Sobota 27. listopadu 1926

Man könnte vielleicht bei der Entwicklung dieses Systems die Befürchtung hegen, daß solche Einrichtungen in die Sphäre der persönlichen Freiheit des einzelnen eingreifen könnten. So schlimm ist dies allerdings nicht, denn wir wissen, daß nur der Mensch am richtigen Arbeitsplatz steht, dessen Leben einen Inhalt hat. Inhalt schaffen auf diese Art nur erfüllte Pflichten. Pflichterfüllung fällt am leichtesten dem, der eine richtige Arbeit leistet und zu der er sich berufen fühlt. Nur auf diese Art ist der gewerbliche Beruf die Grundlage menschlichen Glückes. Ein nicht geringer Teil menschlicher Unzufriedenheit und menschlichen Elends erwächst daraus, daß nicht wenige Menschen, sei es durch Zufall, sei es durch häuslichen, wirtschaftlichen oder örtlichen Zwang in Berufe hineingestellt werden oder zu Arbeiten gekommen sind, die weder ihren körperlichen, noch seelischen Anlagen entsprechen. Gerade in der Èechoslovakei, wo die Gewerbegesetze so beschaffen sind, wo der Befähigungsnachweis gilt, wo es, wie ich schon betont habe, sehr schwer ist, in späteren Jahren umzusatteln, weil es eben unmöglich ist, infolge der Gewerbegesetze irgendeinen anderen Beruf zu ergreifen, wäre der Beruf und die Berufsbestimmung in dieser Richtung aus wirtschaftlichen Gründen im lnteresse des Gesamtstaates und der gesamten staatlichen Wirtschaft, im Interesse des gesamten Gewerbestandes dringend notwendig. Es ist bewiesen, daß körperliche Ungleichheit zur vorzeitigen Übermüdung, Erschlaffung, Herabsetzung der Erwerbsfähigkeit und schließlich zum vorzeitigen Zusammenbruch, zu Invalidität, zum frühen Tod führt. Seelische Ungeeignetheit führt zu Mindestleistungen für sich und andere, zur Gefährdung von Menschen und Arbeitsgut, zu Mißgunst und Streberei, zu Kleinlichkeitskrämerei, zu Engherzigkeit, zur Unzufriedenheit mit sieh selbst und der Welt, zur Rückständigkeit und zum wirtschaftlichen Zusammenbruch. Gerade heute, wo durch die Vervollkommnung der Technik die Industrie gegenüber dem Gewerbestand als starker Konkurrent auftritt, ist es notwendig, neue Wege der Schulbildung zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit in der Praxis des Gewerbebetriebes zu suchen. Wir stehen heute vor der dringenden Notwendigkeit der wirtschaftlichen und beruflichen Schulung der Handwerkslehrlinge und jugendlichen Hilfsarbeiter. Die Frage der Lehrlings- und jugendlichen Arbeiterbildung ist eine brennende geworden. Die Gegenwart stellt an den deutschen Gewerbestand und an die Eltern der Lehrlinge inbezug auf die Lehrlingsausbildung weit höhere Forderungen, als etwa vor 100 Jahren, wo immer noch der Handwerker in jener, von früheren Zeiten her überlieferten beständigen und geruhsamen Weise sein Gewerbe ausüben und pflegen konnte. Vor allem anderen soll der Schulbesuch in dieser Richtung eingestellt werden, um den Existenzkampf eben der Jugend für den späteren Lebenserwerb entsprechend praktisch in den Werkstätten zu schulen. Mit dem Gesetz des Achtstundentages und der gesetzlichen Bestimmung der Lehrling- und Gehilfenurlaube, mit den für den Unternehmer in Frage kommenden nicht geringen Ausgaben für die Kranken- und Sozialversicherung ist das Konto für Lehrlingshaltung gewaltig gestiegen. Deshalb fordern wir, nicht weil wir vielleicht aus reaktionären Gründen gegen diesen sozialen Fortschritt sturmlaufen wollen, all das entsprechend anzupassen und alles in entsprechend praktischem Sinne zu organisieren. Uns