Zur Bekräftigung seines guten Willens verweist der Ministerpräsident
darauf, daß die Čechoslovakei ein klassisches Beispiel
der engen Beziehungen verschiedener nationaler Kulturen ist, daß
Deutsche und Čechen auf diesem Boden mehr als tausend Jahre
zusammengelebt haben, daß sie auch in Zukunft beisammen
bleiben werden und daß man darauf hinarbeiten
müsse, daß das Zusammenleben von Dauer sei. Aber wir
fragen den Herrn Ministerpräsidenten, wieso ihm denn diese
Erleuchtung erst am 14. Oktober 1926 gekommen ist, da schon bis
dahin tausend Jahre des Zusammenlebens dieser beiden Völker
verstrichen waren. Wir fragen ihn, wie er dieses Millenium und
die sich daraus für die Politik ergebenden Konsequenzen bisher
übersehen konnte. Zum drittenmal übernimmt Herr vehla
die Führung der Staatsgeschäfte, zum drittenmal
fällt ihm die Aufgabe zu, die programmatischen Richtlinien
seiner Regierung zu umschreiben. Immer und immer wieder ist der
Ministerpräsident an diesem tausendjährigen Problem
achtlos vorbeigegangen. Das nationale Boxertum, das sich seit
Bestand dieses Staates in diesem Lande etabliert und soviel Unheil
bei den Minderheiten angerichtet hat, hat in ihm den eifrigsten
Förderer gefunden. Gegen alle Mahnungen, die an ihn ergingen,
hat er sich immer die ganzen Jahre hindurch als schwerhörig
erwiesen, gegen alle Vorstellungen vollständig unzugänglich
gezeigt. Er war der härteste, der unnachgiebigste. Im Verkehr
mit den Minderheiten hat er immer die Tarnkappe rechtzeitig angelegt,
und nun wirft gerade er sich zum Wegbereiter des nationalen Friedens,
zum Wegbahner der Verständigung der Völker auf. In aller
Form wurde Ministerpräsident vehla am 19. Juli
1919 anläßlich seiner Ernennung zum Minister des Innern
im Ministerium Tusar in einem an ihn vom Präsidenten
Masaryk gerichteten Handschreiben - also vor 7 Jahren -
daran erinnert, daß "das Programm der nationalen Minderheit
sobald als möglich, und zwar aus der programmatischen Initiative
der Regierung gelöst werden müsse". Nicht mit einem
Wort hat er auf diesen ihm zuteil gewordenen Auftrag reagiert,
nicht einen Finger zur Erfüllung der Wünsche des Präsidenten
gerührt. Er ist wie die anderen über die "tausendjährigen
Kulturen" der Minderheitsvölker einfach hinweggegangen,
und nun sollen wir ihm glauben, daß er die Vorbedingungen
für ein gedeihliches Zusammenleben der Völker schaffen
werde.
Dabei begeht die Programmerklärung
der Regierung eine direkte Geschichtsfälschung, wenn sie
behauptet, daß die jahrzehntenlangen österreichischen
Ausgleichsversuche nur deshalb gescheitert sind, weil sie von
"äußeren Faktoren" geleitet wurden, die unsere,
die čechoslovakischen, also damals
sudetenländischen Verhältnisse nicht kannten. Die Wahrheit
ist vielmehr, daß die Ausgleichsverhandlungen, wenn auch
zeitweilig unter österreichischer Regierungspatronanz, so
doch in Wirklichkeit immer nur von den deutschen und čechischen
Führern der böhmischen. mährischen
und schlesischen Politik geleitet wurden, von den Rieger, Herold
und Kaizl, von den Pacák und Kramář auf der
einen Seite, von Schmeykal, Pacher Prade, Funke und Urban auf
der anderen Seite, und daß sie zum Scheitern kamen, weil
sie unter vollständiger Ausschaltung der arbeitenden Menschen
beider Nationen lediglich von der beiderseitigen Bourgeoisie und
dem beiderseitigen Feudaladel geführt wurden, die an nichts
als an den wirtschaftlichen Vorteil der eigenen Klasse dachten,
immer nur die bürgerlich-nationalistischen Postulate im Auge
hatten und die Ausschaltung der Arbeiterklasse von der Macht und
die Aufteilung der Beute innerhalb der Bürgertums wollten.
Seit 80 Jahren dauert schon der Kampf der Nationen um den Ausgleich.
