Eines war deutlich aus dem Zwischenruf des
Herrn Abg. Mlèoch zu
sehen, den er dem Abgeordneten Winter gemacht hat, indem
er erklärte: My vám máme dáti
peníze a vy je budete rozhazovat. Der
Herr Mlèoch hat
bei diesem Ausspruch eigentlich gezeigt, was Sie wollen. Sie wollen
auch über das Geld verfügen, das die Arbeiter aus ihrer
eigenen Tasche für ihre Zwecke ansammeln. Ich habe erklärt,
daß in den Kampf die reaktionärsten Parteien voraus
geschickt worden sind, das sind die Parteien der deutschen
und èechischen Gewerbetreibenden, die Parteien des kleinen
Mannes, der oft unter denselben elenden Verhältnissen leben
muß und dem Elend genau so ausgesetzt ist, wie der Arbeiter.
Vielleicht mit Ausnahme des Herrn Vávra,
der ein Nachkriegsgewinner ist.
Die Angriffe auf die Sozialversicherung erfolgen
aber nicht nur im Parlamente und in den Ausschüssen. Die
Herren stellen den ganzen Staatsapparat in den Dienst des Kampfes
gegen die Sozialversicherung, das zeigen uns die Entscheidungen
der politischen Bezirksverwaltungen in der Frage, wo es gilt zu
entscheiden, ob die Beiträge für die Sozialversicherung
für 6 oder 7 Tage zu zahlen sind. Interessant ist die Entscheidung
der politischen Bezirksverwaltung in Mährisch-Schönberg,
die entschieden hat, daß die Beiträge für 6 Tage
in der Woche zu zahlen sind, u. zw. mit der Begründung, daß
am Sonntag nicht gearbeitet wird, folglich eine Unterbrechung
des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist. Wenn man auf diese
Art judizieren will, daß durch den Sonntag eine Unterbrechung
des Arbeitsverhältnisses eintritt, so können wir noch
erleben, daß die Herrschaften von jedem Feiertag, ob Staats-
oder kirchlicher Feiertag, erklären werden, daß das
Arbeitsverhältnis unterbrochen ist, und aus diesem Grunde
keine Beiträge gezahlt werden müßten. (Posl.
Wünsch: Bald wird auch die Mittagspause als Unterbrechung
erklärt werden!)
Ich werde Ihnen die kuriose Entscheidung der
erwähnten politischen Bezirksverwaltung zur Kenntnis bringen.
Es heißt dort: "Die Angestellten arbeiten in dem Betriebe
mit Rücksicht auf die Bestimmung des Art. 1 des Gesetzes
vom 16. Jänner 1895, R. G. Bl. Nr. 21, laut welchem an Sonntagen
alle gewerblichen Arbeiten zu ruhen haben, und mit Rücksicht
auf die Bestimmung des § 1, Abs. 1 des Gesetzes vom 19. Dezember
1918, Nr. 91 Slg. d. G. u. V., laut welchem in den gewerbsmäßig
betriebenen Unternehmungen die wirkliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer
grundsätzlich nicht mehr als 8 Stunden innerhalb 24 Stunden
oder höchstens 48 Stunden in der Woche betragen darf, tatsächlich
nur 6 Tage in der Woche, und gemäß Bestimmung des §
160, Lit. a) des Gesetzes vom 9. Oktober 1924, Nr. 221 Slg. d.
G. u. V., sind die Versicherungsbeiträge für die Zeit
zu zahlen, während welcher der Versicherte versicherungspflitige
Arbeiten oder Dienste verrichtet."