allen ist bekannt, daß der Lehrherr und die Eltern unter Strafe verpflichtet sind, laut § 75 a) der Gewerbeordnung den Hilfsarbeiter und Lehrling bis zum vollendeten 18. Lebensjahr zum Besuche der bestehenden allgemeinen gewerblichen Fortbildungsschule sowie auch der fachlichen Fortbildungsschule anzuhalten. Wir wissen auch, daß die Lehrherren die Verpflichtung haben, sich die gewerliche Ausbildung der Lehrlinge angelegen sein zu lassen und vor allem anderen ihm die erforderliche Zeit zur Verwendung zu anderen Dienstleistungen nicht zu entziehen. In Wahrheit aber müssen wir feststellen, daß vielen Lehrlingen heute durch das alte Lehrsystem selbst durch die gewerbliche Fortbildungsschule die erforderliche Zeit und Gelegenheit zum praktischen Erlernen des Gewerbes deshalb entzogen wird, weil an vielen gewerblichen Fortbildungsschulen hisher noch kein praktischer Werkstatt- und Fachunterricht eingeführt wurde. Wir alle sind der festen Überzeugung, daß eine gutdurchdachte systematische Handwerkstechnik und Handwerkslehre in einer Schulwerkstatt einen großen Wert für die Volkswirtschaft darstellt. Der Staat kümmerte sich bisher herzlich wenig darum, daß diese praktische Handwerkstechnik und Handwerkslehre an den Volksbildungsschulen zur Geltung gekommen ist. Wir wissen aus der Statistik, daß alljährlich nicht weniger als 200.000 junge Menschen in der Èechoslovakei in die Handwerkslehre treten. Die Meister lehren all das, was sie einstens gelernt haben. In Wahrheit hätte die Jugend in manchen Fällen eigentlich umzulernen. All die Griffelemente, Griffe, Arbeitsstuben und Arbeitsgänge, die getan werden müssen, damit ein Werk aus der Händearbeit zweckmäßig und vollkommen in Technik und Form entsteht, müssen praktisch der lernbegierigen Jugend gezeigt werden. Diese gewaltige Summe von Fertigkeit und Kenntnissen ist nicht aus Lehrbüchern zu erlernen und kann auch nicht allein durch eine schriftliche Überlieferung mitgeteilt werden. Allein das Lehren und Lernen von Hand zu Hand und Mund zu Mund, das praktische Fortbildung vermag die Arbeit erfolgreichem gewerblichem Schaffens fortzupflanzen. Dem entsteht ein entsprechend hohe Arbeitsleitung, dann ist man imstande, all die Dinge, die hier soziale Lasten sind, auf der anderen Seite durch Erhöhung der Produktivität, der Ertüchtigung auf dem Gebiete des Arbeitsplatzes wieder wettzumachen. Aus dieser so gewaltigen Handwerkslehre erwächst für tausende junge Menschen die Grundlage für ein Berufsleben, das dann nur wirklich befriedigen kann, wenn die volle Entfaltung der Fähigkeit ermöglicht wird. Für Handwerk und Gewerbe ist eine gediegene praktische berufliche Lehrlingsbildung an der gewerblichen Fortbildungsschule ein unversiegbarer Quell für tüchtige und gewerbliche Höchstleistungen. Unsere bisherige gewerbliche Schulung an den meisten gewerblichen Fortbildungsschulen für alle möglichen Berufe war leider nur eine rein theoretische. Wir bildeten bisher am meisten an vielen Fortbildungsschulen nur gewerbliche Theoretiker und zu wenig Praktiker. Diese rein theoretische Schulbildung genügt in dem schweren Wirtschaftsringen nicht mehr. Wir benötigen eine regelrechte praktische berufliche Ausbildung unserer Lehrlinge für die Werkstattpraxis. In die Schulwerkstätte an der Fortbildungsschule gehört der praktische Handwerker. Die Anforderungen der heutigen Zeit verlangen die Umstellung des gegenwärtigen theoretischen Schulsystems zur praktischen Lehrwerkstatt.

