Støeda 23. bøezna 1927

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 68. schùzi poslanecké snìnmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve støedu dne 23. bøezna 1927.

1. Øeè posl. dr Keibla (viz str. 230 tìsnopisccké zprávy):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fünf Vorlagen hat die Regierung dem Parlamente vorgelegt, welche das Heerwesen des èechoslovakischen Staates betreffen. Sie alle hängen miteinander ursächlich zusammen, sollen sie doch alle dazu dienen, das èechoslovakische Heer innerlich und äußerlich zu festigen, seine militärische Schlagkraft zu erhöhen und sicherzustellen.

Wenn ein Staat daran geht, seine Wehrmacht auszugestalten, so müssen wohl schwerwiegende Gründe dafür sprechen, Gründe, welche in der Regel in der äußeren Politik zu suchen sind, zumal mit jeder solchen Reorganisation auch gewaltige Opfer der Volkswirtschaft zugemutet werden. In der vergangenen Zeit, im alten Österreich und im kaiserlichen Deutschland, haben neue Militärforderungen die schwersten parlamentarischen Kämpfe ausgelöst, schwere innerpolitische Krisen sind daraus entstanden und die damaligen Regierungen haben sich nur ungern und nur durch die fortschreitende Spannung der zwischenstaatlichen europäischen Verhältnisse gezwungen, zu solchen Vorlagen entschlossen. Ganz anders scheint es in diesem Staate zu sein. Hier geht alles wie am Schnürchen und die Regierung hat alle begründete Hoffnung, die 5 Wehrvorlagen in 2 bis 3 Parlamentssitzungen glatt unter Dach und Fach zu bekommen.

Freilich davon, was diese Vorlagen für die Volkswirtschaft in Wirklichkeit bedeuten, davon wird in den offiziellen Begründungngen nicht gesprochen. Die ungeheueren Kosten des èechoslovakischen Heerwesens interessieren scheinbar niemanden mehr, da sie ja schon im Staatsvoranschlag für 1927 vorweggenommen worden sind. Im Herbste 1926 hat das Parlament auf eine lange Reihe von Jahren hinaus dem Landesverteidigungsminister einen Rüstungskredit von jährlich 315 Millionen bewilligt, also scheint es nur recht und billig, wenn er nunmehr darangeht, diesen Kredit auszunützen, das èechoslovakische Heer ordentlich auszubauen. Selbst der Herr Finanzminister hat festgestellt, daß der hiesige Steuerträger eine weitere Belastung mit Steuern schlechterdings nicht mehr verträgt. Allein das hat ihn freilich nicht gehindert, eine Steuerreform auszuarbeiten, welche gerade die kleinen und mittleren erwerbenden Stände über Gebühr belastet. Er hat weiter behauptet, daß nur ein Drittel des wirklichen Einkommens zur Steuerbemessung einbekannt wird, und hat der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es der Steuerverwaltung gelingen werde, sämtliche Einkommen restlos zu ergreifen. Es kann sich daher die Bevölkerung dieses Staates auf eine nette Zukunft gefaßt machen. Sie wird wirtschaftlich zum Weißbluten gebracht werden durch die Anwendung der künftigen Steuergesetze, ganz gleich, wie im Einzelnen ihre Bestimmungen lauten werden, und dies alles, um den Moloch des Militarismus zu füttern; denn es kann in diesem Staate wohl in Bezug auf Kultur, Unterricht, Volksgesundheit, soziale Fürsorge gespart werden, aber niemals in Bezug auf das Heer.

So bestehen innige Zusammenhänge zwischen dem Staatsvoranschlage, der Steuerreform einerseits und den Wehrvorlagen andererseits. Dabei weiß heute jeder, daß die Wirtschaft dieses Staates sich in einem dauernden krisenhaften Zustand befindet, daß es nur eine Scheinblüte ist, wenn infolge Verwickelungen in anderen Ländern einige Erwerbsgruppen hier zeitweise arbeiten können, und daß die Katastrophe ohne weiteres hereinbrechen kann. Also die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine weitere Ausgestaltung der Wehrmacht fehlen gänzlich, ja sie werden selbst von der Regierung gar nicht behauptet. Es müssen also ganz gewichtige politische Gründe vorhanden sein, die die Regierung veranlassen, trotz den traurigen wirtschaftlichen Verhältnissen mit den Vorlagen vor das Parlament zu treten.

