Pátek 6. kvìtna 1927

4. Øeè posl. Kunze (viz str. 1203 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Eines der unpopulärsten Gesetze ist wohl das Steuergesetz, weil durch den Steuerdruck die gesamte Volkswirtschaft eine große Belastung erfährt, ohne daß hiedurch der einzelne Steuerträger irgendwelche direkte Vorteile erlangt. Dieser Steuerdruck macht sich umso fühlbarer, wenn die Vorschreibungen der Steuern auf einer ungesunden und ungerechten Grundlage basieren. Seit dem Bestande dieser Republik ist dies bei uns der Fall. Es wurde ganz einfach darauf los vorgeschrieben, ohne Rücksicht darauf, ob darunter die Landwirtschaft, Industrie und die gesamte Volkswirtschaft zugrunde gehen. In der Steuervorschreibung der letzten Jahre war ein solches Durcheinander, daß selbst die Steuerbehörden in den seltensten Fällen gewußt haben, wieviel der einzelne Steuerträger dem Staate schuldet. Wie oft ist es vorgekommen, daß der ordnungsliebende Steuerträger endlich einmal seine Steuerschulden ziffernmäßig erfahren wollte. Zu diesem Zwecke sendet er sein Steuerbüchel zur Behörde und siehe da, auf Grund der dortselbst ihm gemachten Einschreibungen hat er eine Überzahlung von 900 Kè zu verzeichnen, welche ihm für das nächste Steuerjahr gutgeschrieben werden soll. Diese freudige Überraschung wird jedoch schon innerhalb der nächsten 8 Tage zunichte gemacht, da derselbe eine neue Steuervorschreibung mit einem Rückstand von 3420 Kè von demselben Amte präsentiert bekommt.

Infolge dieses Chaos in der Steuerbemessung und Steuervorschreibung der letzten Jahre haben wir eine Steuerreform begrüßt und Mitarbeit an derselben geleistet. Wenn auch durch die dem Hause vorliegende Steuerreform sowohl unseren Wünschen wie auch den Erwartungen der steuerzahlenden Bevölkerung nicht vollständig entsprochen wird, so bringt doch im allgemeinen die neue Steuerreform eine Verbesserung. Die Einkommensteuer hat eine Herabsetzung erfahren und nimmt ganz besonders auf die minderbemittelten Haushalte Rücksicht. Die Erwerbsteuer, sowohl die allgemeine wie die besondere, hat bisher die unerträglichsten Lasten für Industrie und Gewerbe hervorgerufen, nachdem dieselben ohne Rücksicht darauf, ob das Unternehmen im Geschäftsjahre aktiv oder passiv gewesen ist, zur Vorschreibung gebracht worden ist. Die Erwerbsteuer nach dem neuen Gesetz räumt mit diesem Modus auf und kommt als eine zweite Ertragsteuer zur Geltung, so daß einem Unternehmen, welches im laufenden Geschäftsjahr mit einer Unterbilanz abgeschlossen hat, eine Erwerbsteuer gleich der Einkommensteuer nicht vorgeschrieben werden kann. Es ist nur zu wünschen und wir werden darauf ein wachsames Auge halten, daß die Steuerbehörden und Steuerkommissionen sich eine gerechte Beurteilung zugrunde legen, damit durch dieselben nicht unnötige Schikanierungen für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft zutage treten. Denn dadurch blieb so mancher Paragraph, welcher eine Begünstigung, bzw. Berücksichtigung des Interessenten vorsieht, auf dem Papiere. Dies trifft ganz besonders auch bei der allgemeinen Erwerbsteuer zu, wo der § 54 von bedürftigen Gewerbetreibenden spricht, welche bei einem Einkommen bis 7000 K oder bei einem Alter über 65 Jahre steuerfrei ausgehen sollen. Das Gewerbe sowohl wie die Industrie leiden ohne Rücksicht, auf die Begünstigungen der neuen Steuerreform ohnedies noch unter der unerträglichen Last der bestehenden Umsatzsteuer; es ist nur zu wünschen, daß diese Umsatzsteuer - ehestens auf sämtliche Bedarfsartikel pauschaliert wird, damit es sieh nicht weiter ereignen kann, daß der Konsument bei einzelnen Bedarfsgegenständen 6 bis 10mal die Umsatzsteuer bezahlen muß.

