Støeda 4. kvìtna 1927

Auf der anderen Seite haben wir gesehen, daß durch die Behandlung der wirtschaftlich schwächeren Nachfolgestaaten diese gezwungen wurden, ihre Verselbständigung durchzuführen. Das hat das Entstehen neuer Industrien in diesen Zwergstaaten, ob es sich nun um Ungarn, um Österreich, um Rumänien oder Jugoslawien handelt, mit sich gebracht. So sehen wir im verarmten Österreich in der Zeit vom 1919 bis 1922 die Entstehung von 1136 neuen Industriebetrieben. Das ist natürlich ein Wahnsinn, ein Kapitalsentzug für die Wirtschaft, der mit Nichtlebensfähigkeit unter allen Umständen in mehr oder minder großen Maße rechnen muß, und wir sind zum großen Teile - das erkläre ich ganz offen an dieser Entwicklung mitschuldig. Hätten wir im richtigen Zeitpunkt mit vernünftiger Umkehr begonnen, dann hätten wir viel vermeiden und selbst wirtschaftlich helfen können. Kurzum, die politischen Verhältnisse ließen es nicht zu. Auf das Kapitel der Außenpolitik in dieser Hinsicht komme ich noch zu sprechen.

Nun werden Sie sagen: Ist das überhaupt von so großer Bedeutung, daß wir auf diese Nachfolgestaaten angewiesen sind? Ich stehe als Kaufmann auf folgendem Standpunkte: Mag der Absatz sein, wie immer er will, als Kaufmann muß ich trachten, mir eine Kundschaft zu erhalten. Wenn ich das nicht tue, wenn ich die Kundschaft brüskiere, geht sie zu einem anderen und ich habe dann das Nachsehen. Wir sind, wie ich vorhin gesagt habe, durch die ziffernmäßige Kleinheit von 131/2 Millionen Einwohnern und auf der anderen Seite durch den großen Wirtschaftsapparat zu einem Exportstaat geworden, der mit ungefähr 70 bis 75% mehr oder weniger auf die Ausfuhr seiner Artikel angewiesen ist. Dazu kommt, daß wir im Gegensatz zu Deutschland und auch zu unseren früheren Verhältnissen nicht die Organisation für den Export haben. Wir haben z. B. nicht ein ausgebildetes Exportzentrum wie Hamburg, Bremen, Lübeck u. s. w. Das sind Momente, die ich nur kurz streifen muß, die aber wirtschaftlich ungemein ins Gewicht fallen. Gablonz hat für seine Artikel wohl eine Exportorganisation, diese hat es aber nicht zuwege gebracht, auch den Export der anderen Wirtschaftszweige mit zu übernehmen. Nun dürfen Sie nicht glauben, daß es leicht ist, ohne eine solche Organisation im Export ersprießlich tätig sein zu können. Es sind Versuche gemacht worden, und da kam eine Pleite nach der anderen. Sie dürfen nicht übersehen, daß gerade für das Exportgeschäft, worauf wir infolge der eingetretenen Verhältnisse vorwiegend angewiesen sind, gerade die Organisation von ungeheuerer Bedeutung geworden ist. Es ist nicht möglich, daß heute der Einzelne, wenn sein Unternehmen nicht eine bestimmte Größe hat, ohne weiteres den Export nach Südamerika oder Kanada oder wohin immer aufnehmen kann. Dazu gehört die Erfassung des ganzen Exportgeschäftes, weil es sonst mit ungeheueren Verlusten verbunden ist. Wenn wir dies in Betracht ziehen, so müssen wir uns fragen: Welche Bedeutung haben denn eigentlich die Nachfolgestaaten, Österreich, Ungarn u. s. w. in der Nachkriegszeit für unsere Wirtschaft?

