Meine Damen und Herren! Die Verhandlung des
Staatsvoranschlags spielt sich bei vollständiger Interesselosigkeit
des Hauses ab. Das ist das Ergebnis der hierzulande jahrelang
geübten Praxis, die alle Wünsche und Forderungen der
Opposition vollständig unbeachtet ließ und die
notwendigen Abstimmungen in geheimen Beratungen, in "Pìtkas"
u. dgl. festlegte und damit bereits mit fertigen Tatsachen in
das Haus hereinkam. Dadurch wurde natürlich jedes Interesse
an der Verhandlung im Hause erschlagen. Der
leere Saal ist das Ergebnis dieser Praxis.
Außerordentlich selten haben wir von
dieser Stelle aus Gelegenheit, uns mit kulturellen Fragen zu beschäftigen
und diesbezügliche Ansichten. Wünsche und Forderungen
vorzubringen. Nur einmal im Jahre, anläßlich der Beratung
des Staatsvoranschlages ist uns beim Kapitel Schulwesen die Möglichkeit
gegeben, über alle diese Dinge in äußerst beschränkter
Redezeit zu sprechen, ohne daß allerdings diesen Reden eine
größere Bedeutung zukommen würde, da sie ja vollkommen
wirkungslos verhallen und für die Regierung keinerlei Grundlage
zur Untersuchung der vorgebrachten Beschwerden bzw. Anregungen
bieten. Auch der sogenannte Kulturausschuß, der für
alle diese Fragen zuständig wäre, fristet nur ein mehr
als bescheidenes und beschauliches Scheindasein, hält
im Laufe eines Jahres nur wenige und inhaltsleere Sitzungen ab,
so daß es hier den Eindruck erwecken muß, daß
die Èechoslovakei bereits einen unerreichbaren Gipfel kultureller
Vollkommenheit erreicht hat. Das ist nun, wie
wir leider feststellen müssen, keineswegs der Fall und viele
drängende Zeitfragen harren auch hier der eingehenden Erörterung
und zeitgemäßen Erledigung schon seit Jahren. Wenn
auch zugegeben werden muß, daß auf manchem Gebiete
z. B. dem Büchereiwesen ein wertvoller Schritt nach vorwärts
gemacht wurde, was sich in der Zukunft segensreich auswirken muß,
so muß zu gleicher Zeit mit größtem Bedauern
festgestellt werden, daß wir auf dem Gebiete des Schulwesens
gegenüber dem Zustande im alten Österreich nicht vorwärts
gekommen sind, sondern weit zurückgeworfen wurden. Von großen
richtunggebenden Ideen für den Auf- und Ausbau des Schulwesens
im allgemeinen kann überhaupt keine Rede sein und die schüchternen
Versuche einer Schulreform und Anpassung an die neue mehr
auf das praktische eingestellte Zeit sind in den Anfängen
stecken geblieben und über einige Umfragen nicht hinausgekommen.
Das Schulwesen selbst hat sich wohl dank einer besonderen Fürsorge
der Regierung reich entwickelt, allerdings nur das èechische
Schulwesen, während das deutsche nicht bloß offensichtlich
zurückgesetzt, sondern mit bewußter Absicht gedrosselt
und geradezu vernichtet wurde. Es wird für alle Zeiten ein
Schandfleck für das Volk eines Comenius sein und bleiben,
daß sich der angeborene Haß gegen alles Deutsche,
der sich 8 Jahre schrankenlos austoben durfte, sogar am deutschen
blühenden Schulwesen sein Mütchen kühlen und vergreifen
durfte ohne daß gegen diese kulturwidrige Tat, dieses schandbare
Wüten, von irgendeiner èechischen Stelle
Einspruch erhoben und Einhalt geboten worden wäre. Jetzt
allerdings, wo wir hunderte deutsche Schulen, tausende deutsche
Schulklassen, zahlreiche Mittel- und Fachschulen verloren haben
und um Jahrzehnte in der Entwicklung zurückgeworfen wurden,
soll es angeblich besser werden. Der Herr Minister Dr. Hodža
hat in seinem aufsehenerregenden Bericht
im Budgetausschuß am 9. November 1926 die Einführung
der Selbstverwaltung der Schulen mit 1. Juli 1927 angekündigt,
was viele deutsche Zeitungen in außerordentlich leichtfertiger
Weise veranlaßte, schon von einer kulturellen Autonomie
der Deutschen in diesem Staate zu faseln, die nunmehr allen Leiden
ein Ende und dem deutschen Volke das Verfügungsrecht über
sein Schulwesen bringen werde. Mit der Erlangung der Schulautonomie
ginge ein heißer Sehnsuchtstraum der Deutschen in Erfüllung
und es ist begreiflich, daß diese Ankündigung auch
viele besonnene Köpfe in Verwirrung brachte, welche darin
schon den ersten Erfolg der deutschen Regierungsparteien erblickten.