Was die Grundsteuer anlangt, so ist es an der Zeit, daß endlich einmal eine Herabsetzung und Stabilisierung derselben durchgeführt wird, da die Steuerlasten der Landwirtschaft in keinem Vergleich zu dem Werte ihrer Erzeugnisse stehen und letztere auch nicht annähernd der gegenwärtigen Valuta angepaßt werden können. Zu diesem Kapitel ist besonders hervorzuheben, daß es an der Zeit ist, endlich eine neue Bonitätsklasseneinteilung des landwirtschaftlichen Bodens durchzuführen, da es oft noch vorkommt, daß Gebirgsbauern, welche ihren Dünger auf dem Rücken aufs Feld tragen müssen, in die zweite und dritte Bonitätsklasse gleich fruchtbarem Ackerland eingereiht sind.

Was die Haussteuer betrifft, so dürften durch die Herabsetzung der Zahl der vermieteten Räume in einer Gemeinde von 1/2 auf 1/4 fast sämtliche Gemeinden in die Hauszinssteuerpflicht eingereiht werden. Es ist hier wieder Pflicht der Steuerbehörde, einen gerechten Standpunkt zu wahren, damit es nicht vorkommt, daß kleine verschuldete Häusler, vielleicht nach Teilung eines Wohnraumes mittels einer Bretterwand um eine Wohnung mehr angerechnet bekommen, was von rechtswegen nicht eine Wohnung, sondern eine Kammer ist.

Ganz besonderer Wert ist auf die richtige Zusammenstellung der Steuerkommissionen zu legen, damit es nicht vorkommt, daß vielleicht der Landwirt über den Industriellen oder der Gewerbetreibende über die Verhältnisse in der Landwirtschaft zu urteilen hat. Jeden Beruf sollen seine fachmännische Sachverständigen bei seiner Beurteilung in der Steuerkommission vertreten.

Was das Finanzgesetz der autonomen Körperschaften anlangt, so stehen wir vor zwei Interessengegensätzen, u. zw. der Umlagen zahlenden Bevölkerung auf der einen Seite und der Vertreter der autonomen Behörden auf der andern Seite. Durch die Begrenzung der Zuschläge ist zwar den Gemeinden und Selbstverwaltungskörpern die Autonomie benommen, nach eigenem Gutachten Zuschläge in Vorschreibung zu bringen, welcher Übelstand jedoch durch die staatlichen Zuschüsse aus dem besonderen Fond einigermaßen rehabilitiert werden soll. Bisher haben wir oft die Erfahrung gemacht, daß bei Beschwerden gegen zu hohe Steuern der hohe Steuerzahler auf den Steuerämtern ganz einfach auf die Zuschläge der Gemeinden hingewiesen wurde. Es haben sich Fälle ereignet, wo ein Erwerbsteuersatz von 240 Kè mit den jährlichen Zuschlägen auf 7.000 Kè gekommen ist. Desgleichen mußte oft ein kleiner Häusler mit 4 Kè Hausklassensteuer an 100 Kè jährlich Abgaben leisten, was wieder zur Folge hatte, daß die Gemeinde für denselben, der oft Armenpfründner war, die Steuern übernehmen mußte.

