Úterý 22. èervna 1926

Ist denn die Lage wirklich eine solche, daß man ohne Bedenken zu diesen Experimenten greifen kann? Erschüttert nicht eine schwere Wirtschaftskrise unser Gesamtleben, zeugt nicht das Steigen der Arbeitslosigkeit und die Einschränkung der Betriebe auf die Hälfte und nicht mehr der normalen Arbeitszeit von der furchtbaren Krise in der wir momentan wieder leben? Der Wirtschaftsbarometer zeigt auf Sturm und die Begleiterscheinungen, Konkurse und Ausgleiche, wachsen. Unser Export geht zurück, die Aktivität der Handelsbilanzen schwindet von Monat zu Monat und es ist sicher, daß dies auch unsere Zahlungsbilanzen ungünstig beeinflussen muß. Bereits am 16. Jänner hat sich die Vollversammlung des Hauptverbandes der Industriellen in Teplitz mit diesen Fragen beschäftigt und es wird dort, nachdem die Wirkung der Intlations- und Deflationskrise auf die Wirtschaftslage dargestellt wurde, gesagt: "Die Folge ist die immer mehr und mehr steigende Konkurrenzunfähigkeit einzelner Branchen gegenüber der ausländischen Konkurrenz, wodurch die Steuerquellen des Staates versickern und zweite Kreise der Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden. Es erscheint dringend notwendig, daß im öffentlichen Leben wirtschaftliche Gesichtspunkte und wirtschaftliche Rücksichten wieder den entsprechenden Raum einnehmen. Die gegenwärtige Überbesteuerung ist nicht mehr aufrecht zu erhalten, zumal die eine Kapitalsbildung, ohne die ein Wirtschaften unmöglich ist, verhindert." Auch hier hören wir, wenn auch mit anderen Worten, die Tatsache, daß unsere Industrie ihre Konkurrenzfähigkeit im Auslande einbüßt, daß der Absatz stockt und der von mir schon geschilderte Zustand eintritt. Es ist soviel die Rede von der Konsolidierung, aber alle sprechen die Überzeugung aus, daß die Tragfähigkeit der Bevölkerung in den Steuerlasten überschritten sei. Nach statistischen Ermittlungen ist die Steuerlast pro Kopf auf das 12-fache gegenüber der Friedenslast gestiegen. Trotz Lohnabbau und verminderten Einkommen stiegen die Steuereingänge, und wer nur einen Blick in den Rechnungsabschluß des Staatshaushaltes für 1924 macht, kann konstatieren, daß die präliminierten Summen, insbesondere aber bei den indirekten Steuern, weit überschritten wurden. Worliczek sagt in seiner Kritik des èechoslovakischen Staatsvoranschlag pro 1926: "Trotz der notorischen Überlastung der Èechoslovakischen Privatwirtschaft mit Steuern und Abgaben weist dieser Voranschlag nicht nur den gleichen Stand wie im Jahre 1925 auf, sondern die Erträge sind zum Teil im noch erhohtem Ausmaße eingesetzt. Einerseits wird dies mit der Entwicklung der tatsächlichen Steuereingänge motiviert, andererseits aber auch mit der Einführung neuer Abgaben. Gewiß ist es sehr erfreulich, daß sich die Steuereingänge günstig entwickeln, aber schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß die Steuerquellen mit einer Intensität ausgenützt werden, mit der als Dauererscheinung wohl kaum gerechnet werden kann. Zumindest ist die geradezu groteske Höhe der Erträge aus Verzugszinsen und Exekutionsgebühren von 95.3 Millionen, das sind um 18 Millionen mehr als i. J. 1925, ein Zeichen starker Erschöpfung der Steuerfähigkeit. Bei diesem Stand der Steuerbelastung noch neue Abgaben einzuführen, ist immerhin etwas gefährlich". Wer nicht blind die gedruckten Vorlagen des Staatsvoranschlage, annimmt, wer die Ziffern untersucht und sich mit ihnen eingehend beschäftigt, die Kritiken aufmerksam ließt, die von berufenen Autoritäten erscheinen, wird von der Budgetierungskunst nicht verblüfft und kommt zu keinem für die Staatsverwaltung günstigen Ergebnis. Schon i. J. 1921 gab es ein aktives Budget. Aber heute wie damals ist die Budgetierungstechnik die primäre Ursache des finanziellen Erfolges. Im J. 1921 ließ man Investionen und manche andere Ausgaben einfach aus dem Budget ausgesondert und hat sie in ein durch Anleihen zu deckendes Spezialbudget zusammengefaßt. So entstand damals ein Überschuß in der Staatswirtschaft. Heute ist man einen Schritt weitergegangen. Das Investitionsbudget wurde wiederum beseitigt, aber nicht dadurch, daß die Investitionsausgaben zur Gänze dem Budget der laufenden Gebarung einverleibt wurden. Das geschieht nur zum kleineren Teil. Der Großteil der Investitionsausgaben, das sind die staatlichen Betriebe, wurde vielmehr unter Berufung auf deren erfolgte Kommerzialisierung überhaupt nicht budgetiert.

