Aber wir sehen, daß auch auf dem Gebiete
der nationalen Politik die Reaktion schärfer ist, als sie
vorher war, seit die Deutsch en den sogenannten Anteil an der
Macht in diesem Staate haben. Es ist ganz überflüssig
und es heißt, die Wahrheit nicht voll zu bekennen, wenn
hier davon gesprochen wird, daß die Deutschbürgerlichen
in die Regierungsmehrheit eingetreten sind, ohne Zugeständnisse
in Bezug auf die Milderung der nationalen Untedrückung zu
verlangen. Im Gegenteil! Ich erinnere hier an den Artikel der
"Deutschen Presse" anläßlich des Eintritts
der Deutschbürgerlichen in die Mehrheit, wo das Blatt ausführte:
Es ist unsinnig, nationale Zugeständnisse zu verlangen, wir
gehen vielmehr ohne Bedingungen und ohne Zugeständnisse in
die Regierung, weil die Zugeständnisse erst am Ende unserer
Regierungspolitik stehen können. Aber ganz abgesehen davon
ist doch die Wirkung die, daß die Deutschen in der Regierung
in Wirklichkeit das Symbol der Reaktion auch auf dem Gebiete der
nationalen Politik sind. Ich will da nur auf zwei Umstände
hinweisen. Die eine Tatsache hat sich in der Frühjahrssession
dieses Hauses offenbart, als die Deutschen vorläufig nur
in der Regierungsmehrheit sassen. Sie wissen, daß dies kurz
nach der Erlassung der Sprachenverordnungen geschah, kurz nach
dieser Provokation der nationalen Minderheiten in diesem Staate,
kurz nach einer Tat der Regierung, durch welche der Geßlerhut
der Staatssprache, der Staatsnation, der privilegierten Nation
und Sprache in diesem Staate aufgerichtet worden war. Damals taten
die Deutschen nach außenhin so, wie wenn sie gegen Vergewaltigung
protestierten. Aber was haben sie praktisch getan? In dieser Frühjahrssession
hat unsere Partei eine dringliche Interpellation in der Frage
der Anwendung der Sprachenverordnungen in Karpathorußland
eingebracht, wo die Regierung die Sprachenverordnungen in einer
Weise durchführt, die den ausdrücklichen Bestimmungen
der Verfassung und des Friedens von St.-Germain direkt widerspricht.
da ja bekanntlich die Autonomie Karpathorußlands sowohl
durch die Verfassung, wie durch die Friedensverträge zugesichert
ist, während die Durchführungsverordnung zu dem Sprachengesetz
dieser Garantie direkt ins Gesicht schlägt. Unsere Partei
hat damals eine dringliche Interpellation eingebracht, in der
darauf hingewiesen wurde, daß die Regierung nicht einmal
die eigene Verfassung und die von ihr unterzeichneten Friedensverträge
einhält, daß sie vielmehr das alles mit Füßen
tritt, um die nationale Unterdrückung durchzuführen.
Wir haben uns damals ausdrücklich an sämtliche deutsche
Parteien gewendet, haben sie auf diese dringliche Interpellation
aufmerksam gemacht und ihnen dargelegt, daß sie hier in
dieser Sache mit uns stimmen müßten, daß es ihre
Pflicht sei, gegen die Regierung zu stimmen, die das bißchen
nationale Autonomie, das sie zugesichert hat, und zwar durch die
Unterschrift der Begründer dieses Staates, mit Füßen
tritt. Wir haben sie aufmerksam gemacht, daß dies eine gemeinsame
Sache aller unterdrückten Minderheiten sein müßte.
Was aber haben wir gesehen? Die deutschen Parteien haben gegen
die Dringlichkeit unserer Interpellation gestimmt und damit haben
die deutschen Regierungsparteien, noch bevor sie in die Regierung
selbst eintraten, ihre Stimme für die Sprachenverordnung
und gegen die nationale Autonomie abgegeben. Und es ist daher
direkt eine Beschönigung, ihnen nur vorzuwerfen, daß
sie keine Zugeständnisse erhalten haben. Aber wir haben ja
ein zweites Faktum. Wir haben einen deutschen Justizminister
und was ist in den letzten Tagen geschehen? Sowohl im ruthenischen
Organ unserer Partei für Karpathorußland, in der "Pravda"
in Užhorod, als auch im "Rudé Právo"
wurden Artikel nur aus dem Grunde konfisziert, weil in diesen
Artikeln die Mehrheit der dortigen Bevölkerung
in ihrer Nationalität "Ukrainer" genannt wurde.