Längst wäre dieser 80jährige Krieg beendet
worden, hätte es nicht in beiden Lagern, auf deutscher wie
auf čechischer Seite gleichermaßen Leute gegeben,
die von diesem Krieg gelebt und den Friedensschluß verhindert
haben. Am 2. März 1849 lag bereits ein vom Verfassungsausschuß
des Kremsierer Parlamentes ausgearbeiteter Gesetzentwurf über
die Verständigung der beiden Volksstämme vor. Am 13.
März 1849 hätte dieser Gesetzentwurf angenommen werden
sollen. Durch die Sprengung des Kremsierer Reichstages aber wurde
die Vollendung des begonnenen Werkes vereitelt. Bis in die letzten
Details wurden dort alle jenen Sicherungen vorgekehrt, die ein
reibungsloses Zusammenleben der Völker ermöglicht hätten.
Das deutsche Bürgertum, das dann an die Macht gelangte und
Jahrzehnte die Macht inne hatte, hätte nur nach dem Operat
greifen müssen, um es in Vollzug zu setzen. Im Jahre 1871
wurde vom böhmischen Landtag ein Nationalitätengesetz,
die sogenannten Fundamentalartikel, beschlossen, das den beiden
Völkern den gesicherten Anspruch auf Wahrung und Pflege der
Nationalität gewährte, sowohl für den Sprachengebrauch,
als auch für die Wahlen eine nationale Abgrenzung der Bezirke
vornahm, beiden Nationalitäten zur Sicherung ihrer Ansprüche
ein Kurialvotum einräumte. Aber die Verwirklichung
der Fundamentalartikel unterblieb wegen nachträglicher formalistischer
verfassungsrechtlicher Bedenken, die von deutscher Seite erhoben
wurden. Immer war es die deutsche oder die čechische Bourgeoisie,
die im letzten Augenblick aus ganz selbstsüchtigen Motiven
die Verwirklichung des Friedensschlusses vereitelte. Und ginge
es jetzt nach den Wünschen und nach dem Willen der jetzigen
kapitalistischen Machthaber dieses Staates, so würde sich
das Spiel von neuen wiederholen. Wir aber lehnen diese Methode
ab. Eine Verständigung der Völker ist nur von Volk zu
Volk und nicht von Bourgeoisie zu Bourgeoisie möglich. Einer
solchen Verständigung von Volk zu Volk wollen wir alle Kräfte
leihen, wollen wir den Weg ebnen. Jetzt, da hoffentlich das Wort,
daß die beiden Völker "miteinander bereits
ausgeglichen" seien, hoffentlich aus dem Lexikon der čechoslovakischen
Politik verschwinden wird, wollen wir alles daran setzen, um unter
der Führung der Arbeiterklasse die Verständigung der
Völker zu verwirklichen, und zwar nicht
etwa bloß aus dem Gesichtswinkel der Besitzinteressen, sondern
frei vom Streben nach Sondervorteilen und neuen Privilegien und
getragen von dem Gedanken, durch die nationale Verständigung
der Völker zur sozialen Zusammenarbeit und in weiterer Folge
zur Verwirklichung des Sozialismus zu gelangen.
Und nun, hohes Haus, komme ich zum allerschwächsten
Teil der Regierungserklärung. Mit großer Spannung hat
die Arbeiterklasse dem Tage der Programmerklärung entgegengesehen,
denn gerade in der letzten Zeit hat die Wirtschaftskrise mit aller
Vehemenz ein gesetzt und sich täglich und stündlich
innerhalb der Arbeiterschaft fühlbarer gemacht und sich bis
zur Unerträglichkeit gesteigert. Ganze Industriezweige sind
demoliert, gewaltige Industriebetriebe ganz oder teilweise kalt
gestellt, wobei keine einzige Branche unverschont geblieben ist.
