Daran hat man sich natürlich die ganzen
Jahre über nicht gehalten und war dabei von keinen Gewissensskruppeln
beschwert. Ein angemessener Teil heißt doch in sinngemäßer
Auslegung des Wortes der Anteil, welcher der Minderheit nach der
perzentuellen Zusammensetzung der Bevölkerung und unter Berücksichtigung
der Steuerkraft und wirtschaftlichen Stärke entspricht. Es
würde zu weit führen, wollte man heute hier untersuchen,
nm wieviel Millionen wir jährlich im Schulbudget allein von
Staatswegen betrogen, bzw. unser Schulwesen schlechter dotiert
wurde, Wenn wir nur den Voranschlag für das Schulwesen im
Jahre 1927 herausgreifen so ergibt der annähernd berechnete
deutsche Anteil rund 102 Millionen Kè bei einer Gesamtsumme
von 667,222.962 Kè, d. i. 15 1/2% gegen er einer durchschnittlichen
Bevölkerungsziffer von 23,4%, zeigt also eine Verkürzung
von nahezu 8%. In einzelnen Kapiteln ist der
deutsche Anteil gleich Null (Výkøiky.)
z. B. in der Zentralverwaltung mit 12,777.176 Kè, bei
Schul- und Kulturverkehr mit dem Auslande mit 5,130.000 Kè.
bei anderen Kapiteln äußerst gering. Von den 7,420.000
Kè, die für die Studentenfürsorge vorgesehen
sind, erhalten die Deutschen kaum 1 Million, von den 6,680.000
Kè, für Denkmalschutz beträgt der deutsche Anteil
rund 500.000 Kè, bei den 16,240.786 Kè für
die Kunst rund 750.0000 Kronen beim Volksbildungswesen mit 4,090.000
Kronen annähernd. 90.000 Kronen. Besonders
auffallend ist die Benachteiligung des deutschen Schulwesens in
Investitionsbudget. Der Investitionsaufwand für das Schulwesen
beträgt für die historischen Länder und die Slovakei
97,782.133. Kronen und zwar für Hochschulzwecke in Böhmen
20,535.422 Kronen, davon für deutsche Zwecke 1,227.170 Kronen,
in Mähren 11,806.673 Kronen, davon für deutsche Zwecke
476.6.73 Kronen, in der Slovakei 3,475.000 Kronen, davon für
deutsche Zwecke nichts. (Hör t! Hört!) Für
Fachschulen in Böhmen 2,250.000, Kronen, davon für deutsche
Zwecke 400.000 Kronen, in Mähren 3,850.000 Kronen, davon
für deutsche Zwecke 700.000 Kronen, in der Slovakei 1,300.000
Kronen, davon für deutsche Zwecke nichts. Für Mittelschulen
in Böhmen 27,232.271 Kronen, davon für deutsche Zwecke
24.278 Kronen, in Mähren 4,300.1109 Kronen davon für
deutsche Zwecke nichts in der Slovakei 1,540.000 Kronen, davon
für deutche Zwecke nicht s. Für Minderheitsschulen ein
Gesamtbetrag von 36,000.000 Kronen, davon für deutsche Zwecke
nichts. Zusammen daher 97,782.133 Kronen davon deutscher Anteil
2,828.121 das sind nicht einmal ganze 3%, demnach eine Verkürzung
von mehr als 20% bei Einschluß der Slovakei, in den historischen
Ländern allein über 30% (Výkøiky.)
Wenn wir die Beträge, um die unser
Schulwesen die ganzen 8 Jahre über verkürzt wurde, zusammenrechnen
würden, kämen wir wohl weit über 1 Milliarde hinaus.
Das ist aber nur die tatsächliche Kürzung auf dem Schulgebiete,
wenn noch die anderen vielen Zweige der Staatsverwaltung hinzugenommen
würden, kämen wir zu Zahlen in schwindelnder
Höhe. Was diese Verkürzung für die ganze deutsche
Volkswirtschaft bedeutet, das kann in diesem Zusammenhange heute
nicht ausgeführt werden. So ernst nehmen es die Èechen
mit beschworenen Verpflichtungen und beschlossenen
Gesetzen.