Sie haben mir den Zwischenruf gemacht, daß
man vielleicht auch entscheiden wird, auch die Mittagspause sei
auszuschalten, weil auch da keine versicherungspflichtige Arbeit
geleistet wird. Wenn Ihre Sozialpolitik so weiter geht, können
wir es noch erleben, daß Sie sich vielleicht wirklich so
weit versteigen werden. Die Begründung dieser Entscheidung
ist natürlich ungesetzlich und fordert zur schärfsten
Kritik heraus, weil die gesetzgebenden Körperschaften im
Motivenberichte zum § 160 ausdrücklich erklärt
haben: Der Grundsatz, daß der Versicherungsbeitrag für
die Zeit, während welcher die Beschäftigung des Versicherungspflichtigen
dauert, zu entrichten ist, ist selbstverständlich, also das
heißt, wenn der Arbeiter nicht entlassen ist, hat für
diese Zeit der Beitrag geleistet zu werden. Aber wir sehen, daß
natürlich irgend welche Belehrungen der Regierungskoalition
meiner Meinung nach fruchtlos sind, denn Sie werden mit ihrer
Maschinerie einfach abstimmen und werden das zum Gesetz erheben,
was Sie sich zum Ziel gesetzt haben.
Das Verhalten der deutschen Parteien, des Bundes
der Landwirte, der Christlichsozialen und der Gewerbeparei, die
sich in Ihren Dienst gestellt haben, die mithelfen, jenes reaktionäre
System zu verankern, müssen wir unter allen Umständen
hier brandmarken, weil noch ein großer Teil der deutschen
- Arbeiterschaft diesen Parteien nachläuft in dem Glauben,
daß diese als deutsche Parteien für ihre Forderungen
eintreten werden. Daß dem nicht so ist, dafür will
ich hier die Ausführungen des Abg. Böhm bei einer
Bezirkstagung des Bundes der Landwirte vorbringen, womit die Herren
ihre Stellungnahme und ihre Haltung in der heutigen Regierung
motivieren. Abg. Böhm sagte: "Wir sind eine Partei
des Aufbaues und der Ordnung und müssen uns aus Prinzip gegen
jede Untergrabung von Disziplin und Autorität wenden, sowie
wir jederzeit gegen den Terror, mag er von welcher Seite immer
kommen, zu Felde ziehen werden. Ich erinnere daran, daß
wir auch mit den Widerständen und Intrigen jener èechischen
Parteien zu rechnen haben, die heute nicht in der Regierung sind
und denen kein Mittel zu schlecht ist, uns aus der eroberten Position
wieder zu verdrängen." Also die Angst, daß Sie
aus Ihren Positionen, aus den Ministersesseln, durch die èechischen
Parteien verdrängt werden könnten!
Und er sagt weiter: "Sie sabotieren die Zusammenarbeit
ihrer èechischen Kollegen mit uns genau so, wiebeispielsweise
unsere sozialistischen und nationalen Parteien unsere Arbeit sabotieren."
Der Herr Böhm glaubt, daß die deutschen oppositionellen
Parteien für ihre Politik eintreten werden und deswegen wirft
er ihnen Sabotage vor. Was der Herr Böhm gesagt hat,
zeigt uns vollständig, daß die Herren rücksichtslos
all das unterschreiben und stützen werden, was die èechischen
Regierungsparteien von ihnen verlangen werden.
Wenn wir uns heute zum Wort gemeldet haben,
um zu diesem Punkte Stellung zu nehmen, so deshalb, weil wir Ihnen
ins Gesicht schleudern wollen, daß Ihre Sozialpolitik nichts
anderes ist als ein Betrug an den Massen, ein Versuch, die Arbeiterschaft
auszusöhnen mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung und
den Ausbeutungsmaßnahmen in diesem Staate. Die Politik jedes
kapitalistischen Staates ist nichts anderes als ein Schwindel.
