Meine Damen und Herren! Es ist eine geradezu
typische Erscheinung, daß die Regierung dann, wenn sie für
irgend einen Zweck Mittel benötigt, immer und immer wieder
auf die Belastung von Artikeln greift, welche von den breitesten
Massen konsumiert werden. Die Erhöhung der Spiritus- und
Zuckersteuer ist ein neues Beispiel dafür, wie skrupellos
und ohne Rücksichtnahme eine neuerliche Verteuerung zweier
so wichtiger Konsumartikel gezeitigt werden soll.
Das ganze herrschende Steuersystem ist, gelinde
gesagt, eine auf die Dauer unhaltbare Erscheinung, denn wenn diese
Steuerpolitik so weiter durchgeführt wird, dann wird mit
der Zeit eine Steuerquelle nach der anderen versiegen.
Schon im alten Österreich ist die Steuerpraxis
- und darüber kann ich als langjähriges Mitglied der
Steuerkommission aus Erfahrung sprechen - immer so geübt
worden, daß man die in den deutschen Gebieten lebenden Steuerträger
wesentlich stärker belastete als die anderen Nationalitäten.
Auch dem deutschen Landwirt gegenüber wurde diese Praxis
geübt. Von Gewerbe, Handel und Industrie ließen sich,
was die Verhältnisse im deutschen und èechischen Gebiete
anbelangt, Tausende von Fällen anführen, wie wohlwollend
die letzteren immer behandelt wurden. Und jetzt,
wo wir Deutsche in einem Staate leben müssen, dessen Machthaber
von einem seit Jahrzehnten langen gegen uns gerichteten Haß
erzogen wurden, ist doch wohl trotz all dem Scheindemokratismus,
den man der Welt immer und immer vortäuscht, für die
Deutschen in bezug auf eine gerechte Behandlung von Steuerleistung
nichts gutes zu erwarten.
Jetzt da der Staat infolge seiner geradezu
sinnlosen Millionen- und Milliardenverschwendung sich in ständigen
Geldnöten befindet und sogar die Kassen für Elementarschäden
völlig leer sein sollen und sich nun notgedrungen auch an
seine Überpatrioten wenden muß, Opferwilligkeit zu
betätigen, da erheben sich auch schon in den èechischen
Blättern gegen diese Art von Finanzwirtschaft laute Stimmen.
Wenn wir einen kleinen Vergleich unserer
Steuerleistung mit einigen anderen Staaten anstellen, so ergeben
sich folgende Ziffern: Nach den statistischen Quellen des Jahres
1924 kamen in Frankreich 1039, in Italien 820, in Deutschösterreich
430, in der Èechoslovakei 1260 Kè
auf den Kopf der Bevölkerung. Der Moloch Militarismus erforderte
per Kopf der Bevölkerung 170 Kronen. Und das französische
Oberkommando erheischte damals einen Jahresaufwand von 46 1/2
Millionen Èechokronen.
Diese wenigen, namentlich aber die letzteren
Ziffern beweisen, daß die von den Staatslenkern betriebene
Großmanssucht Unsummen verschwendet und verausgabt, welche
die Volkswirtschaft dieses Staates auf die Dauer nicht ertragen
kann. Auch das übergroße, von den Regieführenden
betriebene repräsentative Auftreten im Auslande und Inlande
erheischt unzählige Millionen. Wir sind ein Kleinstaat und
führen einen Haushalt wie eine Großmacht. Und auch
das Korruptionswesen hat in diesem Staate vom Spiritus bis zum
Kabel und Benzin Erscheinungen gezeitigt, welche das Ansehen desselben
nach innen und außen stark herabsetzen.