Wenn ich Deutschland mit in den Kreis einbeziehe, so haben wir auf der Einfuhrseite - unser Interesse in erster Linie ist eigentlich die Ausfuhr - im Jahre 1920 bei Deutschland rund 23.6% der Gesamteinfuhr, 1921 26.13%, 1922 27.85%, 1923 40.42%, 1924 35.22%, 1925 31.27%, 1926 21.21%. Nun hören Sie die Ausfuhrziffern: 1920 12.8%, 1921 11.27%, 1922 18.84%, 1923 20.35%, 1924 19.48%, 1925 22.4%, 1926 19.9%. Das entspricht bei Deutschland einer Abnahme von 35.1 auf 19.9% im Jahre 1926. Nun gehen wir zu den Nachfolgestaaten über: Welche Bedeutung hatte Österreich zu uns als Einfuhrland? Wir führten ein von Österreich 1920 13.01%, 1921 8.84%, 1922 7.77%, 1923 6.52%, 1924 7.84%, 1925 7.36%, 1926 7.37%. Während also bei Österreich unsere Ausfuhr dorthin im Jahre 1920 35.1%, im Jahre 1921 28.6%, im Jahre 1922 21.9%, im Jahre 1923 20.9%, im Jahre 1924 20.6% und im Jahre 1925 17.28%, im Jahre 1926 16.26% ausmachte, sind wir in der Ausfuhr nach Österreich von 35% auf 16.26% zurückgegangen. Wenn Sie die Ausweise unserer Handelsbilanzen ansehen, so sehen Sie - ich habe hier die Handelsbilanzausweise von 1920 bis 1926 - daß in erster Linie als Ausfuhrländer für uns zu allen Zeiten in Betracht gekommen sind: Deutschland, Österreich, Ungarn, u. s. w. Wir werden noch darauf zu sprechen kommen, in welchem Maße man gerade diese Länder bezüglich der Behandlung der Zölle und Handelsverträge brüskiert hat.

Ein weiteres Moment, das Ihnen so recht die Augen öffnen muß, sind die Ausfuhrziffern der Textilindustrie gerade nach diesen Ländern. Die Textilindustrie beträgt ungefähr 80% unserer gesamten Industrie. Und es hatten natürlich die Nachfolgestaaten durch die Einrichtungen auf diesem Wirtschaftsgebiete dort ihr Hauptfeld. Nun hören Sie! Wir hatten nach Österreich im Jahre 1920 eine Ausfuhrziffer von 5539 Millionen. Diese Ausfuhrziffer ist bis zum Jahre 1925 zurückgegangen auf 1.613 Millionen. Wir hatten nach Ungarn eine Ausfuhrziffer an Textilien von 1693 Millionen, die im Jahre 1925 auf 608 Millionen zurückgegangen ist. Wir hatten nach Polen im Jahre 1920 eine Ausfuhr von 349 Millionen, die im Jahre 1925 auf 222 Millionen zurückgegangen ist, nach Jugoslawien eine Ausfuhr von 600 Millionen, im Jahre 1920, die im Jahre 1925 auf 543 Millionen zurückgegangen ist. Nach Rumänien sehen wir eine kleine Steigerung von 302 auf 469 Millionen. Und bei Deutschland eine Steigerung von 503 Millionen auf 1141 Millionen. Dabei dürfen wir aber natürlich nicht übersehen, daß dazwischen auch die Linie der wirtschaftlichen Krise liegt, die sich soweit auswirkte, daß wir z. B. in der Ausfuhr nach Jugoslavien von 600 Millionen im Jahre 1920 auf 91 Millionen im Jahre 1924 gekommen sind. Ähnlich ist es bei Polen. Nach Deutschland haben wir im Jahre 1923 an Textilien lediglich für 315 Millionen ausgeführt. Das sind Ziffern, meine Herren, die natürlich jedem Laien sofort die Augen öffnen müssen. Wir kommen noch darauf zu sprechen, warum das eigentlich bei uns so geworden ist. Ich bin sehr froh, daß ich den Herrn Handelsminister heute hier habe, dessen Person ich ungemein achte, der aber natürlich in seiner Eigenschaft als Handelsminister mit 90% vom Außenministerium abhängt und eigentlich als dessen Gefangener dasitzt. Ich behaupte nämlich Folgendes: Für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse hat unser Außenministerium eine von grundaus falsche Politik gemacht, in dem das Außenministerium dem Handelsministerium keine Basis für die Außenhandelspolitik geschaffen hat. Das ist ein wichtiges Moment. Die Außenhandelspolitik unseres Staates wurde auf Kosten der Volkswirtschaft des Staates betrieben und hat sich auch nur an der Wirtschaft als solcher ausgewirkt. Natürlich ist dadurch in den Arbeiten des Handelsministeriums eine ungeheuer große Lücke eingetreten und es geht nicht an - das muß ich ehrlich erklären - daß man bei der Besprechung dieser Sache einseitig auf dem Handelsministerium herumhackt, sondern man hat in erster Linie hier das Außenministerium beim Kopf zu fassen und es zur Verantwortung zu ziehen. Auch auf dieses Kapitel komme ich noch zu sprechen.

