Úterý 23. listopadu 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 51. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v úterý dne 23. listopadu 1926.

1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 487 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Zum erstenmale seit dem Bestande der èechoslovakischen Republik haben wir einen Staatsvoranschlag vor uns, der von einer èechisch-deutschen Regierungsmehrheit vertreten wird. Diese Regierung fordert auch von der deutschen Bevölkerung des Staates die Bewilligung des Voranschlages.

Eine solche Bewilligung bedeutet die größte Vertrauenskundgebung für die Regierung in einem parlamentarisch regierten Staate. Bevor ich auf den Staatsvoranschlag selbst eingehe, fühle ich mich verpflichtet, mich mit den geänderten Verhältnissen, die zur Bildung der èechisch-deutschen Regierung geführt haben, zu befassen.

Es wäre töricht, in dem Augenblicke, wo die bisherige èechisch-allnationale Koalition von einer èechisch-deutschen Regierungskoalition abgelöst wurde, anzunehmen, daß die Stellungnahme zu dieser neuen Regierung allein diktiert werden könnte vom Standpunkte kleinlicher Parteiforderungen. Der Weltkrieg mit all seinen furchtbaren Folgen hat gleich einer gewaltigen Naturerscheinung die Grundlagen des Zusammenlebens der Völker verändert. Alte historische Staaten, die noch vor wenigen Jahren in eherner Rüstung und überwältigender Festigkeit dastanden, brachen plötzlich zusammen, neue Staaten traten an ihre Stelle. Auf Grund der Forderung des heiligsten Naturrechtes der Völker, der "Selbstbestimmung" wurden kleine Völker zur Staatenbildung berufen und so das Antlitz Ost- und Südosteuropas verändert. Die Forderung nach dem Selbstbestimmungsrechte machten sich auch die èechischen Reichsratsabgeordneten zu eigen und in der am 6. Jänner 1918 nach Prag einberufenen Versammlung aller èechischen Parlamentarier wurde eine Deklaration beschlossen, der ich nur folgende Worte entnehmen will: "Von diesen Grundlagen geleitet, protestieren wir feierlich gegen jede Ablehnung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker bei den Friedensverhandlungen und fordern, daß im Sinne dieses Rechtes allen Völkern, sohin auch unserem Volke die Teilnehmung und die volle Freiheit, auf dem Friedenskongresse ihre Rechte zu verteidigen, zugestanden wird."

Diesen Forderungen entsprechend, verdankt auch die èechoslovakische Republik ihre Entstehung. Das èechische Volk, erst Mitte des vorigen Jahrhunderts zu neuer kultureller Entwicklung sich durchringend und dies unter Mithilfe deutscher Gelehrter, hat es verstanden, unter kluger politischer Führung stehend, die Massen u. zw. sowohl die Industriearbeiterschaft, als auch die Bauernschaft mit einem nationalen Stolze zu erfüllen, der mir immer schon die höchste Bewunderung abgerungen hat. Die politische Entwicklung während der Regierung Kaiser Franz Josef I. war dem Èechentum außerordentlich günstig. Mit dem Jahre 1848 begann das Ringen Österreichs und Preußens um die Vormachtstellung in Deutschland. Als im Jahre 1866 der Erfolg Preußen zufiel, waren die Habsburger bestrebt, in ihren Ländern ein Österreichertum heranzuzüchten und scheuten kein Mittel, dieses Ziel, das in erster Linie auf die Einschmelzung der Deutschösterreicher gerichtet war, dadurch zu erreichen, daß sie die slavischen Völker auf Kosten der Deutschen in jeder Richtung bevorzugten. Diese für die slavischen Völker, insbesonders für die Èechen und Polen vorteilhafte Lage und das dem slavischen Volkscharakter innewohnende Einfühlungsvermögen, gepaart mit politischer Klugheit, sich in diesen Zeitläuften nach außen- und obenhin als begeisterte und untertänige Österreicher zu gebärden, hat ihnen Erfolg über Erfolg eingebracht. Daneben verstanden es die Èechen außerdem, mit rastlosem Eifer unter der Devise "Svùj k svému" an der inneren Erstarkung ihres Volkstums und an dem Ausbau ihrer Volkswirtschaft zu arbeiten. Neben en höchsten persönlichen Erfolgen konnten so die Führer des Èechentums große wirtschaftliche und politische Erfolge für ihr Volk erzielen. Sie verstanden es aber auch in entsprechenden Augenblicken an dem Ausbau realpolitischer Grundlagen ihres Volkstums zu arbeiten und wenn es notwendig war, auch die geschlossene Volkskraft in die Wagschale zu werfen. Für ihr Tun und Handeln galten immer nur die ungeschriebenen Gsetze ihres Volkes, nie und nimmer aber die österreichischen Staatsgesetze. Dieser ihrer Politik verdanken sie auch das im Landtage Böhmens am 12. September 1871 zur Verlesung gebrachte kaiserliche Reskript, in welchem der Kaiser die Anerkennung der Rechte Böhmens mit seinem Krönungseide zu erneuern versprach. Es gelang den Èechen aber in weiterer Folge, nicht nur in Prag an sich die Macht zu reißen, sondern auch in den Wiener Zentralämtern verläßliche èechische Beamte unterzubringen. Vom Minister bis zum letzten Amtsdiener standen ihnen alle Posten frei. Sie haben diese Möglichkeiten gründlich ausgenützt.