Wenn man den Worten der leitenden Staatsmänner glauben könnte, müßte die ganze Welt ein einziges Friedensparadies sein. Deutschland, der Staat mit 60 Millionen Einwohnern, muß sich mit einem Söldnerheer von 100.000 Mann begnügen, ist also vollkommen abgerüstet; der Präsident von Amerika schickt eine Note nach der anderen nach Europa und fordert in ihnen weitere Abrüstungen; der Völkerbund ist doch da, um alle Kriege im Keime zu verhindern: also warum braucht ausgerechnet die Èechoslovakei ein wohlausgerüstetes zahlreiches Heer? Etwas ist da zweifellos nicht richtig; entweder ist die so allgemein beteuerte Friedensliebe und Bereitwilligkeit zur Abrüstung erheuchelt, oder es besteht keine Notwendigkeit für die Èechoslovakei, ein so großes Heer von rund 130.000 Mann Friedensstand zu halten, zumal sie doch ein Zwergstaat von 15 Millionen Einwohnern ist. Es gibt europäische Staaten, nämlich die nordischen Staaten und die Schweiz, die sich einer gesunden und kräftigen Volkswirtschaft erfreuen und die bereits ihre Militärlasten auf ein Mindestmaß herabgedrückt haben. Auch sie haben strategisch sehr schlecht zu verteidigende Grenzen und die zwischenstaatlichen Verträge, welche ihnen eine gewisse Sicherheit verbürgen, sind schließlich doch eben nichts mehr als Verträge und können im entscheidenden Augenblicke wieder einmal versagen, aber sie haben vor der Èechoslovakischen Republik und deren großen und kleinen Verbündeten eines voraus, nämlich die ehrliche und gradlinige Führung ihrer Außenpolitik, die unter allen Umständen darauf gerichtet ist, alle anderen Völker in Ruhe und Frieden zu lassen, jedem seine Entwicklung zu gönnen, sie seinen eigenen Entschließungen anheim zu stellen und sich somit selbst alle unangenehmen außenpolitischen Verwicklungen zu ersparen.

Anders der hiesige Staat. Nach außen, offiziell trieft er von Friedensliebe, in Wirklichkeit aber läßt er keine Gelegenheit unbenützt, seine unmittelbaren Nachbarn zu reizen und zu schädigen, und bereitet im Geheimen, aber systematisch mit Frankreich im Bunde einen neuen militärischen Überfall auf Mitteleuropa vor. Das ist das èechische politische System und es ist hoch an der Zeit, ihm die Maske von seinem Heuchlergesicht zu reissen. Erinnern wir uns doch! Kaum aus dem Ei gekrochen, hat der èechoslovakische Staat mit Deutschland und Österreich den Wirtschaftskrieg angefangen, der heute noch nicht beendigt ist. Warum ist es nicht möglich, ausgerechnet mit Deutschland einen Handelsvertrag zustande zu bringen, warum wird der Handelsvertrag mit Österreich neu - und hoffentlich auf einer ehrlicheren Grundlage als in Lana - geschlossen werden müssen? Ich bin überzeugt, daß es einer der herrlichsten Tage im Leben des Herrn Außenministers Dr. Beneš war, als Kaiser Karl seinen zweiten Putsch wagte. Abpusseln hätte er ihn sicherlich mögen, wenn er ihn bei sich gehabt hätte. Denn jetzt hatte er die Möglichkeit, gegen Ungarn loszuschlagen und es hätte damals wohl Krieg gegeben, wenn nicht eine höhere Macht dem geschäftigen Gernegroß in den erhobenen Arm gefallen wäre. Erinnern wir uns heute nur an die Rolle, welche Herr Beneš bei der Abstimmung über das Schicksal von Oberschlesien in Genf gespielt hat, an den Zweck, zu dem er die Kleine Entente gründete, an seine Stellungnahme gegen den Anschluß Österreichs an Deutschland. Der Anschluß Österreichs an Deutschland kann zwar verzögert werden, aufzuhalten ist er jedoch nicht, er wird sich ganz von selbst vollziehen und geht als reine Angelegenheit Österreichs niemanden, am allerwenigsten aber die Èechoslovakei etwas an. Diese ist, für sich allein betrachtet, daran weder wirtschaftlich noch politisch beteiligt, es wäre denn in der Art, daß ein Österreich, das als Teil des Deutschen Reiches wirtschaftlich aufblühen und erstarken müßte, für die Èechoslovakei ein wertvollerer Käufer würde als bisher. Aber für Frankreich ist der Anschluß Österreichs an Deutschland aus politischen Prestigegründen unerträglich. In übermütiger Siegerlaune hat es das Deutsche Reich seiner Wehrmacht, seiner Kolonien, seiner besten Industriebezirke und auch Industriegeheimnisse beraubt, nie sollte es sich wieder aus dem Staube erheben dürfen. Die bloße Furcht vor einer künftighin möglichen Vergeltung und Strafe hält die französische Politik trotz Locarno und Briand im Banne. Und da muß Beneš als getreuer Fridolin durch Dick und Dünn mitgehen, wenn er auch der eigenen Volkswirtschaft Gewalt antut. Der Anschluß Österreichs würde Deutschland manches Verlorene reichlich ersetzen, es würde erstarken, und das muß mit allen Mitteln verhindert werden.