Wenn auch der Finanzminister Dr Engliš das Budget 1926 als aktiv bezeichnet - wer die erschreckenden Sätze des Herrn Finanzministers über die Aktivität des Budgets genau wertet, der weiß, was er von dieser Budgetierung zu halten hat, der weiß, daß nur künstliche Spiele mit Ziffern zu einem aktiven Schlußergebnis geführt haben. Wo sind denn die Summen hingekommen, die ausschließlich dazu bestimmt waren, die Deckung der Mehrausgaben für die Staatsangestellten zu bilden? Sie sind zerstoben und zerronnen, finden anderweitige Verwendung und dienen zur Aktivierung des Budgets.

Herr Dr Engliš sagt: "Ich brauche die Zuckersteuer, die mir 200 Millionen Kronen einbringen soll, ich brauche die Branntweinabgabe, die mir 75 Millionen bringt, und ich rechne damit, daß mir die Zollerhöhung 200 Millionen eintragen wird. Dies reicht zur Bedeckung der bewilligten Summen noch nicht aus und ich muß versuchen, durch Ersparungen den Rest aufzubringen". Wenn seine Ersparungskünste darin bestehen, daß er vom Militärbudget einen Betrag streicht, dafür sich aber verpflichtet, nahezu den gleichen Betrag als Beitragsquote zur Equipierung der Armee durch 11 Jahre abzuführen, so haben wir einen Vorgeschmack, wie Ersparungen erzielt werden.

Die Zuckersteuer gehört sicherlich mit zu den unpopulärsten Steuern. Jede Erhöhung dieser Steuer hat in der Bevölkerung heftigen Widerstand gefunden, und es ist sicher, daß dieser Widerstand diesmal in verstärktem Maße hervorbrechen wird. Der Zuckergenuß ist heute nicht mehr, wie es in früheren Zeiten behauptet wurde, ein Luxus, sondern der Zucker ist ein lebenswichtiges Produkt und spielt insbesondere in der Kinderernährung eine große Rolle. Langsam, aber stetig ist der Zuckerverbrauch gestiegen, und während die Verbrauchsziffer pro Kopf in der Kampagne 1913/1914 19 kg betrug, ist sie 1924/25 auf 28.6 kg gestiegen. In Deutschland ist sie in der gleichen Zeit von 21.4 auf 22.4 kg gestiegen, in Österreich von 20.8 auf 26.8 kg. Unsere Zuckerindustrie hat ein lebhaftes Interesse, den Inlandskonsum zu steigern, den Inlandsmarkt aufnahmsfähiger zu machen. Der Herr Finanzminister Dr Engliš meint, die Belastung pro Kopf beträgt ja nur 3 Kè. Den Durchschnittsbezug berechnet er mit 15 kg pro Kopf, wobei er allerdings nicht den Verbrauch von Industriezucker berücksichtigt, der schließlich und endlich in Form von Kanditen, Schokolade, Süßbackwaren u. dgl. mehr ebenfalls im Massenkonsum Absatz findet und selbstverständlich bei der Preisbildung auf die Konsumenten überwälzt werden wird. Er tröstet uns damit, daß eine Verteuerung des Zuckers nicht eintreten wird, weil die Zuckerindustrie diese Belastung übernehmen muß und den heute geltenden Verkaufspreis nicht erhöhen darf. Welche Gewähr gibt uns aber die Regierung dafür, daß dies immerwährend so bleibt? Der Herr Finanzminister übersieht ganz, daß uns der Weltmarktpreis nicht zugute kommt, daß bei Zugrundelegung des Weltmarktpreises von Rohzucker der Inlandspreis viel zu hoch ist und nach dem Gesetze von Angebot und Nachfrage eine unbedingte Ermäßigung des Inlandspreises eintreten müßte.