Auch das System der gebundenen Spirituswirtschaft
ist überflüssig. Die gebundene Spirituswirtschaft wurde
schon im Jahre 1922 als unhaltbar erklärt, und es hatte ja
auch, insoweit mir bekannt ist, sich der Ministerrat schon am
18. März 1922 im Prinzipe für die Freiheit der Produktion
und des Handels mit Spiritus bei gleichzeitiger gehöriger
Regelung der Spiritussteuer, d. h. deren angemessenen Erhöhung
ausgesprochen. Insoferne es sich um die Zweckmäßigkeit
der Spiritusverwertungsgesellschaft handelt, kann bezüglich
deren Überflüssigkeit kein schlagenderer Grund angeführt
werden als die Erklärung eines ihrer leitenden Funktionäre,
"daß das System der Gesellschaft ohne den heimischen
Konsum der Staatsverwaltung gegenüber seine Berechtigung
verliert". D. h. einziges Verdienst zu Gunsten des Staates
ist die Einhebung des staatlichen Anteiles per 800 Kè an
dem offiziellen Spirituspreise. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda inž. Dostálek.)
Diese einzige Tätigkeit der Gesellschaft
für den Staat, welche schon längst überflüssig
war, wenn man die 800 Kè, gesetzlich als ordentliche Spiritussteuer
festgelegt hätte, diese belastete den Spirituspreis und die
heimischen Konsumenten ganz wesentlich. Laut Bilanz
der Spiritusverwertungsgesellschaft für die Kampagne 1924/25
betrug die Verwaltungsregie 10,407.851 Kè und die Absatzregie
35,386.015 Kè. Wenn man solche Riesensummen zur Verfügung
hat, so kann man leicht an Verwaltungsräte und Minister Gaben
verabreichen, die mit dem Begriff ehrliches
Verdienen sehr schwer in Einklang zu bringen sind.
Nur diese zwei Regien, welche durch gesetzliche Festlegung des
800 Kè Staatsanteiles am Spirituspreise als ordentliche
Steuer und Freigabe der Spirituswirtschaft in Wegfall kämen,
belasten den Preis von reinem Spiritus für den Inlandskonsum
um mehr als 150 Kè per Hektoliter, dieses beweist wie überflüssig
die Einhebetätigkeit der Gesellschaft schon längst geworden
ist. Es ist geradezu verwunderlich, daß die Finanzverwaltung
einen Gesetzentwurf über die Erhöhung der Spiritussteuer
um 280 Kè per Hektoliter reinen Spiritus in Vorlage bringt,
also um wieviel sie aus dem Spiritus mehr verlangt.
Es wäre sicher Optimismus, hieraus vielleicht
deduzieren zu wollen, wie sich ließe und wie man
könnte, daß diese 280 Kè, als Ersatz für
den 800 Kè Anteil des Staates am Spirituspreis dienen sollen,
da dieser im ernsten Widerspruche, mit dem den Konsumenten in
Bezug auf Belastung mit öffentlichen Abgaben durch die Verfassung
der Èechoslovakischen Republik
gewährleisteten Rechte steht. Bei diesem 800 Kè-Anteil
des Staates am Spirituspreise soll es trotz des angeführten
Widerspruches auch fernerhin bleiben, selbst ungeachtet des Umstandes,
daß um denselben bei importiertem Spiritus und ebensolchen
Spirituosen an Spiritussteuer weniger bezahlt wird - hier wiederum
eine Einfuhrprämie, vielleicht um ein würdiges Gegenstück
zu der den Spiritusfabriken verdeckt gewährten Ausfuhrprämien
zu haben - und es fand sich für dessen Begründung die
Formel "Freiwillige Abgabe" der Spiritusindustrie! Warum
muß der Konsument mit ihr auch einen Beitrag an die Spiritusfabriken,
sowie zu deren Organisation, welche die Spiritusverwertungsgesellschaft
ihrem Wesen nach ist, und zu ihren Geschäften leisten?
Diese Leistung ist, wie in folgenden
Zahlen bewiesen wird, keine geringe. In dem Preise eines Liters
Spiritus, welcher 35.30 Kè im großen kostet, bezahlt
der Konsument an den Staat 24.26 Kè, an die Spiritusfabriken,
für deren Geschäfte und deren Gesellschaft 7.80 Kè,
während der Preis des Spiritus selbst nur auf 3.24 Kè
zu stehen kommt. Es sind also rund 90% an staatlichen Steuern
und sonstigen Abgaben zu zahlen: wo bleibt da die Anwendung des
Wuchergesetzes?