Doch alles soll nun anders und besser werden,
denn man stehe nach Hodža vor
der Lösung der Frage der Selbstverwaltung der Schulen. Diese
Selbstverwaltung sei dringend und werde daher noch vor Aktivierung
der Gaue und zwar mit 1. Juli 1927 durchgeführt werden. Die
Selbstverwaltung werde durch eine Reform, teils in den Bezirken,
teils in den Ländern durchgeführt werden. Von Einzelheiten
zu sprechen, sei noch nicht möglich, da über die Sache
noch verhandelt wird, aber schon heute können erklärt
werden, daß alle Bevölkerungsschichten ohne Unterschied
der Nationalität die Selbstverwaltung der Schule erhalten
werden. Durch ein Gesetz soll inzwischen die Schulvereinheitlichung
durchgeführt werden.
Zu dieser Ankündigung des Herrn Unterrichtsminister
muß zunächst gesagt werden, daß sie äußerst
vorsichtig und zurückhaltend geh alten ist und daß
es mir unbegreiflich ist, wie so deutsche Patrioten daraus entnehmen
konnten, daß dem Sudetendeutschtum damit die kulturelle
Selbstverwaltung angekündigt wurde. Der Überschwung
deutscher Zeitungen, welche dieses Ereignis mit großen Lettern
ankündigten und damit die deutsche Öffentlichkeit wie
so oft irreführten, ist durchaus unverständlich. Besser
wäre es nach den vielen traurigen Erfahrung en gewesen, erst
einmal den Entwurf dieser gedachten Schulverwaltung und
dann erst die Lobeshymnen auf die beginnende Einkehr auf èechischer
Seite und auf die Erfolge deutscher Regierungspolitik und selbst
aufopfernder Staatstreue zu singen. Ich habe vorhin kurz den Stand
der Schulgesetzgebung in alten Österreich
dargestellt, um Ihnen zu zeigen, daß wir damals der nationalen
Schulverwaltung viel näher standen als heute, daß also
die Èechoslovakei vor allem auf den modernen und demokratischen
Grundlagen der österreichischen Schulgesetzgebung
hätte aufbauen, bezw. der freien Entwicklung ihren Lauf lassen
müssen. Der Herr Minister Dr Hodža
versprach eine Schulselbstverwaltung im Rahmen der Bezirke und
vorläufig der Landesausschüsse, später in Übereinstimmung
mit dem Gaugesetze. Das besaßen wir alles bereits und bedeutet
dieses Versprechen daher nur eine Wiederherstellung alter Zustände,
eine Wiedergutmachung, aber keine weitere Entwicklung. Das Gesetz
vom 9. April 1920, die Verordnung vom 6. November 1920, Nr. 605
Slg., geben immerhin in ihrer Auslegung die Möglichkeit für
die Bildung nationaler Ortsschulräte. Das Gaugesetz dagegen
schafft keine Gaue nach der nationalen Siedlung, sondern zieht
vielfach durchaus gemischte Bezirke zu Gauen zusammen und setzt
für die Verwaltung der Schulen Gauschulräte mit
geringem Wirkungskreise ein. Da die meisten Gaue national gemischt,
zur Mehrheit èechisch sein werden - die 2 einzigen Gaue
mit deutscher Mehrheit, Karlsbad und Böhm. Leipa, sollen
ja noch beseitigt und die hiezu nötige Zuteilung von
èechischen Bezirken vorgenommen werden - wird also da deutsche
Schulwesen auch in den Gauen unter èechischer Aufsicht
und Verwaltung stehen und dem Wohlwollen Fremdnationaler ausgeliefert
sein, es wäre denn, daß das Gaugesetz von Grund auf
geändert und seine vollständige
aud vollkommene Zweiteilung nach, Nationalitäten durchgeführt
wird. Bei diesem Anlaße müßte auch der Wirkungskreis
der Gauschulräte wesentlich erweitert werden. Die èechische
Gesetzgebung liebt in allem einen straffen Zentralismus, während
früher in Österreich die Èechen die ausgesprochenen
Föderalisten waren. So wurden durch das Gesetz vom 9. April
1920 alle Angelegenheiten, welche da Hoch-, Mittel- und Fachschulwesen
betreffen und die bisher zum Wirkungskreise der Landesschulräte
gehörten, diesem entzog en und dem Ministerium
für Schulwesen und Volkskultur angegliedert, ebenso wie auch
das Ministerium das Entscheidungsrecht in Volks- und Bürgerschulfragen,
wie in Angelegenheiten der Kindergärten an sich riß.