In der Vorlage ist aber vor allem eines, was von allen Parteien ausnahmslos bekämpft werden müßte, und das ist die Stabilisierung dieser Steuer ohne jedwede Einschränkung, Bisher wurde die Steuer immer nur für ein Jahr bewilligt und der Nationalversammlung war so Gelegenheit geboten zu überprüfen, ob das Ausmaß der Steuer gerechtfertigt sei. Nach der Verfassung ist einzig und allein die Nationalversammlung berechtigt, die Bewilligung zu Steuereinhebungen zu erteilen. Aber was schert sich unsere Bürokratie um Verfassungsmäßigkeit, wenn die Nationalversammlung ihre Rechte grundlos preisgibt und jedes Wort der Kritik unterdrückt, anstatt sich mit aller Wucht der Entäußerung ihrer Rechte zu erwehren!

Wir finden in dem Gesetze kein Wort, daß der Zuckerpreis unverändert bleiben muß. Angeblich sollen private Abmachungen zwischen dem Finanzministerium und der Zuckerindustrie existieren, durch welche eine erhöhte Überwälzung der Abgabe an die Konsumenten ausgeschlossen sei. Rechnen wir einmal, was die Zuckersteuer einbringt: Der Inlandsverbrauch in der Kampagne 1924/25 betrug 39.000 Waggons, die Steuer mit 1.84 Kè angenommen, wirft dies einen Ertrag von 718.6 Millionen Kronen ab. Dazu kommt die Umsatzsteuer von 25 Kronen, was auch einen Ertrag von 97.5 Millionen ergibt, so daß aus dem Zucker allein eine Einnahme von 816 Millionen Kronen resultiert. Wenn man da noch zu behaupten wagt, daß dies eine erträgliche Summe sei, die auf den einzelnen Konsumenten entfällt, kann man mit seiner Empörung über die rücksichtslose Erschließung solcher Steuerquellen nicht zurückhalten. Wir sehen die Wiederholung dieses Systems, welches durch Generationen von den Feudalen im absolutistischen Staat immer wieder angewendet wurde, in der demokratischen Republik unter der Devise "Möglichst indirekte Besteuerung unter hohen Schutzzöllen" wieder auflebt. Indirekte Steuern und Zölle, die auf notwendige Gegenstände des täglichen Bedarfes gelegt werden, belasten den Minderbemittelten in viel schärferem Maße als die Wohlhabenden. Der Nachteil der Verbrauchssteuern liegt, sofern sie auf den Massenkonsum gelegt sind, hauptsächlich darin, daß sie sich nicht nach dem Prinzipe der Gerechtigkeit, nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit umlegen lassen. In jedem kulturell und politisch hochentwickelten Volke mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsgefühl muß eine Steuer auf notwendige Lebensmittel und Bedarfsgüter als ungerecht empfunden werden. Wo ist dieses ausgeprägte Gerechtigkeitsgefühl bei uns zu suchen? Unsere Herren Agrarier und unsere Klerikalen scheren sich einen Teufel darum, ob die Bevölkerung unter der Last der Abgaben zusammenbricht, sie wollen nur für sich Gerechtigkeit und Steuerfreiheit, sie wollen aus ihrer Wirtschaft Reichtum und Einkommen schöpfen, möge dabei auch alles andere zugrunde gehen.

Die Zuckersteuer von solch furchtbarer Höhe ist ja bald bewilligt, aber bei der Zähigkeit der Finanzminister ohne Ausnahme, von dem Errungenen nichts aufzugeben, kann die Höhe der Steuer zum Verhängnis für die Verbraucher werden, sie kann aber auch der Zuckerindustrie, der Lieferantin des weißen Goldes, der Hauptstütze einer aktiven Handelsbilanz zum Verhängnis werden. Dies möchte ich mit allem Nachdruck hier hervorheben.

