Ètvrtek 25. listopadu 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 53. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze ve ètvrtek dne 25. listopadu 1926.

1. Øeè posl. dr Schollicha (viz str. 726 tìsnopisecké zprávy).

Meine Damen und Herren! Die Verhandlung des Staatsvoranschlags spielt sich bei vollständiger Interesselosigkeit des Hauses ab. Das ist das Ergebnis der hierzulande jahrelang geübten Praxis, die alle Wünsche und Forderungen der Opposition vollständig unbeachtet ließ und die notwendigen Abstimmungen in geheimen Beratungen, in "Pìtkas" u. dgl. festlegte und damit bereits mit fertigen Tatsachen in das Haus hereinkam. Dadurch wurde natürlich jedes Interesse an der Verhandlung im Hause erschlagen. Der leere Saal ist das Ergebnis dieser Praxis.

Außerordentlich selten haben wir von dieser Stelle aus Gelegenheit, uns mit kulturellen Fragen zu beschäftigen und diesbezügliche Ansichten. Wünsche und Forderungen vorzubringen. Nur einmal im Jahre, anläßlich der Beratung des Staatsvoranschlages ist uns beim Kapitel Schulwesen die Möglichkeit gegeben, über alle diese Dinge in äußerst beschränkter Redezeit zu sprechen, ohne daß allerdings diesen Reden eine größere Bedeutung zukommen würde, da sie ja vollkommen wirkungslos verhallen und für die Regierung keinerlei Grundlage zur Untersuchung der vorgebrachten Beschwerden bzw. Anregungen bieten. Auch der sogenannte Kulturausschuß, der für alle diese Fragen zuständig wäre, fristet nur ein mehr als bescheidenes und beschauliches Scheindasein, hält im Laufe eines Jahres nur wenige und inhaltsleere Sitzungen ab, so daß es hier den Eindruck erwecken muß, daß die Èechoslovakei bereits einen unerreichbaren Gipfel kultureller Vollkommenheit erreicht hat. Das ist nun, wie wir leider feststellen müssen, keineswegs der Fall und viele drängende Zeitfragen harren auch hier der eingehenden Erörterung und zeitgemäßen Erledigung schon seit Jahren. Wenn auch zugegeben werden muß, daß auf manchem Gebiete z. B. dem Büchereiwesen ein wertvoller Schritt nach vorwärts gemacht wurde, was sich in der Zukunft segensreich auswirken muß, so muß zu gleicher Zeit mit größtem Bedauern festgestellt werden, daß wir auf dem Gebiete des Schulwesens gegenüber dem Zustande im alten Österreich nicht vorwärts gekommen sind, sondern weit zurückgeworfen wurden. Von großen richtunggebenden Ideen für den Auf- und Ausbau des Schulwesens im allgemeinen kann überhaupt keine Rede sein und die schüchternen Versuche einer Schulreform und Anpassung an die neue mehr auf das praktische eingestellte Zeit sind in den Anfängen stecken geblieben und über einige Umfragen nicht hinausgekommen. Das Schulwesen selbst hat sich wohl dank einer besonderen Fürsorge der Regierung reich entwickelt, allerdings nur das èechische Schulwesen, während das deutsche nicht bloß offensichtlich zurückgesetzt, sondern mit bewußter Absicht gedrosselt und geradezu vernichtet wurde. Es wird für alle Zeiten ein Schandfleck für das Volk eines Comenius sein und bleiben, daß sich der angeborene Haß gegen alles Deutsche, der sich 8 Jahre schrankenlos austoben durfte, sogar am deutschen blühenden Schulwesen sein Mütchen kühlen und vergreifen durfte ohne daß gegen diese kulturwidrige Tat, dieses schandbare Wüten, von irgendeiner èechischen Stelle Einspruch erhoben und Einhalt geboten worden wäre. Jetzt allerdings, wo wir hunderte deutsche Schulen, tausende deutsche Schulklassen, zahlreiche Mittel- und Fachschulen verloren haben und um Jahrzehnte in der Entwicklung zurückgeworfen wurden, soll es angeblich besser werden. Der Herr Minister Dr. Hodža hat in seinem aufsehenerregenden Bericht im Budgetausschuß am 9. November 1926 die Einführung der Selbstverwaltung der Schulen mit 1. Juli 1927 angekündigt, was viele deutsche Zeitungen in außerordentlich leichtfertiger Weise veranlaßte, schon von einer kulturellen Autonomie der Deutschen in diesem Staate zu faseln, die nunmehr allen Leiden ein Ende und dem deutschen Volke das Verfügungsrecht über sein Schulwesen bringen werde. Mit der Erlangung der Schulautonomie ginge ein heißer Sehnsuchtstraum der Deutschen in Erfüllung und es ist begreiflich, daß diese Ankündigung auch viele besonnene Köpfe in Verwirrung brachte, welche darin schon den ersten Erfolg der deutschen Regierungsparteien erblickten. Um diese verschiedenen überschwänglichen Ansichten wieder auf das richtige Maß des Tatsächlichen und Wirklichen zurückzuführen, müssen wir zunächst genauer untersuchen, was der Herr Minister Dr. Hodža in Wirklichkeit versprochen hat, wobei nach den bisher gemachten Erfahrungen mit èechischen Ministerversprechen äußerste Vorsicht geboten erscheint. Um aber sein Versprechen so richtig einschätzen und seine Bedeutungslosigkeit erkennen zu können, ist es zunächst notwendig, sich kurz den Stand des Schulwesens und der gesamten Schulverwaltung im Augenblick des Umsturzes zu vergegenwärtigen und die in den 8 Jahren èechischer Herrschaft erfolgte Entwicklung zu überblicken. Erst dadurch wird das Bild ein vollständiges, abgerundetes und der Fortschritt gegenüber dem alten Österreich erkennbar.

