Hohes Haus! Auch wir können die Wechselrede
über die Steuervorlage, die hier im Hause abgeführt
wird, nicht vorübergehen lassen, ohne alle die von uns auch
schon im Ausschuß vertretenen Standpunkte zu den einzelnen
Kapiteln zu wiederholen. Es mag sein, daß das bei dem Charakter
der gegenwärtigen Debatte als nicht sehr zweckhaft bezeichnet
wird. Aber wir fixieren neuerlich unseren Standpunkt, um uns für
die Zukunft legitimiert zu halten als Vertreter der Interessen
der uns anvertrauten Bevölkerungsschichten, welche die letzte
Möglichkeit einer solchen Interessenvertretung ausschöpfen.
Ich benütze die Spezialdebatte vor allem
dazu, dem Kapitel der Arbeitnehmersteuern eine breitere Erörterung
zu geben und die Regelung dieser Frage, wie sie durch die vorliegende
Steuerreform vorgesehen ist, einer nötigen Kritik zuzuführen.
Dabei stelle ich an die Spitze meiner Darlegungen, daß in
all dem zur Rede stehenden Fragenumfange wohl keine Einzelheit
eine solche Unzukömmlichkeit darstellt, wie die über
die Arbeitnehmersteuern. Wir haben seit Beginn der Einrichtung
der Methode, auch jene schwerschaffenden Menschen, welche durch
ihre Arbeit ihr Existenzminimum nicht erreichten, und zwar aus
einer gewissen Grundsätzlichkeit heraus zur Steuerleistung
heranzuziehen, gegen diese Methode angekämpft. Ich will gleich
einschalten, daß wir trotz dieser Ansicht, eine Grenze des
Einkommens, von der an die Steuerverpflichtung beginnt, zu schaffen,
wohl als unerläßlich betrachten, daß diese Grenze
aber nicht durch die durchschnittliche Einkommensmöglichkeit
unserer Arbeiter und Angestellten gegeben sein darf. Es blieb
wie so vieles der Nachkriegszeit überlassen, ungeheuerliche
Praktiken zu eröffnen, die, wenn sie in der Vorkriegszeit
nur angedeutet worden wären, den unüberwindbaren Widerstand
aller Einsichtigen gefunden hätten. Es blieb der Nachkriegszeit,
welche durch die Apotheose der Sozialethik eingeleitet wurde,
überlassen, den Arbeiter mehr und mehr auch durch eine Steuerverpflichtung
zu bedrücken, wie denn überhaupt in keiner Zeit mehr
Gegensätzlichkeit zwischen der Versicherung nach Berücksichtigung
der Berücksichtigungswerten und Verleugnung dieses Grundsatzes
in der Tat geschah. Wenn diese Tatsache durch die ganze Eigenart
der Steuerreform bewiesen wird, ich darf sagen, in allen ihren
Teilen, dann ist die Regelung der Steuer der kleinen und kleinsten
Einkommensträger doch ihre größte Härte.
Wie viel tausendfache Hoffnungen sind gerade durch die Regelung
dieser von mir angeschnittenen Frage zerstört worden, Hoffnungen,
die sich die kleinsten und kleinen Einkommensträger gemacht
hatten, als sie hörten, daß das Steuerwesen im Staate
auf eine neue Grundlage gestellt werden solle.
