Hohes Haus! Das Staatsbeamten- und Lehrergesetz
sollte schon im alten Parlament verabschiedet werden. Im Namen
der fünf Koalitionsparteien hatte Ministerpräsident
Švehla am 15. Oktober v. J. erklärt, diese Vorlage
solle ein dauerndes Werk sein, ein Definitivum, ein vollkommenes
Werk. Nach den Wahlen gab Švehla hier im Hause das
Versprechen ab, die Gehälter der Staatsbeamten und Lehrer
bestmöglich zu regeln. Das Versprechen, sagte er weiter,
werde in vollem Umfange eingehalten werden. Eine ähnliche
Erklärung gab hier im Hause Ministerpräsident Èerný
ab.
Ist die Vorlage in ihrer jetzigen Fassung wirklich
ein Definitivum, wirklich ein dauerndes, ja sogar ein vollkommenes
Werk? Dieses hohe Lob könnten wir den Vorlagen nur dann spenden,
wenn die Staatsbeamten und Lehrer nach dem neuen Gesetz zumindest
die Friedensbezüge erhielten. Davon sind wir aber sehr weit
entfernt. Der Mehraufwand gegenüber den bisherigen Ausgaben
ist perzentuell sehr bescheiden: Bei den Staatsbeamten 11% und
bei den Lehrern etwa 10%. (Posl. Wünsch: Die deutschen
Zollparteien konnten das doch verbessern und verlangen!) Wir
haben als Zollpartei mit dieser Angelegenheit nicht das geringste
zu tun. In rechtlicher Beziehung bedeutet das Gesetz durch die
Abschaffung der bisherigen Zeitvorrückung einen Rückschritt,
der von den deutschen Staatsangestellten als schwerer Schlag empfunden
werden muß. Gesetze dieser Art können nicht als ein
Definitivum, nicht als ein dauerndes und nicht als vollkommenes
Werk bezeichnet werden. Eine derartig anmaßende Sprache
müssen wir entschieden ablehnen. (Posl. Wünsch: Auf
einmal sind Sie wieder oppositionell!) Wir geben aber gern
zu, daß die beiden Gesetze gewissen Kategorien, besonders
den Ledigen und einigen Kategorien der Akademiker, in materieller
Beziehung Verbesserungen bringen.
Ich will vorerst die Grundlagen dieser beiden
Gesetze besprechen. Der Motivenbericht erklärt, die Beamten
seien nach der Dienstleistung, nach der Vorbildung und nach ihrer
Verantwortung zu bezahlen. Unter der Voraussetzung, daß
die Durchführung dieses Grundsatzes nicht auf Kosten der
niedrigen Kategorien geschähe und daß deutsche Beamte
die Möglichkeit hätten, die höchsten mit großer
Verantwortung verbundenen Posten zu erhalten, unter diesen Voraussetzungen
würden wir diesen Grundsatz begrüßen.
Im Zusammenhang damit wenden wir uns schärfstens
gegen die Abschaffung der jetzigen Zeitvorrückung. Nach den
Erfahrungen der letzten Jahre wissen wir, was das für uns
bedeuten kann. Zehntausende deutscher Beamten und Staatsangestellten
wurden aufs Pflaster geworfen, nicht wegen Unfähigkeit,
einzig und allein ihrer Nation wegen. Es ist die Gefahr vorhanden,
daß das neue Staatsbeamtengesetz dazu mißbraucht wird,
viele tüchtige deutsche Staatsbeamte ihren èechischen
Kollegen gegenüber zurückzusetzen, Die
Erringung der Zeitvorrückung, die gleichbedeutend war mit
einem Zurückdrängen der Protektion mit allen ihren Begleiterscheinungen,
wurde vor Jahren von den Staatsbeamten aller Nationen freudigst
begrüßt. Dieselben Parteien, die den Staatsbeamten
dieses Geschenk der Revolution gegeben haben, dieselben Parteien
geben sich dazu her, den Beamten diese Errungenschaft zu entreißen.
Bekämpfen müssen wir die Bestimmung des Gesetzes, die
Frauenzulagen abzubauen, die Kinderzulagen zu ermäßigen.
(Posl. Wünsch: Welcher Art denn?) Herr Kollege, lesen
Sie das Gesetz und Sie werden es selbst sehen. Die Zahlen, die
ich Ihnen nennen werde, werden Sie davon überzeugen. Bisher
erhielten die Staatsbeamten 323 Millionen Kronen an sozialen Zulagen,
nach dem neuen Gesetz nur 168 Millionen. Bei den Lehrern sinkt
diese Ziffer von 29 auf 7 Millionen. Wäre der Gehalt der
Staatsbeamten und Lehrer so groß, daß sie vom Gehalt
allein ihre Familien ernähren könnten, dann würden
wir uns mit dem Grundsatze abfinden, nur den Beamten, nicht aber
auch seine Frau und seine Kinder zu bezahlen. So lange aber die
Staatsangestellten nicht so bezahlt werden, daß sie vom
Gehalt allein ihre gesamte Familie ernähren können,
solange ist der Staat, der nicht nur zum Steuereintreiben und
nicht nur zum Abrichten der Soldaten da ist, solange ist der Staat,
der vor allem soziale Pflichten hat, verpflichtet, durch angemessene
Zulagen die Erhaltung der Familien zu erleichtern. Eine Staatsverwaltung,
die diesen Grundsatz mißachtet, vergeht sich aufs schwerste
gegen das Gemeinwohl. Die Statistik des In- und Auslandes sagt
uns, daß die Zahl der Geburten in erschreckendem Maße
sinkt. Gewiß werden Frauen- und Kinderzulagen allein diesem
Übel nicht abhelfen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,
die Erhöhung des Einkommens, die Linderung der Wohnungsnot,
besonders aber die Vertiefung des religiösen Bewußtseins:
das sind unserer Ansicht nach die richtigsten Mittel, den Geburtenrückgang,
diese größte Gefahr jedes Volkes, zu bekämpfen.
Ganz ungerechtfertigt war es, die Anwärterfrist
zu verlängern. Es ist für jeden Anwärter ein deprimierendes
Gefühl, durch so und so viele Jahre das Damoklesschwert der
Entlassung über seinem Haupt zu haben. Eine Anwärterfrist
von 1 bis 2 Jahren würde voll und ganz genügen. Es wäre
nicht nötig gewesen, daß die Èechoslovakei
ausgerechnet mit diesen traurigen Bestimmungen an der Spitze aller
Kulturstaaten marschiert.
Ganz und gar müssen wir die Schaffung
einer vierten, einer Ortsklasse D verwerfen. Im kleinen Österreich
gibt es drei Ortsklassen. In der Ortsklasse A sind alle Orte eingereiht,
die über 10.000 Einwohner haben, dazu kommen aber sehr viele
Orte mit unter 10.000 Einwohnern, die im Wege der Verordnung in
diese Gruppe eingereiht worden sind. In die Ortsklasse B gehören
in Österreich Orte mit 3 bis 10.000 Einwohnern. Dazu muß
bemerkt werden, daß auch dort viele Orte mit unter 3000
Einwohnern, wo Teuerung herrscht, ebenfalls in diese Gruppe eingereiht
worden sind. In die Gruppe C gehören Orte mit unter 3000
Einwohnern. Wir verlangen neuerdings, die Ortsklasse D sei abzuschaffen.
Dies vor allem deshalb, weil Beamte und Lehrer, die in Orten mit
unter 2000 Einwohnern wohnen, in der Regel nicht billiger leben,
als ihre Kollegen in größeren Orten. Die kleine Verbesserung
der betreffenden Paragraphen, daß solche Angestellte, deren
Kinder im Studium sind, die Bezüge der Ortsklasse C bekommen,
genügt uns absolut nicht.
