Støeda 4. kvìtna 1927

Wir werden uns entschließen müssen, im Anschluß an meine Forderung nach Ökonomisierung und Kommerzialisierung der staatlichen Betriebe und Unternehmungen auch die Tarife der Post und Eisenbahn auf ein vernünftiges Maß herabzubringen. Wir sind nicht mehr weit davon entfernt, das teuerste Postporto und die teuersten Telephongebühren, die teuersten Eisenbahnfrachten zu haben, während Deutschland gerade die Eisenbahntarife herabsetzt und darnach trachtet, in das Wirtschaftsleben wieder einen anderen Geist zu bringen. Genau das gleiche tat Deutschland auch mit der Luxus- und Umsatzsteuer, mit der Wiederherstellung des Post- und Telegraphengeheimnisses, sowie des Bankgeheimnisses. Darauf komme ich noch zu sprechen.

Wir werden einen ganz anderen Standpunkt einnehmen müssen bezüglich unserer handelspolitischen Beziehungen zu unseren Nachbarn. Dieses Kapitel bedeutet das Um und Auf der Wirtschaft. Ich habe Ihnen vorhin die Abhängigkeit des Handelsministeriums vom Außenministerium angedeutet. Bei der Behandlung handelspolitischer Fragen müssen wir die Meistbegünstigungsverträge und die Tarifverträge unterscheiden. Die Meistbegünstigungsverträge besitzen wir wie die meisten anderen Staaten mit den übrigen Staaten Europas, ich glaube mit Ausnahme von Esthland; aber mit jenen Staaten, mit denen uns enge Beziehungen verknüpfen, wie Deutschland, Österreich, Ungarn u. s. w., da brauchen wir mehr als Meistbegünstigungsverträge, mit denen müssen wir vernünftige Zollverträge haben. Wenn uns die fehlen, dann kommt die wirtschaftliche Verbindung mit diesen Ländern nicht in Fluß. Das aber ist die Tragik des Schicksals und bestätigt, was ich vorhin gesagt habe: wir haben zwar einen Handelsvertrag mit Frankreich, einen Handelsvertrag mit Spanien, mit der Schweiz, einen provisorischen Vertrag mit Kanada, aber die Kleine Entente fehlt in der Reihe der Handelsverträge! Das ist direkt tragisch und bezeichnend für unsere Außenpolitik, daß gerade mit denjenigen, die unsere Verbündeten sind, es nicht nur in politischer Beziehung, sondern auch in nationaler Beziehung sein sollen, daß gerade mit diesen Staaten die Handelsverträge fehlen. Schauen Sie sich den Zustand an. Wir haben noch keinen Handelsvertrag mit Deutschland, wir haben eben erst den Abschluß mit Ungarn bekommen; und sehen Sie sich die Zustände mit Österreich an. Dieses Land hat man, wiewohl man viel mehr ausgeführt als eingeführt hat, direkt brüskiert, bis sich dieses arme Land nicht mehr zu helfen wußte und erklärte: Jetzt wird der Vertrag gekündigt, jetzt wird es mir zu dumm! Heute sind wir im Zustande bloß normaler Meistbegünstigung, heute müssen sich unsere Delegierten schinden und plagen, den Vertrag zu Wege zu bringen, weil wir doch das viel größere Interesse daran haben infolge der erhöhten Ausfuhr nach Österreich, wohingegen Österreich nur die Hälfte oder ein Drittel zu uns importiert. Das war eine Politik des Wahnsinns, die hier getrieben worden ist, die das Wirtschaftsleben erschlägt, da wir doch mit 70% auf den Export angewiesen sind. Gerade die Beziehungen zu den bewährten Nachbarländern, die wir wirtschaftlich dringend gebraucht haben, wurden vernachlässigt. Infolgedessen wird in der Behandlung dieser Frage eine Wandlung von Grund auf geschehen müssen, man wird hier Vernunft annehmen müssen, nicht nur politische und nationale Gesichtspunkte reden lassen dürfen, sondern wird sich endlich auch einmal dazu entschließen müssen, wirtschaftliche Belange zu beachten.