(Souhlas a potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Herr Koll. Johanis hat gestern
unmittelbar vor Schluß der Sitzung einen Antrag auf Absetzung
unseres Antrages von der Tagesordnung gestellt. Wenn auch dieser
Antrag lediglich ein Demonstrationsantrag war, so zeigt er doch
mit aller Deutlichkeit, mit welchem Haß man gerade von dieser
Seite alle unsere Forderungen bekämpft, mit welch em Haß
man alle unsere Wünsche an die Wand drücken will. Die
Abgeordneten der bürgerlichen Parteien haben Jahre hindurch
die Forderungen der Arbeiterschaft unterstützt, sie haben
mindestens Kompromisse geschaffen, sie sind oft gerade bei Schaffung
solcher Kompromisse zu weit gegangen und unzweifelhaft können
die Vertreter der proletarischen Schichten keine Beschwerde darüber
führen, daß, wenn man objektiv darüber denkt,
gerade dieser Staat auf dem Gebiet der Sozialversicherung nicht
weit gegangen wäre. Mögen wir was immer verlangen, sei
es eine gerechte Steuerreform, sei es ein Gesetz gegen den unlauteren
Wettbewerb, sei es einen Befähigungsnachweis für den
einen oder den anderen Zweig unserer Gewerbe, sei es die Aufhebung
der Wuchergesetzgebung und dergl., immer ist unsere Forderung
reaktionär, und wird insbesondere von sozialdemokratischer
Seite bekämpft, die offen ihre Feindschaft gegen den erwerbenden
Mittelstand, Gewerbe und Handel, bei jeder Gelegenheit zur Schau
trägt. Und es ist nur selbstverständlich, daß
auch unser Antrag auf Verlängerung des Gesetzes vom 1. Juli
1926, Z. 118, auf einen solchen Widerstand insbesondere bei der
sozialdemokratischen Gruppe stoßen muß, weil es sich
hier um Genossenschaftskrankenkassen handelt, deren Verwaltung
zum großen Teil nicht in sozialdemokratischen Händen
liegt. Die Herren Sozialdemokraten haben bisher die Krankenkassen
als ihre unantastbare Domäne betrachtet und trachten aus
Gründen, die uns nicht unbekannt sind, diese ihre Alleinherrschaft
in den Krankenkassen unangetastet zu erhalten.
Hier handelt es sich aber nur um wenige Krankenkassen,
die - wir haben ja Beweise in der Hand - nicht nur gut geführt,
sondern auch gut fundiert sind und die insbesondere über
große Reservefonds verfügen, die bei ihrer Auflösung
dann natürlich erweise den Bezirkskrankenkassen zufließen
würden. Ich erkläre offen, daß wir schon deshalb
auf der Verlängerung des Gesetzes vom 1. Juli 1926 bestehen
müssen, weil wir nicht nur die bestehenden Genossenschaftskrankenkassen
erhalten wollen, sondern weil wir es als eine bestimmte Forderung
unserer Gruppe betrachten, daß man uns auch die Möglichkeit
geben muß, eigene genossenschaftliche Krankenkassen errichten
zu können. Mit den agrarischen Parteien hat man ja bei der
Schaffung des Gesetzes ein Kompromiß geschlossen, man hat
den agrarischen Parteien die Möglichkeit gegeben, ohne Rücksicht
auf die Zahl der zu Versichernden eigene landwirtschaftliche Kassen
errichten zu können. Uns aber will man Krankenkassen nehmen,
die fast 4000 Mitglieder zählen, während man der Landwirtschaft
- und wir vergönnen es ihr - die Möglichkeit gibt, ohne
Rücksicht auf die Zahl der Versicherten eigene Krankenkassen
zu errichten. Wir verlangen im Rahmen der künftigen Novellierung
des Gesetzes, daß uns die gleiche Möglichkeit geboten
werde. Wir sind ja bescheiden, wir sind zufrieden, wenn man zur
Grundlage der Schaffung eigener Genossenschaftskrankenkassen 1000
Versicherte in einem Bezirke nimmt. Aber auch diese Forderung
wird bekämpft und als reaktionär erklärt. Wir wundern
uns nur, daß die Herren Sozialdemokraten, die sonst gegen
Monopole und Kartelle sind, gegen die Einschränkung der Konkurrenz
gerade in diesem Falle kämpfen und hier ihre sonst üblichen
Grundsätze verlassen. Ich hätte es für richtig
gehalten, wenn Vertreter der Arbeiterschaft sich mit uns an einen
gemeinsamen Beratungstisch setzen würden und mit Ruhe und
Überlegung die Novellierung des Sozialversicherungsgesetzes
beraten würden, welche nicht nur von uns, sondern auch von
der Arbeiterschaft verlangt wird.