Nach dem sogenannten Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869 und den darauf fußenden Landesgesetzen war die gesamte Schulverwaltung im alten Österreich auf zwei Prinzipien aufgebaut:

1. Das Volk hatte in echt demokratischer Weise in der Verwaltung des Schulwesens mit zu sprechen und mit zu bestimmen und

2. die Nationalitäten wurden als entscheidende Faktoren anerkannt und in der Schulgesetzgebung der Grundsatz beobachtet, daß jede Nation Herr auf ihrem Schulgebiete sein sollte. Wenn die Èechen auch heute noch immer wieder mit der ihnen angeborenen eigenen Beharrlichkeit behaupten, daß sie im alten Österreich besonders bezüglich ihrer Schulforderungen stark vernachlässigt und unterdrückt wurden, so ist das zwar eine immer wiederkehrende, aber wider besseres Wissen vorgebrachte Geschichtslüge gleich der alleinigen Schuld Deutschlands am Kriege. Die Mitwirkung des Volkes geschah in der österreichischen Schulverwaltung in den Orts-, Bezirks- und Landesschulräten, die national in deutsche und èechische Sektionen gegliedert waren. Jede Schule unterstand demnach ihrem eigenenOrtsschulrat, die deutsche Schule dem deutschen, die èechische Schule dem èechischen. Darauf fußten die ebenso organisierten Bezirksschulräte und auf diesen die deutschen und èechischen Sektionen der Landesschulräte. Diese Verwaltungsorgane sorgten für das ihnen unterstellte Schulwesen in vollkommen autonomer Weise, während dem Ministerium nur die oberste Leitung und Beaufsichtigung durch die Bezirks bzw. Landesschulinspektoren zustand. So hatte es jedes Volk selbst in der Hand, sich ein blühendes Schulwesen zu schaffen und auszubauen nach seinen Wünschen, was auch auf deutscher Seite von den Schulerhaltern, den Gemeinden mit reichlichen Mitteln geschah. Eine Hemmung erfolgte lediglich durch die Aufsichtsbehörden, durch die Landesausschüsse, die in Böhmen und Mähren in der Mehrheit èechisch waren und deren Beamte und Referenten schon damals den deutschen Gemeinden bei Bewilligung der notwendigen Geldmittel für Schulzwecke Schwierigkeiten machten. Das Recht der Schulauflassung kannte die österreichische Schulgesetzgebung überhaupt nicht. Nur über die Frage der sogenannten Minderheitsschulen konnte eine befriedigende Lösung nicht gefunden werden. Die Eltern und diese ganz allein hatten auch darüber zu entscheiden, in welche Schule sie ihre Kinder schicken wollten und welche Ausbildung sie ihnen geben wollten. Nach § 23 des Reichsvolksschulgesetzes vom 14. Mai 1869 in der Fassung des Gesetzes vom 2. Mai 1883, R. G. Bl. Nr. 53, stand auch den Eltern unter gewissen Kautelen und Vorbehalten frei, statt des vorgeschriebenen öffentlichen Unter richtes ihr Kind privat unterrichten zu lassen, wie auch bei Errichtung von Privatschulen niemals Schwierigkeiten gemacht wurden. Der deutsche Schulverein, ebenso aber auch die Matice Školská konnten Schulen ohne jede Behinderung nach ihren Wünschen und Geldmitteln errichten und zur Schulaufsicht wurden immer Konnationale herangezogen, wie auch in den Ministerien nur Beamte der betreffenden Nation zur Besorgung der Schulagenden bestellt wurden. So gründete sich die nationale Trennung der Schulverwaltung in Österreich auf die Gesetze vom 24. Feber 1873, L. G. Bl. Nr. 17, vom 24. November 1890, Böhm. L. G. Bl. Nr. 46, und vom 27. November 1905, mähr. L. G. Bl. Nr. 4 ex 1906. Über das Gesetz hinaus wurde in Böhmen sogar für jede nationale Sektion des Landesschulrates ein eigener Vizepräsident ernannt.