Eine große Frage ist die Anerkennung Rußland de jure. Ich habe das Gefühl, daß uns die Regierungsform als solche eigentlich nichts angeht. Wenn wir Gefahr darin sehen, haben wir andere Mittel zu ergreifen, aber jeder Staat hat das Recht, seine Regierungsform und sein System zu wählen, wie er will. Aber wirtschaftlich sollte man sich den Erwägungen für eine Anerkennung Rußlands nicht verschließen und da kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß vielleicht sogar persönliche Momente dafür vorhanden sind, daß diese Anerkennung bis heute nicht zustande gekommen ist.

Ein großes Hindernis und ein unbedingtes Erfordernis für die Beseitigung der Krise bilden die Zölle. Die Zölle sind aufgebaut auf dem Zolltarif von 1896 oder 1906, ich weiß es nicht auswendig. Nun haben sich die Verhältnisse geändert und wir glaubten diese geänderten Verhältnisse durch die Einführung der Zollkoeffizienten zu beherrschen; infolge der wieder geänderten Verhältnisse muß natürlich ein Zolltarif, der nicht von Grund aus auf neuen Ansichten, bzw. neuen Notwendigkeiten aufgebaut ist, unbedingt ins Hintertreffen kommen und muß unmodern werden. Wenn wir unsere Umgebung ansehen, ob Rumänien oder Frankreich oder Italien, alle arbeiten oder haben gearbeitet an der Errichtung eines neuen Zolltarifs. Das ist eine Forderung, die ich privat schon vor Jahren erhoben habe, aber man hat mir immer erklärt: Ja, das ist eine sehr schwierige Sache, das ist nicht so leicht. Aber ich bin der Ansicht, daß man gerade solche Aufgaben angehen muß, und je früher man das tut, desto früher wird man damit auch fertig. Denn unser Zolltarif ist unmodern und erschwert unseren Unterhändlern in den Verhandlungen mit den anderen Staaten ihre Position riesig. Ich will das nur berühren, da ich objektiv bin und in dieser Beziehung nichts verschweigen will. Ich muß vom Standpunkt der Wirtschaft aus erklären, daß die Agrarzölle, wie wir sie voriges Jahr bekommen haben, im Zeitpunkt ihrer Einführung für die Wirtschaft ungemein hindernd gewesen sind und gerade die Verhandlungen mit jenen Ländern riesig erschwerten, wohin wir Industrieprodukte auszuführen haben. Ob das System der Festsetzung der Minimalzölle von vornherein und damit die Bindung des Handelsministeriums, nur bis dorthin gehen zu können, richtig ist, ist eine andere Frage.

Wir haben weiters die Kohlenabgabe, wir haben den Zwang des Visums, wir haben die Notwendigkeit der Reform der Verwaltung, aber wieder nicht in dem Sinne, wie sie jetzt geplant ist, sondern eine vernünftige gerechte Verwaltung, nicht aufgebaut auf dem gegenseitigen Mißtrauen in nationaler Beziehung. Wir haben es notwendig, daß sich das Finanzministerium endlich einmal entschließt, die Geldanstalten zu sanieren. Und hier erkläre ich: Ich habe gerade meinen Bezirken, die in diese Notsphäre hineinfallen, versprochen, daß ich meine ganze Lebenskraft dafür einsetzen werde, daß endlich dieses schreiende Unrecht gelöst wird, und ich richte hier von öffentlicher Stelle an den Herrn Finanzminister den dringenden Appell, endlich dieser Not und diesem Schrecken in den Gegenden, wo diese Verhältnisse herrschen, ein Ende zu machen. Hier gibt es keinen politischen Standpunkt, hier gibt es nur wirtschaftliche Erwägungen und das soziale Erfordernis der Lösung. Aus diesem Grunde ersuche ich ihn höflich und eindringlich namens der von mir Vertretenen, diese Frage endlich anzuschneiden und ihr nicht immer wieder auszuweichen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Horák.)