Und damit sind wir am Kern der Sache angelangt. Die Èechoslovakei will keinen Frieden, insbesondere nicht mit dem Deutschen Volke - mag es sich als staatsrechtliche Organisation in der Form des Deutschen Reiches oder Österreichs, oder als nationale Minderheit der inneren Politik darstellen - um Frankreichs Willen. Das ist das èechische Regierungssystem seit 1918. Es ist sich immer gleichgeblieben, trotz der verschiedenen Personen, die an seiner Spitze standen, und der verschiedenartigsten Parteien, die da mithalfen, und es ist auch jetzt nicht anders geworden, da zwei deutsche Parteien mitregieren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Horák.) Daher muß das èechische Heer schlagfertig dastehen, daher darf es in seiner Friedensstärke nicht vermindert werden, daher muß es entpolitisiert werden, daher muß die Wirtschaft und insbesondere die deutsche Wirtschaft dieses Staates zur Versorgung der Unteroffiziere miß braucht werden, muß ihr Letztes für die Kriegsrüstungen hergeben, und damit im Ernstfall alles schön und wie am Schnürl geht, wird das Wahlrecht, die persönliche Freiheit, das Hausrecht angetastet und der Rest der Selbstverwaltung umgebracht.

Meine Damen und Herren! Es ist kein Zufall, daß Wehrvorlagen, Steuerreform und die famose Verwaltungsreform gleichzeitig zur Beratung stehen. Sie gehören zusammen, sie ergänzen einander. Nie noch ist das èechische Regierungssystem offener in Erscheinung getreten, nie sind alle Zusammenhänge der inneren und äußeren Politik dieses Staates klarer zutage getreten, als gerade diesmal. Und wer es immer noch nicht begreifen sollte, der kann aus dem Berichte zur Regierungsvorlage betreffend die Aufrechterhaltung der alten Friedenspräsenzstärke, wie er uns im Wehrausschuß vom Herrn Berichterstatter serviert wurde, das Letzte und Entscheidende ersehen. Konform mit dem Regierungsmotivenbericht behauptet er, daß die Èechoslovakei im Verhältnis zu anderen Staaten die kleinste oder eine kleinere Friedenspräsenzstärke habe, die Einführung des Milizsystems, welches das alte Wehrgesetz vorgesehen hatte, sei unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen unmöglich. Bezeichnenderweise führte er wie der Regierungsmotivenbericht nur die entsprechenden Zahlen der Staaten der Kleinen Entente an und auf den Einwand, daß das große Deutsche Reich sich mit 100.000 Söldnern begnügen müsse, antwortete er, Deutschland sei in Wirklichkeit gar nicht abgerüstet, zur Reichswehr müsse man die ganze Polizeimacht, sämtliche vaterländischen Verbände, Turnvereine und Feuerwehren hinzuzählen und da ergebe sich ein Heer von einigen Millionen Mann. Damit hat der Herr Berichterstatter die èechische Politik demaskiert und das wollen wir uns merken. Nun wissen wir ganz genau, wo nach Ansicht derer von den Regierungsbänken der Feind der Èechoslovakischen Republik steht. Hiemit ist aber auch unsere Stellung zu den Wehrvorlagen von selbst gegeben.