In der heutigen Nummer des "Právo
Lidu" befaßt sich Dr Winter mit
der Ausscheidung der Lehrlinge aus der Sozialversicherung
und führt den Beweis, daß keine der èechischbürgerlichen
Parteien, für die seinerzeiten Anträge auf Ausscheidung
der Lehrlinge gewesen wäre. Minister Dr.
Winter vergißt aber zu bemerken, daß bei Behandlung
des Gesetzes im sozialpolitischen Ausschuß seinerzeit die
Ausscheidung der Lehrlinge nur mit einer ganz knappen Mehrheit
abgelehnt wurde. Minister Dr Winter meint, die monatliche
Beitragsleistung für einen Lehrling betrüge nur 17,20
Kronen und könne den Gewerbestand nicht besonders belasten.
Aber, meine sehr Verehrten, wir müssen uns doch einmal die
Sache vernünftig und objektiv vor Augen halten und bedenken,
daß die wirtschaftliche Lage nicht nur die Arbeiterschaft,
sondern auch den Handwerkerstand belastet und drückt. Die
Not und das Elend des kleinen Handwerkerstandes ist ja bekannt.
Wir wissen und kennen die Verhältnisse, wie sie sich insbesondere
in unseren Industriegebieten entwickeln. Wenn wir weiter bedenken,
daß zu dem Beitrag von 17,20 Kronen monatlich auch noch
die Beitragsleistung für die Krankenkassen dazukommt und
die ungeheueren Beträge, die auch den Kleingewerbetreibenden
als Steuern aus den Taschen gezogen werden, dann werden Sie es
begreiflich finden, daß man ihre Beitragspflicht für
die Sozialversicherung, soweit sie die Lehrlinge betrifft und
die sie ganz tragen müssen, ausschaltet.
Wenn weiter nicht nur in dem von mir zitierten
Zeitungsartikel, sondern auch sonst darüber gesprochen wird,
daß der Versicherte je nach einem Ablauf von einigen Jahren,
das heißt, mit dem erreichten 65. Lebensjahre Renten bekommt,
dann sind diese Renten sehr mager. Sie sind ja nur 7 Kronen monatlich,
die jemand mehr bekommt, der mehr als 50 Jahre eingezahlt hat,
die sie dann bekommen. Der Aufbau der Sozialversicherung und ihrer
Grundlagen könnte ja auch unmöglich die Ausscheidung
der Lehrlinge irgendwie erschüttern, haben wir doch 3 1/2
Millionen Versicherte und die Lehrlinge betragen ja kaum 80.000,
also nur 4% der Versicherten. Wir verlangen nichts anderes, als
daß die Lehrlinge, die keinen Lohn bekommen, aus der Sozialversicherung
ausgeschlossen werden. Das ist nicht viel, deshalb müssen
wir darauf bestehen. (Posl. Koudelka: Když
tìm uèòùm nic neplatíte, tak
jim dejte alespoò sociální pojištìní!)
Sie arbeiten auch nichts im ersten
Jahr. (Výkøiky posl. Koudelky.)