Als weitere Ursache unserer inneren Krise kommt natürlich die Behandlung der Kriegsanleihe in Frage, weiters die Vermögensabgabe, ein Gesetz, von dem selbst die èechischen Zeitungen geschrieben haben, daß es unter Demagogie und Terrorerscheinungen gemacht worden ist. Auf der anderen Seite sehen wir das vollständige Fehlen des Verständnisses für die Sanierung der Geldanstalten, die doch nur wieder durch die Maßnahmen der Regierung bei der Behandlung der Wertpapiere und der Kriegsanleihen in diese Lage geraten sind. Bitte, meine Verehrten, politisch betrachtet ist dieses Problem ausgenützt worden, aber ich verstehe es nicht, daß man bei den heutigen Verhältnissen, wo man den Standpunkt der Gleichen mit Gleichen angenommen hat, wo man andererseits den Stand der Wertpapiere auf eine Basis gestellt hat, wo eine Sanierung eigentlich im Handumdrehen gemacht werden könnte, daß man sich heute noch nicht dazu entschließen kann, während man auf der anderen Seite einsehen muß, daß gerade dies der Ursprung, die Keimzelle des Sparsinns der Bevölkerung sind und daß die Zufuhr von Kapitalien unerläßlich ist. Einseitigkeit ist hier von Grund aus falsch, weil nämlich, gleichgiltig ob es sich um èechische oder deutsche Geldanstalten handelt, sie ja doch in erster Linie das Reservoir zur Aufnahme von Wert und Staatspapieren sind; in dieser Hinsicht wird eigentlich gerade diese Quelle trocken gelegt, während sie für die Volkswirtschaft in Anspruch genommen werden sollte, bei Aufnahme von Hypothekarkrediten und dergl. Wir sehen, daß die inneren Ursachen der Krise natürlich auch vielfach und besonders gerade im Gang unserer Währung in Erscheinung treten.

Wenn wir uns die Wirtschaftsjahre von 1919 an durchnehmen, so finden wir: 1919, 1920, die Bestreitung der Nachkriegsverhältnisse in ihren Bedürfnissen, 1921 sehen wir eine anfängliche Konjunktur in der beginnenden Inflation, wir sehen 1922, 1923 den Übergang von der Inflation zur Deflation, wir sehen 1924/1925 u. s. w. den Zeitpunkt kommen, wo nach Ansicht der Finanzverwaltung die Stabilisierung gewährleistet ist und die Konsolidierung erreicht werden soll. Der Umstand, daß sich die èechische Krone im innern Wert gegenüber den Inflationswert auf das Dreifache erhöht hat, hätte natürlich Maßnahmen mit sich bringen müssen, die diesen Werdegang in normale Bahnen sowohl für die Volkswirtschaft wie die Staatswirtschaft hätten bringen sollen. Da stelle ich nun den Satz auf, den ich mir auch vom Herrn Finanzminister nicht bestreiten lasse. Ich behaupte: Dieser ganze Prozeß des Überganges der Inflation zur Deflation hat sich auf dem Rücken der Volkswirtschaft ausgewirkt. Es hat der Arbeitnehmer von seinem Lohn nachlassen müssen, es hat der Unternehmer seine Erzeugnisse im Preise heruntersetzen müssen. Es sind noch andere Momente in Erscheinung getreten; demgegenüber werde ich jedoch den Nachweis erbringen, daß gerade der Staat trotz dieser Anpassung der Privatwirtschaft an die verbesserte Währung in seinen Ausgaben gleich geblieben ist. Es ist unrichtig, wenn der Herr Finanzminister erklärt, es sei nicht wahr, daß sich die Deflation nur an der Volkswirtschaft ausgewirkt und die Staatswirtschaft nicht betroffen hätte. Das stimmt nicht. Er beruft sich dabei natürlich auf die Schulden, bezw. auf die Verzinsung der Schulden und die Wirkung der höher verwerteten Krone darauf. Dasselbe Moment hat aber doch auch die Privatwirtschaft betroffen. Da gibt es doch keine Ausnahmen.