Das Minderheitsschulwesen wurde gleichfalls direkt dem Schulministerium
unterstellt. Diese Zentralisierung soll nun aber nicht nach Hodža
abgebaut, sondern im Gegenteil noch weiter geführt werden,
indem auch noch das Fortbildungsschulwesen verstaatlicht werden
soll.
Es ist demnach vorläufig noch überhaupt
nicht abzusehen, worin die angekündigte Selbstverwaltung
der Schule bestehen wird und dürfte wahrscheinlich lediglich
eine Änderung und Besserung nach der Richtung gedacht sein,
daß allgemein die Volks- und Bürgerschulen wieder den
Ortsschulräten unterstellt werden, welche Körperschaften
aus Angehörigen der eigenen Nationalität zusammengesetzt
sind und auf Grund der Verhältniswahl gewählt werden
und daß auch die Bezirks- und Landesausschüsse nach
dem gleichen Gesichtspunkte gebildet, beziehungsweise gewählt
werden. Eine deutlichere Vorstellung ist nach den äußerst
vorsichtigen Worten des Herrn Ministers noch nicht möglich.
Wir hoffen, daß wir bei unserem Mißtrauen einmal angenehm
von der Wirklichkeit überrascht werden und nicht, wie so
oft bisher, unangenehm. Im übrigen sollten wohl bei Beratung
und Ausarbeitung eines so wichtigen Gesetzes die Vertreter der
einzelnen Völker dieses Staates gehört und ihre Ansichten
und Wünsche hiezu entgegengenommen werden, wenn man wirklich
demokratisch vorgehen und etwas Gutes und Brauchbares für
die Zukunft schaffen wollte. Die Grundzüge wahrer völkischer
Selbstverwaltung, der nationalen Schulautonomie habe ich schon
in meiner Budgetrede am 23. November 1921 angedeutet und einen
diesbezüglichen Antrag damals eingebracht, der folgende Grundsätze,
die auch heute noch gelten, festlegte: 1. Jede Nation wird vom
Staate als Trägerin und Verwalterin des gesamten Schulwesens
anerkannt, 2. zur Verwaltung des gesamten nationalen Schulwesens
werden nationale Reichsschulräte aus den Vertretern der betreffenden
Nation gebildet, bzw. gewählt, 3. Diesen Reichsschulräten
obliegt die Betreuung des gesamten Schulwesens jeder Art einschließlich
der Minderheitsschulen, sie entscheiden allein über die Errichtung,
Verwaltung und Auflassung der Schulen, sie nehmen die notwendigen
Besetzungen und Ernennungen von Lehrkräften, Beamten und
Schulinspektoren vor. 4. Jedes Volk trägt seinen Schulaufwand
selbst, daher wird ihm zur Aufbringung der notwendigen Kosten
die Steuerhoheit gegeben. Die Reichsschulräte sind daher
berechtigt, den betreffenden Nationsgenossen Schulbeiträge
vorzuschreiben und von ihnen einzuheben. 5. Die Schulaufsicht
des Staates beschränkt sich lediglich auf die Einhaltung
der den nationalen Schulorganen obliegenden Pflichten. 6. Für
die Zugehorigkeit zu einer im Staate anerkannten Nation ist allein
das frei und unabhängig abgegebene Bekenntnis maßgebend.
Würden sich die Èechen zu diesen Grundsätzen
bekennen und würde das Ministerium die Selbstverwaltung der
Schulen nach deutschen Gesichtspunkten aufbauen,
wäre die Schule ein für allemal dem nationalen Streite
entrückt. Mehr als die bloße Versicherung des Herrn
Ministers würde uns diese Tat davon überzeugen, daß
sie uns unsere Kinder nicht wegnehmen, sie nicht der Entnationalisierung
zuführen wollen. So aber sehen wir auf Grund gemachter Erfahrungen
in der Erklärung des Herrn Ministers nichts anderes als eine
bewußte Irreführung des lieben guten deutschen Michels,
der sich noch zu allen Zeiten in angeborener Leichtgläubigkeit
und in leichtgläubiger Dummheit durch schöne Versprechungen
und durch rosige Wechsel auf ferne Sicht täuschen ließ.