Um diese verschiedenen überschwänglichen Ansichten wieder
auf das richtige Maß des Tatsächlichen und Wirklichen
zurückzuführen, müssen wir zunächst genauer
untersuchen, was der Herr Minister Dr. Hodža in
Wirklichkeit versprochen hat, wobei nach den bisher gemachten
Erfahrungen mit èechischen Ministerversprechen äußerste
Vorsicht geboten erscheint. Um aber sein Versprechen so richtig
einschätzen und seine Bedeutungslosigkeit erkennen zu können,
ist es zunächst notwendig, sich kurz den Stand des Schulwesens
und der gesamten Schulverwaltung im
Augenblick des Umsturzes zu vergegenwärtigen und die in den
8 Jahren èechischer Herrschaft erfolgte Entwicklung zu
überblicken. Erst dadurch wird das Bild ein vollständiges,
abgerundetes und der Fortschritt gegenüber dem alten Österreich
erkennbar.
Nach dem sogenannten Reichsvolksschulgesetz
vom 14. Mai 1869 und den darauf fußenden Landesgesetzen
war die gesamte Schulverwaltung im alten Österreich auf zwei
Prinzipien aufgebaut:
1. Das Volk hatte in echt demokratischer Weise
in der Verwaltung des Schulwesens mit zu sprechen und mit zu bestimmen
und
2. die Nationalitäten wurden als entscheidende
Faktoren anerkannt und in der Schulgesetzgebung der Grundsatz
beobachtet, daß jede Nation Herr auf ihrem Schulgebiete
sein sollte. Wenn die Èechen auch heute noch immer wieder
mit der ihnen angeborenen eigenen Beharrlichkeit behaupten, daß
sie im alten Österreich besonders bezüglich ihrer Schulforderungen
stark vernachlässigt und unterdrückt
wurden, so ist das zwar eine immer wiederkehrende, aber wider
besseres Wissen vorgebrachte Geschichtslüge gleich der alleinigen
Schuld Deutschlands am Kriege. Die Mitwirkung des Volkes geschah
in der österreichischen Schulverwaltung in den Orts-, Bezirks-
und Landesschulräten, die national in deutsche und èechische
Sektionen gegliedert waren. Jede Schule unterstand demnach ihrem
eigenenOrtsschulrat, die deutsche Schule dem deutschen, die èechische
Schule dem èechischen. Darauf fußten die ebenso organisierten
Bezirksschulräte und auf diesen die deutschen und èechischen
Sektionen der Landesschulräte. Diese Verwaltungsorgane sorgten
für das ihnen unterstellte Schulwesen in vollkommen autonomer
Weise, während dem Ministerium nur die oberste Leitung und
Beaufsichtigung durch die Bezirks bzw. Landesschulinspektoren
zustand. So hatte es jedes Volk selbst in der Hand, sich ein blühendes
Schulwesen zu schaffen und auszubauen nach seinen Wünschen,
was auch auf deutscher Seite von den Schulerhaltern, den Gemeinden
mit reichlichen Mitteln geschah. Eine Hemmung erfolgte
lediglich durch die Aufsichtsbehörden, durch die Landesausschüsse,
die in Böhmen und Mähren in der Mehrheit èechisch
waren und deren Beamte und Referenten schon damals den deutschen
Gemeinden bei Bewilligung der notwendigen Geldmittel
für Schulzwecke Schwierigkeiten machten. Das Recht der Schulauflassung
kannte die österreichische Schulgesetzgebung überhaupt
