Úterý 23. listopadu 1926

Die Post "Statistisches Amt" ist wohl kaum zu bemängeln. Hier wäre nur zu wünschen, daß das Statistische Amt vor allem bei der Volkszählung etwas objektiver vorgehe, auch bei der Feststellung der Zahl der Zugehörigen der Minderheitsnationen etwas objektiver seine Feststellungen mache. Es wäre weiters notwendig, daß das Statistische Amt sein Arbeitsgebiet etwas erweitert. Ich möchte nur zwei Punkte anführen. Vor allem wäre eine genaue und gründliche Lohnstatistik, sowie eine Statistik über die Arbeitsleistungen notwendig. Gerade diese beiden statistischen Arbeiten wären für uns besonders wichtig, weil sie uns ein wertvolles Material geben würden, um manche Lüge, die seitens unserer Unternehmer bei Lohnverhandlungen und Lohnkämpfen der Öffentlichkeit mitgeteilt wird, widerlegen zu können - nämlich die Lüge von den hohen Löhnen und den kleinen Leistungen.

Wenn wir den Gesamtaufwand des Ministerratspräsidiums feststellen, ergibt sich trotz der Parole des Sparens und trotz der Ersparungskommission ein gesteigerter Aufwand im Voranschlage für 1927. Für 1926 präliminierte das Ministerratspräsidium einen Betrag von 28,882.744 Kronen, für 1927 einen solchen von 32,904.677 Kronen, also ein Plus von 4,021.933 Kronen, ein Plus also in der Zeit des Sparens. Auch hier zeigt der Vergleich mit anderen Staaten, daß wir einen höheren Ausgabenbedarf haben. Deutschösterreich setzt z. B. für das Kapitel "Bundeskanzleramt" 3,686.710 Schilling ein, das sind ungefähr 15.3 Millionen Kè, also ungefähr die Hälfte dessen, was unser Ministerratspräsidium benötigt. In Deutschland ist die betreffende Ziffer noch niedriger als in Deutschösterreich.

Zum Schlusse wollen wir nochmals festhalten, daß von den Gesamtausgaben im Betrage von 32.9 Millionen über 8 Millionen, also ein Viertel des Gesamterfordernisses des Ministerratspräsidiums für den Reptilienfonds verwendet wird, für Auslandspropaganda, für Informationsdienst, Bestechungsgelder usw. In Anbetracht dieser Posten müssen wir zu dem Resultat kommen, daß wir für dieses Budget nicht stimmen können. Wir haben eine ganze Reihe von Abänderungsanträgen auch für dieses Kapitel eingebracht und bitten das hohe Haus, diesen Abänderungen zuzustimmen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)

6. Øeè posl. Kunze (viz str. 573 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Zu dem Kapitel Ministerium des Innern halte ich mich verpflichtet, die gegenwärtigen Verhältnisse des Gemeindewesens und der Selbstverwaltungsverbände einigermaßen zu beleuchten. Durch die Umwandlung des alten Österreich in eine demokratische Republik sind auch die Verhältnisse der Gemeinden vollständig verändert worden, vielseitig jedoch in einer undemokratischen Weise. Der selbständige Wirkungskreis der Gemeinden wurde von Jahr zu Jahr mehr beschnitten, so daß heute eine Gemeinde nur noch zu Gutachten bei Verleihung von Heimatsrechten, Konzessionen u. dgl. herangezogen wird, welche aber in den seltensten Fällen berücksichtigt werden. Ja man geht sogar gegenwärtig so weit, daß den Gemeinden Eingriffe in die Voranschläge oft nicht erspart bleiben. Der übertragene Wirkungskreis nimmt täglich zu. Die Gemeinden benötigen oft die Hälfte ihrer Beamten und Angestellten nur dazu, um die Militäragenden und Steuerzustellungen zu bewältigen. Eine große Belastung ist auch das Militäreinquartierungsgesetz, welches nicht selten in der härtesten Weise ausgenützt wird. Die Finanzwirtschaft der Gemeinden und Bezirke ist geradezu eine trostlose. Seit der Zerstückelung des alten Österreich ist auch eine Wirtschaftskrise in der Industrie eingetreten, welche sich für die Selbstverwaltungskörper katastrophal auswirkt. Der Rückgang der Ausfuhr hat den Rückgang der Industrie und dieser wieder den Zusammenbruch unseres Steuerapparats nach sich gezogen. Der Staat hilft sich über diese Krise mit den Kriegszuschlägen hinweg, den Gemeinden und Bezirken ist diese Möglichkeit jedoch nicht geboten. Die Steuerbasis in den einzelnen Gemeinden ist von dem Jahre 1921 bis 1923 oft auf ein Viertel herabgesunken, was, nachdem die Ausgaben der Gemeinden nicht niedriger geworden sind, eine Erhöhung der Zuschläge der autonomen Verbände zur Folge haben mußte. Durch eine Finanzreform, welche der Herr Finanzminister in Verbindung mit der Steuerreform dem Hause vorgelegt hat und welche wir bei Behandlung noch eingehender beleuchten werden, läßt sich dieses Übel nicht beheben. Es geht nicht an, daß man eine lineale Höhe für Zuschläge festsetzt, da sich dieselben immer nur nach der Steuerkraft des Ortes richten können.