Außerordentlich enttäuscht waren
wir über die Bestimmung, daß jene, die vor dem 1. Jänner
1926 pensioniert wurden, nicht unter das neue Gesetz fallen. Wir
haben einige Kategorien von Altpensionisten. Das Verlangen der
Pensionisten, daß alle Pensionisten, mögen sie wann
immer pensioniert worden sein, nach denselben Richtlinien zu bezahlen
sind, dieses Verlangen ist gerecht und wir werden nicht ruhen,
bis das an den Altpensionisten verübte Unrecht vollkommen
gutgemacht wird. (Sehr richtig!) Das Pensionistenelend
ist eine Kulturschande und wenn zur Beseitigung dieser Kulturschande
200 bis 300 Millionen Kronen nötig gewesen wären, müßte
diese Summe bereitgestellt werden. (Souhlas.) Bei
dieser Gelegenheit richte ich Ihre Aufmerksamkeit auf das Pensionistenelend,
das jene Männer betrifft, die 30 bis 40 Jahre im Dienst gestanden
sind und deren Staatszugehörigkeit weder von der Èechoslovakei
noch von den Nachfolgestaaten anerkannt wird
und die nicht unter den sogenannten römischen Vertrag fallen.
Es handelt sich hier um einige hundert Personen und ich meine,
es wäre hoch an der Zeit, wenn die Regierung endlich einmal
eingreifen und diesen Leuten zumindest Vorschüsse geben würde
auf die zukünftige Regelung ihrer Bezüge.
Nichteinverstanden können wir uns mit
dem Ausmaß der Urlaube erklären. Hätte man besonders
den Angestellten der niedrigen Kategorien, so wie wir es im sozialpolitischen
Ausschuß beantragt hatten, längere Urlaube gewährt,
so würde dies sicherlich dem Staat gar keine Mehrbelastung
kosten, der Staat selbst würde daraus die größten
Vorteile ziehen. Ein Angestellter, der jahraus, jahrein schwere
Arbeit leisten muß, ohne die Möglichkeit zu besitzen,
durch einen längeren Erholungsurlaub die verbrauchten
Kräfte zu ersetzen, kann seinen Dienst unmöglich voll
und ganz versehen. Die Wissenschaft hat einwandfrei nachgewiesen,
daß nicht nur bei manuellen, sondern auch bei Geistesarbeitern
die Arbeitsleistung sinkt, wenn nicht genügend lange Arbeitspausen
eingeschaltet werden.
Im Zusammenhang damit müssen wir darauf
verweisen, daß die Mutterschaftsurlaube zu kurz sind. Wenn
einmal verheiratete Lehrerinnen und Beamtinnen angestellt sind,
dann müssen ihnen auch genügend lange Mutterschaftsurlaube
gegeben werden.
Man hat uns wiederholt gesagt, daß nach
dem neuen Gesetz unsere Beamten und Lehrer weitaus besser bezahlt
sein werden als ihre Kollegen in den Nachbarstaaten. Das mag für
einige Länder gelten, aber für andere, wieder nicht.
Auf der anderen Seite müssen wir aber darauf hinweisen, daß
die Gesetze anderer Staaten direkt beneidenswerte Bestimmungen
enthalten. Im armen Österreich werden nicht nur so wie bei
uns die Kriegshalbjahre eingerechnet, sondern es existiert auch
dort eine Bestimmung, die ungefähr folgendes besagt: Jenen
seit dem 1. Mai 1920 ununterbrochen verwendeten Kriegsbeschädigten,
deren Erwerbsunfähigkeit mit mindestens 15% beziffert ist,
wird für jedes der Kalenderhalbjahre zwischen dem 1. Juni
1914 und dem 31. Dezember 1918, soferne sie aktiven Militärdienst
geleistet haben, je ein ganzes Jahr hinzugerechnet.
Ein Kapitel besonderer Art sind die Bestimmungen,
die von der Überleitung in das neue Gehaltsgesetz handeln.
Selbst Fachmänner wissen nicht, wie sich diese Bestimmungen,
die einer Geheimwissenschaft ähnlich sind, in der Praxis
auswirken werden. Für jeden Fall verwahren wir uns dagegen,
daß die Bestimmungen im § 17, Absatz 2, dazu verwendet
werden sollten, deutsche Staatsbeamte zu benachteiligen. Die betreffende
Bestimmung sagt, daß für die Beförderung die Eignung,
Verwendbarkeit und Vertrauenswürdigkeit maßgebend sind.
Was ist denn das Vertrauenswürdigkeit? Wir müssen feststellen,
daß es fast keinen einzigen Bahnhofsvorstand deutscher Nationalität
mehr gibt, Es wird ganz einfach gesagt, daß man deswegen
nicht vertrauenswürdig ist, weil man ein Deutscher ist. Bei
dieser Gelegenheit fordern wir neuerdings für unsere deutschen
Siedlungsgebiete hinreichend viel deutsche Beamte. Wir verlangen,
daß auch in den Ministerien deutsche Beamte angestellt werden.