Wir bekennen uns zu dem Standpunkte des Schutzes
der sozial Schwachen nicht erst heute, nicht erst die letzten
Wochen über, während welcher der Budgetausschuß
seine steuertechnischen Beratungen abführte. Wir haben im
Gegenteil die ganze Zeit hindurch, in der die Arbeit der Finanzverwaltung
an den Plänen zur Steuerreform vor sich ging, also rechtzeitig
Verwahrung gegen die Einverleibung der Bestimmungen über
die Arbeitnehmersteuern eingelegt. Ich verweise in dieser Beziehung
bescheidenerweise auf meine Äußerungen zu diesem Gegenstande
anläßlich der Behandlung des Gesetzes über die
Zuschläge zu den direkten Steuern, das wir im vorigen Jahre
verabschiedeten. Damals beleuchtete ich die geschichtliche Entstehung
dieser Steuer. Sie kam bekanntlich auf mit 18der rein zahlenmäßigen
Erhöhung der Gehälter und Löhne, welche die fortschreitende
Teuerung der Kriegs- und Nachkriegszeit, noch mehr aber die Inflation
auslöste. Das war allerdings eine rein ziffernmäßige
Erhöhung der Bezüge der Arbeitsmenschen, die keinem
der Arbeiter oder Angestellten, denen sie zufiel, die Möglichkeit
gab, mit derselben etwas mehr zu eigenen Gunsten zu operieren
als früher. Es war vielmehr ganz anders. Trotz der höher
gewordenen Ziffer des Einkommens oder Gehaltes des Arbeiters oder
Angestellten reichte dieses Einkommen des Arbeiters und Angestellten
nicht hin, in dem Ausmaße etwa der Vorkriegszeit die Existenzbedürfnisse
zu befriedigen. Es steckte in einer solchen Gehaltsregelung, wie
sie etwa durch die verschiedenen Verhältnisse der Kriegs-
und Nachkriegszeit, wie ich es angedeutet habe, ausgelöst
wurde, niemals ein realer, ein wirklicher Vorteil. Weil aber die
Bestimmungen über das steuerfreie Existenzminimum in dieser
Entwieklungsperiode nicht einmal in dem Ausmaße Korrekturen
fanden, als aus dieser Entwicklung heraus notwendigerweise die
Löhne und Gehälter ziffernmäßig hinaufgesetzt
wurden, entstand nun die Steuerpflicht der Arbeiter und Angestellten.
Sie entstand erst damals. Es kann nicht behauptet werden, daß
wir in der Vorkriegszeit eine solche allgemeine umfassende Steuerpflicht
des Arbeiters gekannt haben, wie sie sich etwa aus den Verhältnissen,
die ich geschildert habe, entwickelte. Das steuerfreie Existenzminimum
stieg von der Vorkriegszeit von 1200 wohl auf 1.600, später
auf 4.800 und 6.000 Kronen. Es wurde also 5mal höher als
der Friedenssatz gestaltet, aber das war durchaus keine befriedigende
Relation. Wenn man 1914 annahm, daß die Arbeiter, die Einkommensempfänger,
die Schaffenden, die arbeitenden Menschen schlechthin mit einem
Monatslohn von 100 Kronen geschützt werden müssen, ein
Lohn, der nach damaliger Auffassung gerade noch hinlangte, um
die Bedürfnisse an den Lebensnotwendigkeiten befriedigen
zu können, so darf man nunmehr nach einer durchschnittlich
zehnfachen Steigerung der Preise für die Bedürfnisse
des Lebens, mit der keine zehnfache Erhöhung des Realeinkommens
- und hierum handelt es sich - parallel ging, nicht 6.000 Kronen,
also einen Monatsverdienst von 500 Kronen schon als besteuerbar
betrachten.
Das war, wie gesagt, unser vorjähriger
Standpunkt, den wir der Finanzverwaltung bei Behandlung und Verabschiedung
des Gesetzes über die Zuschläge zu den direkten Steuern,
die sogenannten Kriegszuschläge, rechtzeitig bekannt gaben.
Wir ersuchten damals, diesen Standpunkt bei den Plänen nach
Einrichtung der Arbeitnehmersteuer als einer ewigen Einrichtung
- und das ist eigentlich durch die Steuerentwicklung realisiert
worden - zu berücksichtigen. Es lag in unserem damaligen
Verlangen, das, wie ich schon gesagt habe, ein Jahr zurückliegt,
so viel Begründung nach Schutz der niedrigen Einkommen, daß
wir wohl hoffen durften, daß dieses Verlangen nicht rücksichtslos
zur Seite geschoben wird, daß wir hoffen durften, daß
es eine etwas größere Aufmerksamkeit seitens der Finanzverwaltung
finden werde, als etwa im Ausmaße der Regelung dieser Frage
in der Vorlage, die im Augenblicke zur Debatte steht. Für
den wahrhaften Sozialpolitiker gibt es freilich nach dem Gange
der Verhandlungen über die zukünftige Steuergesetzgebung
nach hierin nichts als eine einzige große Enttäuschung.