Wenn wir nun von diesem Gesichtspunkt die ausgeworfenen Summen im Staatsvoranschlag prüfen, so kommen wir zu der Überzeugung, daß auch in diesem Jahre wieder für die Förderung des gewerlichen Fortbildungsschulwesens zum Ausbau von Lehrwerkstätten eine geradezu lächerliche Summe eingesetzt ist.

Meine sehr Verehrten! Gerade heute, wo die Tatsache abermals festgestellt ist, daß die neuen Steuerlasten wieder nur die Armen treffen, muß ich mich noch mit den unhaltbaren Zuständen, welche durch die Kartelle und Trusts herbeigeführt werden, beschäftigen. Das Kartellwesen in der Èechoslovakei zeitigt ganz furchtbare Auswirkungen gegenüber Handel und Gewerbe. Wir alle wissen, was im Zuckerlande der Èechoslovakei bisher möglich war. Im Lande, wo die Zuckerrübe wächst und der Zucker zu Millionen Zentnern erzeugt wird, haben wir den teuersten Zucker, aber auch die miserabelste Belieferung. Besonders unangenehm macht sich der allmählich eingebürgerte Brauch geltend, daß der Kaufmann bei Abnahme einer bestimmten Sorte gezwungen wird, auch noch gewisse Mengen anderer Sorten zu beziehen, selbst wenn er für sie keine Absatzmöglichkeit besitzt. Auch mutet es nachgerade grotesk an, wie man von Jahr zu Jahr den Mangel an bestimmten Sorten abwechselt. So fehlte es beispielsweise voriges Jahr im Sommer zur Einsiedezeit an Krystall- und Staubzucker, während wieder heute Brot- und Würfelzucker zu Fehlen kamen. Kein Wunder, daß der Detailhandel, der doch unmöglich in der Lage ist, jährlich größere Mengen auf Lager zu halten, dauernd mit Zuckernot zu kämpfen hat und nur mit größten Mühe der Nachfrage seiner ungeduldigen Kundschaft nachkommt, die bekanntlich sehr selten diese Zusammenhänge verstehen kann.

Das, was sich beim Zucker und seiner Bewirtschaftung zeigt, dasselbe finden wir bei Stahl, bei Eisen. Als vor Jahren einmal die Regierung einen Aufruf an alle Produzenten ergeben ließ, sie mögen sich bemühen, ihren Einkauf vor allem anderen an der Urquelle der Produktion zu decken, da bemühten sich die Metallhandwerker durch die Organisation der Kredit- und Einkaufsgenossenschaft ihre Bedürfnisse unmittelbar bei der Urproduktion, bei der Kartellquelle zu beziehen. Aber da bestand man darauf, nach der angeblich alten Tradition - die Oberkartellmacher, die Eisenjuden in Prag standen auf dem Standpunkt, man dürfte hier das System der Organisation in dieser Richtung nicht durchbrechen. Wir sehen also hier ein systematisches Zustimmung und Zusehen der Regierung in dieser Richtung. Alle Vorstellungen und Versuche waren umsonst. Dasselbe finden wir aber beim Eisen, dasselbe finden wir bei Gummiabsätzen, bei Leder, in der Textil- und in der Papierindustrie und allüberall. In allen Staaten, wo man nicht die Kleinen verfolgt, sondern auch ein Interesse daran hat, was denn eigentlich die Börsenjobber, die Börsenschieber und Bankspekulanten betreiben, hat man sich schon längst mit dem Kartellwesen eingehend beschäftigt. Bei uns aber in der Èechoslovakei besteht immer noch das System, die Kleinen aufzuhängen und die Großen laufen zu lassen.