Am schlechtesten erging es der Textil-, Kohlen-, Glas-, Maschinen-
und Papierindustrie, doch auch alle anderen Industriezweige wurden
mitergriffen und arg in Mitleidenschaft gezogen. Die natürliche
Konsequenz sind Massenentlassungen und Kurzarbeit und in weiterer
Folge ein entsetzlicher Notstand der von der Arbeitslosigkeit
und Krise betroffenen Arbeiterfamilien. Dabei all dies zu einer
Zeit der zunehmenden Verschlechterung der Gesundheitsverhältnisse
der arbeitenden Bevölkerung und vor allem eines fürchterlichen
Ansteigens der Kindersterblichkeit. Eine Statistik über den
Aussiger Bezirk stellt inbezug auf die Säuglingsterblichkeit
der letzten drei Jahre 13-19% aller Sterbefälle fest. Die
Tuberkulose greift immer mehr um sich, die Zahl der Tuberkulose-Sterbefälle
betrug im Jahre 1924 26.773 und steigerte sich im Jahre 1925 auf
27.619. Jeder achte Mensch stirbt in diesem Lande an Tuberkulose.
(Hört! Hört!) Die Zahl der zumeist aus Not und
Elend begangenen Fruchtabtreibungen nimmt einen erschreckenden
Aufstieg. Noch im Jahre 1920 betrug die Zahl der Fruchtabtreibungen
253, im Jahre 1921 490, 1922 800, 1923 970 und im Jahre 1924 1094,
also von 253 auf 1094 in 6 Jahren. Die Zahl der Auswanderungen
nimmt mit jedem Monat zu, sie stellt sich nach dem Monatsdurchschnitt
auf 2000. So viele Menschen müssen das Vaterland, das Heim,
die Scholle, müssen die Insel der Glückseligen verlassen,
um ihre Familie ernähren zu können. Verschärft
wird dieser Zustand durch die seit einiger Zeit mit Vehemenz einsetzende
und immer mehr ansteigende Teuerung. Auch schon vorher haben die
kargen Löhne der Arbeiter zur Deckung des nackten Lebensbedarfes
nicht ausgereicht. Nun macht das Ansteigen der Lebensmittelpreise
auch die Bestreitung des Aufwandes auch nur für das nackte
Leben ganz unmöglich. Was will man auch mit einem durchschnittlichen
Lohn des Bergarbeiters von 186 Kronen anfangen, was aus dem Lohn
eines Hilfsarbeiters in der Metallindustrie von 141 Kronen zuerst
bestreiten, und wie will erst ein Kurzarbeiter, dessen Wochenlohn
nur ein Bruchteil solcher Löhne darstellt, das Kunststück
zusammenbringen, eine mehrköpfige Familie zu ernähren?
Nun tritt auch noch durch die Zollpolitik der Koalitionsparteien,
durch den Wucher mit Agrarprodukten, Mehl und Kartoffeln, durch
den Raubzug der Zuckerindustriellen, eine neue, eine weitere Lebensmittelteuerung
hinzu, die das Dasein des Proletariates zur Unerträglichkeit
gestaltet. In dieser Lage, hohes Haus, versammelt sich das Parlament,
in dieser Situation vollzieht sich der Regierungswechsel, in dieser
Stunde gelangt der Herr Ministerpräsident zum Wort. Und seine
Antwort lautet, wie wir schon zu Beginn auseinandergesetzt haben,
kurz und bündig und aufreizend. Sie stellt in 55 Worten fest,
daß die Wirtschaftskrise nun einmal da ist, daß sie
internationalen Charakters ist und des "umsichtigen Studiums
und des Einschreitens" bedarf, also jetzt, nach vielen Monaten
des schwersten Notstandes will die Regierung mit dem Studium beginnen,
um dann erst eingreifen zu können. Das ist alles, was die
Regierung zur Krise und zur Massenarbeitslosigkeit, was sie zur
Lebensmittelverteuerung und zur Massenverelendung zu sagen hat.
Das ist alles, was die Herren vehla und rámek,
Spina und Mayr-Harting für das arbeitende Volk
übrig haben. Aus den allerärmsten proletarischen Hütten
ergeht der Hilfeschrei, aus Hunderten von Massenversammlungen
ertönen Hilferufe, leitende wirtschaftliche und gewerkschaftliche
Korporationen unterbreiten der Regierung wohlformulierte Abwehrvorschläge.