Die Reform der Gemeindefinanzen ist äußerst dringend. Seit Bestand der Republik war es dem größten Teil der Gemeinden nicht möglich, auch nur einen annähernd verläßlichen Voranschlag zu verfassen. Nicht immer schlechte Wirtschaft hat viele der Gemeinden in diese mißliche Lage gebracht, sondern die unsicheren und ganz ungerechten Vorschreibungen der Staatssteuer waren es, welche jeden Gemeindehaushalt gefährdeten. Es haben sich Fälle ereignet, wo einer Industrie im Jahre 1921 eine Erwerbsteuer von 3.000 Kè in Vorschreibung gebracht worden ist, obwohl bei gleichem Betriebsumfang das vorhergegangene Jahr noch eine solche von 2500 Kè zu Recht bestand. Dadurch wäre nun diese Industrie mit den autonomen Zuschlägen mit der Erwerbsteuerbelastung allein mit 60.000 bis 80.000 Kè jährlich belegt worden, was den Untergang des Unternehmens zur Folge haben mußte. Die Folge davon war die Berufung und Beschwerde dieses Unternehmens und im Verhandlungswege ist nach 4 Jahren der Steuersatz wieder auf 2.500 Kè herabgesetzt worden. In der Zwischenzeit waren jedoch die Gemeinden angewiesen, auf Grund des hohen Steuersatzes ihre Voranschläge zu verfassen, was zur Folge hatte, daß fast regelmäßig nur die Hälfte der präliminierten Gemeindeumlagen als Eingang gebucht werden konnte, so daß viele Gemeinden Millionen an noch außenstehenden Gemeindeumlagen zu verzeichnen haben. Es ist an der Zeit, daß mit diesem System endlich gebrochen wird und die einzelnen Gemeinden wieder eine sichere Unterlage zur Verfassung ihrer Präliminaren für einen ordnungsmäßigen Gemeindehaushalt bekommen. Die eine Frage bedarf noch einer vorsichtigen. Beurteilung, ob der Herr Finanzminister auch mit den 244 Millionen des zu errichtenden Fondes für die Zuschüsse an die bedürftigen Gemeinden das Auslangen findet. Ist dies der Fall, dann ist die Einschränkung der Zuschlagserhöhungen ein Vorteil für die gesamte Volkswirtschaft. Auch müssen wir verlangen, daß die Aufteilung dieser Fondsgelder an die bedürftigen Gemeinden eine gerechte ist und nicht vielleicht einen national fraglichen Charakter annimmt. Wenn es heißt, daß nur eine ordentlich geführte Gemeindewirtschaft mit Zuschüssen zu rechnen hat, so können wir uns dem nicht ganz verschließen, denn jeder Umlagen zahlende Bürger wird eine gute Gemeindefinanzpolitik nur begrüßen.

Was den § 24 dieses Finanzgesetzes betrifft, wonach Gemeinden über 10.000 Einwohner einen Verwaltungsbeamten anstellen müssen, welcher eine èechoslovakische Universität besucht hat, so muß die Durchführungsverordnung dafür Sorge tragen, daß auch die Absolventen der deutschen Universität im èechoslovakischen Staate gleichberechtigt sind und daß erfahrene Verwaltungsbeamte, welche schon Jahrzehnte bei den Gemeinden tätig sind, im Dienste der Gemeinden jenen mit Hochschulbildung gleichgestellt werden, da wir in diesem Staate eine Hochschule für Kommunalwesen nicht besitzen und die alten bewährten Praktiker erfahrungsgemäß die verläßlichsten Gemeindebeamten sind.

Wenn der Herr Dr. Koberg sich bemüßigt gefunden hat, im Budgetausschuß sich mit meiner Person zu befassen, weil ich in meiner Amtstätigkeit als Bürgermeister eine Resolution gegen das Gemeindefinanzgesetz unterschrieben und an die verschiedenen parlamentarischen Klubs eingereicht habe, so kann mir dies herzlichst gleichgültig sein, da Herr Dr. Koberg durch seine bekannte Kampfesweise in der sudetendeutschen Bevölkerung sattsam bekannt ist. Ich werde mein Tun und Lassen ohne Rücksicht auf die von Herrn Dr. Koberg angekündigte Beobachtung so einstellen, wie ich dasselbe sowohl in meiner Stadt, wie auch meinen parlamentarischen Wählern gegenüber als Vertreter des deutschen Volkes ohne Demagogie verantworten kann. Im übrigen möchte ich dem Herrn Dr. Koberg an empfehlen, in der Stadt Jägerndorf, wo er als Amtsdirektor auch während der Zeit seines heißbegehrten Abgeordnetenmandates seinen vollen Gehalt bezieht, Umfrage zu halten, ob dies der umlagenzahlenden Bevölkerung auch dafür steht.-

Was die so viel gefürchtete Absetzbarkeit eines Bürgermeisters betrifft, so kann diese ja doch nur in Frage kommen, wenn der Bürgermeister seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, denn jede Regierung muß es begrüßen, wenn in deutschen Gemeinden brauchbare deutsche Beamte und deutsche Bürgermeister amtieren. Und kommt ein deutscher Beamter oder Bürgermeister seinen Verpflichtungen nicht nach, dann ist derselbe auch ein Schädling der deutschen Volkswirtschaft.