Wir fordern also als deutsche Nationalsozialisten endlich einmal Einhalt auf diesem Gebiete, wir fordern vor allem die Kontrolle der Produktions- und Preisbestimmung, wir fordern ehestens ein Antikartellgesetz. In Deutschland hatte man den Mut, gegen die Börsenjobber und Schieber bereits am 13. Oktober 1923 eine Verordnung zu erlassen, die sich gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen grundsätzlich ausspricht. In der Èechoslovakei aber spricht man nur davon, diskutiert vielleicht ein wenig in der Presse, von dem kommenden Kartellgesetz aber hört man nichts und es ist auch bis zum heutigen Tage noch nichts geschehen. Ich betöne dies, weil gerade der neue Staatsvoranschlag klipp und klar beweist, daß die gewaltige Steuerlast, die hier in Erscheinung tritt, wieder nur getragen wird von den kleinen Produzenten und Konsumenten und vom Handelsstand.

Wie immer wir den vorliegenden Staatsvoranschlag und die bisherige Wirtschaft betrachten mögen, wir können nur feststellen und zu der Überzeugung kommen, daß es sich wiederum im kommenden Wirtschaftsjahre nur um die Niederringung der wirtschaftlich Schwachen handelt. Die nationalsozialistische Partei wird deshalb für den vorliegenden Staatsvoranschlag nicht stimmen. (Potlesk poslancù nìm. nár. socialistické strany dìlnické.)


3. Øeè posl. dr Koberga (viz str. 1079 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat es für angebracht gehalten, in seinem Exposée vom 14. Oktober hier im Abgeordnetenhause die Selbstverwaltungskörper ganz allgemein als die Ursache für die übermäßig hohe Belastung der Steuerträger hinzustellen, indem er wörtlich sagte: "Die Belastung durch die Selbstverwaltungskörper ist viel zu schwer. Die Gemeinden müssen sich größere Zurückhaltung bei den Ausgaben auferlegen. Autonomie muß mit Verantwortungsgefühl verbunden sein". Auch der Motivenbericht zum neuen Finanzgesetze für die Selbstverwaltungskörper enthält solche Phrasen. Dadurch erweckt man den Eindruck, als ob gegenwärtig in der Selbstverwaltung kein Verantwortungsgefühl oder wenigstens in nichtgenügenden Maße vorhanden wäre und als ob es die Länder, Bezirke und Gemeinden im Gegensatz zum Staate an der erforderlichen Sparsamkeit fehlen ließen. Durch ständige Wiederholung des Schlagwortes von der verschwenderischen Finanzgebahrung der Selbstverwaltung versucht Herr Dr Engliš die öffentliche Kritik von der Mißwirtschaft dieser Staatsverwaltung geschickt abzulenken. Anstatt vor der eigenem Türe zu kehren und darauf hinzuweisen, daß es vor allem notwendig wäre, im Staatshaushalt mit gutem Beispiele vor anzugehen und endlich ein- und unökonomische Ausgaben, wie die 75 Millionen für Pulver und Granaten vermeiden, tut er so, als ob die Gemeinden das ihnen vom Staate gnädigst zur Verfügung gestellte Geld einfach zum Fenster hinauswürfen und dafür Rathäuser und ähnliche unnütze Gebäude aufführten, die keine Rentabilität ergeben. Das mag ja vielleicht das eine oder das anderemal vorgekommen sein, rechtfertigt aber keineswegs die Verallgemeinerung. Genau so wie der Herr Finanzminister selbst im Budgetausschuß am 26. Oktober hinsichtlich der betrüblichen Erscheinungen in den Prager Steuerämtern erklärte, es wäre ein ungeheueres Unrecht, wegen einzelner Fälle die Gesamtheit verantwortlich zu machen, genau so müssen