Es fehlt uns umsomehr der Glaube, als auch die Zeit der èechisch-deutschen
Regierungsmehrheit noch keinen Abbau des èechischen Schulchauvinismus
gebracht hat. Während der Herr Minister erklärt, daß
Schulauflassungen nicht mehr vorkommen werden - im Schuljahre
1925/26 verloren wir neuerdings 49 Schulen mit 911 Klassen - gehen
inzwischen die Schulauflassungen ruhig weiter, da ja die ganze
Macht auf Grund des Gesetzes vom 3. April 1919, Nr. 189 Slg.,
in die Hand eines einzigen Beamten, des Vorsitzenden des Landesschulrates
gelegt ist, bezw. von dem chauvinistischen Präsidialbeamten
ausgeübt wird. (Výkøiky.) Herr
Ministerialrat Dr Beran in Brünn hat sich jedenfalls um die
Worte des Herrn Ministers noch nicht gekümmert, sonst hätte
es nicht vorkommen können, daß eben wieder mehrere
Klassen im Neutitscheiner Schulbezirk, in Mähr-Ostrau, Seitendorf
bei Neutitschein u. a. aufgelassen wurde, obwohl im heurigen Schuljahre
mehr Kinder vorhanden sind als im Vorjahre. So wurden auch in
dem Schulbezirke Böhm.-Leipa 4 Klassen, in Deutschgabel 5
Klassen aufgelassen, wie auch in vielen anderen Gegenden. Mit
Rücksicht auf die zunehmende Kinderzahl hätte man erwarten
dürfen, daß Klassen nicht aufgelöst werden, wenn
durch die Zusammenziehung mit einer zweiten Klasse eine Schülerzahl
von über 60 entsteht. Leider wird auch darauf keine Rücksicht
genommen. So wurde, um nur wieder ein Beispiel unter vielen herauszuheben,
in Wallisgrün (Bezirk Jechnitz) die zweite Klasse der dortigen
zweiklassigen Volksschule durch den böhmischen Landesschulrat
aufgelassen, weil diese Klasse heuer nur 35 Kinder zählt
und kann nach den jetzt geltenden Gesetzesbestimmungen erst wieder
aufgemacht werden, bis sie wieder 60 Schüler zählen
wird. Insolange bleibt natürlich die Schule einklassig, wenn
auch diese Klasse 80 oder 100 Schüler besitzen wird. In den
dreiklassigen Volksschulen in Altrognitz, Marschendorf, Raatsch
und Soor wurden über Auftrag des Landesschulrates die zweite
und dritte Klasse zusammengezogen, weil zufällig die zwei
Klassen zusammen nicht mehr als 60 Schüler zählen. Solche
und ähnliche Fälle gibt es viele. Aus allen Teilen des
Landes hören wir von neuen Klassensperrungen, während
notwendige Teilungen bei Überfüllung von Klassen oftmals
verweigert werden, wenn auch nur ein Kind auf die gesetzliche
Anzahl fehlt. Der Herr Minister Hodža
würde mit seinen schönen Versprechungen einer besseren
Zukunft viel mehr Glauben bei dem bereits so oft belogenen und
betrogen en deutschen Volke finden, wenn er Veranlassung finden
würde, zumal er doch als oberster Chef des gesamten Unterrichtswesens
hiefür verantwortlich ist, daß endlich diese unvernünftige
Praxis bei den Schulauflassungen, die mit Recht Empörung
hervorruft, aufgelassen würde und daß die Taten der
èechischen Schulverwaltung mit seinen schönen Worten
in Übereinstimmung gebracht werden. Meine Partei hält
sich allerdings nur an die Taten und ist
von Haus aus von dem größten Mißtrauen gegen
jede èechische Vertretung, demnach auch gegen die jetzige
erfüllt, wenn diese auch heute zwei deutsche Minister zum
Aufputz in ihren Reihen hat. Wie übrigens die beiden Herren
noch dazu als Hochschulprofessoren das alles
vor dem deutschen Volke verantworten wollen, was auf dem Schulgebiete
gegen uns gesündigt wurde, und noch wird, das muß ich
ihrem Gewissen überlassen. Wir wissen, daß es mit dem
Eintritt deutscher Minister in die Regierung in dem System dieses
Staates nichts, aber auch gar nichts geändert hat und daß
dieses System auf dem Schulgebiete darauf hinausläuft, das
sudetendeutsche Volk im Laufe der Entwicklung zu einem niedrigen
Kulturvolke, zum willigen unkultivierten Sklaven und, um mit Spina
zu reden, zu brauchbaren Èechoslovaken zu machen,
durch die eigene, höhere Ausbildungsmöglichkeit anzuziehen
und aufzusaugen, obwohl der Präsident dieses Staates einstens
das Wort sprach: "Es ist das erste Erfordernis der Menschlichkeit,
die oberste Norm der Soziologie, daß
jeder die Möglichkeit habe, sich zu bilden. Wer einem einzelnen
oder einem Volke im Streben nach Bildung in den Weg tritt, begeht
eine Todsünde. Das Recht sich zu bilden, hat jeder Mensch
genau so wie das Recht zu leben."