Wenn wir wiederum einen Vergleich mit anderen
Staaten ziehen, so ergeben sich nach Èechokronen
folgende Zahlen: Steuerbelastung: in Österreich 11.30, in
Ungarn 11.50, in Jugoslavien 14.95, in Rumänien 4.25 und
in der Èechoslovakei 24.60 Kè per Liter. Die Spirituspreise
in den verschiedenen Ländern sind, wie folgt:
in Österreich 23.15 Kè, in Ungarn 24.15, in Jugoslavien
22.75, in Rumänien 7.80, in Polen 32 und Deutschland (Monopol)
34.30 und in der Èechoslovakei 35 bis 45 Kè.
Wir haben demnach, wie ich in wenigen Ziffern dargetan habe, in
der Èechoslovakei, in dem Lande, wo nach Aussage von èechischen
Schwärmern Milch und Honig fließt und alles in Hülle
und Fülle sein sollte, die höchste Spiritussteuer und
die höchsten Spirituspreise.
Der Spiritusabsatz betrug in der Campagne 1921/22
320.000 Hektoliter, in der Campagne 1924/25 272.000 Hektoliter.
Der Rückgang des Konsums nimmt auch in
der gegenwärtigen Erzeugungsperiode ständig zu, was
ja wohl zum Teil mit in der herrschenden Wirtschaftskrise zu suchen
ist.
Trotz der Annahme, daß sich der Konsum
wegen der schon seit dem Herbst drohenden Spirituspreiserhöhung
stark eingedeckt hätte, sind wir gegen die gleiche Periode
des Vorjahres um tausend Hektoliter zurückgeblieben.
Es ist anzunehmen, daß der Konsumrückgang
schon in der laufenden Campagne bei unveränderten Preisen
zumindest 5% betragen wird, nicht wie der Herr Finanzminister
annimmt, nach Einführung der Erhöhung, und da nimmt
er für den 5%igen Rückgang nur eine Übergangszeit
von 5 Monaten an, gering gerechnet müßte man aber einen
8-10%igen Rückgang erwarten.
Laut Rechnung des Finanzministeriums war der Ertrag von 272.000
Hektolitern X 2.200 = 603,840.000 Kè, bei einem Konsumrückgang
von 10%, das ist 27.000 Hektolitern 244.800 Hektolitern X 2500
- 612,000.000 Kè, mithin eine Mehreinnahme von 8,160.000
Kè. Dabei nimmt der Staat an Umsatzsteuer bei 27.200 Hektolitern
X 206 um 5,603.200 Kè weniger ein.
Auch die Länder bekommen aus der erhöhten
Einnahmsziffer um 27.200 X 200 weniger. Diese Ziffer ist wohl
in den Mehreinnahmen enthalten, fehlt aber in der Länderwirtschaft.
Es ist auch das Rechenexempel der Erhöhung von 12.20 auf
15 Kè ein sehr fragwürdiges.
Was die Nachversteuerung anbelangt, so ist
auch diese glatt abzulehnen.
Der Herr Finanzminister schätzt den Effekt
auf 2 Millionen Kronen, weil er annimmt, daß größere
Vorräte vorhanden sind. Seine Annahme dürfte aber eine
zum Teile irrige sein. Die herrschende Geldknappheit die mit der
derzeit bestehenden allgemeinen Wirtschaftskrise im Zusammenhange
steht, ermöglicht es ja den meisten Wirten überhaupt
nicht, sich mit Vorräten einzudecken.
Der Apparat der Nachversteuerung, der ja 60
Tage in Permanenz bliebe, würde den Staat sehr viel kosten
und der Effekt wäre sicher im Verhältnis zu den Ausgaben
nur minimal, eines nur bliebe übrig: die Sekatur.