wir erklären: Es ist ein ungeheueres Unrecht, daß der Herr Finanzminister hier vor aller Welt unserer Selbstverwaltung in Bausch und Bogen Verschwendungssucht, Mangel an Sparsamkeitssinn und Verantwortungsgefühl vorgeworfen hat. Darin liegt eine bewußte Irreführung der öffentlichen Meinung und deshalb erheben wir gegen diese Pauschalverdächtigung den schärfsten Einspruch. Schon die Allgemeinheit der Finanznot unserer Selbstverwaltungskörper auf èechischer, deutscher, polnischer, slovakischer und magyarischer Seite wiederlegt die Anschuldigungen und läßt darauf schließen, daß die Ursachen dafür viel tiefer liegen, als der Herr Finanzminister meint: Zunächst in der Geldentwertung, die den Staat veranlaßt hat, Kriegszuschläge zu den Steuern einzuheben, welche aber nicht in die zuschlagsfähige Umlagengrundlage eingerechnet werden. Dadurch waren unsere Gemeinden höherer und niederer Ordnung von vornherein gezwungen, die Umlagen zu erhöhen oder Schulden zu machen. Hätte sich die staatliche Finanzverwaltung gesagt, was dem Staate recht ist, muß der Selbstverwaltung billig sein und wären die durchschnittlich 100%igen Kriegszuschläge in die Umlagenbasis einbezogen worden, so hätten viele, ja die meisten Gemeinden eine Umlagen Erhöhung überhaupt nicht vorgenommen. Ferner wurde bekanntlich die Zuschlagsfähigkeit der Hauszinssteuer und der Erwerbssteuer der öffentlichen Rechnungsleger beschränkt, ohne daß den Gemeinden hiefür ein entsprechendes Entgelt geboten worden wäre. Für Neubauten, für die Erneuerung vom Maschinen usw. wurden Steuerbegünstigungen gewährt, die selbstverständlich eine Schmälerung der Gemeindeeinnahmen mit sich brachten. Die Steuern wurden, wie der Herr Finanzminister selbst wiederholt zugeben mußte, unglaublich spät vorgeschrieben und eingehoben, die den Selbstverwaltungskörpern von den Steuerbehörden gemachten Angaben über die Umlagenbasis waren in der Regel falsch, die Aufstellung ordentlicher Voranschläge wurde so geradezu unmöglich gemacht. Bis heute wissen die meisten Gemeinden nicht, woran sie sind. Immer noch werden sie durch übertrieben hohe Angaben hinsichtlich der zu erhoffenden Steuereingänge amtlich irregeführt. Dazu kommt die famose Art der Kriegsanleiheeinlösung, die drückende Besteuerung der Gemeindeunternehmungen, die Vermögensabgabe und vieles andere. Wo liegt also die Schuld für die traurigen Zustände in der öffentlich en Finanzwirtschaft? Auch die sogenannten Sanierungsversuche konnten keine durchgreifende Verbesserung mit sich bringen. Es waren Versuche mit untauglichen Mitteln. Die neuen Abgaben und Gebühren, welche den Gemeinden bewilligt wurden, waren nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Eine Entlastung der Gemeinden durch Abnahme einiger Zweige des bisherigen Wirkungskreises, wie sie die Novelle zu den Gemeindeordnungen vom 7. Feber 1919 vorsah, ist nicht erfolgt, im Gegenteil! Im übertragenen Wirkungskreis bekamen die Gemeinden durch alle möglichen Gesetze seit dem Bestande der Republik so viel aufgehalst, daß sie darunter zusammenbrechen müssen, insbesondere da sie noch dafür nicht einen roten Heller als Vergütung erhalten. Heute sind schon 2/3 bis 3/4 aller Gemeindegeschäfte tatsächlich Staatsaufgaben, die Gemeinden sinken immer mehr zu unbesoldeten Exekutivorganen der Staatsbehörden herab.

