Ètvrtek 25. listopadu 1926

Im Zusammenhang damit möchte ich noch eine Frage besprechen, die für die Arbeiter nicht unwichtig ist. Wir haben in den Staat eine große Industrie übernommen, die mitunter bis zu 70 und 80% ihrer Erzeugung auf den Export angewiesen ist. Diese Industrien weisen dank der falschen Wirtschaftspolitik, die in den letzt en Jahren in diesem Staate getrieben wurde, eine verminderte Exportmöglichkeit auf, und die Zahl der beschäftigten Arbeiter ist kleiner als in der Vorkriegszeit. Auf diese Weise wurden Zehntausende Arbeiter aus einzelnen Industriezweigen ausgeschieden. Wir haben die letzten Jahre hindurch viele Maschinen ins Ausland exportiert, die Arbeiter sind aber hier geblieben. Es ist heute für den Arbeiter nicht möglich, im Ausland Arbeit zu suchen, weil sich das Ausland abgesperrt hat und fremde Arbeitskräfte nicht zuläßt. Hier liegt ein großes volkswirtschaftliches Problem vor uns, das zu lösen ist. Tüchtige Fachmänner und alle wirklichen Sozialpolitiker müßten sich mit diesem Problem beschäftigen, damit diese Arbeiter wieder Arbeit und eine Lebensexistenz finden. Gegenwärtig redet man ungemein viel von der Rationalisierung der Industrie, was wiederum Arbeiter überflüssig machen wird. Da ist es Aufgabe des Staates, Vorsorge zu treffen, wenn Arbeiter überflüssig werden, daß sie anderwärts ein Unterkommen finden, welches Ihnen die Lebensmöglichkeit garantiert.

Und nun zur Frage des Achtstundentages. Schon seit Beginn der Geltung des Gesetzes sind Bestrebungen in diesem Staate im Gange, den Achtstundentag zu durchbrechen. Wir sehen ja, daß die kleinen Gewerbetreibenden fast durchgängig für ihre Gehilfen den Achtstundentag nicht einhalten, daß er auch auf - dem Lande draußen nicht eingehalten wird. Die Unternehmer wollen den Arbeitern einreden, "Arbeitet länger und ihr werdet mehr verdienen", während auf der anderen Seite Tausende und Zehntausende Arbeiter herumlaufen um Arbeit und keine finden können. Wir haben auf Grund der Erhebungen des statistischen Staatsamtes feststellen können, daß das Überstundenunwesen ständig im Steigen begriffen ist. Wir fordern: Daß der Staat, der die Verpflichtung hat, darüber zu wachen, daß diese Gesetze eingehalten werden, auch darüber wacht, daß das Gesetz über den Achtstundentag eingehalten wird. Dann fordern wir, daß solange Arbeitslose vorhanden sind, unter keinen Umständen Überstunden bewilligt werden. Im September hat der Oberste Gerichtshof eine charakteristische Entscheidung gefällt. Anläßlich ein es Rechtsstreites hat er in einer Entsheidung ausgesprochen, daß über die Leistung von Überstunden nicht mit den Vertrauensleuten der Arbeiter verhandelt werden braucht, daß die Arbeiter Überstunden zu leisten haben, wenn der Unternehmer es will und daß derjenige Arbeiter, der die Überstunden verweigert, nach § 82 entlassen werden kann. Durch diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, das sprechen wir hier offen aus, wird sich die organisierte Arbeiterschaft in keiner Weise einschüchtern lassen. Sie wird dafür sorgen, daß über die Leistung von Überstunden die Arbeiterschaft befragt werden muß und daß der Unternehmer kein Recht hat, den Achtstundentag, die wichtigste kulturelle Errungenschaft der Arbeiter, zu durchbrechen. Wir verlangen schon seit Jahren, daß der § 82 beseitigt wird. Er besteht seit mehr als 40 Jahren und entspricht den heutigen Zeitverhältnissen nicht mehr. Er besitzt schwere Härten gegen die Arbeiter, mag es ich um Entlassungen nach dem Betriebsausschüssegesetz, mag es sich um das Urlaubsgesetz, oder um andere Bestimmungen handeln, immer wird diese rückständige Bestimmung gegen die Arbeiter ins Feld geführt. Die schwerste soziale Härte liegt darin, daß auch dort, wo eine Kündigung besteht, der Arbeiter nach einer vierwöchigen Krankheitsdauer ohne Kündigung entlassen werden kann. Stellen Sie sich nur einmal vor, was das für den Arbeiter, der zu Hause krank darniederliegt, bedeutet, wenn er eines Tages die Entlassung zugestellt erhält und seinen Arbeitsplatz verliert. Auch da liegt ein Gesetzentwurf von uns vor. Schon seit Monaten wird über eine Änderung beraten, aber die Beratung kommt nicht vom Fleck, weil man die alten Bestimmungen dieses Paragraphen beibehalten möchte.