Wenn ich mich nun zu den einzelnen Gesetzentwürfen wende und namens meiner Partei sogar einige Abänderungsanträge begründe, so soll damit nur an ihnen eine Kritik geübt werden, die Gesetze an und für sich sind und bleiben für uns als ganzes vollkommen unannehmbar. Wir haben hier zunächst einmal die Vorlage Druck 752, betreffend das militärische Disziplinarrecht. Es kann uns ziemlich gleichgültig sein, wie sich der Staat die inneren Dienstverhältnisse des Militärs ordnet, uns interessiert diese Vorlage nur von dem Standpunkte aus, daß sie miteingefügt ist in das ganze Wehrsystem zu dem Zwecke, die gesamte èechische Wehrmacht zu festigen und auszubauen. Ich werde mich daher mit dieser Vorlage nicht weiter beschäftigen und komme gleich zu dem Druck Nr. 438 und 868, betreffend die Verlängerung der militärischen Präsenzdienstzeit, und zu Druck Nr. 890 und 728, betreffend die Festsetzung der Friedenspräsenzstärke der èechoslovakischen Armee.

Angeblich soll die Regierung den Agrariern beider Nationen versprochen haben, daß sie diese Gesetzesvorlage nur für die nächsten zwei Jahre brauche und sie vom 1. Oktober 1928 werde außer Kraft treten lassen. Ähnlich hat sich bei einem Presseempfang, der erst vor einigen Tagen stattfand, auch der Herr Landesverteidigungsminister geäußert. Ich gebe gerne zu, daß dieses Versprechen gemacht wurde, bezweifle aber, daß es gehalten werden wird. Die Vorlage ist so dem ganzen Wesen der èechischen Politik angemessen, daß es zuerst nötig wäre, daß sich die èechische Politik von Grund aus ändere, ehe es zur Verkürzung der militärischen Dienstzeit überhaupt kommen könnte. Daß das geschieht, glaubt aber wohl heute der stärkste Mann nicht.

Dazu kommt noch die uns allen ja hinlänglich bekannte moralische Auffassung, welche die èechische Regierung von der Einhaltung gegebener Versprechen hat. Der Herr Ministerpräsident Švehla vertrat je bereits bei einer Gelegenheit den Standpunkt, daß er ein gegebenes Versprechen, das er selbst als Innenminister in einem anderen Kabinett abgegeben hat, als späterer Ministerpräsident nicht zu halten verpflichtet sei. Warum sollte der Herr Landesverteidigungsminister anders, moralischer denken? Dasselbe gilt von der angeblichen Zurückziehung des Planes, eine militärische Erziehung der Jugend vor der militärischen Präsenzdienstzeit einzuführen. Es sollen aber auch weitere Versprechungen da sein, um es den deutschen Regierungsparteien leichter zu machen, für die Wehrvorlagen zu stimmen. Es soll eine Landwehr, eine Ersatzreserve eingeführt werden - der Druck 941 ist ja bereits im Hause verteilt worden - die Überzähligen über 70.000 Rekruten sollen unter diese neue Landwehr, die Ersatzreserve, fallen, damit die Landwirte und Gewerbetreibenden nur wenige Wochen von ihrer bürgerlichen Beschäftigung abgehalten werden, und es sollen regelmäßig, wie im alten Österreich, Anbau- und Ernteurlaube gewährt werden. Ich bin überzeugt, daß diese Versprechungen werden eingehalten werden. Denn einmal entsprechen sie den Wünschen der Agrarier und Gewerbevertretern beider Nationen und diese wirtschaftlichen Interessen beherrschen heute die ganze Staatsmaschine, und zweitens wird die Wehrmacht dieses Staates noch mehr vergrößert, wenn man zu der stehenden Linie noch die Kaders der Landwehr und Ersatzreserve dazunimmt.