Durch diese Regelung nach dem Nationalitätenprinzip, die sich im Laufe der Jahre aus der Erfahrung heraus ergeben hatte, wurde die Schule dem nationalen Kampf entzogen und Personen zur Verwaltung übergeben, welche an ihrem Ausbau selbst interessiert waren. Wie entwickelten sich dann die Verhältnisse im neuen èechischen Freiheitsstaate? Man hätte annehmen und erwarten dürfen, daß auf diesen Errungenschaften des alten Österreichs weiter aufgebaut und das, was erprobt und bewährt, nach modernen demokratischen Grundsätzen ausgestaltet und verbreitet werden wird.

Heute, wo wir 8 Jahre Schulentwicklung in diesem Staate überblicken, müssen wir leider feststellen, daß wie in vielem auch auf diesem Gebiete eine Rückentwicklung eingetreten ist. Das Gesetz vom 3. April 191 9, Nr. 189 S. d. G. u. V., schloß die Bevölkerung von der Mitwirkung auf dem Gebiete der Schulverwaltung aus und gab alle Gewalt in die Hand eines Bürokraten, der damit zum unumschränkten Herrn des Schulwesens gemacht wurde. Unzählige aufgelassene deutsche Schulen und Schulklassen geben den besten Beweis, daß ein Fremdnationaler niemals Kulturgüter eines anderen Volkes gerecht und richtig verwalten kann. Die Enteignungen deutscher Schulen und Schulklassen, die zwangsweise Einmietung, die auf Grund dieses Gesetzes durchgeführt wurde, die Verdrängung deutsch er Schulkinder aus ihren Schulraumen zugunsten eingewanderter und herbeigezogener èechischer Schulkinder, die zahlreichen Ungesetzlichkeiten und Rechtsbeugungen, die bei solchen Anlässen vorkamen, werden als Ausdruck roher Gewalt und vollkommener Rechtlosigkeit für alle Zeit unvergeßlich bleiben.