Wir brauchen dann natürlich auch eine Entlastung in den Ausgaben. Wenn wir uns in Verfolgung der Linie in den Ausgaben nicht zu einer Herabsetzung entschließen können, wenn die Ausgaben immer auf derselben Höhe bleiben, wie bisher, dann kann es bei uns nicht weiter gehen, weil unsere Ausgaben in einem viel größeren Verhältnisse stehen, als es unser Staat in seiner Wirtschaft und bei seiner Population verträgt.

Wenn ich bei den Ausgaben bin, möchte ich mich nun, nachdem ich mich über die Wirtschaft sowohl außenpolitisch, als auch innerpolitisch in ihrem Begriff und in ihren Krisenerscheinungen geäußert habe, dem Gegenstand als solchen zuwenden, der Steuerreform. Die Steuerreform ist nur zu behandeln, wenn man sie unter dem Gesichtswinkel des Budgets nimmt. Es wird Ihnen das im ersten Moment vielleicht befremdlich erscheinen, aber Sie werden sofort begreifen, daß ich vielleicht in dieser Hinsicht recht habe. Der Herr Finanzminister hat sich bezüglich der Steuerreform in seinen Exposées verschiedenartig geäußert, das wesentlichste Moment für mich aber war sein Exposée zum Budget für das Jahr 1927, welches Exposée übrigens in Aufbau und Auffassung von hervorragender Größe ist. Dort liegt das ganze Problem auch für die Lösung der Steuerreform. So sehr ich die wirtschaftlichen, theoretischen und praktischen Erwägungen des Herrn Finanzministers verstehe, muß ich mich trotzdem in einen kolossalen Widerspruch zu ihm setzen, weil diese Erwägungen der Praxis nicht entsprechen. Ein Standpunkt, daß eine Steuer nur ermäßigt werden kann, gleichgiltig ob das die Umsatz- und Luxussteuer oder eine der direkten Steuern ist, wenn sie in einem Maße größter Rigorosität und größter Strenge eingehoben wird, ist nicht richtig. Damit wird man keine Moral heben. Da gibt uns gerade das Budgetexposée über die Auffassung der Finanzverwaltung Aufschluß, indem es erklärt: "Die Finanzverwaltung hofft, trotz Herabsetzung der Steuersätze dieselben Einnahmen zu haben, die Finanzverwaltung hofft bei rigorosester Einhebung der Umsatz- und Luxussteuer, für die eine eigene Revisionsorganisation geschaffen worden ist, die präliminierte Höhe von 1900 auf 2.500 Millionen zu bringen, um dann die Umsatzsteuer um ein halbes Prozent zu ermäßigen." Der Standpunkt gefällt mir gar nicht und ich kann ihn unter keinen Umständen teilen, weil er nicht darnach angetan ist, die Moral zu heben und anderseits wieder viel Ungerechtigkeit in der Weise auslöst, daß von dieser Maßregel immer nur der normale bücherführende Kaufmann getroffen wird, während solche Maßnahmen gegen Leute mit der Buchhaltung in der Westentasche auch beim schärfsten Spürsinn vollständig versagen.

Wenn wir das Budget im ziffernmäßigen Jahresausdruck der Ausgaben- und Einnahmenseite des Staates betrachten, wenn wir bedenken, daß von ihm der kulturelle, wirtschaftliche und soziale Wohlstand des Volkes abhängen soll, so müssen wir erklären, daß das Budget in seinen Ausgaben unverhältnismäßig hoch ist. Wir müssen die Einnahmenseite etwas beleuchten, in der Weise, daß wir die Einnahmen etwas analysieren. In der Privatwirtschaft gilt der Satz: "Meine Ausgaben können sich nur nach meinen Einnahmen richten", während in der Staatswirtschaft angeblich der Satz gilt: "Die Einnahmen richten sich nach den Ausgaben." Die Finanzliteratur erklärt das aber für unrichtig und sagt: "Genau so wie in der Privatwirtschaft, haben sich auch in der Staatswirtschaft die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten". Dadurch kommen Verhältnisse zustande, daß Sie die Einnahmenseite im Verhältnis zur Tragfähigkeit und Kraft des Wirtschaftslebens und der Bevölkerung überspannen müssen, u. zw. notwendigerweise. Das Ganze muß doch aufgebaut sein auf der Erträglichkeit, auf der Humanität und Loyalität, wenn die Voraussetzungen für eine künftige Prosperität gegeben werden sollen.