nicht. Nur über die Frage der sogenannten Minderheitsschulen
konnte eine befriedigende Lösung nicht gefunden werden. Die
Eltern und diese ganz allein hatten auch darüber zu entscheiden,
in welche Schule sie ihre Kinder schicken wollten und welche Ausbildung
sie ihnen geben wollten. Nach § 23 des Reichsvolksschulgesetzes
vom 14. Mai 1869 in der Fassung des Gesetzes vom 2. Mai 1883,
R. G. Bl. Nr. 53, stand auch den Eltern unter gewissen Kautelen
und Vorbehalten frei, statt des vorgeschriebenen öffentlichen
Unter richtes ihr Kind privat unterrichten zu lassen, wie auch
bei Errichtung von Privatschulen niemals Schwierigkeiten gemacht
wurden. Der deutsche Schulverein, ebenso aber auch die Matice
Školská konnten Schulen ohne jede Behinderung nach
ihren Wünschen und Geldmitteln errichten und zur Schulaufsicht
wurden immer Konnationale herangezogen, wie auch in den Ministerien
nur Beamte der betreffenden Nation zur Besorgung der Schulagenden
bestellt wurden. So gründete sich die nationale Trennung
der Schulverwaltung in Österreich auf die Gesetze vom 24.
Feber 1873, L. G. Bl. Nr. 17, vom 24. November 1890, Böhm.
L. G. Bl. Nr. 46, und vom 27. November 1905, mähr. L. G.
Bl. Nr. 4 ex 1906. Über das Gesetz hinaus wurde in Böhmen
sogar für jede nationale Sektion des Landesschulrates ein
eigener Vizepräsident ernannt.
Durch diese Regelung nach dem Nationalitätenprinzip,
die sich im Laufe der Jahre aus der Erfahrung heraus ergeben hatte,
wurde die Schule dem nationalen Kampf entzogen und Personen zur
Verwaltung übergeben, welche an ihrem Ausbau selbst interessiert
waren. Wie entwickelten sich dann die Verhältnisse im neuen
èechischen Freiheitsstaate? Man hätte annehmen und
erwarten dürfen, daß auf diesen Errungenschaften des
alten Österreichs weiter aufgebaut und das, was erprobt und
bewährt, nach modernen demokratischen Grundsätzen ausgestaltet
und verbreitet werden wird.
Heute, wo wir 8 Jahre Schulentwicklung in diesem
Staate überblicken, müssen wir leider feststellen, daß
wie in vielem auch auf diesem Gebiete eine Rückentwicklung
eingetreten ist. Das Gesetz vom 3. April 191 9, Nr. 189 S. d.
G. u. V., schloß die Bevölkerung von der Mitwirkung
auf dem Gebiete der Schulverwaltung aus und gab alle Gewalt in
die Hand eines Bürokraten, der damit zum unumschränkten
Herrn des Schulwesens gemacht wurde. Unzählige aufgelassene
deutsche Schulen und Schulklassen geben den besten Beweis, daß
ein Fremdnationaler niemals Kulturgüter eines anderen Volkes
gerecht und richtig verwalten kann. Die Enteignungen deutscher
Schulen und Schulklassen, die zwangsweise Einmietung, die auf
Grund dieses Gesetzes durchgeführt wurde, die Verdrängung
deutsch er Schulkinder aus ihren Schulraumen zugunsten
eingewanderter und herbeigezogener èechischer Schulkinder,
die zahlreichen Ungesetzlichkeiten und Rechtsbeugungen, die bei
solchen Anlässen vorkamen, werden als Ausdruck roher Gewalt
und vollkommener Rechtlosigkeit für alle
Zeit unvergeßlich bleiben.