Nun zur Branntweinabgabe. Spiritus kostet heute in Rumänien 7.80 Kè, in Jugoslavien 22.71 Kè, in Österreich 23.7 Kè, in Ungarn 24.13 Kè, in Polen 32.4 Kè, in Deutschland 34.32 Kè, in der Èechoslovakei 35.45 Kè. Die Steuer beträgt in Rumänien 4.22 Kè, in Österreich 11.31 Kè, in Ungarn 11.50 Kè, in Jugoslavien 14.95 Kè und in der Èechoslovakei 24.26 Kè, wozu noch die Umsatzsteuer in der Höhe von 2.80 Kè kommt. Wir haben, trotzdem wir ein großes Produktivland sind, den höchsten Spirituspreis, aber auch die höchste Steuer, denn sie beträgt 69% vom Verkaufspreis. Auch hier wie bei der Zuckerindustrie bestehen private Abmachungen zwischen dem Finanzministerium und der Spiritusverwertungsgesellschaft, nach welchen vom Hektoliter rein versteuerten Spiritus 800 Kè separat an die Finanzverwaltung abzuliefern waren. Im § 1 des Gesetzes wird nun festgelegt, daß vom 1. September 1928 diese 800 Kè in den Gesamtsteuerbetrag einbezogen werden sollen. Es ist bezeichnend, daß der Spirituspreis gegen die Vorkriegszeit um das siebzehnfache gestiegen ist, während die Kaufkraft der Bevölkerung nur das Sechsfache erreicht. Zur Bewirtschaftung des Spiritus wurde die sogenannte Spiritusverwertungsgesellschaft errichtet. Wenn man vom Spiritus spricht, so kommt einem unwillkürlich der Gestank in die Nase, der seinerzeit durch den unerhörten und bisher noch immer unaufgeklärten Spiritusskandal in der Republik verbreitet wurde. Die unerhörteste Korruption ging von dieser Stelle aus, die Presse berichtete von Bestechungen der ärgsten Art, im öffentlichen Leben hervorragend tätige Männer wurden kompromittiert. Was hat die Regierung getan? Sie hat den Mantel christlicher Nächstenliebe über all das gedeckt, sie war bestrebt, eine öffentliche Besprechung dieses Skandals zu verhindern und bis auf wenige, die allzu arg belastet wurden, gehören heute die so Geschützten zu den Stützen der Gesellschaft. Wiederholt haben die Konsumenten verlangt sowohl in der Zucker-, wie in der Spirituswirtschaft die ihnen gebührende Vertretung zu erhalten, immer haben es aber die Machthaber der beiden Kartelle, denn wir haben es mit versteckten Kartellbildungen zu tun, verstanden, jede Einflußnahme und jeden Einblick in ihre Geschäftspraktiken zu verhindern und sie entledigten sich bisher erfolgreich der unwillkommenen Anteilnahme der Konsumenten wie der wirkungsvollen Ingerenz des Finanzministeriums in ihre Interessensphäre.

Bereits 1922 wurde die gebundene Spirituswirtschaft als unhaltbar anerkannt und allgemein als ein unangenehmes Überbleibsel der Kriegszeit anerkannt. Der Ministerrat hat sich am 18. März 1922 im Prinzip für die Freiheit der Produktion und des Handels mit Spiritus bei gleichzeitiger Regelung der Spiritussteuer ausgesprochen. Auch die anderen Interessentengruppen waren für die Beseitigung der gebundenen Wirtschaft. Die freie Wirtschaft konnte sich aber trotzdem nicht durchsetzen und scheiterte an dem Widerstand derjenigen, die an der gebundenen Wirtschaft das lebhafteste Interesse hatten. Solange eine Spiritusindustrie besteht, hat sie es verstanden, die Staatsfinanzen zu ihren Gunsten auszunützen. Ich erinnere nur an die galizische Propinationswirtschaft mit ihr em berüchtigten Kontingentierungssystem im alten Österreich. Ich erinnere weiters daran, daß es die Spiritusinteressenten bei uns ebenfalls verstanden haben, vom Staat einen höheren Preis zu erpressen, als er von der Spirituszentrale an die Konsumenten abgegeben wurde, wodurch ein in die vielen Millionen gehender Mehrertrag erzielt wurde.