Wir werden sehen, daß die Steuern, die in der Inflationszeit vorgeschrieben worden sind, in der Deflation mit der höheren Krone in demselben Maße eingehoben worden sind, daß die Staatswirtschaft, bzw. die Finanzverwaltung nicht eine einzige Maßregel getroffen hat, daß sie gesetzlich diesem Erscheinungsprozeß nachgefolgt wäre in der Ermäßigung der Kriegszuschläge u. s. w. Die hat man ruhig weiter eingehoben, bis zur Reform. Was man gemacht hat, war lediglich das Gesetz vom Jahre 1924, wo man aus den Notwendigkeiten als solchen heraus sich entschließen mußte, wirtschaftlich schwachen Unternehmungen, die sonst dem Verfalle anheimgefallen wären, Steuererleichterungen zu gewähren. Und da können Sie versichert sein, daß diese Steuererleichterungen in der Form des Gesetzes und der Verordnungen, wie sie gegeben sind, natürlich erst dann Gewährung finden, wenn, ich möchte sagen, ein Ausgleich oder eine Pleite nicht mehr zu umgehen ist. Das sind natürlich schwerwiegende Momente, die in ihrer Gesamtheit speziell in der Währungspolitik die Wirtschaft ungemein getroffen haben.

Dazu dürfen Sie nicht vergessen: Durch diese Erscheinung, durch die Stabilisierung der Währung, durch das Halten derselben auf 15 oder 16 Centimes - über die Frage läßt sich streiten, ob es besser bei 10 oder 15 Centimes gewesen wären - durch diese Verhältnisse ist die Wirtschaft in eine ungeheuer schwere Krise gekommen, die es mit sich gebracht hat, daß z. B. ganze Industrien das ganze Jahr gestanden sind oder daß Industrien wöchentlich nur 2, 3 bis 4 Tage gearbeitet haben und auf der anderen Seite ist wieder ein ungeheuerer Verlust an Devisen und Valuten in den Nachfolgestaaten gekommen, weil die Abnehmer bei ihrer Skrupellosigkeit und beim Hinauszögern des Kredits lediglich den Lieferanten dafür verantwortlich gemacht haben, daß die èechische Krone so hoch gestiegen ist und die Verluste lediglich den Lieferanten haben tragen lassen, während auf der anderen Seite der Lieferant bei hochwertigen Valuten, beim Pfund u. s. w. von seinem Lieferanten nicht den geringsten Nachlaß irgendwelcher Natur erhalten hat. Das bringt der Charakter der Geschäftsleute mit sich, jeder wird mir bestätigen müssen, daß ich in dieser Beziehung Recht habe.