Es zeugt von einer vollständigen Verkennung der wahren Verhältnisse, wenn der Finanzminister meint, die Gesamtausgaben der Selbstverwaltungskörper, also der Gemeinden, Bezirke und Länder, die er für 1927 auf 5717 Millionen schätzt, seien im Verhältnis zu den Ausgaben für die Staatsverwaltung viel zu hoch. Herr Dr Engliš berechnet dieses Verhältnis mit 54: 100. Man kann die Richtigkeit dieser Schätzung mehr oder minder in Zweifel ziehen, jedenfalls muß man aber berücksichtigen, wie viele Aufgaben der Staatsverwaltung gegenwärtig ohne Entgelt durch unsere Selbstverwaltung erfüllt werden, daß also zu dem Aufwand von fast 10 Milliarden für die eigentliche Staatsverwaltung noch gut 2/3 des Aufwandes der Selbstverwaltung, somit noch gegen 4 Milliarden hinzuzurechnen und bei den Ausgaben der Selbstverwaltung abzurechnen sind. Dann ergibt sich sogleich ein ganz anderes Bild. Von den 15 1/2 Milliarden, welche die öffentliche Verwaltung in diesem Staate nach Engliš insgesamt kosten soll, entfallen dann 13 1/2 Milliarden auf die Staatsverwaltung und nur 2 Milliarden auf die eigentliche Selbstverwaltung, somit auf die Länder, Gaue, Bezirke und Gemeinden, zusammen nicht einmal 1/2 dessen, was der Moloch Staat verschlingt. Oder anders ausgedrückt, ist das Verhältnis der Ausgaben der Selbstverwaltungskörper für den eigenen Wirkungskreis zu den mittelbaren und unmittelbaren Staatsausgaben wie 15: 100.

Man sieht daraus, wie problematisch der Wert der von Professor Engliš verwendeten Statistik ist und wie überaus sparsam in Wirklichkeit die Selbstverwaltung wirtschaftet - im Gegensatz zum Staate, der das Sparen getrost von der Selbstverwaltung lernen könnte. Ich verweise diesbezüglich nur beispielsweise auf die Ausgaben für die Staatspolizei, die für sieben Direktionen und 10 Kommissariate 135 Millionen betragen, wozu noch 5 Millionen zur Errichtung neuer Staatspolizeiämter kommen, so daß die Staatspolizei insgesamt über 140 Millionen Kronen kostet. Auf ein Staatspolizeiamt entfällt also durchschnittlich ein Aufwand von fast 8 Millionen Kronen. Hätte man die ganze Polizei den in Betracht kommenden Gemeinden belassen, so wäre dieser Verwaltungszweig gewiß nicht schlechter betreut als jetzt, der Aufwand dafür aber betrüge sicher kaum 1/3. Allerdings könnte dann nicht jedes Polizeiamt über ein eigenes Automobil verfügen wie jetzt, auch wäre dann das Heer der Spitzel nicht vorhanden, ohne das dieser Staat scheinbar nicht existieren kann. (Výkøiky na levici.) Welchen Unsinn diese Spitzel oft für teueres Geld liefern, davon weiß ich aus einiger Erfahrung ein Lied zu singen, da ich ja auf Grund eines solchen geradezu grotesk erlogenen Spitzelberichtes ausgeliefert wurde. Gegenwärtig werden wir Deutschnationalen in Schlesien durch einen gewissen Kunzendorff, einen Reichsdeutschen, der im Dienste der Troppauer Polizeidirektion steht, einen großen, hageren, blauäugigen Herrn von unverkennbar preußischer Herkunft ständig überwacht. Schade um das Geld dafür! Jedenfalls wäre es für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit nicht im mindesten ein Unglück, wenn wenigstens ein Teil dieser Geheimagenten und zwar zunächst jene Polizeiangestellten entlassen würden, die über dem systemisierten Stand mitgeschleppt werden. Es sind dies weit über 500, so daß dadurch allein mehr als 5 Millionen Kronen erspart werden könnten. Das entspräche auch dem Abbaugesetz vom 22. Dezember 1924, Nr. 286. Streicht man außerdem noch den Betrag von 5,124.000 Kè zur Errichtung neuer Staatspolizeiämter, so kann man bei dem Kapitel "Staatspolizei" allein ohne weiteres über 10 Millionen Kronen ersparen. Gleichzeitig könnte durch einen allmählichen weiteren Abbau der Staatspolizei eine Wiederherstellung der Gemeindeautonomie angebahnt werden, gewiß zur Ehre der demokratischen Republik und zum Wohle der Bürgerschaft. 8 Millionen unerledigte Akte dürfte es in keinem Ministerium geben, wenn man der Selbstverwaltung die ihr gebührenden Rechte nicht derart verkürzen würde.