Auch das Prinzip der Schulorganisation wurde durchgebrochen. Auf Grund der Regierungsverordnung vom 6. November 1920, Z. 608 S. d. G. u. V., wurden an Stelle der Bezirksschulräte Bezirksschulausschüsse errichtet und zwar in vielen Bezirken für die deutschen und èechischen Schulen zusammen ein utraquistischer mit èechischer Mehrheit. In gleicher Weise wurden vielfach Ortsschulräte zusammengesetzt, so daß in vielen Orten das deutsche Schulwesen dem zur Mehrheit èechischen Ortsschulrat ausgeliefert ist, der hiefür weder Verständnis noch Fürsorge aufbringt, vielmehr alles tut, um die deutsche Schulentwicklung zu hinden und zu untergraben. Von den Landesschulräten und ihrer Tätigkeit will ich gar nicht reden, sie bestehen teilweise überhaupt nicht mehr wie in Schlesien oder nur als Rumpfkörperschaften wie in Mähren und Böhmen. Die notwendigen Ergänzungen und Ernennungen werden einfach trotz vielfacher Betreibungen seit Jahren nicht vorgenommen, so daß z. B. in Mähren Bürgerschulen, die Realschulen und die Gymnasien keine Vertreter in dieser Körperschaft haben. Demgegenüber wurde der èechische Landesschulrat in Mähren im Jahre 1919 neu zusammengesetzt und ergänzt.

Die deutschen Schulagenden besorgen bei den pollitischen Bezirks- und Landesverwaltungen durch aus èechische Beamten, wie ja auch im Ministerium für Schulwesen und Volkskultur unter den 95 Konzepts-, 2 Archivs-, 27 Kanzleibeamten, den 44 Rechnungsbeanten und den 35 Unterbeamten kein Deutscher zu finden ist. (Hört! Hört!) Während früher bei der Ernennung der Bezirks- und Landesschulinspektoren allein die fachliche Tüchtigkeit ausschlaggebend war, ist heute die Kenntnis der èechischen Sprache oft allein maßgebend, Gesinnungslosigkeit oftmals eine besondere Empfehlung. Ist es doch im Bezirk Znaim-Nikolsburg vorgekommen, daß ein bestqualifizierter Bewerber trotz des Vorschlages der Fachorganisation an erster Stelle nur deswegen nicht vom Ministerium ernannt wurde, weil er Mitglied der deutschen Nationalpartei ist. So wird hierzulande die demokratische und in der Verfassung verankerte Gleichberechtigung gehandhabt! Ja, man scheute sich nicht, offene und verkappte Èechen zu Inspektoren zu ernennen, wie auch das deutsche Gewerbe- und Fachschulwesen zum Großteile èechischen Fachinspektoren unterstellt ist. Man kümmert sich dabei wenig um den Artikel IX des Vertrages von St. Germain vom 10. September 1919, der auch bestimmt, daß die für die nationalen Minderheiten errichteten Kulturinstitute sich in ihrer Sprache verwalten können, wie auch das deutsche Gewerbe- und Landesschulrat verkehrt mit den deutschen Bezirksschulausschüssen und den Direktionen der Mittelschulen nur in èechischer Sprache, gibt Entscheidungen in reindeutscl:en Schulangelegenheiten auch an deutsche Parteien nur in èechischer Sprache heraus, ja das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur zwingt sogar die deutschen Schulen und die deutschen Ortsschulräte, das amtliche Nachrichtenblatt, den "Vìstník", in èechischer Sprache zu beziehen, da diese Ausgabe die allein autorisierte ist. Daß dieses Vorgehen ungesetzlich ist, bedarf keiner besonderen Hervorhebung.