Diese Verhältnisse haben andererseits Auswirkungen in der Wirtschaft mit sich gebracht, die von ziemlicher Bedeutung sind, ich meine da insbesondere die Ausgleiche und Konkurse. Ich will Ihnen da nur ein Beispiel aus dem Jahre 1926 anführen, damit Sie einen Begriff haben, wie sich die Krisen an der Volkswirtschaft auswirken. Wir hatten im Jahre 1926 2.092 Ausgleichsverfahren mit einem Passivstand von 691 Millionen und einer Überschuldung von 340 Millionen. Wir haben 405 Konkurse mit einem Passivstand von 105.4 Millionen und einer Überschuldung von 58.9 Millionen. Dazu kommen 40 große Fallimente mit 130 Millionen Passiven. Das ergibt zusammen eine Überschuldung von rund 400 Millionen, was beiläufig den Ertrag der besonderen und allgemeinen Erwerbsteuer ohne Zuschläge ausmacht. Die Passiven machen zusammen bei einer Zahl von 2.537 den Betrag von 926 Millionen, also rund einer Milliarde aus. Wir sehen zwar, daß die Passivposten etwas abgenommen haben, wir sehen aber auch, daß die Zahl der Betroffenen zugenommen hat. Auf dies komme ich zu sprechen, wenn ich die Tabellen behandeln werde, die ich Ihnen habe vorlegen lassen. Ich habe einen Ausweis vor mir, in dem 300 Bilanzen aus dem Jahre 1925 von Aktiengesellschaften vorliegen, und zwar erhellt daraus: Von 185 Aktiengesellschaften sind 115 dividendenlos, davon 70 mit einem Kapital von 938 Millionen; bei 37 Aktiengesellschaften mit einem Kapital von 245 Millionen haben wir 43 Millionen Verluste. Das gibt einen ertraglosen Gesamtbetrag von 1.183 Millionen gegenüber dem Vorjahre mit einem Betrag von 675 Millionen. Diese Beträge gehen alle in die vielen Millionen und Milliarden. Ich muß sie zur Charakterisierung des Bildes haben, damit ich Ihnen so recht deutlich zeigen kann, wie sich die Krise als solche auswirkt.

Wir müssen auch ein Wort über die sozialen Lasten sprechen. Da erkläre ich von vorne herein, daß Sie mich nicht für so unmodern halten dürfen, daß ich mich dem Problem der Sozialversicherung entgegenstellen würde. Aber eine Behauptung stelle ich für alle auf, daß die Grundbedingung einer guten Sozialpolitik immer eine gute Wirtschaftspolitik ist, bzw. umgekehrt gilt der Satz genau so, daß eine gute Wirtschaftspolitik die Voraussetzung für eine gute Sozialpolitik ist. Ich wende mich nicht gegen die Leistungen der Anstalt, aber ich bin der Ansicht, daß die Prämien in der jetzigen Höhe nicht in d em Maße gerechtfertigt sind, wie sie ausgesetzt sind. Wir werden untersuchen müssen, ob in dieser Hinsicht die Regien für die ganze Verwaltung nicht zu hoch sind. Wir haben weiters die hohen Post- und Bahntarife. Wir haben uns natürlich auch über das Steuersystem in seinem Gesamtbilde zu unterhalten, wie es die Produktion hindert und wie es auf ihr lastet.

