Sobota 27. listopadu 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 55. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v sobotu dne 27. listopadu 1926.

1. Øeè posl. Wagnera (viz str. 1067 tìsnopisecké zprávy):

Ich will mir die Aufgabe stellen, auf eine ganze Reihe bisher unerwähnt gebliebener Schädigungen unserer Volkswirtschaft hinzuweisen.

Meine engere Heimat, Südmähren, war seinerzeit das Hinterland Wiens. Unsere heimische Wirtschaft war eingestellt auf Belieferung der nachbarlichen Millionenstadt und es gab daselbst kein Landwirtschaftsprodukt, das nicht den günstigeren Absatz dort gefunden hätte.

So konnte Südmähren z. B. gar nicht so viel Milch erzeugen, als Wien angesprochen hatte. Eine sträfliche Handelspolitik, bzw. gänzlich verfehlte Zollschranken von Seite der Èechoslovakei zwangen Österreich zu einer Umstellung seiner Wirtschaft und so findet sich heute im Nachbarlande an Stelle der seinerzeitigen Aufzuchtwirtschaft eine ausgesprochene Abmelkwirtschaft auch im Alpengebiete, die bereits den größten Prozentsatz des Milchbedürfnisses Österreichs zu decken vermag. Österreich kann heute jenes Produktes fast entraten, das noch vor einem halben Jahrzehnte hier zu Lande erbettelt werden mußte, ja es wagte den Kampf mit der Milcherzeugung dieses Staates aufzunehmen, indem es uns vom Wiener Markte durch einen gewichtigen Zollsatz auf Milch und Milchprodukte absperrt. Was diese Maßnahme für unser Gebiet bedeutet, muß ich nicht besonders betonen! Südmähren könnte auf dem Milchmarkte nur geholfen werden, wenn die Eisenbahnverwaltung sich dazu verstehen wollte, jener einst nach Wien gravitierenden Gebieten einen Ausnalmstarif für, dem baldigen Verderben unterliegende Produkte, so insbesondere für Milch, Gemüse, Frühobst und Weintrauben zu gewähren. Die Möglichkeit der Einführung solcher Sonderfrachtsätze, wenigstens bis Prag und Ostrau ist nicht nur gegeben, sie wird zur unbedingten Notwendigkeit werden, wenn es nicht gelingen sollte, Österreich vertraglich zu binden, jene Menge an Milch von uns zu beziehen, die nicht durch seine Eigenerzeugung gedeckt erscheint.

Gerade die Voranschlagswechselrede fordert die Betonung dieser Verhältnisse heraus, da wir die Förderung der Landwirtschaft wohl in Österreich beobachten, jedoch auf èechischem Gebiete außerordentlich vermissen. Der Agrarzoll ist leider erst ein unzureichender Anfang und werden wesentliche Reformen auf diesem Gebiete erst folgen müssen! Während in allen Gebietsteilen Böhmens, Mährens und Schlesiens die Milchpreise sich doch auf 1,30 bis 2 Kè erhalten, ja in den Industriegebieten bis 2.50 Kè steigen, erlangen wir in Südmähren nur 90 Heller bis 1 Kè in Ausnahmsfällen 1,10 Kè. Dabei wird jeder Landwirt zugeben müssen, daß die Milcherzeugung im Getreidegebiete die Haupteinnahmsquelle der Landwirtschaft ist, umsomehr als heute der Zuckerrübenanbau infolge der sinkenden Preise ganz im Argen liegt. Der Rückgang des Rübenanbaues zeigte sich schon im heurigen Jahre und wird in den kommenden Jahren mancherorts zur Einstellung des Rübenbaues führen, da die Gestehungskosten bei einem Preise von 14 Kè pro Meterzentner Rüben kaum mehr erreicht erscheinen. Auch hier ließ sich die Èechoslovakei ein Absatzgebiet, wie es Österreich war, durch eine unkluge Handelspolitik entgehen.

Und unsere Znaimer Gurke! Sie hat den Wiener Markt schon, und zwar für alle Zeiten verloren. Die Handelsschwierigkeiten gegenüber Österreich bewirkten leider die Umstellung der österreichischen Nachbarbezirke, sodaß heute bereits Retz und Oberhollabrunn mit ihrer Gurkenerzeugung Wien völlig sättigen.

Das Wohlergehen des südmährischen Landvolkes ist damit geschwunden, umsomehr, als auch bei der Weinproduktion unsere sonnige Heimat von staatswegen keinerlei Rücksichtnahme erfährt, ja durch ein Weinbaubesteuerungswesen ohne gleichen an den Ruin gebracht wird.

Ich will in der Veranschlagswechselrede nicht eingehender die allgemeine Weinsteuer kritisieren und beschränke mich auf die Feststellung, daß der südmährische Wein, in Qualitäten den besten Weinen Mitteleuropas gleich, bisher nie der Obsorge des èechoslovakischen Staates teilhaftig wurde. Die Voranschlagsziffern sprechen ja weit mehr als Worte. Für den mährischen Wein- und Obstbau, die auf Grund der fraglichen Rentabilität völlig darniederliegen, führt der Voranschlag einen völlig unzureichenden Auslagenposten an. Aus dem Weinbau jedoch zieht der Staat eine Einnahme, die mit hunderten Millionen gebucht erscheint.

Ein trauriger Abschnitt in unserem Hauerleben ist das Kapitel Neukultivierung. Die zu geringen Zuwendungen aus Staatsmitteln verzögern die Neuanlagen der Gärten, da das Mutterstockmaterial noch vielfach aus Rumänien und Österreich bezogen werden muß, und zwar zu unerschwinglichen Preisen. Das Ackerbauministerium wendet dieser Frage allzuwenig Aufmerksamkeit zu. Hier könnte durch ausgiebige Subventionierung die Neubepflanzung gefördert, ja gesichert werden, doch der Voranschlag schweigt auch über dieses Kapitel. Noch immer aber wird der Steuerertrag nach einem ganz falschen Schlüssel errechnet, nach den Weinpreisen aus dem Jahre 1920 und 1921.

Die damals hinaufgesetzte Steuer mit ihren Zuschlägen beträgt heute noch 1,60 Kè, d. i. an Staatssteuer 80 Heller, Landeszuschlag 20 Heller, Gemeindezuschlag auch beiläufig 20 Heller und 40 Heller pauschalierter Umsatzsteuer, trotzdem der Weinpreis auf die Hälfte gesunken. Das Weinland steht damit in der höchsten Steuerstufe und man kann ohne Übertreibung die Steuersumme für 1 ha Weinland auf 4000 Kè bemessen, ein Betrag, der bei Berücksichtigung der hohen Bearbeitungskosten den Weinbau zum Luxusackerbau werden läßt, umsomehr als ja Weinjahre sich durch ihre Seltenheit besonders interessant machen.

Was aber muß die unvermeidliche Folge der Übersteuerung des Weinbaues und der Weinerzeugung sein? Wir werden in nicht ferner Zukunft im bisherigen Rebenlande kahle Hügel finden, die für Getreidebau fast ungeeignet, schließlich der Wildnis preisgegeben sein werden, handelt es sich doch um die schlechtesten Böden.

Es bleibt nur die Frage, ob dann auch noch von Heckenrosenbüschen oder Schlehdorn, oder bestenfalls von spärlichem Akazienwuchs der Staat seine Steuermillionen nehmen kann. Da sollte eben die Steuerbremse sofort ansetzen, um noch zu retten, was zu retten ist, und um die Lust zum Weinbau neuerlich zu heben.