Es ist, als ob durch die Steuerreform geradezu mit Absicht unseren
besseren Erkenntnissen und sozialen Erwägungen zuwider gehandelt
werden sollte. Das muß uns dann in der Meinung bestärken,
daß diese Gesetzgebung in ihrer Hauptsache nur einen Abschnitt
innerhalb des Systems rückläufiger Tendenz in der Sozialpolitik
darstellt. Freilich, leider sagen wir dazu, einen besonders weitgehenden
Abschnitt.
Wir wollen eindeutig erklären, daß
die Bestimmungen über die Einkommensteuer in der Regierungsvorlage
zweifellos eine teilweise Ermäßigung der derzeitigen
Besteuerung besonders der Angestellten beinhalten. Die Steuersätze
werden grundsätzlich ermäßigt, sie werden etwa
40% niedriger sein als bisher. Das bedeutet aber eben nur eine
Ermäßigung der heutigen Leistungen, eine Verbesserung
an dem heutigen unerträglichen Zustande, bei weitem aber
nicht auch nur eine Herstellung etwa des Friedensverhältnisses,
von dem wir keineswegs behaupten können, daß es ideal
war. Ich führe hiefür noch Zahlen an.
Eine der Änderungen enthält das Gesetz
über die Einkommensteuer in der Bestimmung, daß diese
Steuer bei Lohnempfängern nicht mehr wie bisher eine vorgeschriebene
Steuer ist, sondern von nun an eine Lohnsteur sein wird. Grundsätzlich
sollen nach § 30 des Steuergesetzes 2% vom Bruttolohn, bezw.
vom Bruttogehalt abgezogen werden. Der Entwurf setzt das steuerfreie
Existenzminimum auf 7.000 Kronen hinauf, diese Grenze wird bei
Steuerträgern mit 4, 5, 6 Kindern außer der Ehegattin
auf 9.200, 11.100, 13.000 Kronen erhöht. Da können wir
nicht unterlassen, erneut festzustellen, daß diese Verbesserung
keine genügende ist, daß sie nicht einmal die Relation
der Vorkriegszeit schafft. Es ist zwar eine Heraufsetzung der
Grenze des steuerfreien Existenzminimums von 6.000 auf 7.000 Kronen,
aber die anderen Grenzfälle der Hinaufsetzung des steuerfreien
Existenzminimums etwa auf 9.200, 11.000 und 13.000 Kronen sind
nur Grenzfälle, die bei den heutigen Zuständen sozialer
Verelendung, aus denen eine Familie mit 5 oder 6 Kindern gar nicht
mehr herauswachsen kann, nie in Kraft treten werden. Die heutige
Wohnungsnot schafft doch niemals mehr die Möglichkeit einer
Familiengründung mit diesen Perspektiven einer, vier- oder
fünfköpfigen Familie. Es ist ganz ausgeschlossen, daß
bei den heutigen Zuständen der Verelendung der Wohnungsverhältnisse
sich derartige Fälle entwickeln könnten; infolgedessen
ist eine zukünftige Familie in diesem Umfange nicht möglich,
der zur Grundlage einer etwa wesentlichen Erhöhung des Existenzminimums,
wie sich das die Regierungsvorlage vorstellt, genommen werden
könnte. Wir müssen daher diese durch das Gesetz bestimmten
wesentlichen Erhöhungen des steuerfreien Existenzminimums
auf 9.200, 11.000 und 13.000 Kronen als - wenn ich so sagen kann,
um zu versuchen, mich zart auszudrücken - Täuschung
der Öffentlichkeit bezeichnen.