Es wäre meines Erachtens grundfalsch, glauben zu wollen, daß diese Tätigkeit der Èechen in Österreich von den Deutschen im èechoslovakischen Staate kopiert werden könnte. Es ist ein Grundirrtum, die hier herrschenden Verhältnisse mit denen im alten. Österreich nur vergleichen zu wollen. Vor allem ist die Verteilung der Machtverhältnisse grundverschieden, denn über den miteinander ringenden Völkern im alten Österreich stand die Herrschergewalt des Monarchen, gestützt auf das Heer, auf das Beamtentum, peinlich bedacht auf die Sicherung der Hausmachtinteressen, die allen Monarchen heilig waren. Nur so war es auch denkbar, daß Kaiser Wilhelm, dem österreichischen Kaiser den Rat geben konnte, gegenüber der deutsch-österreichischen Bevölkerung mit Vorsicht zu Werke zu gehen. Für die Entwicklung der Völker im alten Österreich war also die Einstellung des Monarchen und die Konzentrierung einer so ungeheuren Macht in seinen Händen von ausschlaggebender Bedeutung. Daß der Kaiser seine ganze Macht gegen das nationalbewußte Deutschtum einsetzte, war und ist niemandem ein Geheimnis geblieben. Die größten Vorteile errangen für sich persönlich geschlechtslose Deutsche und die slavischen Völker, die es infolge ihrer Anpassungsfähigkeit verstanden haben, sich zum Großteile als treu ergebene Untertanen aufzuspielen, während sie in ihren Heimatsgebieten ein stolzes Nationalbewußtsein förderten und erzogen. Diese Feststellungen sollen keinen Vorwurf bilden, sondern sie sollen nur den Beweis dafür liefern, daß es die größte Irreführung der Weltöffentlichkeit gewesen ist, wenn die Èechen über Unterdrückung im alten österreichischen Kaiserstaate geklagt haben und daß es eine Verdrehung der Wahrheit ist, wenn heute noch Èechen auftreten und ihr brutales Vergewaltigungssystem gegen uns Sudetendeutsche damit zu verteidigen suchen, indem sie die alte Fabel auftischen, daß sie im alten Österreich von den Deutschen unterdrückt worden wären und ihr jetziges Verhalten nur die Revanche für unsere damalige Handlungsweise sei. Mit dieser Lüge muß endlich einmal aufgeräumt werden, denn nichts schadet der Entwicklung der Völker mehr, als ein solcher auf Grund unwahrer Behauptungen gepredigter Haß, der die Völker nur gegenseitig zerfleischt, ungeheuere Volkskräfte bindet und die gegenseitige friedliche Entwicklung, zum Schaden beider Völker, hemmt.

