, wieviel sie täglich zu erledigen hat, und pariert eine Kommission nicht dem Vorsitzenden, so kann sie ohne Skrupel aufgelöst werden.

Von großer Wichtigkeit ist es, daß für jeden Steuerbezirk eine Kommission errichtet werde, welche die Steuer dort bemessen soll, und nicht, daß für den ganzen Sprengel der Bemessungsbehörde nur eine Kommission fungiere, weshalb die Leute in der teueren Arbeitszeit oft mehrere Tage reisen und in der Kreisstadt herumlungern müssen, bis ihre Sache endlich erledigt wird. Es wäre doch viel einfacher, wenn der Referent mit seinen Akten hinaus in die einzelnen Steuerämter käme und dort über die Steuer verhandeln würde, als wenn Hunderte Leute der Arbeit entzogen werden.

Die Bestimmung über die persönliche Pfändung ist für die Slovakei wohl neu, aber weit davon entfernt, einen Fortschritt zu bedeuten, sondern sie ist danach angetan, in den Bewohnern der Slovakei das Gefühl wach werden zu lassen, daß wir wiederum einen respektablen Schritt dem Mittelalter näher gekommen sind. Viel zu gefährlich und zu weitgehend ist die Vollmacht, welche den Finanzbehörden bezüglich der Sicherstellung der Steuer gegeben wird, und sie erinnert stark an das mittelalterliche Faustrecht. Nach den bisherigen Erfahrungen können wir zu den Steuerbehörden nicht so viel Vertrauen haben, daß wir ihnen ganz einfach die Beurteilung dessen überlassen, ob eine Sicherstellung der Steuer notwendig ist, und ob die Sicherstellung auch genügend erscheint. Diesbezüglich müßten im Gesetz die Bedingungen ganz genau umschrieben werden. Der ganze Entwurf weist darauf hin, daß es dem Verfasser hauptsächlich darum zu tun war, den Steuerbehörden die weitestgehenden Rechte zu sichern, während für den Schutz des Steuerzahlers sehr ungenügend, besser gesagt überhaupt nicht gesorgt ist. Trotz dieser Mängel, die wir aufgezeigt haben, muß man anerkennen, daß durch dieses Gesetz System und Ordnung in der Steuerverwaltung geschaffen wird.

Meine hochverehrten Damen und Herren, nicht durch Strafartikel und Revisionskommissionen, nicht durch hohe Strafen mögen die Leute gezwungen werden, ihre Steuern zu bezahlen, sondern eine der wichtigsten Aufgaben des Staates ist es, seinen Einwohnern die Lebens- und Erwerbsmöglichkeiten zu sichern. Sind die Erwerbsmöglichkeiten gesichert und kann die Produktion frei ihre Wege schreiten, dann wird sich niemand dem Steuerzahlen entziehen, denn jedermann kennt seine Pflicht gegenüber dem Staate. Wenn ein reges Wirtschaftsleben herscht, wenn jedermann die Erwerbsmöglichkeit hat, dann braucht man keine besonderen Finanzgerichte, keinen Daumenschrauben, nur ein wenig guten Willen, Gerechtigkeit und humanes Verfahren bei der Veranlagung. Doch wie stehen die Sachen heute, ganz besonders in der Slovakei? Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft sind lahmgelegt, das ganze Wirtschaftsleben liegt still wie ein Friedhof, nur hie und da hören wir bei Enqueten oder anderen Versammlungen das Totenglöcklein läuten, indem der eine oder andere Teilnehmer Klageworte über den traurigen Zustand der Wirtschaftslage in der Slovakei vorbringt. Ist ein Regierungsorgan anwesend, so antwortet er tröstend und versprechend, doch danach tritt wieder Totenstille ein und man sieht dann nur, daß Schornsteine, Fabriksschlote, aus denen noch gestern Rauch emporgestiegen ist, heute schon ruhen. Dieses traurige Bild verspüren wir in der Slovakei. Das Wort von der Desindustrialisierung hat sich furchtbar gerächt. Wir haben es miterlebt, wie die herrliche Industrie der Slovakei zum größten Teile abgebaut wurde, von welcher man behauptete, sie sei nur künstlich erhalten. Aber niemand darf doch vergessen, daß diese künstlich erhaltene Industrie Tausenden und Tausenden Brot gegeben hat und an Steuern dem Staate direkt und indirekt schwere Millionen abgeliefert hat. Wir sehen es in der Slovakei, wie große Industriezentren Losonz, Velky Slabos, Horka, Zvolen, die gesamte Tuch- und Glasindustrie von Novgrad, Krompach, die Eisenindustrie in Bodva und im Gölnictale, die Textilindustrie in Kesmark, der Bergbau in der Zips und Gömör und viele andere Unternehmungen ihre Tore sperren.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP