Pátek 11. èervna 1926

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 30. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní

republiky Èeskoslovenské

v Praze v pátek dne 11. èervna 1926.

1. Øeè posl. Leibla (viz str. 1629 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Bei allen volkswirtschaftlichen Maßnahmen ist in erster Linie zu erwägen, ob dieselben der Allgemeinheit zugute kommen oder nur einzelnen Volksschichten. Wir deutschen Sozialdemokraten sind nie von diesem Grundsatz abgekommen und werden auch bei dieser Zollvorlage diesen Weg einhalten, ohne Rücksicht darauf, ob wir als Partei an Popularität gewinnen oder verlieren. Der vorliegende Antrag auf Schaffung eines neuen autonomen Zolltarifes ist von weitgehendster Bedeutung. Von den Schutzzöllnern wird zu seiner Begründung die wirtschaftliche Notlage der Landwirtschaft angeführt. Ich habe seit vielen Jahren die Diskussion über Zollfragen in den verschiedensten Ländern verfolgt, aber eine so armselige Begründung, wie sie unsere Herren Agrarier und ihre Zollfreunde hier vorbringen, habe ich nirgens gefunden. Wenn man die Verhandlungen im landwirtschaftlichen Ausschuß und auch im Budgetausschuß verfolgt hat, konnte man immer deutlicher und deutlicher bemerken, daß nur die Profitinteressen der Großagrarier maßgebend waren. Wir haben gesehen, daß die Gier nach höheren Profiten das einzige Ziel war, und mit Widerwillen hat man diese Verhandlungen verfolgt. Wenn man die Heuchelei, die Unaufrichtigkeit und Verdrehung der Tatsachen gesehen hat, mit welchem Pathos die Herren die Notlage der Agrarier geschildert haben, wurde man von Widerwillen erfaßt, und immer mußten die Kleinen herhalten, in deren Namen sie vorgaben, die Zölle einführen zu wollen. Mit dem Kleinlichsten ist man gekommen. So hat z. B. der Abg. Windirsch erklärt, daß wer auch nur eine Ziege hat, schon ein Interesse an dem Agrarzolle habe. Herr Abg. Hodina ist schon etwas weitergegangen und hat gesagt, daß wer eine Kuh hat, schon ein Interesse an den Zöllen hätte. Auf einer solchen Basis ist es schwer, eine Diskussion abzuführen. Besonders und vor allem wird die allgemeine Notlage der kleinen Landwirte, der Häusler und Kleinpächter ins Treffen geführt. Daß bei den kleinen Landwirten eine Notlage vorhanden ist, stimmt. Daß man aber jetzt auf einmal das gute Herz für die kleinen Landwirte entdeckt, ist doch eigentümlich. Aller Klasengegensatz scheint aufgehoben und man will die Zölle aus reiner Liebe für die kleinen Landwirte einführen.

Wir Sozialdemokraten sind keine Dogmatiker und so ist auch die Zollfrage für uns kein starres Dogma. Wir beurteilen die Zollfrage vom Standpunkte der Zweckmäßigkeit. Beweisen Sie uns, daß durch die Einführung von Zöllen auf Getreide, Vieh und andere landwirtschaftliche Produkte die allgemeine wirtschaftliche Lage gehoben wird, und wir werden ohne weiteres für die Zölle stimmen. Ja, Sie brauchen nur zu beweisen, daß der überwiegende Teil der Bevölkerung von dieser Maßnahme Vorteile genießt, so werden wir unsere Ansicht revidieren. Sie brauchen uns sogar nur nachzuweisen, daß durch Zollmaßnahmen die landwirtschaftliche Produktion gehoben wird und wir sind bereit, über die Zölle zu verhandeln. Und beweisen Sie schließlich, daß wenigstens den kleinen Landwirten, welche wir ja bisher einzig und allein vertreten haben, geholfen wird und daß die andere arbeitende Bevölkerung keinen Nachteil haben wird, und wir sind bereit für die Zölle zu stimmen. Aber nichts von alledem trifft zu. Wahr ist und bleibt, daß gegenwärtig Getreidezölle nicht zweckmäßig sind und daß deren Einführung nur den großen Agrariern zugute kommt und daß nicht einmal die Mittelbauern einen Nutzen davon haben. Wir stellen den Zollfragen ich will ausdrücklich bemerken, daß wir für den Freihandel sind - kein starres Nein entgegen, aber die Zweckmäßigkeit muß erwiesen sein. Wir geben ohne weiteres zu, daß sich die Landwirtschaft in einer Krise befindet. Die Krisen scheinen leider in diesem Staate der Normalzustand zu werden. Aber Zölle werden eine Krise nicht beheben.