Der Betrag des steuerfrei en Existenzminimums
der Vorkriegszeit müßte, um einigermaßen der
realen Entwertung des ziffernmäßigen Einkommens der
Gegenwart angeglichen zu werden, auf mindestens 16.000 Kronen
hinaufgesetzt werden. Einer solchen Regelung läge die zehnfache
Entwertungsziffer zugrunde. Geschähe es, dann wäre das
erst eine Reproduktion des Friedensverhältnisses. Nach den
Untersuchungen des Statistischen Staatsamtes selbst beträgt
der Teuerungsindex im Durchschnitt 1100. So hat z. B. auch der
Sekretär Zeman des Zuckerindustriellenverbandes berechnet,
daß die Preissteigerung bei Lebensmitteln 1098% und bei
sonstigen Bedarfsartikeln 1136% ausmacht. Diese Tatsache ist die
Grundlage unseres Verlangens nach einer wesentlichen Erhöhung
des Existenzminimums, ist die sachliche, durch keine Demagogie
getrübte Grundlage unserer Anträge und sie war schon
die sachliche Grundlage auch unserer vorjährigen Anträge
auf eine entsprechende Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums.
Ich persönlich beantragte schon 1926 bei der schon einigemal
von mir erwähnten Verhandlung des Gesetzes über die
Zuschläge zu den direkten Steuern die Hinaufsetzung des steuerfreien
Existenzminimums von 6000 auf 12.000 Kronen beim ledigen Arbeiter
und auf 18.000 Kè beim verheirateten Arbeiter. Und ich
ließ damals auch die wirklich akzeptabel erscheinende Möglichkeit
offen, eine mittlere Grenze für beide Kategorien zu finden,
die auch mein Kollege Krebs im Budgetausschuß beantragt
hat. Leider ist es uns nicht gelungen, dieses Verlangen auch nur
annähernd verwirklicht zu bekommen. So wird es nach der angedeuteten
Stellungnahme der Regierung dazu kommen, daß ein Angestellter,
der mit einem Monatsbezug von 1000 Kè nicht nur
sich selbst er rangiert ja als Familienerhalter jedenfalls zuletzt,
wenn er ein moralischer Mensch sein will - der also mit 1000 Kè
monatlich nicht nur sich selbst, sondern auch Frau und 5 Kinder
zu ernähren hat, zur Steuerzahlung
herangezogen wird. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, die eine unendliche
Verbitterung schaffen muß. Stellen Sie sich nur einmal die
Lage eines Angestellten vor, der über einen Monatsbezug von
lediglich 1000 Kè verfügt, der damit eine 6köpfige
Familie ernähren soll, wenn er trotz aller Schwierigkeiten,
die sich hieraus ergeben, außerdem noch zur Steuerleistung
herangezogen wird. Der Steuerfiskus aber stellt sich gegen jede
soziale Erwägung taub, er beachtet die auch für ihn
bestehenden sozialen Aufgaben nicht, er läßt die Menschen
nicht einmal im Elend ungeschoren, er nimmt ihnen die letzte Lebensmöglichkeit.
Mit diesen Bestimmungen erreicht der Steuerfiskus, daß die
Ermäßigungen bei der Einkommensteuer für Arbeitnehmer
sich nur in den seltensten Fällen auswirken werden, nur in
den seltensten Fällen sich auswirken können; in 90%
der Fälle wird vom Arbeitnehmer der Obolus ohne besondere
Ermäßigung und ohne besondere Begünstigung eben
geleistet werden müssen.
Ich habe im Vorjahr den Standpunkt vertreten,
daß das auch im Interesse der Staatsverwaltung selbst vermieden
werden könnte. Was war dann die Folge einer solchen Praxis?