Auch das Prinzip der Schulorganisation wurde
durchgebrochen. Auf Grund der Regierungsverordnung vom 6. November
1920, Z. 608 S. d. G. u. V., wurden an Stelle der Bezirksschulräte
Bezirksschulausschüsse errichtet und zwar in vielen
Bezirken für die deutschen und èechischen Schulen
zusammen ein utraquistischer mit èechischer Mehrheit. In
gleicher Weise wurden vielfach Ortsschulräte zusammengesetzt,
so daß in vielen Orten das deutsche Schulwesen dem zur Mehrheit
èechischen Ortsschulrat ausgeliefert ist, der hiefür
weder Verständnis noch Fürsorge aufbringt, vielmehr
alles tut, um die deutsche Schulentwicklung zu hinden und zu untergraben.
Von den Landesschulräten und ihrer Tätigkeit will ich
gar nicht reden, sie bestehen teilweise überhaupt
nicht mehr wie in Schlesien oder nur als Rumpfkörperschaften
wie in Mähren und Böhmen. Die notwendigen Ergänzungen
und Ernennungen werden einfach trotz vielfacher Betreibungen seit
Jahren nicht vorgenommen, so daß z. B. in Mähren
Bürgerschulen, die Realschulen und die Gymnasien keine Vertreter
in dieser Körperschaft haben. Demgegenüber wurde der
èechische Landesschulrat in Mähren im Jahre 1919 neu
zusammengesetzt und ergänzt.
Die deutschen Schulagenden besorgen bei den
pollitischen Bezirks- und Landesverwaltungen durch aus
èechische Beamten, wie ja auch im Ministerium für
Schulwesen und Volkskultur unter den 95 Konzepts-, 2 Archivs-,
27 Kanzleibeamten, den 44 Rechnungsbeanten und den 35 Unterbeamten
kein Deutscher zu finden ist. (Hört!
Hört!) Während früher bei der Ernennung
der Bezirks- und Landesschulinspektoren allein die fachliche Tüchtigkeit
ausschlaggebend war, ist heute die Kenntnis der èechischen
Sprache oft allein maßgebend, Gesinnungslosigkeit oftmals
eine besondere Empfehlung. Ist es doch im Bezirk
Znaim-Nikolsburg vorgekommen, daß ein bestqualifizierter
Bewerber trotz des Vorschlages der Fachorganisation an erster
Stelle nur deswegen nicht vom Ministerium ernannt wurde, weil
er Mitglied der deutschen Nationalpartei ist. So wird hierzulande
die demokratische und in der Verfassung verankerte Gleichberechtigung
gehandhabt! Ja, man scheute sich nicht, offene und verkappte Èechen
zu Inspektoren zu ernennen, wie auch das deutsche Gewerbe- und
Fachschulwesen zum Großteile èechischen
Fachinspektoren unterstellt ist. Man kümmert sich dabei wenig
um den Artikel IX des Vertrages von St. Germain vom 10. September
1919, der auch bestimmt, daß die für die nationalen
Minderheiten errichteten Kulturinstitute sich in ihrer Sprache
verwalten können, wie auch das deutsche Gewerbe- und
Landesschulrat verkehrt mit den deutschen Bezirksschulausschüssen
und den Direktionen der Mittelschulen nur in èechischer
Sprache, gibt Entscheidungen in reindeutscl:en Schulangelegenheiten
auch an deutsche Parteien nur in èechischer
Sprache heraus, ja das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur
zwingt sogar die deutschen Schulen und die deutschen Ortsschulräte,
das amtliche Nachrichtenblatt, den "Vìstník",
in èechischer Sprache zu beziehen, da diese Ausgabe die
allein autorisierte ist. Daß dieses Vorgehen ungesetzlich
ist, bedarf keiner besonderen Hervorhebung.