Die Verhältnisse in der industriellen Bevölkerung sind jedoch noch viel trauriger, als die in der Landwirtschaft. Ich bin selbst Landwirt und gebe es ohne weiteres zu. Aber auch in der Landwirtschaft müssen diesbezüglich Unterschiede gemacht werden. Denn hier werden hauptsächlich die kleinen Landwirte betroffen. Die Großagrarier haben immer mehrere Warengattungen zu verkaufen. Sie können mit dem Verkaufe zuwarten, bis sie einen geeigneten Preis dafür bekommen, sie haben einmal Rinder oder Schweine abzugeben, das anderemal Getreide, die meisten haben Waldbesitz und können Waldprodukte verkaufen. Sie sind auch zum großen Teil Industriebesitzer: viele haben Ziegeleien, Steinbrüche, Sandgruben u. s. w., kurz die Großagrarier haben bis jetzt von einer Krise wenig oder nichts verspürt, sie wollen vielmehr durch Einführung der Zölle den Genuß einer höheren Profitrente erlangen. Als Beweis der Notlage konstatieren sie eine beginnende Verschuldung der Landwirtschaft. Ja, das trifft zu. Aber auch hier sind es wieder zum allergrößten Teile die ganz kleinen Landwirte, welche von ihrem kleinen Grundbesitz nicht leben können und als Arbeiter in der Industrie keine Beschäftigung finden, weil eben viele einen kleinen Grundbesitz haben und vom Unternehmer entlassen werden. Ihre Wohngebäude sind seit Ausbruch des Krieges nicht repariert worden und nun müssen sie eine Hypothek aufnehmen, um einesteils die Familie zu ernähren und andernteils um das reparaturbedürftige Anwesen instand zu setzen sowie die rückständigen Steuern zu bezahlen. Wenn also der landwirtschaftliche Besitz verschuldet ist, so kommt da hauptsächlich der kleine Landwirt in Betracht. Als Beweis hiefür dienen uns die Grundbücher. Ich habe mich der Mühe unterzogen und in einigen Dörfern Untersuchungen angestellt und habe gefunden, daß kein einziger Großbauer verschuldet war, sondern ausschließlich Kleinlandwirte. Großbauern und Großagrarier haben bis jetzt keine Ursache, verschuldet zu sein, außer sie werden ausnahmsweise von schweren Unglücksfällen betroffen.

Nun entsteht die Frage: Werden die Getreidezölle die verschuldeten Kleinlandwirte entlasten? Wenn dem so wäre, wären wir sofort bereit, denselben durch Zollmaßnahmen zu helfen. Wir stellen jedoch ausdrücklich fest, daß durch Zölle den kleinen Landwirten nicht geholfen werden kann, weil sie das, was sie produzieren, selbst konsumieren, sie haben also kein Interesse an der Erhöhung der Getreidepreise, ja im Gegenteil, sie haben nur einen Nachteil davon. Die Hälfte der Landwirte erzeugt nicht einmal soviel, als sie für ihren Haushalt brauchen, und sie müssen daher noch zukaufen. Wenn man z. B. eine Abstimmung unter den kleinen Landwirten vornehmen würde, ob sie für oder gegen die Zölle sind, so würden die Zölle bestimmt mit einer großen Mehrheit abgelehnt werden. Wir haben in Böhmen laut Handbuch des Statistischen Staatsamtes 1,483.042 Besitzfälle, davon sind 1,226.283 Besitzfälle bis zu 5 ha und nur 256.000 Besitzer über 5 ha. Es gibt also in Böhmen bloß 17% Landwirte, welche sich selbst versorgen. Ähnlich wie in Böhmen sind die Verhältnisse in Mähren, Schlesien und in der Slovakei. Aber auch Landwirte, welche über 5 ha Boden haben und einen Teil ihrer Produkte verkaufen können, haben keinen Nutzen von den höheren Getreidepreisen, weil durch hohe Lebensmittelpreise sich alle andern Haushaltungsartikel verteuern, und zwar so, daß die Verteuerung der Haushaltungskosten viel höher ist, als der Mehrerlös beim Verkauf der Produkte. Daß die Flachs-, Wein- und Hopfenbauern kein Interesse an Getreidezöllen haben, ist selbstverständlich. Von der Gesamtbevölkerung des Staates haben also höchstens 8 bis 9% einen effektiven Nutzen von den Zöllen.