Auch das Gesetz über die Finanzwirtschaft der Selbstverwaltungskörper ist ebenso wie die Steuerreform nicht vollständig nach unseren Prinzipien. Wir betrachten auch dieses nur als einen Übergang aus dem Wirrwar der Finanz- und Steuergesetze in einigermaßen sichere Verhältnisse.

Wenn uns deutschen Regierungsparteien immer und immer wieder Verrat am Volke und Verrat an der Selbstverwaltung zum Vorwurf gemacht wird, so müssen wir alle diese Vorwürfe mit Entschiedenheit zurückweisen, da wir der sicheren Überzeugung sind, daß dem sudetendeutschen Volke nur durch eine planmäßige etappenweise Verständigungspolitik gedient ist, wodurch die Nationen in diesem Staate für die gesamte Volkswirtschaft ersprießlich arbeiten können. Deshalb haben wir auch an der Steuerreform mitgearbeitet. Wir verlangen aber, daß mit den kostbaren Steuergeldern, welche die gesamte Volkswirtschaft belasten, haushälterisch, sparsam und gerecht umgegangen wird. Nur dann kann diese Steuerreform zu einer Reform im wahren Sinne des Wortes werden. (Potlesk poslancù nìm. køes. sociální strany lidové.)

5. Øeè posl. Elstnera (viz str. 1205 tìsnopisecké zprávy):

Ungeachtet der vielen und ernsthaften Proteste, die in fast allen größeren Gemeinden und Städten laut wurden, in denen mit aller Deutlichkeit und Schärfe auf den reaktionären Charakter dieser fälschlich sogenannten Reform hingewiesen wird, die im besonderen die schwere Verantwortung, welche in entscheidendem Maße die deutschen Regierungsparteien auf sich nehmen, aufzeigten, ist die jetzige schwarz-grüne Koalitionsregierung getreu ihrem Klassencharakter dazu übergegangen, die Steuerreform vor das Plenum dieses Hauses zu bringen, um ihr in bekannter Weise mit Hilfe der gut funktionierenden Abstimmungsmaschine Gesetzeskraft zu geben. Vielleicht gibt es noch einige Träumer, die in diesem demokratischen èechoslovakischen Parlamentarismus nicht nur eine Abstimmungsmaschine sehen möchten, sondern die auf Grund der vielen Tausende Proteste, der mehr als 1000 Verbesserungsanträge und der jetzt in erhöhtem Maße einzetzenden Diskussion im letzten Augenblick eine Milderung der auf diesem System fußenden Härten erwarten. Für solche Träumer genügt, falls ihnen die èechoslovakische Demokratie noch nicht ins Blut übergegangen, sie an die Gesetzwerdung der festen Agrarzölle und der Kongrua zu erinnern.

Die klassenbewußten Arbeiter ohne Unterschied der Nation wissen, daß hier in diesem, man beliebt zu sagen "hohen Hause" und mögen noch soviel Reden geschwungen und Abänderungsanträge eingebracht werden, die Macht und nicht das Recht entscheidet.

Die Steuerreform ist in ihrer Gesamtheit nichts anderes, als ein gut vorbereiteter Angriff, ein durch seine Gesetzwerdung staatlich privilegierter Diebstahl in den Taschen der Arbeiter, Angestellten, kleinen Gewerbetreibenden, kleinen Landwirte, Häusler usw. zum Nutzen und zur Sicherung der Profite für die Kapitalisten im allgemeinen, darunter für die Agrarbourgeoisie und die Banken im besonderen, wodurch gleichzeitig ein ungeheures Feld für Schieber und Wucherer, Spekulanten und Defraudanten eröffnet wird. Für die gewaltige Masse der Notleidenden, Unterdrückten und Ausgebeuteten bedeutet sie steigende Not und ständiges Elend, was den - Massen durch raffinierte Täuschungsversuche und Hinweis auf Pflichterfüllung gegenüber dem Staat schmackhaft gemacht werden soll. Kein anderer als der Finanzminister Dr. Engliš war es, welcher gelegentlich der Steuerdebatte im Budgetausschuß die Besteuerung der kleinen Einkommen mit der Steuerpflicht im allgemeinen begründete, das ist die bekannte kapitalistische Moral.