Da uns aber die Èechen das Recht, als
Deutsche frei und unabhängig in ihrem Staate zu leben, aus
Selbsterhaltungstrieb nicht geben können und werden, werden
sie uns logischer Weise auch das Recht, uns zu bilden und zum
Kampfe um die Freiheit bestmöglichst mit Geistesgaben zu
rüsten, nicht geben, sondern immer wieder trachten, die deutschen
Bildungsmöglichkeiten nach ihren Grundsätzen zu beeinflußen,
nach ihrem Gutdünken zu regeln und zu leiten. Wir aber wollen
kämpfen, bis wir die vollständige Unabhängigkeit
unseres Erziehungswesens von jeder fremdnationalen Beeinflußung
erreicht haben, weil dies zu den ureigensten und heiligsten Rechten
eines jeden Volkes gehört. Nur in der Freiheit und Unabhängigkeit
kann der deutsche Geist gedeihen, kann die deutsche Jugend für
den Kampf um die Freiheit und um die Menschenrechte des
deutschen Volkes erzogen werden. Friedlicher Ausgleich und Verständigung
ist nur dort möglich, wo jeder ehrliches Recht erhält
und jeder ehrliches Recht zu geben auch bereit ist. Da die Èechoslovakei
aber durch Verrat entstanden, auf Unrecht aufgebaut,
durch brutale Gewalt und Rechtsbeugungen erhalten wird, ist der
Kampf gegen sie eine sittliche Pflicht und Notwendigkeit bis zu
ihrer Beseitigung. Diesen unbeugsamen unentwegten Kampf wird die
deutsche Nationalpartei führen bis zur Erreichung unseres
Zieles: Der Freiheit. (Potlesk na levici.)
2. Øeè posl. Roschera
(viz str. 742 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Wir können nur
jenen Staat als einen wahrhaften Kulturstaat betrachten, der tatsächlich
sein wertvollstes Gut, die Arbeiter, entsprechend schützt.
Ein Kulturstaat muß es zu seiner vornehmsten Aufgabe machen,
dafür zu sorgen, daß mit diesem höchsten Gute
ökonomisch gewirtschaftet wird und er hat weiter die Aufgabe,
dafür zu sorgen, daß den Trägern der Arbeit ausreichender
Schutz für das Leben und die Gesundheit gewährleistet
wird. Die Arbeit ist der Quell aller Kultur, die Arbeit veredelt
erst das Leben der Menschen und ohne Arbeit ist kein Staatswesen
möglich der guten sozialpolitischen Gesetzgebung kommt die
Achtung vor den arbeitenden Menschen zum Ausdruck, während
eine schlechte, mangelhafte sozialpolitische Gesetzgebung die
Mißachtung vor der Arbeit ausdrückt. Gute sozialpolitische
Gesetze bedeuten für die arbeitende Bevölkerung Erhaltung
der Gesundheit, längeres Leben, mehr Familienglück,
Erhöhung der Lebens-, Schaffens- und Arbeitsfreude.