Ein Argument, welches besonders von den Agrariern für die Zölle und gegen die Einfuhr von Vieh ins Treffen geführt wird, ist die Gefahr der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche. Sie vergessen dabei, daß diese Krankheit im eigenen Lande fast nie erlischt. Das aber die Höhe der Zölle und Einfuhrverbote desinfizierend auf die Viehseuche wirken sollte, ist der heutigen Wissenschaft nicht bekannt. Das bleibt den Herrn Agrariern vorbehalten. Wer die Rede des Herrn Abg. Böhm gehört hat, wird zugeben, daß dies seine Argumente waren. Nun es wird aber etwas anderes eintreten, gerade die hohen Viehzölle werden in dieser Beziehung eine ungünstige Wirkung ausüben, denn die Spannung der Preise zwischen dem Ausland und dem Inland wird eine ziemlich hohe sein, so daß ein Anlaß zum Schmuggel gegeben sein wird. Der Schmuggel wird kaum zu verhindern sein. Geschmuggeltes Vieh kann nicht kontrolliert werden und daher ist die Einschleppungsgefahr der Maul- und Klauenseuche eine viel größere. Die Grenzbewohner sind gegenwärtig in einer so schlechten materiellen Lage, daß sie tatsächlich auf den Schmuggel angewiesen sind. Not kennt kein Gebot. Die Kinder haben nicht genug zu essen, sie haben kaum etwas zum Anziehen und können deswegen nicht einmal in die Schule gehen. Die Klöppelindustrie in den Grenzgebieten liegt vollständig darnieder, die Notlage ist groß. Daher wird Viehschmuggel getrieben werden und es werden kaum solche Maßnahmen getroffen werden können, um denselben hintanhalten zu können. Ohne Übertreibung sage ich - und ich will es nur in Erinnerung bringen - daß die Maul- und Klauenseuche nicht nur ein trauriges Kapitel in der Tiergeschichte ist, sondern schon einmal von weltgeschichtlicher tragischer Bedeutung geworden ist. Österreich ist an der Maul- und Klauenseuchenpolitik zugrunde gegangen. Durch die Maul- und Klauenseuche ist der Weltkrieg vorbereitet worden, es ist das kein Witz, sondern blutiger Ernst. Man möge nur die Ursache vom Anlaß unterscheiden. Denn so oft den österreichischen oder ungarischen Großagrariern das Fleisch, resp. die Rinder zu billig waren, wurde die Maul- und Klauenseuche in Serbien für ausgebrochen erklärt. So oft die Diplomatie am Ballplatz in Wien mit der serbischen Politik nicht einverstanden war, wurde durch die damalige grausame Veterinärpolizei die Maul- und Klauenseuche in Serbien als ausgebrochen erklärt. Sogar geschlachtetes Vieh hat man an der Grenze als seuchenverdächtig aufgehalten und solange stehen lassen, bis es verdorben war, und hat es dann den serbischen Bauern zur Verfügung gestellt. So hat man das serbische Volk zur Verzweiflung gebracht, denn die Serben waren ein Bauernvolk und mit ihrer Ausfuhr auf Österreich angewiesen. Durch ein solches Vorgehen Österreichs ist bei der serbischen Bevölkerung nicht nur Verarmung eingetreten, sondern es war auch der Grund zu grenzenlosem Hasse. Und war diese politische Einstellung Österreichs nicht die alleinige Ursache des Weltkrieges, so war sie doch mit eine der größten Ursachen. Vielleicht ist es gerade jetzt an der Zeit, an den Ausspruch des rücksichtslosesten Egoisten, den je eine Geschichte aufzuweisen hatte und der noch immer von den Agrariern als Parteiheiliger verehrt wird, zu erinnern, an den ehemaligen Reichsritter Simitsch von Hohenblum, welcher sagte: "Wir fürchten die serbischen Soldaten und Kanonen weniger, als die serbischen Ochsen und Schweine." Wir wissen nicht, wo die Herren Agrarier den Mut hernehmen, schon 8 Jahre nach dem Weltkrieg wieder mit Methoden zu kommen, die der Menschheit zum Verhängnis geworden sind. Man spekuliert leider mit zu viel Erfolg auf die Vergeßlichkeit der Menschen. Heute sind wir wieder an derselben Stelle angelangt, wo Österreich in den Weltkrieg eingetreten ist. Es wird dieselbe verhängnisvolle Zollpolitik getrieben, wie im ehemaligen Österreich-Ungarn. Daß die Balkanstaaten mit zu den Verbündeten der Èechoslovakei gehören, wird die èechischen Agrarier von ihrer rücksichtslosen agrarkapitalistischen Politik nicht abhalten.