Mit welcher Fürsorge sich die èechischen Regierungsstellen des deutschen Schulwesens die ganzen Jahre über angenommen hat, das beweisen ja am klarsten die bis Ende 1925 aufgelassenen 320 Schulen und 4055 deutsche Schulklassen, die vielen aufgelassenen Mittel- und Fachschulen und Lehrerbildungsanstalten, während das èechische Schulwesen in der gleichen Zeit trotz Kriegsjahren und verminderter Kinderzahl, trotz Sparmaßnahmen und Abbauaktion reichlich ausgestaltet und vermehrt wurde. Nach den vom statistischen Staatsamte veröffentlichten Ausweis hat die Zahl der deutschen Volksschüler in der Zeit von 1921 bis 1925 um 33%, die der èechischen und slovakischen Volksschüler um 28% abgenommen. In Böhmen beträgt dieser Schülerschwund bei beiden Völkern 35%. Während aber die deutschen Volksschulklassen um 21% abgenommen haben, zeigen die èechischen Volksschulklassen im gleichen Zeitraume eine Vermehrung von 4%. In Böhmen hat das deutsche Volksschulwesen 40% des Besitzes vom Jahre 1921 verloren, das èechische Volksschulwesen aber bei der gleichen Abnahme der Kinderzahl um 6% zugenommen. In Schlesien haben z. B. die èechischen Volksschüler um 16% abgenommen, die èechischen Schulen sich aber um 23% vermehrt. Diese Zahlen sprechen Bände.

Das zweierlei Maß, das in diesem Staate trotz der gegenteiligen Versicherung des Herrn Ministers Dr. Hodža geübt wird, der von vollständiger Gleichberechtigung und ähnlichen Schwindelbegriffen sprach, kommt besonders kraß in der Entwicklung des Bürgerschulwesens zum Ausdruck. Nach dem vom statistischen Staatsamte, Nr. 50 Jahrgang 1926, veröffentlichten Stand der Volks- und Bürgerschulen vom 31. Oktober 1925 gibt es in Böhmen 708 èechische Bürgerschulen mit 3276 Klassen und 274 deutsche Bürgerschulen mit 1111 Klassen, in Mähren 336 èechische Bürgerschulen mit 1455 Klassen und 94 deutsche Bürggerschulen mit 351 Klassen, in Schlesien 56 èechische Bürgerschulen mit 255 Klassen und 32 deutsche Bürgerschulen mit 143 Klassen, zusammen also 1100 èechische Bürgerschulen mit 4986 Klassen und 400 deutsche Bürgerschulen mit 1605 Klassen. Dazu kommen noch in Böhmen 8 èechische und 12 deutsche, in Mähren 10 èechische und 5 deutsche, in Schlesien 10 deutsche nicht öffentliche Bürgerschulen, weiters in der Slovakei 3 deutsche Bürgerschulen mit 10 Klsssen. Im Zeitpunkte des Umsturzes gab es mit 31. Dezember 1918: in Böhmen 390 èechische Bürgerschulen mit 1629 Klassen und 244 deutsche Bürgerschulen mit 935 Klassen, in Mähren 165 èechische Bürgerschulen mit 605 Klassen und 97 deutsche Bürgerschulen mit 364 Klassen, in Schlesien 11 èechische Bürgerschulen mit 44 Klassen und 24 deutsche Bürgerschulen mit 142 Klassen, zusammen 566 èechische Bürgerschulen mit 2278 Klassen und 365 deutsche Bürgerschulen mit 1441 Klassen.

Ein Vergleich der Zahlen ergibt die Zunahme gegenüber 1918. Sie beträgt: in Böhmen 318 èechische Bürgerschulen mit 1647 Klassen und 30 deutsche Bürgerschulen mit 176 Klassen, in Mähren 171 èechische Bürgerschulen mit 850 Klassen und 3 deutsche Bürgerschulen mit 13 Klassen, in Schlesien 45 èechische Bürgerschulen mit 211 Klassen und 8 deutsche Bürgerschulen mit einer Klasse, zusammen 534 èechische Bürgerschulen mit 2708 Klassen und 35 deutsche Bürgerschulen mit 164 Klassen.

Auch wenn nach dem Bevölkerungsschlüssel gerechnet wird, ist das Bild für die Deutschen kein günstigeres. Nach dem amtlichen Volkszählungsergebnis vom 15. Feber 1921 gibt es in Böhmen 66,6% Èechoslovaken und 33% Deutsche, in Mähren 78,2% Èechoslovaken und 20,9% Deutsche, in Schlesien 47,5% Èechoslovaken und 40,5% Deutsche, durchschnittlich daher 64,6% Èechoslovaken und 30,5% Deutsche, in den drei Ländern oder in der èechoslovakischen Republik 65,5% Èechoslovaken und 23,4% Deutsche.