Während andere Staaten daran gehen, den Alkoholgenuß auszutrocknen, wie dies in den nordischen Staaten, in Amerika und mit anerkennenswertem Erfolge auch in Rußland der Fall ist, wird bei uns der Alkoholgenuß gefördert, denn er bildet eine reiche Einnahmsquelle für den Staat. So beträgt die Kopfquote an Bier in Böhmen im Jahre 1923 81.6 Liter, der hierauf entfallende Steuersatz 30.86 Kè. In der ganzen Republik entfällt ein Biergenuß von 52.1 Liter pro Kopf, die Steuer beträgt 19.15 Kè. Ähnlich verhält es sich mit Wein und Branntwein. Alle wissenschaftlichen Autoritäten sind sich darin einig, daß der Alkoholgenuß die verderblichsten Wirkungen auf den menschlichen Organismus ausübt. Überall widmet man der Bekämpfung der Alkoholseuche die größte Aufmerksamkeit, bei uns in der Èechoslovakei aber werden wir es noch erleben, daß eine besondere Propagandastelle von der Regierung für den Alkoholgenuß eingerichtet wird. Doch halt, einmal, ein einzigesmal während des Bestandes der Nationalversammlung ist Ihr Gewissen erwacht. Sie hat, mehr der Not gehorchend als dem eigenen Triebe, ein Gesetz beschlossen, das zumindest die Jugend vor dem Alkoholgenusse schützen soll. Das Gesetz ist in Kraft, aber wer beachtet es? Das scharfe Auge des Gesetzes, welches jeden Bettler rücksichtslos faßt, ist blind gegen jede Übertretung, niemand beachtet das Gesetz, für Sie ist es nur ein Alibi, mit dem Sie in der Kulturwelt paradieren. Allerdings, auf Weltkongressen, die sich mit dieser Frage beschäftigen, tritt auch der Vertreter unserer Regierung für die Einschränkung und für die Aufhebung des Alkoholgenusses mit schönen Worten ein. Das gehört mit zu den guten Sitten und zum Beweise kulturellen Hochstandes. Wie es in Wirklichkeit aussieht, beweisen die Ziffern des Bierkonsums und zeigt Ihnen auch die Tatsache, daß jährlich das Spirituskontingent erhöht wurde. So wurde erst im Herbst das Kontingent für das Jahr 1925/1926 von 500.000 hl auf 550.000 hl erhöht. In den Gegenden, in denen dem Branntweingenuß stark gehuldigt wird, zeigt sich in krasser Weise der geistige Rückstand, die Gleichgültigkeit und Bedürfnislosigkeit und der stetig fortschreitende Verfall der Menschen. Aus diesen Produkten Einnahmsquellen für den Staat zu machen, überlassen wir der Mehrheit dieses Hauses und erklären, beide Vorlagen abzulehnen.

Wir stimmen gegen die Steuer, aber nicht nur wegen ihres wirtschaftlichen Charakters und der sozialen Ungerechtigkeit, wir stimmen auch dagegen, weil wir zu dem Regierungssystem kein Vertrauen haben. Die Bewilligung solcher Steuern kommt einem Vertrauensvotum für die Regierung gleich und wir werden heute das Schauspiel erleben, daß deutsche Parteien, obwohl sich im System bisher nichts geändert hat, für diese Steuern stimmen und damit der Regierung ein Vertrauensvotum ausstellen. Es ist noch nicht lange her, als man aus dem Lager dieser Parteien es anders vernahm. Ich möchte da die Kundgebung der deutschen Arbeitsgemeinschaft vom 10. Feber 1925 zitieren, die folgendermaßen lautet: "Die deutsche Arbeitsgemeinschaft ist jederzeit bereit, an allen sachlichen Beratungen teilzunehmen, die eine Steigerung und Verbilligung der heimischen Produktion und eine Ausschaltung jeder ungesunden spekulativen Preisgestaltung im Auge haben. Sie wird sich für alle Maßnahmen einsetzen, die vernünftigerweise geeignet sind, den breiten Schichten des Volkes in der Versorgung mit den wichtigsten Bedarfsartikeln eine Erleichterung zu gewähren. Zunächst müssen aber die unerläßlichen Voraussetzungen für wirtschaftliche und soziale Verbesserungen von der Regierung selbst geschaffen werden. Diese Voraussetzungen bestehen in einem radikalen Abbau der staatlichen Ausgaben bei gleichzeitiger Herabsetzung der Steuerbelastung, in einer völligen Ausschaltung der staatlichen Einflußnahme auf die privatwirtschaftliche Betätigung, in der sofortigen Einstellung der parteipolitisch organisierten Bodenaufteilung und schließlich in einer sachlichen Behandlung aller wirtschaftlichen und staatsfinanziellen Fragen, die der deutschen Wirtschaft an den maßgebenden wirtschaftlichen Zentralstellen den der deutschen Bevölkerungszahl entsprechenden Einfluß sichert." In dieser Erklärung wird der richtige Grundsatz aufgestellt, daß unerläßliche Voraussetzungen für die wirtschaftliche und soziale Besserung von der Regierung geschaffen werden müssen und es knüpft sich weiters daran die Kritik der speziellen Verhältnisse, die uns alle zusammen in die schärfste Opposition drängten. Wir wollen in aller Öffentlichkeit hier den Umfall dieser Parteien feststellen, wir wollen aufzeigen, daß es die deutschen Landbündler, die Christlichsozialen und die Gewerbetreibenden sind, die für diese unerhörten Steuerleistungen stimmen und wir wollen aufrufen das Volksgericht, damit es sein Urteil über diesen unerhörten politischen Verrat fälle. Selten ist in der Geschichte politischer Parteien die Felonie soweit getrieben worden, wie wir es hier miterleben. Für uns bleibt die Parole: Keinen Mann und keinen Groschen einer Regierung, insolange uns nicht die natürlichen und gesetzlich zustehenden Rechte gewährt werden! (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)


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