Wenn wir nun die Einnahmenseite zergliedern, so finden wir darin Abgaben, Zölle, Gebühren u. s. w. Ich wende mich gleich der Einteilung der Steuern zu, die wir in direkte und indirekte Steuern einteilen.

Die indirekten Steuern teilt man ein in die sogenannten Verbrauchs- und in die Verkehrs- oder Handelssteuern. Die Verbrauchssteuern sind die Spiritus-, die Zuckersteuer u. s. w., während man unter den Verkehrssteuern Steuern wie die Kohlenabgabe, die Wasserkraftsteuer, die Verkehrsabgabe, die Umsatzsteuer versteht, letztere soweit sie für den Export in Betracht kommt. Denn die Umsatzsteuer hat eine zweifache Wirkung. Sie wirkt für den Verbrauch im Inland als Verbrauchssteuer und für den Verkehr mit dem Ausland als Verkehrssteuer. Und da komme ich zu einem Kapitel, wo ich mich mit dem Finanzminister in der Praxis vollständig in Widerspruch befinde. Theoretisch gebe ich ihm recht. Er sagt: Die Entlastung der Produktion muß in erster Linie bei den Handelssteuern kommen, weil diese das Produkt vorbelasten, während die importierte Ware mit diesen Steuern nicht belastet ist. Er erklärt, daß die direkten Steuern die Konkurrenzfähigkeit nur indirekt beeinflussen. Theoretisch hat der Finanzminister vollkommen recht. Aber ich spreche als praktischer Wirtschaftler und da sage ich ihm: Für die Konkurrenzfähigkeit sind nicht die Handelssteuern oder die Verkehrssteuern maßgebend, sondern in erster Linie die direkten Steuern. Die Verkehrsteuern drücken sich beim praktischen Kaufmanne oder Wirtschaftler nicht in dem Maße als Steuern aus, der Inbegriff der Steuern kommt bei ihm zum Ausdruck in der Summe des ziffernmäßigen Zahlungsauftrags über die direkten Steuern. Nun dürfen wir nicht glauben, daß der Praktiker die Steuern, die ihm in so hohem Maße kummulativ seit 1914 vorgeschrieben sind, bei der Kalkulation in die Feueresse hängen kann. Diese Steuern sind ein Punkt der Kalkulation und bestimmen gleichzeitig den Exportpreis des Artikels. Ich würde noch etwas von der Ansicht des Finanzministers bezüglich der Verkehrsteuern unterschreiben, aber etwas hindert mich daran. Die Wasserkraftsteuer wird nicht beseitigt, sie wird nur ermäßigt, die Kohlenabgabe wird auch nur ermäßigt, bloß durch Verordnungen, die dem Exporteur die Sache von vornherein direkt erschweren. Ein Moment muß ich aber besonders hervorheben, weil es gerade als Steuer für das ganze Wirtschaftsleben ausschlaggebend ist, das ist die Umsatzsteuer.

Sie ist mit 1900 Millionen präliminiert; man will sie auf 2500 Millionen bringen, dann will man sie erst um ein halbes Prozent ermäßigen. Nun habe ich gefunden, daß der Herr Finanzminister seinerzeit bei dem ersten Gesetze über die Umsatzsteuer Referent war und die Steuer damals als vorübergehend betrachtet hat, während wir heute bei der Verhandlung der Steuerreform gerade die Finanzwirtschaft der Selbstverwaltungskörper zum großen Teile auf der Umsatzsteuer aufgebaut finden. Man kann doch nicht ein Gesetz auf einer Steuer aufbauen, die man eigentlich aus wirtschaftlichen Gründen auf das Austerbeetat gesetzt hat. Das führt mich zu dem Schlusse, daß die Wirtschaft mit dem Abbau der Umsatz- und Luxussteuer noch lange nicht wird rechnen können. Das bildet nicht nur im Verkehr mit dem Ausland Erschwernisse, sondern auch durch die Höhe von 5 bis 8% im Inlande ein schweres Hemmnis für den Inlandverkehr.