Eine weitere wichtige Frage ist die Rechtsverbindlichkeit der kollektiven Arbeitsverträge. Die Kollektivverträge, die heute zu hunderten und tausenden bestehen, sind das Produkt der gewerkschaftlichen Entwicklung, sie sind das Produkt des erfolgreichen Kampfes der Gewerkschaften. Der Arbeiter schließt heute nicht mehr als einzelner mit dem Unternehmer den Lohnund Arbeitsvertrag ab, sondern er schließt ihn gemeinsam mit seinen Klassengenossen ab. Wir haben Verträge, die Betriebe, Orte, ganz große Gebiete, ja sogar das Staatsgebiet als solches umfassen. Trotzdem besitzen diese Kollektivverträge bis zum heutigen Tage keine Rechtsverbindlichkeit. Es ist möglich, daß der Unternehmer diesen Kollektivvertrag für den einzelnen Arbeiter rechtsunwirksam machen kann. Die Unternehmer wollen diesen Zustand, sie wollen, daß er weiter besteht, damit der Unternehmer nur dem einzelnen Arbeiter gegenüber steht, um den Vertrag zu diktieren. Im Zusammenhang damit steht die gesetzliche Einführung der Lohnschiedsgerichte, und mancher ernste Konflikt könnte durch diese Einrichtung geschlichtet werden.

Wir haben einen Antrag eingebracht, daß das Entgelt bei Waffenübungen nach § 1154 wieder zu zahlen ist. Im Gesetz vom 31. März 1925 über die Aufrechterhaltung der Dienstverhältnisse bei Waffenübungen ist die Bestimmung des § 1154 a. b. G. nicht enthalten. Obwohl der § 1154 nicht abdingbar ist, hat man durch Urteile der Gerichte den Arbeitern den Anspruch auf Entgelt aberkannt. Wir fordern deshalb, daß in das Gesetz vom 31. März 1925 die Bestimmung des § 1154 aufgenommen wird, damit das Entgelt bei Waffenübungen wieder gezahlt wird.

Im weitern verweisen wir darauf, daß auch das Betriebsausschüssegesetz abänderungsbedürftig ist. Es soll novelliert werden damit die vielen Streitigkeiten, die heute bestehen, beseitigt werden und daß alle Arbeiter und Angestellten unter das Gesetz über die Betriebsausschüsse fallen.

Wir fordern weiter, daß Arbeiter- und Angestelltenkammern errichtet werden, wie sie in Deutschland und Österreich bereits bestehen, wie sie die Gewerbetreibenden und Industriellen heute besitzen oder wie sie die Bauern in ihren Landeskulturräten haben, auch die Ärzte, Advokat en und Ingenieure haben ihre separaten Kammern. Wir brauchen die Arbeiter- und Angestelltenkammern als Gegengewicht gegen die Handels- und Gewerbekammern und zum Schutze der Arbeiter im besonderen. Es wäre noch wichtig, auch ein Wort über die Errichtung einer staatlichen Kommission für die Unfallverhütung zu sagen, welche die Aufgabe hätte, Betriebsunfälle zu bekämpfen, die Ursachen der Berufskrankheiten zu ergründen und auf deren Abstellung zu drängen.