Die Schaffung eines neuen zahlenmäßig ungeheheueren
Standes an Steuerträgern. Die Tausende, Zehntausende und
Hunderttausende von Arbeitnehmern, die in der Vorkriegszeit aus
begreiflichen Gründen infolge ihrer Einkommensverhältnisse
aus jeder Steuerleistung ausgeschaltet wurden, hat man hier zu
Steuerträgern gemacht - die Folge dieser Praxis habe ich
in meiner vorjährigen Rede aufgezeigt. Wir bekamen durch
die ungenügende Relation zwischen Einkommen und Steuerfreiheit
einen mindestens 50%igen Zuwachs an Zensiten. Jeder wurde einkommensteuerpflichtig.
Und, meine Herren, was bedeutet das? Jeder, auch der Arbeiterzensit,
mußte und muß durch die Finanzverwaltung seine Behandlung
erfahren, und wenngleich die Behandlung des Arbeiterzensiten nicht
so umfangreich ist, wie vielleicht die des großen Steuerträgers,
wenngleich weiters, die neuen Gesetze die finanzielle Gebahrung
noch einfacher gestalten, indem die Arbeitgeber zur Hilfe herangezogen
werden, so beschwerte doch die Behandlung des neugeschaffenen
Standes der Arbeitersteuerträger und beschwert weiter die
Administrative. Ich glaube, daß ich die Ziffer nicht korrigieren
muß, ich glaube, daß man mit einem Zuwachs von 50%
Zensiten rechnen kann. Kein Wunder, wenn wie durch so viel anderes
auch hiedurch die Arbeiten der Finanzverwaltung ins Stocken geraten.
(Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Zierhut.)
In den letzten Jahren blieb man allgemein mit
den Vorschreibungen der Personaleinkommensteuer zurück, also
auch für den Arbeiter, den man solcher Art zum Steuerträger
geschaffen hatte. Auch die Arbeiter gelangten erst in den Jahren
1924 und 1925 in den Besitz der nachträglichen Vorschreibungen
für die Jahre 1919 bis 1923. Wir können uns der traurigen
Folgewirkungen dieses Umstandes erinnern. War es den anderen Menschen
nicht möglich, nachträglich für so viele Jahre
auf einmal Personaleinkommensteuer zu bezahlen, dann war es dem
Arbeiter erst recht nicht möglich; es mußte zu Steuererleichterungen
für die Arbeitnehmer geschritten werden, die wir aus der
Durchführung kennen. Es wäre eine interessante Reminiszenz,
die ich pflegen könnte. So kam man im vorigen Jahre dorthin,
daß man jede Vorschreibung wieder überrechnen mußte,
daß man sich anschicken mußte, einen langwierigen
Ratenzahlungsprozeß auf die Steuern zu bewilligen. Die Administrative
leistete eine ungeheuere Arbeit, welche, wenn man sie in Werte
umrechnete, den erzielten finanziellen Effekt der Arbeitnehmersteuern
für den Staat vollständig illusorisch machte. Wenn ich
das anführe, so zu dem Zweck, auch ein staatswirtschaftliches
Moment für die Befreiung der niedrigsten Einkommen der Arbeitnehmer
von jeder Steuerleistung ins Feld zu führen. Das gilt auch
für weiterhin. Auch in Hinkunft wird der finanzielle Effekt,
welcher aus der Arbeitersteuer für den Staat fließt,
durch die Kosten der Mehrbehandlung so vieler Steuerfälle
durch die Administrative ausbilanziert werden. Das kann keine
Korrektur erfahren durch die Heranziehung des Arbeitgebers zum
Steuerexekutor. Die Arbeit muß so wie so geleistet werden,
und das bedeutet in allen Fällen einen unnötigen, von
keinem finanziellen Ergebnis begleiteten Aufwand. Die Vereinfachung
besteht lediglich in der Methode der perzentuellen Taxierung der
Löhne und Gehälter für die Zwecke der Steuerleistung.