Weil ich gerade hier keine Erleichterung in dem Maße, wie es die Wirtschaft fordert, sehe, muß ich natürlich das Schwergewicht darauf legen, daß die Finanzverwaltung eine Erleichterung bei den direkten Steuern herbeiführt. Es wird noch im Laufe der Spezialdebatte der Nachweis zu erbringen sein, daß die Finanzverwaltung nicht in dem Maße der Wirtschaft Rechnung trägt, wie im ersten Augenblicke der Eindruck erweckt werden könnte. Die Proteste, die aus allen Wirtschaftskreisen jeglicher Nation bezüglich der allgemeinen und der besonderen Erwerbsteuer, der Einkommensteuer u. s. w. gekommen sind, zeigen Ihnen, daß die Wirtschaft mit dieser Regelung nicht einverstanden ist. Wenn der Herr Berichterstatter erklärt, daß diese Steuerreform notwendig ist, weil die Produktion überlastet ist, und weiter erklärt, daß diese Steuerreform nur ein Provisorium ist, daß man bei stabileren Verhältnissen eine neue machen wird, so erkläre ich, daß aus diesen Notwendigkeiten man in erster Linie mit niedrigeren Steuern rechnen sollte, um das ganze Wirtschaftsleben in Fluß und Gang zu bringen. Allerdings liegt hier ein Punkt vor, der die Finanzverwaltung in ziemliche Schwierigkeiten bringt.

Objektiv beurteilt, die Finanzpolitik des Staates ist im Anfang von einem falschen Standpunkt ausgegangen. Sie hat nämlich die Ausgabenseite zum Teile auf eine Einnahme aufgebaut, die außerordentlich war. Es hätte der Sachlage nach die Finanzverwaltung ihre Ausgaben auf den präliminierten Einnahmen für das Jahr 1919 und für die kümftigen Jahre von da aufwärts aufbauen müssen. Was hat aber die Finanzverwaltung gemacht? Sie hat, ob mit Recht oder Unrecht, ihre Finanzpolitik auch auf den Einnahmen von 1914 aufwärts aufgebaut, soweit sie das alte Österreich nicht vorgeschrieben hat. Dieser Standpunkt ist falsch. Diese Steuern, wenn man sie schon mit Recht hat vorschreiben können - was ich bezweifle und bestreite - hätten eine Reserve bilden müssen, genau so wie man vom Unternehmer und vom Einzelnen in der Wirtschaft verlangt: "Du darfst Dich nicht über die Steuerkumulierung beklagen; hättest Du nur Deine Reserven gemacht, wie es einem ordentlichen Kaufmann geziemt!" Wenn diese Steuerrückstände von 1914 aufwärts verwendet worden wären an Stelle der Vermögensabgabe, für Währungszwecke oder zur Deckung der Staatsnotenschuld, die wieder die Vorbedingung der Stabilisierung unserer Währung ist, wäre dies eine wesentliche Erleichterung für unsere Wirtschaft gewesen.