Weiters fordern wir, daß das Feiertagsgesetz, an das sich ohnedies niemand hält, novelliert wird, die Doppelfeiertage sind für die Arbeiterschaft zu einer sozialen Notwendigkeit gewerden. Wir fordern weiters, daß die Novellierung des Pensionsversicherungsgesetzes endlich durchgeführt wird und daß man den alten und invaliden Angestellten eine Rente zahlt, die ihnen das Leben ermöglicht. Wir fordern weiter, daß das Handlungsgehilfengesetz novelliert wird, daß eine Verlängerung der Kündigungsfrist für die Angestellten erfolgt und daß in Handel und Gewerbe die Sonntagsruhe strikte eingehalten wird, sowie daß der Sechsuhrladenschluß aufrecht erhalten bleibt. Wir werden uns auch mit Leidenschaft gegen die Verschlechterung der Sozialversicherung wenden. Es liegt bereits ein Antrag der Agrarier vor, der nur den Zweck verfolgt, daß dieses Gesetz für die Arbeiterschaft verschechtert wird. Die Arbeiterschaft wird, mag der Angriff von welcher Seite immer kommen, auf ihren Lebensrechten beharren, sie wird versuchen, jeden Angriff darauf mit aller Kraft abzuwehren.

Wir stehen heute einer deutsch-èechischen Koalition gegenüber, welche die Absicht hat, die sozialpolitische Gesetzgebung zu verschlechtern, und welche bestrebt ist, neue sozialpolitische Gesetze zu verhindern. Die Herren glauben, daß sie den sozialen Aufstieg der Arbeiterklasse werden hindern können. Die Herren werden eine große Enttäuschung erleben. Man kann die sozialistische Arbeiterbewegung in ihrem Aufstieg vorübergehend hemm en, aber man wird ihren Aufstieg niemals aufhalten. Das lebendige Recht der Arbeiterklasse wird all die reaktionären Pläne dieser deutsch-èechischen Mehrheit durchkreuzen. Es haben schon mächtigere und größere Staatsmänner gegen den Aufstieg der sozialistischen Arbeiterbewegung angekämpft, als es die Herren sind, die gegenwärtig die Ministerbank zieren, und diese großen Staatsmänner mußten vor dem Ansturm der klassenbewußten Arbeiterschaft letztenendes kapitulieren, wie wir vor einer Zeit eine Arbeitsordnung von Ostböhmen aus dem Jahre 1860 ausgegraben, deren erster Satz lautet: "Die Arbeitszeit beginnt um 5 Uhr früh und endet um 8 Uhr abends." Heute haben wir den gesetzlichen Achtstundentag. Wie wir im Laufe der Jahre den Kampf um das Recht der Arbeiter nach einer menschenwürdigen Arbeitszeit geführt und den Achtstundentag erreicht haben, so werden wir auch in Zukunft den Kampf um unsere Rechte führen und werden imstande sein, allen Widerstand, der sich uns entgegenstellt, zu brechen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

3. Øeè posl. Greifa (viz str. 761 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die deutsche christlichsoziale Volkspartei ist in die Regierungsmehrheit eingetreten mit dem ernsten Willen, in ernster Arbeit mitzuwirken, daß dieser Staat zur erträglichen Wohnstätte für das sudetendeutsche Volk werde, zu einer Wohnstätte, in der das sudetendeutsche Volk seine Hausherrenrechte mitgenießt. Wir verkennen nicht, daß noch harte Kärrner- und Schlepparbeit zu leisten sein wird, bevor dieses Ziel erreicht werden kann. Auch der gegenwärtig zur Beratung stehende Voranschlag stellt noch lange kein solches Bild dar, das uns die Verwirklichung unseres Zieles in nahe Aussicht stellt. In uns aber lebt der Glaube, daß die gemeinsamen Interessen der Völker dieses Staates so stark sind, daß sie zwangsläufig eine Überbrückung der Interessengegensätze und dadurch endlich eine gemeinsame Arbeit im Dienste des Wohles aller Staatsbürger herbeiführen müssen.

Solche Arbeit im Dienste des Gesamtwohles ist vor allem die Arbeit im Dienste der sozialen Fürsorge, ist eine gesunde soziale Politik. Wenn ich mir hier erlaube, gerade zu diesem Kapitel den Standpunkt meiner Partei zu präzisieren, so geschieht das nicht in letzter Linie deshalb, weil gerade unser Eintritt in die gegenwärtige Regierung zum Anlaß für demagogische Angriffe gegen die Sozialpolitik unserer Partei genommen wurde. Es ist mehr als bezeichnend für unsere politischen Gegner, wenn sie uns einer reaktionären antisozialen Gesinnung zeihen, ja uns selbst den ehrlichen Willen zur ersten Mitarbeit für eine gesunde soziale Politik absprechen, nur weil wir auf entgegengesetzter weltanschaulicher Grundlage stehen und ihre Wege als falsch und nicht zum gewünschten Ziele führend erkannt haben.