Meine sehr verehrten, das sind die Gründe,
die wir geltend machen müssen. Herr Koll. Schäfer
hat hier von einer unverantwortlichen Hetze gesprochen, die
gerade der Bund der Landwirte und die Gewerbepartei gegen die
Sozialversicherung inszeniert. Meine Herren, es ist keine unverantwortliche
Hetze gegen die Sozialversicherung als solche, sondern wir sind
nur gegen die unerträglichen Härten dieses Gesetzes,
die der kleine Mann ganz einfach nicht ertragen kann. Sie haben
nie gehört, daß wir gegen das Prinzip der Sozialversicherung
gewesen wären. Koll. Johanis hat zum Schluß
davon gesprochen, daß Koll. Vávra und ich
den anderen Parteien nachrennen, um ein Weihnachtsgeschenk für
die Gewerbetreibenden nach Hause zu bringen. Es wäre auch
kein Unglück, wenn wir auch dieses Geschenk den Gewerbetreibenden
nach Hause brächten. Ich behaupte aber, daß das, was
wir heute verlangen, gar kein Geschenk ist, sondern eine Forderung,
die die Gewerbetreibenden stellen müssen.
Wenn ich zum Schlusse meiner Ausführungen
komme, so erkläre ich, daß wir aus all diesen Gründen
die Novellierung der Sozialversicherung verlangen müssen
und wir auch für die Verlängerung des Gesetzes vom 1.
Juli 1926 stimmen und auf dessen Durchführung beharren müssen.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Vor uns liegt ein Gesetz, das auf
den ersten Blick als ein Teil der Verbilligungsaktion des Ernährungsministeriums
erscheint. In Wirklichkeit aber ist es ein Geschenk an jene, die
das Leben meist nur von der angenehmen Seite kennen gelernt haben.
Wir müssen feststellen, daß, während auf der einen
Seite der Herr Ernährungsminister sich bemüht hat, bei
der Verbilligungsaktion die Riesensumme von 592.625 Kè
für die Verbilligung der Volksernährung
zu erübrigen, auf der anderen Seite aus Staatsmitteln Millionen
geopfert werden, um den Schaumwein, ein Genußmittel, für
eine kleine Auslese wirtschaftlich besonders gut situierter Menschen
zu verbilligen - denn als Volksnahrungsmittel können wir
wohl den Schaumwein nicht betrachten. Die Verbilligungsaktion
für die Volksernährung hat - das können wir wohl
aus dem Voranschlag des Ministers feststellen - vollständig
versagt. Den Besitzenden opfert man Millionen Kronen, jenen, die
in Vergnügungslokalen, in Kabaretts oder in Bars ganze Nächte
verbringen, um ihr überflüssiges, von anderen schwer
erarbeitetes Geld an den Mann zu bringen. Es ist gewiß bezeichnend,
daß auf der anderen Seite in den Zeiten schwerster Not das
Ernährungsministerium, die Regierung überhaupt, nicht
imstande war, eine Verbilligung des Brotes und der wichtigsten
Nahrungsmittel herbeizuführen, sondern wir im Gegenteil in
den Zeiten der schwersten Not eine ständige Steigerung der
Preise der wichtigsten Lebensmittel zu verzeichnen haben und auf
der anderen Seite die Regierung daran geht, die Schaumweinsteuer
fast vollständig zu beseitigen. Wenn wir im Kapitel 18 des
Staatsvoranschlages feststellen, daß für die sog. Verbilligungsaktion
nur etwas über eine halbe Million seitens der Regierung zur
Verfügung gestellt wurde, und wenn wir weiter im Voranschlag
sehen, daß für die Weinsteuer ein Betrag von 10 Millionen
Kè vorgesehen ist und schon im Motivenbericht zu diesem
Kapitel die Flaschenweinsteuer nur mit 8 Millionen
vorgesehen ist, d. h. nur 8 Millionen als Einnahme erwartet werden,