Zum besseren Verständnis über das Wesen und den Zweck dieser Steuerreform ist als erstes erforderlich, uns zwei Zahlen vor Augen zu führen, und zwar die Gesamteinnahmen gemäß dem Budget für das Jahr 1927 von 11.075,000.000 Kè und den durch direkte Steuerleistung, also die jetzt zur Diskussion stehende Steuerreform, zu erzielenden Betrag von 2183 Millionen Kè.

Der hieraus differierende Betrag von 8892 Millionen muß aus den indirekten Steuern, Verbrauchssteuern, Gebühren und Abgaben erfließen. Es ergibt sich somit nur ein Fünftel der gesamten Einnahmen durch die Steuerreform. Dies zeigt deutlich Sinn und Zweck dieser Reform. Gewaltige Steuererleichterungen für die Kapitalisten, Überwälzung den gesamten Lasten durch scharfe Heranziehung zur direkten Steuerleistung und Erhöhung der indirekten Steuern für die gesamte arbeitende Bevölkerung. Man beliebt mit dem Argument hausieren zu gehen, daß durch die Reform der Einkommensteuer auch den Arbeitern Erleichterungen von rund 37% gebracht werden, Hiezu verweisen wir auf die im vorigen Jahre durchgeführte Erhöhung der Zuckersteuer, die bei einer vierköpfigen Familie jährlich 200 Kè beträgt, um den Schwindel erwähnter Argumentation in das rechte Licht zu stellen.

Zunächst werde ich mich mit dem für die Arbeiter wichtigsten Kapitel, der Einkommensteuer beschäftigten, wobei ich die zwei besonderen Merkmale, steuerfreies Minimum und Lohnsteuer, hervorhebe. Seit dem Bestande dieser Republik, richtiger gesagt seit jener Zeit, wo es für den naiven Menschen so aussah, als ob in diesem Hause auch etwas für die Interessen der Arbeiter gechaffen werden könnte, fordern die Vertreter fast aller Arbeiterparteien eine entsprechende Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums. In Österreich betrug das Existenzminimum 1600 K. Würde das Existenzminimum in unserer demokratischen Republik dem des alten Österreich, dieses reaktionären, monarchistisch verseuchten Staates gleichgestellt, so müßte man bei dem heutigen Kurswert unserer Krone dasselbe bei uns auf 10.400 Kè erhöhen. Nimmt man den Preisindex mit 950 an, so müßte es auf 15.200 Kè hinaufgesetzt werden. Erst mit diesem Betrage würden die Arbeiter in der Lage sein, sich dasselbe zu kaufen, was ihnen im alten Österreich die Kaufkraft von 1600 K bot.

Diese Forderung der Arbeiter wird auf die schimpflichste hohnsprechendste, provokatorischeste Weise erledigt, indem das steuerfreie Existenzminimum von 6000 Kè auf ein steuerfreies Minimum von 7000 Kè erhöht wird. Sicherlich haben alle jene Herren, die ihre Stimme zu einer solchen schmutzigen Handlung hergegeben haben, noch nie versucht, von einem solchen Einkommen ihr Leben zu fristen. Hiezu wünsche ich nur, daß diesen Herren durch die Arbeiter recht bald die Gelegenheit gegeben wird, so eine Kleinigkeit von nur 10 Jahren dieses goldige Leben genießen zu können und sie während dieser Zeit dann noch einmal mit der Ausarbeitung einer Steuerreform zu betrauen.

Die Steuer wird vom Bruttoeinkommen berechnet, wozu noch kommt, daß das Einkommen aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder als einziges Einkommen der Besteuerung unterworfen ist, ohne daß hiefür ein entsprechender Abzug gewährleistet wird.

Die größte Provokation, welche sich die Kapitalisten erlauben, ist die Einführung der Lohnsteuer, jener reaktionären Maßnahme, die allein genügt, um die schärfsten Kampfmittel in ihrer Anwendung gegen die Gesetzwerdung dieser Maßnahme zu rechtfertigen.