Die arbeitende Bevölkerung in Karpathorußland ist der
Ansicht, daß sie zur ukrainischen Nationalität gehört.
Aber die bloße Feststellung, die bloße Anwendung der
Bezeichnung Ukrainer hat genügt, daß diese Artikel
konfisziert wurden, unter einem deutschen Justizminister. Wir
sehen also: das Selbstbestimmungsrecht wird soweit mit Füßen
getreten, daß man sogar den Nationalitäten vorschreibt,
wie sie sich nennen dürfen, und daß sogar unter einem
deutschen Justizminister der Staatsanwalt den nationalen Minderheiten
das Recht nimmt, sich national so zu bezeichnen, wie sie wollen.
Das sind deutliche Beweise auch dafür, daß in diesem
Punkte nicht nur von einem deutschen Justizminister und den deutschen
Regierungsparteien nichts zu erwarten ist, sondern daß im
Gegenteil ihre Ministerschaft, ihre Anwesenheit in der Regierung
und in der Regierungsmehrheit eine Verschärfung des Systems
der nationalen Unterdrückung bedeutet. Sie pfeifen nicht
nur auf das nationale Selbstbestimmungsrecht, sondern die deutsche
Bourgeoisie, die deutschen Agrarier pfeifen auch auf die nationale
Autonomie, wenn es sich um ihr Klasseninteresse handelt. Wir haben
aber noch einen weiteren, viel triftigeren Beweis und das ist
nicht nur eine Episode, nicht nur eine Interpellation, nicht nur
eine Konfiskation, sondern ein Beweis, daß gerade mit der
Einsetzung der deutsch-èechischen Regierung in diesem Staate
ein schärferer Kurs gegen das Prinzip und gegen den Gedanken
der Autonomie beginnt. Das sind die Bestimmungen
des Steuerreformentwurfes der Regierung über die Selbstverwaltung.
Diese Bestimmungen, über die noch sehr viel zu reden sein
wird, auch an dieser Stelle, werden unterstrichen durch jene Ausführungen
des Finanzministers, die er in seinem Exposé der Selbstverwaltung
widmete. Dieser Teil des Regierungsentwurfes über die Steuerreform
bedeutet nichts anderes, als daß diese Regierung, in der
jetzt auch Deutschbürgerliche sitzen, das System der Reaktion
in der Verwaltung weiter ausbilden will. Da muß festgestellt
werden, daß auch hier das, was diese Regierung unternimmt,
nichts anderes ist als die Fortsetzung der reaktionären Politik
der allnationalen Regierungskoalition in der Frage der Selbstverwaltung.
Das ist nichts anderes als die Konsequenz des Gesetzes über
die Gauverfassung, das im Jahre 1920 von der sog. revolutionären
Nationalversammlung angenommen und vorläufig nur in der Slovakei
durchgeführt worden ist und das nichts anderes bedeutet als
das Verschwinden der Selbstverwaltung und die Übergabe aller
öffentlichen Verwaltung in die Hände der staatlichen
Bürokratie. Aber die jetzige Steuervorlage bedeutet nichts
anderes, als daß jetzt auch die Gemeindeautonomie kassiert,
daß auch hier die Allmacht der staatlichen Bürokratie
aufgerichtet werden soll. Denn vor allem bedeutet diese Vorlage
das Ende des Budgetrechtes der Gemeinden, bedeutet, daß
die Gemeinde ihre Machtvollkomenheit in Bezug auf Aufstellung
ihres Budgets vollständig verliert und daß sie in diesem
Punkte nicht nur unter die Kontrolle, sondern direkt unter die
Vormundschaft und das Kommando der staatlichen Bürokratie
kommt, sodaß nach Verwirklichung dieses Gesetzes - ganz
abgesehen von der furchtbaren Einschränkung der Einnahmen
der Gemeinden, durch die die Wirksamkeit der Gemeinde selbstverständlich
auch wesentlich beeinträchtigt wird - die Gemeindeverwaltung
und ihre Organe nichts anderes sein werden als Organe der staatlichen
Bürokratie und nicht mehr die gewählten Organe der Bevölkerung.