Wir haben bereits eine solche politische Zentralstelle, wie sie das alte Österreich unter dem Vorsitze Hohenblums in Wien hatte. Diese Stelle befindet sich in Prag in der Hybernergasse und heißt "Zentro-Cooperative". In dieser Vereinigung sind die Agrarier ohne Unterschied der Nation vertreten. Von dort aus wurde auch die Regierung beauftragt, Zölle einzuführen.

Und über kurz oder lang wird auch die Regierung den Auftrag erhalten, zu konstatieren, in welchen Grenzländern die Maul- und Klauenseuche auszubrechen hat.

Als besonderes Argument für die Zölle führen die Agrarier an, daß bei Nichteinführung von Zöllen und niedrigeren Getreidepreisen kein Saatgut mehr gezüchtet werden kann. Aber hier ist gerade das Gegenteil der Fall, denn das Saatgut wird in der Regel um 30% höher bezahlt, die Regie ist höchstens um 10% größer, so daß ein 20%iger Nutzen bei der Saatgutzüchtung erwächst. Natürlich war die Saatgutzüchtung bisher ein Monopol der Großagrarier und diese haben daraus bis jetzt großen Nutzen gezogen.

Ein weiteres Argument hat Herr Meissner in seinem Vortrag beim höheren agrarpolitischen und Genossenschaftslehrgang an der Bauernvolkshochschule in Bad Ullersdorf im Jänner 1926 vorgebracht, daß nur dann, wenn Zölle eingeführt werden und das Zuchtvieh hoch im Preise steht, edle Rassen gezüchtet werden können. Er sagte wörtlich: "Ähnlich würde sich die Entwicklung für den Kleinlandwirt gestalten, wenn durch Verweigerung von Viehzöllen ein Rückgang der heimischen Viehzucht herbeigeführt würde. Bei den viehzüchtenden Bauern und Großgrundbesitzern würde die Qualität des Zuchtmaterials immer mehr zurückgehen." Das stimmt durchaus nicht. Ein Beweis dafür, daß wir mit unserer Viehzucht nach dem Kriege und ohne Zölle auf fast derselben Höhe sind und nicht viel in Bezug auf Rasse und Qualität nachstehen, also in der Zeit, wo wir keine oder nur mäßige Zollsätze für Vieh hatten, hat sich die Viehzucht außerordentlich entwickelt.

Interessant ist es zu konstatieren, gegen welche Länder sich die Zölle richten werden. Wir sehen da, daß die Èechen gegen ihre Verbündeten, die slavischen Brüder, die Polen und Jugoslaven auftreten und wir sehen, daß unsere Deutschen gegen Deutschland und die deutsche Schweiz auftreten. Da kennen die Herren Agrarier weder einen deutschen, noch einen èechischen Verbündeten, denn aus Deutschland und der Schweiz werden bedeutende Mengen Zuchtvieh eingeführt. Daß es den Agrariern nicht ernst ist mit der Behauptung, daß ein Mangel an Zuchtvieh eintreten wird und daß dies nur ein Vorwand für ihre egoistischen Interessen ist, beweist, daß sie auch auf Zuchtvieh einen Zoll verlangen.