Wir leugnen nicht, daß starke Kräfte tätig sind, um allenthalben und auch in diesem Staate die Politik in einen antisozialen Kurs zu drängen. Wir erkennen die Hindernisse und Schwierigkeiten, die sich der Verwirklichung unserer programmatischen sozialpolitischen Ziele entgegenstellen. Wir verwahren uns jedoch gegen die demagogische Art, in der uns reaktionäre, antisoziale Gesinnung und fehlender guter Wille gerade von jenen Gegnern vorgeworfen wird, welche in den langen Jahren ihrer Macht selbst nicht imstande waren, das zu erreichen, was sie als die Erfüllung ihrer Minimalforderungen bezeichnen. Gerade um einen antisozialen Kurs zu verhindern, war mit ein bestimmender Grund für den Eintritt unserer Partei in die Regierung. Wenn wir für das Kapitel "Soziale Fürsorge" im Staatsvoranschlag stimmen, so bezeugen wir dadurch nicht, daß uns die für diesen Zweck eingesetzten Ziffern restlos befriedigen. Wir stellen uns dadurch lediglich auf den Boden der realen Tatsachen, ohne zu vergessen, daß auch unsere staatliche soziale Gesetzgebung noch große Lücken aufweist, deren möglichst baldige Ausfüllung auch weite Kreise unseres sudetendeutschen Volkes erwarten. Wir stehen noch immer mitten drinnen in einer gewaltigen Wirtschaftskrise, die tausende und tausende Hände und Hirne aus ihrer Berufstätigkeit herausgerissen und in tausende und tausende Familien Not und Elend gebracht hat. Eine vernünftige Wirtschaftspolitik, durch eine ausreichende soziale Fürsorge unterstützt, muß die traurigen Folgen dieser Wirtschaftskrise zu mildern suchen. Innerstaatlich allein ist die so brennende Frage einer ausreichenden Arbeitslosenfürsorge nicht zu lösen. Vor allem wird eine Hauptsorge unserer Außenhandelspolitik sein, unserer Industrie neue Absatzgebiete und dadurch vermehrte Arbeitsmöglichkeit zu erschließen. Ich denke da vor allem auch an das große aufnahmsfähige Gebiet Sowjetrußlands. Innerstaatlich erweist sich die Novellierung des Gesetzes, betreffend den Staatsbeitrag zur Unterstützung Arbeitsloser, als dringend notwendig. Dieses Gesetz, das für Zeiten eines normalen Wirtschaftsbetriebes geschaffen wurde, belastet heute die Gewerkschaften in unerträglicher Weise und ist bei der gegenwärtigen andauernden Wirtschaftskrise inbezug auf die Unterstützungsfrist allzu eng begrenzt. Wir werden die Bestrebungen des Ministeriums für soziale Fürsorge in dieser Hinsicht gerne unterstützen, dem ja diesbezügliche Vorschläge bereits seitens der Gewerkschaften unterbreitet wurden. Die Gewerkschaften haben seit Inkrafttretung dieses Gesetzes eine staatserhaltende Arbeit von solchem Umfange geleistet, daß ihnen voller Dank und Unterstützung ihrer Bestrebungen gebührt.