Diese Feindseligkeit gegen den Gedanken der Selbstverwaltung sollte
gerade die deutsche Bourgeoisie vom nationalen Gesichtspunkt ein
wenig aufmerksam machen.
Nach außenhin freilich da tun Sie, besonders
während Gemeindewahlen, so wie wenn sie Freunde der Selbstverwaltung
wären. Ich habe ein Flugblatt der deutschen, christlichsozialen
Partei zu den Gemeindewahlen in Schreckenstein, die Sonntag stattfanden,
und da lesen wir in diesem Flugblatt: "Wir fordern deshalb
die volle Selbstverwaltung der Gemeinde und die Abschaffung aller
die Selbstverwaltung beschränkenden Gesetze und Verordnungen,
die freie Vermögensverwaltung der Gemeinde, das Recht zur.
eigenen Einhebung einer allgemeinen abgestuften Gemeindesteuer
u. s. w." Wir sehen also, wenn es sich darum handelt, die
Wähler zu betrügen, da gerieren sich die deutschen Christlichsozialen
als Anhänger der freien, unbedingten Selbstverwaltung, sie
wollen die Beseitigung der Gesetze, die die Selbstverwaltung einschränken,
sie wollen die freie Vermögensverwaltung der Gemeinde. Aber
die Regierung, in der diese Partei sitzt, bereitet ein Gesetz
vor, daß das Ende aller Selbstverwaltung der Gemeinde bedeutet.
Das ist nur ein Beweis für die absolute Verlogenheit der
Politik der deutschen christlichsoziale Partei. Aber wenn wir
diese Frage vom nationalen Gesichtspunk beurteilen wollten,
dann sollten sich die deutschbürgerlichen Parteien und Politiker
den Leitartikel in den "Národní Listy"
vom 14. Oktober einmal durchlesen, den Leitartikel aus der Feder
des Dr. Pilaø mit der Überschrift "Steuerreform
und Selbstverwaltung". In diesem Artikel schreibt Dr. Pilaø:
"Die Steuervorlagge, soweit sie die Gemeindefinanzen betrifft,
enthält schwere Eingriffe in die Machtvollkommenheit der
Selbstverwaltungskörper, die in den Zeiten des alten Österreich
den schärfsten Widerspruch nicht
nur aller Faktoren der Selbstverwaltung, sondern aller èechischen
Politiker überhaupt hervorgerufen hätten, denn die territoriale
Selbstverwaltung war eine Einrichtung, an der keine österreichische
Regierung ohne Befürchtungen rühren
durfte. Und dieser Widerstand gegen jedweden Eingriff der Staatsverwaltung
war voll begründet. Die Selbstverwaltung war für uns
nicht nur eine Schule der politischen und verwaltungstechnischen
Erziehung, ein Feld, auf dem wir uns frei bewegen und unsere gemeinsamen
Erfordernisse besorgen konnten, die Selbstverwaltung war für
uns auch eine Position in der Abwehr und im Kampfe gegen den Staat,
dessen Regierung uns politisch, national und kulturell sozusagen
planmäßig niederhielt und uns wirtschaftlich aussog.
Die nationalpolitischen Rücksichten in Bezug auf die Unantastbarkeit
der Selbstverwaltung bestehen jetzt, wo wir unsern eigenen Staat
und das entscheidende Wort in der Regierung haben, nicht mehr"
- das hat uns Dr. Viškovský vorhin auch schon
auseinandergesetzt "im Gegenteil, gerade nationale und staatspolitische
Gründe können es erfordern, daß der Staat in die
Verwaltung und die Wirtschaft der Selbstverwaltungskörper
einen Einblick habe und ihnen gegenüber eine wirksame Kontrolle
ausübe, denn unsere nationalen Minderheiten haben sich bisher
noch nicht vollständig auf den Boden unseres Staates gestellt.