Alles dies geht an der Regierung einfach spurlos vorbei. Wahrlich,
augenfälliger kann wohl der kapitalistische, der antisoziale
Charakter dieser Regierung nicht in Erscheinung treten, einer
Regierung, die jedes Verständnisses für die wahre Lage
der Arbeiterschaft bar ist und sich ausschließlich als Exponent
des industriellen und agrarischen Kapitals, vor allem aber des
Finanzkapitals fühlt und als Werkzeug dieser Gruppen dieser
ihrer Funktion alle Kräfte leiht. Wie ganz anders verfährt
in der gleichen Lage eine sozialistische Regierung! Auch Dänemark
wurde von einer schweren Wirtschaftskrise heimgesucht, die die
Zahl der Arbeitslosen ungeheuer vermehrte. Kurzerhand berief die
sozialistische dänische Regierung Arbeiter- und Unternehmerverbände
zu Beratungen und bildete aus ihnen ein ständiges Beratungsorgan
der Regierung für alle mit dem Notstand zusammenhängenden
Fragen. Sie legte dem Parlamente eine ganze Reihe von Gesetzentwürfen
vor, die den Gemeinden, insoweit sie Notstandsbauten aufführten,
die den Privatunternehmungen, soweit sie von Krisen heimgesucht
wurden und zur Sperrung der Betriebe hätten greifen müssen,
unter gewissen Kautelen Zuschüsse aus den Arbeitslosenfonds,
Darlehen zur Durchführung von Investitionsbauten, Subventionen
zur billigeren Materialanschaffung bewilligten, die das Ansuchen
der Industriellen um Erhöhung der Zölle ablehnte und
den Unternehmungen dafür Mittel zur produktiven Arbeitslosenfürsorge
gewährte. So faßt eine sozialistische Regierung der
andrängenden Wirtschaftsnot gegenüber ihre Aufgaben
und ihre Mission auf, die kapitalistische Regierung aber beginnt
erst nach langer Zeit mit dem Studium, um dann je nach dem - unbekannt
wann, wie und wo - "eingreifen" zu können. Der
Unterschied liegt hier flagrant auf der Hand. Es ist unsere Aufgabe,
diesen Unterschied der Arbeiterschaft aufzuzeigen und sie zum
Kampfe gegen das kapitalistische System aufzurufen.
Das Empörendste aber ist, daß die
Regierung, der die Vorgänge im Wirtschaftsleben nicht verborgen
bleiben konnten, einfach Vogelstraußpolitik treibt, den
Kopf in den Sand steckt und sich und den andern weismachen will,
daß es eigentlich gar nicht so schlecht stehe und daß
von sozialistischer Seite stark übertrieben werde. So stellt
es wenigstens der Herr Finanzminister Dr. Engli dar,
dessen kapitalistisch orientiertes Exposé uns einen vollen
Einblick in die antisozialen Absichten dieser Regierung gewährt.
Wir werden auf dieses Exposé im Zuge der Budgetdebatte
noch näher zurückkommen. Daß sich just der Herr
Finanzminister Dr. Engli, der als Lehrer und bürgerlicher
Wirtschaftspolitiker einen guten Namen hatte, so rasch als Exponent
einer ausgesprochenen reaktionär kapitalistischen Politik
entwickelt hat, ist außerordentlich betrüblich. In
seinem Exposé bestreitet er den katastrophalen Charakter
der Krise, er sucht die čechoslovakische Wirtschaftslage
durch einen Vergleich mit andern Ländern zu beschönigen
und meint zum Schlusse, daß der Kulminationspunkt der Krise
bereits überschritten sei und für das Jahr
1927 keine Verschlechterung befürchtet werden müsse.
Er stützt seine Behauptung auf eine ganze Reihe von Momenten,
in hohem Maße aber auch auf die schon in der Rede des Ministers
Dr. Peroutka in der nationaldemokratischen Partei reproduzierten
Arbeitslosenziffern. Er übersieht aber anscheinend die zu
gleicher Zeit vom statistischen Staatsamt in der Rubrik "Arbeitsvermittlung"
verlautbarten Arbeitslosenziffern. So stehen beispielsweise den
für April und August mit 66.000 und 76.000 verlautbaren Ziffern
des Fürsorgeministeriums die mit 142.392 und 198.500 zum
Kapitel "Arbeitsvermittlung" festgestellten Ziffern
des staatlichen statistischen Amtes gegenüber. Der Herr Finanzminister
scheint zu übersehen, daß vom Fürsorgeministerium
nur Unterstützungsfälle gerechnet, die ausgesteuerten
Fälle jedoch nicht berücksichtigt wurden, daß
die Kurzarbeiter mit sogar zeitweilig nur 36-12stündiger
Schicht nicht einbezogen werden, so daß das Fürsorgeministerium
den weitaus größten Teil der Arbeitslosen nicht zu
erfassen vermag. Es eignen sich daher die Ziffern des Fürsorgeministeriums
weder für Vergleichszwecke an sich, noch auch als Unterlage
für die Beurteilung des Umfanges der Arbeitslosigkeit. Darum
stimmt auch der Vergleich, den der Herr Finanzminister mit den
Verhältnissen der Nachbarländer anstellt, nicht, da
die Vergleichsziffern in jedem dieser Länder auf einer ganz
andern Grundlage errechnet werden und daher ein verläßliches
Bild nicht zu bieten vermögen. Dabei übersieht der Herr
Finanzminister die Tatsache, deren Bestätigung er sich aus
der Rede des Herrn Handelsministers Dr. Peroutka beschaffen
kann, daß die Arbeitslosigkeit in Österreich, Deutschland
und Polen bereits im Abnehmen begriffen ist, während sie
bei uns immer noch ansteigt. Und wenn der Herr Finanzminister
zu dem Ergebnis kommt, daß die Krise des Jahres 1923 die
schärfere gewesen ist, und daß bei der jetzigen Krise
bereits der Kulminationspunkt überschritten ist, so steht
dies in direktem Gegensatz zu den Behauptungen ernster Volkswirtschaftskreise,
die die 23er Krise als schärfer, aber als vorübergehend,
die 26er Krise als schwächer, aber als dauernd bezeichnen.