so können wir feststellen, daß dieser Gegensatz augenfällig
ist, wenn wir hören, daß die Banderolensteuer vollständig
aufgehoben werden soll und der gesamte Voranschlag nicht mehr
8 Mill., sondern nur 3 Mill., für Schaumweinsteuer, für
teurere Weine eigentlich den Betrag von 5 Millionen Kè
ausmacht, auf den der Staat in seinen Einnahmen verzichtet. Für
die Volksernährung ist also eine halbe Million, für
den Schaumwein, für den Luxus, den sich nur wenige gönnen
können, 5 Millionen Kè. Aus dem, was wir aus dem Voranschlag
feststellen können, sollen durchschnittlich pro Abend in
allen möglichen Vergnügungslokalen des Staates ca 1000
Flaschen Schaumwein konsumiert werden. Anders als zum Schaumwein
stellt sich die Regierung bezw. auch die Gesetzesvorlage, die
wir zur Verhandlung haben, gegenüber anderen Weinen. Obwohl
wir im allgemeinen schon auf Grund der lex Holitscher,
die seinerzeit von unserem Klub vorgelegt und vertreten wurde,
auf dem Standpunkte stehen, daß aller Alkohol zu bekämpfen
und sein Genuß einzuschränken ist, haben wir in einem
Antrage vorgesehen, daß Alkohol in Form von Wein, der, sagen
wir, von Ärzten in bestimmten Fällen zur Kräftigung
der Gesundheit oder zur Behandlung bei Krankheiten als notwendig
vorgeschrieben wird, also Medizinalweine vor allem anderen, seitens
der Regierung dieselbe umfangreiche Berücksichtigung findet,
wie die Schaumweine. Gerade bei den Medizinalweinen, mehr noch
bei einfachen Weinen - und augenfällig ist das bei den Mineralwässern
und Fruchtsäften - können wir feststellen, daß
die Ermäßigung, die zu einer Verbilligung dieser wichtigen
und gesundheitlich einwandfreien Getränke beitragen sollte,
von der Regierung nicht zugestanden wird. (Posl. de Witte:
Weil man in der Staatsbar in Marienbad keine Fruchtwässer
und Mineralwässer bekommt, sondern nur Champagner!)
Sehr richtig, Fruchtwässer und Mineralwasser genießen
heute größtenteils die geistigen und manuellen Arbeiter,
außerdem werden diese Getränke von den Ärmsten
gekauft und infolgedessen sollten durch eine Verbilligung diese
Getränke den Ärmsten wirtschaftlich zugänglich
gemacht werden. Wir haben einen Resolutionsantrag eingebracht,
in welchem wir die Befreiung der Mineralwässer und Fruchtsäfte
und einen Antrag, in dem wir die Befreiung der Medizinal-Blutweine
und anderer Weine, die von Ärzten öffentlicher Körperschaften,
vor allem in Krankenhäusern und Heilanstalten, vorgeschrieben
werden, verlangen. Wir haben aber feststellen müssen, daß
unsere Anträge im Ausschusse sehr wenig Verständnis
gefunden haben. Und der Herr Berichterstatter Malík
hat selbst im Ausschusse die Ablehnung unserer Anträge
verlangt, und der Ausschuß hat diesem Verlangen auch Rechnung
getragen. Wenn wir überdies feststellen, daß in unserem
Staate der Alkoholgenuß vor allem unter der Jugend Verheerungen
angerichtet hat, daß die Loslösung der Jugend vom Alkohol
auch Pflicht des Staates sein soll, wenn wir feststellen müssen,
daß die heranwachsende Jugend gerade in den Schanklokalen,
die Tag für Tag neu erstehen, immer mehr Gelegenheit hat,
dem Alkoholgenuß zu fröhnen, so muß man unseren
Antrag verstehen, der darauf abzielt, daß in diesen Schankstätten
jene Getränke den Massen, vor allem der Jugend zugänglich
gemacht werden, die ihr gesundheitlich nicht abträglich sind.