Daß nicht alle landwirtschaftlichen Betriebe auf der Höhe sind, will ich ja zugeben. (Posl. Schweichhart: Das geben ja auch die Agrarier selbst zu!) Ja wohl, Besonders die durch die Bodenreform entstandenen neuen Besitzer mit größerem Bodenausmaß. Widersinnig und falsch ist es, wenn man erzählt, daß in den Ländern mit Agrarzöllen eine höhere Produktion erzielt wird. Die Zölle sind für die Produktion vollständig irrelevant und haben keinen Einfluß auf die Produktion. In erster Linie kommt es bei der Produktionsmöglichkeit auf das Klima, auf die Niederschlagsmenge, auf die Höhenlage und insbesondere auf die Bonität des Bodens sowie auf die intensive Bewirtschaftung desselben überhaupt an. Nun kann aber konstatiert werden, daß in jenen Ländern, wo Zölle eingeführt sind, der Weizenertrag pro Hektar Jahresdurchschnitt in Deutschland 18.44, in Österreich 11.97, in Frankreich 10.55, in Italien 8.63 beträgt. In den Ländern ohne Zoll dagegen, in England 21.58, in den Niederlanden 21.06, in Belgien 22.33 und in Dänemark 29.56 Meterzentner betrug. Daraus ist zu ersehen, daß Zollmaßnahmen auf die Produktion entweder keinen oder nur einen ungünstigen Einfluß haben können.

Um eine Besserstellung der Landwirtschaft zu erreichen, ist es notwendig, die intensivste Produktionsweise einzuführen. Aber gerade hier empfiehlt ein Teil der Großagrarier die extensive Bewirtschaftung. Es wurde sogar von führenden Agrariern, natürlich von den allerrückständigsten, empfohlen, nur so viel Getreide zu bauen, als jeder landwirtschaftliche Haushalt bedarf. Extensive Wirtschaft kann man in dünnbevölkerten Staaten, wo Ackerboden im Uebermaß vorhanden ist, vielleicht betreiben, - ich sage vielleicht - zumindest aber nicht in Europa. Extensive Wirtschaft bringt jeden Landwirt an den Bettelstab und je kleiner der Betrieb, desto früher. Wenn die Agrarier einmal sagen, daß jene Staaten, die extensive Wirtschaft betreiben, die gefährlichen Konkurrenten sind, weil sie billiger erzeugen, das anderemal aber Abgeordneter Böhm bestätigt, daß jene Staaten, die eine intensive Wirtschaftsweise haben, wie Dänemark, die eigentlichen Konkurrenten sind, so widersprechen sie sich doch. Wir sind selbstverständlich für eine intensive Wirtschaft und Sie sehen, daß Dänemark nach dem Kriege nach ganz Europa Lebensmittel exportiert hat. Das ist ausschließlich darauf zurückzuführen, daß es eine intensive Wirtschaft hatte. (Posl. Schweichhart: Weil es eine glänzende Organisation hatte!) Ja.

In erster Linie wäre eigentlich der Staat berufen, die intensive Wirtschaft zu fördern. Hier können wir nach weisen, daß der Staat sehr viel vernachlässigt hat. Der Staat behauptet, er habe nicht genügende Mittel, wir wissen aber, daß der Staat oft Auslagen macht, die nicht produktiv angelegt sind, daß man z. B. bei der Bodenreform Hunderte von Millionen hinausgeworfen hat und nicht nur nicht produktive, sondern im Gegenteil, die Produktion schädigende Ausgaben, wie z. B. für den Militarismus, gemacht hat. Aber wenn dem schon so ist, so könnte man doch wenigstens mit den vorhandenen Mitteln die Landwirtschaft fördern und eine intensive Produktionswirtschaft einführen. Aber auch das geschieht nicht. Dem Landwirtschaftsministerium steht ein Betrag von rund 1/4 Milliarde zur Verfügung. Ein planmäßiges Arbeiten mit diesen Mitteln könnte die Landwirtschaft auf eine bedeutende Stufe bringen, aber gerade jene Zuwendungen, die zur Förderung der Landwirtschaft dienen sollen, sind lächerlich gering. So hat der deutsche Landeskulturrat zur Förderung des Maschinenwesens und für die Subventionieiung bei Anschaffung landwirtschaftlicher Geräte inklusive der Elektromotoren 90.000 Kronen zur Verfügung. Wenn man mit ausländischen landwirtschaftlichen Fachleuten zusammenkommt, so muß man sich tatsächlich schämen, einen solchen Betrag zu nennen. Es entfällt nämlich auf einen deutschen landwirtschaftlichen Betrieb beiläufig ein Betrag von 20 Hellern. Daß bei der Subventionierung der èechischen Landwirtschaft mit einer anderen Elle gemessen wird, ist so selbstverständlich, daß man sich darüber eigentlich nicht mehr zu wundern braucht. Denn leider steht auch das Landwirtschaftsministerium auf dem Standpunkt einer wirtschaftlichen Stärkung der èechischen Nation und überall und mit allen Mitteln Schwächung der Deutschen unter allen Umständen.