Daß der Kulminationspunkt übrigens nicht überschritten
ist, ergibt sich aus einer ganzen Reihe unwiderleglicher Tatsachen.
Wenn der Finanzminister Dr. Engli beispielsweise
den Höchststand der Arbeitslosigkeit in der Textilindustrie
mit 24.000 berechnet, so übersieht er, daß mittlerweile
eine zweite Ziffer verlautbart wurde, die die Zahl der Arbeitslosen
mit 35.997 feststellt, so daß also seither die Arbeitslosigkeit
in der Textilindustrie, gemessen an der von ihm verlautbarten
Ziffer, um ein weiteres Drittel gestiegen ist. Wenn der Finanzminister
Dr. Engli für die Eisen- und Metallindustrie
eine Verringerung der Arbeitslosigkeit feststellt, so berichten
die Metallarbeitergewerkschaften, daß die Arbeiterentlassungen
immer mehr zunehmen, daß insbesondere in der Waggonindustrie
in den letzten Tagen ganz erhebliche Entlassungen durchgeführt
wurden, so in Leipa, in Stauding und in Neutitschein, daß
auch in den Elektrizitätswerken mit reduzierten Schichten
gearbeitet wird, daß in der Mehrzahl der Maschinenfabriken,
die vom Bergbau, Textilien und Glas abhängig sind, Kurzarbeit
geleistet wird, daß die Emailindustrie vollständig
brach liegt und daß die Blechwalzwerke, die für den
Export arbeiten, einen um weitere 20% reduzierten Arbeiterstand
haben. Ähnlich liegen die Dinge auch in andern Branchen,
wobei wir nur feststellen wollen, daß die Behauptung des
Finanzministers, daß sich die Verhältnisse in der Kohlenindustrie
in der letzten Zeit gebessert haben, daß in der Mehrzahl
der Fälle während der ganzen Woche gearbeitet wird und
der Stand der Belegschaften in den letzten Wochen unverändert
geblieben ist, sich als vollständig unzutreffend erweist,
denn auch hier verschärfen sich die Verhältnisse zusehends
und die Verschlechterung wird geradezu katastrophale Dimensionen
annehmen, wenn nicht die Zuckerkampagne die Situation begünstigen
und der englische Bergarbeiterstreik, so sehr das aufseite der
Arbeiterschaft nicht gewünscht wird, sich im Export nicht
auswirken wird. Trotz alledem bleibt hier die erschreckende Tatsache
bestehen, daß die Belegschaften gegenüber dem Jahre
1921 sich im nordwestböhmischen Braunkohlenrevier um 18.365,
im Steinkohlenbergbau um 22.740, zusammen um 41.105 Menschen verringert
haben, was bei einem Gesamtstand per 132.121 Menschen im Jahre
1921 und einem Belegschaftstand im Jahre 1926 von 91.000 eine
Verminderung von 33 % ergibt.