Mit welcher Fürsorge sich die èechischen Regierungsstellen
des deutschen Schulwesens die ganzen Jahre über angenommen
hat, das beweisen ja am klarsten die bis Ende 1925 aufgelassenen
320 Schulen und 4055 deutsche Schulklassen, die vielen aufgelassenen
Mittel- und Fachschulen und Lehrerbildungsanstalten, während
das èechische Schulwesen in der gleichen Zeit trotz Kriegsjahren
und verminderter Kinderzahl, trotz Sparmaßnahmen
und Abbauaktion reichlich ausgestaltet und vermehrt wurde. Nach
den vom statistischen Staatsamte veröffentlichten Ausweis
hat die Zahl der deutschen Volksschüler in der Zeit von 1921
bis 1925 um 33%, die der èechischen und slovakischen
Volksschüler um 28% abgenommen. In Böhmen beträgt
dieser Schülerschwund bei beiden Völkern 35%. Während
aber die deutschen Volksschulklassen um 21% abgenommen haben,
zeigen die èechischen Volksschulklassen im gleichen Zeitraume
eine Vermehrung von 4%. In Böhmen
hat das deutsche Volksschulwesen 40% des Besitzes vom Jahre 1921
verloren, das èechische Volksschulwesen aber bei der gleichen
Abnahme der Kinderzahl um 6% zugenommen. In Schlesien haben z.
B. die èechischen Volksschüler um 16% abgenommen,
die èechischen Schulen sich aber um
23% vermehrt. Diese Zahlen sprechen Bände.
Das zweierlei Maß, das in diesem Staate
trotz der gegenteiligen Versicherung des Herrn Ministers Dr. Hodža
geübt wird, der von vollständiger
Gleichberechtigung und ähnlichen Schwindelbegriffen
sprach, kommt besonders kraß in der Entwicklung des Bürgerschulwesens
zum Ausdruck. Nach dem vom statistischen Staatsamte, Nr. 50 Jahrgang
1926, veröffentlichten Stand der Volks- und Bürgerschulen
vom 31. Oktober 1925 gibt es in Böhmen 708 èechische
Bürgerschulen mit 3276 Klassen und 274 deutsche Bürgerschulen
mit 1111 Klassen, in Mähren 336 èechische Bürgerschulen
mit 1455 Klassen und 94 deutsche Bürggerschulen mit 351 Klassen,
in Schlesien 56 èechische Bürgerschulen mit 255 Klassen
und 32 deutsche Bürgerschulen mit
143 Klassen, zusammen also 1100 èechische Bürgerschulen
mit 4986 Klassen und 400 deutsche Bürgerschulen mit 1605
Klassen. Dazu kommen noch in Böhmen 8 èechische und
12 deutsche, in Mähren 10 èechische und 5 deutsche,
in Schlesien 10 deutsche nicht öffentliche
Bürgerschulen, weiters in der Slovakei 3 deutsche Bürgerschulen
mit 10 Klsssen. Im Zeitpunkte des Umsturzes gab es mit 31. Dezember
1918: in Böhmen 390 èechische Bürgerschulen mit
1629 Klassen und 244 deutsche Bürgerschulen mit 935 Klassen,
in Mähren 165 èechische Bürgerschulen mit 605
Klassen und 97 deutsche Bürgerschulen mit 364 Klassen, in
Schlesien 11 èechische Bürgerschulen mit 44 Klassen
und 24 deutsche Bürgerschulen mit 142 Klassen, zusammen 566
èechische Bürgerschulen mit 2278
Klassen und 365 deutsche Bürgerschulen mit 1441 Klassen.
Ein Vergleich der Zahlen ergibt die Zunahme gegenüber 1918.
Sie beträgt: in Böhmen 318 èechische Bürgerschulen
mit 1647 Klassen und 30 deutsche Bürgerschulen mit 176 Klassen,
in Mähren 171 èechische Bürgerschulen mit 850
Klassen und 3 deutsche Bürgerschulen mit 13 Klassen, in Schlesien
45 èechische Bürgerschulen mit 211 Klassen und 8 deutsche
Bürgerschulen mit einer Klasse, zusammen 534 èechische
Bürgerschulen mit 2708 Klassen und 35 deutsche Bürgerschulen
mit 164 Klassen.
Auch wenn nach dem Bevölkerungsschlüssel gerechnet wird,
ist das Bild für die Deutschen kein günstigeres. Nach
dem amtlichen Volkszählungsergebnis vom 15. Feber 1921 gibt
es in Böhmen 66,6% Èechoslovaken und 33% Deutsche,
in Mähren 78,2% Èechoslovaken und 20,9% Deutsche,
in Schlesien 47,5% Èechoslovaken und 40,5% Deutsche, durchschnittlich
daher 64,6% Èechoslovaken und 30,5% Deutsche, in den drei
Ländern oder in der èechoslovakischen Republik 65,5%
Èechoslovaken und 23,4% Deutsche.