Die alte Kaisermacht ist im Jahre 1918 geborsten, die Untertanen wurden frei und das von unserem Führer Dr. Lodgman schon im alten Österreich geforderte Selbstbestimmungsrecht hätte den Völkern den Weg zu einer gesunden wirtschaftlichen und politischen Entwicklung bahnen können. Ich habe schon vorher darauf hingewiesen, daß am 6. Jänner 1918 die èechischen Parlamentarier das Selbstbestimmungsrecht der Völker forderten und es ist nur tief bedauerlich, daß sie dieser Forderung nicht treu geblieben sind, sondern im Siegestaumel, ohne je selbst einen Sieg errungen zu haben - es sei denn der Sieg vom 4. März 1919, wo die blindwütige èechische Soldateska wehrlose deutsche Männer, Frauen und Kinder niederknallte - plötzlich das heilige Recht der Selbstbestimmung mit Füßen traten und die Forderung aufstellten, daß ihrem Staat 3 1/2 Millionen Sudetendeutsche aus wirtschaftlichen und strategischen Gründen zugeteilt werden sollen. Bis zu jenem Tage hatte ich nur Bewunderung für das èechische Volk, von da ab aber - nehmen Sie es mir nicht übel - verachte ich jene Männer, die die heilige Fahne des Selbstbestimmungsrechtes in den Kot zerrten und unter Mißachtung dieses Rechtes gegen unseren feierlich verkündeten Willen, spekulierend auf die deutsch-feindliche Einstellung der Westmächte, uns in den èechischen Staat hineinpreßten. In den Pariser Machtfriedensdiktaten wurde diesen Wünschen Rechnung getragen, um den deutschen Volkskörper in Mitteleuropa zu schwächen, einen Teil der deutschen Volkskraft zu binden, um den befürchteten Wiederaufstieg des deutschen Volkes wenn möglich zu hemmen. Unser Schicksal sollte die Entnationalisierung sein, mit den modernen demokratischen Machtmitteln, mit den Machtmitteln der zentralistischen Staatsgewalt ging man ans Werk, um dieses Ziel zu erreichen. Unser aus tausend Wunden blutender Volkskörper ist das Ergebnis ihres so viel gepriesenen èechischen Humanismus, ist die Folge des blindwütigen Hasses, den Sie zur Grundlage ihrer Kampfmethoden gemacht haben. Ihre Losung war: Rasch handeln, bevor der Riese Deutschland die ihm in Paris angelegten Sklavenketten zerbricht, bevor Deutschlands Wiederaufstieg, den auch Sie kommen sahen, in Erscheinung tritt. Ihre politischen Führer rechneten mit einer 30- bis 40jährigen Frist. Das Schicksal hat es anders gewollt. Noch sind nicht 10 Jahre verflossen und Deutschlands Arbeitsgeist, Deutschlands Arbeitskraft hat es zustande gebracht, sich die Achtung der Welt wieder zu erringen. Deutschlands größter Gegner Frankreich konnte nicht umhin, dieser Tatsache Rechnung zu tragen und wir sehen, daß nach Locarno und Thoiry sich langsam aber sicher die Verhältnisse zu Gunsten Deutschlands zu bessern beginnen. Sie haben es seit der Gründung des Èechenstaates nur verstanden, sich auf Kosten der unterdrückten Nationen zu bereichern, Zehntausende deutsche Arbeitnehmer von ihren Arbeitsplätzen zu verdrängen, die èechische Wirtschaft auf Kosten der deutschen zu stärken, aber gleichzeitig durch eine unsinnige Außen- und Handelspolitik eine innere Wirtschaftskrise heraufzubeschwören, die sich gegen Sie selbst auszuwirken beginnt. Das Anwachsen der kommunistischen Partei ist nur eine Folge dieser Entwicklung. Sie haben Haß dort gesät, wo nur viel Liebe und größtes Entgegenkommen vielleicht Ihren Staat in der kommenden Zeit hätte sichern können. Was keiner Ihrer politischen Führer vor 5 Jahren sich hätte träumen lassen, ist zur Tatsache geworden. Sie sahen sich gezwungen, an deutsche Parteien zu appellieren für Ihre Staatsnotwendigkeiten einzutreten, Sie sahen sich gezwungen, deutsche Parteien zur Mitarbeit an der Regierung heranzuziehen. Ich weiß, Sie handelten nicht aus der inneren Überzeugung heraus, um endlich den Sudetendeutschen die ihnen in den Staatsgrundgesetzen verheißene Gleichberechtigung auf nationalen, wirtschaftlichen und kulturellen Gebieten zu teil werden zu lassen, nicht mit der Absicht, das furchtbare Elend tausender deutscher Familien zu lindern, die tiefen Wunden zu heilen, die Sie unserem Volkstum geschlagen haben, sondern nur notgedrungen, um die Regierungsgeschäfte über die schwere Zeit dieser Wirtschaftskrise ohne Erschütterungen fortführen zu können. Die Deutschen traten in die Regierung nicht als Gleichberechtigte ein, sondern als Lückenbüßer für die èechischen sozialistischen Parteien, denen es so ermöglicht werden sollte, dem kommunistischen Ansturme als halb-oppositionelle Parteien besser entgegenwirken zu können.