Uns mangelt insbesondere die Staatsaushilfe bei Bekämpfung der Rebenfeinde. Der Staat sollte hochwertige chemische Bekämpfungsmittel gegen Peronospora, Oidium, Kräuselkrankheit und Heu- und Sauerwurm zu billigen Preisen in den Handel bringen. Handelt es sich doch um die Erhaltung der Weinbausteuerquelle auch für die Zukunft. Mit dem Weinbau steht ja und fällt ja auch ein gutes Stück Gewerbe, Industrie und Handel. Wieviel Hunderttausende wirft doch der Weinbau alljährlich aus für Spritzpumpen, Fässer, Bottiche, Kupfervitriol, Weinschläuche, Mostschöffel, Weinpressen, Mostwagen u. s. w. Man sollte also erhoffen, daß ein, nur auf naturbegünstigtem Boden gedeihendes Produkt, an welches eigentlich das Gedeihen und Verderben so vieler Berufsstände gebunden ist, die besondere Sorge der Wirtschaftsfaktoren bilden müßte. Leider ist es nicht so, den bescheidensten Wünschen der Hauerbevölkerung wird nicht Rechnung getragen. Es sollte ihr wenigstens gegönnt sein, auch steuerfrei einen Tropfen ihrer Erzeugung genießen zu können. Das Gesetz müßte mindestens 1 Liter Wein täglich, unbeschadet der Menge der Erzeugung, steuerfrei lassen, es müßte auch, und dies insbesondere in der Slovakei jenes alte, traditionelle Recht auf den Buschenschank anerkennen.

Wenn der Weinbauer um Pressburg herum zum Buschenschankverkauf seine Zuflucht nimmt, dann geschieht es wohl erst in höchster Notlage und zwingen ihn äußerste Absatzschwierigkeiten und Geldnöte dazu. Der Engrosverkauf ist nicht immer möglich, da die heimischen Großstädte ihren Weinbedarf leider vielfach im Auslande decken. Die Beschränkung oder Einstellung des Buschenschankes müßte in den slovakischen Gegenden geradezu die Einstellung des Weinbaues bedeuten und würde sich auch in den südmährischen Weingebieten ungünstig auswirken.

Die drückenden Gefällstrafen sollten längst zufalle kommen, leider aber bilden sie auch im heurigen Budget wieder einen beträchtlichen Einnahmsposten des Staatshaushaltes.

Ob eine Wirtschaft, die ihre Einnahme, wenn auch nur zum Teil, auf Verfehlungen ihrer Steuerzahler gründet, als gesund betrachtet werden kann, bleibe dahingestellt.

In diesem Zusammenhange sei auch hingewiesen auf die ungerechte Besteuerung des Flaschenweines und auf die Beschränkung des Weinhandels auf die mindeste Handelsmenge von 40 Liter Wein oder Most. Diese Gesetzesbestimmung trifft nur den Erzeuger und muß als Schutz des Weingroßhandels aufgefaßt werden, die wir nicht Rücksicht auf ihre Einseitigkeit entschiedenst bekämpfen. Die Hauptsorge aber bei alledem bleibt auch beim Weinbaue die Absatzschwierigkeit. Die Èechoslovakei, die ja selbst mehr: Wein schafft, als sie verbraucht, öffnet fremden Weinen ihre Grenzen, begünstigt eine ganze Reihe von Staaten bei der Einfuhr von Fremdweinen, während hier zu Lande Überfluß an Altweinen herrscht. Es wäre einerseits ein Zollschutz gerecht zur Förderung der heimischen Erzeugung, andererseits aber könnte der Zolltarif eine beträchtliche Einnahmsquelle für den Staat bilden und es würde eine Besteuerung der fremden Weine alle jene an heimatliche Genüsse gewöhnen, die immer nur in der Ferne das Beste wähnen. Wenn ich schon das bestehende Getränkesteuergesetz einer Kritik unterziehe, kann ich auch an einem verwandten Kapitel nicht vorübergehen, an der Verwertung des in eigener Wirtschaft erzeugten Obstes.