Wir stehen infolgedessen auf unserem alten Standpunkte, den wir
in der lex Holitscher festgelegt haben, daß auf gesetzlichem
Wege Vorsorge
getroffen werde, daß der Jugend kein
Alkohol zugeführt werden kann, daß die Vermittlung
des Alkohols an die Jugend mit harten Strafen bedacht wird. Wir
stehen weiter noch auf dem Standpunkte, daß die Schankwirtschaften,
die Abgabestellen des Alkohols, kontingentiert werden und daß
auf eine größere Bevölkerungsziffer in den einzelnen
Orten Schankstätten entfallen sollen, so daß zumindest
auf längere Zeit hinaus neue Konzessionen nicht gegeben werden
und infolgedessen die Möglichkeit des Umsatzes des gesundheitsschädlichen
Alkohols verringert wird. Wir müssen zum Schlusse noch feststellen,
daß der Staat, der, wie ich bereits betont habe, für
die Verbilligung der Volksernährung wenig oder fast gar nichts
übrig hat, Millionen jenen opfert, die Zeit und Gelegenheit
dazu haben und die sich das Vergnügen leisten können,
in ungezählten Nächten die aus dem Schweiß der
Arbeiter stammenden Gewinne zu vergeuden und zu verprassen. Ich
bin überzeugt, daß keine Flasche Schaumwein durch das
Gesetz billiger werden wird, sondern die Wirte, die Vermittler
des Absatzes, werden den Vorteil aus diesem Geschenke des Staates
haben. Aus diesen Gründen werden wir unserem alten Grundsatz
treu bleiben, daß wir gegen jede Vermehrung und Verbreitung
des Alkoholgenusses sind, und gegen die Vorlage stimmen. (Souhlas
nìm. poslancù soc.-demokratických.)
Hohes Haus! Der Weinbau hat in der Èechoslovakei
keine kleine Bedeutung. Das sieht man schon
daraus, daß nach den amtlichen Zahlen für das Jahr
1924 in nicht weniger als 1002 Gemeinden Weinbau betrieben worden
ist, in Böhmen in 78 Gemeinden mit 428 Hektar, in Mähren
in 302 Gemeinden mit 4663 ha, in der Slovakei wird Weinbau betrieben
in 552 Gemeinden mit 8482 ha, und in Karpathorußland in
70 Gemeinden mit 2912 ha Weingartenfläche. Nur in wenigen
Gegenden widmet sich der Großgrundbesitz oder der Großbauer
der Bewirtschaftung von Weingärten. In den meisten Fällen
sind die Weingartenbesitzer kleine Landwirte. Der Weinbau ist
in den letzten Jahrzehnten ständig zurückgegangen. Dafür
einige amtliche Ziffern. In Böhmen gab es 1904 insgesamt
870 ha Weingärten, 1919 war diese Ziffer schon auf 510 gesunken,
1920 gab es nur mehr 452 ha, 1921 447 ha, 1922 444 ha, 1923 432
ha, und 1924 ist die Weingartenfläche auf 428 ha gesunken.
In den letzten 20 Jahren hat sich in Böhmen die Weingartenfläche
um die Hälfte und in den Jahren 1919 bis 1924 hat sich die
Fläche um 17% vermindert. Noch viel ärger ist
diese Abnahme in Mähren. Dort hatten wir 1904 11.655 ha Weingärten,
1919 nur noch 6826 ha, dann geht es rasch abwärts, 1920 5905
ha, 1921 5371 ha, 1922 5176 ha, 1923 4852 ha und im letzten Berichtsjahre,
im Jahre 1924 4663 ha. In den letzten 20 Jahren haben wir in Mähren
60% der Weingartenfläche verloren, wir sind auf 40%
gesunken und in der Zeit von 1919 bis 1924 ist die Weingartenfläche
um 32% vermindert worden. Ähnliche Verhältnisse
haben wir in der Statistik für die ganze Èechoslovakei,
wo wir ebenfalls feststellen müssen, daß die Weingartenfläche
ganz bedeutend zurückgegangen ist.