Würde man also nach der perzentuellen Stärke in den einzelnen Ländern die Schulen in ein gegenseitiges Verhältnis bringen, so müßten im Jahre 1926 in Böhmen, wo das prozentuelle Verhältnis der Bevölkerung 66,6 zu 33 beträgt, wenn die Èechen 708 Bürgerschulen und 3276 Klassen besitzen, die Deutschen 351 Bürgerschulen und 1623 Klassen haben, d. h. sie sind um 77 Bürgerschulen und 512 Klassen gegenüber den Èechen verkürzt. In Mähren ergibt sich nach dem Bevölkerungsschlüssel von 78,2 zu 20,9 wohl in den Schulen keine Verkürzung, doch in den Klassen eine solche um 38 Klassen, da wir 389 Klassen haben müßten. In Schlesien hätten wir bei einem Bevölkerungsschlüssel von 47,5 zu 40,5 Anspruch auf 48 Bürgerschulen und 74 Klassen. In Summa sind wir daher um 93 Bürgerschulen und um 624 Klassen verkürzt. Mit den fehlenden Schulen gehen aber auch dem deutschen Volke hunderte Arbeitsplätze verloren, die für literarische Lehrer, für Religionslehrer und Handarbeitslehrerinnen geschaffen werden müßten, abgesehen von dem unermeßlichen Schaden, den das Fehlen dieser Ausbildungsmöglichkeiten für die deutschen Kinder in der Zukunft bedeutet. Damit wird zugleich das Kulturniveau des sudetendeutschen Volkes und seine Konkurrenzfähigkeit im Wettbewerb der Völker wesentlich herabgedrückt und vermindert. Im übrigen muß ich bei dieser Gelegenheit, wo ich mit kalten Zahlen eine Schulstatistik gearbeitet habe, mit allen Nachdruck erklären, daß die Schulen für uns niemals der Ausdruck der Zahlen und damit ein Rechenexempel sind, das mag vielleicht bei den Èechen der Fall sein, sondern der Ausdruck der Kultur. Nur weil von èechischer Seite immer mit Zahlen gearbeitet wird, sah ich mich genötigt, mit Zahlen zu antworten. Der hohe Stand des deutschen Schulwesens im alten Österreich hätte den èechen ein Ansporn zur Weiterentwicklung ihres eigenen vernachlässigten Schulwesens sein müssen, nicht aber umgekehrt. Die hiebei bewiesene Gesinnung ist gewiß kein Ruhmesblatt für das èechische Volk.