Heute hat sich aber auch schon die Überzeugung von der Richtigkeit
der Lehre durchgesetzt, daß die Gemeinden und die anderen
Selbstverwaltungskörper das Recht und den Inhalt ihres Lebens
vom Staate empfangen". Aus diesen Sätzen - ich möchte
den Schlußsatz zuerst hernehmen - geht wieder hervor, wie
sich die Bourgeoisie der Reaktion vollständig in die Arme
geworfen hat. Wir erinnern uns, daß einmal das alte Österreich,
dieser absolutistische, reaktionäre, feudale Staat, ein Reichsgemeindegesetz
herausgegeben hat, an dessen Spitze der Satz stand: "Die
freie Gemeinde ist die Grundlage des Staates." Zu diesem
Satze, zu dem sich nach der Revolution das alte Österreich
aufgeschwungen hat, kann sich die èechische Bourgeoisie
nicht mehr aufschwingen, ihre ganzen Handlungen und ihre Gesetzgebung
zeigen deutlich, daß sie heute nicht mehr imstande ist,
in Fragen der öffentlichen Verwaltung auch nur so demokratisch
zu sein, wenn das Wort noch gestattet ist, wie das alte Österreich.
Das ist erklärlich, aus sozialen und nationalen Gründen.
Aus sozialen Gründen, weil das Regime des Kapitalismus und
der Bourgeoisie die Demokratie nicht mehr verträgt, weil
Kapitalismus und Bourgeoisie de facto gezwungen sind, die
Demokratie abzubauen, um die Herrschaft über die arbeitenden
Klassen aufrechtzuerhalten. Die èechische Bourgeoisie kann
sich aus sozialen Gründen nicht einmal mehr den Luxus der
Demokratie in der Verwaltung leisten, den sich
das alte Österreich leisten konnte.
Aber vom nationalen Gesichtspunkte aus verrät
dieser Artikel des nationaldemokratischen Organs ganz deutlich,
daß dieses Gesetz, diese Vernichtung der Gemeindeautonomie,
den Zweck hat, das Regime der nationalen Unterdrückung aufrechtzuerhalten,
ja zu verschärfen. So sehen wir, daß in der Zeit kurz
nach dem Eintritt deutscher Minister in die Regierung nicht nur
keine Zugeständnisse in Bezug auf die nationale Autonomie,
die nationale Selbstverwaltung gemacht werden, sondern daß
der Eintritt deutscher Minister in die Regierung auch das Signal
zu einer vollständigen Beseitigung der Selbstverwaltung,
zur Etablierung eines Regimes der schärfsten demokratischen,
staatlich-zentralistischen Reaktion in der öffentlichen Verwaltung
ist. Es handelt sich eben der deutschen Bourgeoisie - das geht
daraus deutlich hervor - gar nicht darum, auch nur die geringste
Lockerung, die geringste Erleichterung des nationalen Druckes
zu erzielen, sondern darum, ihr gleiches Interesse an der Stabilisierung
der kapitalistischen Wirtschaft, an einer Verschlechterung der
Lage der arbeitenden Klassen zum Ausdruck zu bringen. Es handelt
sich um die Rettung des Kapitalismus und nicht um die Rettung
des deutschen Volkes, auch nicht um eine nationale Verständigung.
Die Bourgeoisie ist selbstverständlich unfähig - die
ganze Geschichte beweist es - das nationale Problem zu lösen,
die nationale Unterdrückung zu beseitigen. Daß sie
aber sehr gut fähig ist, sich selbst international zu verständigen,
das beweist auch die èechische und deutsche Bourgeoisie
durch die Bildung dieser Regierung.
In diesem Punkte ist die Regierungserklärung
des Herrn Švehla sehr aufrichtig, wenn man sie richtig
liest. Wenn man anstatt "Verständigung der Völker",
"Verständigung der Bourgeoisie" liest, dann
sagt uns diese Regierungserklärung die volle Wahrheit. Die
deutsche und èechische Bourgeoisie befolgen diese Politik
in demselben Tempo und in demselben Maße und aus denselben
Gründen, aus welchen die internationale Bourgeoisie
im europäischen Maßstabe die Politik der sogenannten
Völker-Verständigung und -Versöhnung verfolgt,
die nichts anderes ist, als die Politik der Verständigung
der internationalen Bourgeoisie zum Zwecke der Niederhaltung der
arbeitenden Klassen. Das Ziel dieser Bestrebungen ist, die Diktatur
des Kapitalismus vollständig aufzurichten und zu diesem Zwecke
die Kräfte der Bourgeoisie aller Nationen in diesem Staate
und auch im internationalen Maßstabe zusammenzufassen.