Würde man also nach der perzentuellen Stärke in den
einzelnen Ländern die Schulen in ein gegenseitiges Verhältnis
bringen, so müßten im Jahre 1926 in Böhmen, wo
das prozentuelle Verhältnis der Bevölkerung 66,6 zu
33 beträgt, wenn die Èechen 708 Bürgerschulen
und 3276 Klassen besitzen, die Deutschen 351 Bürgerschulen
und 1623 Klassen haben, d. h. sie sind um 77 Bürgerschulen
und 512 Klassen gegenüber den Èechen verkürzt.
In Mähren ergibt sich nach dem Bevölkerungsschlüssel
von 78,2 zu 20,9 wohl in den Schulen keine
Verkürzung, doch in den Klassen eine solche um 38 Klassen,
da wir 389 Klassen haben müßten. In Schlesien hätten
wir bei einem Bevölkerungsschlüssel von 47,5 zu 40,5
Anspruch auf 48 Bürgerschulen und 74 Klassen. In Summa sind
wir daher um 93 Bürgerschulen und um 624 Klassen verkürzt.
Mit den fehlenden Schulen gehen aber auch dem deutschen Volke
hunderte Arbeitsplätze verloren, die für literarische
Lehrer, für Religionslehrer und Handarbeitslehrerinnen geschaffen
werden müßten, abgesehen von dem unermeßlichen
Schaden, den das Fehlen dieser Ausbildungsmöglichkeiten für
die deutschen Kinder in der Zukunft bedeutet. Damit wird zugleich
das Kulturniveau des sudetendeutschen Volkes und seine Konkurrenzfähigkeit
im Wettbewerb der Völker wesentlich herabgedrückt und
vermindert. Im übrigen muß ich bei dieser Gelegenheit,
wo ich mit kalten Zahlen eine Schulstatistik gearbeitet habe,
mit allen Nachdruck erklären, daß die Schulen für
uns niemals der Ausdruck der Zahlen und damit ein Rechenexempel
sind, das mag vielleicht bei den Èechen der Fall
sein, sondern der Ausdruck der Kultur. Nur weil von èechischer
Seite immer mit Zahlen gearbeitet wird, sah ich mich genötigt,
mit Zahlen zu antworten. Der hohe Stand des deutschen Schulwesens
im alten Österreich hätte den èechen
ein Ansporn zur Weiterentwicklung ihres eigenen vernachlässigten
Schulwesens sein müssen, nicht aber umgekehrt. Die hiebei
bewiesene Gesinnung ist gewiß kein Ruhmesblatt für
das èechische Volk.
Während man im alten Österreich bestrebt
war, auch dem fernsten Weiler, der kleinsten Gemeinde eine
Erziehungsstätte zu geben, zahlreiche einklassige Dorfschulen
und Schulexposituren schuf, auch wenn nur eine geringe Kinderanzahl
vorhanden war, machte der èechische Schulchauvinismus auch
vor diesen Schultypen nicht halt. Ohne zu bedenken,
daß ein Großteil dieser Schulen in den rauhen Gebirgsgegenden
nur zum Schutze der zarten Kinder im empfänglichsten Alter
und wegen der weiten Entfernung und der schlechten Wegeverhältnisse
zum nächsten Schulort geschaffen worden waren, wurden viele
von diesen deutschen Zweckschulen einfach aufgelassen und die
Kinder unerbittlich gezwungen, bei jeder Witterung den weiten
Weg zur Schule zum Schaden für ihre Gesundheit zu machen.