Dazu kommen die großen Bedürfnisse, die das Militär für sich in Anspruch nimmt. Ein offenes Wort unter uns: Wenn Sie bedenken, daß wir für unser Militär seit dem Bestande des Staates rund 23 Milliarden ausgegeben haben, daß wir im Budget für unser Militär ungefähr 1400 Millionen eingesetzt haben, welcher Betrag mehr ausmacht, als der Ertrag der Einkommensteuer des ganzen Jahres, und wenn Sie bedenken, daß dazu noch jährlich der Betrag von 315 Millionen durch 11 Jahre hindurch kommt, was einen Betrag von 3465 Million en ausmacht, so erkläre ich Ihnen ganz offen, daß diese Ausgaben für diesen Apparat der Sicherheit in keinem Verhältnisse zu unserem Staate stehen. Ich bin der Ansicht, daß die geographische Lage als solche den Staat zu militärischen. Maßnahmen, wie man sich sie vielleicht im Generalstab vorstellt, wird niemals zulassen können. Das bringt die Ausdehnung des Staates mit sich, so daß er immer dazu verurteilt sein wird, in kluger Politik den Standpunkt der Neutralität einzunehmen. Wir haben anläßlich der Wehrvorlagen hier Worte gehört, die durchaus nicht am Platze waren, wo ich anders darüber denke und wo ich glaube, daß auch die Herren auf èechischer Seite bei einer vernünftigen Behandlung der ganzen Sache ein ganz anderes Bild vor Augen haben. Aber bei dem Standpunkte müssen wir trachten, diese Rüstungen unter allen Umständen kleiner zu machen, weil von ihnen die Herabsetzung der Ausgaben des Staates abhängt. Ich bin der Ansicht, daß Sie diese Macht außenpolitisch nicht brauchen, und wenn Sie sie außenpolitisch brauchen sollten, brauchen Sie diese lange Dienstzeit nicht. Wer den Krieg in eigener Person mitgemacht hat, wird wissen und beurteilen können, wie ungeheuer leicht und schnell dieses Handwerk erlernt wird. Andererseits bin ich der Ansicht, daß zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern man den Apparat keinesfalls braucht und was die Repräsentationsbelange betrifft, so glaube ich, daß dazu bestimmt ein kleinerer Apparat genügen würde. Das ist das Hauptproblem. Wenn Sie das übersehen, wenn sich heute die Lenker des Staates nicht auf den Vernunftsgedanken festlegen, so werden Sie natürlich aus der Hauptausgabenpost nie irgendwie eine Verminderung im Budget herbeiführen, was meiner Ansicht nach unbedingt notwendig ist, weil ich den Nachweis erbringen will - ob es mir gelingt, weiß ich nicht - daß der Staat über seine Verhältnisse lebt.

Nachdem wir uns in großen Zügen über die inneren Ursachen der Krise ausgesprochen haben, müssen wir uns natürlich auch die Frage vorlegen, was geeignet wäre, diese krisenhaften Erscheinungen, die die Volkswirtschaft nicht in Fluß bringen wollen, zu verhindern, bzw. erwägen, wo die Möglichkeiten sind, die Volkswirtschaft besser zu gestalten. Ich habe vorhin erklärt, daß meines Erachtens nach unsere Außenpolitik nicht glücklich geführt wird, und zwar besonders aus dem Grunde, weil sie ganz außer Acht gelassen hat, eine Basis für eine Außenhandelspolitik zu schaffen, daß daher diesbezüglich unbedingt ein Wandel geschehen muß, ein Wandel, der das Hauptgewicht darauf legt, daß man nicht einseitig einen politischen Prestigestandpunkt einnimmt, der nicht notwendigerweise den Größenverhältnissen des Staates, sondern vielleicht mehr den persönlichen Verhältnissen entspricht, daß man eher diese politischen Verhältnisse den wirtschaftlichen wird anpassen müssen. Das ist die Vorbedingung, weil ich mit dem Herrn Berichterstatter Dr. Hnídek darin vollständig einig bin, daß ohne Förderung der wirtschaftlichen Belange die Erfüllung der politischen Belange unmöglich ist, da sie in einem engen Zusammenhang miteinander stehen, genau so wie Staatswirtschaft und Volkswirtschaft, die voneinander genau so abhängig sind, wie die Zusammenhänge zwischen Politik und Wirtschaft. Auf dieses Kapitel kommen wir zu sprechen, wenn wir von Wirtschaft reden, und da muß ich offen er klären, ich erblicke das Heil für die Gesundung jeder Volkswirtschaft in dem Zusammenschluß, bzw. in dem Erfassen aller Kräfte, die an der Volkswirtschaft mitzuwirken imstande sind. Das sind in erster Linie die Hauptfaktoren Handel, Gewerbe und Industrie auf der einen Seite, Landwirtschaft auf der anderen Seite. Ich schließe in diese beiden Komponenten auch die daran beteiligten Angestellten und Arbeitnehmer mit ein, sie stehen bezüglich der Beschäftigung ungefähr in einem Verhältnis von zwei Fünftel zu einem Drittel. Ich bin der Ansicht, daß das Gedeihen der Gesamtwirtschaft nur eintreten kann, wenn diese beiden Komponenten ineinandergreifen wie ein Räderwerk und wenn wir uns endlich zu dem Gedanken durchgerungen haben, daß ein Gedeihen abhängig ist von dem gegenseitigen Verstehen, von dem gegenseitigen Begreifen, daß niemand allein selbständig etwas ist, sondern daß die Zusammenhänge eigentlich vernunftgemäß auf diesen Gedanken führen müssen. Wenn wir bei diesen beiden Komponenten bleiben, so werden Sie mir zugeben müssen, daß die Landwirtschaft abhängig ist von dem Gedeihen von Handel, Gewerbe und Industrie, weil der Konsum nach dem gefördert oder vermindert wird. Man wird sich zu dem Gedanken durchringen müssen, daß heute das Gewerbe keinesfalls selbständig möglich ist, es ist von der Industrie abhängig, die Industrie ist wieder von den Arbeitnehmern abhängig und umgekehrt. Wir haben also eine gegenseitige Abhängigkeit von Industrie und Handel und so sehen wir das Ineinandergreifen der Wirtschaft, wie ich bereits gesagt habe, wie bei einem Räderwerk. Funktioniert das nicht, so muß natürlich der ganze Apparat zum Stillstand kommen. Wenn diese Ansicht nicht vorherrscht, so wird das immer notwendigerweise wirtschaftliche Nachteile auslösen.