Unsere Aufgabe muß sein, dafür zu
sorgen, daß die arbeitenden Klassen das Wesen der bürgerlichen
Politik auch wirklich klar erkennen, unsere Aufgabe muß
sein, dafür zu sorgen, daß sich die arbeitenden Klassen
über die Politik der internationalen Verständigung der
Bourgeoisie keine Illusionen machen, weder im europäischen,
noch im èechoslovakischen Maßstabe. Darum ist es
notwendig, die Illusionen zu beseitigen, die leider auch von verschiedenen
Arbeiterparteien über die internationale Verständigung
der Bourgeoisie im europäischen Maßstabe, über
den Völkerbund, über Locarno
usw. verbreitet werden. Erst wenn wir diese Illusionen zerstören
werden, werden wir erreichen, daß die Arbeiterklasse das
ganze Wesen dieser internationalen Verständigungen der Bourgeoisie
auch bei uns in der Èechoslovakei klar erkennt.
Dann ist aber auch notwendig, daß die Arbeiterklasse nicht
nur das Wesen der internationalen Verständigung der Bourgeoisie
erkennt, wie im europäischen Maßstab, so auch im Maßstabe
der Èechoslovakei, wie sie in der Regierungserklärung
zum Ausdruck kommt, sondern daß die Arbeiterklasse
und die Parteien der Arbeiterklasse auch alle Brücken zur
Bourgeoisie abbrechen, daß sie es aufgeben, die Illusionen
über das Wesen der internationalen Verständigung der
Bourgeoisie zu verbreiten, aber auch aufgeben, der internationalen
Bourgeoisie bei der Verständigungsaktion gegen das Proletariat
Mithilfe zu leisten, wie es von Vertretern von Arbeiterparteien
im Völkerbund und bei ähnlichen Gelegenheiten geschehen
ist und heute noch geschieht. Est ist notwendig, daß wir
dadurch zum Ausdruck bringen, daß die Arbeiterklasse und
die Arbeiterparteien alle Brücken zur Bourgeoisie abbrechen
und daß sie klar erkennen, wie schädlich die Kompromisspolitik
mit der Bourgeoisie ist.
Wir haben hier in der Èechoslovakei deutliche Beispiele,
wie schädlich diese Kompromißpolitik wirkt. Heute wird
festgestellt, auch von denen, die das bisher mitgemacht und gedeckt
haben. In Zwischenrufen, die Herrn Viškovský gemacht
wurden, wurde auch von sozialistischer Seite das wahre Wesen der
Bodenreform enthüllt. Heute enthüllt sich auch das wahre
Wesen des ganzen Genter Systems und heute sehen wir auch in den
Angriffen gegen die Sozialversicherung den wahren Zweck, den die
Bourgeoisie verfolgte, als sie auf dem Gebiete der Sozialversicherung
Zugeständnisse machte. Aber wenn wir heute die Arbeiterklasse
zur Abwehr gegen die Pläne der Bourgeoisie auffordern, ist
leider diese Abwehrkraft des Proletariats zum größten
Teile schon gebrochen. In der Frage der Bodenreform durch das
schmutzige Kompromißwerk, das an die Stelle der Enteignung
des Großgrundbesitzes und der Verteilung des Landes an die
landarme Bevölkerung, ein schmutziges Kompromiß über
die Bodenreform gesetzt hat, so daß das Bodenamt den ganzen
Gedanken der Bodenreform in den breitesten Schichten der arbeitenden
Klassen diskreditieren konnte. Infolgedessen ist der Widerstand
gegen die Praxis der Durchführung der Bodenreform nicht so
stark. Wir sehen das auch in der Frage der Sozialversicherung.
Warum können die bürgerlichen Klassen und Parteien den
Angriff gegen die Sozialversicherung, den Plan zur Verschlechterung
dieses Gesetzes wagen? Aus dem einfachen Grunde, weil das Zustandekommen
des Gesetzes von einer derartigen Kompromißpolitik begleitet
war, weil durch das Kompromiß, das die sozialistischen Regierungsparteien
damals mit der Regierung geschlossen haben, die Sozialversicherung
derart versaut wurde, daß es heute schwer ist, den Arbeitern
zu zeigen, daß es doch eine Errungenschaft ist und daß
gegen jede Verschlechterung der Kampf aufgenommen werden müsse.
Das zeigt deutlich, daß die Kompromißpolitik den Widerstand
der arbeitenden Klassen gegen die Bourgeoisie immer und immer
wieder bricht.