Bis zum Umsturz hatten die mährischschlesischen Sliwowitz-Erzeuger ein von Maria Theresia gestiftetes Patent, nach welchem jeder Landwirt aus seinem eigenen Obste oder eigenen Trebern Branntwein erzeugen konnte. Das Brennen stand wohl unter finanzbehördlicher Aufsicht, galt aber bis zu einer Menge von 5 hl Maische als steuerfrei, jedes weitere Quantum unterlag der Steuer. In jenen Gebieten, wo intensiver Obstbau betrieben wird, galt das Sliwowitzbrennen oftmals als die letzte Verwertungsmöglichkeit der Zwetschke. Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, bezw. Verordnungen unterbinden geradezu die Sliwowitzerzeugung im klein- und mittellandwirtschaftlichen Betriebe. Sie entziehen aber auch dem Staate eine bedeutende Steuereinnahmsquelle und ich führe hier nur das Beispiel des Znaimer Steuerbezirkes an, wo vor dem Umsturze jährlich weit über 1000 Landwirte Sliwowitz brannten, ihn versteuerten und in den Handel brachten. Heute jedoch entgeht dem Staate dieser Steuersatz von Millionen, da notgedrungen die Obstanlagenbesitzer die vermaischbaren Obstsorten dem Verderben überlassen müssen, bei Fehlen fast jeglichen Absatzes. Es wird einem dringenden Bedürfnisse entsprechen, endlich mit einem neuen Gesetze diese trüben Erscheinungen zu beheben und den bäuerlichen Betrieb wieder in seine Rechte einzusetzen.

Ich sehe nun von landwirtschaftlichen Fragen etwas ab und will noch einige andere Budgetposten einer Betrachtung unterziehen. In dem Voranschlage des Arbeitsministeriums vermisse ich vollkommen eine Ausgabe für den Neubau oder wenigstens Zubau des Znaimer Reformrealgymnasiums deutscher Unterrichtssprache. Beim Umsturze noch hatte Znaim drei deutsche Mittelschulen und 2 deutsche Fachschulen. Eine eigenartige Geometrie brachte von diesen 5 Schulen 4 zu Falle oder besser gesagt, ließ sie zusammenschmelzen auf 1 Staats-Reformrealgymnasium. Im 200 Jahre alten Gebäude des ehemaligen Gymnasiums pfercht man heute die Schüler aus Gymnasium, Realschule und Lyzeum zusammen in gänzlich unzureichende Räume. 324 Schüler füllen 13 Mittelschulklassen, da jedoch das Gebäude nicht ausreicht, so sind nicht nur Klassen in Privathäusern und anderen Schulen untergebracht, sondern es fehlen auch Turnsaal, Zeichensaal. Physik und Chemiesaal, sowie Laboratorien. An 5 verschiedenen Stellen wird der RealGymnasial-Unterricht erteilt, leider nicht zum Gedeihen des Studiums. Diese traurige Erscheinung wirkt für uns deutsche Südmährer umso verletzender, als wir zuschauen müssen, wie in allen besser gebauten und neueren Schulen Znaims sich die Èechen häuslich eingerichtet haben, wie sie heute drei Mittelschulen, bezw. Fachschulen, besitzen und den Begriff "Raummangel" nur vom Hörensagen kennen. Eine äußerst bescheidene, jedoch umso dringendere Forderung Südmährens ist es, wenigstens die einzige deutsche Mittelschule Znaims so auszugestalten, daß sie ihrem Zwecke dienen kann und dies durch sofortige Aufführung eines Zubaues. Der Raum ist vorhanden, die Möglichkeit gegeben, den Zubau zu bewerkstelligen und ich will hoffen, daß nicht etwa hier die bei den deutschen Schulen Mährens so oft geübte Sparmaßnahme wieder eine Ausrede bildet. Eine zum Bereich dieser Mittelschule zählende Bevölkerung von 70 bis 80.000 deutschen Bewohnern und Steuerzahlern hat wohl ein gutes Recht auf die erhobene Forderung, umsomehr, als sie Zeuge des übermäßigen Aufwandes ist, der beim Bau von èechischen Minderheitsschulen und Kindergärten im deutschen Gebiete getrieben wird. Für 6 bis 8 Kinder werden ganze Schulpaläste erbaut, dabei werden die Kinder aus völlig fremden Schulsprengeln mit der Bahn herbeigeholt, um der Schule eine Daseinsberechtigung zu verleihen. Es wäre dies auch ein Kapitel für Sparmaßnahmen des Eisenbahnministeriums.