Was im alten Österreich möglich war, das muß auch
hier möglich sein. Ich erkläre Ihnen hier, daß
wir nicht rasten und ruhen werden, bis diese Forderungen erfüllt
sind. Darauf hat unser Volk Anspruch und darauf haben auch unsere
Beamten Anspruch, die in ihrer Pflichttreue und Sachkenntnis jedem
Vergleich standhalten. (Souhlas na levici.)
Ich will mich beim Beamtengesetz nicht in Detailfragen
einlassen. Wir haben ja schon seinerzeit im sozialpolitischen
Ausschuß Gelegenheit gehabt, die einzelnen Wünsche
der Staatsbeamten zu verdolmetschen.
Gestatten Sie mir nun einige Worte zum Lehrergesetz.
Ich habe seinerzeit in einer Sitzung des Subkomitees des sozialpolitischen
Ausschusses den Antrag gestellt, das Lehrergesetz ganz zu Fall
zu bringen und alle Lehrer in das Staatsbeamtengesetz einzureihen.
Diesem Antrag hatten damals die meisten Vertreter der èechischen
Parteien zugestimmt, später aber haben sie ihr Wort zurückgenommen.
Es ist nun einmal Tatsache, daß die Parität der Lehrer
nicht hergestellt ist. Im Motivenbericht zum Gesetz vom 23. Mai
1919, Sammlung 274, stehen einige Sätze,
die wir immer und immer wieder zitieren müssen. Es heißt
dort unter anderem: "In der Gleichberechtigung der Lehrerschaft
mit den Staatsbeamten ist ein weit größerer moralischer
als ein materieller Erfolg zu erblicken." Weiter: "Die
Lehrerschaft fühlte überdies die große Demütigung
ihres Standes und die Entwertung ihrer Kulturarbeit mit vollem
Recht darin, daß ihre Arbeit für das ganze Volk geringer
entlohnt wurde, als die vorwiegend administrative und manipulative
Kanzleiarbeit der Staatsbeamtenschaft." "Es gibt keinen
zweiten Beruf," heißt es im Motivenbericht weiter,
"der eine derartige Anspannung aller geistigen Kräfte
und Nerven erfordern würde, wie dies beim Unterricht in der
Schule der Fall ist, da der Lehrer für die ganze Zeit sämtliche
Sinne auf den Lehrgegenstand und die Schüler konzentrieren
muß." Der Motivenbericht spricht dann weiter von den
Nervenkrankheiten der Lehrer und sagt zum Schluß, daß
von einer Gleichstellung der Lehrer mit den Staatsbeamten die
Schule und das Volk die größten Vorteile hat. Und der
Ansicht sind wir auch heute. Wir müssen nur bedauern,
daß die Parteien, die im Jahre 1919 so sprachen, auf einmal
von der Parität nichts mehr wissen wollen. Ich habe ferner
seinerzeit im sozialpolitischen Ausschuß den Antrag gestellt,
es mögen auch die Kindergärtnerinnen in dieses Gesetz
einbezogen werden, sei es in der Art, daß der Staat den
Gehalt übernimmt, sei es derart, daß der Staat den
Kindergärtnerinnen Mindestbezüge garantiert. (Posl.
dr Petersilka: Es wäre höchste Zeit!) Daß
die Kindergärtnerinnen für das gesamte Volkstum außerordentlich
wichtig sind, wird allgemein anerkannt. Die Regierung hat auch
wiederholt erklärt, sie wisse sehr gut, wie groß die
Not unter den Kindergärtnerinnen sei, sie hat wiederholt
erklärt, sie werde den Kindergärtnerinnen helfen. Wir
müssen aber feststellen, daß die Regierung die erste
Gelegenheit, die sich geboten hat, ihr Versprechen einzulösen,
wiederum hat verstreichen lassen.