Die sozialdemokratische Partei und die freien
Gewerkschaften haben es immer als ihre wichtigste Aufgabe betrachtet,
gute sozialpolitische Gesetze zu erreichen. In schweren, opferreichen
Kämpfen hat die Arbeiterschaft den Boden für die sozialpolitische
Gesetzgebung vorbereitet, es mußte erst der Widerstand der
kapitalistisch en Klasse gebrochen werden, um Schritt für
Schritt ein Stück Recht nach dem anderen auf dem Gebiete
der Sozialpolitik zu erkämpfen. Als dieser Staat vor 8 Jahren
gegründet wurde, erklärten die damaligen Machthaber,
daß dieser neue Staat den Arbeitern volle Würdigung,
volle Unterstützung in ihren kulturellen Bestrebungen angedeihen
lassen werde, daß den arbeitenden Menschen der größte
Schutz zuteil werden solle. Wenn wir nach diesen 8 Jahren des
Bestandes dieses Staates die Bilanz ziehen, so ist das Ergebnis
äußerst mager. Wir haben gewiß eine Anzahl sozialpolitischer
Gesetze in diesen 8 Jahren erhalten, aber diese Gesetze sind mangelhaft
und unklar, sie entsprechen nicht den Forderungen der Arbeiterschaft,
sie sind schwammig, sie öffnen der. Willkür in der Auslegung
Tür und Tor und sie haben nicht zur Rechtssicherheit beigetragen,
sondern in vielen Fällen ist Rechtsunsicherheit entstanden.
Sie tragen den Stempel der schlampigen Gesetzesarbeit an sich
und sie tragen auch das Signum der Feindschaft der Vertreter der
kapitalistischen Klassen gegen die Arbeiterschaft.
Ich will mich nun heute mit einigen sozialpolitischen
Gesetzen und auch mit unseren nächsten Forderungen auf sozialpolitischem
Gebiete befassen. Ein Kapitel, das die Arbeiterschaft in der Nachkriegszeit
am meisten interessiert hat, ist die Fürsorge für die
arbeitslosen Arbeiter. Ich will heute kein Wort über die
Ursachen der Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit verlieren.
Feststellen möchte ich nur, daß die Arbeiterschaft
erst vom Jahre 1922 auf 1923 eine der schwersten Wirtschaftskrisen
durchlebt hat und daß wir uns gegenwärtig wiederum
mitten in einer der schwersten Wirtschaftskrisen befinden. In
dieser Zeit haben wir festgestellt, daß der Staat ganz ungenügend
für seine Arbeitslosen vorgesorgt hat und daß das Gesetz
über den Staatsbeitrag zur gewerkschaftlichen Arbeitslosenunterstützung
sich als vollständig unbrauchbar erwiesen hat. Wir haben
bei dem Inkrafttreten des Gesetzes vor diesem Gesetz gewarnt.
Wir waren Gegner dieses Gesetzes. Wir haben seine unheilvollen
Wirkung en für die Arbeiterschaft vorausgesehen und immer
die Forderung nach Einführung einer anderen Arbeitslosenfürsorge,
der Pflichtversicherung, erhoben. Heute sehen wir, welche verheerende
Auswirkungen dieses System der Arbeitslosenfürsorge nach
sich zieht. Wir haben gegenwärtig noch zehntausende Arbeiter,
die kurzarbeiten, die mit der Arbeit aussetzen müssen, wir
haben zehntausende Arbeiter, die aus der Arbeitslosenunterstützung
ausgesteuert sind und so ohne jede Unterstützung dastehen.
Die Arbeitslosigkeit hat nicht alle Berufe gleichmäßig
stark erfaßt. Am schwersten betroffen wurden die Textilarbeiter,
die Glasarbeiter, die Metallarbeiter, die Bergarbeiter und die
Bekleidungsarbeiter. Schon seit Monaten sind bei den meisten Gewerkschaften
die Arbeitslosenkassen vollständig erschöpft und die
Gewerkschaften haben Millionenbeiträge aus den anderen Verbandsreserven
bereitstellen müssen, um die Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung
zu ermöglichen. Millionen schuldet der Staat den Gewerkschaften.
Er schuldet nicht bloß die Beträge, die mit dem Staat
bereits verrechnet wurden, er schuldet den Gewerkschaften auch
jene Beträge an Staatsbeitrag, die sie im vorhinein für
jene Arbeitslosenfälle auszahlen müssen, die draußen
bei den Ortsgruppen laufen. Ein solches Verhalten des Staates
ist ein Skandal, es ist eines Staatswesens unwürdig, daß
er zu aller Not den Gewerkschaften noch die Pflicht aufhalst,
auch ihm noch Gelder zu borgen, für die Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung.
Was hat der Staat Holland in der Zeit der Wirtschaftskrise
getan, der ein ähnliches Arbeitslosensystem hat? Die Gewerkschaften
haben in einem Jahr für die Arbeitslosenkassen 4 Millionen
Gulden aufgebracht, der Staat hat 4 Millionen Gulden dazu gezahlt
und außerdem hat er in einem Jahre den Arbeitslosenkassen
10 Millionen holländische Gulden an Darlehen gewährt,
damit die Auszahlung der Unterstützung ermöglicht wurde.