Es wird jährlich ein größerer Betrag für Meliorationen ausgegeben, aber ein Fortschritt ist diesbezüglich nicht zu verzeichnen. Die Ausarbeitung eines Planes für Meliorationen ist nur mit Schwierigkeiten zu bekommen. Den größten Teil der Gelder für Kleinmeliorationen verschlingen die Kommissionen. Und was könnte in dieser Hinsicht geleistet werden! Die Èechoslovakei hat die herrlichsten Bedingungen für die Entwicklung der Landwirtschaft. Bei einer planmäßigen Förderung und Bewirtschaftung könnte ohne Schwierigkeiten die Produktion um 20% gesteigert werden. Aber es scheint, daß die Herren Großagrarier eine intensive Bewirtschaftung eigentlich nicht wollen. Deutschland hat sich vor dem Kriege bis auf 5% mit Fleisch selbst versorgt. Der Verbrauch betrug per Kopf 52 kg im Jahre. Die Viehzucht stand also in Deutschland auf einer besonderen Höhe. Man zählte im Jahre 1913 20.4 Millionen Rinder und 25 Millionen Schweine. Die Einwohnerzahl betrug 62 Millionen. Diese landwirtschaftliche Leistung ist einfach zu bewundern. Erreicht wurde dieses Resultat durch Einfuhr billiger Futtermittel. Eingeführt wurden in demselben Jahre 3 Millionen Tonnen russische Gerste, eine Million Tonnen amerikanischen Mais und eine Million Tonnen Fisch- und Fleischmehl. Während des Krieges ist natürlich die Viehzucht zurückgegangen, dürfte aber in absehbarer Zeit wieder auf der vollen Höhe sein. Das Hauptaugenmerk richtet Deutschland auf die Einführung billiger Kraftfuttermittel. Bei uns wird man trotz allen Widersinnes landwirtschaftliche Zölle auf Futtermittel einführen. Dadurch werden naturgemäß auch diese bedeutend im Preise steigen und die Viehzucht kommt in eine schwierige Situation. Hauptsächlich leiden die kleinen Landwirte darunter, der Großgrundbesitzer hat in vielen Fällen noch Futtermittel abzuverkaufen. Die Agrarier behaupten aber, daß sie die Zölle wegen der Kleinen verlangen. Wenn man nun einen Agrarier in der Getreidegegend fragt, worin der Nutzen der Zölle für den kleinen Landwirt besteht, so sagt er: Nun, im Getreidegebiet weniger, aber die Viehzüchter haben den Nutzen. Im Viehzuchtgebiet erklärt man wieder: Ja, hier nicht, aber die Tausende kleinen Getreidebauern haben den Nutzen.