Horribel erscheint auch die Feststellung der
Herrn Finanzministers, daß nach dem Großhandelsindex
der Teuerungsaufstieg nur etwa 1% und nach dem Kleinhandelsindex
nur mehr 3% beträgt und daß daher von "keiner
großen Teuerungswelle" gesprochen werden kann. Diese
Feststellung macht der Herr Finanzminister in einem Augenblick,
in welchem die Preise der hauptsächlichsten Nahrungsmittel
unerhört in die Höhe stiegen, der Mehlpreis in die Höhe
geschossen, der Kartoffelpreis sich nahezu verdoppelt und der
Zuckerpreis eine unerhörte Erhöhung erfahren hat, und
auch der Herr Minister Peroutka in seiner oft erwähnten
Rede einen scharfen Preisaufstieg zugeben mußte. (Výkřiky
na levici.) Die Annahme, von der der Herr
Finanzminister Engli ausgeht, ist unrichtig. Von
Juni bis September ist der Index von 926 auf 973, also um 47 Punkte
gestiegen. In der gleichen Zeit ist der Verdienst der Arbeiterschaft
nicht höher geworden, sondern hat sich infolge der ungünstigen
Wirtschaftslage eher verringert. Wohl ist die Steigerung der Indexziffer
gegenüber dem Jahre 1925 keine allzu beträchtliche,
aber der Herr Finanzminister scheint zu übersehen, daß,
wie sich aus den Indexziffern ergibt, die Preise der Lebens- und
Genußmittel in höherem Maße angestiegen sind,
als die der für den Lebensbedarf notwendigen Industrieprodukte
und daß insbesondere die Steigerung der Lebensmittel, die
nach den Feststellungen des staatlichen statistischen Amtes 2/3
des gesamten Haushaltes und im Monat August 63.51%
des Lohnes in Anspruch nahmen, sich aus dem erwähnten Grunde
für den proletarischen Haushalt ganz besonders empfindlich
auswirken muß. Als Nationalökonom wird der Herr Finanzminister
die Bedeutung dieser Feststellungen verstehen und zugeben müssen,
daß die mechanische Zugrundelegung der nackten Indexziffern
unmöglich ein klares Bild der Teuerungsverhältnisse
zu geben vermag und daß bei der gegebenen Sachlage und nach
diesen Aufklärungen mit Fug und Recht von einer ganz besonderen
Teuerung und einem ganz besonderen Notstand der Bevölkerung
infolge dieser Teuerung gesprochen werden kann.
Allerdings, solche Feststellungen passen in
das Konzept einer Regierung nicht, die in der Stunde, in der das
Proletariat die schwersten Kümmernisse über sich ergehen
lassen muß, keine andere Sorge kennt, als den kapitalistischen
Kreisen - bei Aufrechterhaltung der indirekten Abgaben - durch
einen gewaltigen Steuerabbau ungeheure Profite zuzuschanzen und
die kapitalistische Wirtschaft auf Kosten der Arbeiterklasse zu
konsolidieren. Soweit die Wirtschaftkrise in der Regierungserklärung
zugegeben wird, wird sie, auf internationale Ursachen zurückgeführt
und die Schuld von der čechoslovakischen Politik abgewälzt.
In Wirklichkeit aber wurde der Ruin der Industrie dieses Landes
durch eine ganz verkehrte, den vitalsten Interessen des Landes
und der Bewohner widerstreitende auswärtige Wirtschafts-,
Handels-, Zoll- und Steuerpolitik herbeigeführt und durch
eine unsinnige Verkehrs- und Tarifpolitik nur noch beschleunigt.