Belgien hat in einem Jahre den Kassen 130 Millionen Franken zur
Verfügung gestellt, um die Auszahlung der Unterstützungen
zu ermöglichen. In Dänemark besteht ein sogenannter
Krisenfond, wenn die Arbeitslosigkeit einen bestimmten
Prozentsatz übersteigt, erhalten die Arbeitslosenkassen der
Gewerkschaften aus diesem Krisenfonds Zuschüsse. Und was
geschieht in der Èechoslovakei? Nichts! In der Èechoslovakei
müssen die Gewerkschaften die ganze Last
der Arbeitslosigkeit, die Arbeitslosenfürsorge fast vollständig
allein tragen. Gegen diese Behandlung der Arbeiterschaft und ihrer
Gewerkschaften wenden wir uns mit unserer ganzen Leidenschaft.
Der Staat muß seine moralische Pflicht erfüllen, die
darin besteht, daß er sich den Staatsbeitrag nicht auf Kosten
der Gewerkschaften auszahlen läßt. Wir haben die Arbeitslosenunterstützung
in den Gewerkschaften aus einem ganz anderem Grunde eingeführt,
aber nicht dazu, daß sie, wie es heute sehr oft geschieht,
mißbraucht wird. Als die Gewerkschaften die Arbeitslosenunterstützung
einführten, sollte sie ein Akt der Solidarität gegenüber
den Klassengenossen sein. Die Arbeitslosenunterstützung sollte
ein Schutz für den einzelnen Arbeiter und für die Gesamtheit
gegen Lohndruck sein, sie sollte den aufrechten Arbeiter, der
seine Interessen und die seiner Mitarbeiter vertritt, vor Not
schützen. Heute müssen wir sehen, daß man mit
der gewerkschaftlichen Arbeitslosenunterstützung Mißbrauch
treibt.
Wir haben in dieser Zeit wiederholt gesehen,
daß die Unternehmer ihre Betriebe willkürlich eingestellt
haben und daß die Einstellung den Zweck verfolgte, um auf
den Staat und die Regierung einen Druck auszuüben, um Steuerermässigungen
zu erhalten, und wir haben wiederholt gesehen, daß die Arbeitslosenunterstützung
zur Sanierung der Produktion durch die Unternehmer benützt
wurde und daß die Gewerkschaften die Mittel bereitstellen
mußten zur Unterstützung an diese arbeitslosen Arbeiter.
Gegen diese Art der Verwendung der gewerkschaftlichen Mittel legen
wir entschieden Verwahrung ein und wir sind nicht gewillt, für
solche Zwecke die Mittel der Arbeiter bereit zu stellen.
Im Budget für 1927 hat man den Pappenstiel
von 10 Millionen Kronen für die Arbeitslosenunterstützung
eingestellt. Hier kommt die ganze Mißachtung des Staates
gegenüber den Arbeitslosen zum Ausdruck. Der Staat hat Mittel
für andere Zwecke sehr oft schon bereit gestellt. Ich erinnere
an die Bereitstellung von Mitteln für die verkrachten Banken,
erinnere daran, daß vielen Kapitalisten große Steuerbeträge
abgeschrieben wurden, während man auf der anderen Seite nicht
immer mit den feinsten Mitteln die Steuern bei den Arbeitern eingetrieben
hat. Unsere Forderung ist, daß dieses System der Arbeitslosenfürsorge
beseitigt und daß ein System der Arbeitslosenfürsorge
geschaffen werde, das sich auf der Pflichtversicherung aufbaut.
Unsere Forderung geht weiter dahin, solange dieses System besteht,
den bereits ausgesteuerten Arbeitern noch durch 13 Wochen die
Arbeitslosenunterstützung aus Staatsmitteln zu gewähren.
Unsere Forderung geht weiter dahin, daß diese Unterstützung
mindestens in derselben Höhe gewährt werde, wie sie
der Arbeitslose zuletzt bei seiner Gewerkschaft bezogen hat. Wir
verlangen weiter, daß den Gewerkschaften die aufgelaufenen
Verwaltungskosten, die in die Hunderttausende gehen, rückersetzt
werden und fordern, daß die einmaligen Anschaffungskosten
den Gewerkschaften ebenfalls rückerstattet werden.