Wir haben eine Zuschrift von einem Kleinlandwirt erhalten, der die Notlage eines solchen Kleinbauern schildert. Ich möchte diese Zuschrift kurz verlesen, damit Sie sehen, wie Kleinlandwirte über die Zölle denken. Er schreibt: "Ich bebaue 110 Ar Grund, halte eine Kuh und habe drei Köpfe zu versorgen. An Schlachtvieh habe ich nie etwas zu verkaufen, denn wenn die eine Kuh einmal zur Zucht unbrauchbar wird und geschlachtet werden muß, muß ich wieder eine andere Zuchtkuh kaufen. Je höher die Viehpreise, desto mehr muß ich darauf zahlen, so daß mich der Viehzoll, der das Tier verteuert, sehr schädigt. Für die Butter, die mir von einer mittelguten Kuh außer dem Verbrauch dreier Familienangehöriger noch zum Verkaufe übrig bleibt, erzielte ich im letzten Jahre 2040 Kronen. Wären 5 oder 6 Köpfe vorhanden, fiele auch der Butterverkauf gänzlich weg, so daß auch hier der Zoll nur sehr wenig oder gar nichts einbringt. Ich muß jährlich mindestens 8 bis 9 Metzen Kleie als Kraftfutter zukaufen. Nach Inkrafttreten der Zölle wird der Metzen um 10 bis 15 Kronen teurer sein, was mir einen Schaden von 90 bis 130 Kronen jährlich verursachen wird. Die etwa 80 kg Fleisch, die ich im Jahre kaufe, werden mir durch den geplanten Zoll um ungefähr 160 Kronen verteuert werden. Da ich weiter das ganze Kragtfutter, wie Mais, Schrot, Futtermehl und Gerstenschrot kaufen muß, wird mir durch die Getreidezölle nun auch das Halten von Schweinen fast unmöglich. An Roggen- und Weizenmehl brauche ich für meine dreiköpfige Familie 400 kg im Jahre, wovon ich 130 kg selbst baue. Beim Kauf der restlichen 270 kg würde mir durch den geplanten Zoll eine weitere große Mehrausgabe aufgebürdet. Wir, die wir im Randgebiet meistens auf Viehhaltung und auf Milch- und Buttererzeugung eingerichtet sind, die wir für die Familie viel Getreide und Mehl, für das Vieh viel Kraftfutter zukaufen müssen, bekämen durch die geplanten Zölle große Mehrausgaben, die die Lebenslage der kleinen Landwirte sehr erschweren. Das gilt auch für jene Kleinlandwirte mit drei bis vier Hektar Grund und zwei bis drei Kühen. Auch sie hätten von den hohen Zöllen keinen Nutzen, da auch sie weniger zu verkaufen haben, aber viel Kraftfutter zukaufen müssen.

Wir haben daher, um die Viehzucht nicht zu gefährden, einen Antrag auf freie Einfuhr von Futtermitteln eingebracht, insbesondere Futtergetreide und Mais. Jeder praktische Landwirt erkennt die Vorteile hievon. Nicht nur daß wir uns dadurch mit Vieh und Fleisch selbst versorgen können, sondern durch die höhere Viehzahl und bessere Fütterung ist die Dungmöglichkeit eine viel bessere und es kann daher auch der Getreidebau auf die höchstmögliche Stufe gebracht werden. Wir schlagen weiter vor, in jedem Bezirke eine Beispielswirtschaft zu errichten, nämlich eine bereits bestehende kleine Landwirtschaft in eine solche umzuwandeln. Die Kosten sind nicht hoch und der Nutzen, den sie der Landwirtschaft bringen, ist von größter Bedeutung. Man möge also nicht auf der unrechten Seite sparen. Wir kleinen Landwirte verlangen weiters, daß wir im Landeskulturrate und allen landwirtschaftlichen Körperschaften eine unserer Zahl nach uns gebührende Vertretung bekommen. Durch den Einfluß der Agrarier wurde dies bisher verhindert. Wir verlangen, daß endlich die Landwirtschaftsgenossenschaften und Landwirtschaftskammern ins Leben gerufen werden. Die diesbezüglichen Gesetzesvorlagen, welche bisher vom Landwirtschaftsministerium ausgearbeitet wurden, sind reaktionär und unzulänglich. Es sind nicht weniger als 3 Wählerkurien im letzten Entwurfe vorgesehen. Im vorhinein wird den Großagrariern die Majorität gesichert. Wenn die letzte Vorlage zum Gesetz erhoben wird, so wird beiläufig Folgendes eintreten: 1500 Kleinbesitzer werden 20 Vertreter wählen, 200 Mittelbesitzer werden ebenfalls 20 Vertreter wählen und 5 Großgrundbesitzer gleichfalls 20 Vertreter. Also im vorhinein werden die Kleinen schon ausgeschaltet. Ein solches Gesetz wäre im alten Österreich kaum möglich gewesen.