Das beginnt man jetzt auch in führenden čechoslovakischen
Kreisen einzusehen, nachdem man sich seit Jahr und Tag allen Mahnungen,
allen Vorstellungen gegenüber verschlossen hatte, die nicht
nur von oppositioneller Seite kamen, sondern auch aus Kreisen
bedeutender čechischer Volkswirtschaftler, die sofort nach
Aufrichtung dieses Staates alle Wirtschaftsnotwendigkeiten richtig
eingeschätzt und die begangenen Fehler
aufgezeigt haben. Auch wir haben dies der Regierung seit Jahr
und Tag gesagt, indem wir den Weg aufgezeigt haben, auf dem die
schweren Schäden der bisherigen Politik wenigstens zum Teil
wieder gutgemacht werden können. In einer Reihe von Memoranden
haben unsere Parteiinstanzen, haben die Gewerkschaften der Regierung
gezeigt, wo der Hebel anzusetzen wäre, um einesteils das
fürchterliche Los, in das die Arbeiterschaft durch die Arbeitslosigkeit
geraten ist, zu mildern, andererseits die Wirtschaft einigermaßen
wenigstens in geordnete Bahnen zu bringen, den arbeitenden Menschen
aller Kategorien Brot und Arbeit zu geben und der wucherischen
Lebensmittelteuerung Einhalt zu tun. Wir haben verlangt, daß
dem Parlament ungesäumt der Entwurf eines Gesetzes zur Unterstützung
der Arbeitslosen vorgelegt, aus öffentlichen Fonds Mittel
zur produktiven Arbeitslosenfürsorge flüssig gemacht,
die Agrarzölle beseitigt, die Industriezölle herabgesetzt,
alle die Einfuhr und Ausfuhr erschwerenden Vorschriften ausgetilgt,
die Handelsbeziehungen mit Rußland durch dessen Anerkennung
ermöglicht und eine ganze Reihe von Vorkehrungen getroffen
werden, um das erkaltete Wirtschaftsleben wieder in Gang zu bringen
und die gesamte Bevölkerung dadurch nach langer Zeit wieder
in den Nährstand zu versetzen. Die Regierung hat sich über
all diese Forderungen einfach hinweggesetzt und will die Lage
erst studieren. Wenn man das Tempo der Herren vehla und
rámek in solchen sozialen Dingen kennt, weiß
man, wessen sich die Arbeiterschaft zu versehen hat.
Hohes Haus! Die Geduld des Proletariates ist
auf eine harte Probe gestellt worden. Das Proletariat kann diese
Geduldsprobe nur bestehen, wenn es nicht auf die Gnade der Regierung
wartet, sondern wenn es sich rechtzeitig und sofort auf den Kampf
einrichtet und die Kampfpositionen bezieht. Der Kampf wird nicht
leicht sein, denn die Arbeiterklasse hat es diesmal im politischen
und parlamentarischen Kampffeld zum erstenmale mit dem international
geeinten Bürgertum zu tun, das sich seiner Macht bewußt
und entschlossen ist, von ihr Gebrauch zu machen, und das auch
absolut kein Hehl daraus macht. Knapp vor Zusammentritt des Parlamentes
haben die heutigen čechischen Koalitionsführer dem
Sozialismus klar und bündig den Krieg angesagt
und der Arbeiterschaft zu verstehen gegeben, daß sie mit
dem Abbau der sozialpolitischen Errungenschaften zu rechnen hat.
Auch die deutschen Partner der deutschen Koalition, die den Čechen
ganz ebenbürtig sind, haben es in der gleichen Richtung absolut
nicht an Klarheit fehlen lassen. Es geht also bewußt und
planmäßig gegen die Arbeiterklasse und den Sozialismus,
es geht um die letzten Positionen des Proletariates, es geht um
die Aufrichtung einer Diktatur des international zusammengeschlossenen
Bürgertums, das den reaktionären politischen und wirtschaftlichen
Tendenzen des neuen Koalitionssystems freie Bahn schaffen will.
Es geht nicht nur gegen die deutsche Arbeiterklasse, sondern gegen
die Arbeiterklasse aller Nationen, und es geht auf der ganzen
Linie ums Ganze.
Das ist, hohes Haus, das Signal, das an das
gesamte Proletariat dieses Landes ergeht, damit es alle seine
Kräfte zur Abwehr sammle, sie zu einer geschlossenen internationalen
Front zusammenfasse und sich für die kommende Auseinandersetzung
rüste, einer besseren Zukunft, einem sicheren Siege entgegen.
(Potlesk něm. soc. demokratických poslanců.)
Tisztelt Hölgyeim és Uraim! A kormány bemutatkozása
a bel- és külföld közvéleményének
szemében mint nagyjeltöségü történelmi
esemény jelent meg. Hiszen az a váratlan helyzet
keletkezett, hogy Csehszlovákia belpolitikai krízise
egyedül úgy volt megoldható, hogy a német
nemzeti kisebbség tagjaival egészítik ki
a kormányt. Ez a kormány tehát egyrészt
azt mutatja, hogy a nagy német nemzeti kisebbség
egy részében megvan a hajlandóság
a konstruktív munkára, megvan a hajlandóság
arra, hogy a parlamentarizmus és az állami és
politikai élet konszolidációját elösegítse
és a belpolitikai krízist enyhítse, másrészt
azt bizonyítja, hogy a csehszlovák állam
kormányzása és belpolitikai élete,
a parlament munkaképessége még emellett,
a parlamentarizmussal teljesen ellentétes ügy- és
tárgyalási rend mellett sem lehetséges és
tartható fenn a köztársaság területén
élö ú. n. nem államalkotó nemzetek
nélkül.