Über die Zuckersteuer will ich ganz gedrängt nur folgendes
sagen: Die Zuckersteuer betrug im Frieden 38 Goldkronen und sie
beträgt derzeit 124 Èechokronen, hiezu soll eine neue
Steuererhöhung von 60 Kè kommen, sodaß die Besteuerung
unter Hinzurechnung dieser 60 Kronen auf 184
Kronen hinaufsteigen würde.
Der Zuckerkonsum hat in der Zeit von 1919 bis
1925 keine besonders wesentliche Steigerung erfahren.
Die Zuckerindustrie selbst setzt der Erhöhung um 60 Kè,
wovon sie zwei Drittel, das sind 40 Kronen,
selbst tragen will, keinen Widerstand entgegen. Da man doch wohl
nicht annehmen kann, daß dieses eine Handlung ihrerseits
ist, die menschlichen und sozialen Mitgefühlsempfindungen
entsprungen ist, so gewinnt man die Überzeugung, daß
entweder die bisherige Verdienstmöglichkeit der Zuckerindustrie
eine riesengroße war, oder aber, daß, wenn diese Annahme
irrig ist, eine qualitative Verschlechterung des Zuckers zu erwarten,
durch die geplante Mehrbesteuerung zu erwarten ist.
Von Seiten der Kosumenten soll ein Drittel,
das sind 9.20 Kronen, getragen werden.
Wenn man annimmt, daß per Kopf der Bevölkerung im Jahre
30 kg Zucker verbraucht werden, so kommt dies einer Erhöhung
von 6 Kè jährlich gleich.
Der Herr Finanzminister nimmt die Hälfte
an, die Rechnung dürfte aber nicht stimmen.
Da nun, wie ich zahlenmäßig bewiesen
habe, Spiritus und Zucker, zwei der wichtigsten und begehrtesten
Konsumartikel, schon mit geradezu erdrückenden Steuern und
Abgaben belastet sind und auch im Hinblick auf die geradezu trostlosen
herrschenden Wirtschaftsverhältnisse und die dadurch gesunkene
Kaufkraft der Bevölkerung, bin ich der Ansicht, daß
jede geplante Erhöhung einfach abzulehnen ist.
Da der Zucker für das Leben der Gesamtbevölkerung
infolge seiner mannigfaltigen Verwendbarkeit geradezu unentbehrlich
ist, so muß ich meiner Verwunderung und zugleich meiner
Entrüstung Ausdruck verleihen, wie man überhaupt daran
denken konnte, eine weitere Steuererhöhung des Zuckers anzufordern.
Auch aus dem derzeit amtlich festgesetzten
Preise des Spiritus erhält der Herr Finanzminister ehe schon
so viel, als er zur Stabilisierung des Staatsvoranschlages aus
dem Spiritus unbedingt benötigt.
Wenn die unzähligen Millionen und Milliarden,
die man seit Bestand des Staates schon an Steuern herausgepreßt
hat, noch nicht hinreichen, um dringend notwendige soziale Reformen
und Einrichtungen finanzieren zu können, dann mache man in
Regierungskreisen endlich einmal Ernst und man biete der geradezu
sinnlosen Geldverschwendung für unproduktive Zwecke endlich
einmal Halt!
Deutsche Schulen werden gesperrt oder mit Gewalt
beschlagnahmt, dafür aber errichtet man in deutschen Städten,
wie dies auch in Trautenau der Fall ist, Trutzbauten mit Millionenaufwänden.
Wir betreiben einen repräsentativen Luxus wie ihn kaum irgend
eine europäische Großmacht hat und vieles andere mehr.
Wenn man den Cäsarenwahn, von dem die
führenden und leitenden Kreise dieses Staates leider noch
immer erfaßt sind, beiseite stellen würde, so könnten
für soziale und produktive Zwecke alljährlich viele
Hunderte von Millionen freigemacht werden.
Auch ich vermag zu beurteilen, daß die
Lösung finanzieller Erfordernisse in einem Staate keine leichte
ist, und ich erkenne die schwierige Situation, in welcher sich
gegenwärtig der Herr Finanzminister befindet. Es ließe
sich aber Wandel und Besserung schaffen, wenn man mit Ernst daran
ginge, die Ausgaben für die von mir bekrittelten Zwecke in
das Maß der Vernunft in die der Bevölkerungsanzahl
entsprechende Tragfähigkeit ehestens hinüberleiten würde.