So wurde, um nur ein Beispiel aus dem letzten Jahre anzuführen,
die öffentliche Schule in Kleinbösig (Bezirk Dauba)
aufgelassen und die Schulkinder der 7 Kilometer entfernten Schule
in Zdiar zugewiesen. Da sich die Eltern aus Menschlichkeitsgründen
weigerten, ihre Kinder bei dem schlechten Wetter und den vielfachen
Gefahren in die so weit entfernte Schule zu schicken, wurde gegen
sie mit den härtesten Schulstrafen vorgegangen. Aufreizend
und empörend war auch das Vorgehen in der Gemeinde Untergroschum,
Bezirk Netolitz. Hier griff man zu der alten und oft geübten
Methode, löste die deutsche Schule auf, um ihre Räume
gleichzeitig für èechische Schulzwecke beschlagnahmen
zu können, obwohl die èechischen Schulen im Orte bereits
über brauchbare Unterkunftsräume verfügten. Das
deutsche Schulgebäude paßte einfach
den Herrn besser. Dafür wurden die deutschen Kinder
gezwungen, den 6 Kilometer längeren Weg nach Stritschitz
täglich zu machen, während sich in der mit deutschen
Steuergeldern erbauten Schule die èechische Kinder breitmachten.
Solche Fälle rücksichtsloser Gewalt
gibt es viele. Niemals wäre es den Schulbehörden im
alten Österreich eingefallen, solche einklassige Schulen
und Schulexposituren, die doch die einzige Ausbildungsmöglichkeit
für die dortige Bevölkerung darstellen, zu sperren.
Es heißt, das hier siedelnde Volk absichtlich zu Analphabeten
machen, wenn man ihm die einzige, ohnehin armselige Erziehungsstätte
nimmt. Dabei gebe ich weiters zu bedenken, daß der Lehrer
in einem solchen Dorfe in seiner vielfachen Stellung und Betätigung
in volkserzieherischen Fragen geradezu eine Kulturmission erfüllt
und daß seine Beseitigung der Bevölkerung des Ortes
schweren Schaden bringt.
Gegenüber solchen brutalen Vorgängen
muß es mit Recht empören und erbittern, wenn man sieht,
wie Millionen jährlich für höchst überflüssige
èechische Minderheitsschulen im deutschen Sprachgebiet,
oftmals nur für 5 bis 6 èechische Kinder hinausgeworfen
werden. Es ist für uns schon lange kein Geheimnis mehr, daß
diese Schulen nicht dem kulturellen Bedürfnisse zu dienen
haben, sondern Keimzellen für die
Èechisierung dieser Gegend sein sollen. Herr Minister Dr.
Hodža hat alle Entnationalisierungsbestrebungen
in der Schulpolitik mit Abscheu abgelehnt, den hiebei ausgeübten
Zwang vom rechtlichen Standpunkt aus für strafbar, vom moralischen
Standpunkt aus für verwerflich erklärt. Minderheitsschulen
werden in der Zukunft nur dort gebaut werden, wo sie notwendig
sind, erklärte er mit viel Pathos. Demgegenüber muß
festgestellt werden, daß sich viele Minderheitsschulen bei
der geringen Anzahl der èechischen Kinder
in diesen Gemeinden nur dadurch erhalten und eine entsprechende
und notwendige Kinderzahl ausweisen können, daß sie
deutsche Kinder anlocken, aufnehmen oder gar zum Besuche gewaltsam
zwingen. Im Schuljahr 1925/1926 gab es 7795 deutsche Schulkinder,
welche èechische Volks- und Bürgerschulen besuchten.
Damit könnten 130 deutsche Schulklassen gefüllt werden.
Der Herr Minister scheint auch nicht zu wissen, daß viele
deutsche Staatsbeamte und Staatsbedienstete, deutsche Eisenbahner
und deutsche Offiziere von Amts wegen
gezwungen werden, ihre Kinder in die èechischen Schulen
zu schicken, wenn sie nicht ihr ohnehin karges und recht bitteres
Brot verlieren wollen, daß mit reichlichen Geschenken und
Aussichten auf Staatsstellen Seelenkauf getrieben wird
und daß schließlich sogar mit Gewalt auf dem Wege
der sogen. Reklamationen deutsche Kinder aus den deutschen Schulen
herausgeholt und in die èechischen Schulen gepreßt
werden. Wenn es dem Herrn Minister wirklich ernst ist mit der
Abstellung dieses himmelschreienden Unrechts,
dann möge er sich gefälligst im Ministerium die darauf
bezughabenden Akten sofort vorlegen lassen. Eine Leidensgeschichte
sondergleichen wird sich vor ihm entwickeln, wie sie sich noch
bei keinem Kulturvolke abgespielt hat. Niemals im alten Österreich
ist es vorgekommen, daß man Kinder gegen den Willen ihrer
Eltern in fremdnationale Schulen zwang, niemals ist es vorgekommen,
daß man den Privatunterricht erschwerte oder gar unmöglich
machte.