Einen Idealzustand der Arbeitslosenfürsorge stellt das gegenwärtige Gesetz auch für normale Zeiten nicht dar. Unsere Bestrebungen werden auf die Schaffung einer Arbeitslosenversicherung hinzielen müssen, zu der Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Gemeinde und Staat Beiträge zu leisten haben. Den Arbeitslosen muß das niederdrückende Gefühl genommen werden, lediglich Almosenempfänger zu sein. Gleichzeitig mit dem Ausbau der Arbeitslosenversicherung ist die Schaffung der gesetzlichen Zwangsarbeitsvermittlung und die Ausarbeitung eines großzügigen Arbeitsbeschaffungsprogrammes notwendig. Sparmaßnahmen sind auf diesem Gebiete gewiß unangebracht, denn diese Ausgaben sind produktiv und geeignet, den Posten für unproduktive Arbeitslosenunterstützung zu vermindern. Ich verweise da nur auf die großen Flächen, die durch den Bergbau vernichtet wurden und die bei planmäßiger Rekultivierung unter finanzieller Heranziehung der Bergwerksbesitzer Hunderten von Familien Arbeit und Brot bringen könnten. Die Neubelebung der Bautätigkeit kommt ebenfalls als nicht unbedeutender Faktor bei der Arbeitslosenfrage in Betracht. Die Regierung hat uns eine Vorlage über ein Baugesetz unterbreitet, deren gründliche und fachmännische Ausarbeitung gewiß nicht angezweifelt werden kann, die jedoch unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen welche kaum mehr weitere Belastungen vertragen-sowohl bei den Hausbesitzern als auch bei den Mietern auf heftigen Widerspruch stößt. Es ist zweifellos, daß auch die Frage der Wohnungsfürsorge nur im Geiste echter Volkssolidarität gelöst werden kann. (Posl. Katz: Wie soll die auschauen, die Volkssolidarität?) Herr Abg. Katz, das wissen Sie leider nicht. (Rùzné výkøiky.)

Die Opfer, welche hier gebracht werden müssen sind in Wahrheit Opfer für das Gesamtwohl des Volkes.

Das in seinem Grundgedanken gewiß große Werk der Sozialversicherung begegnet ebenfalls zum Großteil berechtigtem Widerspruch. Ich halte es für verfrüht, über Novellisierungspläne des Sozialversicherungsgesetzes in einer Weise zu reden, wie es von manchen Kreisen heute schon vielfach geschieht, bevor man die Auswirkungen dieses Gesetzes nicht aus längeren Erfahrungen beurteilen kann.

Ich bestreite nicht, daß heute schon gewisse Härten und Ungerechtigkeiten beseitigt werden können, keinesfalls aber können wir einer Novellierung zustimmen, die diesem Gesetze seinen sozialen Charakter nimmt. Die politische Konstellation in diesem Hause wird wohl kaum jemals eine solche sein, daß die hier geschaffenen Gesetze alle restlos befriedigen. Aufgabe der Gesetzgebung aber muß es immer sein, einmal erwiesene Ungerechtigkeiten wieder zu beseitigen. Als eine solche Tat möchte ich besonders die Notwendigkeit der endlichen Gleichstellung und Gleichbehandlung der sogenannten Alt- und Neupensionisten, die Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten in den staatlichen Betrieben, besonders in den Tabak- und Bergbaubetrieben mit den übrigen Staatsbedienstetenkategorien, ferner die endliche Einbeziehung der Land- und Forstarbeiter in die Unfallversicherungspflicht bezeichnen.

Ich kann der beschränkten Redezeit wegen aus dem Komplexe der zu leistenden Arbeiten auf sozialpolitischem Gebiete nur einige der Fragen herausgreifen, deren Lösung mir am dringendsten erscheint. (Rùzné výkøiky poslancù nìm. soc. demokratické strany dìlnické a nìm. køes. sociální strany lidové. - Místopøedseda Stivín zvoní. - Posl. Katz: Herr Greif, werden Sie auch entsprechende Anträge stellen?) Nur abwarten. (Hluk.)