Nur eingefleischte Zentralisten vermögen es nicht zu würdigen, welche Unsumme von Arbeit in der Selbstverwaltung ehrenamtlich oder gegen eine geringfügige Vergütung geleistet wird und wie innig der Aufschwung eines Staates damit zusammenhängt, daß die Gemeinden höherer und niederer Ordnung das erhalten, was sie zum Leben brauchen. In Deutschland z. B., dessen Emporblühen vor dem Kriege und auch jetzt gewiß nicht bestritten werden kann, bekommen die Länder und Gemeinden über zwei Drittel aller Steuereinnahmen, während man hierzulande die Selbstverwaltung mit den Brosamen abspeist, die von dem reichgedeckten Tische des Staates abfallen. Dabei sucht man systematisch das Verantwortungsgefühl in den Gemeinden zu ertöten, indem man sie immer mehr unter eine Kuratel der Aufsichtsbehörden stellt und sie wie Unmündige oder Blödsinnige behandelt, die ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu besorgen unfähig sind. Und dabei klagt man noch pharysäisch über das Schwinden des Verantwortungsbewußtseins in der Selbstverwaltung! Viel wäre zu sagen über den Gesetzentwurf zur Neuregelung der Finanzwirtschaft der teritorialen Selbstverwaltungsverbände. Da aber dieser Entwurf heute noch nicht zur Verhandlung steht, will ich auf Einzelheiten nicht eingehen. Nur so viel möchte ich schon jetzt vorneweg feststellen, daß die darin vorgesehenen Drosselungen der Gemeindefreiheit unerträglich sind und daß auf diesem Wege weder eine Sanierung der öffentlichen Finanzen, insbesondere nicht jener der Selbstverwaltungskörper noch ein Abbau der allgemeinen Übersteuerung erzielt werden kann.

Herr Minister Engliš hat ganz richtig gesagt, Autonomie müsse mit Verantwortungsgefühl verbunden sein. Erschlägt man die Autonomie, so erschlägt man gleichzeitig auch das Verantwortungsgefühl in der Bevölkerung. Deshalb sollte kein Gesetzentwurf derartige Bestimmungen enthalten, die an Stelle des Selbstverwaltens das Verwaltetwerden von oben setzen, an Stelle der Selbstbestimmung die polizeistaatliche Fürsorge und an Stelle der Selbstverantwortung das "Vertrauen an eine hohe Regierung". Möge Herr Engliš doch einmal die englischen Verhältnisse studieren, wenn er schon von dem reichsdeutschen Beispiel nichts wissen will! Dort hat sich seit Jahrhunderten gezeigt, daß eine starke Selbstverwaltung sehr gut mit einer starken Staatsgewalt vereinbar ist. Die These der hiesigen Zentralisten: "Je schwächer die Selbstverwaltung, desto stärker die Staatsgewalt", eine These, die offenbar von Paris bezogen wurde, erscheint dadurch widerlegt. Die Zentralisation wirkt im Sinne der Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung, fördert den Gemeinsinn, die Initiative und die Mitarbeit aller Bürger zum Gemeinwohl. In der entösterreicherten Èechoslovakei hingegen reißt immer mehr der Geist des Metternichschen Polizeistaates ein. Während schon im alten Rom der Satz galt: Minima non curat praetor - um Kleinigten hat sich der Prätor nicht zu kümmern, kommt bei uns jeder Schmarrn bis nach Prag und dabei wird unnütz Zeit, Kraft, und Volksvermögen vergeudet. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)

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