Während man im alten Österreich bestrebt war, auch dem fernsten Weiler, der kleinsten Gemeinde eine Erziehungsstätte zu geben, zahlreiche einklassige Dorfschulen und Schulexposituren schuf, auch wenn nur eine geringe Kinderanzahl vorhanden war, machte der èechische Schulchauvinismus auch vor diesen Schultypen nicht halt. Ohne zu bedenken, daß ein Großteil dieser Schulen in den rauhen Gebirgsgegenden nur zum Schutze der zarten Kinder im empfänglichsten Alter und wegen der weiten Entfernung und der schlechten Wegeverhältnisse zum nächsten Schulort geschaffen worden waren, wurden viele von diesen deutschen Zweckschulen einfach aufgelassen und die Kinder unerbittlich gezwungen, bei jeder Witterung den weiten Weg zur Schule zum Schaden für ihre Gesundheit zu machen. So wurde, um nur ein Beispiel aus dem letzten Jahre anzuführen, die öffentliche Schule in Kleinbösig (Bezirk Dauba) aufgelassen und die Schulkinder der 7 Kilometer entfernten Schule in Zdiar zugewiesen. Da sich die Eltern aus Menschlichkeitsgründen weigerten, ihre Kinder bei dem schlechten Wetter und den vielfachen Gefahren in die so weit entfernte Schule zu schicken, wurde gegen sie mit den härtesten Schulstrafen vorgegangen. Aufreizend und empörend war auch das Vorgehen in der Gemeinde Untergroschum, Bezirk Netolitz. Hier griff man zu der alten und oft geübten Methode, löste die deutsche Schule auf, um ihre Räume gleichzeitig für èechische Schulzwecke beschlagnahmen zu können, obwohl die èechischen Schulen im Orte bereits über brauchbare Unterkunftsräume verfügten. Das deutsche Schulgebäude paßte einfach den Herrn besser. Dafür wurden die deutschen Kinder gezwungen, den 6 Kilometer längeren Weg nach Stritschitz täglich zu machen, während sich in der mit deutschen Steuergeldern erbauten Schule die èechische Kinder breitmachten. Solche Fälle rücksichtsloser Gewalt gibt es viele. Niemals wäre es den Schulbehörden im alten Österreich eingefallen, solche einklassige Schulen und Schulexposituren, die doch die einzige Ausbildungsmöglichkeit für die dortige Bevölkerung darstellen, zu sperren. Es heißt, das hier siedelnde Volk absichtlich zu Analphabeten machen, wenn man ihm die einzige, ohnehin armselige Erziehungsstätte nimmt. Dabei gebe ich weiters zu bedenken, daß der Lehrer in einem solchen Dorfe in seiner vielfachen Stellung und Betätigung in volkserzieherischen Fragen geradezu eine Kulturmission erfüllt und daß seine Beseitigung der Bevölkerung des Ortes schweren Schaden bringt.

Gegenüber solchen brutalen Vorgängen muß es mit Recht empören und erbittern, wenn man sieht, wie Millionen jährlich für höchst überflüssige èechische Minderheitsschulen im deutschen Sprachgebiet, oftmals nur für 5 bis 6 èechische Kinder hinausgeworfen werden. Es ist für uns schon lange kein Geheimnis mehr, daß diese Schulen nicht dem kulturellen Bedürfnisse zu dienen haben, sondern Keimzellen für die Èechisierung dieser Gegend sein sollen. Herr Minister Dr. Hodža hat alle Entnationalisierungsbestrebungen in der Schulpolitik mit Abscheu abgelehnt, den hiebei ausgeübten Zwang vom rechtlichen Standpunkt aus für strafbar, vom moralischen Standpunkt aus für verwerflich erklärt. Minderheitsschulen werden in der Zukunft nur dort gebaut werden, wo sie notwendig sind, erklärte er mit viel Pathos. Demgegenüber muß festgestellt werden, daß sich viele Minderheitsschulen bei der geringen Anzahl der èechischen Kinder in diesen Gemeinden nur dadurch erhalten und eine entsprechende und notwendige Kinderzahl ausweisen können, daß sie deutsche Kinder anlocken, aufnehmen oder gar zum Besuche gewaltsam zwingen. Im Schuljahr 1925/1926 gab es 7795 deutsche Schulkinder, welche èechische Volks- und Bürgerschulen besuchten. Damit könnten 130 deutsche Schulklassen gefüllt werden. Der Herr Minister scheint auch nicht zu wissen, daß viele deutsche Staatsbeamte und Staatsbedienstete, deutsche Eisenbahner und deutsche Offiziere von Amts wegen gezwungen werden, ihre Kinder in die èechischen Schulen zu schicken, wenn sie nicht ihr ohnehin karges und recht bitteres Brot verlieren wollen, daß mit reichlichen Geschenken und Aussichten auf Staatsstellen Seelenkauf getrieben wird und daß schließlich sogar mit Gewalt auf dem Wege der sogen. Reklamationen deutsche Kinder aus den deutschen Schulen herausgeholt und in die èechischen Schulen gepreßt werden. Wenn es dem Herrn Minister wirklich ernst ist mit der Abstellung dieses himmelschreienden Unrechts, dann möge er sich gefälligst im Ministerium die darauf bezughabenden Akten sofort vorlegen lassen. Eine Leidensgeschichte sondergleichen wird sich vor ihm entwickeln, wie sie sich noch bei keinem Kulturvolke abgespielt hat. Niemals im alten Österreich ist es vorgekommen, daß man Kinder gegen den Willen ihrer Eltern in fremdnationale Schulen zwang, niemals ist es vorgekommen, daß man den Privatunterricht erschwerte oder gar unmöglich machte.