2% vom Lohn! Das ist der Satz, der ohne größere Berechnungen
als Tributgröße aufgestellt wird. Durch das letztere
Wort bezeichnen wir, wir glauben das behaupten zu können,
am richtigsten den Sinn der Übung. Es handelt sich nur um
die Einrichtung einer Tributverpflichtung, der jeder zu genügen
hat, auch für den Fall ungenügenden Einkommens; jeder
soll zu dem Begriffe der Finanzhoheit des Staates gelangen. In
dieser Beziehung sind die Bestimmungen des neuen Steuerreformentwurfes
so verflucht ähnlich den sonstigen Gesetzen, die sich in
Vorbereitung befinden, wie etwa der Gesetzentwurf, betreffend
die Neuregelung der Finanzverwaltung der territorialen Selbstverwaltungsverbände,
wie die Verwaltungsreform. Gesetze, die allesamt scheinbar zum
Zwecke geschaffen werden, den Staatsbürger die Staatshoheit,
die Staatsautorität spüren zu lassen. Das wäre
vom Standpunkte der Staatsverwaltung oder der Staatsführung
vielleicht nicht einmal so ungeschickt, selbst wenn sich dieses
Verspürbarmachen des Staates in seiner Verwaltung, in seiner
Führung im besonderen Sinne als etwa im Sinne der Bestimmungen
der vorliegenden Gesetze darstellt; daß aber der Staat von
der Methode, seine Hoheit seinen Bürgern in besonderer Weise
zu illustrieren, in dieser Form Anwendung macht, das kann als
praktische Folge nur eine neuentstehende tausendfache Verbitterung
haben.
Die Bestimmungen hierüber, daß ein
jeder Arbeiter oder Angestellte das Recht hat, sich aus der generellen
Steuerbehandlung herauszuschälen und auch die individuelle
Steuerbehandlung zu fordern, vermag an der einzurichtenden Tributverpflichtung
des kleinen und kleinsten Einkommensträgers nichts zu ändern.
Das Finanzministerium vertritt neuerlich den unabänderlichen
Standpunkt, daß jeder Steuerträger, also auch der Arbeiter
und Angestellte, die Steuer aus Eigenem zu bezahlen hat. Dieser
Standpunkt illustriert die Absicht des Staates, die Staatshoheit
verspürbar zu machen. Die Steuer darf nicht überwälzt
werden, es muß jeder die Finanzhoheit spüren. Die Regierungsvorlage
enthält eine Reihe von Bestimmungen, welche die Unternehmer
zwingen, die bisherige Einrichtung der Tragung der Steuern wie
auch der anderen sozialen Lasten einzustellen. Der § 341
besagt ausdrücklich, daß Vereinbarungen, nach denen
der Unternehmer die direkten Steuern an Stelle seiner steuerpflichtigen
Arbeiter und Angestellten ganz oder teilweise entrichtet, rechtsungültig
sind. Wenn nichts unsere eben dargetane Auffassung vom Zweck und
Sinn der Einrichtung der Arbeitnehmersteuern bestätigt, so
das Meritum des § 341. In diesem Paragraphen ist nichts anderes
gelegen, als eine Art Justamentstandpunkt der Finanzverwaltung,
der durchgeführt werden muß, ohne alle soziale, aber
auch praktische Erwägung hinsichtlich des zu schaffenden
erträglichen Verhältnisses des Staatsbürgers zum
Staate und seiner Verwaltung.
Wir haben den Herrn Finanzminister genügend
darauf aufmerksam gemacht, daß gerade sein Standpunkt zum
Kapitel der Arbeitersteuern für sein Ressort wie den gesamten
Staat wertlos ist. Wir können auch nicht von einer Milderung
seines kategorischen Imperativs sprechen, wenn er nachträglich,
durch unsere Gründe bewogen, schließlich Erleichterungen
zusagte in Beziehung auf die doch zu schaffende Möglichkeit,
die Arbeitnehmersteuern durch den Arbeitgeber tragen zu lassen,
wenn er sich hierin nicht ändert, daß er auf keinen
Fall von dem Arbeitgeber übernommene Steuern Abzugsposten
sein läßt.