Aus den von mir dargelegten Gründen wird
die Deutsche Nationalpartei gegen jede weitere Belastung von Spiritus
und Zucker stimmen. (Potlesk poslancù nìm.
strany národní.)
Hohes Haus! Bevor ich mich mit den beiden Vorlagen
beschäftigte, möchte ich namens meines Klubs hier eine
Erklärung zu den Vorgängen am Samstag abgeben.
Der Herr Präsident hat am Schluß
der letzten Sitzung sein Bedauern über die Szenen ausgesprochen,
die sich bei der Abstimmung der Kongruavorlage abspielten. Er
hat aber übersehen festzustellen, daß das Verschulden
daran vor allem den amtierenden Vizepräsidenten trifft, der
durch die Art der Verhandlungsleistung jede Objektivität
der Minderheit gegenüber vermissen ließ, nicht minder
aber den Berichterstatter, der gegen die Geschäftsordnung
die Leitung der Sitzung zu beeinflussen versuchte. Darum stellen
wir neuerlich fest, daß in diesem Parlamente nicht eher
eine ruhige Atmosphäre geschaffen werden und ein geordnetes
Verhandeln möglich sein wird, als bis sich die Mehrheit dazu
entschließt, so wie es in allen anderen Parlamenten der
Welt geschieht, die Geschäftsordnung korrekt und loyal im
Einvernehmen mit allen Parteien, auch denen der Minderheit, zu
handhaben. Wir erneuern aus diesem Grunde unsere Forderung nach
regelmäßiger Einberufung der Obmännerkonferenz.
Was aber die Abstimmung selbst betrifft, die unter so unwürdigen
Umständen vor sich gegangen ist, so ist dieselbe selbstverständlich
für uns null und nichtig. Eine Abstimmung, bei der niemand
im Hause wußte, worüber abgestimmt wird, bei welcher
nicht einmal die stimmenzählenden Schriftführer den
Antrag kannten, dessen Ergebnis sie festzustellen hatten, eine
Abstimmung, bei welcher kein Enunziat des Präsidenten verstanden
werden konnte, ja bei der schließlich ein Enunziat überhaupt
nicht mehr erfolgt ist, eine solche Abstimmung kann nicht der
Willensmeinung des Parlaments Ausdruck geben und kann keinen gültigen
Beschluß herstellen. Darum stellen wir fest, daß die
Kongruavorlage nicht geschäftsordnungsmäßig erledigt
wurde und daß wir die Abstimmung nicht anzuerkennen vermögen.
Nun zu den beiden Vorlagen selbst. Vor uns
liegen zwei Gesetzentwürfe über Steuererhöhungen,
u. zw. sollen davon Zucker und Branntwein betroffen werden. Die
Einnahmen hievon dienen der Bedeckung der in der vorigen Woche
beschlossenen Gesetzvorlagen, und es ist sicher, daß sie
sich neben den Zöllen in jedem einzelnen Haushalt auswirken
werden. Ich möchte daran erinnern, daß seinerzeit der
Finanzminister Beèka anläßlich
einer Steuerdebatte im Budgetausschuß die Erklärung
abgegeben hat, daß die Steuerleistung des einzelnen Individuums
in der Èechoslovakei bereits überspannt sei und eine
weitere Belastung unerträglich wäre.
Ich erinnere Sie weiters daran, daß sich im Vorjahre Tausende
und Abertausende von Steuerträgern in allen Gebieten der
Republik zusammengefunden haben, um gegen die unerhörte Steuerbelastung
zu protestieren, und daß in dieser Frage in allen Volkstämmen,
also auch bei den èechischen Steuerträgern, volle
Einmütigkeit herrschte. Die großen Wirtschaftsorganisationen
haben zu wiederholtenmalen das Steuerproblem aufgerollt, übereinstimmend
sind Finanzwissenschaftler, Wirtschaftsorganisationen und Steuerträger
der Ansicht, daß unser Ausgabenetat den Wirtschaftsverhältnissen
des Staates nicht entspricht, daß wir weit mehr ausgeben,
als wir finanziell ertragen können und die wichtigste Aufgabe
darin bestehen müsse, das Budget unserer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit anzupassen.