Die Hauptversammlung des Verbandes der christlichen Gewerkschaften hat am 16. Oktober die baldige Inangriffnahme folgender sozialpolitischer Arbeiten vom Ministerium für soziale Fürsorge verlangt: Die sofortige Novellierung des Gesetzes Nr. 267, betreffend den Staatsbeitrag zur Unterstützung Arbeitsloser, in dem Sinne, daß die Unterstützungsfrist verlängert und den Gewerkschaften ihre ungeheueren Lasten erleichtert werden, die baldige Schaffung einer Arbeitslosenversicherung, zu der Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Gemeinde und Staat Beiträge zu leisten haben, die umgehende Schaffung der gesetzlichen Zwangsarbeitsvermittlung (nepokoj), die sofortige Ausarbeitung eines großzügigen Arbeitsbeschaffungsprogrammes, welches insbesondere dazu dient, eine planmäßig produktive Arbeitslosenfürsorge einzuführen, die Herausgabe einer neuen Vorlage über die Bauförderung, die Erhöhung des steuerfreien Einkommens auf den Vorkriegsstand, die Schaffung der Unabdingbarkeit der Kollektivverträge, die endliche Abänderung des § 82 der Gewerbeordnung. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Slavíèek.) Die Novellierung des Feiertagsgesetzes, insbesondere die gesetzliche Festlegung der Doppelfeiertage, die Herausgabe der Durchführungsverordnung zum Urlaubsgesetz, die endliche Schaffung des Gesetzes über die Altersversorgung jener Personen, die das 60. Lebensjahr überschritten haben und deshalb nicht mehr in den Bereich der Sozialversicherung fallen. Die Novellierung der Pensionsversicherung für die Privatangestellten, die endliche Gleichstellung der Alt- und Neupensionisten, die Gleichstellung der in den staatlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter und Angestellten, insbesondere der Tabakarbeiter und der Bergarbeiter mit den übrigen Staatsbedienstetenkategorien, und schließlich die Ausdehnung der Arbeiterunfallversicherungspflicht auf die Land- und Forstarbeiter. Diese Forderungen sind von der deutschen christlichsozialen Volkspartei im vollen Bewußtsein der Verantwortung mitübernommen worden. (Rùzné výkøiky. - Posl. Grünzner: Die Agrarzölle haben Sie mitgemacht! - Hluk. Výkøiky posl. Windirsche.)

Wir erkennen die Fülle der zu leistenden Arbeit und wir werden mit ernstem Willen jederzeit zur Mitarbeit bereit sein. Sieht doch die deutsche christlichsoziale Volkspartei gerade in der gemeinsamen Arbeit aller Stände des Volkes im Dienste der sozialen Fürsorge die Erfüllung ihrer vornehmsten Aufgabe im Sinne ihres deutschen, christlichen und sozialen Programmes. Im Zeichen dieses ernsten Willens zur weiteren Arbeit für das Wohl unseres Volkes werden wir für diesen Voranschlag stimmen. (Potlesk.)

4. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 782 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es ist ein trauriges Zeichen der Zeit, daß dem Kultur- und Schulwesen nicht jene Bedeutung, Pflege und Förderung zuteil wird, die es verdient. Insbesondere in der letzten Zeit werden die Klagen immer lauter, daß das Schulwesen weiter gedrosselt werde, und wir sehen statt eines Ausbaues einen steten Abbau. Wo bleibt die Einlösung des Versprechens, das bei den Friedensschlüssen gegeben wurde, daß das deutsche Schulwesen gefördert werde? Das Gegenteil dieser Versprechungen ist eingetreten. Wir sehen, daß das deutsche Schulwesen degradiert wird, daß fünfklassige in vierklassige, vierklassige in dreiklassige u. s. w. Schulen umgewandelt werden, lebensfähige Klassen mit 20 und 30 Schülern werden aufgelöst und aufgebohen. Und doch wäre hier eine gesetzliche Handhabe, daß auch Schulen mit geringerer Schülerzahl aufrechtbleiben könnten. Denn § 7, Abs. 2 des kleinen Schulgesetzes sagt klar und deutlich, daß bereits errichtete Klassen nicht aufzuheben, bezw. nicht zusammenzuziehen seien, wenn durch die Auflassung oder Vereinigung der Schülerzahl in einer Klasse die Zahl von 60 übersteigen würde. Wenn dieser Paragraph gehandhabt würde, würde er eine Sicherung für die Aufrechthaltung der Klassen mit einer niedrigeren Schülerzahl bedeuten. Diese Bestimmung wird aber nicht gehandhabt, die Schulbehörden sagen, daß diese Bestimmung nur auf definitive Klassen anzuwenden sei, auf keinen Fall aber auf provisorische Klassen, weil die provisorischen Klassen, keine richtigen Klassen im Sinne des Gesetzes sind. Dem Landesschulrate steht es frei, diese Klassen schließen zu können. Es wurde in der letzten Zeit eine Unmenge von Schulklassen geschlossen und ich werde Ihnen nur eine ganz kleine Auslese hier vortragen. Ich bemerke nochmals, daß es jene Schulklassen sind, die in der allerletzten Zeit der Schuldrosselung verfallen sind: In Schreckenstein, Peterswald, Stöben, in Ober-Ebersdorf, in Blottendorf und Dauba, Haida, Jechnitz, in Wallisgrün, in Rodisfort, Pirkenlammer und Donitz, in Görsdorf und Lang-Ugest, in Altstadt, Krischwitz und Riegersdorf, in Alt Rognitz, Marschendorf, Raatsch und Soor. Das sind die letzten großen Taten, über die auch schon Koll. Kaufmann in einem anderen Zusammenhange gesprochen hat. Die Drosselungen gehen lustig weiter. Es wurden, in Prozenten ausgedrückt und gegenübergestellt dem Kinderrückgang, 42,5% Klassen aufgelassen bei einem Kinderrückgang von 26,3%, in Klassen und Schulen umgewandelt bedeutet das 49 aufgelöste ganze Schulen und 911 Klassen. Der Kinderrückgang sowohl bei der èechischen wie bei der deutschen Nation beträgt durchschnittlich 5%, der Klassenabbau aber bei den Èechen 5%, bei den Deutschen 9%. Es wurden also beinahe noch einmal so viel deutsche Schulklassen gesperrt, während auf der anderen Seite èechische Schulklassen und Schulen für nur wenige Schüler errichtet wurden. Wir haben Beweise, daß für fünf, vier, drei und zwei Kinder, ja für ein Kind Schulen eröffnet wurden.