Nem fér kétség ahhoz, hogy a helyzet ilyetén
fejlödése természetes folyamat. Évek
óta állítjuk és mondjuk, hogy a csehszlovák
politika vezetöinek legnagyobb tévedése az,
hogy a cseh nemzeti koalíció az egyedüli kormányzó
többség. Minden alkalmat felhasználtunk arra,
hogy megmondjuk, hogy a nemzeti kisebbségekkel számolni
kell elöbb vagy utóbb és természetes,
hogy ennek a konzekvenciáit le kell majd vonni a legutolsó
fejezetig. Ha érdekében állott a csehek felfogása
szerint, a cseh pártok kizárólagos kormányzása
az államnak, lassanként rá fognak jönni
arra, hogy az államnak mindennél fontosabb az államban
élö nemzetek békéje és teljes,
tökéletes egyenjogúsága, különösen
akkor, amikor a nemzeti kisebbségi pártok túlnyomó
része az aktivizmus álláspontjára
állott és nem riad vissza attól, hogy konstruktív
politikai munkát végezzen. Természetes, hogy
akár a németekröl, akár a magyarokról
legyen szó, a nemzeti összetartozandóság
érzete fennmarad és meg nem semmisíthetö
az a határokon kívül, vagy a világ bármely
részében élö németek és
magyarok irányában. (Úgy van!) Nevetséges
volna ebböl az aktivizmusból azt a következtetést
levonni, mintha ezzel a nemzeti kisebbségekkel történt
igazságtalanságok reparálásáról
lemondanánk és nem tudjuk elképzelni, hogy
az a folyamat, amely ma nemcsak Európa, hanem a világ
politikai közvéleményét és politikai
vezérei irányítja és amelyik a kiegyenlítödésre
törekszik minden vonalon, ne végzödjék
a természetes fejlödés szabályai szerint
a végleges béke, az emberies béke csarnokában
még akkor is, ha ez a fejlödés vér és
könny mezöin fog keresztül vezetni.
Az ebben való feltétlen hit és bizalom az,
amelyik eröt és képességet ad nekünk
arra, hogy minden támadás ellenére, minden
ellenvéleménnyel szemben egyszerüen és
öszintén álljunk arra a talajra, amelyet nekünk
a sors rendelt és ott keressük, ott védelmezzük
nemzetünket anélkül, hogy más látszólagos,
vagy valódi érdekért ezt a munkát
feláldozzuk. Ezért van erönk és ezért
van bátorságunk nyíltan és világosan
állni az aktivizmus alapjára és ezért
meggyözödésünk az, hogy kötelességünket
a legjobban így teljesítjük.
Ebböl a szempontból ítélve meg a helyzetet,
nem csodálkozunk azon, hogy voltak német politikusok,
akik a kormányban való részvételre
vállalkoztak, bár nem tagadhatjuk meg azt a felfogásunkat,
hogy ez a lépés bizonyos indokolt aggodalmat vált
ki belölünk. Lehet, hogy nincs igazunk, de mi nem látjuk
olyannak a politikai helyzetet, amelyik alkalmas volna arra, hogy
a nemzeti kisebbségek bármelyikéhez tartozó
politikusok a kormányban helyet foglalnának és
és ezáltal annak a felelösségnek, amelyik
ezzel jár, minden súlyát magukra vegyék.
Nem szabad ugyanis elfelejtenünk, hogy a 8 esztendös
rezsim, amelynek alapját és eszközeit csaknem
kivétel nélkül a cseh nemzeti forradalom szülte
és amelynek legfontosabb és bevallott célja
a nemzeti államnak megerösítése volt
a nemzeti kisebbségek rovására (Úgy
van!) és amely a modern demokrácia minden fegyveréböl
tört kovácsolt a nemzeti kisebbségek legfontosabb
életadó szervei, intézményei és
vagyona ellen - nem változott és mintha a júniusi
események után megújult erövel indult
volna útjára. Csak futólag említem
itt a kiutasításokat, a bírósági
járások körzeteinek a kisebbségek nyelvhasználati
jogát sértö megváltoztatását
(Úgy van!), elintézetlen elbocsátott
tisztviselöink ügye, a kolonizáció tovább
folyik, pénzintézeteink szanálása
azokat a tönk szsélére juttatja s a hadikülcsön
rendezése sem történt meg.