Noch trauriger ist der Geist des Gesetzes bei
den §§ 15, 17, 55, 78 und dem schon erwähnten §
341. Diese Paragraphen beinhalten, daß der Arbeitgeber dann,
wenn er für seine Arbeiter und Angestellten eine über
das gesetzliche Maß hinausgehende Leistung an Krankenkassen-,
bzw. Pensionsbeiträgen aufbringt, diese dem Reingewinn zuzuschlagen
und zu versteuern hat. Die selbstverständliche Folge solcher
gesetzlicher Regelung ist und muß bei den heutigen Verhältnissen
die sein, daß die Arbeitgeber diese Zahlungen einstellen.
Es ist auch für uns begreiflich, wenn ein solcher Arbeitgeber
versucht, sich davor zu schützen, für seine soziale
Einsicht vielleicht noch eine Steuer leisten zu müssen. Eine
weitere Folge wird sein, daß Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer entstehen, wenn etwa die ersteren versuchen,
die bis jetzt von ihnen erstatteten sozialen Leistungen auf die
Arbeitnehmer zu überwälzen, denselben also Mehrleistungen
aufbürden, ohne sie in Form einer Erhöhung ihrer Lohn-
oder Gehaltsbezüge zu korrigieren. Das alles ergänzt
die Bestimmungen hierüber, daß vom Arbeitgeber bezahlte
Steuern für die Arbeitnehmer keine Abzugsposten bilden, ja
daß sogar Kollektivverträge verboten sind, die etwa
als ein freiwilliges Übereinkommen festlegten, daß
der Arbeitgeber Steuern für seine Angestellten bezahlt. Wir
könnten diese künftigen Ordnungen - es ist gewiß
kein Zweifel, daß sie Gesetz werden, vor einer Abweisung
durch die Mehrheit sind sie im Hause ebenso sicher wie im Ausschuß
- vom rein sachlichen Gesichtspunkte einer Rechtsverletzung des
gewährten Rechtes aus beurteilen. Aber ich will diese Seite
ihrer Beurteilung nicht einmal durchführen.
Weit mehr kritisiere ich heute die sozialrückläufige
Tendenz, die sich gerade da offenbart, wo eine Unterbindung privater
Opferwilligkeit auf sozialem Gebiete erfolgt. Das ist beiläufig
das Widerlichste, meine Herren, was wir festzustellen haben und
was wir erleben müssen. Der Grundsatz, den die Staatsverwaltung
solcher Art anwendet, ist uns allerdings kein neuer und kein unbekannter.
Wir haben ihn schon einigemale feststellen müssen. Zuletzt
erst wieder bei der Behandlung der Gesetze, welche auf eine neue
und etwas endgültigere Art als es bisher geschehen war, die
Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten fixierten. Auch in diesem
waren Bestimmungen einverleibt, die später Annahme fanden,
nach denen andere als staatliche öffentliche Angestellte,
sagen wir Angestellte der autonomen Behörden, Gemeinden und
Bezirke, nicht besser gestellt werden durften, als die Staatsbeamten
selbst. Es scheint so, als ob die Staatsverwaltung und Staatsführung,
welche die Verantwortung für die Gestaltung der sozialen
Verhältnisse der ihnen anvertrauten Beamten und Angestellten,
sowie der Angestellten überhaupt durch die Form der Sozialgesetzgebung
trägt, in jeder privaten sozialen Opferwilligkeit eine unlautere
Konkurrenz sich selbst gegenüber empfindet. Wir, die wir
sonst im Verlangen nach einem Gesetze über den unlauteren
Wettbewerb die größten Rufer im Streite sind, sagen,
daß es in der sozialen Hilfstätigkeit unlauteren Wettbewerb
nicht geben darf und kann. Aber es offenbart sich gerade in diesen
Dingen der Sinn des Gesetzes, den ich schon einmal aufzeigte,
am besten. Die Konsolidierung der anderen über das Wohl der
Massen hinweg, die so wie bei der Aufbringung der indirekten Steuern
des Staates auch bei den direkten Leistungen den verhältnismäßig
größten Anteil zu entrichten haben. Das gilt von den
breiten Massen schlechthin, nicht ausschließlich vom unselbständigen
Arbeiter oder unselbständigen Angestellten. Das gilt auch
derzeit von dem kleinen selbständigen Einkommensträger.