Daß es sich den èechischen Behörden nur darum handelte, das deutsche Bildungsniveau herabzudrücken, während Ersparungsgründe vorgeschoben wurden, zeigte klar das Verhalten gegenüber jenen Gemeinden und Bezirken, welche aufgelassene Klassen auf eigene Kosten, also mit Privatmitteln fortzuführen beschlossen hatten. Die dazu notwendige Erlaubnis wurde in allen Fällen verweigert. Sogar das Oberste Verwaltungsgericht deckte mit seiner Schulpraxis dieses einseitig chauvinistische Vorgehen èechischer Aufsichtsbehörden. Das Vorgehen gegen den deutschen Kulturverband, die schleppende Erledigung, bzw. Nichterledigung seiner Gesuche um Errichtung deutscher Privatschulen beweist dasselbe.

Die Gesuche des Kulturverbandes (obrácen k min. dr Hodžovi), Herr Minister, aus dem Jahre 1922 um Errichtung deutscher Privatschulen in den Gemeinden Jaronin, Markt Türnau und Selsen, aus dem Jahre 1923 für Kaltenbrunn, Nedarsch, Ruttenschlag und Unter-Themenau, 1924 für Philippsberg sind bis heute nicht erledigt, von den im Jahre 1925 überreichten, die Gemeinden Zautka, Nahlau, Untergroschum, Trautmanns, Sibojed, Kaplitz, Raudnig, Zeberhisch, Auborsko, Königsfeld, Milleschitz, Silberberg und Röscha betreffend, gar nicht zu reden. Somit sind im ganzen 21 Gesuche des Kulturverbandes, viele darunter seit Jahren, bisher nicht erledigt. Dabei schreibt die definitive Schul- und Unterrichtsordnung mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Gegenstandes bei Behandlung derartiger Gesuche ein beschleunigtes Verfahren vor. Die Durchführungsverordnung des böhmischen Landesschulrates zu § 187 der Schul- und Unterrichtsordnung schreibt genau die Fristen vor, welche für die Behandlung derartiger Gesuche zu gelten haben. Das alles ist für die èechischen Schulchauvinisten nicht vorhanden. Die nichtigsten Vorwände und Scheingründe werden hervorgeholt, um immer wieder neue Schierigkeiten zu bereiten, damit nur ja die angestrebte deutsche Bildungsstätte nicht geschaffen werden kann. Nur nationaler Chauvinismus und haßerfüllte Böswilligkeit verhindern so, daß das deutsche Volk selbst durch eigene Opferwilligkeit und auf eigene Kosten sein Schulwesen dem ngeschmälerten Umfang aufrecht erhält. Der deutsche Kulturverband erhält heute 22 Schulen mit 34 Klassen und 87 Kindergärten mit 94 Abteilungen Außerdem erteilt er häuslichen Privatunterricht in 188 Orten durch 20 Lehrkräfte. Alles das sind Aufgaben, welche eigentlich dem Staate obliegen, zumal derselbe Staat 1927 wieder nach dem Staatsvoranschlag 64 Millionen für èechische Minderheitsschulen ausgeben wird. Dabei ist gemäß Artikel 9 des Vertrages zwischen den alliierten und assozierten Hauptmächten und der Èechoslovakei vom 10. September 1919, dem sogenannten Minderheitenschutzvertrag die Èechoslovakei verpflichtet den völkischen und religiösen und sprachlichen Minderheiten einen an gemessenen Teil am. Genusse und an der Verwendung der nach dem Staatsvoranschlag für Erziehung, für religiöse und humanitäre Zwecke ausgeworfen Beträge zu geben.


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