Wir Sudetendeutsche sind in das èechoslovakische Parlament im Jahre 1920 unter Abgabe der staatsrechtlichen Erklärung eingetreten und wir werden an dieser Erklärung festhalten, solange uns das Schicksal zwingt, in diesem Staate zu leben. Genau so wie Sie an Ihrer seinerzeitigen staatsrechtlichen Erklärung im österreichischen Reichsrate festhielten, werden auch wir es tun. Für uns ist maßgebend, was die sudetendeutschen Reichsratsabgeordneten am 22. Oktober 1918 als bevollmächtigte Vertreter unserer Heimatsgebiete bei der Bildung des Nationalstaates Deutschösterreich beschlossen haben: Die Einbeziehung der deutschen Sudetenländer in die Republik Deutschösterreich. Und weiters bleibt für uns maßgebend der Staatsakt der Republik Deutschösterreich vom 12. November 1918, laut welchem Deutschösterreich als ein Teil des Deutschen Reiches erklärt wurde. Alle diese Beschlüsse sind nach wie vor für uns bindend, wir wurden bisher an ihrer Durchführung nur durch die Gewalt der Pariser Friedensdiktatoren gehindert.

Ich habe es für notwendig gehalten, diese Feststellungen gerade im jetzigen Zeitpunkte zu machen, in welchem zwei deutsche Minister dem Zwang der Verhältnisse folgend, auf der Regierungsbank Platz genommen haben.

Seit Zusammentritt der Nationalitätenversammlung im Mai des Jahres 1920 wurden uns 6 Staatsvoranschläge von èechisch-nationalen Regierungen vorgelegt. Die Vertreter aller deutschen Parteien hatten bisher immer gemeinsam gegen die brutale Vernachlässigung der berechtigten deutschen Forderungen in den Staatsvoranschlägen Stellung genommen und das Vergewaltigungs- und Èechisierungssystem vor aller Welt angeklagt.

Noch am 18. November 1924 war es der Führer des Bundes der Landwirte Abgeordneter Køepek, welcher im Namen seiner Partei, der deutschen christlichsozialen Volkspartei und der deutschen Gewerbepartei die schärfste Kritik am Staatsvoranschlage übte, nicht nur wegen der vollständigen Vernachlässigung der deutschen Lebensinteressen, sondern besonders auch wegen der unwürdigen Verhandlungsart. Er führte aus, daß die Behandlung der Opposition bei den Verhandlungen über den Staatsvoranschlag jeder Demokratie Hohn spreche und kritisierte besonders scharf die Tatsache, daß seitens des Berichterstatters von vornherein erklärt wurde, daß jede Änderung des Voranschlages, und und zwar auch die kleinste Änderung während der Beratungen ausgeschlossen sei. Køepek sagte wörtlich: "Diese Mißachtung des Parlamentarismus und der Opposition im besonderen ist nur die Krönung eines Systems, das in Verkennung des Mehrheitsprinzips die Minderheit innerhalb und außerhalb des Parlamentes lediglich als Objekt der Politik betrachtet. In der Durchführung dieses Systems wetteifern Gesetzgebung und Verwaltung auf allen Gebieten, um die Minderheit zu Gunsten der Mehrheit zu entrechten. Der deutsche Beamte und Angestellte wird unter fadenscheinigen Vorwänden mit offener Brutalität seines Arbeitsplatzes beraubt. Das èechische Schulbedürfnis wird durch ungerechtfertigte Schließung deutscher Schulen befriedigt, der den deutschen Anwärtern vorenthaltene deutsche Boden wird Èechisierungszwecken überantwortet, deutschen Landwirten wird der Heimatboden genommen". Er schloß seine Ausführungen mit einer scharfen Verwahrung gegen dieses unerhörte Vorgehen und erklärte, daß die von ihm vertretenen Parteien jede weitere Teilnahme an der Beratung daher ablehnen.