Daß es sich den èechischen Behörden
nur darum handelte, das deutsche Bildungsniveau herabzudrücken,
während Ersparungsgründe vorgeschoben wurden, zeigte
klar das Verhalten gegenüber jenen Gemeinden und Bezirken,
welche aufgelassene Klassen auf eigene Kosten, also mit Privatmitteln
fortzuführen beschlossen hatten. Die dazu notwendige
Erlaubnis wurde in allen Fällen verweigert. Sogar das Oberste
Verwaltungsgericht deckte mit seiner Schulpraxis dieses einseitig
chauvinistische Vorgehen èechischer Aufsichtsbehörden.
Das Vorgehen gegen den deutschen Kulturverband,
die schleppende Erledigung, bzw. Nichterledigung seiner Gesuche
um Errichtung deutscher Privatschulen beweist dasselbe.
Die Gesuche des Kulturverbandes (obrácen
k min. dr Hodžovi), Herr Minister,
aus dem Jahre 1922 um Errichtung deutscher Privatschulen in den
Gemeinden Jaronin, Markt Türnau und Selsen, aus dem Jahre
1923 für Kaltenbrunn, Nedarsch, Ruttenschlag und Unter-Themenau,
1924 für Philippsberg sind bis heute nicht erledigt, von
den im Jahre 1925 überreichten, die Gemeinden Zautka, Nahlau,
Untergroschum, Trautmanns, Sibojed, Kaplitz, Raudnig, Zeberhisch,
Auborsko, Königsfeld, Milleschitz, Silberberg und Röscha
betreffend, gar nicht zu reden. Somit sind im ganzen 21 Gesuche
des Kulturverbandes, viele darunter seit Jahren, bisher nicht
erledigt. Dabei schreibt die definitive Schul- und Unterrichtsordnung
mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Gegenstandes bei Behandlung
derartiger Gesuche ein beschleunigtes Verfahren vor. Die Durchführungsverordnung
des böhmischen Landesschulrates zu § 187 der
Schul- und Unterrichtsordnung schreibt genau die Fristen vor,
welche für die Behandlung derartiger Gesuche zu gelten haben.
Das alles ist für die èechischen Schulchauvinisten
nicht vorhanden. Die nichtigsten Vorwände und Scheingründe
werden hervorgeholt, um immer wieder neue Schierigkeiten
zu bereiten, damit nur ja die angestrebte deutsche Bildungsstätte
nicht geschaffen werden kann. Nur nationaler Chauvinismus und
haßerfüllte Böswilligkeit verhindern so, daß
das deutsche Volk selbst durch eigene Opferwilligkeit und auf
eigene Kosten sein Schulwesen dem ngeschmälerten Umfang aufrecht
erhält. Der deutsche Kulturverband erhält heute 22 Schulen
mit 34 Klassen und 87 Kindergärten mit 94 Abteilungen Außerdem
erteilt er häuslichen Privatunterricht in 188 Orten
durch 20 Lehrkräfte. Alles das sind Aufgaben, welche eigentlich
dem Staate obliegen, zumal derselbe Staat 1927 wieder nach dem
Staatsvoranschlag 64 Millionen für èechische Minderheitsschulen
ausgeben wird. Dabei ist gemäß Artikel 9 des Vertrages
zwischen den alliierten und assozierten Hauptmächten
und der Èechoslovakei vom 10. September 1919, dem sogenannten
Minderheitenschutzvertrag die Èechoslovakei verpflichtet
den völkischen und religiösen und sprachlichen Minderheiten
einen an gemessenen Teil am. Genusse und an
der Verwendung der nach dem Staatsvoranschlag für Erziehung,
für religiöse und humanitäre Zwecke ausgeworfen
Beträge zu geben.