Diese Dinge liegen also in der sattsam bekannten Richtung der ganzen èechischen Staatspolitik. Aber was bedeutet dies für die anderen Stände und für das andere Volk? Diese Zugeständnisse bedeuten für die landwirtschaftliche und gewerbetreibende Bevölkerung eine derart wesentliche Verkürzung ihrer militärischen Dienstleistung, daß daraus gefolgert werden kann, daß die neuen Wehrgesetze sich überhaupt kaum auf diese Stände mehr beziehen, daß sie also ganz außerordentlich hierdurch bevorzugt werden. Die Lasten, welche die neuen Gesetze der Bevölkerung auferlegen, treffen also alle übrigen Stände, insbesondere den Stand der Arbeiter und Angestellten, sowie die freien Berufe und in ihrer politischen Auswirkung treffen sie das gesamte deutsche Volk überhaupt in seinen Lebensinteressen. Aber um alles das kümmern sich die deutschen Regierungsparteien nicht, sie haben durch diese Versprechungen ihr Schäfchen im Trockenen, alle übrigen Stände und das deutsche Volk in seiner Gesamtheit kann dabei der Teufel holen. (posl. Krumpe: Wir gehören ja auch zum deutschen Volke!) Das sind die ungeheuerlichen Folgen einer engherzigen und engstirnigen Standespolitik, die nur auf sich und die allernächste Zeit sieht, sich mit unverbindlichen Zusagen der augenblicklichen Regierung zufrieden gibt und sich keine Sorgen darüber macht, wie die Dinge ausschauen werden, wenn andere Verhältnisse eintreten, eine andere Regierung ans Ruder kommt.

Nun zur Vorlage Druck Nr. 894, bezw. 849, betreffend die Unterbringung der längerdienenden Unteroffiziere. Für jeden Militärstaat ist die Sorge für seine längerdienenden Unteroffiziere eine selbstverständliche Pflicht. Durch diese Vorlagen hat sich die Èechoslovakei offiziell in die Reihe der Militärstaaten gestellt. Es fragt sich nun: Wie wird diese Versorgung durchgeführt? Da ein längerdienender Unteroffizier zunächst für jeden anderen, als für den Militärberuf kaum befähigt ist, so wäre es das Natürlichste, ihn auch wieder im Militärberuf unterzubringen. Es sollte ihnen die Laufbahn der Subalternoffiziere bis zum Hauptmann offengehalten werden. Daher erscheint die Fassung des § 2, Abs. 1 a), der nur von den Militär- und Gendarmeriegagisten ohne Rangsklasse spricht, zu eng. Allein es ist nicht Sache der Opposition, und schon gar nicht Aufgabe der Deutschen in diesem Staate, hier irgendwelche Verbesserungsvorschläge zu machen.

Durch den § 2, Abs. 1 b) lebt der alte österreichische Militärzertifikatist trotz der Bestimmung des § 6, Abs. 2 c) - daß der Bewerber auch noch den für die Verleihung der in Betracht kommenden Dienststelle festgesetzten allgemeinen und besonderen Bestimmungen entsprechen muß - wieder vollkommen auf. Wie soll auch ein alter Unteroffizier, der nie etwas vom inneren Dienste eines staatlichen Zivilamtes gesehen hat, den allgemeinen und besonderen Bedingungen dieses Dienstes entsprechen? Es wird also wieder so werden, wie anno dazumal. Man wird dem Unteroffizier ein Jahr Urlaub geben, ihn bei einer staatlichen Zivilbehörde dieses Jahr schlecht und recht Praxis schöpfen lassen, ihn höchstens einer formalen leichten Prüfung unterziehen - welche Prüfungskommission könnte es doch wagen, einen Legionär durchfallen zu lassen! - und dann hat er eben alle besonderen und allgemeinen Bedingungen erfüllt und schlägt jeden noch so tüchtigen Nicht-Unteroffizier mit seinem Zertifikat aus dem Felde.