Dr Engliš, der Finanzwissenschafter
und Professor, hat am 1. April 1925 in der Handels- und Gewerbekammer,
nachdem er das Steuerproblem besprochen hatte, folgendes ausgeführt:
"Das Problem besteht in der Notwendigkeit, dem Umfang des
Budget der Währung anzupassen. Solange dies nicht erreicht
ist, übt der Staat einen übermäßigen Druck
auf die Volkswirtschaft aus und stört deren Gleichgewicht,
was vom Währungsstandpunkte nicht gleichgültig ist."
In einem anderen Vortrag in Bratislava am 1. September 1925 besprach
Dr. Engliš wieder unsere Finanzwirtschaft, und nachdem
er die einzelnen Steuergattungen und deren Rückwirkung aufgezählt
hatte, sagte er: "Das Steuersystem in unserer Republik ist
auf diesem Gedankengang aufgebaut. Bei uns ist aber die Höchstgrenze
der Steuerleistungsfähigkeit bereits überschritten und
der Staat wird eine Ökonomisierung vor allem durch eine Reform
der Verwaltung, durch eine Lösung der Militärfrage herbeiführen
müssen, um die Steuersätze herabzusetzen. Wir haben
auch gewisse Steuern, die nach dem Umsturz als Notsteuern eingeführt
wurden, heute aber durchaus nicht mehr am Platze sind, wie die
Kohlensteuer und die Umsatzsteuer." So spricht der Volkswirt
Dr Engliš, solange er als Professor an der Lehrkanzel
wirkte. Seit seinem Antritt als Finanzminister hat sich aber bei
ihm eine Wandlung vollzogen, die besonders in seinem Exposée
im Budgetausschuß kraß zum Ausdruck kam. Ich will
nur einen Satz davon herausgreifen. Er sagte: "Die Umsatzsteuer
muß auch fernerhin ein fester Pfeiler für das finanzielle
Gleichgewicht des Staates und aller autonomen Verbände bleiben.
Auch bei der Steuerreform rechnen wir mit ihr und wenn seinerzeit
sich die Unternehmer ihrer Übermäßigkeit widersetzten,
begreifen sie, daß es bloß als Folge der Ergiebigkeit
dieser Steuer möglich ist, die Last der Erwerbsteuer herabzusetzen."
Von dieser Steuer, die Dr Engliš als unmoralisch bekämpfte,
von der er sagte, daß sie prozentuell deswegen ungerecht
sei, weil sie mit dem gleichen Prozentsatz den größten
und den kleinsten Konsum belastet, von der sagte er weiters: "Was
für einen Einfluß wird diese Steuer auf den Konsum
haben? Jeder, der von festen Bezügen lebt, wird, wenn alles
teuerer wird - und ich rechne, daß sich alles auf diese
Weise für den Anfang um 4 bis 5% bei allen Lebensmitteln
verteuert - sich naturgemäß für seine Bezüge
weniger kaufen können und daher weniger konsumieren, die
Verteuerung hat daher denselben Erfolg wie eine Verkürzung
der Bezüge." Und diese Steuer, die Dr Engliš
im Jahre 1919 und 1920 in Grund und Boden verdammt, sie wird plötzlich
zum festen Eckpfeiler für das finanzielle Gleichgewicht bei
dem Finanzminister Dr Engliš. Man erschreckt förmlich
über diese Wandlung, die sich in so rascher Folge vollzogen
hat. Alles soziale Empfinden für die Notlage der minderbemittelten
Klassen hat aufgehört. Schutz einer kleinen Gruppe von Kapitalisten
ist die Devise geworden und, von diesem Geiste getragen, sollen
die neuen Steuerquellen als natürliche und reich fließende
Einnahmsquelle erschlossen werden.