Denn vergessen Sie nicht, daß wir unter einem anerkannten Drucke stehen, unter dem heute das Wirtschaftsleben leidet. Wir sind in unserer Eigenschaft als Exportstaat mit 70 bis 75 % auf den Export angewiesen, wir sind abhängig in unserer Währung vom Gedeihen der Handelsbilanz, bzw. der Zahlungsbilanz, und weil diese mit 84% auf die Handelsbilanz angewiesen ist, in erster Linie vom Gedeihen des wirtschaftlichen Lebens; davon ist auch die Stabilität der Währung abhängig, und da können Sie die Probleme durchführen, wie Sie wollen: Gelingt es nicht, die Handelsbilanz in dem Maße zu erhalten und dadurch die Zahlungsbilanz zu gestalten, muß Ihre Währung einen anderen Weg gehen, als den der Stabilität, dann kommen wir wieder in das Hintertreffen, weil wir den Prozeß jetzt erst durch machen müßten, den die Umgebung bereits durchgemacht hat.

Meine Herren! Sie könnten mir sagen: Du bist ein Schwarzmaler. Das hat nämlich in einer Zeitung anläßlich meiner Reden zur Steuerreform gestanden. Die Zeitung schrieb: Dr Rosche malt schwarz. Nun, meine Herren, das ist absolut nicht meine Absicht. Das kann ich Ihnen ehrlich erklären, dazu bin ich zu objektiv, sondern ich male nach bestem Wissen und Gewissen die Dinge, wie sie der Wirklichkeit entsprechen. Ich sage ganz offen: Sie brauchen mir in meiner Oppositionsstellung absolut keinen Glauben zu schenken. Aber dann sage ich Ihnen, muß für Sie das Wort des Finanzministers maßgebend sein, der ausdrücklich die Überlastung der Produktion feststellt, sowohl in seinem Exposée im Budgetausschuß vom Dezember vorigen Jahres, wie in seinem Auferstehungsartikel in den "Lidové Noviny", und der bei allen Gelegenheiten auch im Budgetausschuß das gleiche feststellte. Ferner verweise ich hier auf das Memorandum der èechoslovakischen Regierung, das diese bei der Weltwirtschaftskonferenz abgegeben hat und das eine ähnliche Tendenz aufweist und ich mache Sie weiters aufmerksam auf einen Artikel des Herrn Dr Kramáø, der doch bestimmt in seiner Eigenschaft als Politiker seit 40 Jahren den entsprechenden Einfluß und die Erkenntnis besitzt, und der am 1. Jänner 1927 in den "Národní Listy" geschrieben hat:

"Das neue Jahr soll für uns ein Jahr der Konsolidierung, der politischen wie wirtschaftlichen sein und zwar nicht nur deshalb, weil wir es selbst nach den stürmischen Jahren nach dem Umsturz, wo weder politisch noch wirtschaftlich gerechnet wurde, weil wir eine grüne Oase in der Wüste waren, benötigen, sondern hauptsächlich deshalb, weil rings um uns alle Staaten politisch und wirtschaftlich konsolidiert sind und wir daher schon längst unsere Sonderstellung verloren haben.

Von der politischen Konsolidierung will ich nicht reden, denn ihr Hauptproblem ist die Slovakei, darüber habe ich mich schon geäußert. Die wirtschaftliche Konsolidierung bedeutet bei uns vor allem die Sicherung des Absatzes für unsere Industrie, welche viel zu groß ist für die Zahl unserer Einwohner, also ein Problem, das sich immer mehr verschärft, weil die Nachfolgestaaten mit allen Mitteln eine eigene Industrie erstreben, wodurch sie a us Agrarstaaten zu Staaten mit einem hohen Zollschutz der Industrieprodukte werden, die wir früher dorthin zum größten Teil einführten. Dabei müssen wir dort mit Industriestaaten konkurrieren, mit der Schweiz, ltalien, Deutschland, die nicht so hohe Soziallasten haben und auch nicht mit unmöglichen Zuschlägen versehene Steuern und auch nicht eine die Produktion so sehr belastende Tarifpolitik."