Zum Kapitel Verteidigungsministerium muß ich gleichfalls eine Einwendung machen. Der Herr Minister hat im Budgetausschusse auch der kulturellen Erfordernisse gedacht und Militär-Büchereien und Kursen das Wort gesprochen. Bei den landwirtschaftlichen Kursen haben wir leider die Erfahrung gemacht, daß sie vielfach unbesucht bleiben, weil die Soldaten hiezu nicht gezwungen werden, andererseits aber weil sie ermüdet oder in Erwartung einer anstrengenden Übung den Schlaf dem Unterrichte vorziehen. Es wäre da eine Verfügung dahingehend zu treffen, daß nicht solche Umstände den Unterricht fruchtlos werden lassen, oder überhaupt unmöglich machen. Bezüglich der Büchereien lege ich Verwahrung ein gegen Bücher, wie mir hier eines vorliegt, betitelt "Unser erste Präsident". Es ist entschieden verwerflich, wenn unseren Soldaten eine Lektüre aufgenötigt wird, die sprachliche Fehler enthält, wie dieses Buch es gleich im Titel bezeugt. Verletzend aber ist, wenn der Inhalt sich auch auf Ereignisse bezieht, welche die trübsten Erinnerungen einem treuen heldenhaften Volke aufzwingen, in oft verletzendem Tone. Wir wollen hoffen, daß der neue Kurs auch mit unserer seelischen Verwundbarkeit rechnen wird.

Um nochmals auf die landwirtschaftlichen Erfordernisse zurückzukommen, will ich des Falles besonders gedenken, der heute unter der Frage der Kartoffelkrebsbekämpfung eine der Hauptsorgen der Landwirtschaft ist. Es ist kluge Vorsicht, die das Ackerbauministerium hier obwalten läßt und wir anerkennen sie in vollem Maße, jedoch sollte die fachmännische Beschau des zur Einfuhr gelangenden Samens vereinfacht werden. Heute ist die Einfuhrbewilligung auch im Grenzgebiete aus eigenem Besitze auf die Begutachtung eines Organes der phytopathologischen Versuchsanstalt angewiesen. Die Kosten dieser Untersuchung trägt der Interessent und es kommt vor, daß die Grenzbewohner ihr eigenes Produkt durch dieses Untersuchungsverfahren sich eigentlich kaufen müssen. Es ließe sich auf diesem Gebiete insoferne Abhilfe schaffen, als man die Lehrpersonen der ländlichen Fachschulen, womöglich auch diplomierte Landwirte, in Kursen mit den Symptomen des Kartoffelkrebses vertraut macht und ihnen gegen staatliche Vergütung die Untersuchung der Rückfuhrkartoffel aus dem Grenzgebiete überträgt.

Um auch noch auf die Überflutungskatastrophen hinzuweisen, stelle ich fest, daß leider meine Heimat im Voranschlage unbedacht blieb. Südmähren bedarf einer ausgiebigen Flußregulierung der Thaya, Schwarza und ihrer Nebenflüsse, da durch Abschwemmungen und Überflutungen alljährlich unsäglicher Schaden verursacht wird. In dieser Frage wäre eine Lösung sofort gefunden, durch den Bau der Stauwerke in Frain und Brünn, leider aber vermisse ich im Voranschlag des Arbeitsministeriums diesen Posten.

Mit diesen von mir bemängelten Verhältnissen werden die Ministerien sich denn doch zu befassen haben, da sie auf die Dauer unhaltbar sind, bei gutem Willen jedoch ehestens günstig gestaltet werden können. (Potlesk.)