Gestatten Sie mir einige Worte zum Kapitel
"Bürgerschullehrer". Die jetzige Gesetzesvorlage
sagt uns, daß ein Lehrer, der an der Bürgerschule angestellt
wird, sofort ein Plus von 480 Kronen im Jahre erhält. Wenn
ein Lehrer mit etwa 20 Dienstjahren die Bürgerschullehrerprüfung
macht und dann an einer Bürgerschule angestellt wird, so
machen diese 480 Kronen 2% seines Gehaltes aus. Im mährischen
Landesgesetz vom Jahre 1904 war eine Bestimmung enthalten, daß
ein Lehrer, der an eine Bürgerschule kommt, sofort ein Plus
von 400 Friedenskronen enthält. Das macht auf die
èechische Krone umgerechnet ungefähr 3000 Kronen aus.
Vergleichen Sie diese 3000 Kronen mit den 480 Kronen von heute,
so müssen Sie uns zugestehen, daß die Beschwerden der
Bürgerschullehrer vollkommen gerechtfertigt sind. Es heißt
im Motivenbericht, daß ein Bürgerschullehrer
am Schlusse seiner Dienstzeit um 4800 K mehr bekommt als sein
gleichaltriger Kollege an der Volksschule. Meine Herren, das stimmt
nur für den Fall, wenn ein Lehrer mit sagen wir 31/2
bis 4 Dienstjahren die Bürgerschullehrerprüfung macht
und dann sofort an einer Bürgerschule angestellt wird. Das
trifft aber in der Wirklichkeit nur in sehr wenigen Fällen
zu. Wir müssen feststellen, daß im alten Österreich
die Spannung der Gehälter zwischen Volks- und Bürgerschullehrern
weit größer war als bei uns, daß diese Spannung
bis zu 37% gegangen ist. Nach der jetzigen Vorlage wird die Spannung
8 bis 10% betragen. Sie werden es verstehen, wenn sich
die Lehrer weigern, wegen einer derartig geringen Spannung ein
jahrelanges Studium auf sich zu nehmen. Wir müssen
feststellen, daß an den èechischen Bürgerschulen
allein mehr als 2000 geprüfte Fachlehrer fehlen, und wenn
die Bürgerschullehrer so schlecht entlohnt werden, so wird
damit die Bürgerschule in ihrer Existenz aufs schwerste bedroht.
Man hat der Lehrerschaft seinerzeit versprochen,
sie werde dort, wo sie noch nicht die volle Parität besitzt,
im Laufe der Jahre alle diesbezüglichen Wünsche erfüllt
bekommen. Ich verweise da nur auf die Ermäßigung bei
den Bahnfahrten. Ein Staatsbeamter erhält auf Grund seiner
Legitimation auf allen Bahnen eine Ermäßigung. Anders
ist das bei den Lehrern. Die bekommen die Ermäßigung
nur dann, wenn sie für jede einzelne Fahrt sich bei der zuständigen
Staatsbahndirektion eine Ermäßigung erbitten, die sie
natürlich bezahlen müssen, und es kommt sehr häufig
vor, daß der betreffende Lehrer von seiner Reise zurückkehrt
und erst eine Woche später kommt die Bewilligung der Ermäßigung.
(Výkøiky.).
Bei dieser Gelegenheit seien noch einige Fragen
besprochen, die mit dem Lehrergesetz nicht in direktem
Zusammenhange stehen. Die Lehrerschaft fordert die Errichtung
von Lehrerkammern. Wir sind neugierig, ob die Èechoslovakei
mit der Verwirklichung dieser Forderung warten wird, bis uns selbst
die Balkanstaaten zuvorkommen werden.
Wir fordern die Reform der Lehrerbildung und
müssen feststellen, daß wir gegenwärtig leider
von einer Reform der Lehrerbildung weiter entfernt sind, denn
je.
Die Stellung der Bezirksschulinspektoren ist
in rechtlicher und materieller Hinsicht unhaltbar. Wir verlangen,
daß die Regierung den schon oft versprochenen Gesetzentwurf
endlich einmal vorlegt.