Ich will nur noch auf etwas hinweisen. Von den Agrariern wurde immer gesagt, daß die landwirtschaftlichen Genossenschaften gefördert werden müssen. Aber ich sage Ihnen, daß die Agrarier nicht einmal wollen, daß die kleinen Landwirte in die Genossenschaften eintreten. Nachstehendes Beispiel soll es beweisen: Es wurde in Westböhmen eine Weidegenossenschaft gegründet und die Anteile wurden auf 200 Kronen festgesetzt. Wir wollten uns beteiligen. Aber als die Agrarier sahen, daß wir uns dieser Weidegenossenschaft anschließen wollen, haben sie die Anteile auf 1000 Kronen erhöht. Sie sehen, daß sie uns nicht einmal in den Genossenschaften haben wollen. Das letzte Mittel, womit besonders die deutschen Agrarier begründen und beweisen wollen, mit welchem Recht und aus welchen Ursachen sie für die Zölle eintreten, ist angeblich das nationale Moment. Aber auch dieser Trost bleibt ihnen nicht. Ich bin überzeugt: wenn die Regierung, wenn die bisherigen Mehrheitsparteien wüßten, und wenn es Tatsache wäre, daß der deutschen Landwirtschaft durch Zölle geholfen werden solle, so würde die Zollvorlage heute noch zum Scheitern gebracht werden. Aber es ist etwas anderes: man will die Früchte der Bodenreform erhalten, die neuen èechischen Edelinge schützen, und aus diesem Grunde ist es notwendig, die Zölle einzuführen. Hat doch Herr Hodža, bevor er als Minister gegangen ist, in einer Versammlung erklärt, daß in der Landwirtschaft eine Krise herrscht, insbesondere seien es die neuen Besitzer, welche von dieser Krise betroffen werden. Man hat die Absicht, hier in diesem Staate 2000 neue Adelige zu schaffen, 1200 sind schon ernannt worden. Man hat diesen neuen Großgrundbesitzern Grund und Boden fast umsonst gegeben. Man hat ihnen Gelder zu einem niedrigen Zinsfuß gegeben und wir sind überzeugt, daß sie diese geborgten Gelder kaum zurückzahlen werden. Aber jetzt soll weiter gewirtschaftet werden und nun brauchen sie die Zölle. Ich weiß nicht, wie die neuen Adeligen in den Rahmen der Republik passen. Sie werden nicht das erfüllen, was sich die Gründer der Republik vorgestellt haben, denn dieser neue Adel ist gegenwärtig schon dem Faszismus ergeben. Es wird das Gegenteil eintreten von dem, was man sich vorgestellt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, daß unsere Bruderparteien im èechischen Lager sich auf solche Adelsgründungen eingelassen haben. Wenn aber die Herren Agrarier erklären, daß sie die Vertreter der kleinen Landwirte sind, so muß ich sagen, daß dies eine Ironie und Heuchelei ist. Wir können uns noch erinnern, welchem Terror und welcher Unterdrückung die kleinen Landwirte ausgesetzt waren und dort, wo Sie Einfluß hatten, heute noch viel zu leiden haben.

Viel ist vom Steuerwesen gesagt worden es haben die Agrarier in ihren Körperschaften dazu beigetragen, daß die kleinen Landwirte mit Steuern höher belastet wurden als sie selbst. Bei den Steueradministrationen haben die Agrarier erklärt, daß die kleinen Landwirte eine viel höhere Produktion auf ihrem Boden haben und infolgedessen auch eine höhere Steuerlast tragen können. In manchen Steueradministrationen wurden wir um 2/3 höher eingeschätzt. Die Agrarier haben sich immer als die Gegner der Kleinlandwirte gezeigt, daher habe ich vom Zentralverband der deutschen Kleinbauern und Häusler den Auftrag erhalten, gegen die Zölle zu stimmen und ich werde diesem Auftrag mit Freude nachkommen. (Potlesk nìm. soc. demokratických poslancù.)


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