Und Herr Dr. Kramáø findet als das hindernde Moment für das Wirtschaftsleben in erster Linie die Steuern und die Soziallasten und erklärt, daß die Staatseinkünfte nicht herabgesetzt werden können, worüber ich mich übrigens ungemein wundere, und er spricht dann weiter davon, daß wenn wir an die Reparationen denken, einem ernsten Manne vor der Zukunft direkt bange werden müsse. Er erklärt dann: "Aus diesen Gründen befinden wir uns in einer Lage ohne Ausweg, so lange nicht die Mentalität jener geändert wird, welche die Interessen breiter Volksschichten vertreten und zwar so, daß sie auf diese nicht bloß als auf Konsumenten sehen würden, sondern daß sie in ihnen vor allem und hauptsächlich einen untrennbaren Bestandteil der wirtschaftlichen Produktion sehen werden, deren Nichtgedeihen und Sinken gerade diese Schichten am meisten und zuerst verspüren. Die Staatseinkünfte können wir nicht vermindern und wenn wir an die Reparationen denken, wird einem ernsten Manne vor der Zukunft geradezu bange."

Ich erkläre den Inhalt des Artikels des Herrn Dr. Kramáø in seinem Wortlaut ausdrücklich als einen integrierenden Bestandteil meiner heutigen Ausführungen. Dr. Kramáø, der doch Ihr hervorragender Führer ist, hat hier vollständig recht und hat einmal ganz objektiv die Wahrheit an den Tag gelegt. Sehen Sie, meine Herren, ich will Ihnen dadurch den Beweis erbringen, daß ich nicht schwarz male, denn sonst müßten Sie sagen, daß Herr Dr. Kramáø in viel größeren Maße schwarz gemalt hat, als ich. Wenn dem so ist, dann müßten wir uns doch eigentlich sagen, daß wir mit greifbaren Resultaten in der ganzen Steuerreform rechnen müssen. Wenn ich mich nun den direkten Steuern zuwende, so ist es natürlich begreiflich, daß die Finanzverwaltung sich an die Regelung dieser Frage machen mußte. Die Notwendigkeit der Regelung ergibt sich in vielfacher Hinsicht schon durch die Notwendigkeit der Kodifizierung, der Unifizierung und aus den wirtschaftlichen Verhältnissen. Kodifiziert muß das ganze werden, weil das System als solches, bzw. die unendlich vielen Gesetze der Vorkriegszeit, der Kriegszeit und der Nachkriegszeit in einem ungeheuer großen Maße angewachsen sind, was jede Übersichtlichkeit verloren gehen ließ. Ich behaupte, daß in der ganzen Republik kein Finanzbeamter lebt, der nur annähernd die Gesamtheit der Steuergesetze beherrschen könnte. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, wenn wir allein an die Hauszinssteuer denken, die 534 Gesetze und Verordnungen aufweist, die veröffentlicht wurden, ganz abgesehen von den internen Verordnungen und Instruktionen. Die Unifizierung ist natürlich auch notwendig. Denn es geht nicht an, daß wir hie österreichisches, hie ungarisches Recht haben und man wird das ganze natürlich auf eine einheitliche Basis stellen müssen. Das leuchtet mir vollständig ein. Die Notwendigkeit der Steuerreform bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse habe ich Ihnen bereits dargelegt. Bevor ich aber darauf zu sprechen komme, möchte ich der Finanzverwaltung eine andere Auffassung ans Herz legen. Ich sehe erstens einmal die Notwendigkeit ein, die Staatsausgaben unter allen Umständen herabsetzen zu müssen. Ich sehe aber auch die Notwendigkeit ein, daß man die Unternehmungen des Staates rationalisieren muß, um durch deren Gedeihen, soweit sie die öffentlichen Interessen nicht gefährden - und diese Forderung ist zuerst zu erfüllen - den Steuerdruck als solchen zu entlasten. Das ist notwendig, denn der Zustand ist unhaltbar, wenn wir uns überlegen, daß die staatlichen Unternehmungen, abgesehen vom Tabakmonopol, das ja eigentlich mit seinen 1100 Millionen Einnahmen nur eine Verbrauchssteuer darstellt, ungefähr 50 Millionen bei der Post- und Eisenbahn und den Zöllen tragen, also so gut wie nichts. Infolgedessen muß natürlich die ganze Last sich auf die anderen Steuern werfen.


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