2. Øeè posl. L. Wenzela (viz str. 1076 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Eine Betrachtung der für 1927 präliminierten Staatseinnahmen zeigt, daß die Hoffnungen des deutschen Gewerbestandes und aller Konsumenten, die Steuerreform werde eine entsprechende Herabsetzung der Lasten bringen, unerfüllt bleiben. Die Steuerschraube wird anstatt nachgelassen fester angedreht. Der vorliegende Staatsvoranschlag kündigt dem gesamten Handwerker- und Gewerbestande ein unerbittliches Anziehen der Steuerschraube an, um weiter herauszupressen, was nur möglich ist. Um ein Bild der Steuerwirtschaft zu gewinnen, erscheint es zweckmäßig festzustellen, inwieweit die direkten und indirekten Steuern erhöht werden sollen.

Aus den amtlichen Ziffern finden wir die Erhöhung der Einkommensteuer um 32 Mill. Kronen, Zölle um 235,481.000 Kè, Spiritussteuer um 88,080.000 Kè, Zuckersteuer um 417,508.000 Kè, Mineralölsteuer um 8,500.000 Kè, Zündmittelsteuer um 4,300.000 Kè, Allgemeine Getränkesteuer um 9,300.000 Kè, Wasserkraftsteuer um 5,000.000 Kè, Stempelgebühren um 16,811.000 Kè, Rechtsgebühren um 10,515.000 Kè, Eisenbahnverkehrssteuer um 228,095.640 Kè, Fahrkartenabgabe um 3 8,865.000 Kè.

Wir haben gegenwärtig mehr als 180.000 Arbeitslose, diese 180.000 Arbeitslose verdienen nichts. Flotte Arbeitsmöglichkeit, hohe Arbeitslöhne, billige Lebensmöglichkeiten sind der beste Untergrund für Gewerbe und Handel. Dieser Untergrund wurde in der letzten Zeit durch die Agrarzölle schwer erschüttert.

Früher, als es noch Leibeigene oder Sklaven gab, konnte man jeden Leibeigenen und Sklaven verkaufen oder kaufen. Menschen mit Haut, Haaren und Beinen waren Privateigentum des Herrn und Gebieters. Der Herr prügelte im Stall seinen Leibeigenen zu Tode, so ungefähr wie einer im Zustande der Trunkenheit einen Wirtshaustisch zertrümmert. Der Mensch als Arbeiter wurde früher bekanntlich wie das liebe Vieh behandelt. Er wurde gefüttert, eingespannt und wenn er nichts taugte, geprügelt oder umgebracht. So war es früher! Und heute? Allerdings wird der Gewerbestand wie Lehrling, Gehilfe und Meister nicht mehr direkt geprügelt und erschlagen. Dafür aber wird durch das gegenwärtige Wirtschafts- und Steuersystem förmlich die Arbeitskraft und die vollendete gewerbliche Geschicklichkeit gekauft und verkauft. Der gesamte Gewerbestand befindet sich heute in einem unerquicklichen Zwangsverhältnis. Die Arbeiterschaft hat die Möglichkeit, in ihren Gewerkschaften sich zusammenzuschließen und ihre Löhne zu regulieren. Das Kapital und die Industrie bildet Kartelle, Trusts, Preisringe. Was soll der Handwerker und Gewerbetreibende beginnen, wenn er nun abermals vor der furchtbaren neuen Feststellung steht, daß die neuen direkten und indirekten Steuern sich um nicht weniger als 1.095,055.000 Kè vermehrt haben?

Des öftern machen die Gewerbegenossenschaften den Versuch, zumindest Richtpreise und Einheitspreise als solche herauszugeben. Aber da erscheint im Angenblick die Behörde und stellt fest, daß dies ein Kartellieren sei. Nein, es ist da nicht an ein Kartellieren gedacht, sondern die Gewerbetreibenden sind bemüht, den Grundsatz der Erhaltung guter Löhne, die Möglichkeit der Aufkalkulierung einer guten Regie wenigstens in dieser Form durchzuführen. Aber auch da ist die Behörde sofort zur Hand und man sieht, wie man den kleinen am liebsten aufhängen möchte, aber den großen Lumpen, der sich hinter Kartelle verkriecht, laufen läßt.