Heute sehen wir ein geändertes Bild vor uns. Heute sehen wir die Vertreter jener Parteien, die damals durch den Mund des Abgeordneten Køepek gegen die unwürdige, jedem Parlamentarismus hohnsprechende Art und Weise, wie über den Staatsvoranschlag verhandelt wird, scharfen Protest erhoben haben, als ein Glied der Regierungsmehrheit vor uns. Zwei ihrer führenden Männer haben auf der Ministerbank Platz genommen und sie tragen daher die volle Verantwortung für die jetzigen Methoden der Verhandlung über den Staatsvoranschlag. Ich glaube mich eines Sinnes mit der ganzen deutschen Bevölkerung, wenn ich hier feststelle, daß die Zusammenstellung des Staatsvoranschlages für das Jahr 1927 auf derselben deutschfeindlichen Grundlage erfolgt ist, wie in den vergangenen Jahren, daß die berechtigten deutschen Interessen ebenfalls vollständig unberücksichtigt geblieben sind und mit Bedauern müssen wir feststellen, daß sich die vorbezeichneten deutschen Regierungsparteien entschlossen haben, diesen Voranschlag mit ihren Namen zu decken. Man hat von dieser Seite versucht, darauf hinzuweisen, daß es am Tage des Regierungseintrittes, also am 12. Oktober, nicht mehr möglich gewesen sei, eine Änderung des bereits im Druck vorgelegten Staatsvoranschlages noch vor Beginn der Beratungen im Staatshaushaltungsausschuß herbeizuführen.

Hiezu sei mir vor allem gestattet, zu bemerken, daß die deutschen Regierungsparteien sich schon Monate vorher, unter dem Beamtenkabinett Èerný entschlossen hatten, und zwar anläßlich der Beratungen des Agrarschutzzollgesetzes und des Kongruagesetzes, mit den heutigen èechischen Regierungsparteien eine Regierungsmehrheit zu bilden, zweifelhaft war nur, ob sie sich an der Regierungsbildung auch durch Stellung von parlamentarischen Ministern beteiligen werden. Für jeden Realpolitiker ist es klar, daß unter diesen Umständen die Führer der deutschen Regierungsparteien verpflichtet gewesen wären, die erstrebte Teilnahme an der Macht, die ihre Krönung in der Entsendung deutscher Minister finden sollte, vor allem dadurch zum Ausdrucke zu bringen, indem sie auf die Ausarbeitung des Staatsvoranschlages entsprechenden Einfluß zu nehmen suchen. Es widerspricht den einfachsten Gesetzen der Logik, von der Notwendigkeit der Teilnahme an der Macht im Staate zu sprechen, auf ihre Erringung hinzuarbeiten und dann, ohne sich auf realpolitische Grundlagen stützen zu können, den entscheidenden und verantwortungsvollen Schritt zu tun, deutsche Minister in die Regierung zu entsenden.

Meines Erachtens geht es nicht an, heute den deutschfeindlichen Aufbau des ganzen Staatsvoranschlages mit der Ausrede verteidigen zu wollen, man hätte diesen Voranschlag am 12. Oktober 1926 bereits auf der Regierungsbank vorgefunden und müsse sich nun mit ihm abfinden. Denn hat man es auch schon unterlassen, während der monatelangen Vorbereitungszeit, die dem Eintritt in die Regierung voranging, also in einer Zeit, in welcher die deutschen Regierungsparteien wiederholt das Kabinett Èerný mit ihren Stimmen gestützt und gehalten haben, auf die Aufstellung des Staatsvoranschlages Einfluß zu nehmen, so war es meines Erachtens Pflicht dieser Parteien gewesen, bei der Beratung im Staatshaushaltungsausschusse jenen Abänderungsanträgen zur Annahme zu verhelfen, die die Gleichberechtigung des sudetendeutschen Volkes wenigstens auf wirtschaftlichem Gebiete einigermaßen gewährleistet hätten. Statt dessen mußten wir es aber erleben, daß schon der Generalberichterstatter Dr Hnídek in seinem einleitenden Berichte feststellte, daß die neue Regierungsmehrheit erwarte, daß bei den Beratungen des Voranschlages der Ausschuß seiner bewährten Tradition treu bleiben werde und zwar in der Erkenntnis, daß der Voranschlag nicht der Mehrheit, sondern dem Staate und dem Vaterland bewilligt werde. Diese Worte, in verständliches Deutsch übersetzt heißen: Die èechisch-deutsche Regierungsmehrheit setzt es als selbstverständlich voraus, daß im Laufe der Beratungen im Haushaltungsausschusse keine Änderungen, auch nicht geringfügigster Art, vorgenommen werden und daß die Mehrheit gewillt ist, jeden, auch noch so berechtigten Abänderungsantrag niederzustimmen.