Ich will Ihnen ein Beispiel anführen,
damit Sie sehen, welche Wirkungen die Arbeitslosigkeit auslöst.
Die Union der Textilarbeiter hat seit 1. April 1925 bis jetzt
an 34 842 Mitglieder die Arbeitslosenunterstützung angewiesen.
Auf die ersten 9 Monate 1925 entfielen 8665 Arbeitslosenfälle
und im Jahre 1926 wurde an 26.177 Mitglieder die Unterstützung
angewiesen. Gegenwärtig laufen bei dieser Gewerkschaft noch
annähernd 7000 unverrechnete Arbeitslosenfälle. Der
Staat schuldet dieser Gewerkschaft 868.262 Kronen an bereits abgerechnetem
Staatsbeitrag. Diese Gewerkschaft hat aus den Reserven mehr als
4 Millionen Kronen zur Verfügung gestellt, um die Auszahlung
der Arbeitslosenunterstützung zu ermöglichen. Die Verwaltungskosten
in dieser Zeit betragen 291.000 Kronen und der Staat hat im ganzen
den Betrag von 25.500 Kronen rückvergütet. Die
Auszahlung an Arbeitslosenunterstützung betrug in den 9 Monaten
1925 1,219.000 Kè, sie beträgt in den ersten 9 Monaten
1926 schon 4,842.000 Kè. Ähnlich liegen die Verhältnisse
bei einer ganzen Reihe von anderen Gewerkschaften,
allgemein ist das Bild, das ich geschildert habe, auch dort zutreffend.
Gegen diese Mißachtung der primitiven Lebensrechte der Arbeiterschaft
und ihrer Gewerkschaften legen wir schärfsten Protest ein.
Im Zusammenhang damit möchte ich die gesetzliche
Einführung der Zwangsarbeitsvermittlung besprechen. Heute
besteht eine Arbeitsvermittlung überhaupt nicht mehr. Die
letzten Reste einer Arbeitsvermittlung wurden durch die Unwirksamkeit
des alten Arbeitslosenunterstützungsgesetzes vollständig
beseitigt. Die Unternehmer haben keine Pflicht zur Meldung der
freien Arbeitsstellen, sie unterliegen auch keiner Verpflichtung,
Arbeiter durch die Arbeitsvermittlung stellen zu beziehen. Bei
den heutigen Arbeitsvermittlungen, die nur in Böhmen bestehen,
in anderen Ländern nicht, haben die Gewerkschaften so viel
wie gar nichts hineinzureden. Sie sind von der Verwaltung dieser
Arbeitsvermittlungen ausgeschlossen. Soll der Arbeitsmarkt reguliert
werden, dann ist es nur durch eine gute Arbeitsvermittlung möglich.
Die Arbeitsvermittlung ist bei dem fortwährenden Auftreten
von Wirtschaftskrisen in der Èechoslovakei zu einer Lebensfrage
für die Arbeiterschaft geworden. Es ist ein unwürdiger
Zustand für die Arbeiter, daß sie von Betrieb zu Betrieb
betteln gehen müssen, um Arbeit zu finden.
Wir wissen schon, daß den Kapitalisten dieser Zustand nicht
unangenehm ist, wenn vor den Toren draußen eine Reservearmee
wartet, die bereit ist, jeden Moment in die Betriebe hineinzukommen,
und die der Unternehmer benützt, um einen Druck auf seine
Arbeiter in den Betrieben auszuüben, damit deren Lohn- und
Arbeitsverhältnisse verschlechtert werden können. Diesen
unwürdigen Zustand, gegen den wir seit Jahrzehnten ankämpfen,
wollen wir beseitigt wissen. Der Unternehmer soll verpflichtet
sein, alle freien Stellen der Arbeitsvermittlungsstelle zu melden,
der Unternehmer soll verpflichtet sein, nur durch die Arbeitsvermittlung
Arbeitskräfte zu beziehen, damit dieses unwürdige System
des Herumlaufens von Betrieb zu Betrieb endlich beseitigt wird.
Es liegt ein Gesetzentwurf vor, er hat Mängel, aber er könnte
zumindest die Verhandlungsgrundlage für ein Arbeitsvermittrlungsgesetz
bilden.