Ich behaupte nun, daß den wirtschaftlichen Notwendigkeiten bei uns die politischen Machtverhältnisse nicht entsprechen. Wenn wir uns das tatsächliche Bild ansehen, so müssen Sie zugeben, daß die innere Konstellation ein unvergleichlich großes Übergewicht der Landwirtschaft, politisch ausgedrückt, gegenüber den anderen Komponenten Handel, Gewerbe und Industrie, geschaffen hat. Ich muß sagen, daß Letztere in beiden Häusern sowohl im Abgeordnetenhauses wie im Senat so gut wie keine Vertretung hat, während andererseits die Vertreter der Landwirtschaft mit den Nebenerscheinungen, die vielleicht bei anderen Parteien untergebracht sind, weil bei ihnen das Parteienprinzip dem eigentlichen wirtschaftlichen vorangeht, beiläufig 90 bis 97 ausmachen. Das spielt natürlich eine große Rolle und solange diese Konstellation in der Form vorhanden ist, was wieder durch das Parteisystem herbeigeführt wird, so muß die andere Komponente, repräsentiert durch Handel, Gewerbe und Industrie, unter allen Umständen an die Vernunft der landwirtschaftlichen Kreise appellieren. Das soll keine Bitte sein, das soll kein Flehen sein, das muß aus der unbedingten Notwendigkeit herauswachsen, weil ich der Ansicht bin, daß wenn das gegenseitige Verstehen nicht in dem Maße erfolgt, der andere Teil die Watsche naturgemäß zurückbekommen muß, weil man unter eine bestimmte Ausgabensumme nicht kommen wird. Dieses gegenseitige Verstehen wird also notwendig sein. Ich behaupte, daß, wenn heute sich die Landwirtschaft darauf einstellen würde, einseitig die Lasten für die anderen Wirtschaftskomponenten zu erhöhen, erst einmal die Gewährleistung für ein blühendes Wirtschaftsleben da sein müßte. Ist das nicht vorhanden, so kommen wir aus den krisenhaften Erscheinungen nicht heraus. Ich behaupte: jedes Unternehmen in Handel, Gewerbe oder Industrie in entsprechender Größe, das zugrunde geht, haut hundert Kleinbauern um die Erde, weil sie die Lasten übernehmen müssen. Aus dieser Erwägung heraus meine ich, daß das gegenseitige Verständnis unter allen Umständen kommen muß, vorausgesetzt, daß Sie den Ernst der Situation erfassen.