Soweit sind wir nicht Laien der Finanzverwaltung gegenüber,
daß wir nicht sehen könnten. Wir sehen klarer als die
Finanzverwaltung glaubt, die Richtung, in der getrieben werden
soll. Wir lesen den Staatsvoranschlag, Gott sei Dank, nicht als
Geheimbuch. Die Zahlen der Staatsvoranschläge geben uns den
Schlüssel zur Erkenntnis der Absichten der Staatsführung.
Aus dem Staatsvoranschlag für das Jahr 1927 sehen wir noch
mehr als aus den Voranschlägen der letzten Jahre eine gesteigerte
Post bezüglich der Arbeiter- und Massensteuern. Wir kommen
um diese Zahlen nicht herum, die uns diese Staatsvoranschläge
zeigen und wir können, um unseren Standpunkt der Öffentlichkeit
gegenüber so deutlich zu belegen als möglich ist, diese
Zahlen nicht unange-wendet lassen. Wenn ich vorher behauptet habe,
daß ich beweisen will, daß das Verhältnis zwischen
den direkten Leistungen und den indirekten krasser geworden ist
als jemals, so kann ich das durch einen Vergleich der Massensteuern,
der indirekten Steuern der Jahre 1925 und 1927. Die Ziffern geben
eine Illustration, die keinen Widerspruch zu befürchten hat.
Die Umsatzsteuer, die im Jahre 1925 1593 Millionen betrug, also
rund 11/2 Milliarden, ist nach dem Staatsvoranschlag
für 1927 auf 1900 Millionen, also rund auf 2 Milliarden
Kè gestiegen. Die Zölle haben im heurigen Staatsvoranschlage
gegenüber dem Staatsvoranschlag des Jahres 1925 eine Steigerung
von 845 Millionen Kronen auf 1043 Millionen Kronen erfahren. Die
Spiritussteuer, die Zündwarensteuer, die
Getränkesteuer, die Fleischsteuer, die Kohlensteuer, die
Eisenbahnfahrkartensteuer, die Abgaben für Amtshandlungen
und alle andern indirekten Steuern erfuhren heute, 1927, gegenüber
1925 die gewaltige Gesamtsteigerung von 800 Millionen Kronen.
Wenn wir das lesen, da enthüllt sich uns die Absicht der
finanziellen Staatsführung so nackt, wie das nur irgendwie
möglich ist. Es enthüllt sich uns die Absicht der Staatsführung,
alle finanziellen Schwierigkeiten des Staates, die aus Sünden
der Vergangenheit ebenso gut resultieren wie aus den Sünden
der Gegenwart, in ihren Folgewirkungen auf das schaffende Menschentum
dieses Staates abzuladen. Und wir sind verpflichtet, gerade diesen
Plänen gegenüber mit einer äußerst strengen
Kritik aufzuwarten. Wir sind als deutsche Nationalsozialisten
nicht gegen eine Neuordnung des Steuerwesens, im Gegenteil, seit
Jahr und Tag plädieren wir für eine solche Neuordnung.
Aber wenn die Neuordnung des Steuerwesens von uns angenommen werden
soll, dann muß ihr Ziel so deutlich, wie die heutige Neuordnung
das Gegenteil zeigt, die Absicht des Schutzes der tatsächlichen
Arbeit des Staates aufzeigen, die von den schaffenden Menschen
desselben geleistet wird. Dann müßte diese Neuordnung
auf anderen Grundsätzen basiert sein als die Neuordnung,
die jetzt geschaffen wird.