Wie und wohin soll nun das Gewerbe oder der Handwerker die neue Steuerlast der indirekten Steuern verrechnen? Er ist derjenige, der diese so erhöhte Regie bei der Kalkulation der Waren mit zu verrechnen hat. Was aber bietet der Staat dem Handel und Gewerbe für diese neu festgelegte Steuerbüttelarbeit? Für Gewerbeförderung sind nur lumpige 5,8 Millionen Kronen ausgeworfen worden. Es sind dies für das Jahr 1927 rund 100.000 Kronen mehr als im Vorjahr. Wir sehen also auf der einen Seite eine Mehrbelastung an Steuern, Zöllen und Gebühren im Betrage von 1.095,055.000 Kè und dafür nur das geradezu lächerliche Trinkgeld von 100.000 Kronen für die gesamte Gewerbeförderung in der Èechoslovakei. Man muß sich nur die Lage des Gewerbe- und Handelsstandes vorstellen, wie dieser um seine Existenz hart ringen und kämpfen muß.

Meine sehr Verehrten! Seit langer Zeit bemüht sich der Gewerbestand, die Reform der Lehrlingsschulen durchzuführen. Der Gesetzentwurf, der allerdings von der Regierung längst vorbereitet ist, liegt irgendwo in einem Schubkasten verborgen. Es ist beinahe ein Kulturskandal, wie man mit den Lehrlingen und dem Nachwuchs des Gewerbestandes umspringt. Es gibt in der Republik noch Gegenden, wo der Fortbildungsschulunterricht noch Sonntag vormittags abgehalten wird. (Posl. Patzel: Gestern hat ja ein Redner das direkt verlangt!) Jawohl! Ebenso gibt es Gebiete, wo der Fortbildungsschulunterricht in den Abendstunden abgehalten wird. Beides ist unsozial und unrationell. Bereits am 6. Mai 1926 richtete ich eine Interpellation an den Minister für öffentliches Gesundheitswesen, an den Fürsorgeminister und an den Minister für Handel und Gewerbe in Angelegenheit der Erforschung der Berufstauglichkeit: eine Antwort konnte ich bis heute auf meine Interpellation von den Ministern nicht erhalten. In Deutschland ist es längst nicht mehr so, daß jeder unkontrolliert durch den öffentlich ausgeschriebenen Stellenausweis das werden kann, was er gerade werden will. Es ist vielmehr durch eine im Gesetz verankerte Organisation Vorsorge dafür getroffen, daß alle Berufssucher, ob es jugendliche oder ältere, ob es männliche oder weibliche sind, von den Arbeitsbehörden auf ihre Neigungen und Berufseignung untersucht werden. Die Stellen, die diese Arbeit ausführen, sind die öffentlichen Nachweisämter, denen die Bewirtschaftung der gesamten Arbeitskraft des Volkes der Idee nach obliegt. Zu den Aufgaben dieser Stellen gehört die Arbeitsvermittlung, die Erwerbslosenunterstützung die Berufsberatung und die Berufsauslese.

Meine sehr Verehrten! Es ist zweifellos nicht rationell, gerade unter den bezeichneten Verhältnissen eines so engherzigen Befähigungsnachweises, wenn irgendein junger Mensch sich durch irgendeinen Zufall für einen Beruf entscheidet. Er ist vielleicht engbrüstig, ist vielleicht von nicht genügend starkem Körperbau in dem Augenblick, wo er einem schweren Gewerbe zugeführt wird, ist nicht imstande, dieser Arbeit nachzukommen, er wird übermüdet, schlaff, er füllt seinen Arbeitsplatz nicht aus und er ist nicht mehr in der Lage, auf Grund der gegenwärtigen gewerblichen Verhältnisse wieder umzusatteln und einen neuen Beruf zu ergreifen, der für ihn auf Grund seiner physischen und psychischen Eignung notwendig wäre.


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