Wir erinnern uns an die im vorigen Jahre herausgegebene Verordnung des Finanzministers Dr. Engliš, betreffend den 3%igen Abzug vom Lohne. Trotz der Sabotage des größten Teiles der sozialistischen Führer hatten die Arbeiter den Kampf gegen diese Maßnahme aufgenommen, einen Kampf, der mit Begeisterung und Entschlossenheit geführt wurde, der besonders gute Voraussetzungen für einen Erfolg hatte, da die Gelegenheit zu Gegenmaßnahmen seitens des Finanzministers äußert gering war. Oder glaubt im Ernst jemand daran, daß man den Hunderttausenden von Arbeitern die letzten Habseligkeiten pfänden könnte? In der Theorie mag dies möglich sein, in der Praxis einer mit Entschlossenheit und einheitlich kämpfenden Arbeiterschaft gegenüber aber niemals. Wenn trotz alledem ein teilweises Gelingen dieser Maßnahme für die Kapitalisten zu verzeichnen ist, so ist dies einzig und allein auf das Konto der Sozialisten dieser Art zu buchen. Dies geht auch ganz besonders aus der Äußerung des Ministers Dr. Engliš hervor, welcher gelegentlich einer Kritik der èechischen Sozialisten au der Lohnsteuer im Budgetausschuß in Ruhe und sicher mit Vergnügen gegenüber diesen Sozialisten sich dem Sinne nach so äußerte: "Ihr habt die geringste Ursache, Kritik zu üben, ihr hattet doch im Jahre 1924, als ihr noch in der Regierung gesessen, im Prinzip der Einführung der Lohnsteuer bereits zugestimmt." Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Menschen, von den parlamentarischen Vertretern der èechischen Nationalsozialisten, in deren Reihen sogar einmal bei schwungvollen Äußerungen ein Steuerstreik in Erwägung gezogen wurde und trotzdem ein großer Teil dieser Arbeiter sich dem Kampfe gegen die auch nur provisorische Einführung der Lohnsteuer anschloß, schon gar nicht zu reden. Sie werden auch in ihrer Opposition bemüht sein, für etwaige Eventualitäten regierungsfähig zu bleiben.

In dieser Verordnung hieß es auch: "wer durch die Unterschrift freiwillig seine Zustimmung gibt". Diese Freiwilligkeit sah allerdings so aus, das wenn der Arbeiter nicht einverstanden war, man ihm sogar 5, 8 bis 10% seines Lohnes pfändete, in anderen Fällen die letzten Habseligkeiten desselben der Steuerexekution unterwarf. Also mit anderen Worten: eine durch zu erwartende Repressalien erpreßte Freiwilligkeit. Der Abzug vom Lohn wurde durchgeführt ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeiter das Jahreseinkommen von 7200 Kè erreicht hatte oder nicht. Oft genug hat es sich ereignet, daß die Zahl der unversorgten Kinder überhaupt nicht berücksichtigt wurde, die Vorsprachen der Arbeiter bei den Steuerämtern in einer Art und Weise abgetan wurden, die man in sehr vielen Fällen, gelinde gesagt, nicht anders als grob bezeichnen muß. Trotzdem die Dauer dieser Verordnung sich nur bis Ende 1926 erstreckte, somit, beginnend mit dem Jahre 1927 der Abzug vom Lohn einzustellen war, gibt es heute noch eine Reihe von Fällen, wo den Arbeitern bis jetzt ununterbrochen 3 oder 5% des Lohnes abgezoges werden. Diese Beispiele führe ich besonders deshalb an, um ein Bild zu geben, wie und mit welcher Rücksichtslosigkeit die Eintreibung der Lohnsteuer erfolgen wird, wenn sie erst einmal Gesetz geworden ist. Mit welcher Unverfrorenheit man um jeden Preis die letzten Heller aus den Taschen der Arbeiter herausholen will, da die Steuerreform rückwirkend vom 1. Jänner 1927 in Kraft treten soll, zeigt sich auch dadurch, daß beginnend mit 1. August dieses Jahres die Lohnsteuer in doppelter Höhe abgezogen werden soll, als dies aus den §§ 30, bzw. 36 dieser Verordnung hervorgeht.