Ich habe vorhin auf die Ausführungen des Führers der heutigen deutschen Regierungsparteien, Abgeordneten Køepek bei Beratung des Staatsvoranschlages für das Jahr 1925 hingewiesen, welcher diese brutale Niederknüppelungsmethoden damals schärfstens gebrandmarkt hat, und jede Beteiligung an dieser Budgetkomödie, bei welcher die oppositionellen Abgeordneten nur zu Abstimmungsstatisten herabgewürdigt werden, ablehnte. Nun, heuer haben wir erlebt, daß die gleichen deutschen Parteien als ein Teil der Regierungsmehrheit diese Methoden nicht nur gutheißen, sondern auch selbst mit Hand angelegt haben, die Opposition an jeder sachlichen Mitarbeit zu hindern. Und nicht genug daran, sich herabwürdigten, zu dulden, daß ihre eigene Mitarbeit von den èechischen Koalitionsparteien verhindert wird, indem man ihre Minister und Berichterstatter zwang, ihre deutsche Muttersprache verleugnend, sich einer Sprache zu bedienen, die sie selbst kaum verstehen. Hatten wir also die ganzen Jahre hindurch eine Budgetkomödie, so wurden die diesjährigen Beratungen zu einer Budgettragödie für das sudetendeutsche Volk. Denn nicht nur sich der deutschen Sprache zu bedienen hat man diesen Teilhabern an der Macht im Staate verboten, sondern man hat sie auch gezwungen, alle jene deutschen Abänderungsanträge, deren Annahme halbwegs eine Gleichberechtigung des deutschen Volkes auf wirtschaftlichem Gebiete sicherzustellen in der Lage gewesen wäre, niederzustimmen. Die Öffentlichkeit hat erwartet, daß die deutschen Regierungsparteien ihre Macht in der Regierung einsetzen werden, um das von der èechisch-nationalen Regierung Èerný hergestellte Elaborat des Staatsvoranschlages im Wege der Verhandlungen im Budgetausschuß wenigstens zum Zwecke der Herstellung der wirtschaftlichen Gleichberechtigung der Deutschen abzuändern. Diese Selbstverständlichkeit ist nicht eingetreten. Genau so vorbehaltlos, wie sie ihren Eintritt in die Regierung vollzogen haben, ohne Sicherung selbst der von ihnen noch am 18. Dezember 1925 aufgestellten Mindestforderungen für eine aktive Mitarbeit im Staate, genau so vorbehaltlos haben sie sich auch währen der Beratungen im Staatshaushaltungsausschusse dem Diktate der èechischen Regierungsparteien unterworfen und alle deutschen Forderungen niedergestimmt.

Dieses Schicksal wurde allen deutschen Abänderungsanträgen zuteil, ohne Unterschied, ob sie die Forderung nach Einführung der vollständigen deutschen Schulautonomie, Erhöhung der Posten für die Parlamentsdrucke und Beistellung von Dolmetschen, um durch die Auflegung deutscher Drucke eine sachliche parlamentarische Arbeit der deutschen Abgeordneten zu ermöglichen, betrafen, oder ob sie bezweckten, die bisher geübte schwere Benachteiligung der deutschen Wirtschaft auf allen Gebieten staatlich en Einflusses hinanzuhalten und eine gerechte Berücksichtigung der deutschen Beamtenschaft auf Grund des Bevölkerungsschlüssels sicherzustellen.