Von größerem Werte ist es, daß die Selbstverwaltungsverbände der sozialen Lasten durch den Staat einigermaßen enthoben werden. Ganz besonders ist die Armenversorgung eine große Ausgabe in den Gemeinden, es wäre an der Zeit, daß eine staatliche Unterstützung für alte arme Staatsbürger gewährt würde. Desgleichen sollten die Gemeindekrankenhäuser besser mit Subventionen von Seiten des Staates Unterstützung finden. Ebenso kostet die Wohnungsfürsorge den Gemeinden immense Summen, auch dieses läßt sich wieder nur durch ein modernes Wohnungsfürsorgegesetz beheben. Auch tragen die mangelhafte Invalidenfürsorge und äußerst mißliche Arbeitslosenunterstützung erheblich zur Belastung der Gemeinden bei. Ebenso wäre es geboten, daß der Staat für die Erhaltung der Straßen und Wege, welche jetzt den Gemeinden obliegt und eine besonders große Auslage verursacht, aufkommt.

Eines der wichtigsten Kapitel für die Hebung der Gemeindefinanzen ist die Lösung der Kriegsanleihefrage, denn gerade dadurch sind viele Gemeinden behindert, eine ordnungsgemäße Bilanzierung ihres Haushaltes durchzuführen. Wir ersuchen deshalb den Herrn Innenminister, energisch dafür einzutreten, daß das sogenannte Teplitzer Übereinkommen endlich einmal zustandekommt, womit der Sanierung der Gemeindefinanzen einigermaßen näher gerückt wird. Ein großer Übelstand ist weiters die mangelhafte Überweisung der Zuschläge seitens vieler Steuerämter an die Gemeinden. Und ein großer Teil der Gemeinden und Bezirke strebt die Einhebung ihrer Zuschläge selbst an. Es sind zwar den Gemeinden durch das Gesetz vom 12. August 1921, Nr. 329 Slg., und die Durchführungsverordnung vom 22. Mai 1922, Nr. 143 Slg., Einnahmsmöglichkeiten geboten worden, jedoch ist eine der wichtigsten derselben, die Wertzuwachsabgabe, mit dem Gesetz vom 25. Juni 1926 wieder fast hinfällig geworden. Ebenso wird die Umsatzsteuerzuweisung für die Gemeinden durch Pauschalierung stets kleiner.

Ein besonderes Kapitel ist die Notlage der Sparkassen, die dadurch entstand, daß die Regierung bis heute von der Anwendung der § § 23 und 26 des Kriegsanleihegesetzes noch nicht Gebrauch gemacht hat. Wir ersuchen den Herrn Finanzminister, die Kriegsanleihefrage der Gemeinden wie der Sparkassen ehestens einer günstigen Lösung zuzuführen. Der Herr Finanzminister hat zwar in seinem Motivenbericht zum neuen Gemeindefinanzgesetz auf die Sparsamkeit der Gemeinden hingewiesen, was jedoch für den größten Teil der Gemeinden nicht in Frage kommen kann, sondern bestenfalls nur für einige wenige, deren Gemeindefunktionäre niemals unter die direkten Steuerzahler gehört haben oder nur jene betrifft, die mit Verwaltungskommissionen durch Jahre beglückt worden sind. Nur solchen Gemeinden kann man erhöhte Sparsamkeit anempfehlen, nur hier ist anzunehmen, daß sie den Gemeindehaushalt vielleicht nicht richtig geführt haben. Wir verlangen, daß die Behörden den Gemeinden und Bezirken größeres Vertrauen entgegenbringen als bisher und wieder ihre Amtstage so abhalten wie es im alten Österreich war, damit der Kontakt zwischen Behörde und Selbstverwaltung wieder hergestellt werde. Mit einer Sprachenverordnung, wie sie erflossen ist, wird nur das Gegenteil erzielt, weil dadurch ganz besonders den deutschen Gemeinden die Arbeit erschwert wird. Die Selbstverwaltungskörper sind die Träger der öffentlichen Ordnung im Staate und sollen auch als solche vom Staate gestützt und gefördert werden, nur dadurch wird die Republik sich zu einer demokratischen entfalten. Hand in Hand mit einander arbeiten - nur wenn man sich nicht fernhält von einander, nur wenn man den innigen Kontakt herbeiführt, nur dann wird die Republik zu einer demokratischen Republik werden, was sie sein soll. (Potlesk.)


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