Der § 6, Abs. 2 c) wird rein auf dem Papiere stehen bleiben. Da aber ein Deutscher kaum in Betracht kommen dürfte, so mag auch das ruhig den Regierungsparteien überlassen bleiben. Für uns sind andere Bestimmungen wichtiger. Zunächst der Abs. 2 des § 2. Die darin bezeichneten Dienststellen sind diejenigen, welche bei den Gemeinden, Bezirken und deren Unternehmungen, Fonds und Einrichtungen künftig frei werden. Wir finden diese Bestimmung unerträglich, weil wir nicht einsehen können, warum unsere Gemeinde Dienstposten volksfremden Unteroffizieren zur Verfügung offen gehalten werden sollen. Wir bringen aber weiters diese Bestimmung in Zusammenhang mit der in Beratung stehenden Verwaltungsreform. Dort werden bereits alle Landesund Bezirksangestellten bis zum letzten Straßeneinräumer herab zwangsweise in den èechischen Staatsdienst übernommen und auf sie alle Bestimmungen des Staatsbeamtenrechtes für anwendbar erklärt. Es werden sich also nach der Verwaltungsreform alle deutschen Bezirks- und Landesbeamten, soweit solche noch etwa vorhanden sind, der Sprachprüfung unterziehen müssen und wir kennen ja diese Dinge aus der Vergangenheit genau, um ermessen zu können, daß wahrscheinlich nur die wenigsten diese Sprachprüfungen bestehen werden, daß daher die Leute haufenweise durchfallen und entlassen werden. Es geht dabei um tausende von deutschen Familien und Personen. Sie hofft man durch die Verwaltungsreform abzuwürgen und brotlos zu machen. Den sofortigen Ersatz hierfür schafft aber der Abs. 2 des § 2. Der èechische Unteroffizier und Legionär setzt sich breit und behäbig in die leergemachte Dienststelle und stärkt die èechische Minorität. Was er sonst leistet, ist an und für sich Nebensache.

Durch die in Beratung stehende Verwaltungsreform führt die èechische Regierung den ersten Streich gegen die Selbstverwaltung. Vorläufig sollen nur die Bezirke und die Länder daran glauben. Aber der einmal beschrittene Weg reizt zur Fortsetzung. Daher haben wir Grund genug zur Annahme, daß in kurzer Zeit auch die Axt an die ohnehin schon erheblich verkürzte Selbstverwaltung der Gemeinden gelegt werden wird. Wir haben für den Fall, als der Abs. 2 des § 2 angenommen werden würde, zu § 11, Abs. 1 einen Zusatzantrag gestellt, der lautet: "Der Vergeber ist berechtigt, in das Konkursausschreiben besondere Bestimmungen über die persönliche Eignung und die Nationalität der Bewerber aufzunehmen". Wir wollen damit sowohl die deutschen Gemeinden und Bezirke als auch die deutschen Unternehmer (§ 2, Abs. 3) davor schützen, daß sie unwillkommene volksfremde Elemente in ihren Dienst aufnehmen müssen, und wollen gleichzeitig damit den deutschen Arbeitsplatz unseren deutschen Volksgenossen erhalten. Wir verlangen, daß dieser Antrag in den Text des Gesetzes aufgenommen wird, weil wir ganz genau im voraus wissen, daß die Regierung einen solchen Zusatz, falls er im Vertrauen auf die ganz allgemeine Fassung des § 6, Abs. 2 c) in einer künftigen Stellenausschreibung sich vorfinden sollte, unbarmherzig streichen, einen entsprechenden Beschluß einer Gemeinde- oder Bezirksvertretung aufheben und alle, die an ihm mitgewirkt haben, womöglich nach dem Schutzgesetz oder dem erneuerten Prügelpatent einsperren würde. Ein entsprechender Resolutionsantrag hat nach den hier gemachten Erfahrungen überhaupt keinen Wert. Dieser beantragte Zusatz ist der letzte Rettungsanker gegen die durch diese Vorlage über die deutschen Selbstverwaltungskörper hereinbrechende völkische Not. Wird er abgelehnt, so sind die Folgen unabsehbar. An den deutschen Regierungsparteien liegt es, ihren Einfluß für die Annahme dieses Antrages in die Wagschale zu werfen. Tun sie es nicht, so machen sie sich allein schuldig, die Verèechung der deutschen Gemeinden und Bezirksämter und im Hinblick auf den Abs. 3 des § 2 auch des ganzen deutschen Wirtschaftslebens verursacht zu haben. Sie sind das Zünglein an der Wage. Wir werden uns genau merken, wie sie stimmen werden. (Výkøiky posl. Krumpeho.) Der Abs. 3 des § 2 stellt nach unserer Ansicht eine wirtschaftliche Ungeheuerlichkeit dar. Ungeschulte Unteroffiziere sollen zwangsweise im Wirtschaftsleben verwendet werden. Es soll eine bevorzugte Klasse geschaffen werden, die alle übrigen noch so tüchtigen Arbeitsanwärter rücksichtslos verdrängt. Weiß denn die Regierung nichts von der allgemeinen Wirtschaftskrise, nichts von der zunehmenden Arbeitslosigkeit? Will sie die herrliche Praxis der Eisenbahnverwaltung wiederholen, ja gesetzlich festlegen, jene Praxis, nach der alle deutschen Bahnarbeiter entlassen und dafür aus hunderte Kilometer weit entlegenen èechischen Gegenden èechische Oberbauarbeiter zwangsweise importiert wurden?