Man hat versucht, dieses Vorgehen als eine kluge Taktik hinzustellen, doch ist es jedem Einsichtigen klar, daß die Ziffern des Staatsvoranschlages und die Bestimmung ihrer Verwendung zu vorwiegend èechischen Zwecken im Laufe des Jahres 1927 eine gerechte Berücksichtigung der deutschen Ansprüche unmöglich machen, besonders wenn man sich den Artikel VII des Finanzgesetzes vor Augen hält, in welchem festgesetzt wird, daß die bewilligten Beträge des Staatsvoranschlages nur zu den in den betreffenden Kapiteln, Titeln, Paragraphen und Unterabteilungen angeführten Zwecken, und zwar gesondert nach ordentlichen und außerordentlichen, persönlichen und sachlichen Erfordernissen verwendet werden dürfen. Damit ist also eine spätere Verschiebung überhaupt ausgeschlossen und es ist eine bewußte Irreführung, wenn jemand das Gegenteil behauptet. Da ich bereits in meinen Reden im Haushaltungsausschusse bei Besprechung der einzelnen Kapitel des Staatsvoranschlages die schwere Benachteiligung des sudetendeutschen Volkes auf allen Gebieten und zwar zahlenmäßig belegt und nachgewiesen habe, will ich heute nur in großen Zügen auf den Voranschlag in seiner Gesamtheit zurückkommen.

Er sieht bekanntlich Ausgaben im Betrage von 9.703,505.151 Kè und Einnahmen im Betrage von 9.723,914.485 Kè vor, also rund einen Mehrertrag von 20 Millionen, wobei nicht vergessen werden darf, daß der Herr Finanzminister in seinem Bericht ausdrücklich erklärt hat, daß ohne Reform des Kriegsbeschädigtengesetzes der Voranschlag nicht aktiv bleiben könnte, was doch nichts anderes bedeuten kann, als daß das Kriegsbeschädigtengesetz in der Richtung abgeändert werden wird, daß diesen ärmsten Teufeln ihre bisherigen Bezüge noch beschnitten werden. Finanzminister Dr. Engliš ist unbestritten einer der ersten èechischen Fachleute auf seinem Gebiete, was aber durchaus nicht besagen soll, daß wir Sudetendeutschen seiner Tätigkeit als Finanzminister auch nur das geringste Lob spenden könnten. Denn sein ganzes Sinnen und Trachten ist ebenfalls auf den Ausbau des èechischen Nationalstaates gerichtet und seine ganze Tätigkeit diesem Ziel gewidmet. Er hat dem heurigen Voranschlage einen neuen Aufbau gegeben und hofft durch diese Konstruktion, in Zukunft Überschreitungen unmöglich zu machen und die èechische Finanzwirtschaft in geordnete Bahnen zu lenken. Nun ist es Niemandem ein Gehemnis, daß dieses Ziel nur erreicht werden kann, durch Ersparungen, die für die betroffenen Kreise selbstverständlich die schwersten Nachteile mit sich bringen müssen. Der leitende Grundsatz, dem auch er gerne sich unterwirft, bleibt nach wie vor: Förderung der èechischen Wirtschaft, der èechischen Kultur, daher schwere Benachteiligung der deutschen Wirtschaft, der deutschen Kultur. Bei jenen großen Posten des Voranschlages, wo wirklich Hunderte Millionen erspart werden könnten, wird bewußt nicht gespart, da man nicht bereit ist, die Großmachtallüren aufzugeben. So verschlingen die diplomatischen und Verteidigungsauslagen dieses Staates über 1/5 der gesamten Staatsausgaben, ein zweites Fünftel die Verzinsung und Amortisation der bisher bekannt gewordenen Staatsschulden, welch letztere zur Zeit mit 35 Milliarden beziffert werden, wobei wiederum nicht vergessen werden darf, daß der Außenminister Dr. Beneš selbst die Reparationsschulden, die der Èechoslovakei noch in Vorschreibung gebracht werden, mit rund 30 Milliarden angenommen hat. Aus diesen Feststellungen allein kann man erkennen, welch ungeheure Belastung auf der gesamten Wirtschaft ruht und welche Beträge in Zukunft aus den Steuerträgern herausgepreßt werden sollen.


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