Eine andere Angelegenheit, auf die ich verweisen
möchte, ist die seelische und die materielle Not der postenlosen
Lehrer, deren Zahl erschreckend groß ist. Versetzen Sie
sich einmal in die Lage eines angehenden Lehrers oder einer angehenden
Lehrerin. Die Lehrerbildungsanstalt ist absolviert, der Kopf ist
voll von Plänen, das Herz erfüllt mit Sehnsucht nach
einem der schönsten Berufe, die es gibt. Es vergeht ein Jahr,
es vergehen 2, 3, 4 Jahre, ehe der Lehrer endlich eine Stelle
findet. Nach 14 Tagen wird er wieder enthoben. So vergeht ein
Jahr nach dem andern. In anderen Berufen kann der junge Mann nicht
unterkommen, und wenn dann endlich die Zeit kommt, da er einen
halbwegs sicheren Posten erhält, da fühlt der Lehrer,
daß der furchtbare Lebenskampf seiner Gesundheit, aber auch
seiner Arbeitsfreude tiefe Wunden geschlagen hat. Ich frage Sie:
Was hat denn die Prager Regierung im Laufe der letzten Jahre getan,
um dieser Junglehrernot abzuhelfen? Ich will nicht in Abrede stellen,
daß z. B. in Deutschland, in Österreich ebenfalls,
viele tausende Lehrer und Lehrerinnen postenlos sind. Aber ich
muß darauf hinweisen, daß z. B. in Deutschland alljährlich
große Summen dazu verwendet werden, um die postenlosen Lehrer
zu unterstützen. Bei uns hat man sich die Sache sehr einfach
gemacht. Man hat ganz einfach ein paar Lehrerbildungsanstalten
aufgelöst, um die Zahl der Absolventen zu vermindern. Mit
diesem Wege, meine Herren, sind wir nicht einverstanden. Bis vor
kurzem hatte jeder Bezirksschulinspektor einen Lehrer als Hilfskraft.
Durch eine kürzlich erfolgte Verordnung wird den meisten
Inspektoren diese Hilfskraft einfach weggenommen, und damit die
Zahl der postenlosen Lehrer vermehrt.
Noch auf etwas anderes möchte ich verweisen.
Im Hultschiner Ländchen gibt es, nach den letzten Wahlen
zu schließen, ungefähr 30.000 Deutsche, die nur 3 deutsche
Volksschulen haben. Man gebe diesen 30.000 Deutschen in Hultschin
die nötigen Schulen, und die Zahl der postenlosen deutschen
Lehrer wird sich beträchtlich verringern. In Südmähren:
Dort haben wir 3 Ortschaften Fröllersdorf, Guttenfeld und
Neuprerau. Die Regierung steht auf dem Standpunkt, daß in
diesen 3 Gemeinden nicht einmal eine deutsche Privatschule errichtet
werden darf, Das ganze Jahr hindurch, Sommer und Winter, ziehen
diese armen deutschen Kinder aus den genannten Ortschaften in
die Nachbargemeinden und die drei Ortschaften können es nicht
durchsetzen, eine deutsche Schule zu bekommen. Wenn 5 èechische
Kinder èechische Minderheitsschulen errichtet bekommen,
dann müssen auch für 15 deutsche Kinder hinreichend
viel deutsche Schulen errichtet werden. Wir stehen auf dem Standpunkt:
gleiches Recht für alle. Wenn wir mindestens soviel
Steuern zahlen als die Èechen, wenn unsere
Brüder Militärdienste leisten, dann verlangen wir auch
auf dem Gebiete des Schulwesens, und nicht nur auf dem Gebiete
des Volksschulwesens, sondern auch für die Mittel- und Hochschule,
die volle Gleichberechtigung. Wenn sich die Èechen von
ihrem eigenen Gelde überflüssige èechische Schulen
bauen wollen, wir werden sie daran nicht hindern. Auf der andern
Seite verlangen wir aber, daß nur wir Deutsche das Recht
haben, überflüssige deutsche Schulen zu sperren. Mit
anderen Worten: Wir verlangen für uns die vollständige
nationale Schulautonomie. (Bravo!)