Die zweite Notwendigkeit wird sein, daß die Wirtschaft, mag sie heißen wie sie will, freigemacht werden muß von jeglichem chauvinistischem Geist. Wieder ein offenes Wort dazu. Es ist die Wirtschaft in dieser Hinsicht in einem Maße beinflußt worden, wie es eigentlich der Natur der ganzen Sache vollständig widerspricht. Ob Sie dadurch klug gehandelt haben, oder ob Sie dadurch insoferne eine Besserung herbeiführen, daß Sie die Steuerquellen zum Versiegen bringen, das ist eine andere Frage, weil auch hier wieder der Satz gilt und gelten muß: Was ich hier umbringe, muß ich auf der anderen Seite durch die entsprechenden Lasten und die öffentliche Belastung eigenhändig und selbst wieder übernehmen. Und meine Herren, dann werden Sie erst einmal sehen, wenn Sie unter denselben Druck gesetzt werden wie bis jetzt die deutsche Wirtschaft gewesen ist. Das kann unter gar keinen Umständen so weitergeführt werden, weil die klare Vernunft Sie dazu führen muß, daß Ihre Wege in dieser Hinsicht irrig waren.

Man spricht davon, daß zur Behebung der Krise die Reorganisation notwendig ist. Natürlich, ich gebe das zu. Der Herr Finanzminister hat in seinem Exposé erklärt: Wir müssen die Industrie reorganisieren, wir müssen rationalisieren. Alles recht und schön! Wir rationalisieren, wir ökonomisieren, stabilisieren, konsolidieren die Staatswirtschaft, und dabei holt die Volkswirtschaft der Teufel. Meine Herren, eine Aufforderung möchte ich an die Finanzverwaltung einmal richten: Nachdem ihr doch so wunderschöne Betriebe unterstehen, wie Salzmonopol, Tabakregie, bitte, bringen Sie erst einmal den Beweis für die Rationalisierung und Ökonomisierung dieser Betriebe, zeigen Sie doch einmal der Privatwirtschaft, wie sie es machen muß, damit sie vorwärts kommt, denn gerade z. B. das Hüttenwesen liegt im argen und hätte gerade in dieser langen Zeit ganz andere Erscheinungen zeitigen müssen. Genau so ist es bei Eisenbahn und Post. Ich verkenne nicht die Notwendigkeit des öffentlichen Interesses bei diesen Betrieben, aber Sie haben selbst Statuten für die Kommerzialisierung dieser Betriebe aufgestellt und da liegt es wieder an der Regierung, einmal der Privatwirtschaft zu zeigen, wie Sie rationalisieren, wie Sie ökonomisieren kann, denn die Privatwirtschaft ist in vielen Fällen zu dieser notwendigen Rationalisierung heute nicht mehr in der Lage. Warum? Weil ihr auf der anderen Seite durch Steuern wie überhaupt durch die öffentliche Gesamtbelastung Kapitalien in einem Maße abgeschöpft worden sind, daß eine Kapitalsbildung nicht möglich war. Aber der Kapitalsbildung kann keine Wirtschaft entbehren und wenn wir nicht die Möglichkeit der Kapitalsbildung bekommen, dann verlieren wir die ganze Konkurrenzfähigkeit, dann entfernen wir uns immer mehr davon, unsere Betriebe irgendwie rationalisieren zu können. Es ist ganz klar, daß die technischen Fortschritte unbedingt auch bei uns angewendet werden müssen, daß die Rationalisierung kommen muß und ich bin mir auch klar darüber: je später sie kommt, in umso größeren Nachteil werden wir geraten. Gerade die krisenhafte Zeit hat Deutschland benützt zu umfassender Rationalisierung und wir werden sehen, was in dieser Hinsicht Deutschland durch die Rationalisierung seiner Wirtschaft uns und überhaupt der ganzen europäischen Wirtschaft vormachen wird. Meine Herren, das sind Gedanken, die natürlich von der Regierung erfaßt sein müssen, aber auch von der Privatwirtschaft, es müssen aber auch auf der anderen Seite die Mittel geliefert werden, damit solche Maßnahmen getroffen werden können. Es ist nicht richtig, was der Herr Finanzminister mit den Worten sagte: Es geht nicht an, daß die Wirtschaft immer kommt, immer ersucht und bettelt. Ich verlange vielmehr die Erfassung der Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Finanzverwaltung und muß auf Unterstützung, regste und wärmste Unterstützung seitens der Finanzverwaltung dringen.


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