Ich möchte dabei feststellen, daß wir es als selbstverständlich halten, daß für anderssprachige Nationen Schulen eröffnet werden. Jeder Nation - ich habe das auch bereits im Budgetausschuß erklärt - gebühren ihre Schulen. Aber was wir bei den anderen Nationen selbstverständlich finden, dasselbe fordern wir mit für die deutsche, für unsere Nation. Èechische Schulen wurden also errichtet, und um ihre Eröffnung zu ermöglichen, werden unter verschiedenem Zwang deutsche Kinder in die èechischen Schulen eingeschrieben. Einmal unter der Androhung der Entlassung des Arbeitnehmers, ein andermal spielt eine örtliche Frage eine Rolle, dann findet man, daß der Vater oder die Mutter oder vielleicht gar ein Urahne ein Èeche gewesen ist. Und so ergibt sich, daß auf diese Art und Weise - selbstverständlich auch durch freiwillige Einschreibung im Jahre 1925 nicht weniger als 7795 deutsche Kinder in èechischen Volks- und Bürgerschulen eingeschrieben worden sind. Das bedeutet 130 deutsche Schulklassen.

Wenn ich in diesem Zusammenhange nun über die Erziehung der Kinder sprechen will so muß ich sagen, daß es dem Lehrer unmöglich ist, den erzieherischen Anforderungen zu entsprechen, wenn in einer Klasse 50 und 60, ja, wie es z. B. in Tetschen der Fall ist, über 80 Kinder (Posl. Kaufmann: In Komotau 92!) - und in Komotau 92, wie der Zwischenruf beweist, sitzen. Wir bekommen ja nicht die ganzen Daten in die Hand, sonst wären es ganz erschreckende Zahlen. Der Herr Minister weiß das, aber er will dies nicht sehen. Er wäre in der Lage und hätte dazu die Möglichkeit, die überfüllten Klassen zu trennen und Parallelklassen eröffnen zu lassen. Er tut es aber nicht. Daraus ergibt sich naturgemäß, daß eine kolossale Anzahl stellungsloser Lehrer zu verzeichnen ist. Allein 1500 Lehrpersonen sind durch die Stellenlosigkeit dem größten Elend preisgegeben. Während auf der einen Seite - und das wirkt ganz komisch aber traurig - unzählige Lehrpersonen beschäftigungslos sind, gibt es Klassen, die keinen Lehrer haben. In diesen Klassen muß suppliert werden, denn die Sparmaßnahmen des Schulministeriums geben eine Neuanstellung einer Lehrperson nicht zu.


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