Wenn in dieser Reform die Rede davon ist, daß dem Arbeiter für den Fall, daß er jenes nach der Anzahl der Familienmitglieder festgesetzte steuerfreie Minimum nicht erreicht, die geleistete Steuer zurückgezahlt werden soll, so weiß man dies aus praktischer Erfahrung zu werten. Selbst wenn über Antrag der Regierungsparteien die Rückzahlung der geleisteten Überschüsse seitens der Steuerämter ohne Ansuchen, bzw. Aufforderung durchgeführt werden soll, glauben wir schon einmal deshalb nicht daran, da wir sehr genau wissen, daß die Steuerämter mit der Erledigung ihrer Angenda nicht nur ungeheuer zurückgeblieben sind, sondern wahrscheinlich auch in Zukunft zurückbleiben werden. Die Folge davon werden schriftliche Aufforderungen und öftere Zitierungen zum Steueramt sein, um vielleicht dann im günstigsten Fall, nach neuerlich verursachten Ausgaben, da bekanntlich nicht jeder beim Steueramt wohnt und die Beförderung per Post nicht umsonst ist, die Hoffnung auf Zurückzahlung des geleisteten Überschusses zu haben.

Nebeneinkünfte, falls sie jährlich 500 Kè übersteigen, sollen einer separaten Besteuerung unterliegen. Also, wenn eine Ziege zuviel Milch geben oder die Hühner zuviel Eier legen sollten, wird eine genaue Zählung erforderlich sein, damit dieses eventuell 500 Kè übersteigende Nebeneinkommen zur Besteuerung vorgelegt werden kann. Alle diese Maßnahmen haben nur den einen Sinn, durch erhöhte Steuerleistung der Ärmsten weitere Begünstigungen für die Bourgeoisie zu schaffen. Bei einem jährlichen Einkommen von 100.000 bis 10,000.000 Kè wird die Begünstigung für diese armen eufel 4000 bis 11/2 Million Kè betragen. Dabei rechnet die Finanzverwaltung damit, daß die Steuereinnahmen für den Staat nicht geringer, sondern im Gegenteil höher werden sollen. Dies hat natürlich zur Folge, daß die Geschenke an die Großgrundbesitzer, Banken und Industriekapitäne und die zu erzielenden Mehreinnahmen an Steuergeldern durch scharfe Heranziehung der Arbeiter, Angestellten, Kleingewerbetreibenden und Häusler zur direkten Steuerleistung und durch Erhöhung der indirekten Steuern sowie Gebühren und Abgaben hereingebracht werden sollen.

Hiezu noch einige Worte über die Verwendung der auf die geschilderte Art und Weise erzielten Gesamteinnahmen dieses Staates. Für den zivilen staatlichen Machtapparat und für den Militarismus werden allein 41.3% der Gesamteinnahmen verausgabt. Dazu sind noch 22.1% für den Staatsschuldendienst erforderlich, so daß ganze 36.6% für die wirtschaftliche und soziale Verwaltung, Kultur und Volksaufklärung übrig bleiben. Immer und bei jeder Gelegenheit müssen wir auf die wahnsinnigen Ausgaben für den Militarismus hinweisen, der im Zeitraum von 8 Jahren nicht weniger als 18 Milliarden 541 Millionen verschlungen hat und für das Jahr 1927 ist abermals ein Betrag von 1.875,890.144 Kè vorgesehen. Auf 13 bis 15 Soldaten entfällt ein Offizier. Zur besonderen Charakteristik, wie die kulturelle Fürsorge dieses Staates aussieht, führe ich noch ein Gegenbeispiel an, u. zw.: Auf je 50 Schüler kommt ein Lehrer. Einige Offiziere der französischen Mission erhalten jährlich 5 Millionen Kè, eine viertel Million Arbeitsloser bekommt infolge des famosen Genter Systems ungefähr 10 Millionen. Und all dies geschieht mit Hilfe der deutschbürgerlichen Parteien, die auf ihre Fahne den Kampf um das Selbstbestimmungsrecht, die Erhaltung der deutschen Scholle und des deutschen Arbeitsplatzes geschrieben haben. Es entspricht der reinsten christlichen Nächsten liebe und dem deutschen Volksbewußtsein, wenn dem deutschen Arbeiter die letzte Hose ausgezogen, der letzte Acker oder sein mit vieler Mühe erworbenes Häuschen genommen wird. So sieht die Fürsorge der jetzigen deutsch-èechischen Koalitionsregierung aus, von der unser Finanzminister Dr. Engliš die Verpflichtung ableitet, daß jeder, selbst beim niedrigsten Einkommen, um seiner staatsbürgerlichen Pflicht genüge zu tun, Steuer zahlen muß. Wo bleiben die Pflichten der Regierung gegenüber den Bürgern dieses Staates?


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