Und welches sind die Ursachen des Rückganges
des Weinbaues? An erster Stelle sind zu nennen die Fröste,
die verschiedenen Rebkrankheiten, die Reblaus, die nicht nur Bestände
von ganzen Ortschaften, sondern ganze Bezirke vernichtet hat,
und die ausländische Konkurrenz. Wenn Sie bedenken, daß
Frankreich jährlich ungefähr 70 Millionen hl Wein produziert,
ltalien 40 Millionen hl, wenn Sie weiter bedenken, daß Ungarn,
das heutige kleine Ungarn, 4/5 seiner Vorkriegsweingärten
besitzt, dann werden Sie verstehen, daß diese und andere
Staaten - ich nenne nur Spanien, Griechenland, Südslavien
- daß sich diese Staaten bemühen, ihr Plus in der Èechoslovakei
abzusetzen. Der Herr Berichterstatter Malík
hat Ihnen einige Ziffern genannt, aus denen hervorgeht,
daß der Wert der gesamten Weineinfuhr im letzten Jahr fast
100 Millionen Kè beträgt. Es ist
interessant, daß Ungarn, das doch sehr viel Weinüberschuß
hat, hier fast an letzter Stelle figuriert u. zw. deshalb,
weil heute noch die Bestimmung gilt, daß der èechoslovakische
Händler erst dann ungarischen Wein einkaufen und einführen
darf, wenn er die Hälfte dieses
Quantums in der Èechoslovakei gekauft hat. Wir müssen
feststellen, daß diese Kontrolle leider sehr mangelhaft
geübt wird. Ungarn kann den Wein sehr billig liefern, es
kann sehr viel Wein ausführen, weil in
Ungarn die Reblaus so gut wie unbekannt ist. Ein dritter Grund,
warum der Weinbau im letzten Jahrzehnt rapid zurückgegangen
ist, liegt in der Übersteuerung des Weines. Heute gelten
für die Steuer folgende Sätze pro Liter: 80 Heller allgemeine
Getränkesteuer, 40 Heller Umsatzsteuer, 20 Heller Landesabgabe,
wozu in den meisten Städten noch eigene Gemeindeabgaben kommen.
Und wenn Sie dazu noch rechnen, daß die Gesamtbelastung
eines Hektars Weingartenfläche mit 7000 Kè pro Jahr
nicht zu klein gegriffen ist, dann werden Sie
verstehen, daß die Landwirte, die Weingärtenbesitzer
einen Abbau dieser Übersteuerung mit vollem Recht verlangen.
Dann müssen Sie noch etwas ins Auge fassen, daß schließlich
kein Stückchen Feld so viel Arbeit braucht wie gerade der
Weingarten, wo das ganze Jahr hindurch viel Arbeit zu verrichten
ist. Dieser Übersteuerung stehen verhältnismäßig
niedrige Weinpreise gegenüber. In der Schweiz kostete im
Frieden durchschnittlich ein Liter Wein einen halben Franken und
heute 1,20 Franken, also bedeutend mehr als im Frieden,
obwohl doch der Frank seine Friedenskaufkraft behalten hat. In
Südmähren haben die Weinbauern vor 3 und 4 Monaten nicht
selten nur 3 bis 3,50 Kè für einen Liter bekommen.
(Posl. Schweichhart: Das war nicht der beste
Wein!) Ich gebe Ihnen gerne zu,
es war nicht immer der beste, aber für einen Weinbauer bleibt
es gleichgültig, ob sein Wein als der beste oder als minder
gut angesehen wird, weil die Arbeit dieselbe, aber der Ertrag
bedeutend kleiner ist.
Diesen Rückgängen ist aus mehreren
Gründen entgegenzuwirken. Vor allem vom Standpunkt der Bevölkerungspolitik.
Es ist eine alte Tatsache, daß es z. B. nicht wenig Weinbauer
gibt, die insgesamt nur 2 Hektar Grund ihr eigen nennen und doch
im Frieden von diesen zwei Hektar gut leben konnten. Das war zur
Zeit, wo die Weine wirklich verhältnismäßig gute
Preise hatten und wo die Leute auch Gemüse, Obst u. s. w.
leichter ausführen konnten als heute. Jetzt, wo die Ausfuhr
gedrosselt ist, wo der Weinbau so stark durch Steuern belastet
ist, ist es natürlich unmöglich, daß die Leute
von diesen paar Hektarn oder Metzen leben können.