Alle konzessionierten Unternehmungen, ja gemäß § 4, Abs. 2 selbst provisorische Besetzungen, fallen unter diese gesetzliche Bestimmung. Wir können im Gewerberecht eine entschiedene Zunahme des Konzessionszwanges sowie der Forderung nach dem Befähigungsnachweis wahrnehmen. Noch vor 30 Jahren gab es nur etwa 15 konzessionierte Gewerbe, heute ist es eine Legion. Fast jeder wichtige Gewerbs- oder Handelszweig unterliegt der Konzessionspflicht. Also geht es in Wirklichkeit fast um die gesamte Volkswirtschaft, hauptsächlich eigentlich nur um das deutsche Wirtschaftsleben in diesem Staate. Das Wirtschaftsleben verträgt keine Belastung mehr mit zeitraubenden bürokratischen Tändeleien. Es hat mit den zahllosen Ausweisen, Nachweisen und tabellarischen Zusammenstellungen übergenug zu tun, die ihm Sozialversicherung, Steuergesetze und statistische Neugier der Staatsverwaltung auferlegen. Jetzt wird ihm zugemutet, daß der Unternehmer erstens die im Betracht kommenden Dienststellen dem Minister für Landesverteidigung anzeigt, der ein Gesamtverzeichnis solcher Stellen zusammenstellt und von Zeit zu Zeit verlautbart (§ 9). Zweitens, daß er die freigewordene, vorbehaltene Dienststelle im öffentlichen Konkurswege verlautbart, eine angemessene Frist zur Einbringung der Gesuche bestimmt und das Ministerium wieder davon verständigt (§ 11, Abs. 1). Drittens, über die einlangenden Gesuche Vormerke führt und die Vergebung der Stelle dem Ministerium wieder anzeigt (§ 11, Abs. 2; § 13, Abs. 1). Viertens, jedem Bewerber eine Bestätigung darüber ausstellt, daß er das Ansuchen überreicht habe und die Zahl der berechtigten Bewerber anführt, die bereits früher vorgemerkt sind (§ 12, Abs. 4). Fünftens, daß er die dem Bewerber gemäß § 8, Abs. 2 auferlegten Abzüge selbst vornimmt, der Staatskasse abführt und selbst dafür haftet. Wieviel Unklarheiten sind in diesen Bestimmungen enthalten, die wieder durch Regierungsverordnungen geklärt werden sollten! Was heißt das "von Zeit zu Zeit", "angemessene Frist"? Sind das 14 Tage, 1 Monat oder 1 Jahr? Ein mittlerer Unternehmer wird sich ein ganzes Bureau für diese Arbeiten einrichten müssen und die Kosten selbstverständlich, soweit es angeht, auf die Produktion überwälzen. Daher trägt dieses Gesetz wieder zur fortschreitenden Teuerung und Verschärfung der Wirtschaftskrise bei. Was geschieht aber, wenn ein Unternehmen plötzlich, durch Tod zum Beispiel, einen Angestellten verliert und sein sofortiger Ersatz nötig wird, sollen nicht schwere Schäden im Betrieb vorkommen? Nach dem Gesetze müssen auch da alle diese zopfigen Formalitäten eingehalten werden. Es gibt keine Ausnahme, denn auch die provisorische Stellenbesetzung ist ausdrücklich verboten. Das Werk, die Wirtschaft kann stillstehen, wenn nur der èechische Militarismus und Chauvinismus sich sein Mütchen kühlen kann. So was nennt man hierzulande Wirtschaftspolitik. Was sagt da der Herr Finanzminister dazu? Wieder wird, wie es schon hier üblich ist, mit zweierlei Maß gemessen werden. Bei den èechischen konzessionierten Gewerben wird man alle beide Augen zudrücken, das deutsche Gewerbe wird man peinigen.

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