Als Partei, die auf dem Boden der christlichen
Weltanschauung steht, verlangen wir auch, daß unsere christlichen
Kinder in unseren Schulen im Geiste unserer Weltanschauung erzogen
werden. Es ist eine Tatsache, die Sie nicht aus der Welt schaffen
werden, daß die katholische Kirche im Laufe von Jahrhunderten
Tausende von Volksschulen, Hunderte von Mittelschulen und viele
Universitäten gegründet und viele Jahrhunderte erhalten
hat. Wir lehnen die alte konfessionelle Schule entschieden
ab, aber ebenso die Schule, die unter dem Vorwande der Neutralität,
die es in Wirklichkeit überhaupt nicht geben kann, die
Kinder in einer verschwommenen Humanität erziehen will. Das
katholische Volk bringt alljährlich riesige Opfer für
die Schule, für seine Kinder, und da verlangen wir, daß
Gesetz und Regierung den Elternwillen respektieren. In Frankreich
hat man seinerzeit neben dem Religionsunterrichte den sogenannten
Moralunterricht gesetzt, es hat nicht lange gedauert, so hat man
erklärt, der Religionsunterricht müsse aus den Staatsschulen
entfernt werden, und der Unterricht wurde derartig eingerichtet,
daß der Name Gottes in keinem Lehrbuch mehr geduldet wurde.
Noch einen Schritt weitergegangen ist man in Rußland, wo
jede religiöse Unterweisung untersagt ist. Leute, die Kinder,
die noch nicht 18 Jahre alt sind, in irgendeiner Religion unterweisen,
können bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Wir wissen ganz gut, daß in diesem Staate genug einflußreiche
Leute sind, die uns auf denselben Weg führen wollen, wo heute
Frankreich und schließlich auch Rußland ist. Weil
wir das wissen, deshalb wehren wir uns gegen den Kulturkampf,
den man in der Schule entfachen will. Wir sind der Ansicht, daß
der Moralunterricht für jene katholischen Kinder, die den
Religionsunterricht besuchen, ganz und gar überflüssig
ist. (Posl Wünsch: Nein, der Religionsunterricht ist überflüssig!)
Das ist Ihre Ansicht. Der Herr Abgeordnete Wünsch
hat ja im sozialpolitischen Ausschusse gesagt, daß der
Moralunterricht nichts anderes als eine andere Art von Volksverdummung
ist. (Hört! Hört!) Wir verlangen, daß jenen
Kindern, die an Bittprozessionen teilnehmen wollen und jenen,
die ihre österliche Pflicht erfüllen, diese paar Stunden
freigegeben werden. Wir verlangen weiter, daß in den Unterrichtsgegenständen
zumindest nichts gegen unsere Religion und auch nicht gegen andere
Religionen gesagt wird. Wir verlangen ferner, daß der Staat
alle Privatschulen, selbstverständlich auch die nichtkonfessionellen,
unterstützt. Die Forderung der slovakischen Katholiken, die
Lehrer der slovakischen nichtstaatlichen Schulen seien aus der
Staatskassa, und zwar nach denselben Normen zu bezahlen, wie alle
übrigen Lehrer, begrüßen wir und werden sie immer
unterstützen.
Mögen sich auch gewisse Personen gegen
die Forderungen des christlichen Volkes sträuben, das Volk
hat am 15. November v. J. entschieden, daß es gegen den
Kulturkampf ist. Die Tatsache, daß in Belgien, in Deutschland
und in Holland nach jahrzehntelangen Kämpfen die positiven
Katholiken und Protestanten gesiegt haben, bürgt uns dafür,
daß auch in diesem Staate nach jahrzehntelangem Kampfe das
gläubige Volk siegen wird.
Zusammenfassend sei gesagt: Daß die vielen
bisherigen Gehaltsgesetze in ein Gesetz vereinigt worden sind,
ist an und für sich zu begrüßen. Jene Beamten,
die die neuen Gesetze ausgearbeitet haben, haben sich bemüht,
ein in juridischer Hinsicht brauchbares Gesetz auszuarbeiten.
Daß die neuen Gesetze in materieller und rechtlicher Hinsicht
ganz und gar nicht befriedigen, daran sind jene 6 Parteien schuld,
die die Richtlinien für beide Gesetze gegeben haben. Wir
haben uns im sozialpolitischen Ausschuß bemüht, die
vorliegenden Entwürfe zu verbessern. Es ist uns nicht gelungen.
Wir werden auch in der Zukunft dafür eintreten, daß
die Staatsbeamten und Lehrer jene Bezüge erhalten, die ihnen
gebühren. (Potlesk.)