Dasselbe müssen wir auch in Bezug auf
die Feststellung des Zieles unseres Kampfes betonen. Wenn wir
die arbeitenden Massen zum Kampfe aufrufen wollen, wenn wir gegen
die ungeheure wirtschaftliche Macht des Kapitalismus und gegen
die ungeheure politische Staatsmacht, die die Bourgeoisie im Kampfe
gegen die arbeitenden Klassen in die Wagschale wirft, den Widerstand
der arbeitenden Klassen organisieren wollen, wenn wir im Proletariat
den Widerstand bis zum Äußersten erreichen wollen,
wenn wir den Geist eines solchen Widerstandes retten wollen -
und nur dann, wenn das Proletariat zum Widerstand bis zum Äußersten
entschlossen ist, kann es gelingen, diese Pläne der Bourgeoisie
zuschanden zu machen dann genügt es nicht, wenn wir den arbeitenden
Massen in diesem Kampfe ein so beschränktes Ziel setzen,
wie es von seiten der sogenannten loyalen Opposition geschieht,
die jetzt von den sozialistischen Parteien gemacht wird. Nicht
der Gedanke der Reformen, der durch die Kompromißpolitik
in den Augen der arbeitenden Massen vollständig diskreditiert
ist, nicht der Gedanke von Verbesserungen wird in der Arbeiterschaft
jene Begeisterung wecken, um sie zu einem Widerstand bis zum Äußersten
aufzurufen. Wollen wir die Arbeiterschaft zum Widerstand bis zum
Äußersten aufrufen, dann genügt es nicht, die
Losung der Reformen, der Rationalisierung usw. aufzustellen, wir
müssen vielmehr die Forderung der Sozialisierung aufstellen.
Um die Massen für den Kampf zu begeistern, genügt es
nicht, ihnen die Möglichkeit hinzustellen, wieder Anteil
an der Regierung zu nehmen, wie es vonseiten der èechischen
sozialistischen Parteien geschieht, wir müssen
den Massen das Ziel der Beseitigung der bürgerlichen und
kapitalistischen Regierung, das Ziel der Arbeiter- und Bauernregierung,
das Ziel der sozialistischen Republik stellen. Für einen
neuen 28. Oktober sind die Arbeiterklassen heute nicht mehr zu
gewinnen. Nur die Losung eines neuen 14. Oktober kann die
Arbeiterklasse mit Begeisterung in den Kampf bringen, allerdings
eines 14. Oktober, der anders ausschauen müßte als
der kümmerliche Anlauf, den die beiden èechischen
sozialistischen Parteien im Jahre 1918 genommen
haben. Klar und deutlich muß die Losung aufgestellt werden:
Die sozialistische Republik an die Stelle der kapitalistischen
Republik! Soweit der Kampf gegen die nationale Unterdrückung
in Frage kommt, können wir nicht die Massen in den Kampf
bringen durch die Losung von Punktationen oder Konzessionen in
nationalen Fragen, allein die Losung des Selbstbestimmungsrechtes
ist imstande, die Massen der arbeitenden Bevölkerung der
nationalen Minderheiten in den Kampf zu bringen. Und in der äußeren
Politik ist nicht die Losung eines bürgerlich-kapitalistischen
Paneuropa nach dem Wunsche der internationalen Bankiers als Rahmen,
als staatliche Grundlage für die Bildung großer kapitalistischer
Trusts, sondern nur die Losung der vereinigten sozialistischen
Republiken Europas imstande, die Massen des Proletariats in den
Kampf gegen die heutige Zoll- und Handelspolitik, gegen die Balkanisierung
Europas, besonders Mitteleuropas und Osteuropas, die nach dem
Kriege durchgeführt wurde, zu bringen. Wir können die
Massen in den Kampf gegen die Bourgeoisie erfolgreich nur führen,
wenn wir nicht im vorhinein von den arbeitenden Massen fordern,
vor der Majestät des kapitalistischen Staates halt zu machen,
sondern wenn wir vielmehr den Massen den Respekt vor der Majestät
des kapitalistischen Staates austreiben, wenn wir die Losung aufstellen,
den kapitalistischen Staat zu beseitigen, und an die Stelle des
kapitalistischen Staates den Staat der sozialistischen Republik,
der arbeitenden Klassen aufzurichten. (Souhlas a potlesk
komunistických poslancù.)